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Sviat Kolodii bei seiner Rede

Gedicht für die Freiheit

Hallo, ich bin Sviat, ein Junge aus der Ukraine,
aus dem Land der Schwarzerde, der Freiheit und der Schönheit,
Ein Land der Berge, des Viburnums und der Natur,
Ein Land von Menschen, die für große Veränderungen bereit sind.

Aber unser Land ist in Gefahr,
unser Volk ist in Not,
die Russen, unsere erbitterten Feinde.
versuchen, uns alles zu nehmen, was wir bewahrt haben.
(Übersetzung von Ukrainisch)

Sviat Kolodii bei seiner Rede
Sviat Kolodii bei seiner Rede

Aber das ist nicht nur jetzt passiert,
Wir hatten nicht nur jetzt mit diesem Land Krieg.
Und all diese Jahre gab es Menschen,
die von ihrer Heimat weggezogen sind.

Sie haben ihre Häuser verlassen,
ihr Volk, ihre Freunde, ihren Ort.
Sie haben fast nichts mitgebracht,
nur ein paar Sachen und ein Passport.

Sviat Kolodii bei seiner Rede
Sviat Kolodii bei seiner Rede

Und ich habe mir gedacht
Ich werde niemals mein Land verlassen
aber jetzt lebe ich in zwei Ländern
Und ich will so die Dinge mal zulassen.
(Original auf Deutsch)

Da ist noch eine Bewegung in mir,
eine Bewegung zu meinem Land, meiner Erde
Ich will nach Hause, zu meinem Vater,
Ich möchte in der Wärme meiner Heimat sein.

Insert zur Rede von Sviat Kolodii
Insert zur Rede von Sviat Kolodii

Aber ich weiß, warum ich hier bin,
Was mein Ziel ist,
Hier zu studieren, im schönen Wien,
mit dem Ziel, die Entwicklung meines Landes voranzutreiben.
(Übersetzung von Ukrainisch)

Aber ich verstehe ein Ding nicht
Warum soll ich mich eigentlich von meinem Land wegbewegen?
Warum können wir, als Menschen
nicht einfach zusammenleben?

Sviat Kolodii bei seiner Rede
Sviat Kolodii bei seiner Rede

Es gibt Krankheiten, für die wir Medizin brauchen,
es gibt Menschen, die Nahrung brauchen.
Doch das Geld, das wir dafür benötigen,
verwenden wir, um Menschen zu töten.

Und warum bewegen wir uns in diese Richtung
Warum können wir nicht einfach in Frieden leben?
Ich will in meiner Zukunft nicht kämpfen.
Warum sollte überhaupt jemand kämpfen?
Wenn wir alle die Welt genießen können,
den Frieden genießen können.

Sviat Kolodii bei seiner Rede
Sviat Kolodii bei seiner Rede

Aber leider ist es nicht so,
leider bewegen wir uns nicht in die richtige Richtung.
Leider gibt es noch Familien,
die ihre Väter nicht mehr sehen können,
nur weil unsere Feinde einfach streiten wollen.

Ich will, dass mein Land in die Bewegung wie Wien geht
In die Richtung modern, und nicht den Krieg bewegt
Aber nicht nur mein Land soll in die Richtung gehen
Sondern auch alle Länder, die nur Krieg sehen
(Original auf Deutsch)

Sviat Kolodii bei seiner Rede
Sviat Kolodii bei seiner Rede

Aber das ist nicht einfach, nicht so schnell.
Dazu müssen wir unsere Feinde frei lassen.
Wir müssen ihre Sünden für unsere Freunde vergeben
Für die Brüder, die in unserem Heimatland gefallen sind
Für unser Volk, das sie ermordet haben
Für unsere Vorfahren, die ihren Körper für die Freiheit gaben.

Um unseren Wohlstand ein Stück näher zu kommen,
müssen wir, die Menschheit, diese Schritte tun
Und dann können wir ohne Krieg leben
Ohne dieses Monster auf unserem Land.
(Übersetzung von Ukrainisch)

Sviat Kolodii bei seiner Rede
Sviat Kolodii bei seiner Rede

Ich glaube, wir schaffen es,
wir schaffen es, ohne Kriege und Streit zu leben.
Wir schaffen, mehr unsere Erde zu verstehen
Und mehr in die Richtung für ihre Hilfe zu bewegen.

Lasst uns mehr die Meere von Plastik schützen
Lasst uns Zusammenhalt stärken und fühlen
Lasst uns überlegen
Ob wir als Menschheit mit diesen Kriegen wirklich in eine glückliche Zukunft gehen.
(Original auf Deutsch)

Szenenfoto aus (AT)Front, Theaterclub 3 des Burgtheaters

So fern und doch so nah – und das Tag für Tag, Nacht für Nacht

Zeitungen bilden sozusagen den verbindenden Bogen. Stehen zu Beginn einige der Darsteller:innen mit aktuellen gedruckten Blättern im Bühnenraum, aber auch schon zwischen Eingang und Publikumsreihen in Händen da, so verteilen sie am Ende eine eigene Zeitung an alle Besucher:innen der Performance „(AT) Front“. Es war dies die Präsentation der Arbeit des Theaterclubs 3 im Burgtheater bei dem kürzlich im Vestibül stattgefundenen Festival.

Die Zeitungen zu Beginn stehen stellvertretend für internationale Nachrichten, die am Ende veröffentlicht einige der Interviews, die die Teilnehmer:innen im Rahmen der Recherche für die Performance geführt haben. So wie die Aufführung in deutscher und englischer Sprache, bei der Performance mit einigen Passagen in weiteren Sprachen.

Szenenfoto aus (AT)Front, Theaterclub 3 des Burgtheaters
Szenenfoto aus (AT)Front, Theaterclub 3 des Burgtheaters

Kilometer und Daten

Gekennzeichnet war diese – und ist die Zeitung – von Entfernungsangaben in Kilometern und deren Bruchteilen. Von weit entfernten bis ganz in der Nähe. Und von Daten – vom 1. September 1939 bis nicht zuletzt 24. Februar 2022 – Beginn des 2. Weltkrieges mit dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen bis zum Einmarsch russischer Truppen im Nachbarland Ukraine.

Konkrete Erlebnisse, Bedrohungen, Gefühle direkt Betroffener oder „nur“ solcher von Angehörigen oder Freund:innen, wurden in berührenden Szenen gespielt, dargestellt und angesprochen. Sorgen um die Menschen in Kriegsgebieten wo auch immer auf der Welt und schlechtes Gewissen so mancher, die flüchten konnten und nun in (vermeintlicher) Sicherheit leben, aber vielleicht lieber zu Hause helfen würden. Geschilderte Erlebnisse von heute sowie Erinnerungen an frühere Kriegszeiten – nicht nur woanders, sondern auch hier – daher auch ganz kurze Distanz-Angaben.

Szenenfoto aus (AT)Front, Theaterclub 3 des Burgtheaters
Szenenfoto aus (AT)Front, Theaterclub 3 des Burgtheaters

Ein Satz, der mitten ins Herz geht

Leider völlig wahre Sätze wie, dass es keinen einzigen Tag auf der Welt gab / gibt, ohne dass nicht irgendwo auf der Welt Krieg(e) stattfinden bis zur fast unaushaltbaren Aussagen, dass selbst für jene, die hier in Österreich Zuflucht gefunden haben, der jeweilige Krieg ständig anwesend ist / mitschwingt in Gedanken und Gefühlen an jene, die am Ort des Geschehens leben (müssen).

Szenenfoto aus (AT)Front, Theaterclub 3 des Burgtheaters
Szenenfoto aus (AT)Front, Theaterclub 3 des Burgtheaters

Fast absurd

Und dann mit Verteilung der eigenen Zeitungen noch jene fast absurd wirkende Zusatz-Info: Diese Zeitung zu drucken wäre in Österreich teurer gewesen, als sie in der Ukraine produzieren zu lassen – allerdings wurde wenige Tage danach diese Druckerei bombardiert.

Szenenfoto aus "Bertha von Suttner. Ein Traum von Krieg und Frieden"

„Die Waffen nieder!“ – doch hilft das heute?

In der Vor-Euro-Zeit zierte ihr Porträt von 1966 bis 1997 den 1000-Schilling-Schein (umgerechnet 72,67 €): Bertha von Suttner, erste Friedens-Nobelpreisträgerin 1905, Journalistin und Schriftstellerin, berühmt geworden nicht zuletzt für den Roman „Die Waffen nieder“ dessen Titel sich als Losung verselbstständigte (1889 veröffentlicht) in dem sie unter anderem die grausamen Folgen von Krieg drastisch schilderte.

Die in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts geborene fiktive Fine sitzt an ihrem Laptop und versucht an ihrer Dissertation über diese berühmte Friedenskämpferin zu schreiben. Auf dem Tisch daneben einige Bücher Suttners. So beginnt das 1½-stündige Stück „Bertha von Suttner. Ein Traum von Krieg und Frieden“ des „Lichtzeit.Ensembles“ (Text und Regie: Paula Kühn) im Linzer Theater Phönix – im kleineren Raum auf dem Balkon.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Bertha von Suttner. Ein Traum von Krieg und Frieden“

Zweifel

Irgendwie kommt die „Studentin“ nicht weiter. Ihr Freund Sami will zum Militär. Nein, er sei nicht kriegslüstern, argumentiert er. Aber die aktuelle neue geopolitische Lage samt Bedrohungen der Werte wie Freiheit und Demokratie erfordere die Bereitschaft, diese auch zu verteidigen, zur Not auch mit militärischen Mitteln. Irgendwann fällt auch der Name des überfallenen Landes „Ukraine“.

Das blockiert Fine. Konsequent Kriege und Waffen ablehnen und dann sch… der eigene Lebensgefährt auf dieses Konzept. Und ist seine Argumentation nicht ganz so von der Hand zu weisen? Fine pendelt zwischen Zweifel und konsequentem Festhalten an ihrer Überzeugung. Doch passt diese noch in die radikal, ja extrem veränderte Zeit bzw. Weltenlage?

Innere Stimme

Da taucht Nergal auf, so etwas wie ihre innere Stimme, die immer wieder zu von ihr geäußerten oder auch nur gehegten Gedanken den Widerpart spielt. In dieser Anfangs-Sequenz führt er sie „zurück, an den Anfang“ und mit Hilfe eines äußerlich einfachen Tricks – Jacke weg, geblümtes Schaltuch her – verwandelt sich Stefanie Altenhofer von Fine in Bertha von Suttner. Und spielt so einige der Lebensstationen jener Bertha durch, die ihrer Zeit auch in Sachen eigenständiger Frau weit voraus war: Trotz eigener Heiratssehnsucht, zog sie Unabhängigkeit einer untergeordnete Rolle in einer Ehe vor. Von zweifelnd über betrübt, kämpferisch, wütend bis zu glücklich in ihrer nun erfüllten gleichberechtigten Liebe mit Arthur Suttner lässt Altenhofer jede der unterschiedlichen Emotionen spüren.

Jede und jeder switcht

Auch Simon Brader switcht gekonnt zwischen dem liebenden Arthur, der entgegen den Weisungen der wohlhabenden Frau Mutter, sogar die Familie verlässt, um mit Bertha zusammen zu sein, sowie Sami, der Fines Friedensüberzeugung für naiv und aus der Zeit gefallen hält. Fast ängstigend wirkt er in einer Szene, in der er eine Waffenübung für richtiggehend geil findet, viel besser als jedes Action-Computerspiel.

Irgendwie mit einem Hauch von nicht ganz fassbarem Geheimnis legt Michael Glantschnig die Rolle der inneren Stimme Fines an, überzeugt aber auch als Alfred Nobel und sorgt im einzigen Auftritt von Arthurs Mutter mit einem Pelzimitat um den Hals (Kostüme: Ronja Christof) für schmunzelnde Distanz zu dieser hoch„feinen“ Art.

Offenes Ende

Sehr cool ist, dass das Stück letztlich keine dogmatische Antwort gibt, sondern den Zweifel sensibler Menschen, das mit sich Ringen jeder und jedem Einzelnen überlässt. Und dennoch die Botschaft mit auf den Weg gibt mit Fragen wie, ob sich für den Frieden wirklich mit Waffen kämpfen lassen kann. Darüber hinaus redet das Stück trotz der aktuell schieren Aussichtslosigkeit dem Optimismus das Wort: Nicht aufgeben und wenigstens für die eine oder andere Hoffnung spendende positive Veränderung im Kleinen einzutreten, am besten selber zu sorgen. Aber es bleibt den Zuschauer:innen überlassen, was sie damit anfange oder daraus machen.

Übrigens: Heute findet sich Suttners Konterfei auf der Österreich-Vorderseite der 2 €-Münze. „Werte-Verfall“?

kijuku_heinz

Simon Brader, Paula Kühn (Autorin und Regisseurin), Stefanie Altenhofer und Michael Glantschnig
Simon Brader, Paula Kühn (Autorin und Regisseurin), Stefanie Altenhofer und Michael Glantschnig
Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses

„Das ist eine schwierige Rede, aber es ist meine Mission“

Sehr geehrte Damen und Herren!

Mein Name ist Dmytro, ich bin 13 Jahre alt. Дуже дякую за ще одну можливість бути почутим.
Ich kam zu Beginn einer umfassenden russischen Invasion im Jahr 2022 von der Hafen-Stadt Odessa nach Österreich.

Jetzt möchte ich Ihnen erzählen, wie es ist, in meiner Heimatstadt zu leben, die unter Beschuss von Raketen und Drohnen steht. Я б не хотів щоб в мене був такий досвід військового часу. Ich habe viel Wissen über den Krieg gewonnen, über Maßnahmen, die unter Beschuss Leben retten können, über das Überleben – dieses Wissen würde ich am liebsten vergessen.

Ich möchte, dass alles, was Sie hören, in Ihrer Fantasie bleibt und nie einen Platz in Ihrem wirklichen Leben findet.

Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses
Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses

In Odessa waren bereits am Morgen des 24. Februar 2022 die ersten Explosionen von Fliegerbomben und Raketen zu hören. В нашому сонячному, південому місці люди зрозуміли, що прийшла смерть і війна. Я вперше бачив, що мої рідні, мої дорослі – НАЛЯКАНІ.  Весь час, як фон, твої думки супроводжує небезпека.

Alle versammelten sich, unser Volk und das Militär stoppten den russischen Angriff 100 km von Odessa entfernt und stoppten die Landung vom Meer aus. Було дуже небезпечно.Meine Mutter und ich kehrten erst im Sommer 2023 nach Odessa zurück, zu meinem Vater. Das Treffen war sehr emotional, da unsere Familie vor dem Krieg glücklich lebte und nie getrennt war!
Doch der Beschuss durch Raketen und Drohnen hörte nicht auf. Jeden Tag liefen wir zur Tiefgarage und saßen dort. Alarme traten 4 bis 5 Mal täglich für 1 bis 2 Stunden auf. Manchmal warteten wir nur auf zusätzliche Informationen darüber, WAS flog und WO wurde angegriffen.
WARUM fragen Sie sich vielleicht? Es ist logisch, sich zu verstecken, wenn Gefahr droht … Dazu gehört Erfahrung,

Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses
Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses

Der heftigste Beschuss findet meist nachts statt. Aber Sie verstehen, dass es unmöglich ist, JEDE NACHT wach zu bleiben. Der menschliche Körper hat seine Grenzen. Manchmal habe ich tief und fest geschlafen. Mein Vater legte sich neben mich und umarmte mich mit seinem Körper, als würde er mich mit einer Decke zudecken.

Kürzlich ereignete sich in meiner Stadt eine Tragödie – eine russische Drohne stürzte in ein Hochhaus. Als die Toten unter den Trümmern hervorgeholt wurden, lagen die Leichen so, dass die Eltern die Kinder mit ihren Körpern zudeckten. Damals starben 5 Kinder und 16 Erwachsene – normale, friedliche Familien.

Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses
Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses

Das ist eine schwierige Rede, aber es ist meine Mission, dass möglichst viele Menschen erfahren, wie die Ukrainer jeden Tag leben. In Odessa gibt es Flugabwehrmaßnahmen. Ohne diesen Schutz gäbe es meine Stadt nicht mehr. Es gibt viele Beispiele – als von ehemals blühenden Städten nur noch Ruinen übrig blieben.

Mein Vater bleibt in Odessa und hilft dem Militär, ich lerne online an der Schule in Odessa und sehe jeden Tag Informationen über Gefahren, Unterrichtsausfälle und Videos aus dem Luftschutzbunker der Schule. Die Situation wird von Tag zu Tag schlimmer. Die Russen bombardieren unsere friedliche Stadt mit Streubomben. Friedliche Menschen sterben, Familien sterben, Kinder sterben.

Diesen Sommer beschlossen meine Eltern, mich nicht mit nach Hause zu nehmen. Ich werde meinen Vater diesen Sommer nicht umarmen können.

Still aus dem Film "Bad roads"

„Bad Roads“ – wie Krieg Menschen de-humanisiert

Bilder von unten. Die Kamera offenbar knapp über der Schotterstraße – samt den entsprechenden Geräuschen. So beginnt der Film „Bad Roads“ (schlechte Straßen“ von Natalia Vorozhbyt. Bald landet dieses Auto – mit seinem Fahrer, einem (angeblichen) Schuldirektor – bei einem Check-Point. In der Ukraine – noch vor dem Überfall der russischen Armee auf die ganze Ukraine, aber zu Zeiten als schon Regionen im Osten des Landes, im Donbass besetzt waren. Willkür der bewaffneten Grenzer gegenüber dem Schuldirektor, der nicht gleich seinen Pass findet. Bedrohlich.

Theater goes Film

Dabei ist diese Eröffnungs-Szene noch eine der harmlosesten. Den Film hatte die Dramatikerin, Drehbuchautorin, Filmregisseurin und Kuratorin für soziale Theaterprojekte ursprünglich als Stück geschrieben. Dieses wurde in London 2017 am Royal Court uraufgeführt und mehrfach in Deutschland gespielt, zuletzt (2022) am Berliner Ensemble (Regie: Tamara Trunova) – in ukrainischer und russischer Sprache mit deutschen Übertiteln.

Still aus dem Film
Still aus dem Film „Bad roads“

2020 hat die Autorin selbst das Stück, als Film gedreht. Zwei dichte, heftige Stunden gespielter Szenen, die auf Zeitzeug:innen-Berichten beruhen. Die anfänglich hellen Bilder wechseln in durchgängige Düsternis mit immer wieder unaushaltbaren Gewalt-Szenen. Die meisten Zuschauer:innen bei der Aufführung im Rahmen des Dramatiker:innen-Festivals in Graz berichteten, dass sie immer wieder die Augen schließen, sich abwenden mussten (damit auch die englischen Untertitel dieser Szenen nicht lesen konnten) oder mehrmals überlegten, den Raum zu verlassen – was einige auch taten.

Kein Gewalt-Voyeurismus

Beim doch Hinblinzeln in Sekunden-Bruchteilen zeigte sich, dass die Regisseurin aber keinen Gewalt-Voyeurs-Film dreht, sondern – wie sie in einer Video-Botschaft dem Publikum mit auf den Weg gab – „nur“ zeigen wollte, wie die kriegerische Gewalt Menschen in ihrem Verhalten bis hinein in den Alltag de-humanisiert.

Still aus dem Film
Still aus dem Film „Bad roads“

Mit einer solchen – fast von schrägem Humor durchzogenen – Szene beendet Natalia Vorozhbyt auch die „schlechten Straßen“. Eine junge Frau überfährt unabsichtlich auf der furchigen Straße ein Huhn. Kommt schuldbewusst zu der Bäuerin und dem Bauern, bedauert, dass sie jetzt kein Geld mithat aber anderntags kommen werde, dafür zu bezahlen. Glauben die natürlich nie. Macht sie aber. Doch die vereinbarten 200 Hrywnja sind dann doch zu wenig. Gut, zückt sie einen 1000er-Schein. „Aber dieses Huhn hätte doch so viele Eier gelegt und damit hätten sie viel mehr verloren. Schmuck als Entschädigung. „Aber wir haben uns so gut mit dieser Henne verstanden…

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Compliance-Hinweis: Das Dramatiker:innen-Festival in Graz hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… zur Berichterstattung eingeladen.

Zwei der hier beschriebenen Kurz-Versionen sind beim Festival am Freitagvormittag im taO! zu sehen

Still aus dem Film
Still aus dem Film „Bad roads“
Teils artistische Präsentation von "Romula"

Ein altes Spiel, uralte Bilder und andere Produkte auf neu gemacht

In den vergangenen Tagen hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… bereits über fast 30 Produkte bzw. Erfindungen und Entwicklungen von Jugendlichen mit ihren Junior Companies aus mehreren Ländern berichtet, die ihre Projekte bei der internationalen Handelsmesse in einem bekannten Wiener Einkaufszentrum präsentiert und verkauft haben. Hier nun die noch nicht vorgestellten Schüler:innen-Unternehmen:

Rundes Spiel

Ein rundes Spielfeld, ebensolche Spielsteine – und so schlug Samantha Baranyai passend dazu bei der Bühnenpräsentation von „Romula“ gleich ein Rad. Das römische Mühlespiel ist die oder eine Vorform des bei uns bekannten Mühlespiels auf dem Schachbrett. „Wir haben aus Reststoffen dies runden Spielfelder genäht, die Spielsteine sind Korkscheiben. Und das Spielfeld selber lässt sich zusammenziehen und ist damit gleich das Sackerl für die Steine“, erzählt die genannte Artistin am Messestand ihrer Junior Company aus dem Wiener TGM gemeinsam mit Kevin Sindelek, später kommt noch Geschäftsführer Manuel Glück zum Stand – „und der muss unbedingt auch aufs Foto“, überredet Baranyai den Reporter zusätzliche Fotos zu machen.

Peeling mal zwei

„Göttliche Haut“ wollen Marvin Lerner und Jordis Perner – mit ihren 15 Kolleg:innen aus der HLW Neumarkt am Wallersee (Salzburg) mit ihren Hautpflegeprodukten verschaffen. In ihrer Junior Company, also dem für ein Schuljahr gegründeten Unternehmen namens „Divine Skin“ stellen sie Zucker- bzw. Salz-Peelings her. Die grobkörnigen Gemische „reiben alte Hautschuppen ab und nach dem Waschen oder Duschen wird die Haut glatter“, versprechen sie. Zumindest Duft verbreiten die Mischungen in Zitrone, Kirsch und anderen Sorten.

Luftige Gurkenschwämme

Peeling-Produkte bietet auch die Junior Company „Luffa“ aus Hradec Králové (Tschechische Republik) an. Matěj, Tereza und Yen Nhi vertraten bei der internationalen Handelsmesse in Wien (letztes kalendarisches Winter-Wochenende 2024) in einem großen Einkaufszentrum ihre zwölf zu Hause gebliebenen Kolleg:innen. „Wir haben vor allem Waschlappen und Bürsten aus Naturmaterialien und Naturseife im Angebot. Und die sind aus sogenannten Schwammgurken, die auch Luffa genannt werden.“ Naheliegend also, dass sie ihr temporäres Schüler:innen-Unternehmen auch so nannten.

Bilder von (Urur-)Omas gestickt

Während einige aus dem Team von „Etno Pictures“ die gestickten Bilder in ihren Rahmen auf der Bühne vor der Jury „pitchen“, halten Kolleg:innen einen ukrainische Flagge in die Höhe, andere versuchen Anregungen zu geben – etwa das Mikrophon höher und näher zum Mund halten. Anerkennung und Jubel war diesen jungen Unternehmer:innen aus dem westukrainischen Chernivtsi ohnehin gewiss – wie ihren Kolleg:innen aus zwei weiteren Junior Companies, die aus dem kriegsgebeutelten Land angereist waren („Svitochary“ kam schon in einem vorigen Beitrag vor – Links unten am Ende dieses Artikels).

„Wir haben diese Bilder von unseren Omas gesammelt, dafür Bilderrahmen gesucht und verkaufen sie nun“, beginnt Alina zu erklären. „Manche sind schon mehr als 100 Jahre alt, weil die eine oder andere Oma schon ein gesticktes, buntes Bild wieder von ihrer Großmutter hatte“, ergänzt Hlib. „Eines ist sogar 140 Jahre“, so Erika. „Nur eines ist viel jünger, das hat unsere Lehrerin selber gemacht“, verrät Krystyna. „Da war ich ungefähr sieben Jahre“, sagt diese Lehrerin namens Nataliia verschmitzt und gesellt sich als Schöpferin ihres Sonnenblumenbilder auf Wunsch von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… zum Gruppenfoto mit den Mitarbeiter:innen dieser Junior Company.

(Neu) bedrucktes Gewand

Im Gegensatz zu ihrem Firmennamen „Stitches“ nähen die Jugendlichen aus der HTL Spengergasse in ihrer Junior-Company die T-Shirts nicht, „wir bedrucken Textilien – entweder mit fertigen Designs oder nach Wunsch der Kundinnen und Kunden“, berichten Jasmin Elibrahim und Amelie Roggenbauer. Alte Klamotten können so wieder wie neu ausschauen.

„Um den eigenen Stand noch aktuell anzureichern, haben wir auch Kerzen nru für die Messe produziert“, ergänzt Herbert Kindler.

Gipsova

Sofiia Heleshko und Anastasia Bryn verweisen auf eine ansehnliche Palette unterschiedlichster Schalen, Tassen, Fläschchen, Becher, Vasen und anderer nützlicher Dinge – kusntvoll und bunt verziert, die sei mit ihrer Junior Company „Gipsova Manufactura“ in Lwiw (Westukraine) hergestellt haben. „Insgesamt arbeiten wir zu fünft. Und weil wir bei einem Wettbewerb gewonnen haben, können wir unsere Produkte heute hier in Wien zeigen und verkaufen. Im April haben wir in unserer Heimatstat eine Ausstellung und dafür werden wir noch neue Formen produzieren“, vertrauen sie Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… an.

Recycling-Kerzen…

… produzier(t)en vier Jugendliche der Evangelischen Mittelschule EMS Schiers (Schweiz, Kanton Graubünden) für ihr Schüler:innen-Unternehmen „Candeila“. „Wir verwenden altes Wachs und fügen neue Düfte hinzu, zum Beispiel Zitronenminze“, erklärt Thomas Mir lächelnd.

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Stavros Papageorgiou, Andreas Christou, Kirill Eni, Christos Loizou, Aris Pitsillides und Petros Loizou aus der Stavros Grundschule in Nikosia (Zypern) mit ihren Pinien-Nadel-Natur-Leim-Behältnissen

Schüler:innen machen Re- und Up-Cycling zu ihrem Business

Re- war die häufigste Vorsilbe für Produkte der Schüler:innen-Firmen bei der internationalen Handelsmesse in einem Wiener Einkaufszentrum am letzten (kalendarischen) Winter-Wochenende. Re- für RE-Cycling, was oft nicht (nur) wiederverwertet, sondern von den Jugendlichen sogar zu höherwertigen Produkten gemacht worden war, also Up-Cycling.

Zwar kein Re- im Titel aber PLANt Be deutet auch schon das Prinzip der Junior Company der Allerjüngsten bei dieser Handelsmesse an. Stavros Papageorgiou, Andreas Christou, Kirill Eni, Christos Loizou, Aris Pitsillides und Petros Loizou aus der Stavros Grundschule in Nikosia (Zypern) sind jeweils elf Jahre jung. Sie begannen vertrocknete Pinien-Nadeln zu sammeln, sie zu waschen, desinfizieren, trocknen, zerkleinerten sie und mischten sie mit einem „Kleber“, den sie selber aus Mehl, Wasser und Essig mischten. Dieses Gemisch füllten sie in Formen und produzierten so Schüsseln, Häferl, Flaschen, Löffel, Behälter mit Deckel. Manche davon bemalten sie mit ökologischen Farben. Die Teile sind somit lebensmittelecht und obendrein wärmedämmend.

Mit ihren Produkten schlugen sie sozusagen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: „Erstens wollten wir was herstellen, das Plastik vermeidet, weil das ein großes Umweltproblem vor allem für die Meere und ihre Tiere ist“, erklären sie Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… „Außerdem sind die vielen trockenen Nadeln auf dem Boden und an den Pinien eine große Gefahr für Waldbrände. Wenn wir die einsammeln und nur die frischen Nadeln an den Ästen bleiben, breiten sich bei einem Feuer die Brände nicht so leicht aus.“

Die Jury belohnte übrigens die Bühnen-Präsentation der Jungs aus Nikosia mit dem „Pitch Award“.

Tascherln bis Rücksäcke

Ebenfalls einen Preis mitnehmen durften Jugendliche der Höheren Berufsbildenden LehrAnstalt (HBLA) Ferrarischule in der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck. 17 Schüler:innen schneiderten aus übrig gebliebenen Reststoffen für Markisen und Jalousien Reise-behälter – von der Passhülle über kleine Täschchen, Kulturbeutel in beachtlicher Größe bis zu großen Rucksäcken, die sich leicht in Umhängtaschen verwandeln lassen, wie Dina Elsawaf, Theresa Schlenker und Lena Kraler dem Reporter erklären und teilweise vorführen. Für einen Rucksack, der so konzipiert ist, dass beispielsweise ein Anzug so eingepackt werden kann, dass er nicht zernknittert, brauchen die Jugendlichen im Schnitt schon so sechs bis acht Stunden, schildern die drei Vertreterinnen von „mar.kess“ wie die 17 Jugendlichen ihr Unternehmen nannten.

Dafür bekamen sie den „Alumni-Award, vormaliger Junior-Company-Betreiber:innen.

Taschen aus Werbebannern

Ebenfalls Taschen aus Alt- bzw. Wegwerf-Material verkaufen 15 Jugendliche aus dem tschechischen Hradec Králové in ihrer Junior Company „ReBan“. Lucie Fiedlerová, Daniela Kulhanková und Apolena Hejná vertraten ihre Kolleg:innen bei der internationalen Handelsmesse in dem Einkaufszentrum in Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus (15. Bezirk). „Wir verwenden alte Werbebanner, aber wir hatten nur die Idee, organisieren alles und verkaufen die Taschen. Wir lassen sie aber herstellen von Menschen mit Behinderung in einer Werkstätte.

Alte Blumen

Ausgangspunkt für die Gründung des Unternehmens „ReBloom“ von elf Jugendlichen der alternativen Oberstufenschule W@lz (Wien-Penzing; 14. Bezirk) waren einige Mitschüler:innen, die an Wochenenden in Blumengeschäften gearbeitet haben. Und miterleben mussten, wie am Ende des Tages so manche Blumen drohten in den Mist zu wandern. Die Jugendlichen wollten den Pflanzen ein Weiterleben ermöglichen, baten darum, jene Blumen haben zu dürfen, die weggeschmissen worden wären. „Wir haben uns im Internet informiert, was und wie wir damit machen könnten, haben dann beschlossen sie zu trocknen und zu neuen Sträußen für Veranstaltungen zu binden.“ Stellvertretend für ihre Kolleg:innen, die einander am Messetag schichtweise abwechselten, berichten Julius Boesch, Emma Kulnigg und Wenzel Richard den Journalisten die Vorgangsweise. Und auf Nachfrage schildern sie, „dass wir in zwei Stunden so 14 oder 15 solcher üppigen Sträuße schaffen.“

ReBloom wurde mit dem Sustainability Award, also dem Nachhaltigkeitspreis, ausgezeichnet.

Papier zum Anpflanzen

Als erstes fiel einigen der Gründer:innen von „Paperi²“ in ihrer Schule, der Chemie-HTL in der Wiener Rosensteingasse auf, „dass Unmengen von Fehldrucken im Chemie-Labor anfallen, Labor- und Experiment-Berichte und so weiter. Also wollten wir irgendwas mit papier-Recycling machen“, schildern Maya Knsut, Ekaterina Mazets, Sophie Willinger und Dorian Jarosch den Ausgangspunkt für diese spezielle Wiederverwertung. „Wir haben aber nicht nur das Altpapier zerschnipselt und mit Wasser vermengt, um es dann handzuschöpfen und zu verschiedenen Formen als Geschenkanhänger zu schneiden. Wir haben auch Blumensamen – Katzengras, Vergissmeinnicht und andere – und Naturdürfte wie Zimt, Zitrone, Rosen oder Lavendel hinzugefügt.“

Dieses Papier wird somit – hochwertig – wiederverwendet. Wenn die Grußkarte, der Geschenkanhänger oder was auch immer nicht mehr erwünscht ist, kann dieses Ding in kleine Futzerl zerrissen, in einem Topf mit Blumenerde geschmissen werden und – genau… Und deshalb fügten die insgesamt zehn Schüler:innen dem Namen ihrer Junior Company einen hochgestellten 2er hinzu – weil gleich noch ein Weiterleben in dem Fall im wahrsten Sinn des Wortes mit dem Altpapier verbunden ist. Und „Paperi“ selber ist das finnische Wort für Papier, und das hatte eine der Beteiligten mit in die Namensfindung eingebracht.

Eierschalen …

… verwendeten Jugendliche aus einer weiteren Schule in Zypern als Zusatz für Reinigungs-Schwämme – sowohl für Geschirr als auch für menschliche Haut. Bei Letzterer kombinieren wir die – natürlich gereinigten und sterilisierten Eierschalenteile mit einer Aloe Seife und einem naturschwamm“, erklären Aleksandra, Gerasimos und Konstantin für ihre Junior-Company „EGGSclusive“, ein Wortspiel, das in dem Fall nur im Englischen (Egg = Ei) funktioniert 😉

Lampenfieber…

… ein Wortspiel, das in dem Fall im Deutschen eine ganz andere Bedeutung als das Produkt selbst hat, aber jedenfalls mindestens so auffällt wie die Verkleidung eines der Schüler für die Präsentation als wandelnde sozusagen Geh-, und fallweise Steh-Lampe. Acht Jugendliche der schon bei „Re-Bloom“ vorgekommenen alternativen Oberstufenschule W@lz (Wien 14) sammelten alte, formschöne Flaschen aus Bars ebenso wie alte Lampenschirme. Jeweils zwei solcher Teile kombinier(t)en sie, brachten sich vorher bei, wie sie da die Elektrik hineinbringen, wie Laurids Corti und Paul Fellner Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… erklären und zeigen. Und schon bringen Produkte von „Lampen-Fieber“ Licht ins Dunkel.

Zerschnittene Flaschen

Verwenden die zuvor genannten Jugendliche ganze Flaschen, um sie als Teil eines Re- bzw. eigentlich Up-Cycling-Produkts einzusetzen, so zerschneiden Dima, Natalia, Krishna, Uliana – sie waren in Wien – und ihre Kolleg:innen im westukrainischen Ternopil fein säuberlich Flaschen. Die unteren Teile mit dem Boden verwenden sie als Gefäße für Kerzen, die sie aus natürlichem Soja-Wachs mit einem dünnen hölzernen Docht befüllen. „Svitochary“ (ukrainisch für Kerzenhalter) nannten sie ihre Junior Company und bewerben ihre Produkte, dass sie Licht ins Dunkel des Lebens bringen, was in ihrem Fall ja noch eine tiefere Bedeutung hat.

Zerbrochene Flaschen

Nicht nur, aber viele Flaschen sind das Material für die Produkte von „Reborn Art“. Die wiedergeboren Kunst kommt aus dem italienischen Milano (Mailand) 18 Schüler:innen machten vor allem aus Falschenteilen und Scherben Kunstwerke in Bilderrahmen. „Wir mussten schon vorsichtig arbeiten, aber wir wollten von Anfang an etwas kreatives aus Trash (Mist) gestalten“, gestehen Matteo Maldis, Gian Pablo Andrade, Andrea Merlad und Marco Bassi dem skeptischen Journalisten angesichts der vielleicht doch hohen Verletzungsgefahr.

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Weitere Berichte über die Schüler:innen-Firmen bei der kürzlich abgehaltenen internationalen Junior-Companies-Handelsmesse – meist thematisch zusammengefasst – erscheinen in den folgenden Tagen.

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Szenenfoto aus "XZehn" im Dschungel Wien

Krikus der Vogel friert, weil der Frühling streikt

Der Frühling will nicht kommen. Aber warum? Das sind die Ausgangsthemen, auf die sich acht junge Theaterbegeisterte in den ersten Gesprächsrunden geeinigt haben. Sie treffen einander samstags um die Mittagszeit im Studio 1 des Theaterhauses Dschungel Wien im MuseumsQuartier. In dieser Stadt leben sie – vorübergehend. Gekommen in den vergangenen beiden Jahren aus Charkiw, Dnipro, Kyjiw, Odessa, Lviv (Lemberg) und einer kleinen Stadt in der Region Saporischschja, also der Ukraine – aus den traurigen bekannten Gründen nicht in ihrer Heimat.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „XZehn“ im Dschungel Wien

In kleineren Gruppen überlegen sie mögliche Szenarien, weshalb der Frühling nicht kommen will. Oder wie er doch dazu bewegt werden könnte, dies sehr wohl zu tun. Anschließend werden erste Szenen ausprobiert. Weil immer noch nicht Frühling ist, friert Krikus Ptach, ein Vogel (der zweite Name ist übrigens das ukrainische Wort für Vogel!). Und alle wollen helfen – den Vogel wärmen und den Frühling doch zu seinem Erscheinen zu bewegen.

Die 14-jährige Uliana übersetzt einiges von dem, was sich die Kinder ausgedacht haben für Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… – und erzählt, dass „ich schon mit sechs Jahren in der Ukraine begonnen habe in der Schule Theater zu spielen. Aber da haben wir immer nur etwas gespielt, das Lehrerinnen und Lehrer vorgegeben haben. Hier können wir mit Oksana unsere eigenen Geschichten und Szenen erfinden.“

Szenenfoto aus

DramaLab

Oksana Maslova leitet dieses „DramaLab“ im Rahmen von „The Young Drama. Eхploring new meanings Laboratory“. Krieg und Flucht sollten von vornherein nicht das Thema sein – obwohl diese (natürlich) immer mitschwingen bzw. hinein interpretiert werden könn(t)en.

Kürzlich haben einige der Kinder und Jugendlichen dieser Gruppe (9 bis 14 Jahre) und andere damals zu zehnt schon eine Stunde lang auf Bühne 3 im Dschungel Wien das Ergebnis des ersten DramaLabs vor Publikum gezeigt – Titel der Einfachheit halber „XZehn“ (das X steht als römische Ziffer für 10).

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „XZehn“ im Dschungel Wien

Dafür hatten sich Sofia Vdovenko Anna-Mariia Kharkina, Anna Bakai, Uliana Bilono, Yelyzaveta Stoianova, Uliana Buzinska, Artem Zhmudenko, Demyan Ivanov, Artem Polishchuk und Lev Polishchuk magische Wesen ausgedacht. Aus welchem Grund auch immer sind sie zunächst alle in einem Raum eingesperrt, alle mit (Tier-)Masken über den Gesichtern. Warum auch immer. Darüber sinnieren sie beim Aufeinandertreffen – mal freundschaftlicher, mal gegensätzlicher. Irgendwie wollen sie – zumindest die meisten – raus. Doch da sitzt Olga, die Visa-Stellen-Beamtin – streng gespielt von Uliana Buzinska – an der Grenze. Außerdem befindet sich unter ihnen der Robo-Saurier Tritanosaurus (gespielt von Yelyzaveta Stoianova). In dem Fall scheint die Bezeichnung Saurier gar von Säure zu kommen, einer todbringenden, mit der er die Menschheit vernichten will. Das hat sich sein Schöpfer, ein Wissenschafter ausgedacht, aus Rache dafür, dass er selbst an einer unheilbaren Krankheit leidet…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „XZehn“ im Dschungel Wien

König und Niemand

Neben den beiden schon genannten Figuren tummelten sich in der szenischen Lesung noch ein Kätzchen mit Flügelchen (Sofia Vdovenko), ein nachdenklicher Blaufuchs (Artem Zhmudenko), die HühnerwächterIn (Anna-Mariia Kharkina), die Rebellin Raya (Uliana Bilonoh), die Buchliebhaberin und ganz junge Schriftstellerin Anna (Anna Bakai) in den Begegungen der Eingesperrten. Dazu pendelt Marcus (Demyan Ivanov) ständig zwischen realer und magischer Welt. Relativ spät macht sich in kleinen Schritten Schach-König Chester (Lev Polishchuk) aus seiner Ecke auf ins Geschehen. Dafür taucht immer wieder unvermittelt und meist hinter anderen Figuren Artem Polishchuk als Herr Niemand auf – aus dem Nirgendwo ins Nirgendwohin…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „XZehn“ im Dschungel Wien

Theatermagische Brücke zum vorigen Leben

Die schon oben genannte Leiterin und Dramaturgin Oksana Maslova hielt vor der Aufführung eine Rede, in der sie Beweggründe und Rahmenbedingungen dieser Theaterarbeit schilderte: „Ich wollte einen Raum schaffen, in dem wir alle neuen Bedeutungen finden könnten.

Schließlich ist das Erwachsenwerden nicht einfach. Und besonders schwierig ist es, in der Zeit des Krieges erwachsen zu werden, in Bedingungen eines neuen Landes, dessen Sprache und Traditionen man nicht kennt. Man findet sich eines Tages in einem neuen Raum wieder, und das Einzige, was man tun muss, ist weiterzuleben. Unter vorgegebenen Bedingungen. Ohne alte Freunde, bekennte Spielplätze, vertraute Schule und Lieblingsvereine. Alles bei Null anfangen. So, wie man ist. …

Ein Mädchen schrieb, dass das Theater eine Brücke zu diesem vorherigen Leben sei. … Ich kann Kinder in ihr normales Leben nicht mehr zurück bringen, aber ich kann ihnen die Möglichkeit geben, Theatermagie zu erleben. Ja, ich bin vierzig, aber ich glaube an Magie, an die Theatermagie…“

Und diese strahlte die knapp mehr als einstündige Aufführung aus – und das für die zehn Kinder obendrein in einer für sie neuen Sprache.

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Plüschtiere der "Bremer Stadtmusikanten"

Kleine Bescherung nach den „Bremer Stadtmusikanten“

Fünf Roll-Ups bilden die Kulissen der mit Musik – von Walter Lochmann – gewürzten, von Gernot Kranner erzählten bekannten Märchen. Am Weihnachtstag waren „Die Bremer Stadtmusikanten“ am Vor- sowie am Nachmittag dran. Aufbruch der vier jeweils ausrangierten Tiere, um frei zu werden. Denn was Besseres als den Tod wollten sowohl Esel als auch Hund, Katze und Hahn finden.

Immer wieder bezieht der Sänger und Schauspieler Kinder ins Geschehen ein; gemeinsam wird gesungen oder wie hier immer wieder im Chor den Tieren – in Form von Plüsch- und Stoffwesen aus einer Korb-Kiste – ihre Laute als Stimme gegeben.

Herz für Herz

In den Advent-Wochen hatte Kranner bei seinen Auftritten immer ein großes Gurkenglas an den Bühnenrand gestellt und unter dem Motto „Herz für Herz“ um Spenden gebeten. Immer wieder startet er private Hilfsaktionen, brachte im Vorjahr als er ein Auto voller Hilfsgüter an die ukrainische Grenze brachte bei der Rückfahrt eine Familie mit nach Wien. Diese war eine von vier Familien, die in den Genuss des gespendeten Geldes kam, das er nach der Vorstellung gemeinsam mit Kindern von drei dieser vier Familien zählte. Ergebnis: 1.027 Euro und 13 Cent, die rundete Kranner auf 1.040 Euro auf, so dass jede Familie zu 260 Euro kam.

Da ging Kranner selbst das Herz auf, dass in den wenigen Wochen bei den Vorstellungen so viel gespendet worden war. „Das zeigt, dass viele Menschen ganz konkret was Positives tun, anderen helfen wollen!“

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Großgruppenfoto mit Artist:innen, Besucher:innen, Zirkusdirektor und Organisatorin des Spezialbesuchs

Vielsprachige Kinder trafen im Zirkus Artist:innen aus ihrer vertriebenen Heimat

Zwischen dicht an dicht gedrängten Tischen, Kleiderständern, Schachteln und Kisten voller Spielzeug, Gewand, Schuhe und anderer Dinge auf dem fallweise hier in Neu St. Marx stattfindenden Flohmarkt den Weg zum großen Zelt von Circus Louis Knie gebahnt, kamen am ersten Oktobersonntag so ungefähr eine Stunde vor Vorstellungsbeginn Hunderte Kinder, vor allem mit ihren Müttern. 250 von ihnen brauchten keinen Eintritt zu bezahlen, sie waren vom Zirkus eingeladen.

Jüngst-Clown und Katzensprache

Der zehnjährige Ivan übt sich als Nachwuchsclown und bringt mit seinen Grimassen die Umstehenden in der Warteschlange schon viel weiter vorne im eleganten in Rot gehaltenen Eingangszelt vor der Kordel ins große Manegen-Zelt um Lachen. Deutsch ist seine vierte Sprache, die er nun seit etwas mehr als einem Jahr lernt, aufgewachsen mit Ukrainisch und Russisch sowie Englisch, das er schon in Kyiw in der Schule lernte. „Ich kann sogar fünf Sprachen“, meldet sich die neben ihm Wartende Zoriana (6). Neben den eben genannten, „kann ich auch die Sprache meiner Katze Afina. Früher hat sie nur Miau gemacht, aber als ich mit ihr zu sprechen begonnen habe, hat sie auch viele andere Laute von sich gegeben und redet jetzt mit mir sehr viel. Wir verstehen uns gut.“

Sofia und Sascha, beide 11, sind aus einer Flüchtlingsunterkunft in Grünbach am Schneeberg zum Zirkusvormittag nach Wien angereist. Sie haben sich erst dort kennengelernt, denn Erstere ist aus Kyiw, Zweitere aus Dnipro. Sofia, ihre vierjährige Schwester Polina und Mutter Alona „freuen uns am meisten auf Clowns und Tiere. In der Ukraine waren wir schon oft im Zirkus.“

Ruck zuck von der Idee zur Umsetzung

Die Besucher:innen, die in Österreich vor dem Krieg in der Ukraine Zuflucht gefunden hatten, meldeten sich an diesem Vormittag bei einem Tisch beim Eingang von Circus Louis Knie bei einer eleganten Frau mit herzhaftem Lachen, die ihre Namen auf einer Liste suchte. Irina Guda, Business-Lady und Austro-Ukrainierin seit 30 Jahren, hatte in der Community die Kunde von der Einladung verbreitet und den Vormittag organisiert. Den Anstoß gegeben hatte Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…. Als beim Medientermin für das neue Gastspiel in Wien erwähnt wurde, dass etliche der Artist:innen aus der Ukraine stammen, bat KiJuKU, Interviews mit einigen der Künstler:innen führen zu dürfen, die mit ihrem Engagement immerhin dem Krieg entkommen können – Links dazu weiter unten. Und fragte den Manager Alfred Toth, ob es möglich wäre, geflüchtete Kinder und Jugendliche einzuladen, immerhin gibt es – die schon oben genannte Aktivistin, die im Vorjahr eine Donau-Schifffahrt für rund 500 Kinder und Familien organisiert hatte.

Im Zirkus selbst hatte übrigens auch die Organisatorin einen Überraschungs-Auftritt: Auf einem der Pferde drehte sie – mit wehender blau-gelber ukraine-Fahne – zwei Runden in der Manege.

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White Angels aus der Ukraine im Circus Louis Knie

Der Zirkus rettet sie vor dem Krieg

Stanilsav Tkachenko (19), Alina Drygar (21), Artem Kolotukhin ()17), Tymofii Maliuk (17) und Yarik Deynega (17) treten – verstärkt durch jemanden von der Gruppe der Flying Henriquez als „White Angels“ im zweiten Teil des Programms mit dem der Circus Louis Knie derzeit in Wien gastiert, mit akrobatischen Kunststücken auf. Eine durch die ganze Manege reichende luftgepolsterte Matte dient als Anlauf, um mit teils Mehrfach-Salti auf der dicken Matte vor den mittleren Logen des Zirkus zu landen. Die lange Strecke nutzen die Artist:innen immer wieder aber auch schon da als Sprung„brett“ für Salti, Handstand-Überschläge und atemberaubende Sprünge – einer führt sogar durch einen brennenden Reifen.

KiJuKU: Sie sind alle sehr jung – zwischen 17 und 21 Jahre – seit wann sind Sie eine Zirkus-, eine Artist:innen-Gruppe?
White Angels (manchmal antwortet eine/r, dann wieder mehrere in einander ergänzenden Sätzen):  Vor dem Krieg in unserer Heimat Ukraine hatten wir ein anderes Leben. Wir kommen nicht aus dem Zirkus, sondern aus dem Sport, wo wir in Wettbewerben angetreten sind, die meisten von uns in Akrobatik, manche auch in Gymnastik.

Als der Krieg im Februar 2022 begonnen hat, wussten wir, wir müssen weg. Einer aus unserer Gruppe hatte einen Coach, der einen Vertrag für ihn hatte – in Österreich. Und er fragte uns alle, ob wir mitkommen wollen. Er sagte sogar: „Wowh, wir fliegen sogar auf einen anderen Kontinent, sehen Kängurus… – weil er Austria mit Australia verwechselt hatte – worauf bei dieser Erzählung auch jetzt noch alle herzhaft lachen oder wenigstens schmunzeln.

White Angels aus der Ukraine im Circus Louis Knie
White Angels aus der Ukraine im Circus Louis Knie

Wir konnten „nur“ springen

KiJuKU: Waren Sie dann enttäuscht, dass Sie nur in Österreich gelandet sind?
White Angels:  Zuerst schon, aber als ich den Vertrag hatte, hab ich sofort zu trainieren begonnen, nach und nach sind dann alle von unserer jetzigen Gruppe zusammengekommen.

KiJuKU:  Und dann haben Sie diese Zirkusnummer erarbeitet? Sportliche Akrobatik für Wettbewerbe ist ja sicher etwas doch anderes als eine Show zu erarbeiten?
White Angels: Als wir zum Zirkus gekommen sind, konnten wir „nur“ springen – Lachen aller fünf folgt. Aber mit Hilfe eines Choreografen der Flying Henriquez haben wir aus unseren sportlichen Fähigkeiten eine Zirkusnummer erarbeiten können.

KiJuKU: War das schwierig, vom „nur“ Springen zu einem Show-Act zu kommen?
White Angels: Nicht schwer, aber es ist eine Erfahrung. Beim ersten Mal war’s schon sehr ungewohnt. Aber jetzt passt’s für alle Beteiligten.

KiJuKU: War die Zusammenarbeit von Ihnen fünf mit einem sechsten einer anderen Gruppe, von den Henriquez aus Chile schwierig?
White Angels: Nein, wir lieben es, im Team zu arbeiten, auch wenn wir vorher in sportlichen Wettbewerben eher auf Konkurrenz gepolt waren.

Umstieg

KiJuKU: War der Umstieg von Wettbewerb mit sicher weniger Publikum in die große Manege mit Hunderten Zuschauer:innen einfacher, weil Sie für so viele Menschen ihre Kunst zeigen oder sorgt es für mehr Aufregung?
White Angels:  Zuerst war’s schwieriger, aber da wir jeden Tag Praxiserfahrung erleben wird’s immer leichter.

Aber einerseits bringt’s ein „Wowh, so viele schauen uns zu“: Andererseits ist’s auch ein bisschen beängstigend. Aber wenn du anläufst und springst, denkst du nur an die Nummer, nicht an das Publikum.

KiJuKU: Sind Sie alle aus derselben ukrainischen Stadt?
White Angels: Nein, Kriwoj Rog  (südlich), Dnipropetrowsk (östlich), Cherson (südöstlich) und Kyjiw.

Ständig Angst um die Lieben

KiJuKU: Sie haben vermutlich alle Verwandte und Freund:innen in Ihren Heimatstädten. Sind Sie ständig mit diesen in Kontakt, um zu schauen und hören, wie es diesen geht? Und wie ist es, selber sicher zu sein und die sind in Gefahr.
White Angels: Wir telefonieren und schreiben sehr oft. Insbesondere, wenn wir in den Nachrichten sehen, dass diese oder jene Stadt gerade angegriffen wird.

KiJuKU: Überlagern diese ständigen Sorgen auch jedes Training, den ganzen Alltag?
White Angels: Es ist sehr schwer, aber bei unseren akrobatischen Übungen müssen wir das auch ausblenden. Aber wenn du aus der Manege gehst, auch wenn’s nur Backstage ist, du denkst ständig an Eltern, Geschwister und Freund:innen, die im Krieg leben müssen.
Krieg ist immer heftig! Aber deswegen können wir auch gar nicht in unsere Heimat, insbesondere die Jungs. Die 17-Jährigen werden bald 18, dann müssten sie zur Armee.

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BMX-Rider aus der Ukraine: Petro Kulishevych und Dmytro "Dima" Bilokon

Mit dem Vater Straßen-Fahrräder umgebaut

Petro Kulishevych ist einer der beiden BMX-Rider, die derzeit in Wien in Neu-Marx im großen Zelt vom Circus Knie für Nervenkitzel sorgen. Im Duo mit seinem Kollegen auf zwei Rädern, Dmytro „Dima“ Bilokon fahren und vor allem springen sie über Rampen, auf Podeste – und übereinander. Während Dima eher der rasantere ist, springt Petro oft nur auf dem Hinterrade von einem Podest zum anderen. Am wildesten wirken allerdings die kleineren Sprünge, wenn der jeweils andere Kollege in der Mitte der Rampe auf dem Boden liegt und entweder er oder Dima mit dem Rad über den anderen springen. Hin, her und wieder zurück, auch kreuz und quer. Jeweils – in diesen Fällen natürlich bewusst – knapp daneben.

Petr von den BMX-Riders in Aktion
Petro Kulishevych von den BMX-Ridern in Aktion

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… durfte Petro Kulishevych – so wie die Gruppe der akrobatischen „White Angels“ vor einer Nachmittagsaufführung am Eröffnungswochenende hinterm großen Zirkuszelt interviewen.

KiJuKU: Sind Sie schon als kleines Kind trickreich Rad gefahren?
Petro Kulishevych: Gar nicht, ich hab erst mit 15 angefangen, in dieser Art von Radfahren begonnen. Da hab ich zuerst anderen bei ihren Trick auf der Straße zugeschaut. Da war ich richtig angefixt, ich hab das geliebt, das war so amazing (was ja weit mehr ausdrückt als das deutschsprachige toll). Ich hab mich in diese Art von Radfahren richtig verliebt. Ich hab dann geschaut wie ich zu so einem Rad kommen könnte.

Mein Vater und ich haben in unserer Werkstatt dann solche Räder aus anderen, alten einfachen Fahrrädern selber gebaut, wir haben da und dort geschnitten und anders, neu zusammengeschweißt.

KiJuKU-Interview mit BMX-Fahrer Petro Kulishevych hinterm großen Zirkuszelt
KiJuKU-Interview mit BMX-Fahrer Petro Kulishevych hinterm großen Zirkuszelt

Erst keine Tricks, nur just for Fun

KiJuKU: Und dann haben Sie selber Tricks ausprobiert oder bei anderen gelernt oder abgeschaut?
Petro Kulishevych: Zuerst hab ich gar nicht an Tricks gedacht, ich wollte nur zum Spaß mit so einem Rad auf der Straße fahren, in die und nach der Schule. Ein Jahr später als ich mit der Schule fertig war, hat mein Vater gesagt: Du hast jetzt ein Jahr frei, du musst noch nicht arbeiten oder eine weitere Ausbildung machen du hast Zeit, deinen eigenen Weg zu finden. Da bin ich fast nur Rad gefahren.

KiJUKU: War das dann das Jahr, als Sie mit Tricks begonnen haben?
Petro Kulishevych: Als erstes nicht, da hab ich zuerst viel geübt und gelernt, Balance zu halten, zu springen, auch nur auf dem Hinterrad. Erst so nach eineinhalb Jahren beginnst du mit Tricks, mit Sprüngen über Hindernisse oder von einem Punkt zum anderen. Erst nach sechs Jahren bekam ich dann meinen ersten Vertrag als BMX-Rider in der Türkei.

KiJuKU: Wo in der Türkei und in einem Zirkus?
Petro Kulishevych: Nein, in vielen Städten und Orten in der Gegend von Antalya, in Hotels für Tourist:innen, die Shows für ihre Gäste anbieten, hatte ich tägliche Auftritte. Da war ich 20 und 21 Jahre. Damals hat in der Ukraine das Problem mit Russland begonnen, als sie die Halbinsel Krim überfallen und erobert haben. Damit haben auch wirtschaftliche Probleme in der Ukraine begonnen oder zugenommen, es wurde immer schwieriger Arbeit für gutes Geld zu bekommen. Deshalb hab ich dieses Job-Angebot aus der Türkei angenommen. Vier Jahre lang hab ich jeweils das halbe Jahr, also die Tourismus-Saison, dort gearbeitet und bin dann jeweils nach Hause in die Ukraine gefahren. Das war von 2015 bis 2018.

BMX-Rider Petr springt mit seinem Rad knapp über seinen Kollegen Dima hin und her
BMX-Rider Petro Kulishevy springt mit seinem Rad knapp über seinen Kollegen Dmytro „Dima“ Bilokon hin und her

Nach Tourismus-Auftritten kam der Zirkus

KiJuKU: Und dann?
Petro Kulishevych: Dann hat mich ein Freund in der Ukraine gefragt, ob ich nicht bei ihm im Zirkus meine Kunststücke zeigen will. Dann kam Corona, und als der Krieg Russlands in unserem ganzen Land begann, ist er nach Europa gegangen und hat mich gefragt, ob ich mitkommen will. Das erste Engagement hatten wir dann in Norwegen.

KiJuKU: Mit dem Zirkus sind Sie dann durch einige Länder getourt?
Petro Kulishevych: Ja, nach Norwegen war ich in Israel, Dubai, Deutschland und jetzt in Österreich.

KiJuKU: Sie sind aus welcher ukrainischen Stadt?
Petro Kulishevych: Aus Luzk, ziemlich weit im Westen, 150 Kilometer nördlich von Lwiw.

KiJuKU: Sie haben sicher Verwandte in Ihrer Heimat, wie geht es denen, es muss sicher schwer sein, ständig um Verwandte Angst haben zu müssen und sie selber nicht wirklich treffen zu können?
Petro Kulishevych: Ja, es ist schon sehr schwer, aber hin und wieder kann ich sie schon treffen. Da ich ja einen fixen Vertrag hab, darf ich sie auch besuchen, ohne zur Armee einrücken zu müssen.

Flucht mit Frau und Baby zu Kriegsbeginn

KiJuKU: Aber selbst im Westen des Landes wird ja manchmal bombardiert, leben Sie da in ständiger Angst um ihre Angehörigen?
Petro Kulishevych: Ja, noch dazu, wo einige aus meiner Familie – Tanten und Onkel sogar im Osten der Ukraine leben, wobei die meisten konnten flüchten und leben nun in Polen und Deutschland. Aber auch in meiner Heimatstadt wurde bombardiert. Rund um Kriegsbeginn war ich zu Hause, unser Baby war gerade fünf Monate und wurde durch den Lärm der Kampfbomber wach und hat nicht und nicht aufgehört zu schreien. Ich hab versucht es zu beruhigen, während meine Frau Essen für unser Baby zubereitet hat. Und dann bin ich sofort zur Tankstelle, hab Benzin in Kanistern gekauft, wir haben uns zusammengepackt und sind Richtung Grenze gefahren – was Tausende andere auch gemacht haben. Kolonnen von Autos, Chaos. Das war nervenzerfetzend, aber nach zwölf Stunden haben wir’s geschafft, wir waren in Polen.

Aber lass uns lieber wieder übers Radfahren reden.

Bin nicht genial

KiJuKU: Sie haben im Laufe der Jahre spezielle Tricks entwickelt?
Petro Kulishevych: Nein, ich hab einfach viele Videos von den besten BMX-Riders geschaut und mir da Inspirationen geholt. Ich bin nicht genial oder unique. Ich bin auf einem guten Level, nahe an der Weltspitze im BMX-Hoch- und Weitsprung, aber ich mach alles jedenfalls sicher, ich mag keine verrückten, gefährlichen Sachen machen.

KiJuKU: Naja, für mich wirkt es schon gefährlich, über jemanden anderen mit dem Rad zu springen oder eben umgekehrt auf dem Boden zu liegen, wenn der Kollege mit dem Rad über einen springt.
Petro Kulishevych: Wenn du 15 Jahre insgesamt und gut acht Jahre Erfahrungen in Shows hast, ist das nicht so schwierig. Außerdem bin ich jetzt in bester Kondition, bevor wir hier angefangen haben, hatte ich zehn Tage zum Ausspannen, relaxen, das ist auch wichtig.

KiJuKU: Wie war das Jahre vorher, wenn Sie zum ersten Mal über einen anderen Menschen mit dem Rad gesprungen sind?
Petro Kulishevych: Ich kann mich nicht mehr erinnern, aber ich denke es war ein bisschen beängstigend. Aber was ich weiß: Das Wichtigste für die Person, die auf dem Boden liegt, ist, nicht verängstigt zu sein. Denn sonst kann es passieren, dass jemand mit einem Arm oder Bein ein wenig wegzuckt und das ist gefährlich, dann kannst du mit dem Rad beim Sprung jemanden treffen und das tut schon weh. Du als Rider musst die Gewissheit haben, dass sich die Person, über die du springst, nicht wegbewegt. Dieser Sport ist so sicher. Wenn du an dich und dein Rad glaubst und diese immer auch checkst, dass alles in Ordnung ist, fährst und springst du sicher. Ich bin ja auch nicht so schnell unterwegs. Damit hab ich auch immer sogar mehr Kontrolle als mein Kollege Dima, der ist schneller und mit mehr Energie unterwegs.

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Spendenübergabe an ukrainische Kinder und Familien

Nach der Aufführung: Spenden für ukrainische Familien

Kurz vor Ostern gab’s im Veranstaltungslokal Vindobona in Wien-Brigittenau ein kleines, feines „Nach-Spiel“ zu einer Familienvorstellung., Nachdem Gernot Kranner eines seiner „fliegenden“ Stücke – mit Kulissen aus Roll-Ups, die leicht auf- und abbaubar sind – spielte, in dem Fall „Pinocchio“, übergab er Spenden an ukrainische Kinder und Familien.

Eine ganze Schule hatte sich seiner privaten Hilfsaktion angeschlossen – die Kinder der Volksschule Lortzinggasse (1140 Wien) hatten eifrig Geld gesammelt. Der Sänger, Schauspieler und Regisseur selbst war vor einem Jahr an die Grenze zur Ukraine gefahren, hatte Lebensmittel hingebracht – und eine vor dem Krieg geflüchtete Frau mit ihren Kindern nach Wien mitgenommen, die er nach wie vor unterstützt.

Das hat angesteckt, „andere halfen/helfen mir beim Unterstützen“ wie er es formuliert. Daraus wurden die Spendenübergabe – drei Kuverts mit je 500 € für drei Familien – nach der Geschichte vom lebendig gewordenen Holzklotz.

Wer noch mithelfen mag: weitere Infos über office@gernotkranner.at

Spendenübergabe an ukrainische Kinder und Familien, hier die von Kranner nach Wien geholte Familie: Polina, Ksenia und ihre Mama
Spendenübergabe an ukrainische Kinder und Familien, hier die von Kranner nach Wien geholte Familie: Polina, Ksenia und ihre Mama
Fahnen von Völkern, die unter russischer Herrschaft leiden/litten

Von Tschetschenien bis zur Ukraine: Schwarzer Februar

Beim Stiegenaufgang zum Veranstaltungssaal in der Volkshochschule und dem Haus der Begegnung in der Per-Albin-Hansson-Siedlung in Wien-Favoriten hängen eine ukrainische und eine tschetschenische Flagge. Der 23. Februar ist nicht nur der Vorabend des jüngsten nun ein Jahr dauernden Krieges der von Wladimir Putin entsandten russischen Armee in der Ukraine. Es handelt sich auch um den Jahrestag der großen Verschleppung (Deportation) von Tschetschenen und Inguschen.

Chaibach

Rund eine halbe Million Menschen wurden 1944 ab diesem Tag aus den beiden nordkaukasischen Autonomiegebieten innerhalb der Sowjetunion nach Kasachstan in Viehwaggons abtransportiert. Mehr als 12.000 Menschen starben schon auf dem Transport, viele weitere in den ersten vier Jahren. Über die besonders grausame Ermordung von rund 700 Menschen im Dorf Chaibach, die in einer Scheune zusammengetrieben und diese in Brand gesteckt wurde, gibt es einen Film. Ein kleiner Bub konnte versteckt außerhalb der Scheune überleben.

Musa Itaev

Ausschnitte aus einem Spielfilm, der dieses Massaker nachstellte, wurden bei der Veranstaltung zum Jahrestag der Deportation ebenso gezeigt, wie ein Interview mit Musa Itaev, einem Überlebenden der Vertreibung (die erst ab 1957 unter Nikita Chruschtschow beendet wurde) in Frankreich. Jugendliche aus der tschetschenischen Community äußerten auf der Bühne ihre emotionalen Gedanken zum Schicksal ihres Volkes, ältere Zeitzeugen stellten immer wieder die Gemeinsamkeit der imperialen Ansprüche der Führungen in Moskau und der Unterdrückung von Völkern in der Nachbarschaft her. Nicht zuletzt zum Krieg in der Ukraine. Tschetschenien hatte in der jüngeren Vergangenheit auch zwei Besatzungskriege durch die Russische Föderation erlebt (1994 und 1999), 2008 erlitt Georgien ein ähnliches Schicksal, 2014 die Krim – und dort waren insbesondere Angehörige der tatarischen Minderheit Opfer der russischen Okkupation. Und nun seit dem Vorjahr weite Teile der Ukraine.

Kunst und Kultur aus der Ukraine

Die stand sogar eher im Zentrum dieser Veranstaltung. Zahlreiche Künstler:innen boten ein mehrstündiges Kulturprogramm auf der großen Bühne des Saals. Der Bogen reichte von Kindertanzgruppen über jugendliche Ballett-Tänzerinen, ein musikalisches Zwillingsduo bis zum „Freedom-Quartett“ von vier klassischen Streicherinnen, einer Pop- und Opernsängerin, die auch Saxofon spielte und einem jungen Pianisten, der sowohl Sängerinnen als auch eine Geigerin begleitete. Die ukrainische Community – nicht nur Geflüchtete der vergangenen Monate – war auch mit zahlreichen Kunsthandwerksständen präsent. So bot der 13-jährige Sviatoslav, der vor neun Monaten aus Ternopil geflüchtet war, vor allem Stoff-Figuren, die meisten mit verschiedenem Getreide aber auch anderen körnigen Lebensmitteln gefüllt sind, an. „Die wurden in einer Manufaktur in meiner Heimatstadt händisch hergestellt. Manche riechen auch – nach Kakao oder Vanille zum Beispiel.“

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Juri aus Odessa

Zwischen den Kunsthandwerksständen, dem Veranstaltungssaal und den Essens-Stationen – von deftigem Fleischspeisen bis zu Süßigkeiten aus der tschetschenischen Community zubereitet und mitgebracht – wuselte ein älterer Mann herum. „Ich bin Juri aus Odessa und schien einige Jahre in Wien. Ich liebe „Ein echter Wiener geht nicht unter. Leider ist der Mundl-Schauspieler Karl Merkatz ja vor ein paar Monaten gestorben. Und ich liebe es, hier unter den Tschetschenen zu sein und mit ihnen von ihren Speisen zu essen.“

Juri, der Wiener aus Odessa
Juri, der Wiener aus Odessa

So gesellte er sich auch auf die diversen Gruppenfotos mit Fahnen von Völkern, die ähnliche Schicksale erlitten haben/erleiden – neben ukrainischen und tschetschenischen auch jene von Georgien oder der Krimtataren.

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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Als der Krieg nach Rondo kam"

Die Dunkelheit mit Licht besiegen

Ein kleines, von innen heraus leuchtendes weißes Figürchen namens Danko, das vielleicht aus Glas sein könnte, ein pinkfarbener Hund, der wirkt als wäre er aus einer langen Luftballonschlange geformt worden (Fabian) und das aus bemaltem Papier gefaltete Vögelchen Sirka sind die Hauptfiguren in dem Bilderbuch „Als der Krieg nach Rondo kam“.

Ihre Heimat ist – wie der Name nahelegt – kreis- oder auch kugelrund und bunt. Viele Pflanzen, sogar solche, die in einem Gewächshaus fröhlich singen, kennzeichnen die Landschaft dieser Stadt. Sirka, das Vögelchen, zieht es in die weite Welt hinaus und bringt für seine Freund:innen viele Geschichten mit.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Als der Krieg nach Rondo kam“

Verletzlich

Die jüngsten Erzählungen Sirkas sind – niederschmetternd. Die nächste Doppelseite grau bis schwarz, düster, Panzer rollen und eine furchterregende Schrift: „Der Krieg kommt in die Stadt“. Obwohl klein, zart und zerbrechlich versuchte das Trio sich dem Ungeheuer entgegenzustellen, mit ihm zu reden, doch „ein Stein traf Danko in der Brust, genau da, wo sein Herz war, und sein Körper überzog sich mit Rissen. Feuerfunken flogen gegen Sirka, und die Ränder ihrer Papierflügel verbrannten. Direkt vor Fabian wuchs eine schwarze Blume und durchbohrte seinen Fuß. Der Krieg verschonte niemanden“.

Mit Waffen nicht zu stoppen

Nun versuchten die drei Freund:innen mit gleicher Münze heimzuzahlen, mit Steinen und Nägeln auf den Krieg zu schießen… Das beeindruckte diesen genau gar nicht. Da hatte Danko eine Idee: Er ging zum Gewächshaus, strahlte die letzten noch nicht verwelkten Blumen mit der Lampe seines Fahrrades an. Die Pflanzen reckten und streckten sich, wuchsen schnell und als Danko kräftig in die Pedale trat, um das Licht ja nicht ausgehen zu lassen immer höher und stärker. Und als ein Lichtstrahl auf den Krieg fiel, erstarrte der kurz.

„Plötzlich ging Danko ein Licht auf: Der Krieg bekam Angst, weil er und die Blumen trotz allem gesungen hatten, weil selbst der kleinste Lichtstrahl die Dunkelheit vertreiben konnte…“

Die beiden Künstler:innen Andrij LessiwRomana und Romanyschyn, die das Bilderbuch
Die beiden Künstler:innen Andrij LessiwRomana und Romanyschyn, die das Bilderbuch „Als der Krieg nach Rondo kam“ gestaltet haben

Kein Buch über den Krieg in der Ukraine

„Als der Krieg nach Rondo kam von Romana Romanyschyn und Andrij Lessiw ist bereits 2015 in der Ukraine erschienen. Obwohl als Reaktion auf den ein Jahr zuvor begonnen Krieg Russlands – Krim und Ostukraine – „handelt es nicht vom Krieg in der Ukraine“, sagen die beiden Künstler:innen in einem Interview, das auszugsweise übersetzt vom Gerstenberg Verlag veröffentlicht wurde. „Es geht um Krieg als Volkskrankheit der Welt. Es sagt Kindern, wie wichtig es ist, keine Angst zu haben, stark zu bleiben, mit Freunden und deinem eigenen Volk zusammenzubleiben und die Hoffnung zu bewahren.“

Bewussten haben sie die drei Hauptfiguren – so weiter in dem Interview – „aus empfindlichen Materialien gefertigt. Es ist leicht, sie zu verletzten – ihre Welt zu zerstören“.

Arabischer Spruch, der besagt, dass Wissen Licht bedeutet und Unwissenheit zu Finsternis führt
Dieser arabische Spruch – annäherend im lateinischen Alphabet transkribiert: El Elmu Nur Wel Shechlu Zalam besagt: Wissen ist Licht, Unsissenheit/Ignoranz beudetet Finsternis.

Hell und dunkel

Darin erläutern sie auch ihr Farbkonzept: „Es beginnt mit hellen Farben, mit viel Licht, zeigt das friedliche Leben der Stadt… Dann ändert es sich unerwartet; die Farben werden dunkler; das Licht ist ausgeschaltet. Wir haben sogar weißen Text diagonal auf dunklen Hintergründen platziert, um das Lesen unbequem zu machen, so wie der Krieg unser Leben unbequem macht.

Und am Ende des Buches, wenn der Krieg vorbei ist, kehrt das Licht zurück. Hell und dunkel sind hier die Hauptsymbole; die Dunkelheit des Krieges wird durch das Licht besiegt, das von der Bevölkerung von Rondo erzeugt wird. Das Licht ist ein Symbol für Bildung, Kultur und gute Ideen.“

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Als der Krieg nach Rondo kam“
Margaryta in ihrer Schule in Borodianka

Generator brachte nach elf Monaten Strom für Kindergarten und Schule

24. Januar 2023, Borodianka, Ukraine. Die 7-jährige Margaryta und ihre Mitschüler:innen haben endlich wieder Strom. Unicef hat einen Generator geliefert. Neben sauberem (Trink-)Wasser, Lebensmittel und unmittelbar lebensnotweniger Hilfe unterstützt das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen auch bei der Instandsetzung von Schulen, Kindergärten und Gesundheitseinrichtungen.

Ein Monat später, also heute, jährt sich der Einmarsch russischer Truppen ins ganze Nachbarland (Teile wie die Krim oder im Osten des Landes sind schon seit 2014 besetzt). Sirenen, Alarm, ab in den Keller, um Schutz vor Bombenangriffe aus der Luft zu suchen und finden, sind leider fast schon Routine.

Mediengespräch von UNICEF und HEMAYAT anlässlich des aktuellen Krieges in der Ukraine mit Nora Ramirez Castillo  und Christoph Jünger
Mediengespräch von UNICEF und HEMAYAT anlässlich des aktuellen Krieges in der Ukraine mit Nora Ramirez Castillo  und Christoph Jünger

Ständiger Beschuss

„Ich weiß noch, wie ich mich für die Schule fertig machte, als der Krieg begann“, erzählt Margaryta UNICEF-Helfer:innen. „Ich habe meine Mutter gefragt, was das bedeutet, und sie hat gesagt, dass Krieg ständigen Beschuss bedeutet.“

Inmitten von Stromausfällen und eisigen Wintertemperaturen verändern neue Generatoren das Leben der Kinder und Erzieher:innen. Ohne eine stabile Stromversorgung könnte der Heizungsraum des Kindergartens nicht betrieben werden.

Neben der Grundversorgung mit Kleidung, Stiefeln und Decken bietet das Programm auch Bargeld für Familien in schwierigen Situationen. Schulen und Kinderkrankenhäuser haben im Rahmen der Initiative auch Generatoren und Heizgeräte erhalten.

Zugeschaltet via Online-Video auch James Elder, der Mediensprecher von UNICEF-International
Zugeschaltet via Online-Video auch James Elder, der Mediensprecher von UNICEF-International

Fast 500 getötete und an die 1000 verletzte Kinder

Geschichten wie die von Margaryta und ihren Mitschüler:innen zeigen, wie selbst im Krieg geholfen werden kann. Auch wenn es davon viele – nicht nur durch die Hilfe von UNICEF – viele gibt, ist allen Helfer:innen klar: Es sind viel zu wenige. Und vielen Kindern kann (nicht mehr) geholfen werden. Den jüngsten Opferbilanzen zufolge sind 487 Kinder in diesem Krieg getötet worden, 954 Kinder wurden verletzt, mehr als vier Millionen Kinder brauchen in der Ukraine dringende humanitäre Hilfe, eineinhalb Millionen Kinder und Jugendliche sind durch den Krieg traumatisiert, zwei von drei Schüler:innen – in und als geflüchtete in und außerhalb der Ukraine – sind derzeit nicht im jeweiligen Bildungssystem.

Psychische Folgen

Diese und weitere heftige Fakten nannten rund um den Jahrestag des Einmarsches der russischen Armee in die Ukraine der Österreich-Geschäftsführer von UNICEF, Christoph Jünger, der – via Online-Video aus Lwiw (Westukraine) zugeschaltete internationale Mediensprecher James Elder. Die vor allem psychischen Auswirkungen schilderte Psychologin und Psychotherapeutin Dr. Nora Ramirez Castillo vom Verein Hemayat. Unter anderem, dass Kinder, Jugendliche und ihre Mütter, die Zuflucht in Österreich gefunden haben, anfangs eher gerechnet/gehofft hatte, rasch wieder in die Heimat zurückkehren zu können und erst nach und nach sich damit abzufinden beginnen, hier zumindest vorläufig ein neues Leben aufbauen zu müssen. 40 Anmeldungen zu Traumtherapien von Menschen, die aus der Ukraine Zuflucht in Österreich gefunden haben, seien nun bei Hemayat eingelangt, so Ramirez Castillo.

Außerdem könne und würde der aktuelle – und medial sehr präsente – Krieg, andere, die vor ein paar Jahren aus Kriegsgebieten flüchten mussten (Syrien beispielsweise), erneut re-traumatisieren.

Zugeschaltet via Online-Video auch Mustapha Ben Messaoud, UNICEF-Notfall-Koordinator in der Ukraine
Zugeschaltet via Online-Video auch Mustapha Ben Messaoud, UNICEF-Notfall-Koordinator in der Ukraine

16 Millionen haben kein sauberes Wasser

Was und wie vor Ort, in der Ukraine selbst, geholfen werden muss und kann berichtete ansatzweise auch der ebenfalls online zum Mediengespräch zugeschaltete UNICEF-Notfall-Koordinator für und in der Ukraine, Mustapha Ben Messaoud. Allein 16 Millionen Menschen (vor dem Krieg hatte das Land etwas mehr als 40 Millionen Einwohner:innen, acht davon sind ins Ausland geflüchtet) haben akut keinen Zugang zu sauberem (Trink-)Wasser und Hygiene-Einrichtungen. 2.400 Schulen sind zerstört oder beschädigt, Gleiches gilt für 1000 Gesundheitseinrichtungen. Unicef konnte für die Hilfe vor Ort das Team der Mitarbeiter:innen von 60 auf 250 – praktisch alles lokale Kräfte – ausbauen. Und doch ist alles immer zu wenig, bedauern alle Beteiligten und fordern deswegen vor allem:

Was die Kinder nun dringend brauchen, ist Frieden! Aber auch im Krie
* einen prinzipiellen und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe
* ein Ende der Angriffe auf Kinder und die Infrastruktur, auf die sie angewiesen sind, einschließlich Schulen, Krankenhäuser und kritische Wasser- und Lebensmittelinfrastruktur
* die Beendigung des Einsatzes von Explosivwaffen in bewohnten Gebieten, die direkt für die Tötung und Verstümmelung von Hunderten Kindern verantwortlich sind
* vorrangige Behandlung psychischer Gesundheit und psychosozialer Bedürfnisse

Pola im
Pola im „Blue Dot“-Zentrum an der polnischen Grenze

Drei Jahre jung – ein Jahr – zwei Mal Flucht

Die dreijährige Pola musste innerhalb eines Jahres sogar zwei Mal fliehen. Nachdem ihre Heimatstadt Sumy heftigen Angriffen ausgesetzt war, flüchtete die Familie nach Kyiv (Kiew). Kinder wie Pola müssen jedoch auch dort mit einer harten Realität und häufigen Stromausfällen kämpfen. Als Polas Mutter krank wurde und sich nicht ausreichend um ihre Tochter kümmern konnte, beschloss die Familie, das Land zu verlassen. Erleichtert erreichten sie die polnische Grenze, wo Pola und ihre Mutter Ina sich in einem sogenannten Blue Dot Zentrum, einer UNICEF-Anlaufstelle, erholen konnten. 

„Endlich sind wir in einem sicheren Raum, in dem wir keine Angst haben müssen, in dem mein Kind sich nicht im Flur verstecken muss, um die Raketen nicht zu sehen, die über unser Haus fliegen“, zitiert die Hilfsorganisation Mutter Ina, während sie ihre Tochter beim Spielen mit einem Mitarbeiter beobachtet.

Blue Dot Zentren

Jeden Tag kommen vier Züge aus verschiedenen Teilen der Ukraine in Przemysl, Polen, an. Das Blue-Dot-Zentrum bietet einen sicheren und einladenden Raum für Menschen, die ihre Heimat in der Ukraine und alles Vertraute zurücklassen mussten und sich in einer neuen und unbekannten Situation wiederfinden. Die Mitarbeiter:innen in den Zentren sprechen Polnisch, Ukrainisch, Russisch und Englisch, um sicherzustellen, dass sie sich leicht verständigen können und in der Lage sind, denjenigen, die ihre Unterstützung brauchen, alle notwendigen Informationen zu geben.

In Polen haben die Blue-Dot-Zentren seit April bis Ende 2022 mehr als 400.000 Erwachsenen und Kindern geholfen. In Zusammenarbeit mit UNHCR (der Flüchtlingsorganisation der UNO) wurden und werden weitere Blue Dots, wie der im Bahnhof von Przemysl, eingerichtet, um zu helfen und sofort zu reagieren.

Mytkyta, der in Polen Zuflucht fand
Mytkyta fand im polnischen Krakau Zuflucht

Fußball in Krakau

Mytkyta ist fünf Jahre alt als der Krieg in der Ukraine ausbricht. Eine Woche nach Kriegsbeginn verlassen er, seine Mutter und sein kleiner Bruder die die Hauptstadt. Die Sicherheit und Schutz ihrer Kinder steht für Kateryna an erster Stelle. Mit wenigen Habseligkeiten flieht die junge Familie nach Polen.

In Krakau finden sie Zuflucht und Unterstützung von UNICEF. Ein Neuanfang. Weit weg von den Bomben, der Zerstörung und dem Krieg in ihrer Heimat. 

Der kleine Mytkyta tritt einem Fußballverein bei, der von Oleksandr, einem ukrainischen Flüchtling, gegründet wurde. „Ich möchte den Kindern aus der Ukraine dabei helfen, einfach Freunde zu finden. Fußball als Teamsport ist eine gute Möglichkeit“, erklärt der Trainer.

UNICEF sorgt für eine medizinische Versorgung der flüchtigen Kinder aus der Ukraine. In einem Gesundheitszentrum werden Mytkyta und sein kleiner Bruder mit den notwendigen Impfungen versorgt, um Krankheiten vorzubeugen.

Mit Hilfe von UNICEF kann er, nunmehr sechs Jahre, eine der drei neuen Schulen in Polen besuchen, die von einer Stiftung „Unbreakable Ukraine“ eingerichtet wurde. Unterrichtet wird auf Ukrainisch. Bildung ist der Schlüssel, um den Kindern aus der Ukraine eine normale Zukunft zu ermöglichen.

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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Das Band der Hoffnung"

Bilderbuch mit regenbogenbunten Bändern der Hoffnung

Ein farbenfrohes, dünnes Band durchzieht dieses Bilderbuch – in Bild(ern) und schon im Titel: „Das Band der Hoffnung“. Auch wenn die Geschichte tieftraurig ist. Die fünfjährige Mila, die bis dahin glücklich mit ihren Eltern Natascha und Aleks in einem kleinen Haus im Grünen lebte – mit Schaukel an einem starken Ast der Bäume im Garten -, muss ihre Heimat verlassen. Der blau-gelbe Hintergrund auf der Titelseite deutet es schon an: Ihre Heimat ist/war die Ukraine. Das besagte Haus steht/stand (?) am Rande der Hauptstadt Kyiv (Kiew).

Während Mila mit ihrer Puppe Ana spielte, ertönten vor fast einem Jahr – am 24. Februar 2022 – die ersten Nachrichten vom begonnenen Überfall der russischen Armee auf die Ukraine. Folge: Mila und ihre Mutter sollten in den Westen in Sicherheit flüchten, der Vater musste zur eigenen Armee, um das Heimatland zu verteidigen.

Das hier herzförmig geknüpfte
Das hier herzförmig geknüpfte „Band der Hoffnung“

Viel durfte, konnte die Fünfjährige nicht mitnehmen. Was sollte sie einpacken? Neben Puppe Ana und ein paar anderen Dingen für ihr Köfferchen fiel Milas Blick auf ein regenbogenbuntes Armband. Zwei davon hatten ihr die Eltern in einem Urlaub gekauft. Eines davon trug sie immer, das zweite nahm sie nun vom Regal – und band es ihrem Papa beim Abschied auf dem Bahnhof um dessen Hand – mit der Hoffnung, ihn bald – und lebendig wieder zu sehen.

So ähnlich ist es einem echten Kind ergangen und es hat die Geschichte der Pädagogin erzählt. Die hat es weiter erzählt. Und eine Kollegin, Martina Jaritz, hat sie ein wenig verfremdet und daraus den Text für dieses Bilderbuch geschrieben, für das Darline Waschat großformatige Bilder gezeichnet hat.

Sie selbst und ihre Familie haben sich bei einem Italienurlaub solche Bänder gekauft und tragen sie als Zeichen ihrer Zusammengehörigkeit. Außerdem kaufte die Autorin viele solcher Bänder, die sie jedem Buch beilegt. Vom Verkaufserlös gehen, so versichert Jaritz, an eine große Hilfsorganisation um wieder anderen Kindern, die ihre Heimat verlassen müssen, zu helfen. Außerdem bittet die „Erfinderin“ von „Das Band der Hoffnung“ – vor allem – Kinder, die Geschichte weiter zu schreiben. Denn noch ist der Krieg in der Ukraine, der jetzt fast schon ein Jahr dauert nicht zu Ende, ja ein solches noch nicht abzusehen.

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