Hier die zehn Schüler:innen, die in der Alterskategorie der 7. und 8. Schulstufen von der Jury als Beste der Besten ausgezeichnet wurden – in alphabetischer Reihenfolge (nach den Anfangsbuchstaben der Nachnamen); sowie deren Präsentator:innen und Preis-Überreicherinnen.
Lamar Aburaya (14), BG Neunkirchen (NÖ), Arabisch
„Jede Sprache, die verschwindet, ist ein Verlust für die Menschheit, da sie einen Teil des kollektiven Wissens und der Kultur mit sich trägt.“
Madeleine Karall (13), ZMS (Zweisprachige Mittelschule) Großwarasdorf (Burgenland), Burgenlandkroatisch
„Sprachen sind mehr als Worte, es sind auch Gefühle, die wir empfinden.“
Lavrenty Kolgatin (13), pGRg23 Kollegium Kalksburg (Wien), Russisch
„Träume sind nicht nur Abstraktionen oder Fantasien. Sie sind Möglichkeiten für Wachstum, Veränderung und das Streben nach Zielen.“
Sviat Kolodii (15), Modulare Mittelstufe Aspern MMA (Wien), Ukrainisch
„Ich will nach Hause, zu meinem Vater. Ich möchte in der Wärme meiner Heimat . Aber ich weiß, warum ich hier bin, was mein Ziel ist.“
Amelie Kröpfl (13), AHS Wien West , Englisch
„Wollen Sie das? Wollen Sie dafür verantwortlich sein, dass sich ein anderer Mensch schrecklich fühlt? Wollen sie in einer Welt leben, in der mehr auf das Aussehen als auf den Charakter geachtet wird? Ich denke nicht.“
Theresa Luger (13), BG/BRG Brucknerstraße Wels (OÖ), Englisch
„Wie soll man lernen, wie Gerechtigkeit funktioniert, wenn man nie gerecht behandelt wurde.“
Anna Nemeth (14), MS St. Ursula (Wien), Ungarisch
„Jeder kann träumen, jeder kann an seine Wünsche glauben. Was man dazu braucht, ist nur den Mut zu haben sich etwas Unbekanntem zu stellen, sich anderen Menschen zu öffnen, viele Länder zu besuchen, auch wenn es nur in den Träumen passiert.“
Stephanie Rieger (15), Lycée français de Vienne; Portugiesisch
„Für mich sind Sprachen nicht nur Wörter, sie sind das, was ich bin. Meine fünf Sprachen sind die 5 Finger meiner Hand.“
Isabella Stoll (14), BG Neunkirchen (NÖ), Österreichische Gebärdensprache
„Gebärdensprache ist eine Sprache wie jede andere. Sie ist reich an Ausdrucksmöglichkeiten, tief in der Kultur ihrer Sprecher verankert und sie verdient denselben Respekt und dieselbe Anerkennung wie jede gesprochene Sprache.“
Alexander Unger (13), Schottengymnasium der Benediktiner, Wien, Russisch
„Sprache ist der Schlüssel zur Freundschaft, zu neuen Entdeckungen, zu einer neuen Welt! Es ist nicht nur wichtig, was wir sagen, es ist nicht nur wichtig, was wir sagen, sondern auch wie wir es sagen.“
Daniella Bari (16), Lycée français de Vienne, Spanisch
„In einer Zeit, in der Kriege vor den Toren Europas wüten, in der Gleichgültigkeit oder Hass gegenüber den Anderen oft noch vorherrschen, sind unsere Sprachen die Waffen des Friedens.“
Maria Gundacker (15), BRG Steyr Michaelerplatz (OÖ), Englisch
„In meinem Leben geht es nicht um die eine Sprache ODER die andere. Sie sind immer im Fluss, sie verändern sich und passen sich an.“
Mia Harrington (15), BG/BRG Purkersdorf (NÖ), Englisch
„Viele Österreicher sind der Meinung, dass wenn ein Elternteil nicht ein geborener Österreicher ist, dass dem Kind dann ein Teil der Kultur fehlt, aber ich finde, dass man dadurch etwas dazubekommt, also sozusagen eine doppelte Kultur hat.“
Henna Islamović (16), BG/BRG Purkersdorf (NÖ), Bosnisch
„Ohne Vielfalt hätten wir nichts. Keine neuen Ideen, keine neuen Perspektiven und keinen Fortschritt. Genau diese Unterschiede treiben uns an, machen uns stärker und helfen uns zu wachsen.“
Naya Okla (17), BHAK Lienz (Tirol), Arabisch
„Liebe Jugendliche, macht aus eurem Leben eine Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden.“
Helena Paeschke (15), Akademisches Gymnasium Wien, Englisch
„Sprache ist konstant im Wandel, sie entwickelt sich mit uns mit. Wenn sie stagniert, wenn wir uns weigern uns weiterzuentwickeln, stagnieren wir mit eher mit.“
Juliette Schatz (15), Akademisches Gymnasium Wien, Französisch
„Es ist unsere Entscheidung, ob wir uns für Hass oder für Liebe, für Oberflächlichkeiten oder Gemeinsamkeiten entscheiden.“
Selina Senel (16), BHAK Korneuburg (NÖ), Ungarisch
„Ich fühle mich schuldig. Schuldig, weil WIR hier in Europa eine Meinungsfreiheit haben und uns nicht für unsere Mitmenschen einsetzen sondern nur zuschauen.“
Cara Shariat (15), Lycee Français de Vienne, Englisch
„Es ist diese Barbarei, die die Barbarei anderer Kulturen vorgaukeln will, die uns hier, im Herzen Europas und der westlichen Welt, bedroht.“
Ines Soltane (16), G19 Döblinger Gymnasium (Wien), Arabisch
„Wir Menschen können wirklich eigenartig sein: Wir erkennen das Unrecht, sind uns dessen bewusst, und dennoch unternehmen wir nichts oder schweigen sogar im schlimmsten Fall. Aber warum denn schweigen, obwohl WIR eine Veränderung schaffen könnten?“
Jasmin Karner (19), BG/BRG Dreihackengasse (Graz, Steiermark), Englisch
„Wann haben Sie sich das letzte Mal einsam gefühlt? Nicht wenige vermissen einfach das Gefühl, im Arm gehalten zu werden oder miteinander das Leben zu entdecken.“
Katharina Knor (18), BHAK Stegersbach (Burgenland), Englisch
„Ich finde, es ist wirklich an der Zeit, Diversität nicht nur als wirtschaftliches oder politisches Konzept oder als netten Werbegag zu betrachten. Nein, wir müssen anfangen, sie in unser Leben einzubeziehen, und zwar schon im frühen Alter.“
Kiano Loacker (17), HAK/ HASch Feldkirch, Englisch
„Ich kann vielleicht keine interessante Fremdsprache wie Schwedisch, Rumänisch oder Arabisch. Aber ich habe eine Stimme und ich will sie nutzen und ich will, dass ihr eure Stimme nutzt.“
Anouk Lux (16), Modeschule Hallein (Salzburg), Englisch
„Also, lasst uns in Bewegung kommen egal wie unangenehm es erscheinen mag. Lasst uns aufstehen und diesen Gedanken Alleine bin ich besser ändern.“
Lara Mayr (16), KORG Katholisches Oberstufen Realgymnasium) Kettenbrücke (Innsbruck, Tirol), Italienisch
„Niemand sollte sich gezwungen fühlen, seine Identität zu verstecken. Niemand sollte so tun müssen, als wäre er oder sie jemand ganz anderes.“
Fatima Sajad (17), IISS Claudia de Medici (Südtirol, Italien), Urdu
„Warten wir nicht zu lange, um zu verstehen, wie kostbar die Zeit mit den Menschen ist, die wir lieben. Warten wir nicht, um uns zu entschuldigen oder ihnen zu sagen, wie sehr wir sie schätzen. Es wird ein Tag kommen, an dem diese Menschen nicht mehr da sind, und es wird zu spät sein, sich zu entschuldigen oder ich liebe dich zu sagen.“
Elif Sila Saraç (17), BAfEP (Bundesanstalt für Elementarpädagogik) Sacre Coeur Pressbaum (NÖ), Türkisch
„Mehrere Sprachen zu sprechen, bedeutet auch, in zwei Kulturen zu Hause zu sein, und von beiden zu lernen. Beide Sprachen werden nämlich ein Teil der Persönlichkeit und gehen Hand in Hand. Man entwickelt dadurch eine Offenheit, einen Blick für Unterschiede, aber auch für Gemeinsamkeiten.“
Anna Schraufek (16), BG und BRG Geringergasse G11 (Wien), Englisch
„Nehmen Sie uns ernst, denn in meinen Träumen tun Sie das, und diese Träume können zu ihnen fliegen, zu allen Eltern, Lehrern und Lehrerinnen und allen anderen die mir zuhören, uns zu hören, den Jugendlichen, die an Systemüberlastung leiden.“
Sabrina Ye (17), ITE Cesare Battisti (Südtirol, Italien), Chinesisch
„Technologie kann die Stimme kopieren, aber nicht den Herzschlag. Künstliche Intelligenz kann Dialoge simulieren, aber nicht die Seele berühren.“
Hannah Zipfinger (17), Amerlinggymnasium (Wien), Englisch
„Es ist als ständen wie auf einem langen Laufband, das sich rückwärts bewegt. Wenn wir nicht aktiv etwas machen, wenn wir stillstehen, werden wir zurückbefördert.“
Vielfalt ist nicht nur ein Schlagwort – sie war am Freitag (16. Mai 2025) vom späten Vormittag bis zum frühen Nachmittag hör-, sicht-, spür- und erlebbar im großen, prunkvollen Festsaal des Wiener Rathauses. Es war wieder „Sag’s Multi“-Time. Der mehrsprachige Redebewerb fand seinen 16. Abschluss (wieder) hier.
397 Jugendliche aus allen neun österreichischen Bundesländern und dazu noch dem italienischen zweisprachigen Südtirol hatten in diesem Schuljahr aus AHS, BHS und MS (allgemein- und berufsbildenden höheren sowie Mittelschulen) teilgenommen. Neben Lob, Anerkennung von Politik, Wirtschaft und Interessensvertretungen für die vielseitigen Redetalente – alle eingeladenen hatten es ins Finale geschafft und sind somit Gewinner:innen – gab es traditionell noch spezielle Auszeichnungen für Preisträger:innen, die Besten der Besten. Die von der Jury dafür Auserkorenen wussten davon im Vorfeld noch nichts und waren jeweils mehr oder minder sehr überrascht. Sie alle werden in den nächsten Tagen hier in weiteren Beiträgen vorgestellt.
Bei der Preisverleihung von Sag’s Multi reden immer aber nicht nur Erwachsene über die Jugendlichen, sondern stellvertretend für alle Teilnehmer:innen halten einige ihre Reden hier auf der Bühne hinter dem hölzernen Podium noch einmal (in gekürzter Version).
Da saßen nun gleich in einer der schräg gestellten ersten Reihen Sviat Kolodii, Alexander Unger, Naya Okla, Anna Schraufek und Henna Islamović nebeneinander. Sie – und dazu noch Fatima Sajad (die bei ihrer Klasse aus Bozen (Italien) saß – wussten, dass sie im Laufe der Veranstaltung diese Bühne betreten und zu ihren Mit-Sag’s-Multianer:innen sowie deren Begleiter:innen (stolze Eltern, Geschwister, Freund:innen und Mitschüler:innen) und nicht zuletzt einem viel größeren Publikum im Live-Stream (kann auch nach-gesehen werden) sprechen werden. Der eine oder andere Blick in die ausgedruckte Rede, aber kaum Nervosität, eher Vorfreude darauf, dass eben noch viel mehr zuhören, was sie jeweils zu sagen haben.
Hier in diesem Bericht – weitere werden in den kommenden Tagen noch folgen – finden sich hier einerseits Zitate aus den Reden der sechs genannten Jugendlichen sowie Links zu eigenen Beiträgen mit der jeweils gesamten Rede, um diese bewegenden, tiefschürfenden Gedanken junger Menschen lesen zu können – in den kommenden Tagen folgen noch Video-Ausschnitte dazu, um auch die jeweils zweite Sprache neben Deutsch auch hören zu können. Die Reihenfolge hier ist – anders als zuvor nicht alphabetisch, sondern nach dem Alter.
Der Jüngste (und auch Kleinste, er sah nur knapp über das Redepult in den großen Saal) war der 13-jährige Alexander Unger, Schüler des Schottengymnasium der Benediktiner, Wien. Auf Deutsch und Russisch, das er ab dem fünften Lebensjahr gelernt hat, um mit seiner Oma in deren Sprache reden zu können. Bald danach lernte er auch Schach und tritt bei Turnieren und Meisterschaften an.
Unter anderem sagte er: „Sprache ist mehr als nur Wörter. Sie ist Musik, Melodie, Rhythmus. … Jede Sprache singt ihr eigenes Lied! Sprache ist der Schlüssel zur Freundschaft, zu neuen Entdeckungen, zu einer neuen Welt! Es ist wichtig nicht nur, was wir sagen, sondern auch wie wir es sagen.“
Schon vor ihm sprach als jugendlicher Eröffnungsredner sozusagen sein Sitznachbar in der ersten Reihe, Sviatoslav Kolodii (15) aus der Modularen Mittelstufe Aspern (Wien) auf Ukrainisch. So wunderbar kann eben Weltoffenheit, Mehrsprachigkeit und Vielfalt sein – übrigens nur wenige später wurden zwei Stock tiefer auf dem Platz vor dem Wiener Rathaus die Festwochen unter dem Motto „Republik der Liebe“ eröffnet 😉
Er hatte seine Rede in Gedichtform verfasst, unter anderem heißt es darin – Link zum vollständigen Gedicht unten:
„Aber das ist nicht nur jetzt passiert,
Wir hatten nicht nur jetzt mit diesem Land Krieg.
Und all diese Jahre gab es Menschen,
die von ihrer Heimat weggezogen sind.
Sie haben ihre Häuser verlassen,
ihr Volk, ihre Freunde, ihren Ort.
Sie haben fast nichts mitgebracht,
nur ein paar Sachen und ein Passport.
Und ich habe mir gedacht
Ich werde niemals mein Land verlassen
aber jetzt lebe ich in zwei Ländern
Und ich will so die Dinge mal zulassen.“
„Damals saßen wir alle an einem Tisch – egal, welcher Name und welches Religionsbekenntnis auf unseren Papieren stand. Doch was wäre, wenn wir noch immer, zusammen – als Familie an diesem Tisch sitzen würden? Nicht getrennt durch Vorurteile und Hass, sondern durch unsere Menschlichkeit und Liebe vereint?“, erinnerte die 16-jährige Henna Islamović aus dem niederösterreichischen BG/BRG Purkersdorf auf Bosnisch und Deutsch, um so fortzusetzen: „Jelena sitzt heute in Graz, Marina in Linz, und ich, Henna, stehe hier vor euch. Wenn wir drei auf dieser Bühne stünden, könntet ihr uns nicht unterscheiden. Serbin, Kroatin, Bošnjakin. – Wir sind eins.“
Anna Schraufek (16), aus dem (Real-)Gymnasium Geringergasse in Wien-Simmering schilderte in eine anschauliche Geschichte – unter Verwendung von Englisch als erlernter Sprache – verpackt widersprüchliche Parallelwelten: Hier die Schüler:innen im Lern- und Schulstress, da die Erwachsenen, deren Ansprüchen Jugendliche nie zu genügen zu scheinen. „Also, an alle Erwachsenen da draußen, glauben Sie mir, wenn ich sage: Es ist nicht einfach und wir sind nicht die Besten – Nein – das kann nicht wahr sein, wir sind die Besten, wir sind die einzige junge Generation, die es gibt und wir arbeiten jeden Tag hart daran zurechtzukommen, zu wachsen und uns zu entwickeln, in einer Welt in der niemand Antworten auf gegenwärtige sowie zukünftige Probleme hat. Wir versuchen die Zukunft zu verändern, aber auch die Perspektiven der Erwachsenen, die nicht einmal die Hälfte darüber wissen, was in unserem Leben passiert.
Deswegen appelliere ich an Sie alle: Hören Sie zu, wenn Ihr Kind Ihnen etwas zu sagen hat. Hören Sie zu, wenn Schüler und Schülerinnen um eine spätere Abgabe bitten. Hören Sie zu! Zeigen Sie Verständnis!“
„Liebe Jugendliche lest nicht nur Erfolgsgeschichten, sondern erstellt euch auch eine eigene. Denkt daran: Das Leben ist euer Leben, und die Geschichte ist eure Geschichte. Versucht es, probiert es aus, macht Fehler und scheitert, aber gebt niemals auf!… Jeden Morgen habt ihr zwei Möglichkeiten: Drückt die Schlummertaste und bleibt bequem, träumt weiter, oder wacht auf, betet und lasst eure Träume Wirklichkeit werden.
Unsere Träume können nicht von allein fliegen und wahr werden. Wir sind es, die sie zum Fliegen bringen, mit unserem Streben, unserem Mut und unserem Lernen.
Kein Ziel ist unerreichbar, wenn wir den Mut haben, es anzustreben“, vermittelte in einer mitreißenden Art mit Humor grundiert die 17-jährige Naya Okla, die darauf hinwies, dass sie ursprünglich aus Syrien kommt, von der BHAK im Osttiroler Lienz – auf Arabisch und natürlich Deutsch, das alle Teilnehmer:innen immer mit einer anderen Sprache (ob aus der Familie mitgebracht oder erlernt) im Bewerb verwenden (müssen).
Die 17-jäherige Fatima Sajad aus Der IISS Claudia de Medici in Bozen (Südtirol, Italien) schilderte was schwere Erkrankungen ihrer Mutter in der Familie auslösten – vor allem aber auch das Bewusstmachen, dass dies Anlass war, daran zu denken, geliebte Menschen im Umfeld im Hier und Jetzt zu schätzen – auf Urdu (und natürlich Deutsch): „Es gibt Menschen, die würden alles dafür geben, auch nur eine Stunde mehr mit ihrer Mutter oder ihrem Vater oder einem anderen geliebten Menschen verbringen zu dürfen.
Wir wissen nicht, was morgen passiert. Also bitte: Lernt, jeden Moment zu schätzen, den wir mit denen verbringen, die wir lieben, bevor es zu spät ist. Denn keiner von uns ist für immer da.“
Hallo, ich bin Sviat, ein Junge aus der Ukraine,
aus dem Land der Schwarzerde, der Freiheit und der Schönheit,
Ein Land der Berge, des Viburnums und der Natur,
Ein Land von Menschen, die für große Veränderungen bereit sind.
Aber unser Land ist in Gefahr,
unser Volk ist in Not,
die Russen, unsere erbitterten Feinde.
versuchen, uns alles zu nehmen, was wir bewahrt haben.
(Übersetzung von Ukrainisch)
Aber das ist nicht nur jetzt passiert,
Wir hatten nicht nur jetzt mit diesem Land Krieg.
Und all diese Jahre gab es Menschen,
die von ihrer Heimat weggezogen sind.
Sie haben ihre Häuser verlassen,
ihr Volk, ihre Freunde, ihren Ort.
Sie haben fast nichts mitgebracht,
nur ein paar Sachen und ein Passport.
Und ich habe mir gedacht
Ich werde niemals mein Land verlassen
aber jetzt lebe ich in zwei Ländern
Und ich will so die Dinge mal zulassen.
(Original auf Deutsch)
Da ist noch eine Bewegung in mir,
eine Bewegung zu meinem Land, meiner Erde
Ich will nach Hause, zu meinem Vater,
Ich möchte in der Wärme meiner Heimat sein.
Aber ich weiß, warum ich hier bin,
Was mein Ziel ist,
Hier zu studieren, im schönen Wien,
mit dem Ziel, die Entwicklung meines Landes voranzutreiben.
(Übersetzung von Ukrainisch)
Aber ich verstehe ein Ding nicht
Warum soll ich mich eigentlich von meinem Land wegbewegen?
Warum können wir, als Menschen
nicht einfach zusammenleben?
Es gibt Krankheiten, für die wir Medizin brauchen,
es gibt Menschen, die Nahrung brauchen.
Doch das Geld, das wir dafür benötigen,
verwenden wir, um Menschen zu töten.
Und warum bewegen wir uns in diese Richtung
Warum können wir nicht einfach in Frieden leben?
Ich will in meiner Zukunft nicht kämpfen.
Warum sollte überhaupt jemand kämpfen?
Wenn wir alle die Welt genießen können,
den Frieden genießen können.
Aber leider ist es nicht so,
leider bewegen wir uns nicht in die richtige Richtung.
Leider gibt es noch Familien,
die ihre Väter nicht mehr sehen können,
nur weil unsere Feinde einfach streiten wollen.
Ich will, dass mein Land in die Bewegung wie Wien geht
In die Richtung modern, und nicht den Krieg bewegt
Aber nicht nur mein Land soll in die Richtung gehen
Sondern auch alle Länder, die nur Krieg sehen
(Original auf Deutsch)
Aber das ist nicht einfach, nicht so schnell.
Dazu müssen wir unsere Feinde frei lassen.
Wir müssen ihre Sünden für unsere Freunde vergeben
Für die Brüder, die in unserem Heimatland gefallen sind
Für unser Volk, das sie ermordet haben
Für unsere Vorfahren, die ihren Körper für die Freiheit gaben.
Um unseren Wohlstand ein Stück näher zu kommen,
müssen wir, die Menschheit, diese Schritte tun
Und dann können wir ohne Krieg leben
Ohne dieses Monster auf unserem Land.
(Übersetzung von Ukrainisch)
Ich glaube, wir schaffen es,
wir schaffen es, ohne Kriege und Streit zu leben.
Wir schaffen, mehr unsere Erde zu verstehen
Und mehr in die Richtung für ihre Hilfe zu bewegen.
Lasst uns mehr die Meere von Plastik schützen
Lasst uns Zusammenhalt stärken und fühlen
Lasst uns überlegen
Ob wir als Menschheit mit diesen Kriegen wirklich in eine glückliche Zukunft gehen.
(Original auf Deutsch)
Ich kenne nicht viele starke Menschen, aber eine Person, die ich sehr gut kenne, ist meine Mutter. Sie hatte und hat noch immer viele Schwierigkeiten im Leben, aber sie hat nie aufgehört zu lächeln.
Wer ist eine Mutter? Eine Mutter ist jemand, die dir alles gibt selbst dann, wenn sie selbst nichts hat. Sie ist diejenige, die dich nie im Stich lässt, die immer wieder die Kraft findet, dich zu lieben, dich großzuziehen, dir alles zu geben, um dich glücklich zu machen ohne jemals etwas im Gegenzug zu verlangen.
Meine Mutter, Nafisa, hat all das für mich und meine Familie getan von ganzem Herzen. Im Jahr 2014, als ich sieben Jahre alt war, veränderte sich mein Leben plötzlich. Es schien ein ganz normaler Tag zu sein, als Papa meine Schwester und mich von der Schule abholte. Zu Hause fanden wir meine Mutter auf dem Boden liegend. Sie zitterte, Speichel lief aus ihrem Mund, ihr Kiefer war verdreht, und sie konnte nicht sprechen. Ich verstand nicht, was gerade geschah. Papa rief sofort einen Krankenwagen. Wir erfuhren, dass sie einen Schlaganfall hatte.
Einige Monate später kam sie nach Hause, aber sie war nicht mehr dieselbe. Sie brauchte Medikamente, musste regelmäßig zum Arzt. Und trotzdem hörte sie nie auf zu lächeln. Und nie auf, uns zum Lächeln zu bringen.
2016 wurde mein Bruder geboren. Nur zwei Monate später erlitt meine Mutter einen weiteren, schwereren Schlaganfall. Diesmal war ihre linke Körperhälfte gelähmt.
Ich war nur neun Jahre alt und ich spürte, dass ich meinem Vater helfen musste. Ich übernahm den Haushalt, kümmerte mich um meinen kleinen Bruder und versuchte, meiner Schwester Halt zu geben. Es war nicht leicht ich lebte ständig mit der Angst, meine Mutter zu verlieren.
Ich fragte mich oft: Warum ich? Warum musste ich so früh erwachsen werden? Aber all diese Erfahrungen haben meine Sichtweise verändert.
Mein Name ist Fatima Sajad, ich bin 17 Jahre alt, und ich habe Ihnen heute meine Geschichte erzählt nicht, um Mitleid zu erregen, sondern um eine wichtige Lektion zu vermitteln: Das Leben kann sich in einem einzigen Moment verändern. Deshalb müssen wir jeden Moment unsere Liebsten schätzen.
Mein Traum?
Mein Traum ist es, in einer Welt zu leben, in der Eltern mehr Respekt und Liebe bekommen. Es macht mich traurig zu sehen, wie viele Menschen ihre Eltern vernachlässigen. Sie sind abgelenkt durch Handys, Schule, Arbeit und vergessen dabei, wie wichtig es ist, Zeit mit ihnen zu verbringen.
Ich spreche nicht davon, den ganzen Tag zusammen zu verbringen, aber wir können uns doch wenigstens zwei Stunden Zeit nehmen für die Menschen, die uns alles gegeben haben, und das, ohne je etwas zurück zu verlangen.
Ein Spaziergang, ein gemeinsamer Film, zusammen Abendessen oder einfach erzählen, wie der Tag war, das reicht oft schon.
Ich hatte oft Angst, meine Mutter zu verlieren. Und jedes Mal wurde diese Angst schlimmer. Diese Leere, dieser Gedanke, sie vielleicht nie wiederzusehen, nie wieder ihre Stimme zu hören oder ihre Umarmung zu spüren.
Ich glaube, wir haben nicht unbedingt Angst vor dem Tod selbst sondern vielmehr davor, diejenigen zu verlieren, die wir lieben: Mutter, Vater, Schwester, Bruder, Freund, Großeltern, Partner.
Warten wir nicht, bis es zu spät ist. Wir sollten nicht zögern, uns zu entschuldigen oder zu sagen: „Ich liebe dich“. Denn eines Tages könnte dieser Mensch nicht mehr da sein.
Am Ende frage ich mich: Wie wichtig sind unsere Eltern oder die Zeit mit den Menschen, die wir lieben? Wie viel geben wir ihnen wirklich zurück?
Es gibt Menschen, die würden alles dafür geben, auch nur eine Stunde mehr mit ihrer Mutter oder ihrem Vater oder einem anderen geliebten Menschen verbringen zu dürfen. Wir wissen nicht, was morgen passiert. Also bitte: Lernt, jeden Moment zu schätzen, den wir mit denen verbringen, die wir lieben, bevor es zu spät ist.
Denn keiner von uns ist für immer da.
Es ist Freitag, der 16. Mai 2025, 6.30 Uhr, dein Wecker läutet. Du wälzt dich in deinem Bett hin und her und versuchst in deiner Traumwelt zu bleiben, in einer Welt, in der alles gut ist. In einer Welt, die das Gegenteil von der Realität darstellt.
Plötzlich reißt jemand die Tür auf und ruft: Wach auf! Du hast nur noch 30 Minuten!
Du springst auf, ziehst dich an und rennst zur Straßenbahn, doch, schon wieder verpasst! Du kommst zu spät, willst dich entschuldigen, aber keine Chance. Die Lehrperson hat dich bereits eingetragen. Es sind alles nur Ausreden, sagt sie.
Die Jugend von heute: Alles faule Säcke, hängen den ganzen Tag am Handy und wundern sich, wenn sie eine 5 schreiben. Früher hat’s das alles noch nicht gegeben, früher war alles besser.
Das sind die Wörter, die wir, die Jugend, die Jugendlichen und Kinder, täglich hören. Sätze wie: Versuchs härter! Sei besser! Sei schneller! Als ich in deinem Alter war, habe ich alle Aufgaben geschafft, sei nicht faul, fokussiere dich, tu etwas für deine Zukunft! Da sind die Wörter, die ich schon oft von Lehrer: innen, Eltern oder Verwandten gehört habe und ich bin sicher nicht die Einzige.
Es ist immer noch der 16. Mai, 19 Uhr. Kraftlos öffnest du die Haustür und würdest am liebsten ins Bett fallen. Die Mathe Schularbeit und das Deutsch-Referat überstanden, freust du dich zu Hause zu sein. Doch dann stehen deine Eltern mit einem vorwurfsvollen Blick vor dir:
Warum hast du so lange gebraucht? Und du stehst da, frustriert, deine Augenlider schließen sich langsam, aber:
Warum bist du immer müde? Geh früher schlafen und hör auf dein Handy so oft zu benutzen. Du willst erklären, dass du letzte Nacht bis 3 Uhr für Mathe lernen musstest, damit sie nicht wieder enttäuscht über deine Noten sind, aber sie hören dir nicht mehr zu. Und du denkst dir: Mama, Papa, ist es wirklich so schwer mir zuzuhören? Bin ich eine Versagerin? Warum kann ich nichts richtig machen?
Montag, 19. Mai: Die Lehrerin kommt herein und Mist! Du hast die Hausaufgabe vergessen, weil du für den Biotest gelernt hast und am Schreibtisch eingeschlafen bist. Jetzt sitzt du da und versuchst die Situation zu erklären, doch es bringt nichts:
Warum bist du immer unmotiviert? Du gehst in die Schule, um dir eine gute Zukunft aufzubauen. Also ändere endlich deine Einstellung und mach etwas!
Du denkst dir nur: Das ist der Teil, den ihr seht. Der winzig kleine Teil, den ihr über mein Leben wisst und ihr denkt ihr wisst alles über mich? Ihr sagt uns immer wir sollen uns für unsere Rechte stark machen und die Zukunft verändern. Aber wie? Wie soll ich Zeit dafür finden? Nach Stunden in der Schule komme ich nach Hause und lerne bis zum Umfallen. Nach schlechtem Schlaf mit Albträumen wiederholt sich dieser Kreislauf, Tag für Tag, Woche für Woche. Ich habe keine Zeit für die Dinge, die ich liebe, mit den Leuten, die ich liebe. Ich habe keine Zeit für mich oder für die Dinge, von denen ich träume.
Dann: Freitagnachmittag. Doch niemand freut sich auf das Wochenende, denn alle wissen, sie müssen für die anstehende Schularbeit lernen.
Aber ihr habt Recht, ihr Erwachsenen, mit eurer Lebenserfahrung, die immer alles besser wissen: Beschuldigt uns faul und unmotiviert zu sein.
Jedoch möchte ich eins an dieser Stelle erwähnen: Das, was wir, die Schülerinnen und Schüler, jeden einzelnen Tag leisten, ist mehr als ein 8 Stunden-Arbeitstag! Die Menge des Wissens, die Ansprüche werden von Jahr zu Jahr mehr, die Noten „angeblich“ immer schlechter und der Unterrichtsstoff – vielleicht? – immer unbrauchbarer für unser zukünftiges Leben. Wir müssen herausfinden, wie wir mit unseren Sorgen und den gesellschaftlichen Konflikten, fertig werden.
Also, an alle Erwachsenen da draußen, glauben Sie mir, wenn ich sage: Es ist nicht einfach und wir sind nicht die Besten – Nein – das kann nicht wahr sein, wir sind die Besten, wir sind die einzige junge Generation, die es gibt und wir arbeiten jeden Tag hart daran zurechtzukommen, zu wachsen und uns zu entwickeln, in einer Welt in der niemand Antworten auf gegenwärtige sowie zukünftige Probleme hat. Wir versuchen die Zukunft zu verändern, aber auch die Perspektiven der Erwachsenen, die nicht einmal die Hälfte darüber wissen, was in unserem Leben passiert.
Deswegen appelliere ich an Sie alle: Hören Sie zu, wenn Ihr Kind Ihnen etwas zu sagen hat. Hören Sie zu, wenn Schüler und Schülerinnen um eine spätere Abgabe bitten. Hören Sie zu! Zeigen Sie Verständnis!
Please take us seriously, because in my dreams you do that and these dreams can fly to you, to all parents and teachers and others listening to me, listening to us the teenagers suffering from system overload.
Und deshalb bin ich mir sicher: Meine Träume können fliegen und Wirklichkeit werden!
Denn sonst haben wir folgendes Problem: Es ist Freitag, der 16. Mai 2026, 6:30 Uhr, dein Wecker läutet. Du wälzt dich in deinem Bett hin und her und versuchst in deiner Traumwelt zu bleiben, doch…
Dankeschön!
Liebe Freunde! Stellt euch für einen Moment eine Welt ohne Sprache vor. Wir könnten nicht miteinander kommunizieren, Emotionen übermitteln, Freude teilen oder uns gegenseitig trösten. Kleine Kinder, die noch nicht sprechen können, weinen, um ihre Gefühle auszudrücken. Das ist ihre Art zu sagen: „Ich habe Hunger!“, „Ich habe Angst!“, „Umarme mich!“. Ohne Sprache wäre das Leben unglaublich schwierig, wahrscheinlich einsam und sehr traurig.
Hier könnt ihr auch ihr ein gutes Beispiel sehen: Alle, die kein Russisch sprechen, konnten nicht verstehen, was ich gerade gesagt habe. Sprache kann uns verbinden! Ich erinnere mich an ein russisch-sprachiges Judo-Camp in Slowenien. Wir waren ein Team. Unser Ziel: ein großes Turnier. Es war hart. Jeder Tag begann um sechs Uhr morgens. Und glaubt mir, mit einem Kissen aufgeweckt zu werden – das ist auch eine Form der Kommunikation!
Jeden Tag sind wir um die Stadt gerannt, und zum Schluss sind wir zum Meeresstrand gelaufen. Nach einer Pause am Strand folgte das Training. Unser Trainer rief: „Hajime!“ – ein einziges japanisches Wort, doch es bedeutete den Beginn eines intensiven Kampfes. Am Ende des Camps hatten wir nicht nur Medaillen gewonnen – ich wurde sogar Erster in meiner Gruppe! Und all diese großartigen Momente habe ich dank der russischen Sprache erlebt!
Ich erinnere mich auch gut daran, wie ich einen wunderbaren Jungen kennengelernt habe. Wir beide sprachen Russisch, also wurden wir sofort Freunde. Es machte uns Spaß, miteinander zu reden, gemeinsam nach Hause zu gehen und Hausaufgaben zu machen.
Er kannte Deutsch, aber verstand einige österreichische Ausdrücke nicht. Zum Beispiel sagt man in Deutschland „Tüte“, in Österreich sagt man „Sackerl“; bei uns sagt man „Kübel“, in Deutschland „Eimer“. Jetzt spricht er nicht nur Deutsch, sondern auch Österreichisch – dank unserer Freundschaft! Sprache- ist mehr als nur Worte, es ist auch eine Brücke zwischen Menschen. Und übrigens, ich würde gerne noch eine weitere Sprache lernen – Französisch, zusätzlich zu Russisch, Deutsch und Englisch.
Sprache ist mehr als nur Wörter. Sie ist Musik, Melodie, Rhythmus. Achtet auf die Betonung: „Wie heißen Sie?“ – eine gerade Linie auf Deutsch. Aber auf Russisch: „Как Вас зовут?“ – die Stimme steigt, die Melodie verändert sich. Jede Sprache singt ihr eigenes Lied!
Sprache ist der Schlüssel zur Freundschaft, zu neuen Entdeckungen, zu einer neuen Welt! Es ist wichtig nicht nur, was wir sagen, sondern auch wie wir es sagen.
Nicht nur die Betonung zählt, sondern auch die Art, wie wir sprechen! Selbstbewusst, mit Freude, mit Leidenschaft!
Mein Rat an euch: Wenn ihr eine neue Sprache lernen wollt – Französisch, Spanisch, Italienisch, Russisch –, dann taucht ein! Lernt nicht nur Wörter, sondern auch Kultur, Musik, Literatur. Hört Radio, sprecht ohne Angst! Und vor allem: Versteht die Worte wirklich! Denn dann wird das Lernen nicht nur effektiver, sondern zu einem echten Abenteuer! Sprache ist mehr als nur Worte.
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!
Ein Vogel aus bunten Papieren collagiert immer auf einem braunen Karton führt durch dieses Bilderbuch über Gefühle. Der Bogen spannt sich sozusagen von himmelhoch jauchzend bis tief betrübt: Mutig, niedergeschlagen, neugierig und schüchtern fliegt, flattert oder versteckt sich der Vogel – auf der einen oder anderen Doppelseite begleitet von Artgenossen.
Die jeweiligen Eigenschaftswörter sind noch um dazu passende Sätze ergänzt. Beispielsweise „Wie funktioniert das?“ und „Erzähl mir mehr davon“ bei neugierig / interessiert / wissbegierig. Oder „Entschuldigung, es tut mir leid.“ Und „das ist mir peinlich“ bei beschämt / schuldbewusst / zerknirscht.
Das „bunt“ schlägt sich auch im Titel nieder: „In mir drin ist’s bunt“ – ausgedacht, geschrieben und illustriert von Theresa Bodner, das es schon vor ein paar Jahren gab, ist nun neu erschienen: Erweitert um vier Sprachen: Arabisch, Englisch, Türkisch und Bosnisch / Kroatisch / Serbisch / Montenegrinisch: ‚iinah mulawan fi dakhili / All the colurs inside me / İçimdeki Dünya Rengarenk.
Bei den Adjektiven klappt das Zusammenfassen der vier eng verwandten Sprachen, oft auch als BKS bezeichnet, bei den Sätzen nicht immer, was übrigens gleich für den Buchtitel gilt.
Aber gerade über Gefühle zu reden ist für schon sehr junge Kinder ganz wichtig, da sind die vier zusätzlichen Sprachen neben Deutsch in diesem Bilderbuch ein wunderbares Werkzeug besonders in Kindergärten. Da wäre es vielleicht nur nicht unspannend gewesen die arabische Schrift durch lateinische Lautschrift zu ergänzen – oder auf der Homepage des Verlags bzw. über QR-Codes überhaupt diese Sprachen von Original-Sprachler:innen einsprechen zu lassen und als Audio-Dateien zum Anhören anzubieten
Die Bühne, eine Art Kinderzimmer, ist voller A – aus Holzlatten, aus Stoff, stehend, liegend, manche noch nicht ganz fertig und mit einer einfachen Bewegung zu diesem Buchstaben geformt. Doch eigentlich geht’s dann nicht um dieses A, auch wenn der Titel des ¾-stündigen spielfreudigen und verspielten Stücks (3+) „AS-LAS-GLAS“ heißt.
Der Buchstabe steht bzw. liegt für Wörter. Um solche dreht sich das Schauspiel von Johanna Hainz & Aleksander Tolmaier vom Teater / Theater Rampa. Und wie Wörter die Fantasie beflügeln können. Das Besondere in diesem Stück. Er, der Mitja spielt, spricht Slowenisch, sie als Julia Deutsch. Dabei wiederholen sie nicht einfach alles, sondern aus den Gesprächen ergibt sich klar, was die eine bzw. der andere gemeint, gesagt, gefragt hat, ohne je lehrmeisterlich zu werden. Die Kinder und Erwachsenen im Publikum, die beide Sprechen können, haben mehr, sie haben oft zwei Stellen, an denen sie zum Lachen kommen. Aber auch die einsprachigen, in dem Fall meistens jene, die nur Deutsch können, haben ihren Spaß mit dem fantasievollen Spiel der beiden (Koncept & režija / Konzept & Regie: Alenka Hain).
Julia und Mitja können mit dem vielen Zeugs Fortbewegungsmittel, aber auch ein Handy, einen Herd, ein Radio oder was auch immer ihnen einfällt „zaubern“ – wie eben Kinder im fantasievollen Spiel. Wenn sie Wörter entdecken, die im Slowenischen und Deutschen gleich sind/klingen UND nicht streiten, so entdeckt Juli, könnten sie sogar bis Hawaii kommen. Da verwandelt sich ein großes weißes Tuch in einen fliegenden Teppich, ein hölzernes A aus Holzlatten wird zum eckigen Teich umgebaut, zwei Stäbe bilden eine Brücke, ein Seil ist ein schmaler Steg, zwei L-förmige Holzstücke aneinander ergeben einen Helikopter …
Was haben also balon, bonbon, piramida oder vagon gemeinsam? / Kaj imajo torej skupnega Ballon, Bonbon, Pyramide ali Wagon?
Es ergeben sich aber auch Missverständnisse, etwa wenn ein Cello erklingt, Julia dieses zu nerven beginnt und Mitja sich an den Kopf greift, wenn sie ihm davon erzählt. Immerhin heißt čelo Stirn 😉
Die eine oder andere Szene ist in Sachen Mann/Frau-Rolle doch klischee-behaftet. So spielt er den Elektriker, der kommen muss, um das Radio abzudrehen, tut das aber nur, wenn sie ihm gutes Gulasch kocht. Immerhin ist er dafür der Ängstlichere.
Das dvojezična gledališka predstava / zweisprachige Theaterstück macht viel Spaß – offensichtlich auch den Schauspieler:innen. Und zeigte bei den Aufführungen im Rahmen des aktuellen Stella-Festivals im IKULT, dem interkulturellen Veranstaltungszentrum Klagenfurt / interkulturni prireditveni center Celovec, ein in der heimischen (Kinder-)Theaterszene noch viel zu wenig geschätztes, noch weniger gepflogenes mögliches verbindendes Element zwischen verschiedenen Kulturen.
In einer abendlichen kleinen, aber feinen Diskussionsrunde erzählten allerdings Veronika Kušej, Alina Zeichen und Martin Moschitz im kultur raum/ kulturni forum „Ventil“, dass und wie die Zweisprachigkeit vieler Kulturvereine der autochthonen Minderheit seit Jahrzehnten gut funktioniert. Einhellig war – nicht nur deren – Meinung, das würde dem Theater, der Kultur auch außerhalb der Minderheit und nicht zuletzt in großen Häusern gut anstehen, gut tun und durchaus auch neue Publikumsschichten erreichen. Von Vielfalt wird viel geredet, praktiziert wird sie viel zu oft deutlich weniger…
Eine heftige, berührende Geschichte über Flucht spielte Asja Kahrimanović Babnik vom Lutkovno Gledališče Ljubljana (Slowenien) in den Klagenfurter Kammerlichtspielen; allerdings ausschließlich auf Deutsch. Nekie Drugje / Anderswo / Somewhere Else hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… schon anlässlich eines Wien-Gastspiels im Februar ausführlich besprochen – zu dieser Kritik geht es obe, über diesem Abschnitt.
Compliance-Hinweis: Zur Berichterstattung vom Stella-Festival wurde KiJuKU.at von der ASSITEJ-Austria eingeladen.
„Jeden Morgen um 10“ – hieß es Anfang Oktober im Amtshaus in Wien Rudolfsheim-Fünfhaus. Kinder der Volksschulen Johnstraße und Selzergasse kamen in den Genuss, aus diesem Buch vorgelesen zu bekommen. Die Erzählung erfolgte auf Deutsch, die Charaktere der Geschichte hingegen traten in acht weiteren Sprachen auf. Was Hund Max sagt, wurde auf Farsi vorgelesen, die Wirtin sprach Polnisch und der Pfarrer drückte sich auf Englisch aus. Weiters zu hören waren Albanisch, Arabisch, BKS (bosnisch / kroatisch / Serbisch), Rumänisch und Türkisch
Acht mehrsprachige Lesepat:innen der Stadt Wien waren es, die den Figuren des Kinderbuchs von Christine Nöstlinger ihre Stimmen borgten – und Sprachen benutzten, die auch so manche der Kinder – neben Deutsch – mitbrachten.
Das 2016 erschienene Kinderbuch „Jeden Morgen um 10“ wurde von Christine Nöstlingers Buchstabenfabrik auf Anregung von „Was steht da?“, dem Collective Impact Netzwerk, zur frühen Leseförderung auch mehrsprachig veröffentlicht. Die mehrsprachigen Ausgaben des Buches enthalten neben dem deutschen Text noch zusätzlich zwei weitere Sprachen und wurden für die Lesung zur Verfügung gestellt.
„Das Besondere an dieser mehrsprachigen Lesung war, dass sich allen teilnehmenden Kindern die gesamte Geschichte nur gemeinsam erschlossen hat und alle Kinder ihre unterschiedlichen Sprachkenntnisse einbringen konnten“, erläutert David Beraha von der Abteilung Integration und Diversität der Stadt Wien, die die Lesung als Teil des Projekts „Muttersprachliche Lesepat*innen“ organisiert hat.
„Es ist von großer Bedeutung, die unterschiedlichen Sprachkompetenzen der Kinder so früh wie möglich zu fördern und zu festigen. Das Projekt leistet dazu einen wichtigen Beitrag“, sagte Wiens Vizebürgermeister und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr zu der Aktion. „Mehrsprachig aufwachsen zu können, ist eine tolle Chance, die einem gegeben wird. Mehrere Sprachen zu können, fördert das Miteinander und das Verständnis. Wien als Sitz der UNO ist eine weltoffene und internationale Stadt, wo Sprachvielfalt gelebt wird“, zeigte sich der Vorsteher des 15. Bezirks, Dietmar Baurecht, erfreut. Und hob damit den Vorzug von Mehrsprachigkeit hervor, die häufig in der öffentlichen, medialen Debatte eher als Defizit bezeichnet wird – außer wenn es um teure bilinguale oder fremdsprachige Privatschulen geht.
Bei dem Projekt lesen Wiener:innen ehrenamtlich Volksschulkindern in ihren Erstsprachen vor. Es wird von der Abteilung Integration und Diversität in Kooperation mit der Bildungsdirektion Wien und den Büchereien Wien durchgeführt. „Neben den Sprachkompetenzen geht es in dem Projekt auch um das Sichtbarmachen der Mehrsprachigkeit. Mehrsprachigkeit ist für uns eine Bereicherung. Kinder und Jugendliche, die mit zwei oder mehr Sprachen aufwachsen, erlernen meistens leichter weitere Sprachen und sind tendenziell toleranter und weltoffener als Gleichaltrige“, erklärt Kathrin Lipowec, Leiterin des Projekts „Muttersprachliche Lesepat*innen“.
Fast 80 Wiener:innen bringen sich in diesem Projekt ehrenamtlich ein. Die Lesepat*innen sind derzeit in 20 Volksschulen im Einsatz. Vorgelesen wird je nach Bedarf in 19 unterschiedlichen Sprachen, von Arabisch über Polnisch bis Vietnamesisch. „Die Wertschätzung und Förderung der Herkunftssprache ist ein großer Vorteil für die Entwicklung eines Kindes. Ein solides Fundament in der Erstsprache fördert das schnelle Erlernen der Bildungssprache Deutsch und erleichtert das Erlernen weiterer Sprachen. Es freut mich, als Lesepatin einen Beitrag dazu leisten zu können”, sagt Natalie Kosch. Die Sprachwissenschafterin ist Lektorin an der Universität Wien und ehrenamtlich als Lesepatin tätig. Bei der besagten Lesung verlieh sie der Wirtin ihre polnische Erzählstimme.
Zur offiziellen Premiere des Films „Favoriten“ von Ruth Beckermann ins größte Kino Wiens, das Gartenbaukino gegenüber dem Stadtpark kamen neben Promis wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Justizministerin Alma Zadić, Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler natürlich auch die Regisseurin und fast ihr gesamtes Filmteam. Aber natürlich auch Lehrerin Ilkay Idiskut sowie einige ihrer ehemaligen Schüler:innen – Eda Dzhemal, Hafsa Polat, Manessa Lakhal, Majeda Alshammaa, Ibrahim Ibrahimovič und Dani Crnkić.
Vier davon gaben Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… kurze Interviews. Zunächst wollte KiJuKU von allen wissen, wie dies war, so häufig im Unterricht und bei Exkursionen gefilmt zu werden – und dann ein bisschen über ihre weitere schulische Laufbahn sowie ihre Pläne für danach.
Eda antwortete auf die Frage nach der (fast) ständigen Kamera-Begleitung so: „Das hat sehr viel Spaß gemacht. Die waren bis zu drei Mal pro Woche bei uns.
KiJuKU: Wenn ihr beim Lernen oder bei Prüfungen gefilmt wurdet, war das auch so einfach?
Eda: Manchmal war es schon schwierig, auch weil wir nicht genau in die Kamera schauen durften. Wir mussten so tun, als wenn die Kamera nicht da wäre. Manchmal konnte ich mich dann nicht so gut konzentrieren, wenn sie uns gefilmt haben. Und ich war so schüchtern und konnte dann nicht alles sagen, wenn die Kamera da war.
KiJuKU: Wurde es mit der Zeit leichter, weil sie – wie du gesagt hast – ja so oft da waren?
Eda: Schon, weil wir uns dann gut kennengelernt haben, die sind auch voll nett und ich mag sie alle.
KiJuKU: Was machst du jetzt?
Eda: Ich gehe ins Laaerberg Gymnasium, schon in die zweite Klasse.
KiJuKU: War die Umstellung von Volksschule auf Gymnasium schwierig?
Eda: Nein, ich hatte alles 1er nur einen 2er.
KiJuKU: Welche Gegenstände magst du am liebsten?
Eda: Werken, Sport und Biologie.
KiJuKU: Gibt’s auch Fächer, die du weniger magst?
Eda: Deutsch – ich mag es, Deutsch zu sprechen, aber naja … – der Rest sei vom Mantel des Schweigens verhüllt.
KiJuKU: Sprichst du außer Deutsch noch andere Sprachen?
Eda: Türkisch und Bulgarisch, aber weniger Bulgarisch. Meine Schwester kann da mehr – sie hat sich sogar die Schrift selber beigebracht. Meine Eltern kommen aus Bulgarien aus einem Dorf, in dem Türkisch gesprochen wird. Sie haben oft Bulgarisch gesprochen, wenn sie etwas zueinander gesagt haben, das wir nicht hören sollten. Deswegen haben wir begonnen, es auch zu lernen, aber ich kann viel besser Türkisch als Bulgarisch.
Nach der Schule möchte Eda „entweder Make-Up-Artistin oder Tierärztin werden“
Auf die Frage nach der Kamera-Begleitung antwortete Hafsa: „Es war spannend, weil ich die ganze Zeit gewusst habe, dass wir in einem Film sein werden. Aber bei Prüfungen hat es schon ein bisschen nervös gemacht. Falls ich was falsch mache oder sage, dann könnte das im Film sein!“
Befragt nach der weiteren Schullaufbahn erzählte Hafsa: „Ich gehe jetzt in die zweite Klasse im Gymnasium Waltergasse.“
KiJuKU: Wie war die Umstellung?
Hafsa: Es war ein ganz anderes Level.
KiJuKU: Schwieriger?
Hafsa: Volksschule war im Vergleich dazu ein kleines Teil, am Anfang war’s schon schwieriger, aber jetzt bin ich’s schon gewohnt.
KiJuKU: Was sind die Lieblingsfächer?
Hafsa: Sport, Deutsch mag ich nicht so sehr.
KiJuKU: Hast du noch mehrere Sprachen?
Hafsa: Ja, neben Deutsch kann ich noch Türkisch und Englisch.
KiJuKU: Was ist der Traumjob nach der Schule?
Hafsa: Mein Traumjob ist, Wissenschafterin zu werden.
KiJuKU: Und in welchem Bereich?
Hafsa: Physik und Chemie.
Dani erinnert sich an die drei Jahre Volksschule mit Kamera so: „Manchmal hat es schon nervös gemacht. Es gibt natürlich immer wieder peinliche Situationen und wenn du dabei gefilmt wirst und die Kamera sehr nahe kommt, ist das nicht nur angenehm.“
KiJuKU: jetzt besuchst du welche Schule?
Dani: Das Joseph-Haydn-Gymnasium im 5. Bezirk.
KiJuKU: Wie war der Umstieg?
Dani: Ein bisschen schwierig, weil man neue Freunde finden musste. Die Umstellung auf mehrere Lehrerinnen und Lehrer war am Anfang auch ein bisschen schwierig, aber ich hab mich schon schnell daran gewöhnt.
KiJuKU: Hast du schon Berufswünsche?
Dani: Ich will im Büro arbeiten oder Polizist werden.
Ibro: Ich will auch im Büro arbeiten – und Fußballer werden.
KiJuKU: Spielst du schon lange Fußball in einem Verein?
Ibro: Seit ich sechs Jahre bin und jetzt bin ich elf.
KiJuKU: Welche Position spielst du vor allem?
Ibro: Linker Flügel.
KiJuKU: Wie oft trainierst du in der Woche?
Ibro: Drei Mal – und am Wochenende hab ich noch ein Match.
KiJuKU: Das geht sich alles neben der Schule aus?
Ibro: Jaja.
KiJuKU: du gehst in welche Schule?
Ibro: Ins Gymnasium Pichelmayergasse.
Musik erfüllt das Klassenzimmer, alle sind in Bewegung – zu englischen Sätzen. Voll fröhlich, angespannt und doch entspannend – eine internationale Klasse in der größten Ganztags-Volksschule Wiens Quellenstraße (vormals Bernhardtstalgasse). Ein engagiertes Filmteam – Kamera fast immer auf Augenhöhe der Kinder – begleitete die rund zwei Dutzend Schüler:innen UND ihre engagierte Lehrerin über fast drei Jahre lang. – von der 2. bis zur 4. Klasse.
Nun kommt „Favoriten“ wie der Film nach dem gleichnamigen Bezirk heißt, in dem diese Schule liegt, in die österreichischen Kinos. Premiere hatte er schon beim weltberühmten Festival in Berlin, hat aber auch das heimische Filmfestival Diagonale in Graz vor Monaten eröffnet, war bei Festivals in Argentinien, Korea, Mexico, Hong Kong, der Türkei und vielen anderen Ländern.
Fast zwei Stunden lang sind die Kinder und ihre Pädagogin beim Lernen, Spielen, bei Ausflügen ins Hallenbad, aber auch in eine Moschee ebenso wie in die größte Kirche, den Stephansdom – zu erleben. Ihre Fragen, Berufswünsche, aber auch so manche Konflikte und Reibereien wie sie in jeder Klasse bzw. Gruppe vorkommen, sind zu sehen und hören – sowie der (versuchte) Umgang das jeweilige Problem zu lösen.
Gelobt, ja gehypt wird der Film nicht zuletzt von vielen Menschen für die diese Einblicke in eine sehr multikulturelle Klasse recht neu sind. Die solche Kinder und Klassen nicht kennen, sondern sie nur – aus medialer Bezeichnung – als „Brennpunktschulen“ bzw. -klassen „kennen“ – oder eben nicht wirklich kennen. Aber auch jene, die solche Klassen und Schulen kennen, freuen sich, weil der Film die Kinder und ihre Lehrerin nicht als Problem behandelt, sondern sie – großteils – realistisch-positiv vor die Kamera holt; und nicht über sie sondern mit ihnen filmisch erzählt.
Und so „nebenbei“ kommen so manche Probleme des Schulsystems zur Sprache – das Fehlen von Unterstützungskräften aus Bereichen wie Psychologie, Sozialarbeit aber letztlich auch Lehrkräften selbst. Monatelang ist bekannt, dass die voll-engagierte Lehrerin mit Herzblut, Ilkay Idiskut, schwanger ist und etwa drei Monate vor dem Ende der vierten Klasse in Mutterschutz geht. Dennoch steht gegen Ende des Films der tränenreiche Abschied mit dem Satz, dass sie den Kindern nicht sagen kann, wer sie ab dem folgenden Tag unterrichtet. Ganz am Schluss ein Insert, dass wenige Tage danach doch eine klassenführende Lehrkraft gefunden wurde! Und das, so ist aus der Schule mit 32 Klassen und rund 750 Schüler:innen zu hören, „wahrscheinlich auch nur, weil der Film gedreht worden ist, sonst hätt’s vielleicht bis zum Schulende keine klassenführende Lehrkraft gegeben“.
Trotz aller wertschätzenden filmischen Begleitung dieser drei Jahre muss kritisiert werden, dass es einige Momente und Szenen gibt, in denen Kinder sehr beschämt werden. Klar, sie kommen / kamen sich realistischerweise im Schulalltag mitunter vor. Aber muss beispielsweise minutenlang gezeigt werden, wie ein Kind verzweifelt unter deutlichem Prüfungsstress eine mathematische Aufgabe – trotz Hilfsversuchen – nicht lösen kann? Reicht es nicht, wenn so eine Situation in der Klasse passiert? Kann sie dann nicht besser wenigstens dem Schnitt zum Opfer fallen – gab es doch aus drei Jahren sicher Gigabyte an gedrehtem Material?
So junge und schon so tough – der erste und Gesamteindruck der Rede des erst 13-jährigen Vincent Pellegrini am zweiten Wiener Finaltag des 15. Durchgangs von „SAG’S MULTI!“, dem mehrsprachigen Redebewerb. Auf Französisch und Deutsch versprühte der Schüler aus dem Lycée Français zu Beginn des zweiten Rede-Blocks, dem Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… beiwohnte, im Hugo-Portisch-Atrium des ORF-Zentrums auf dem Küniglberg Energie, Freude, Lust am Sprechen und an Sprachen. Nicht nur den beiden, die er verwendete – Französisch und Deutsch (letztere müssen alle Teilnehmer:innen verwenden).
Er selbst spricht auch noch Englisch, da in den USA geboren, sowie Spanisch, die Sprache eines seiner Urgroßväter. Latein und Altgriechisch zählt er auch zu seinem Repertoire, „aber erst, wenn ich dann noch Italienisch gelernt habe, werde ich ich selbst sein.“ Er fühle sich als Sag’s Multi und liebe Wien gerade, weil es so ein Mosaik aus vielen Sprachen und Kulturen ist. In seiner mitreißenden Rede interpretierte er die biblische Geschichte vom Turmbau zu Babel um: Nicht Zwietracht hätte Gott mit der „babylonischen Sprachverwirrung“ unter die Menschen bringen wollen, sondern er wollte sie dazu bewegen, sich in ihrer Vielfalt verständigen zu lernen.
„Unsere neue Tradition wird es sein, multikulturell zu sein, indem wir mehrsprachig sind – ich spreche, wir sprechen, also sind wir!“
… lautet das Thema des Bewerbs in diesem Schuljahr. 373 Schüler:innen – von der siebenten bis zur zwölften bzw. 13. (BHS) Schulstufe – hatten ihre Videos dazu eingesandt. Rund 100 Juror:innen – all der verwendeten Sprachen – sahen sich in Summe rund 40 Stunden der digitalen Reden an. Die besten 165 durften neue Reden im Finale und das live und analog (gleichzeitig digital gestreamt) halten. Seit der ORF Träger des Bewerbs ist (2020) und nach der Pandemie fanden/finden die Finalrunden jeweils in Landesstudios des öffentlich rechtlichen Rundfunks statt, in Innsbruck waren heuer erstmals auch Teilnehmer:innen aus dem benachbarten Italien, aus Südtirol mit dabei. Kassandra Steiner, Social-Media-Redakteurin im ORF Wien, moderierte die drei Finaltage auf dem Küniglberg, zitierte vor jeder Rednerin, vor jedem Redner Sätze aus deren Beiträgen in der Hauptrunde und führte danach kurze Live-interviews.
Ebenfalls von der französischen Schule in Wien kommt der 15-jährige Tobias Gross, liebe Deutsch und Französisch, Wien und Paris, die Donau und die Sein, aber genauso Prag und die Moldau – erzählte er blumig in seiner Deutsch-Tschechischen Rede. Sprachen sind Brücken für das Zusammenleben. Und mit jeder Sprache komme man der jeweiligen Kultur viel näher als beim Lesen von in die eigene Sprache übersetzten Texten. Ähnlich wie sein Vorredner beendete er seinen Beitrag mit einem aus Star Wars entliehenen Spruch: „Möge die Kraft und Macht der Sprachen mit Ihnen sein!“
Bevor er mit acht Jahren das erste Mal in Wien in eine Volksschulklasse kam, habe er große Ängste gehabt, so gestand Alwaled Alkoud auf Arabisch und Deutsch. Doch binnen kürzester Zeit seien die völlig verflogen: Die Sitznachbarin habe etliches für ihn auf Arabisch übersetzt, seine Lehrerin – vom Balkan – und sein bester Freund, ein dunkelhäutiger Klassenkamerad, sowie andere Kinder mit weiteren Sprachen haben ihm die Integration leicht gemacht. Dies sei einer der großen Vorteile von Vielfalt, schlussfolgert der Schüler des Gymnasiums auf dem Bertha-von-Suttner Schulschiff in Wien-Floridsdorf (21. Bezirk).
Was er aber nicht verstehe, „dass so viele Kinder und Jugendlichen checken, dass Vielfalt schön und bereichernd ist, es aber Erwachsene gibt, die das noch immer nicht verstehen. Ein Regenbogen mit nur einer Farbe wäre doch auch nicht schön!“
Die 17-jährige Theresia Čarnogurský aus dem Wiedner Gymnasium/ Sir Karl Popper Schule widmete sich in ihrer Rede (Slowakisch) der Flut von Nachrichten nicht zuletzt dank Internet und Social Media. Einerseits fände sie es sozusagen super, dass du ständig Informationen aus aller Welt verfügbar hast, andererseits können – insbesondere Nachrichten und Bilder über Kriege und Katastrophen dazu führen, dass diese wie eine Last auf eine/einen drücke. Sie sei sogar einmal fast in der Fülle solcher geistig und psychisch ertrunken. Da brauche es Pausen – und Konzentration auf angenehme, positive Meldungen und Gespräche im eigenen Umfeld. Damit wolle sie aber keineswegs für ein „Abschalten“ plädieren. Es sei sehr wichtig zu wissen, was in der Welt los ist.
Florian Nehlich (16), auch aus dem Wiedner Gymnasium /Sir Karl Popper Schule, versuchte die Zuhörer:innen zu Beginn sich auf Perspektivenwechsel einzulassen. Wer im Raum sei die/der Wertvollste? Das käme wohl auf die Sichtweise an. Könnten Juror:innen sein, seine Mutter, genauso wie alle der jungen Redner:innen…
Den Hauptteil seiner Rede– auf Englisch und Deutsch – widmete er kritischen Blicken auf eines der größten aktuellen Probleme, den Ressourcenverbrauch ohne oder jedenfalls mit zu wenig Rücksicht auf kommende Generationen.
Silvia Petrová (17) aus der Schule wie ihre beiden Vorredner:innen nahm die in Österreich weit verbreitete Skepsis gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen aufs Korn – auf Bulgarisch und natürlich Deutsch. Als Beispiel führte sie Gentechnik an und sprach sich für – natürlich gut kontrollierten – Einsatz derselben an. Ohne diese hätte es beispielsweise bei Corona nicht innerhalb so kurzer Zeit den wirksamen Impfstoff gegeben.
Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… sprach in der Pause nach dem Block dieser sechs Redner:innen kurz mit Alwaled Alkoud. Er erzählte: Ich bin in Abu Dhabi geboren und die ersten fünf Jahre aufgewachsen, dann kam ich mit meinen Eltern nach Syrien, wo wir schon nach einem Jahr wegmussten. Aber auch in der Türkei bin ich in eine arabische Schule gegangen, daher hatte ich dann in Österreich wie ich in meiner Rede berichtet habe, zuerst Angst vor der neuen Klasse. Ich dachte, ich wäre der einzige mit Arabisch oder überhaupt einer anderen Sprache als Deutsch. Die Vielfalt in der Klasse und die vielen Sprachen der Kinder haben mir sehr, sehr geholfen.“
Neben ihm saß Julia Gapik (16), ebenfalls vom Bertha-von-Suttner Schulschiff. Und da sie schon im vorangegangenen Block dran war, fragte KiJuKu sie nach ihrem Thema und ihrer Rede. „Ich hab über Europa – die Zukunft braucht uns alle geredet (auf Polnisch und selbstverständlich Deutsch). Wir alle, egal wo wer herkommt, welche Hautfarbe oder Religion er oder sie hat – alle sind gefordert, an diesem gemeinsamen Europa zu arbeiten. Und es wird auch alle brauchen.“ Sie selbst habe sich durch einzelne herausragende junge Menschen zu ihrer Rede inspirieren lassen. Im Stream zum Nachhören beschreibt sie etwa Halin, die aus Indien kommt, auch Japanisch und Russisch kann, einen Buchklub auf die Beine gestellt hat, in einem Debattierklub ist, Psychotherapeutin werden will – und neben der Handelsschule samstags gearbeitet hat. Warum sollte so ein Mensch nicht an der Gestaltung Europas mitwirken? Und sie verweis auf das Motto der EU „In Vielfalt vereint!“
Seit Anfang April hat es bereits sechs Sag’s Multi Veranstaltungstage in Graz, St. Pölten, Innsbruck, Linz und Eisenstadt gegeben. Am Freitag (26. April) findet – wieder im ORF-Zentrum auf dem Wiener Küniglberg der letzte Finaltag des diesjährigen Bewerbs statt. Und wie Jury-Vorsitzender und „SAG’S-MULTI!“-Erfinder Peter Wesely immer betont, „alle Finalist:innen haben schon gewonnen“, aber darüber hinaus kürt die Jury auch noch die Besten der Besten zu Preisträgerinnen und Preisträgern. Und diese werden bei der feierlichen Gala im großen Festsaal des Wiener Rathauses, zu der alle Finalist:innen eingeladen sind, geehrt – und auch erst dort bekanntgegeben. Diese steigt am 17. Juni 2024.
tvthek.orf.at -> Wien, 25. April 2024
tvthek.orf.at -> Wien, 24. April 2024
tvthek.orf.at -> Niederösterreich
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tvthek.orf.at -> Steiermark, Teil 1
Vor einer großen gelben kreisrunden Scheibe strahlt ein Kind übers ganze Gesicht, aber deutlich mindestens genauso aus vollem Herzen. „Guten Morgen, schöner Tag!“ ist zwar schon vor zwei Jahren als Papp-Bilderbuch erschienen, nun aber gibt es diese (Bilder-)Geschichte um den fröhlichen Tag, nicht zuletzt den Beginn desselben eines Kindes – auf dem Weg in den Kindegarten, dortselbst und zurück zu Hause bis zum Schlafengehen – in einer mehrsprachigen Version – als Hardcover- sowie als Papp-Bilderbuch. (Link zur Besprechung des Buches unten am Ende dieses Beitrages.)
Noch gibt es hierzulande nicht viele, aber doch ein paar Bilderbücher in mehrsprachigen Ausgaben – auch größerer Verlage. Kleine darauf spezialisierte produzieren schon lange (Bilder-)Bücher in vielen verschiedenen, oft auch mehrsprachigen Ausgaben. Eines der ersten in einem bekannten Verlag war Mira Lobes und Susi Weigels wohl bekanntestes Werk: „Das kleine Ich bin ich“ (Jungbrunnen Verlag) – schon vor 13 Jahren mit Ausklapp-Flappe neben dem Original auf Deutsch noch auf Kroatisch, Serbisch (in kyrillischer Schrift), Türkisch (2011), mit Arabisch und Farsi (2016) sowie mit Ukrainischer Übersetzung (Mai 2022).
Im Vorjahr brachte der Tyrolia Verlag Linda Wolfsgrubers „wir“, in dem sie anhand von gezeichneten Gesichtern unterschiedlichste Gefühle portraitierte, in einer überarbeiteten, vielsprachigen Ausgabe heraus. Nun ist die Hymne an einen schönen Tag neben Deutsch auf Türkisch, Bosnisch / Kroatisch /Montenegrinisch /Serbisch (in lateinischer, nicht kyrillischer) Schrift, sowie auf Arabisch erschienen. Diese vier Sprachen finden sich unter den Bildern auf weißem Hintergrund. Wobei das Arabische in dem Fall dem Verlauf der anderen Sprachen folgt/ folgen muss. (Eigentlich müsste da ja das Buch von der anderen Seite her gelesen/geblättert werden.)
Die spontane Anregung – wie schon bei den Sprachen in anderen Schriften bei „wir“ – wäre natürlich: zur arabischen Schrift noch die lateinische Umschrift dazu zu stellen – oder via QR-Code zu einem Audio-File zum Anhören zu führen. Aber da sei die Antwort auf die damalige entsprechende Anregung von Verlagsseite aus dem entsprechenden Beitrag – ebenfalls unten verlinkt – zitiert: „Das Buch soll aber ja auch anregen, Leute zu suchen, die diese Sprachen können und es dann vorsagen.“
Als Spielzeugfiguren verkleidete Schauspieler:innen liegen, sitzen, kugeln sozusagen auf dem Boden herum, eine steht. Sie spielen den lebendig werdenden Inhalt einer Blechkiste der Jugendlichen Sari (Dinda Daniar Darussalam). Diese hält die Box auf ihrem Schoß, sinniert und fasst den Entschluss – im heftigen Streit mit ihrer Mutter Nastja (zweisprachig und recht resolut: Vanda Sokolović) -: Ich halt’s in diesem Land voll Armut und Krieg nimmer aus, ich geh.
Sie habe über Internet einen Mann kennengelernt, der ihr versprochen hat, wenn sie zu ihm in sein Land komme, dann könne sie dort arbeiten, gutes Geld verdienen und alles haben. Und sie werde der Mutter auch regelmäßig Geld schicken.
Wobei das alles in „S[ch]till here“ wie das jüngste Stück von „Die Fremden“ heißt, „nur“ gespielte Annahmen sind. Denn Dinda Daniar Darussalam sagt in ihren ersten Worten: „Sagen wir, ich bin Sari…“. Solche Passagen werden sich später – von anderen gesagt – im Laufe der nicht ganz zwei Stunden (eine Pause) wiederholen. Damit heben die elf Schauspieler:innen – allesamt Laien, viele schon seit Jahrzehnten bei der Theatergruppe „Die Fremden“ (1992 gegründet) – die Geschichte einerseits irgendwie ins Fiktive. Und das obwohl viele der Szenen auf Erlebnissen der Mitwirkenden der Theatergruppe basieren – nur die heftigste Einzelheit, die hier aber nicht gespoilert werden soll, musste niemand am eigenen Leib erleben. Andererseits deutet dieses „sagen wir, ich bin…“ auch an, was ganz am Ende als Schlusswort nach dem Schauspiel dem Publikum mit auf den Weg gegeben wird: Saris Schicksal ist nur eines von Millionen, das rechtlose, nicht „gesehene“ Arbeitsmigrant:innen, erleiden.
Denn darum dreht sich das Leben im neuen Land mit ach so viel versprochenen Möglichkeiten: Ein Hotel, das demnächst (wieder) aufsperren soll, braucht billige Mitarbeiter:innen. Die ordert sie über eine Agentur. Und dort werden den angeheuerten sehr arbeitswilligen Arbeitsmigrant:innen gleich einmal die Papiere weggenommen. Das Hotel zahlt die Beschäftigten nicht direkt, sondern an die Agentur, die einen Gutteil des Geldes einbehält und lediglich Taschengeld auszahlt…
Soweit die Grundgeschichte. Zwischen – manche im Publikum sogar zu Tränen – rührenden Momenten und heiter-ironischen bis herzhaft lustigen Momenten nehmen die insgesamt elf Schauspieler:innen (Regie und Leitung wie immer Dagmar Ransmayr) das Publikum in eine (fast) unbekannte arge Schattenwelt mit. Mit wenigen, wandelbaren Requisiten – hauptsächlich kleine und größere Kübel – zaubert das Ensemble eine Hotellobby ebenso wie ein altes Auto (Klappstühle und vier liegende Kübel als Räder). Diese „Fahrt“ mit Ali (Besmellah Jafari), der keinen Führerschein, aber wenigstens den Pass von wem anderen hat, und Nastja, die keinen Pass hat – aber immerhin muss eine Grenze überwunden wird – ist sehr skurril und gehört zu jenen mit den meisten Lachern.
Flache Blechschachteln dienen als Smartphones oder Tablets, was mehr Charme versprüht, als würden sie mit echten oder funktionslosen Handy-Dummys (wie häufig auf Bühnen) spielen.
Wunderbar die mehrfache Verwandlung jener fünf Schauspieler:innen, die einerseits in die Rollen von Spielzeugfiguren schlüpfen – Tanzschwein (Sofie Leplae), Hexe (Katerina Rumenov Jost), Katze (Yasmin Navid), Bär (Armen Abisoghomyan), Einarmiger (Markus Payer), Roboter (Garegin Gamazyan) – und andererseits das Hotel bevölkern: Als windiger Chef, der zwielichtige Geschäfte macht, als Rezeptionist, der sich für alles andere zu schade ist, als überforderte Managerin, als Aufseherin über die Putzkräfte und ihre aufmüpfige Tochter Mona (Yasmin Navid) sowie als Haustechniker, der zwar vieles kann, dem aber so ziemlich alles „wurscht“ ist, er hat ja nur mehr kurz bis zur Pensionierung.
Das Duo Mme Olivia vs Mona (herzhaft aufmüpfig: Yasmin Navid) ist fast eine Parallel zu Nastja und Sari.
Ein heftig-berührender Abend, der dennoch Raum zum Verschnaufen und immer wieder auch Lachen lässt, vor allem aber ein kaum thematisiertes Segment von Schattenwirtschaft mit sklavenähnlichen Zuständen beleuchtet. Gekonnt und leidenschaftlich gespielt und – was auf Theaterbühnen insgesamt noch viel zu wenig zu hören ist – auch mehrsprachig. Immer wieder bringen die Schauspieler:innen Sätze, manche auch viele, in jenen Sprachen, die sie neben Deutsch beherrschen, auch ein, u.a. BKS (Bosnisch / Kroatisch /Serbisch), Farsi bis zu Wiener Dialekt etwa in Arik Brauers „hinter meiner, vurder meiner siech i nix…“
Ein großer Liftbogen empfängt Tausende Kinder und ihre erwachsenen Begleiter:innen beim Zugang zum Wiener Donaupark in vielen Sprache. Das Startfest des Wiener Ferienspiels spiegelt die Vielfalt und Buntheit der Stadt und ihrer Kinder – und drückt das eben auch in mehrsprachigen Begrüßungen – und Verabschiedungen am anderen Ende – aus.
Traditionell steht das erste Wochenende nach Schulschluss (in Ostösterreich) dieses zweitägige Startfest rund um und mit dem Ferienspielmaskottchen Holli auf dem Programm – mit fast drei Dutzend Spiel-, Bewegungs- und Kreativ-Stationen. Von Basketballkörben, Fußball-Torwänden, Football-Zielwerfen über Kletterwände, eine Kinderbaustelle – kein Zutritt für Erwachsene – über Malen auf Papier oder mit Kreide auf den Gehweg. Asja beispielsweise versank fast völlig in die Zeichnung eines Characters aus der von ihr beliebten Welt der Mangas. Alles malte sie in blau – bis sie nur mehr ein Stummelchen dieser Kreide dem Reporter von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… in die Kamera hielt.
Kinder bewegen sich aber auch abseits der schon genannten Stationen, so schlug Elisa mir nichts dir nichts aus dem Stand heraus auf dem Gehweg – wenn gerade niemand vorbeihuschte – Räder – und stützte sich dabei jeweils nur mit einer Hand auf.
Zu finden waren und sind – das Starfest steigt auch Sonntag, 2. Juli zwischen 14 und 19 Uhr: Spielerische Quiz zu Wasser bzw. Abfall, Bühnenprogramm, ein Fahrsimulator im großen Bus der Wiener Linien schon vor dem Eingang. Eine der längsten Schlangen bildete sich beim Lokalaugenschein von kijuku.at vor der Schrei-Box. Ja wirklich, kein SchreiBfehler: In diesem Zelt geht’s tatsächlich um die Lust am (lauten) Schreien – samt Druck auf den Foto-Knopf um Bilder von den fröhlichen Gesichtern dabei mitnehmen zu können.
Verschiedenste Einrichtungen von wienXtra, dem Verein unter dessen Dach es Dutzende Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche – das ganze Jahr und speziell auch in den Ferien – gibt, bieten sozusagen Kostproben ihrer Aktivitäten. Dazu gesellen sich städtische Abteilungen – Wiener Wasser, MA 48, aber auch Kinderfreunde, Samariterbund und Polizei oder die „Helfer Wiens“, die alle neben Spielstationen auch brauchbare Alltagstipps und -Hilfen selbst für brenzlige Situationen geben.
All diese – und noch viel mehr Vereine, Organisationen und Einrichtungen bieten all die neun Sommerferien mehr als 140 verschiedene Aktionen (und die natürlich mehrmals) in- und outdoor an – für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren. Alle Schulkinder in Wien haben den Ferienspielpass bekommen. Beim Startfest gibt’s für jene, die keinen bekommen haben oder die – wie so manche auch aus anderen Bundesländern am Samstag schon gekommen sind –, Pässe vor Ort.
Außerdem warten bei einigen Stationen QR-Codes um mit dem Handy im Rahmen einer digitalen Schnitzeljagd gescannt zu werden.
Zwei Tage vor der Preisverleihung der 14. Auflage des mehrsprachigen Redewettbewerbs „SAG’S MULTI!“ für Schüler:innen aus ganz Österreich im Wiener Rathaus, widmete sich auch das Dramatiker:innen-Festival in Graz der Vielsprachigkeit. Zur Diskussion und Vorstellung von Texten lud der mit Rumänisch, Ungarisch und Deutsch – und zwar einem „teitschen“ Dialekt, dem Wischaudeutsch – aufgewachsene Autor Thomas Perle seine Kolleginnen Patty Kim Hamilton, Rhea Krcmárová und Alexandra Pâzgu ein.
Letztere ist mit dem Text „Blauer Zug“ für den diesjährigen Retzhofer Dramapreis, der am Ende des genannten Festivals in Graz vergeben wird, nominiert. Ersterer feierte mit seinem Stück „karpatenflecken“, in dem „seine“ drei Sprachen vorkommen, beim vorjährigen Festival seine Österreich-Premiere.
Patty Kim Hamilton schreibt am liebsten auf Englisch, aber auch Deutsch wobei sie schon in die Diskussion den Aspekt einbrachte, dass sich nicht alles immer übersetzen lässt, jede Sprache andere Farben, Melodien und auch Rhythmen hat. Elterlicherseits bringt sie Koreanisch und Irisch mit. Mit Ersterer verstand sie im Stück „mauern“ von She She Pop im Grazer Schauspielhaus die Original-Video-Passagen von Jahye Khoo als eine der ganz wenigen im Publikum, aber sie könne es nicht sonderlich gut sprechen, meinte die Autorin, die einen abwechselnd Englischen und Deutschen Auszug aus ihrem nächsten Stücktext „Schmerz Camp“ fürs Theater Bremen las.
Rhea Krčmářová näherte sich dem Tschechischen und Slowakischen erst später wieder an, nachdem sie die Sprache als junges Kind in Wien ablehnte. Mit ihren Eltern, Mit ihren Eltern, die sich im Umfeld der Charta 77 für demokratische Reformen in der damaligen Tschechoslowakei den Rauswurf aus dem Land einhandelten, blieb als Antwort auf die Ablehnung eben die Ablehung der Sprache(n) dieses Landes. Sie las aus ihrem Erzählband „Böhmen ist der Ozean“, in dem sie sich auf die Suche nach Spuren ihrer Vergangenheit macht.
Inszenieren mit Übertiteln, alles übersetzen? Vielleicht auch Einflüsse der einen auf andere Sprache, die manche als Fehler bezeichnen würden, die aber ungemein viel Poesie enthalten, doch beibehalten. Alexandra Pâzgu nannte als Beispiel „Strandcreme, weil Sonnencreme so im Rumänischen heißt“ und Thomas Perle zitierte die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller und ihr Wort vom „Mundhimmel“, das in vielen Beiträgen über diese Autorin genannt wird. Um wieviel mehr eröffnet dieses doch als jenes Wort, das sonst dafür im Deutschen verwendet wird „Gaumen“?!
Aber es ist ja auch so, dass in der ureigenen Sprache nicht immer alles verstanden wird. Ist Mehrsprachigkeit überhaupt wirklich schon im Theaterbetreib anerkannt. Gibt es nicht immer noch eine Hierarchie von Sprachen? Diese und noch viel mehr Fragen wurden aufgeworfen, angerissen – jedenfalls aber mit dieser Diskussionsveranstaltung immerhin thematisiert.
Compliance-Hinweis: Das Dramatiker:innen-Festival in Graz hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… für drei Tage zur Berichterstattung eingeladen.
Dass Lernen und Schulbesuch ein Privileg in dieser Welt ist, wie aber Schule auch hierzulande besser, weniger diskriminierend funktionieren sollte ebenso wie engagierte Plädoyers für einen anderen Umgang mit der Umwelt sowie Mitmenschen – vielfältig wie die Sprachen waren auch die Themen, die 172 Jugendliche zwischen 11 und 20 Jahren in den Finalrunden beim 14. Durchgang des mehrsprachigen Redewettbewerbs „Sag’s Multi!“ dem Publikum zu Gehör brachten. Kürzlich wurden diese Finalrunden abgeschlossen – im Wiener Funkhaus, zuvor in mehreren Landesstudios bzw. in Niederösterreich sogar im Landtags-Sitzungssaal. In den Bewerb waren im Herbst 406 Schüler:innen gestartet, die 39 verschiedene Sprachen mitgebracht hatten und diese jeweils mit Deutsch kombinierten. Seit Beginn von „Sag’s Multi!“ im Schuljahr 2009/10 – lange Jahre vom Verein Wirtschaft für Integration organisiert durchgeführt von EduCult, seit drei Jahren ist der ORF Träger des Bewerbs – waren bisher 89 Sprachen zu hören bzw. sehen, denn mehrmals haben auch Jugendliche mit österreichischer Gebärden- und deutscher Lautsprache teilgenommen.
Vielfalt macht uns stärker war eines der Unterthemen des diesjährigen Bewerbs, Überthema: „Dafür will ich stark sein“. 406 Jugendliche zwischen 11 und 20 Jahren waren im Herbst in den Bewerb gestartet, bei dem sie jeweils in Deutsch und einer anderen Sprache ihre Reden halten. Die andere kann sowohl eine Erst- als auch eine erlernte Fremdsprache sein. Auch viele jener, die eine andere Familiensprache mitbringen, wählen einer erlernte neue Sprache. Und andere müssen sich oft für eine ihrer Sprachen, mit denen sie aufgewachsen sind, entscheiden.
Wobei so eine Entscheidung nicht immer ganz freiwillig erfolgt. So schilderte Deborah Eze (WMS Kauergasse (Wien 15, Rudolfsheim-Fünfhaus), in Wien aufgewachsen, im Interview mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… „Edo war meine Muttersprache, die ich als kleines Kind fließend sprechen konnte, aber wenn meine Mutter und ich die in der Öffentlichkeit verwendet haben, wurden wir immer sehr blöd angeschaut. Ich hab begonnen mich für meine Sprache (eine der größeren der mehr als 200 Sprachen Nigerias, Westafrika) zu schämen und hab dann nur mehr Deutsch und Englisch gesprochen. Außerdem werde ich sehr, sehr oft als Ausländerin angesprochen, angesehen, obwohl ich eben hier geboren und aufgewachsen bin. Erst jetzt in der WMS (Wiener Mittelschule) Kauergasse habe ich eher das Gefühl dazuzugehören.“
Weil sie sehr oft aber als Schwarze Jugendliche das gegenteilige Gefühl vermittelt bekommt, sagte sie in ihrer Rede – auf Deutsch und Englisch „Obwohl Nigeria politisch und gesellschaftlich nicht das fortschrittlichste Land ist, fühle ich mich in Nigeria wohl. Meine mentale Gesundheit ist in bester Verfassung, wenn ich dort bin. Von anderen umgeben zu sein, die mich lieben und gut behandeln, unabhängig von meinem Alter.“
Sie würde, sagte sie in ihrer Rede, schön langsam müde werden, gegen rassistische Vorurteile und Angriffe zu argumentieren und eher aufzugeben – woraufhin sie mit starkem Beifall und in etlichen Gesprächen danach bestärkt wurde, nicht aufzugeben, U ru ẹse/danke, liebe Deborah Eze!
Ihre Klasse, die 4b, ist sozusagen eine der vielen international schools in Wien, in ihr bringen die Jugendlichen neben Deutsch noch die Sprachen Englisch, Ukrainisch, Russisch, Türkisch, Kurdisch, Rumänisch, Spanisch, Kroatisch, Serbisch, Polnisch mit. Wobei manche es dabei nicht belassen, so lernt Atimeea Daria wie sie dem Journalisten in einer Pause erzählt, „seit ein paar Jahren Koreanisch, weil ich gern K-Dramas in Originalsprache mit englischen Untertiteln anschaue. Aber ich hab früher auch Englisch durch viele Serien und Filme im Original gelernt“. Sie allerdings trat nicht bei „Sag’s Multi!“ an, sondern war „nur“ mit der ganzen Klasse gekommen, um die bereits genannte Mitschülerin Deborah Eze und eine weitere moralisch zu unterstützen, die den Mut gefasst hatten, ihre Rede vor analogem Live-Publikum im Radiokulturhaus und Online-Zuseher:innen im Livestream zu halten.
Bei der weiteren handelt es sich um Zehra Başdoğan, die auf Türkisch – und natürlich – Deutsch sprach und gemeinsam mit ihrer Klassenkollegin Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… ein Interview gab. Ihr Türkisch konnte sie, so erzählt sie im Gespräch, „auch stark verbessern, seit wir in der Schule eine unverbindliche Übung in dieser Sprache haben“. Für ihre Rede hatte sie sich das Unterthema „So macht Schule stark“ gewählt und sagte unter anderem: „Diese Schule hat mir gezeigt wie wichtig es, für mein weiteres Leben ist, an sich selbst zu glauben und seine eigenen Talente und Fähigkeiten zu kennen. In mir wurde Neugierde geweckt und damit die Freude am Lernen. … Es ist wichtig, dass in der Schule die Möglichkeit geboten wird, dass Schülerinnen und Schüler sich aktiv am Lernprozess beteiligen können. Nur wenn wir engagiert und motiviert sind, können wir unsere Potenziale besser entfalten und unsere Fähigkeiten stärker entwickeln.“
Bereits zum zweiten Mal trat Julia Shoppmeier aus dem Döblinger Gymnasium in der Wiener Gymnasiumstraße an – mit Ungarisch und natürlich Deutsch, das muss aber jetzt in der Folge nicht jedes Mal noch dazugeschrieben werden 😉 Auch sie widmete sich der Schule. „Ich schätze die Möglichkeit, die Schule besuchen zu dürfen. Krieg, Diktatur, Armut, Hunger oder dass ich als Kind arbeiten müsste, verhindern nicht, dass ich in die Schule gehe.“ Aber sie schilderte auch so manch negatives Erlebnis in der Schule – von der per eMail erhaltenen Absage ihres Referats – am selben Tag um 6.30 Uhr früh etwa. Oder weniger motivierten Lehrpersonen. Und wünschte sich: „Ich möchte, dass die Lehrkräfte mich informiert, motiviert und offen machen. Ich möchte erreichbare Ziele genannt bekommen. Ich möchte, dass die Chancenlosen eine oder mehrere Chancen bekommen. Dass die Talentierten entdeckt und betreut werden. Dass die Engagierten gelobt werden.“
Aber die Schülerin der 4b der genannten AHS betrieb keinesfalls beliebtes Lehrer:innen-Bashing, sondern sagte auch: „Ich merke, dass die Gesellschaft den Beruf Lehrer teilweise nicht besonders cool findet. Andere Werte scheinen wichtiger… Ich bitte auch alle Lehrerinnen und Lehrer, zu unserer Verstärkung, dass sie es wagen, cool zu sein. Weil eine starke Schule kann nur auf starke Lehrkräfte gebaut werden. Und nur eine starke Schule kann uns Schüler und Schülerinnen so stärken, wie wir es benötigen.
Kinder I Jugend I Kultur I und mehr … konnte in diesem Jahr nur einige Redner:innen lang bei „Sag’s Multi!“ live zuhören. Hier sind sie – in Bild und Kürzest-Auszügen aus ihren Reden:
Adrienne Elbeshausen aus der Theresianischen Akademie (Wien 4, Wieden) begann ihre Rede auf Englisch als erlernter Fremdsprache fast in der Art eines Märchens: „Once upon a time there was a blue planet. …“, um dann über „diese lustig aussehenden Kreaturen“ zu sprechen, die wir Menschen sind. „Wir sind der unachtsame Konsument eines Medikaments, der die Packungsbeilage nicht richtig gelesen hat. Risiken und Nebenwirkungen unserer Kreativität werden uns oft erst viel zu spät bewusst. Denken Sie an Sprengstoff, denken Sie an Waldrodung, denken Sie an Atomkraftwerke. Viele unserer Erfindungen führen zu Veränderungen, die wir nie wieder rückgängig machen können.“
Damaris Benta, 14 und aus der Modularen Mittelstufe Aspern (Wien 22, Donaustadt) wählte „Frieden – mehr als Sehnsucht nach Sicherheit?“ über das sie auf Rumänisch sprach und heftig begann: „Es gibt Krieg in Österreich – jeden Tag. Kriege finden nicht nur auf der Weltbühne statt, sondern auch in unserem zu Hause. Auch in einem friedlichen Land wie Österreich. Wisst ihr eigentlich wie viele Kinder von Gewalt in der Familie betroffen sind? Jedes 10. Kind in Österreich!“, um dann ein konkretes Beispiel einer Freundin zu schildern, das (nicht nur ihr) sehr nahe ging.
Nina Isailović vom Schulschiff, der AHS Bertha von Suttner in Wien-Floridsdorf an der Donauinsel widmete sich in ihrer Rede auf Serbisch „Erinnerungen – ohne Gestern kein Morgen“ um eingangs eigene, persönliche Erinnerungen zu schildern, dabei aber nicht stehen zu bleiben.
„Jeder und jede von uns ist von Erinnerungen geprägt. Wir treffen viele Entscheidungen, basierend auf unseren Erfahrungen. Unsere Vergangenheit belehrt uns. Einerseits können wir versuchen unsere Fehler aus der Vergangenheit nicht zu wiederholen, andererseits hüten wir unsere guten Erinnerungen und lassen sie dank Traditionen weiterleben. … Oft ist zu hören: Lebt nicht in der Vergangenheit. Dem stimme ich zwar zu. Aber ohne Erinnerungen gibt es auch keine Zukunft. …
Zukunft ist nicht etwas, was ohne uns entsteht. Wir sind die Zukunft und wir werden sie nach unseren Vorstellungen gestalten. Wir sind Erfahrungen und Erinnerungen. Wir wissen insgeheim, was wir wollen und was nicht.“
Teona Popa (GRG Rosasgasse, Wien 12, Meidling) begann den deutschsprachigen Part ihrer Rede (Rumänisch) mit „Bildung ist wichtig!“, das sagen uns unsere Eltern. Natürlich wollen dem nicht alle Kinder zustimmen, denn sie wissen nicht, was das Leben für sie bereithält. … Die Welt ist groß und sie entspricht genau dem Gegenteil davon, wie es sich Kinder in jungen Jahren vorstellen. In meinem Fall war das genauso. Ich konnte es kaum erwarten, erwachsen zu werden und endlich arbeiten zu gehen. Ich wollte nicht jeden Tag zur Schule gehen, weil ich dachte, dass es viel leichter wäre zu arbeiten als zu lernen. … Wenn man arbeitet, hat man nicht nur den Stress der Arbeit, sondern das Leben wird ebenso stressiger. Rechnungen zahlen, genügend Geld verdienen, wenig Freizeit und sehr viel zu tun, sind typische Merkmale eines erwachsenen Menschen. Da bleibe ich lieber in der Schule und bereite mich auf mein Erwachsenenleben vor.
… Bildung ist jedoch nicht nur für unsere Zukunft wichtig. Für Anne Frank war Bildung eine Ablenkung. Sie hat durch Bildung sehr viel überwinden können, da sie während sie sich im zweiten Weltkrieg vor den Nazis versteckte, mit dem Lernen beschäftigt war. Damals war ihre Situation nahezu unvorstellbar und das Lesen von Büchern gab ihr Stärke. Schulen spielen eine entscheidende Rolle dabei, Kinder zu stärken, um sie auf ihre Zukunft, auf das Leben als Erwachsene vorzubereiten. Das Bildungssystem ermöglicht ihnen die Entwicklung wertvoller Fähigkeiten und die Entdeckung ihrer Talente.
… Ich bin also stark, weil ich meine eigene Meinung bilden kann. Bildung ist jedoch nicht für alle gleich. Manche Kinder haben keine Chance auf Bildung, weil sie es sich nicht leisten können. Andere haben kein Recht auf Bildung, weil in einigen Ländern Kinderrechte in Füßen getreten werden.
Tris Karner (GRG 21 Bertha v. Suttner) sprach auf Englisch über „Vielfalt macht uns stark“: „Jeder Mensch hat etwas, was ihn einzigartig macht. Jede Person unterscheidet sich von der anderen, auch wenn es nur im kleinsten Sinne ist. Vielfalt kann verschiedene Religionen, Hautfarben, Sexualitäten und so viel mehr bedeuten. Ich jedoch fokussiere mich heute auf die Vielfalt von queeren Personen überall auf der Welt, da ich der Meinung bin, dass wir alle, die in einem freien Land leben, für andere kämpfen sollten, die sich nicht verteidigen können. Das Thema Vielfalt im Bereich von Sexualität und Gender ist mir sehr wichtig, da ich selber queer und trans bin. Ich persönlich hatte glücklicherweise noch keine schlechten Erfahrungen mit dem Thema Transgender. In der Schule werde ich Tris genannt, meine Pronomen werden respektiert und ich werde gleich wie alle meine MitschülerInnen behandelt. Doch nicht jeder hat diese Privilegien. Viele andere Trans-Personen werden täglich diskriminiert, ihre Rechte werden ihnen weggenommen.“
Genau deswegen widmete Tris Karner sich diesem Thema und berichtete von zahlreichen diskriminierenden Gesetzesvorhaben in US-Bundesstaaten, aber auch in Österreichs Nachbarland Ungarn, immerhin Mitglied der EU.
„Wir können durch Vielfalt lernen und akzeptieren, dass andere eben anders sind als einer selbst. Und in diesem Sinne macht Vielfalt alle Menschen viel stärker, als wenn alle gegeneinander sind. Nur müssen alle beginnen, sich gegenseitig zu akzeptieren, denn das ist der erste Schritt auf dem Weg der Besserung. Ohne Akzeptanz sind wir und werden wir nie gemeinsam stark sein.“
„Kein Wohlfühl-, sondern ein Mutmacherprojekt“ sei „Sag’s Multi“, meinte in einer der Pausen am vorletzten Finaltag der Erfinder des Bewerbs und Jury-Vorsitzende Peter Wesely. Mut beweisen die jugendlichen Redner:innen – und sie machen Tausenden anderen Mut, ebenfalls ihre Stimmen zu erheben.
War das ein Tag und ein Abend! Am Nachmittag (Donnerstag vor Pfingsten 2023) wurden Dutzende Schüler:innen auf die große Bühne in der Stage 3 in St. Marx geholt und feierlich-launig für ihre teils patentreifen Erfindungen und Projekte in der Award-Zeremonie des 36. Bundesfinales von Jugend Innovativ ausgezeichnet – Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… hat alle Projektteams interviewt und – zwecks größerer Übersichtlichkeit – nach den jeweiligen Kategorien sortiert, in den vergangenen Tagen hier online präsentiert.
Wenige Stunden später stellten die privaten Handelsakademien und -schulen VBS (Vienna Business School) zum insgesamt 26. Mal (zum zweiten Mal in der Grand Hall am Erste Campus beim Wiener Hauptbahnhof) die besten Projektteams sowie einzelnen Schüler:innen und Pädagog:innen ihrer sechs Standorte vor und holten die Besten der Besten auf die Bühne, um ihnen die einige Kilo schweren Merkur-Statuen zu überreichen. Hier seien nun – zunächst – die Preisträger:innen vorgestellt, wenngleich gerade bei den einzelnen Schülerinnen und Schülern die Wahl der Jury wohl jedes Jahr extrem schwer fallen muss. Seitenlang ist in den Unterlagen der Nominierten zu lesen, was diese alle – und das „neben“ hervorragenden schulischen Leistungen – schaffen, oft vielsprachig, in sozialen Initiativen engagiert, (lern-)helfend für Mitschüler:innen, teils noch etliche Wochenstunden jobbend!
Das Abenteuer Escape-Room boomt seit einigen Jahren. Menschen lassen sich in (Freundschafts-)Gruppen einsperren und müssen gemeinsam Aufgaben lösen, um da wieder rauszukommen. Im Schnitt kostet dieses Abenteuer zwischen 20 und 30 Euro pro Spieler:in. In der VBS Augarten (Wien 2, Leopoldstadt) ließen sich die beiden 3.-Klässler‘innen Hanna Ukaj und Jelena Vučanović einen solchen Escape-Room für ihre eigene Schule einfallen. Die Aufgaben, die sich die beiden ausdachten und auf Anfänger:innen der kaufmännischen Schule abstimmten, starten mit Begriffen aus der Betriebswirtschaft, es folgten Office-Management-Rätsel samt Einsatz des 10-Finger-Systems und Elemente von Unterricht via TEAMS. Aber auch Bewegung war gefragt: in der Sport-Einheit galt es über Hinweise ein Zahlencode zu turnen. Sprachen – Deutsch und Englisch – waren ebenso gefragt wie Mathe- und Rechnungswesen, bevor endlich der Code für jenen Safe geknackt werden konnte, in dem sich der Schlüssel für die Tür zur Freiheit öffnen ließ.
Da die beiden Erfinderinnen selbst am Gala-Abend verhindert waren, nahm Mitschüler Abdullah Kızılırmak, der sich – mit einem weiteren Kollegen (Marko Facius) bei seinen Aufgaben im Escape-Room auch filmen hatte lassen, die Merkur-Statue in Empfang.
Die Laudatio für das beste ökonomische und innovative Projekt (diese beiden Kategorien wurden heuer zusammengezogen) hielt die KURIER-Wirtschaftsredakteurin Andrea Hodoschek, die sich zwar wunderte, dass sich Menschen freiwillig einsperren lassen, aber sich beeindruckt zeigte, dass die beiden Schülerinnen selbst vorher einige Escape-Rooms recherchiert hatten und abschließend – wegen der Verbindung von Lernen und Spaßfaktor – meinte: „Ich bin sicher: Dieses Beispiel macht Schule.“
Von Anbeginn an zeichneten die VBS – obwohl Wirtschaftsschulen und vom Fonds der Wiener Kaufmannschaft betrieben – jeweils das beste soziale Projekt aus. In diesem Jahr fiel die Wahl der Jury auf eine Summe von „kleineren“ Projekten, die sich zu in der VBS Schönborngasse (Wien 8, Josefstadt) im ersten Semester dieses Schuljahres zu „Gemeinsam stark: Wir lassen euch nicht im Stich“ vereinigten.
Alle 28 Schüler:innen der 3A der Handeslakademie hatten sich in Gruppen aufgeteilt, um Gutes – für Menschen und Tiere – zu tun, karitative Organisationen zu unterstützen usw.
Neben den tatsächlich erzielten Erlösen bzw. immateriellen Hilfen wurde bei allen Beteiligten auch das Bewusstsein der Bedeutung von vermeintlich kleinen Gesten und Taten gefördert.
Warme Kleidung für OBDACH JOSI, Sachspenden an ein Kinderheim, Faschingskostüme für kranke Kinder, Kleidersammlung für die Caritas, Verkauf von Waffeln und alkoholfreiem Punsch in der schuleigenen Aula zugunsten eines Tierheimes waren einige der „kleinen“ Projekte, die das große Ganze sozialen Engagements der ganzen Klasse ergaben.
Stellvertretend für diese nahmen Maximilian Wastl, Paulina Šušnja, Lazar Djordzović, Vanessa Vrapčenjak, Marc-Aurel Schmid und Asude Kurvet die Merkur-Statue aus den Händen des Obmanns der Sparte Information & Consulting der Wirtschaftskammer Wien, Martin Heimhilcher, in Empfang, der unter anderem sagte: „Wir leben in herausfordernden Zeiten: Krieg, Teuerung und Zukunftssorgen bestimmen bereits vieler Leben. Die vielfältigen Einsätze der Preisträgerinnen und Preisträger zeigen: Es findet sich immer ein Ort, an dem man einen Unterschied machen kann. Und damit das Wichtigste vermittelt, das man Menschen in schwierigen Situationen geben kann: Hoffnung.“
Student of the Year HAS: Nina Nurdinović aus der Vienna Business School Mödling. Sie ist – wie es in den Unterlagen über alle Nominierten (in Summe rund 50 Seiten) u.a. heißt die „mit Abstand die beste Schülerin der 3. Klasse Handelsschule, hat seit der ersten Klassein allen Unterrichtsgegenständen im Zeugnis ein „Sehr gut“. Außerdem ist sie Klassensprecherin und betreut seit Beginn, sehr gewissenhaft und engagiert, die Klassen-WhatsApp-Gruppe, womit sie die Klassenvorständin sehr unterstützt. Engagiert übernimmt sie jederzeit gerne zusätzliche Aufgaben wie beispielsweise Mitarbeit beim Tag der offenen Tür.
Neben der Schule arbeitet sie samstags als Verkäuferin, um mit eigenem Geld unabhängiger zu sein. Wie viele Schüler:innen wächst Nina Nurdinović mehrsprachige auf, ein Gewinn für sie und die Gesellschaft bzw. Wirtschaft. Zusätzlich hat sie ein Jahr lang Russisch gelernt.
Mehrsprachig ist auch ihre Laudatorin, die Haubenköchin Parvin Razavi. Sie zog in ihrer Laudatio Parallelen zu ihrer eigenen Biografie, die von Flucht und Neustart in einem fremden Land geprägt ist: „Gerade als migrantisches junges Mädchen ist es sehr wichtig, sich selbst seinen Platz in der Welt zu suchen, die Sprache zu lernen, aber auch zu wissen, was man möchte. Nina Nurdinović erfüllt das alles auf vorbildliche Weise.“
Zum Besten der Besten, die für „Student oft he Year der VBS-Handelsakademien nominiert waren, wählte die Jury Michael Petzl aus der VBS Akademiestraße. Er ist Landesschulsprecher für die Berufsbildenden Mittleren und Höheren Schulen (BMHS) in Wien, aber auch Landesmeister beim „digi.check“, einem Wettbewerb zur Messung digitaler Kompetenzen an den kaufmännischen Schulen Österreichs. Außerdem betätigt er sich seit mehr als zehn Jahren ehrenamtlich in der Pfarre Rennweg und da vor allem in Sachen sozialer Hilfsaktionen.
Die VBS Akademiestraße verleiht übrigens seit 20 Jahren einen schulinternen eigenen Preis für soziale Projekte, den Amicus Award. Für diesen hat Petzl verschiedene Projekte miterfunden und -organisiert, u.a. ein halbes Jahr wöchentlich Flüchtlingskindern in einer Flüchtlingsunterkunft bei Hausaufgaben unterstützt und beim Lernen geholfen.
Den Merkur übereichte ihm Claudia Plakolm, Staatssekretärin für Jugend und Zivildienst im Bundeskanzleramt (ÖVP), die darauf hinwies, dass sie „selbst vor 10 Jahren (OÖ-)Landesschulsprecherin (war) und weiß, wie viele Fehlstunden sich da ansammeln. Aber vor allem, wieviel Ausdauer man beweisen muss, wieviel Verhandlungsgeschick und Energie da reingesteckt wird. Der Preisträger engagiert sich zudem auch sozial. Meine Hochachtung vor diesem Einsatz.“
Auch wenn diesmal nicht – wie es in manchen Jahren schon der Fall war – ein nominiertes Team aus Pädagog:innen den Merkur für Teacher oft he Year bekam, erhielten dennoch mehrere Lehrerinnen diese Auszeichnung. Von den Nominierten entschied sich die Jury für Sabine Wachutka aus der VBS Floridsdorf. Sie hatte vor fast 30 Jahren an derselben Schule maturiert und eine der ersten Übungsfirmen gegründet. Neben diversen Zusatzqualifikationen und -aufgaben würdigte Laudator, René Tritscher, CEO der Austrian Business Agency, Wachutka unter anderem Antoine de Saint-Exupéry zitierend: „Man sieht nur mit dem Herzen gut, wie schon der schlaue Fuchs aus dem Buch, „Der kleine Prinz“, wusste. Sabine Wachutka aber zeigt, dass der Blick mit dem Herzen auch immer mit Leistung verbunden sein muss. Erst so werden wir zur besten Version unserer selbst.“
Wie schon zu Beginn dieses Abschnitts angedeutet, gab’s einen Merkur für eine weitere Pädagogin. Seit einigen Jahren gibt es einen Publikumspreis, der via Online-Voting ermittelt wird. Zur Wahl stehen die Nominierten für Schüler:in des Jahres Handelsschule, Handelsakademie sowie die Lehrpersonen der sechs Schulstandorte (fünf in Wien, einer in Mödling). Und in diesem Jahr gab’s diese Auszeichnung für Juliane Renetzeder aus der VBS Akademiestraße. Auf die Frage, weshalb sie glaube, dass sie Stimmenstärkste geworden sei, nannte sie vor allem die Online-zeitung, die sie mit Schüler:innen gestaltet, das „Akademiestreet Journal“. Den Merkur überreichte ihr übrigens ein ehemaliger Schüler dieser HAK, der heutige Bildungsdirektor Heinrich Himmer, den der der Vorstand des Fonds der Wiener Kaufmannschaft, Helmut Schramm, als „fast schon Haus- und Hof-Laudator der Merkur-Galas“ bezeichnete.
Eine Merkur-Statue gibt es seit vielen Jahren auch für eine/n Absolvent/in, „Graduate oft he Year“, von der Jury ausgewählt, die dieses Mal Yvonne Rueff auf die Bühne holte, die vor 28 Jahren an der VBS maturiert hatte. Unter nicht einfachen Bedingungen, denn wie sie in ihrer Dankesrede „verriet“: „Mein Vater war gestorben, ich hatte die Tanzschule über, und trotzdem ging es. Weil ich eine großartige Klassenvorständin und eine tolle Klassengemeinschaft hatte und unbedingt etwas erreichen wollte. Was ich daraus gelernt habe: Oft bringt das Leben etwas ganz anderes, als das, worauf man sich vorbereitet hat. Aber ich habe Zeit meines Lebens gesehen – zuletzt auch bei Dancer against Cancer: Ich hab so eine gute Ausbildung genossen, ich kann eigentlich alles machen.“
Die Inhaberin der Traditionstanzschule Rueff und Gründerin erhielt die Statue aus den Händen des Schulerhalter-Präsidenten, Helmut Schramm, der meinte: „Neben den persönlichen Erfolgen in verschiedenen Tanzdisziplinen hat sie das Familienunternehmen erfolgreich ins neue Jahrtausend gebracht.“
Follow@kiJuKUheinz
Warum tragen Burschen und Männer ein Kapperl auf dem Kopf? Warum verhüllen Frauen ihr Kopfhaar? Warum und wie oft beten die einen oder die anderen? Warum sind so viele gegen euch/uns? Wie heißen die Gotteshäuser in eurer Religion? Stimmt es, dass…?
Welches Kind, welche/r Jugendliche hat nicht viele Fragen? Erwachsene auch – viele von ihnen sind aber oft zu schüchtern, feig, zurückhaltend, die eine oder andere Frage, die sie vielleicht brennend interessiert, direkt an Menschen zu stellen, von denen oder über die sie wenig wissen bis nichts.
Aus der Unwissenheit werden aber oft bekannte Vorurteile immer und immer wieder weiter geteilt, nicht selten wird daraus auch Vor-Verurteilung, Aggression, Hass, mitunter sogar Gewalt.
Vorurteile fallen dort am besten auf fruchtbaren Boden, wo es kein Wissen gibt, wo Menschen der jeweiligen Gruppe kaum leibhaftig bekannt sind. Das zu ändern ist eines, nein eigentlich DAS Ziel der Initiative „Zusammen:Österreich“. Jugendliche bzw. junge Erwachsene aus verschiedensten Kulturen besuchen dabei als „Integrations-Botschafter:innen“ Schulen, um offen auf alle Fragen von Schüler:innen einzugehen, über sich und ihre (Herkunfts-)Kultur, die Vielfalt usw. gemeinsam zu reden.
Kürzlich besuchten Mridula Sharma (Leiterin der Abteilung Digital Engineering bei Siemens, Wurzeln in Indien), Zaker Soltani (Künstler sowie Trainer für Deutsch als Zweitsprache, Wurzeln in Afghanistan) und die beiden Likratinos Benya und Mendi (die aus Sicherheitsgründen nur mit diesen Vornamen aufscheinen) die Mehrstufenklasse in der Mittelschule Grundsteingasse (Wien-Ottakring). Die beiden zuletzt Genannten sind Juden, der eine in Österreich aufgewachsen, der andere in Usbekistan.
Das hebräische Wort „Likrat“ steht für „aufeinander zugehen“ – und genau darum geht’s bei diesem Projekt der Israelitischen Kulturgemeinde Wien, das im Rahmen der oben genannten Initiative des Österreichischen Integrationsfonds Jugendliche besucht. Wer die/den anderen kennt oder kennenlernt, weiß warum sie oder er das eine oder andere Ritual abhält, woran sie/er glaubt, was ihr/ihm wichtig ist…
Apropos Hebräisch – in dieser Sprache bzw. einer alten Version davon ist die heilige Schrift der Jüd:innen verfasst. Sie wird übrigens genauso wie Arabischemit dem es auch verwandt ist – von rechts nach links geschrieben. Und ähnlich wie manche Muslime erging es Benya auch in der Kindheit: „Da konnte ich noch nicht Hebräisch lesen, aber ich hab die Verse im Tanach auswendig gekonnt. Ein Freund von mir konnte die Schrift lesen, aber konnte die Aussprache nicht so gut – so haben wir uns ergänzt“, schildert er den Schüler:innen in der Grundsteingasse. Tanach ist übrigens die Bezeichnung für die heilige Schrift im Judentum so wie Bibel im Christentum und Koran im Islam.
Die Kippa – Mehrzahl Kippot -, die Männer zumindest beim Beten, andere auch immer, auf dem Kopf tragen, ist ein Zeichen der Ehrfurcht vor Gott. Gebete sind für Benya „eine Art von Selbstreflexion“, also Nachdenken über sich und die eigenen Handlungen, „damit man nachher ein besserer Mensch ist“.
Übrigens: Wie im Islam bedecken auch im Judentum viele Frauen ihr Haar – was allerdings oft nicht so ersichtlich ist, weil sie statt eines Tuches eine Perücke über dem eigenen Haar tragen.
Gefragt, ob er selber schon antisemitische Beschimpfungen, Diskriminierungen usw. erlebt habe, schildert Benya u.a., er und seine Familie seien in ihrer Wohnung mit ebenerdigem Balkon von Jugendlichen beschimpft, der Balkon und die Scheiben mit Steinen und Stöcken beworfen worden. Und das über Tage hinweg. Die herbeigerufene Polizei sei immer zu spät gekommen. Beenden konnten sie die Attacken erst, als er mit seinem großen Bruder, der von einem Auslandsaufenthalt zurückgekommen ist, über das Balkongeländer gesprungen seien, um die Burschen zur Rede zu stellen. Die sind zwar in alle Richtungen davongelaufen, er aber konnte einen stellen, der bereitwillig Namen und Adressen bekanntgab. „Seither grüßen die mich höflich, wenn sie mich auf der Straße sehen!“
Sein Rat an die Schüler:innen: „Es ist ganz egal, welche Religion man hat und woher man kommt. Man muss die Leute kennen lernen.“ Sein Kollege Mendi ergänzt: „Wenn Unwissenheit aufgeklärt wird, werden Vorurteile aufgeklärt.“
Zaker Soltani, der vor elf Jahren als jugendlicher Flüchtling allein in Österreich angekommen ist, Kunstgeschichte sowie Deutsch als Zweit- und Fremdsprache studierte, hat übrigens im Winter drei Monate lang an der staatlichen Wirtschaftsuniversität von Taschkent, der Hauptstadt Usbekistans, Deutsch unterrichtet – und in einem zusätzlichen Projekt österreichische Kunst und Kultur vermittelt.
Er sagte den Schüler:innen unter anderem: „Es ist immer gut, sich selbst und alles zu hinterfragen“, aber auch zu fragen, ob alles stimmt, was in Medien zu sehen, lesen oder hören ist. „Deshalb reise ich gerne! Ich besuche die Menschen und versuche mir selbst ein Bild zu machen“ und so schildert er bei der Frage nach dem Nahost-Konflikt zwischen Israel und Palästinenser:innen: „Ich hab mir das selber auch in Jerusalem angeschaut, wo heilige Stätten für die drei großen Weltreligionen so nah beieinander liegen – für Juden, Muslime und Christen, weshalb diese Stadt eben für Gläubige dieser drei Religionen so wichtig ist.“
Mridula Sharma empfahl den Kindern und Jugendlichen „mehr Sprachen zu lernen, damit man sich unterhalten und verständigen kann.“ Aus ihrer beruflichen Praxis schilderte sie: „Vorurteile im Berufsleben nehme ich schon persönlich. Aber: Ich arbeite dann daran, um zu zeigen, dass sie nicht stimmen!“
Starke junge mehrsprachige Frauen rockten sozusagen die Bühne. Nein, es war keine Band und deren Konzert. Rihanna Husseini, Rebeka Jankulovski, Ola Burhan, Rachel Levy und Zehra Başdoğan hielten ihre kämpferischen und gleichzeitig berührenden-persönlichen Reden aus der Hauptrunde des aktuell laufenden, 14. mehrsprachigen Redebewerbs „SAG’S MULTI!“. Sie lösten nicht nur begeisterten Applaus bei ihren rund 200 Alterskolleginnen und -kollegen aus mehreren Wiener Schulen aus, sondern auch u.a. bei der Bereichsleiterin für Bildung der Wiener Arbeiterkammer, Ilkim Erdost. Sie, die aus der Jugendarbeit kommt und zuvor die Wiener Jugendzentren leitete, war gekommen, „um zuzuhören, von euch zu lernen. Ihr seid die Expertinnen und Experten für Vielfalt und die Unterschiedlichkeit ebenso wie die Gemeinsamkeiten“.
Rihanna Husseini, Mittelschülerin aus der Selzergasse, nahm die Zuhörenden mit in manche Details des Lebens von Mädchen in ihrer ersten Heimat Afghanistan, aus der sie vor sieben Jahren flüchten musste. Neben den bekannten Grausamkeiten wie, dass Mädchen und Frauen unter der neuerlichen Herrschaft der Taliban von Bildung ausgeschlossen werden, ja sogar Bildungszentren gebombt werden und Todesopfer fordern, nannte sie auch „banale Wünsche“ aus „Tagebucheinträgen eines jungen Mädchens“: „Gitarre spielen, Fahrradfahren lernen, am Abend im Regen spazieren oder auch nur eine Pizza essen.“ Alles nicht möglich.
Ihre Rede hielt sie in Dari/Farsi, einer der großen Sprachen Afghanistans und natürlich auf Deutsch.
Das ist Konzept des Redebewerbs – seit drei Jahren vom ORF getragen: Deutsch und eine andere Sprache, die Erst- oder Familiensprache ebenso sein kann wie eine erlernte Fremdsprache. Und alle Sprachen sind gleichwertig – genau dafür wurde „SAG’S MULTI!“ vor nunmehr fast eineinhalb Jahrzehnten ins Leben gerufen.
„In Afghanistan ist es mittlerweile oft so, dass sich zahlreiche Mädchen als Jungen verkleiden müssen, um nicht nur in die Schule zu gehen, sondern auch einkaufen zu gehen oder auf der Straße zu spielen. Das sind die sogenannten „Bacha posh“.“
Und genau darüber zu reden, viel bekannter zu machen, wie es Alterskolleg:innen und anderen Frauen in Afghanistan geht, hat sie sich mit ihrer Rede zum Ziel gesetzt. Wenn wir so viel über Menschen- und Frauenrechte reden, wieso machen wir dann nichts? … Bitte bleiben wir nicht mehr länger still und zeigen der Welt wie stark Frauen und Mädchen eigentlich sind.“
Unter ganz anderen Umständen landete Rebeka Jankulovski vor rund einem Jahr in Wien. Die Schülerin der 6. Klasse des Gymnasiums Albertgasse schilderte auf Kroatisch und Deutsch, das sie erst in diesem Jahr lernte und perfekter beherrscht als so mancher Politiker, der von der Deutsch-Pflicht faselt: „Vor ungefähr einem Jahr hat sich mein Leben dramatisch verändert. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich ein unkompliziertes und schönes Leben in Pula. Ich war ausgezeichnet in der Schule, hatte viele gute Freunde, hatte eine große Sportskarriere vor mir und ich war sehr glücklich. In diesem Jahr hatten meine Eltern aber andere Pläne für mich. Ich sollte dort alles aufgeben und nach Wien ziehen. Ich fühlte so viel Wut, wie ich nie zuvor gefühlt hatte und stellte mir viele Fragen. Warum ich? … Wie können sie mir das antun?“
Den Grund nannten ihr die Eltern erst nach den Schreckmomenten: Krebserkrankung der Mutter, Behandlung in Wien. Und Rebeka, anfangs überfordert, verschüchtert, verschlossen, begann zu kämpfen. „Es gab immer weniger schlechte Tage. Jeden Tag ging es mir besser und langsam spürte ich immer weniger Wut in mir. Die großen Steine, die ich getragen habe und die mich hinunterzogen, wurden leichter und leichter. Ich habe wieder angefangen Sport zu machen, mich mit Freunden zu treffen, all das wieder zu tun, was mich glücklich macht. … Endlich kann ich mit Sicherheit sagen, dass ich jetzt am glücklichsten bin. Ich bin bereit neue Wege zu gehen und neue Sachen auszuprobieren. … Jetzt stehe ich hier, ich bin bei einem Redewettbewerb weiter gekommen, vor über einem Jahr konnte ich noch kein Wort Deutsch sprechen. Ist das nicht großartig? Bist du stolz auf dich Rebeka? I made it mom.“
„Einsamkeit, Verzweiflung, Sehnsucht sind, was jeder Flüchtling fühlt. Es ist aber nicht verwunderlich, dass sie Rassismus ausgesetzt sind, wenn man bedenkt, dass auch Personen mit Migrationshintergrund darunter leiden, obwohl sie schon lange in Europa leben, … Rassismus ist überall. Am Arbeitsplatz, in der Schule oder auch in den Öffentlichen Verkehrsmitteln. Und gleichzeitig frage ich mich, warum es Rassismus gegen uns gibt. Viele europäische Länder brauchen Migranten. Österreich beispielsweise wäre ohne Migranten ein Land mit einer geringeren Bevölkerung. Ohne Migranten würden Unternehmen unter Personalmangel leiden“, startete Ola Burhan aus der Floridsdorfer privaten Handelsakademie, Vienna Business School auf Arabisch und natürlich Deutsch ihre kämpferische Rede, in der sie nicht zuletzt davon berichtete, dass viele Geflüchtete oder Migrant:innen gar nicht ihre Qualifikationen und Kompetenzen einbringen können, weil diese nicht anerkannt werden.
Sehr nahe ging dann jener Teil ihrer Rede, in der sie schilderte wie so manch ungefähr 14-Jährige als jene in der Familie, die sich am besten auf Deutsch ausdrücken können und viele Spielregeln Österreichs durchschaut haben, viel zu große Verantwortung übernehmen müssen, Amtswege erledigen und mit Behörden verhandeln müssen.
Von einem Schockmoment berichtete Rachel Levy (15), Schülerin der 7. Klasse der Sir-Karl-Popper-Schule am Wiedner Gymnasium in ihrer Rede (Englisch/Deutsch). „Ich möchte nun, dass Sie sich in folgende Situation hineinversetzen: Ein Großteil Ihrer Familie wurde im Holocaust ermordet. Auf einmal tätigt Ihr Lieblingsrapper folgende Aussage in einem Interview: „I like Hitler“ and „I love Jewish people, but I also love Nazis“. … Kanye West, ein einflussreicher Rapper und Modedesigner, tätigte genau diese Aussagen. Er leugnete den Holocaust und verbreitete antisemitische Stereotypen. Diese Nachrichten waren für alle Betroffenen äußerst schockierend. Menschen sprachen mich auf diese Aussagen an und ich wusste wirklich nicht, was ich sagen soll. Es schockierte mich vollkommen, dass ein so einflussreicher Mann so grausame Geschehnisse verharmloste.“
Warum solche Aussagen eines Einzelnen so gefährlich sind, erklärte Rachel Levy nicht zuletzt damit, dass er mehr als 50 Millionen Follower auch Social Media habe, während es nur mehr geschätzt knapp mehr als 15 Millionen Jüdinnen und Juden auf der Welt gibt (rund 7 Millionen in Israel).
„Aufgrund der unvorstellbar großen Anzahl an Opfern im Holocaust sollten doch alle über die Verbrechen Bescheid wissen, doch das ist leider nicht der Fall. Obwohl 70% der niederländischen jüdischen Bevölkerung während des Holocausts ermordet wurden, gaben mehr als 50% der Teilnehmer (einer Studie der Jewish Claims Conference) an, dass der Holocaust niemals in den Niederlanden stattgefunden hat. …Ich möchte jetzt wieder zur eigentlichen Frage kommen: Was bringt es an die Vergangenheit zu erinnern? Ich möchte das mit einem einfachen Bild aufzeigen“ und dann nannte sie – auf Englisch das Beispiel, dass sich jemand an einer heißen Herdplatte die Finger verbrannt hätte und sich an die Schmerzen erinnert, „Wer von Ihnen würde jetzt bewusst ein zweites Mal auf eine heiße Herdplatte greifen?“
Und dennoch äußert sie die Befürchtung, dass sich die Vergangenheit wiederholen kann … Wir müssen uns immer daran erinnern: Ohne Gestern gibt es kein Morgen“.
„Wir müssen uns stark fühlen, um Sachen die wir uns eigentlich nicht zutrauen, ausführen zu können. Meiner Meinung nach entsteht Erfolg aus Stärke und Ausdauer. Ich glaube, dass ein Mensch immer alles erreichen kann, was er will, sowohl in der Schule als auch in der Arbeit. Wer kämpft kann erfolgreich sein!“, machte Zehra Başdoğan aus der Mittelschule Kauergasse mit ihrer Rede (Türkisch/Deutsch) voller Power allen Zuhörenden Mut, sich auf diesen Weg einzulassen.
„Wenn ich über mich selbst nachdenke, glaube ich, dass ich mittlerweile zu einer starken Persönlichkeit geworden bin. Ich bin mir sicher, dass dabei viele Faktoren eine sehr große Rolle gespielt haben. Selbstverständlich hat mich die Schule auch stark gemacht, indem sie mir eine gute Ausbildung vermittelt hat, und mir beigebracht hat zu recherchieren und kritisch zu denken. Außerdem hatten meine Lehrer und Lehrerinnen immer ein offenes Ohr für meine Sorgen und tolle Lösungsvorschläge für mich.
Zusätzlich sind meine Freunde immer eine große Unterstützung. Wenn ich mit ihnen Zeit verbringe, viel lache und mich unterhalte fühle ich mich als ein starkes und soziales Mädchen, das genug Anerkennung bekommt.
Zehra Başdoğan beendete ihre Rede mit einem 7-Punkte-Plan, die sie allen anderen auch empfahl:
* Wenn ich Angst habe, kann ich niemals mein Ziel erreichen!
* Wenn ich mich nie ändere, kann ich mich nicht weiter entwickeln!
* Wenn ich immer wieder neue Wege ausprobiere, kann ich Erfolg haben.
* Erst wenn ich stark genug bin, mich selbst glücklich zu machen, habe ich auch die Kraft die anderen um mich herum glücklich zu machen.
* Wenn ich viel lese, weiß ich auch viel!
* Stehe auf und bekämpfe die Hürden, die vor dir stehen!
* Ohne Vertrauen fühle ich mich klein und unwichtig!“
Die zuletzt genannte Rednerin hatte noch etwas genannt, das sie stark mache: „Natürlich haben mich auch meine Bücher, die ich in meiner Freizeit leidenschaftlich lese, geistig und emotional gefestigt. Ich denke, einer der sichersten Wege, um auf dem Weg der Stärke voranzukommen, ist das Lesen von Büchern. Während Menschen ein Buch lesen, lernt das Gehirn und nimmt es auch als Erholung wahr. Das Lesen fördert, aber nicht nur unseren Sprachschatz, die viel wichtigere Aufgabe beim Lesen ist, dass wir unsere Fantasie und Gedankenwelt erweitern. Wir können verschiedene Persönlichkeiten als Vorbilder nehmen und uns an ihnen orientieren, unser Handeln und Denken neu gestalten. …“
Als Viel-Leserin sei sie manchmal schon eine Außenseiterin, sagte sie nach der Rede zu Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… „Aber ich kann immer wieder Erkenntnisse aus Büchern auch in Gespräche mit meinen Freundinnen und Freunden einbringen.“ Als kleines Kind hätten ihr die Eltern viel vorgelesen „auf Deutsch und auf Türkisch. Als ich dann lesen konnte, hab ich es von Anfang an geliebt. Am liebsten lese ich Fantasievolles, aber auch Comedy und manchmal Horror. Meistens lese ich auf Deutsch.“
Die fünf genannten sind Teil der 320 Jugendlichen (mit damit insgesamt rund 40 Stunden Redezeit) die in diesem Jahr an „SAG’S MULTI!“ teilnehmen. Ab Mitte April stehen die Finalrunden – meist in den ORF-Landesstudios an. Die Finalist:innen sind alles Gewinner:innen, dennoch stehen die Juror:innen vor der Aufgabe dann noch nicht ganz zwei Dutzend Preisträger:innen – ja es gibt auch Burschen, sie sind nur in der Minderzahl – auszuwählen.
Apropos Preisträger:innen – vier solche aus früheren Jahren – moderierten die Veranstaltung im Bildungszentrum der Arbeiterkammer Wien: Tracy Cindy Agbogbe und Fatima Kandil von der Bühne aus sowie Banan Sakbani und Melisa Mete die Online-Kommentare – die Veranstaltung wurde live gestreamt – sowie mit dem Auditorium.
Modhsa Kheram/Kheli Mamnoon/Tasakkor, Hvala lepo, Shukran gazilan, Thank you very much, Tesekkür ederim, Daaaaaaanke Ihnen/ecuh allen!
Hier noch jede Menge Fotos von der Veranstaltung und weiter unten der Link zum Video zum Nachsehen und -hören der wunderbaren Reden und Diskussionsrunden.
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