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Bildmontage aus einem Foto aus der Performance von "Simple Machines" und einem aus "Big Box und kleines Orchester"
Bildmontage aus einem Foto aus der Performance von "Simple Machines" und einem aus "Big Box und kleines Orchester"
03.07.2022

Roboter-Tänzer und Geister-Orchester

Zwei techno-affine Performances beim neunten internationalen Theaterfestival für junges Publikum, spleen*graz.

Der eine stellt Roboter ins Zentrum seines Spiels, „vermenschlicht“ ihre Bewegungen und baute dazu rundherum eine Geschichte – Ugo Dehaes (Belgien) in „Simple Machines“. Die anderen – ein Duo aus Musiker und Figurenspielerin – Michael Döhnert und Melanie Florschütz aus Deutschland, die hier schon mit einem Stück für jüngste Kinder („Ssst!“) besprochen wurden – lassen ihre Maschinen scheinbar autonom vor allem musizieren: „Big Box & kleines Orchester“.

Robot-Dance

Roboter werden für höchst komplizierte Tätigkeiten programmiert, erledigen Arbeiten unter schwierigen, gefährlichen Bedingungen, ja fahren sogar auf anderen Planeten wie dem Mars autonom, um die Gegend zu erkunden und Bodenproben aufzunehmen… Sie kommen aber auch spielerisch zum Einsatz, so gibt es sogar Roboter-Fußballmeisterschaften. Immer wieder experimentieren auch Künstler:innen mit programmierten Maschinen. Für „Simple Machines“ lädt der belgische Tänzer und Choreograf Ugo Dehaes sein Publikum ein, mit ihm rundherum an einem großen Tisch Platz zu nehmen. Dann beginnt er seine – ausgedachte – Geschichte zu erzählen. Er hätte mit seiner Kunst wollen reich werden, aber daraus sei nichts geworden. Tänzerinnen und Tänzer seien ihm nach Streichung von Förderungen zu teuer gekommen, Weshalb er auf die Idee gekommen wäre, technische Tänzer:innen einzusetzen. Kleine Roboter geordert, um ihnen kunstvolle Bewegungen beizubringen. Auch das nicht gerade billig, daher eigene Zucht von Robotern … – samt Silikon-Überzügen, sodass sie an Embryonalstadien verschiedener Tiere erinnern.

Wie auch immer, seine Roboter lässt er tatsächlich auf dem und über den Tisch tanzen. In unterschiedlichster Art und Weise. Und rundum im Saal – in dem Fall war’s das Theater am Lend – stehen Vitrinen mit Ausstellungsobjekten, Roboter, denen der Künstler, der selbst 20 Jahre analog getanzt bzw. Tanzperformances choreografiert hatte, Unterschiedlichstes beibrachte. So gibt es zwei Roboter, die er so programmierte, dass einer der beiden die Bewegungen des anderen spiegelt.

Er habe die Lockdown-Zeiten genutzt, um sich praktisch alles – vom Zusammenbau bis zum Programmieren der Roboter alles selber beizubringen, „da ist das Internet gut, du findest zu praktisch Allem Tutorials und Videos“, sagt er zu Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr …

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Big Box und kleines Orchester“: Fasziniert schauen Künstler:innen und Publikum auf die wie von Geisterhand spielenden Instrumente …

Orchester von Geisterhand

Bevor im Bühnenvordergrund ein kleines Orchester aus Trommeln und Saiteninstrumenten – und das ganz ohne Musiker:innen – zu spielen beginnt, beherrscht eine große Kiste die Szenerie. Scheinbar von selbst kommt sie auf die Bühne. Zwei Lampen spielen miteinander und erinnern stark an den ersten großen sogar für einen Oscar nominierten Computeranimationsfilm aus Mitte der 80er Jahre – Luxo und Luxo Jr. – der Pixar Studios, Regisseur John Lasseter. Durch ihr Spiel scheinen sie lebendige Züge zu entwickeln.

Die Kiste ist nicht mechanisch oder elektronisch ferngesteuert, zwei Menschen bewegen sie: Michael Döhnert (Musiker), Melanie Florschütz (Figurentheaterspielerin). Mit ihr stellen sie allerhand physikalische Experimente an, lassen dazu teils schon ihr – über Fernbedienung und elektr(on)ische Impulse gesteuertes Orchester spielen. Mit den Bewegungen ihrer Kiste lassen sie für einige Momente das Publikum fast den Atem anhalten, wenn sie diese auf eine Kante stellen und es nur eine Frage von Bruchteilen von Millimetern sein könnte, dass dieses riesige Teil kippt und alles kaputt macht – mit weitreichenden Assoziationen, gibt es doch in der Diskussion um die Klimakrise auch den Begriff des Kipppunktes, ab dem die Welt sozusagen den Bach runtergeht.

Follow@kiJuKUheinz

Compliance-Hinweis: Das Festival spleen*graz hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … – wie schon früher den Kinder-KURIER zur Berichterstattung nach Graz eingeladen.

Dieses Stück wird auch bei spleen*graz 2022 gespielt. Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … hat es schon im Vorjahr gesehen – die Stückbesprechung stammt von der Aufführung im Wiener WuK
INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Simple Machines

Ugo Dehaes (Belgien)
Tanztheater mit Robotern

Performance: Ugo Dehaes
Szenographie & Komposition: Wannes Deneer
Dramaturgie: Marie Peeters
Silikon in Kollaboration mit Rebecca Flores
Produktion: kwaad bloed & Tuning People
Koproduktion: C-takt
Support: Stormopkomst

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Big Box & kleines Orchester

Florschütz & Döhnert (Deutschland)
Objekttheater; ca. ¾ Stunden

Idee, Stückentwicklung, Spiel, Bühne und Objekte: Michael Döhnert, Melanie Florschütz
Musikkomposition, Sound: Michael Döhnert
Kostüme: Adelheid Wieser
Künstlerische Begleitung, Licht: Joachim Fleischer

Alle Infos zu spleen*graz gibt es hier