„Reingelegt, April, April!“ Scherze am ersten Tag des vierten Monats haben eine lange Tradition, obwohl es keine gesicherte Erklärung gibt, was es mit Streichen und diesem Datum auf sich hat. Viel bekannter – und nicht auf diesen einen Tag beschränkt – sind vor allem unterschiedlichste Streiche mittels Videos in der Online-Welt, genannt Prank. Ein neuer Kinofilm verbindet Prank und Aprilscherz – in einer turbulenten Komödie mit etlichen Action-Szenen und heißt folgerichtig „Der Prank – April, April!“
Im Zentrum stehen zwei, zeitweise drei Kinder bzw. junge Jugendliche: Lucas Roosen (gespielt von Noèl Gabriel Kipp), Xi Zhōu (Max Zheng) und Charly (Maïmouna Rudolph–Mbacké). Xi wohnt als Gastschüler aus China bei Familie Roosen. Ständig filmt er (fast) alles mit seinem Smartphone, nutzt es (scheinbar) auch zur Übersetzung, bis er – so viel sei gespoilert – zu erkennen gibt, dass er hervorragend Deutsch versteht und spricht. Er lässt sich einen Streich am 1. April einfallen.
Da es in fast allen Ankündigungen des Filmverleihs verbreitet wird, sei dies auch hier „verraten“. Der Freund der erwachsenen Tochter der Roosens, Caro (Jana McKinnon), träumt von einer Rap-Karriere, sein Geld verdient Schaaf (Cedric Eich) als Pizza-Bote. Xi tauscht einen der Pizzakartons aus. Doch in diesem – so stellt sich heraus – sind gebündelte Geldscheine und das nicht zu knapp. Schutzgeld, Mafia, Verwechslungen, Verfolgungen, Schlägereien, ein tollpatschiges Polizei-Duo (Polizist Kurtz: Philippe Graber, Polizistin Lendel: Tilla Kratochwil). Rasant, turbulent, hektisch, spannend, fast gefährlich – durchbrochen allerdings von einer kräftigen Portion Humor und Komödiantik.
Die jungen Schauspieler:innen – Noèl Gabriel Kipp und Maïmouna Rudolph–Mbacké hatten schon aus anderen Film- bzw. auch Theaterarbeiten Erfahrung, Max Zheng ist eine Neu-Entdeckung -, die den Film weitgehend tragen, brauchen keinen Vergleich mit ihren erwachsenen Profi-Kolleg:innen zu scheuen. Als schauspielendes Crew-mitglied konnte (für die Rolle der Miss Nelly im „Clan“ rund um den Pizza-Chef) Patricia Pembele aka „Die P“, eine bekannte Hip*Hoperin gewonnen werden.
Mitverantwortlich für den Dreh auf Augenhöhe der Kinder bzw. jungen Jugendlichen (geboren zwischen 2009 und 2012) war sicher auch, was Regisseur Benjamin Heisenberg in einem Interview für das Medienheft des Filmverleihs sagte: „Mein Koautor Peer Klehmet und ich haben beide zwei Söhne. Als wir anfingen, den PRANK zu schreiben, waren sie im Alter unserer Protagonisten und wir wurden von ihnen und ihren
Freunden mehr als einmal gepranked. Diese Streiche und Practical Jokes waren ein fester Bestandteil ihrer Welt, befeuert durch Social Media und YouTube, wo Pranks ein eigenes Unterhaltungsgenre geworden sind. Das hat uns inspiriert, eine Geschichte zu entwickeln, die die Energie und Kreativität dieser Streiche aufgreift, sie in ein turbulentes Abenteuer verpackt und gleichzeitig zeigt, wie Kinder und Jugendliche mit Mut und Einfallsreichtum – ein bisschen bigger than life – über sich hinauswachsen können.
Wir haben die Geschichte zusammen mit unseren Jungs entwickelt und immer wieder mit ihren Freund:innen diskutiert. Diese Gespräche haben uns geholfen, die Charaktere und die Handlung nah an der Imaginationswelt der Kinder zu halten. Figuren wie der chaotische Austauschschüler Xi Zhou oder der rappende Pizzabote Schaaf sind von eigenen Erlebnissen und den Gesprächen mit den Kindern und Jugendlichen inspiriert…
Wir wollten die Energie und Dynamik der Kinder spürbar machen – sowohl visuell als auch emotional. Die Kamera ist sehr viel in Bewegung, folgt den Charakteren durch Straßen, Parks und U-Bahnhöfe, sodass das Publikum förmlich mit ihnen rennt, ohne dabei in einen Handkamera-Doku-Stil zu verfallen. Gleichzeitig war es mir wichtig, einen Film zu machen, der Kinder ermutigt, mutig, kreativ und ein bisschen rebellisch zu sein – und Erwachsenen zeigt, wie wichtig es ist, diese Qualitäten nicht zu verlieren.“
Vorsichtig positiv und leicht optimistisch was Umsetzung der Kinderrechte in Österreich betrifft, zeigten sich vier Kinder- und Jugendanwält:innen (KiJA) – stellvertretend für alle neun (eine Person pro Bundesland) – bei einem Mediengespräch in der Wiener Einrichtung. Zwar stehe im Regierungsprogramm vieles auch Kinder und Jugendliche Betreffende unter Budgetvorbehalt, doch einiges aus dem 10-Punkte-Paket, das die schon im November den damaligen Regierungsverhandler:innen von ÖVP, SPÖ und NEOS übermittelt haben, findet sich nun im Programm der 3er-Koaltion. Allerdings brauche es zur Umsetzung eben wirklich entsprechende Ressourcen, einige „Baustellen“, wo noch viel zu tun ist, orten die KiJa ebenso. Und auf Frage von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… zum aktuell von der Bundesregierung beschlossenen Stopp von Familiennachzug wurde vor allem darauf verweisen, dass die Kinderrechtskonvention das Recht von Kindern auf Familie verankert – siehe azu einen eigenen Beitrag – Link am Ende dieses Beitrages.
Der Wiener Vertreter, Sebastian Öhner: „Welchen Zugang ein Kind zu seinen Kinderrechten hat, darf nicht von der Postleitzahl des Wohnortes abhängen.“ Verlangt werden „einheitliche Vorgehensweise auf Bundesebene, damit Kinderrechte flächendeckend gefördert und geschützt werden können.“
Wesentliche kinderrechtliche Baustellen orten alle neun Kinder- und Jugendanwält:innen vor allem in den Bereichen Kinderschutz, Lebensraum Schule sowie effektives Kinderrechtemonitoring. Alle neun KiJA-Vertreter:innen fordern gemeinsam nach einem eineinhalbtägigen Treffen in ihrer regelmäßigen StänKo (ständige Konferenz) „die neue Bundesregierung auf, hier wirksame Maßnahmen zu setzen.“
Kinderschutzkonzepte sind ein wirksames Mittel, um Gewalt gegen Kinder und Jugendliche vorzubeugen. Dies sei, so die KiJA-Vertreter:innen, mittlerweile im Bewusstsein der Gesellschaft angekommen. „Zusätzlich braucht es aber auch ausreichende finanzielle Ressourcen für die Entwicklung von Kinderschutzkonzepten, um diese nachhaltig zu implementieren. Kinderrechte und Schutzkonzepte haben eines gemeinsam: Wir alle müssen diese auch mit Leben füllen, damit junge Menschen davon profitieren können und diese nicht nur am Papier existieren,“ sagt dazu Tirols Kinder- und Jugendanwalt Lukas Trentini.
Alarmiert sind die Kinder- und Jugendanwält:innen über die steigende Anzahl von Schulsuspendierungen in Österreichs Schulen: Im Schuljahr 2023/2024 wurden österreichweit 2.013 Schulsuspendierungen ausgesprochen, eine Steigerung von 100 Fällen im Vergleich zum Vorjahr. Suspendierungen dürften aber keine Strafmaßnahme sein, sondern nur bei Gefahr in Verzug zum Schutz von Schüler:innen und Lehrpersonen. Außerdem würde ein Ausschluss von Kindern oder Jugendlichen allein „selten eine nachhaltige Verhaltensstabilisation bewirken“. Pädagogische bzw. therapeutische Begleitung gäbe es derzeit allerdings zu selten. Salzburgs Kinder- und Jugendanwältin Johanna Fellinger dazu: „Wir begrüßen die Pläne der neuen Bundesregierung, hier österreichweite Standards und Angebote für Suspendierungsbegleitung zu etablieren. Dafür werden die Schulen aber zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen benötigen. Das neue Angebot der Suspendierungsbegleitung darf nicht zu Lasten der sonstigen Aufgaben, beispielsweise von Schulpsycholog:innen und -sozialarbeiter:innen, gehen.“
Zu wenige Ressourcen sowie zu wenig Prävention im Rahmen digitaler Grundbildung ortet Christine Winkler-Kirchberger (Oberösterreich) in Sachen Mobbing und Cybermobbing. Außerdem würde externe Expertise, u.a. Kinder- und Jugendanwaltscahften, häufig erst „zu spät ins Boot geholt. Dann ist die Situation oft schon so verfahren, dass nur noch wenig für die Betroffenen getan werden kann. Cybermobbing ist besonders heimtückisch, da es rund um die Uhr stattfinden kann und die Betroffenen oft keine Möglichkeit haben, dem zu entkommen. Es ist daher unerlässlich, dass sowohl präventive als auch intervenierende Angebote in den Bundesländern zur Verfügung stehen, um die psychische Gesundheit der jungen Menschen zu schützen.“
Von der Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS erhoffen sich die Kinder- und Jugendanwaltschaften insgesamt eine Stärkung der Kinderrechte. Im Regierungsprogramm fänden sich einige Forderungen der KIJA, so der Wiener Kinder- und Jugendanwalt Sebastian Öhner. Eine bundesweite Stärkung der Kinderrechte könne auch trotz des klammen Budgets gelingen, glaubt er. „Man braucht nicht immer mehr Geld, manchmal braucht man ein Umdenken.“ Oft seien es Fragen der Verwaltung, der gesetzlichen Bestimmungen oder des Dienstrechts. Als Beispiel nannte er die vorgesehenen einheitlicheren Standards in der Kinder- und Jugendhilfe.
Viel stärker noch als bisher müsste in allen Bereichen eine Säule der Kinderrechtskonvention, die Partizipation also die Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen beachtet, wahrgenommen und verankert werden, meinte vor allem Sebastian Öhner. Insofern sehen es die Kinder- und Jugendanwält:innen auch – auf Frage von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… als demokratispolitisch und kinderrechtlich problematisch an, dass junge Menschen, die einen Großteil oder ihr ganzes Leben in Österreich verbringen, nicht wählen dürfen, wenn sie eine andere Staatsbürgerschaft haben.
Im Übrigen wird eine „große kinderrechtliche Lücke“ im „Fehlen eines systematischen Kinderrechtemonitorings, bei dem die Überprüfung und Bewertung der Umsetzung von Kinderrechten bundesweit sichergestellt wird“ geortet. „Nur durch regelmäßige und systematische Überprüfungen können wir Missstände frühzeitig erkennen und strategisch gezielte Maßnahmen ergreifen, um die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Und nur so können wir sicherstellen, dass die Rechte von jungen Menschen auch in der Praxis umgesetzt werden,“ verlangte Sebastian Öhner ein regelmäßiges innerstaatliches Monitoring. Die Kinderrechtskonvention selber sieht einen Prozess der Evaluierung vor und international wird das auch gemacht.
„Familie kann Leben retten“ – Ersteres in rot, die anderen drei Worte in schwarz stand Mittwoch um die Mittagszeit auf mehr als einem Dutzend Plakaten vor dem Bundeskanzleramt in Wien. Die Kundgebungsteilnehmer:innen hielten im Vordergrund zudem ein großes Transparent auf dem stand: „An die neue Regierung: Kein Kompromiss bei Menschenrechten!“ Das Wort kein rot unterstrichen. Und unter der Forderung die Logos von Roten Falken, der Aktion kritischer Schüler:innen, der Sozialistischen Jugend sowie des VSSTÖ (Verbandes sozialistischer Student:innen). Daneben ein großes Transparent „Haltung statt Festung“ von der Initiative SOS Balkanroute, namentlich stark verbunden mit dem Rapper Kid Pex alias Petar Rosandić.
Anlass für die Demonstrant:innen war der im Ministerrat auf der Tagesordnung stehende Stopp der Familienzusammenführung. „Konkret bedeutet das, dass Menschen, die vor Krieg und Leid geflohen sind, kein Recht mehr darauf haben, ihre engsten Familienangehörigen legal nach Österreich zu bringen. Aus unserer Sicht ist diese Entscheidung eine Anbiederung an rechtsaußen Positionen, wie sie in Österreich vor allem die FPÖ vertritt. So sehr die SPÖ auch betont, dass im Moment Kompromisse notwendig seien: Menschenrechte sind unteilbar! Bei ihnen darf es keinerlei Kompromisse geben!“. Das meinten in einer Aussendung dazu die Vorsitzenden der SJÖ (Larissa Zivković), des VSSTÖ (Miriam Amann), der AKS (Dede Koudouovoh) sowie der Roten Falken (Dilovan Shekho).
Laut Larissa Zivkovic würde es sich beim Stopp des Familiennachzugs vor allem um Symbolpolitik handeln: „Es steht außer Frage, dass das österreichische Asylsystem im Moment starke Defizite aufweist. Immer noch werden Menschen teilweise jahrelang im Unklaren über ihre Zukunft gelassen. Es ist mehr als fragwürdig, ob ein Stopp des Familiennachzugs an dieser grundlegenden Situation irgendetwas verändern würde. Abgesehen natürlich von der Tatsache, dass sich die Lage für geflüchtete Menschen in Österreich weiter drastisch verschlechtert. Dass die SPÖ diese rechte Symbolpolitik mitträgt, ist mehr als nur ärgerlich!“, so Zivkovic.
Miriam Amann weist darauf hin, dass Kompromissbereitschaft nicht zu einer weiteren Öffnung nach Rechts führen darf: „Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine Übernahme rechter Positionen, wie sie die FPÖ vertritt, nur zu einer weiteren Verstärkung des rechten Diskurses führt und damit die extreme Rechte weiter stärkt. Zudem will sich die Regierung bei ihrem Vorhaben auf einen Notstandsartikel der EU beziehen, obwohl führende Expert:innen nicht einmal im Ansatz der Meinung sind, dass es sich hier um einen Notstand handeln könnte. Angesichts dessen ist es aus unserer Sicht mehr als unverantwortlich, dass sich die aktuelle Regierung bereits nach so kurzer Zeit dazu entschieden hat, solche Maßnahmen in die Wege zu leiten! Die Regierung sollte sich besser darum kümmern, dass geflüchtete Menschen gut in Österreich ankommen und Integration in deren Sinne stattfindet!“, meint Amann.
„Der Stopp des Familiennachzugs ist nicht nur eine politische Fehlentscheidung, sondern schadet nachhaltig der Entwicklung junger Menschen. Kinder und Jugendliche brauchen die Unterstützung ihrer Eltern, um emotional und psychisch stabil zu wachsen. Ohne diese Unterstützung werden ihre Inklusion und Zukunftsperspektiven stark beeinträchtigt oder gar kategorisch zunichte gemacht. In einem Land, das sich zu Menschenrechten bekennt, ist es inakzeptabel, Familien auseinanderzureißen und den betroffenen jungen Menschen die Grundlage für eine stabile Zukunft zu entziehen“, sagte Dede Koudouovoh.
Dilovan Shekho betont ausdrücklich, dass Kinderrechte nicht zum Spielball der Politik werden dürfen: „Die Abschaffung des Familiennachzugs bedeutet, dass etliche Kinder weiterhin von ihren Eltern getrennt bleiben. Diese Maßnahmen widersprechen grundlegenden Kinderrechten und gefährden das Wohl der Betroffenen massiv. Die UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet Österreich dazu, das Wohl von Kindern an erste Stelle zu setzen. Trotzdem werden Kinderrechte in der aktuellen Asyl- und Integrationspolitik ignoriert. Die Regierung spricht von Werten und Zusammenhalt, doch gleichzeitig werden Familien auseinandergerissen. Kinderrechte müssen in allen politischen Entscheidungen oberste Priorität haben!“, so Shekho abschließend.
Man müsse die Herausforderungen, die durch Familiennachzug vor allem auf Schulen zukommen, sehen, meinte stellvertretend für die österreichischen Kinder- und Jugendanwaltschaften (KiJA) Johanna Fellinger (Salzburger KiJA), „gleichzeitig ist es ein wichtiges Anliegen, die Kinderrechte sowie die Verfassungskonformität“ zu prüfen, „bevor eine Maßnahme gesetzt“ werde. Die Kinderrechtskonvention und Teile davon, die in Österreich im Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kinder, stehen, beinhalten Garantien zum Zusammenleben von Kindern und Jugendlichen mit ihrer Familie. Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… hatte bei einem Mediengespräche nach dem Treffen aller neun Kinder- und Jugendanwält:innen (ständige Konferenz) die Haltung zum sofortigen Familiennachzugs-Stopp der Bundesregierung erfragt. Das Mediengespräch drehte sich um mehrere Themen rund um das Regierungsabkommen – mehr zu Letzterem in einem eigenen Beitrag.
ebenso im Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern. Eine etwaige Regelung müsse deshalb vorab darauf überprüft werden, ob sie verfassungs- und auch kinderrechtskonform ist, forderte sie.
„Jedes Kind hat das Recht, in einer sicheren und liebevollen Familie aufzuwachsen. Der Stopp des Familiennachzugs gefährdet dieses fundamentale Kinderrecht“, psoteten die Österreichischen Kinderfreunde (sozusagen Eltern der „Roten Falken“) auf Social-media-Kanälen. „Kinder bleiben weiterhin von ihren Eltern getrennt und sind gezwungen, lebensgefährliche Fluchtrouten auf sich zu nehmen – ein unhaltbarer Zustand. Kinder brauchen Geborgenheit, Stabilität und Schutz – und dazu gehört, dass sie mit ihren Eltern zusammenleben dürfen.
Wir fordern: Familiennachzug erhalten, sichere Fluchtwege für Frauen und Kinder schaffen und das Kindeswohl immer an erste Stelle setzen!“
Treffpunkt vor einem riesigen Rad, einer senkrechten Dampfmaschine im Technischen Museum in Wien. Kinder – und ihre erwachsenen Begleitpersonen – warten auf das angekündigte Stationentheater. Da taucht eine Dame auf und meint, die Vorstellung sei abgesagt. Was ihr ohnehin kaum wer glaubt, haben so manche doch schon einen im Hintergrund aufgebauten kleinen roten Theatervorhang entdeckt. Außerdem erscheinen zwei Personen in üppigen hellgrünen Kostümen (Ausstattung: Gudrun Lenk-Wane).
„MINT ist meine Lieblingsfarbe“ heißt ja auch das Stationentheater, zu dem die Besucher:innen extra hierher gekommen sind. An einer Tafeln mit dieser Ankündigung sind sie beim ersten Stiegenaufgang vorbei gegangen und hier neben diesem riesigen technischen Ausstellungsstück steht eine weitere Tafel mit diesem Spruch.
Obwohl die Pflanze Minze in der Regel ein deutlich dünkleres Grün aufweist, wird in der Mode „Mint“, die englische Bezeichnung, immer wieder für ein recht helles grün verwendet. Die vier Buchstaben erleben aber vor allem im schulischen oder universitären Zusammenhang seit vielen Jahren einen Hype, stehen sie doch für die Fächer bzw. Wissensbereiche Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Allüberall wird auf diese gesetzt, sie werden gefördert – nicht zuletzt, weil es A) großen Fachkräftemangel in diesen Bereichen gibt und B) vor allem Erstgenannteres noch immer als Angstfach gilt.
Noch immer wird gerade in so manchen künstlerischen Bereichen ein Gegensatz zwischen Mint- und kreativen Fächern gesehen, vermutet, gespürt. Dabei hatte sich schon vor einem ¼ Jahrhundert eine der interaktiven Mitmachausstellungen im Zoom Kindermuseum im Wiener MuseumsQuartier den Verbindungen und Zusammenhängen von Mathe und Musik gewidmet. An der Linzer Johannes-Kepler-Universität übersetzt der „Zirkus des Wissens“ unterschiedlichste wissenschaftliche Themen in künstlerische Performances, darunter oft auch naturwissenschaftliche – u.a. Figuren- und Objekttheater über die bekannte Erfinderin einer Vorform einer Computersprache – über Lochkarten -, Ada Byron Lovelace und die bei uns kaum bekannte „Königin der Physik“, Chien Shuing Wu.
Hier im Technischen Museum verbinden Anna Maria Eder, Tina Haller und Lina Venegas (Regie: Julia Nina Kneussel; Text: Katharina Tiwald, Regie und Ensemble) in Gesängen, Erzählungen und Tänzen Informationen zu den genannten vier wissenschaftlichen Bereichen mit dem einen oder anderen Objekt in der Ausstellung des Museums – nicht dem beim Treffpunkt. Da deuten die beiden auf eine Galerie im obersten Stockwerk, knapp unter dem Dach. Da tanzt die dritte Person mit einer großen roten Scheibe auf. „Der Mars“ ist Ziel so mancher Mission – und hier nun für die Wanderung durchs Museum – vorbei an Ausstellungsstücken rund um Raumfahrt.
Erzählt wird unter anderem von Carmen Possnig, einer österreichischen Medizinerin, die aus mehr als 20.000 Bewerber:innen als Ersatz-Astronautin der ESA (European Space Agency / Europäische Raumfahrtagentur) ausgewählt wurde. Ihr Traum ist es seit Langem, zum Mars zu fliegen. Zwar war sie noch nicht im Weltall, aber monatelang mit einer Forschungsgruppe in der Antarktis – abgeschieden, unwirtliche Umgebung und dennoch intensiv wissenschaftliche arbeiten – das konnte dabei trainiert werden.
Auch wenn sich vieles in dem Stationentheater, wo die Kinder von einer zur nächsten Station Spuren suchen und finden – Kreise, Quadrate, Dreiecke und Rechtecke – um Flüge ins All dreht, kommen andere Wissenschaften und übrigens ausschließlich Forscherinnen vor. Von der Atom-Physikerin Lise Meitner über eben auch Ada Byron Lovelace, die vor mehr als 200 Jahren über Lochkarten eine riesige Rechenmaschine steuern wollte, die dann doch nicht gebaut wurde, die Architektinnen Margarete Schütte-Lihotzky, Zaha Hadid und Amaza Lee Meredith. Die zuletzt Gennante (1895 bis 1984) ist hierzulande weniger bekannt, als Frau und Schwarze durfte sie offiziell in den USA nicht als Architektin arbeiten und war deshalb vor allem als Kunstlehrerin an einer Uni tätig, entwarf und plante aber dennoch einige Häuser, nicht nur das für sich und ihre Ehefrau.
Mehrmals wird auch auf ein offenbar unkaputtbares Lebewesen, die Bärtierchen, hingewiesen. Vor knapp mehr als 250 Jahren erstmals von Menschen entdeckt, können die kleinwunzigen Wesen, wissenschaftlich Tardigrade bezeichnet (tardus = langsam, gradus = Schritt) sowohl in Salz- als auch in Süßwasser, aber auch ganz trocken, in Hitze und Eiseskälte (über-)leben und auch im Weltall waren sie schon zu Forschungszwecken von Raumfahrer:innen mitgenommen. Das „Museum der Zukunft“, das Ars Electronica Center in Linz, hat dazu vor fünf Jahren ein Bilderbuch herausgebracht und Videos dazu gedreht. (Buchbesprechung – damals noch im Kinder-KURIER, dem Vorläufer von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… veröffentlicht – in einem der Links unten)
Mit dem Spruch „Wissenschaft ist eine Superkraft!“, der auch bald nach Beginn gesungen wird, endet die Tour durch Museum und Wissenschafterinnen.
Besprechung des Bilderbuchs über Bärtierchen <- damals noch im Kinder-KURIER
In einem kleinen würfelförmigen Zelt mit durchscheinenden Wänden liest ein Typ als lebendige Schattenfigur aus einem Buch über eine Schatzsuche. So beginnt das aktuelle Stück im Zirkus des Wissens an der Linzer JKU (Johannes Kepler Universität).
In „Kohle, Knete & Moneten“ mit Untertitel „immer dieses Theater ums Geld …“ nimmt der Puppen- und hier auch Schauspieler Andreas Pfaffenberger das (junge, ab 8 Jahren) Publikum mit auf eine knapp mehr als einstündige Zeit- und Weltreise rund um die Jagd nach Geld, Gold, Reichtum – samt Fragen, ob’s das allein wirklich bringt.
Er sei nun verarmt, das Zelt, ein Wasserkocher, Tee, ein paar Mandeln, ein bisschen Reis und einige Schokostücke im Meerestierformen seien alles, was er noch besitze, erzählt „der Stüber“. (So hießen bis ins 19. Jahrhundert Kleingeldmünzen im Nordwesten Deutschlands; 1924 mit der Einführung des Schillings in Österreich, den es bis zur gemeinsamen Währung Euro gab, wurde überlegt das Kleingeld so zu benennen bevor dafür Groschen gewählt wurde – so wie Cent beim Euro.) Wie komme er zu Geld und möglichst viel davon. Eine kuschelige Stoff-Eule als Handpuppe, der Pfaffenberger auch seine verstellte Stimme leiht, landet auf der Gedankentour im alten China, wo lange mit Tee-Ziegel bezahlt wurde. Er aber kommt gerade an China an, als der mongolische Herrscher Kublai Khan auch Kaiser von China war, 1278 als neues Zahlungsmittel Papiergeld einführte. In dieser Station spielt „der Stüber“ mit kleinen Figuren hinter einer erleuchteten papierartigen Wand Schattentheater.
Die Legend um das sagenumwobene Eldorado in Südamerika spielt er, der gemeinsam mit Martina Winkel das Stück geschrieben und erarbeitet hat, mit goldglänzenden Objekten in einem kleinen Wasserbecken. Für die antike griechische Sage von König Midas greift er zu Karton-Objekten – auf der einen Seite schwarz-weiß, auf der anderen goldglänzend. Mit Midas‘ Wunsch an Gott Dionysos, ihm die Gabe zu verliehen, dass alles Gold werde, was er berühre, wird recht anschaulich, dass dies nicht nur nicht glücklich mache, sondern… Wasser, Essen, ja die eigene Tochter – berührt und…!
So „nebenbei“ – auch mit der hier nicht gespoilerten Geschichte seiner Verarmung – transportiert die Welt- und Zeitreise sowie eine zwei Mal fast gleich gespielte Szene bei der Frage nach einem Kredit bei der Bank, Ungerechtigkeiten und vor allem die Botschaft, dass nicht alles, was einen Wert hat, einen Preis haben müsste / sollte!
Vier Schauspieler:innen, neutral schwarz gekleidet stellen sich dem Publikum bei „Cityscape“ im Wiener WuK (Werkstätten- und Kulturhaus) im Rahmen des – noch bis 23. März laufenden – Slup-Festivals mehrerer Häuser, die Theater für junges Publikum machen. Vorgabe: eine von zwei Personen soll Hauptfigur sein. Das Publikum stimmt – per Lautstärke – ab. In diesem Fall fiel die Wahl auf den Mann. Sehr oft entscheiden die Zuschauer:innen, dass die Frau den Main-Character spielt, verraten die Akteur:innen danach dem fragenden Journalisten.
Ebenfalls per Lautstärke teilen sie ihm dieses Mal von mehreren zur Auswahl stehenden Eigenschaften Stärke zu. Die noch weiße Landkarte füllen sie per Zuruf mit Berg, Wald, Wüste und Meeresstrand. Der Süden des Landes bleibt noch geheimnisvoll. Den muss der Held, den die Schüler:innen per Zuruf Ben nennen, erst erkunden.
In einer Art analogem Open-World-Computerspiel muss der Avatar Ben jene Aufgaben lösen, die vor allem auf Zuruf erst entstehen. Seine Kolleg:innen spielen der Reihe nach ein Kuh, eine Baumfällerin, eine Fischerin, eine uralte Frau in einer einsamen Berghütte, einen Delfin, einen Baum und noch so manches, das ihnen improvisierend, spontan einfällt in der Umsetzung der zugerufenen Abenteuer.
Fast schade war, dass der massive, ständige Zuruf eines Schülers, Ben solle in seinen Ruck-Zack doch eine Kalaschnikow einpacken – offenbar aus Shooter-Games inspiriert – „nur“ ignoriert wurde. Wäre doch schön zu spielen gewesen, wie wenig er mit solch einem Maschinengewehr in der Praxis anfangen hätte können: Bäume fällen? Einen Abgrund überwinden? Kühe suchen? Da hätte der Rufer – und alle anderen – erkennen können, dass so eine Waffe für Vieles ziemlich ungeeignet ist 😉
Auf jedem der Publikums-Sessel liegt ein Smartphone mit Klettband, um es an einem Unterarm zu fixieren. Bei „Bubble Jam“, mit dem Rimini Protokoll (die erstmals etwas für Jugendliche entwickelten) & Grips Theater aus Berlin beim aktuell (bis 23. März 2025) laufenden Slup-Festival in Wien gastierte, handelt es sich um ein interaktives Spiel. Und nein, es geht nicht darum, über Szenen, die von Schauspieler:innen dargestellt werden, abzustimmen. Zuschauer:innen werden zu Mitspieler:innen.
Das Spielfeld auf Bühne 3 – dieses Mal im Dschungel Wien (MuseumsQuartier) wirkt wie eine überdimensionale Platine. Bald nach Beginn und den ersten Eingaben und Fragen von den Sitzplätzen aus, sollen / müssen / dürfen die rund fünf Dutzend Mitwirkenden ernsthafte und weniger seriöse Fragen in Quizes beantworten. Die reichen von Fakten über digitale Welt – u.a. zur überraschenden Antwort auf die Frage nach der sprachlichen Herkunft von Algorithmus * – bis zu Persönlichem. Bei Letzterem sind sowohl Verhalten im digitalen als auch im analogen Leben gefragt.
Plötzlich geht’s um das Auftauchen von Nacktfotos. Irgendwer hat solche weitergeschickt. Nur eine Story oder was Echtes? Kennt das oder anderes jemand aus dem realen digitalen Leben? Jugendliche beginnen Cyber-Mobbing- und andere teils ziemlich heftige Erfahrungen von Mitschüler:innen mit dem gesamten Publikum zu teilen.
Wie umgehen damit – und wie mit dem „Spendieren“ von Daten? Aus einem Nebenraum taucht der Supervisor des Spiels auf, und führt vor, was er alles schon über die Mitspieler:innen in Erfahrung gebracht hat, was sie alles nur über dieses Spiel preis gegeben haben… Mit heftigen Reaktionen, Diskussionen, Widerständen bis hin zur massiven Forderung, die gesammelten Daten zu löschen.
Ein spannender, spielerischer Zugang in den kritischen Umgang mit Datensammlung, eigner Weitergabe von Fotos, Fake News sowie dem (eigenen) Verhalten in der (Online-)Welt insgesamt. Wäre nicht schlecht gewesen, mit der Initiative Safer Internet zu kooperieren, um gleich weiterführendes Informationsmaterial zu teilen und auf einschlägige Workshops hinzuweisen.
*„Das Wort Algorithmus ist eine Abwandlung oder Verballhornung des Namens des persischen Rechenmeisters und Astronomen Abu Dschaʿfar Muhammad ibn Musa al-Chwārizmī, dessen Namensbestandteil (Nisba) al-Chwarizmi „der Choresmier“ bedeutet und auf die Herkunft des Trägers aus Choresmien verweist. Er baute auf die Arbeit des aus dem 7. Jahrhundert stammenden indischen Mathematikers Brahmagupta. Die ursprüngliche Bedeutung war das Einhalten der arithmetischen Regeln unter Verwendung der indisch-arabischen Ziffern. (wikipedia)
„Meine Fotos“, hauchte sie. „Mein Leben!“ So fertig reagierte Libby auf den Vorschlag ihrer Lehrerin für dieses Experiment: Eine Woche ohne Handys. Alle smarten Mobiltelefone wurden in eine Kiste gesperrt und alle sollten Tagebuch – auf Papier – darüber führen. Rosa, die Erzählerin schildert wie ihre Freundin, mit der sie in einer Arbeitsgruppe ist, sich das so überhaupt nicht vorstellen konnte. Auch die Lehrerin und die Familien sollten / wollten mitmachen.
Dieses Setting wählte Autor Thomas Feibel, der sich seit Jahrzehnten mit Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen auseinandersetzt, für sein Buch „Hilfe! Eine Woche ohne Handy“. Der dritte im Bunde der Arbeitsgruppe, Malik, konnte sich gar nicht vorstellen, ohne Spiele auf seinem mobilen Gerät auskommen zu können. „Weckt mich einfach, wenn es vorbei ist“, stöhnte er.
Doch er blieb wach, zeichnete und suchte Sticker für das Tagebuch, Rosa, die Erzählerin, schreib und Libby machte Fotos mit einer Sofortbildkamera. Zur Verstärkung holte sich das Trio Rosas Kater Dix. Der konnte sprechen und über die Kette der Klospülung im Gartenhaus lud er die drei Kinder ein, mit ihm Zeitreisen zu unternehmen.
Über diesen „Trick“ verrät der Autor in recht einfacher Sprache und mit sehr vielen Zeichnungen (Josephine Wolff) geschichtliche Bögen – von Rauchzeichen bis zur SMS, vom Telegrafen bis zur Videotelefonie, aber auch Zusammenhänge zwischen Computern und Handys, die Wichtigkeit von Spielen fürs Lernen und nicht zuletzt Infos und Tipps in Sachen Fake News und Achtung vor Gefahren im Internet.
Am Ende – natürlich kriegen alle ihre Handys wieder und präsentieren ihre Projekt-Tagebücher – gibt’s noch Erklär-Seiten von Dix zu wichtigen Begriffen rund um Internet und Smartphones.
Angst vor der Dunkelheit? Das hat sie – vorgeblich – nicht. Marlen, die als Schauspielerin mit gleichem Vornamen (Nachname: Weingartmann) das Zuschauer:innen in kleinen Gruppen in eine Jurte, kreisrundes Stoffzelt geführt hat, erzählt von ihrem bisher erfolgreichsten Tag. Alles was sie sich vorgenommen hat, erledigt. Noch dazu großteils Dinge, die sie nicht musste, sondern wollte.
Nun steht nur mehr die letzte Handlung aus: Dafür nimmt sie einen klobigen Lichtschalter in die Hände.
„Nein“, „noch nicht jetzt“, „bitte nicht“… Stimmen von hinter den Stoffwänden erklingen. Und dann zeigt sich der Verursacher: Völlig schwarz gekleidet bettelt er, der sich Leo nennt (Leo Plankensteiner), es nicht ganz dunkel zu machen. Denn das sei sein Ende, ist er doch Schatten, jener von Marlen. Nicht nur sie wundert sich, wieso der Schatten ein Eigenleben führt.
Sie hat aber Verständnis für seine Ängste vor der Finsternis. Und damit beginnt ein – streckenweise sehr witziges – Spiel rund um Ängste vor Dunkelheit, Monstern und Gespenster…
Mehr sei über das Stück „Licht aus“ des tao!, des Theaters am Grazer Ortweinplatz, das damit derzeit in Wien beim Slup-Festival gastiert, nicht verraten. Naja, doch noch zwei Triggerwarnungen: Stroboskoplicht kommt einmal vor und völlige Dunkelheit auch ein paar Mal kurz.
Nur noch so viel: Am Montag, 10. März 2025 ist es noch zwei Mal im Dschungel Wien zu erleben. Das Festival selbst läuft bis 23. März 2025 im genannten sowie weiteren Theaterhäusern der Bundeshauptstadt – WuK, Burgtheater, NEST (Neue Staatsoper im Künstlerhaus) – siehe Info-Box am Ende des Beitrages.
Zu Weihnachten leuchtet es aus vielen Fenstern. Dieses eine Haus aber blieb finster. Es war noch leer. Und so freute es sich, als Huda mit ihrer Familie einzog. Endlich war es belebt. Doch auch dieses Mal wurde es nicht erleuchtet, als es aus fast allen anderen Häusern hell strahlte. Schon zuvor als beim herbstlichen Diwali-Fest ein anderes Haus in der Nachbarschaft glänzte, ebenso als in einem weiteren die Lichter des Chanukka-Leuchters flackerten, blieb dieses finster.
Natürlich änderte sich das irgendwann – die Bewohner:innen glauben an Allah, ihre Religion ist der Islam. Und auch da gibt es wie bei Christ:innen, Jüd:innen und Hindus Fest mit Lichterglanz. Dazu musste dieses Haus warten, denn der Fastenmonat Ramadan samt seinem festlichen Abschluss Eid al Fitr (auch Id al-Fitr oder Zuckerfest) wandert durchs Jahr (Mondkalender).
So wird im Bilderbuch „Das Haus ohne Lichter“ mit bunten Zeichnungen von Nadia Alam über das Gebäude in dem Huda und ihre Familie wohnen, das Fest am Ende des Ramadan (übrigens derzeit, Februar, März 2025) näher gebracht. In einer letzten Seite erklärt Autorin Reem Faruqi (Übersetzung aus dem Englischen: Aisha Meier-Chaouki) ein bisschen dazu und auch zum Fest Eid al-Adha (am Ende der jährlichen Hadsch, der Pilgerfahrt nach Mekka).
Was ein bisschen abgeht ist, wenn schon andere Religionen über ihre Lichterfeste Ausgangspunkt sind, darauf zu verweisen, dass auch diese Fastenzeiten haben. Und eine zentrale Erklärung für den Fastenmonat zu erwähnen. „Dankbar zu sein und auf die Bedürftigen ja nicht zu vergessen: Das ist der Geist von Ramadan“, formulierte dies treffend Ruşen Timur Aksak jüngst in seiner Kolumne in der Wochenzeitung „Falter“.
Nach „Liebe üben“ und „dÄmonen“, schließen die Schauspielerin Nora Vonder Mühll und der Tänzer Yves Thuwis mit „Die letzte Show“ ihre gemeinsame Trilogie ab. Damit gastier(t)en sie derzeit im Dschungel Wien im Rahmen des Slup-Festivals, das gemeinsam mit anderen Theaterhäusern bis 23. März 2025 läuft. Das stark berührende und doch humorvolle Stück ist noch am Montag, 10. März 2025, zu erleben – siehe Info-Box am Ende des Beitrages.
Wie die beiden anderen Shows dreht sich auch „Die letzte Show“ stark ausgehend von den eigenen Gefühlen der beiden um zentrale Emotionen – nach Liebe, Ängste nun Abschied. Wobei keine der Emotionen isoliert existiert, mischen sich doch in Liebe oft auch Ängste, nicht zuletzt solche vor Abschieden und umgekehrt mischen sich viele Ängste in jene Momente in denen es darum geht, Abschied zu nehmen.
In der rund einstündigen Performance, in der wieder einige bei der Recherche aufgenommene Kinderstimmen eingespielt sowie hin und wieder das Publikum zu Wort kommt, spielt auch viel Liebe mit. Die Liebe beider zu ihren Berufen – Schauspiel bzw. Tanz. Die Liebe dazu, gemeinsam Stücke zu erarbeiten und sie miteinander auf die Bühne zu bringen. Und nicht zuletzt die Liebe zu den Zuschauer:innen, zu diesem Live-Erlebnis im Theater.
Die beiden lassen über an eine mitten in den Raum gestellte, geschlossene Tür (wenn sie geöffnet wird, erscheint der Rahmen mit einer Lichterkette verziert; Ausstattung: Regina Rösing), projizierte Fotos von Produktionen ihres bisheriges – davor getrennten – berufliches Leben Revue passieren. Kombinieren diese mit Anekdoten, mitunter lustigen oder auch peinlichen. So musste Nora in ihrem ersten Stück während eines Monologes einen Apfel essen – sabber, sabber… „Was machst du denn jetzt da?“, rief seine Mutter in einer zentralen Szene in Yves’ erstem Stück.
Erzählungen sowie ihr tänzerisches Spiel pendelt zwischen Rückblicken und dem Hier und Jetzt. Samt der Wehmut, dass dies nun ihre letzte gemeinsame Show ist – die sie aber auch noch öfter spielen (Regie: Hannah Biedermann). Danach wollen sie wieder getrennte eigene künstlerische Wege gehen, spielen, tanzen.
So klar die Ansage von vornherein – bis hin zum Titel – der Show ist, so nachvollziehbar sicht-, hör-, und spürbar fällt ihnen dieser Abschied – mit fast unzählbaren scheinbaren Enden des Stücks. Und Tränen in den Augen auch so mancher Zuschauer:innen, vor allem solcher, die die drei gemeinsamen, (gefühls-)intensiven Shows erlebt haben.
Analog zum „Liebe üben“ spielen sie Kinderstimmen ein – eine, die sagt, Abschiede ließen sich üben und eine andere gleich danach, die das Gegenteil in den Raum wirft.
Mit welch kurzer, prägnanter Choreografie Yves Thuwis und Nora Vonder Mühll am Ende dennoch sich und dem Publikum diesen Abschied mit der Einladung gemeinsam mit ihnen auf der Bühne zu tanzen, erleichtern, sei aber nicht im Detail verraten – es gibt ja noch wie eingangs erwähnt eine Show am Montagvormittag.
„5 Schritte Frieden“ – ein Projekt der Visuellen Theaterbibliothek und des Theaters im Urbanen Raum mit vier Szenen von Dževad Karahasan, gespielt in Österreichischer Gebärdensprache von Werner Mössler und in deutscher Lautsprache von Markus Rupert (Regie: Herbert Gantschacher) wurde am Klagenfurter Hauptbahnhof gespielt – und ist am Abend (20 Uhr) des internationalen Frauentags – 8. März 2025 – online zu sehen; Link am Ende des Beitrages.
Als bosnischer Moslem wurde Dževad Karahasan im Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina mit Ermordung bedroht, weil er mit einer Frau serbischer Herkunft verheiratet war. Die Flucht aus Sarajevo führte Karahasan in Österreich im Jahr 1993 zu ARBOS – Gesellschaft für Musik und Theater und der Produktion der Österreichischen und der Tschechischen Erstaufführung der Originalfassung der Anti-Kriegsoper „Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung“ von Viktor Ullmann (Musik und Libretto) in der Inszenierung von Herbert Gantschacher. So begann die langjährige Zusammenarbeit. Karahasan war dann Dramaturg für die Österreichische Erstaufführung der Kinderoper „Brundibár“ von Hans Krása (Musik) und Adolf Hoffmeister (Libretto). Diese Kinderoper wurde im Konzentrationslager Theresienstadt im Rahmen der Freizeitgestaltung 52 Mal gespielt. Karahasan war Garant der authentisch in Szene gesetzten Schicksale von Jugendlichen und Kindern unter den Bedingungen eines Konzentrationslagers.
Es folgten die künstlerischen Zyklen „Begegnungen an der Grenze“, „Geschichten vom Reisen“ und „Krieg = daDa“. Dafür schrieb Karahasan Dramen, Szenen und dramaturgische Texte, machte Klassikerbearbeitungen von Hölderlin und Büchner gemeinsam mit Herbert Gantschacher. Die Titel der einzelnen Szenen sind somit auch Programm des Projektes beginnend mit „Privileg Sterben“, fortgesetzt mit „Auf der Akademie“, „Die einen und die anderen“ und „Eine orientalische Parabel“ und fokussierend im gemeinsamen Text von Dževad Karahasan und Herbert Gantschacher „Gespräch als Kunst“.
In einem Raum mit riesigem Bett und glänzendem roten Überwurf für dieses spielt Angie (Alice Peterhans) intensive fiktives Unboxing, preist die unsichtbaren Waren für ihre Follower an mit Fingerzeig, wo sie Likes oder Comments hinterlassen könnten. Das war ihr Leben bevor sie hier ins „sozialökologische“ Therapiezentrum kam.
Im Raum daneben massiert Enzo (Phillipp Laabmayr) Blätter einer schon groß gewachsenen Topfpflanze, spricht mit ihr. Sie ist ebenso wie der legendäre Karl, der später im großen Gruppentherapieraum Gesprächsthema sein wird, „übergegangen“.
Wer zu viel CO2 verbraucht, bekommt zuerst Flecken und verwandelt sich dann in eine Pflanze. Insbesondere Bäume sind „Maschinen gegen den Klimawandel“ wie es schon vor rund 20 Jahren die von Kindern ausgehende Initiative „Plant for the Planet“, die weltweit Millionen von Bäumen gepflanzt bzw. deren Pflanzung initiiert hat, auf den Punkt brachte.
Neurowissenschafterin Jutta (Julia Schranz), die schon als Kind davon getrieben war, Gutes für die Menschen zu tun, kriegt sich bei einem Tischtennisspiel mit Angie in die Haare. Das via Social Media-Kanäle Anpreisen von Waren, die meist weit mit dem Flugzeug transportiert werden, schade doch dem Klima extrem. Wahrscheinlich in den Frachträumen jener Flieger, mit denen die Wissenschafter zu Kongressen, Tagungen usw. reise. Außerdem würde sie ja ihren Followern Glücksmomente verschaffen…
Vierter im Bunde der Klient:innen ist Marcel (Martin Hemmer) an seinem ersten Tag. Er habe sich sozusagen selber eingeliefert, weil er zu viel Energei verbrauche – und zwar ausgerechnet durch Gadgets an jedem seiner elektrischen und elektronischen Geräte, die den Stromverbrauch drosseln sollen 😉
Hier in der Klinik – übrigens spielt die Performance in einem Pavillon der Baumgartner Höhe, die früher Lungen sowie psychiatrische Abteilungen beherbergte – sollen die Klient:innen ressourcenschonenderes Verhalten in ihrem Leben erlernen. Weshalb sie in der Waschzeremonie üben, mit einer kleinen Spritze Wasser aufzunehmen und mit wenigen Tropfen den Körper reinigen lernen. Andernfalls sie „verbaumt“ oder „verpflanzt“ werden.
Das Publikum kann in „Kill my Phantoms“ (bis Mitte März 2025 – siehe Info-Box am Ende des Beitrages) von Raum zu Raum wandern, sozusagen Einzeltherapiesitzungen beobachten, hin und wieder ruft die Leiterin Britta (Birgit Stöger, die bei jener Vorstellung, die KiJuKU gesehen hat, erkrankt und von der Regisseurin Veronika Glatzner – lesend – ersetzt wurde) alle in den Gruppen-Therapieraum, wo’s zugeht wie in Parodien solcher Sitzungen in Kabarettprogrammen und Filmen. Momente, die zum Lachen einladen, ja fallweise fast zwingen.
Glatzner hat die rund eineinhalbstündigen Performance (Produktion von TEMPORA – Verein für vorübergehende Kunst in Koproduktion mit WUK performing arts) konzipiert und leitet sie auch künstlerisch. Mit an Bord ist als „medizintechnischer Assistenzarzt“ Barry b. fleischmann, der über seinen Laptop Musik, Sounds und Geräusche erklingen lässt. Auf ihrem krankenhaus-grünen Gewand (Nina Samadi) tragen die Klient:innen übrigens den Spruch „Protect me from what I want“ (Schütz mich vor dem was ich möchte/will)!
Eine humorvoller „Wander“-Abend von Station zu Station, Szene zu Szene, der nicht nur unseren Umgang mit Ressourcen, sondern auch den zwischenmenschlichen gar nicht besonders plakativ thematisiert und (möglicherweise) in den Köpfen nachhallt – sozusagen eine „Nebenwirkung“ der Therapie-Persiflage.
Zum 19. Mal werden in diesem Jahr Preise für herausragende Leistungen in der darstellenden Kunst für junges Publikum vergeben, landläufig Kinder- und Jugendtheater genannt. Die Verleihung der Stella-Awards – wie sozusagen die Nestroys in diesem Bereich heißen – findet jedes Jahr in einem anderen Bundesland statt, dieses Mal am 15. November 2025 in Salzburg. Von 11. bis 15. November findet das dazugehörige Festival statt, wo viele der nominierten Produktionen (nochmals) zu sehen sind – ergänzt um ein Spot On mit vor allem partizipativen, interaktiven, interdisziplinären Formaten aus ganz Österreich sowie lokalen/ regionalen Blicklichtern auf Produktionen eben in dem Fall aus Salzburg bzw. von salzburgerisch-bayrischen Kooperationen. Dazu gesellen sich ergänzend noch Workshops, Diskussionsveranstaltungen unter anderem zu Interdisziplinarität und New Generations at Theater for Young Audiences sowie weitere Veranstaltungen.
Nun aber zu den von der Jury – Cornelia Lehner, Daniela Oberrauch, Simon Schober & Teresa Stoiber – 23 Nominierungen in fünf Kategorien: Produktionen von 22 unterschiedlichen österreichischen Theatergruppen, -häusern aus acht Bundesländern im Jahr 2024. Gesichtet und bewertet haben die Juror:innen 116 Produktionen aus ganz Österreich. Mindestens drei der nominierten Produktionen – Stück, darstellerische Leistung, Ausstattung – drehen sich u.a. rund um Kleidung – was zum Titel dieses Beitrags und dem Cover-Foto inspirierte.
+ Emil und die Detektive
Vorarlberger Landestheater
Ab 6 Jahren
+ Rotz und Wasser
Tiroler Landestheater
Ab 7 Jahren
+ Licht aus
Tao! Theater am Ortweinplatz, Steiermark
Ab 8 Jahren
+ Oskar und die Dame in Rosa
Landestheater Linz | Junges Theater, Oberösterreich
Ab 10 Jahren
+ Zunder
Dschungel Wien, Wien
Ab 11 Jahren
https://kijuku.at/buehne/zwischen-komisch-lustig-und-beaengstigend/
+ Who cares what you wear?
Austria Fashion Association (NL), Dschungel Wien, Fashionclash (NL), Mayke Roels (NL) Wien
Ab 11 Jahren
+ Wir stapeln Stühle
Theater der Mitte und Jugendclub kleines theater Salzburg
Ab 12 Jahren
+ Ich rufe meine Brüder
Salzburger Landestheater
Ab 13 Jahren
+ Laura Dittmann, Claudia Kainberger, Lara Sienczak in „Muttertier“
Burgtheaterstudio Wien, Wien
+ Rebecca Hammermüller in „Bitch Boxer“
Vorarlberger Landestheater
+ Cordula Nossek in „Das Kleid – Theater zum Erinnern“
Dachtheater & MÖP Figurentheater, Niederösterreich
+ Samouil Stoyanov, Mechthild Harnischmacher in „Pettersson und Findus“
Volkstheater in den Bezirken – Tourformat des Volkstheaters, Wien
+ Daniel Angermayr in Kooperation mit der HBLA für künstlerische Gestaltung Linz in „Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse“
Landestheater Linz | Junges Theater, Oberösterreich
+ Anna Fucijas & Felix Huber in „Mirabilia“
VRUM Performing Arts Collective, Wien
+ Yuliia Makarenko in „Träum, Schachtel“
TanzCompanyELLA, Steiermark
+ Helene Payrhuber in „Balzen“
ZUSHG, Wien
+ Anselm Dalferth in „Die Prinzessin“
Musikverein, Wien
+ Anna Handler in „Die Kluge“
Salzburger Festspiele | Jung & Jede*r, Salzburg
+ Daniel Riegler in „Es ist Zeit“
Wiener Konzerthaus in Koproduktion mit Studio Dan, Wien Modern, TaO! Theater am Ortweinplatz, Salzburger Festspiele | Jung & Jede*r, Wien
+ Moritz Weiß Klezmer Trio in „Ende Gut, Alles Gut“
Studio KECK in Kooperation mit Wiener Konzerthaus, Brucknerhaus Linz und Jeunesse
+ Spuren
Theater.nuu – Kooperation mit Kinderkulturzentrum Kuddelmuddel, Schäxpir Festival und Anton Bruckner 2025, Wien
Ab 1 Jahr
+ ?Neugierig?
OLIVIA productions Theater Kunst und Kultur für junges Publikum, Wien
Ab 2 Jahren
+ AS-LAS-Glas
Theater Rampa, Kärnten
Ab 3 Jahren
+ Der Anfang von fast Allem
Salzburger Landestheater
Ab 5 Jahren
+ Im Orbit (Gleis 21)
tanz.sucht.theater, Wien
Ab 7 Jahren
+ Tanzlabor: Alles & Nichts
Junge Staatsoper Wien, Wien
Ab 12 Jahren
+ Spiel des Lebens
Theater Ansicht, in Koproduktion mit SOHO Studios Ottakring, Wien
Ab 14 Jahren
+ Hope
schallundrauch agency, Wien
Ab 14 jahren
+ Unerwartete Gemeinsamkeit
Landestheater Niederösterreich | Bürgertheater
Von der ASSITEJ Austria, der Österreich-Sektion der internationalen Kinder- und Jugendtheatervereinigung (Association internationale du théâtre pour l’enfance et la jeunesse) 2007 ins Leben gerufen, ist der STELLA-Darstellender.Kunst.Preis für junges Publikum ein zentraler Impuls, um auf die Qualität und Vielfalt der österreichischen Tanz- und Theaterszene für junges Publikum aufmerksam zu machen.
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Ein Kranich, und zwar ein typisch aus Papier gefalteter (Origami), fliegt durch dieses Bilderbuch – von der Titelseite weg. Er ist die Hauptfigur. Auf der ersten Doppelseite versucht er einen Landeplatz zu finden. Er ist müde vom Fliegen. Und nicht nur davon.
Aber es kommt noch viel schlimmer. Er lässt sich auf einer hohen Mauer nieder. Doch statt sich ausruhen zu können, hört er nur vier Kinder, die streiten – zwei Buben um einen Ball, zwei Mädchen um eine Springschnur (musste es so klischeehaft sein?). In riesigen Buchstaben fliegen viele „Ich“, manchmal in Kombination mit „Nein, ich will…“ oder „haben“ durch die Bilder vor der Mauer, auf der der Kranich sitzt und von der lauten, heftigen Streiterei fast runterfällt. Am liebsten würde er wegfliegen, doch dafür fehlt im jetzt die Kraft.
„Wer bist du?… wohnst du hier?“, reißen ihn die beiden Mädchen aus der Müdigkeit. Auch die beiden Buben kommen, einer findet: „Du siehst schon aus“, der andere meint „irgendwie geheimnisvoll“.
Weniger die Fragen und Aussagen, aber dieses „du“ ist’s, das den Vogel nach den vielen und ausschließlichen „Ich“ putzmunter werden und zu neuen Kräften kommen lässt. Und er beginnt ihnen davon zu erzählen, dass er Streitschlichter ist. Bei den vier Kindern muss er nun nicht mehr ran, die haben’s ge-checkt. Noch viel mehr, sie beginnen nun sogar gemeinsam zu spielen – und zwar erst Ball und dann Springschnur – und haben so den Weg vom Ich zum Du und gar zum Wir durch das kurze Gespräch gefunden.
Heinz Janisch hat diese Geschichte wie das bei ihm so oft ist, in knappen, treffenden Sätzen geschrieben. Und dieses Mal war es Nadine Kappacher, die den Text mit ihren Bildern erweitert. Beim Streit ist die Mauer, auf der sich der Kranich niederlässt, recht hoch und düster, die Kinder erscheinen in ihrer Ichbezogenheit nur wie weiße Kreidezeichnungen an dieser Wand. Erst mit der Begegnung mit dem Kranich auf der Mauer und dem ersten Du werden sie bunt – und nun mit sympathischem Gesichtsausdruck. Was sogar dem gefalteten Papiervogel ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
Die Mauer ist übrigens keine fiktive, ausgedachte, sondern die der burgenländischen Burg Schlaining, wo vor mehr als 40 Jahren das Österreichische Friedenszentrum einzog und sie zu einem Forschungs- und Begegnungszentrum für Frieden machte. Von dort ging auch die Initaitive zu diesem Bilderbuch aus, namentlich von Ursula Gamauf-Eberhardt (Friedenspädagogik am Österreichischen Friedenszentrum auf der Friedensburg Schlaining) und Klaus Novak (Fort- und Weiterbildung an der privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland).
Der Kranich ist nicht zufällig Held dieser Geschichte: Vor rund 15 Jahren kam Masahiro Sasaki mit dem Theaterduo Ingrid und Christian Mitterecker in die Friedensburg. In der Bibliothek übergab der Gast aus Japan einige kleinwunzige, gefaltete Papierkraniche und zwar ganz besondere. Die hatte Jahrzehnte zuvor seine kleine Schwester Sadako gefaltet.
Die Sasakis lebten in Hiroshima. Diese Stadt legten die USA mit einer Atombombe am 6. August 1945 in Schutt und Asche (drei Tage später auch Nagasaki). Zehntausende Menschen starben unmittelbar. Tausende überlebten und litten an Spätfolgen. Sadako brach rund zehn Jahre nach dem Atombombenabwurf zusammen, kam ins Krankenhaus und hörte von der japanischen Legende, dass 1000 gefaltete (Origami) Kraniche Gesundheit bringen oder Wünsche in Erfüllung gehen lassen würden. So begann sie zu falten, ihre Geschichte ging durch Zeitungen, Kinder aus ganz Japan schickten Papierkraniche ins Spital. Doch Sadako starb letztlich doch mit nicht ganz 13 Jahren.
Ihr Bruder, der überlebte, hatte einige der Kraniche gesammelt. In seiner Pension verfasste der Friseur Gedichte an seine kleine Schwester. Die sind – auf Japanisch mit deutscher Übersetzung – ebenso im Verlag Bibliothek der Provinz erschienen wie das Buch der beiden Theatermacher:innen und Autor:innen „Sadakos Plan“ (dieses zuvor als Buchklub-Taschenbuch). Später erschienen diese beiden und noch weitere rund um Sadako Sasaki im Verlag *ingridundchristian.at*.
Auf einer Theaterreise durch die halbe Welt hatten Ingrid und Christian Mitterecker Masahiro Sasaki in Japan getroffen und sich die echte Geschichte seiner Schwester erzählen lassen. Womit ihr Buch – und ein Theaterstück, das sie auch in Schlaining spielten, viel näher an der Wahrheit ist als andere eher fiktive Bücher wie „Sadako will leben“, das sich nur auf Medienberichte stützte, oder Zeichentrickfilmen, Comic und ein Musical. Masahiro brachte übrigens mit einem seiner Söhne, Yuji, auch eine CD mit in die Friedensburg. Yuji ist Musiker geworden und hat mit seiner Band einige der Gedichte des Vaters für seine Tante, die er nie kennenlernen durfte, komponiert und gespielt.
(Diese Darstellung hier ist übrigens auch weit näher am tatsächlichen Besuch in Schlaining als jene auf der Website des Friedensinstituts, zu der du über einen QR-Code auf der letzten Buchseite von „Der Kranich und das DU“ kommst.)
Neben einem weißen, zarten Vorhang, der durch jede Bewegung leicht ins Wehen kommt, sitzt – im Video an die Wand projiziert eine Frau mit großer Handtasche, schmatzend, neugierig schauend und das Geschehen kommentierend. Bald gesellt sich am anderen Ende des Bühnenhintergrunds ebenfalls an die Wand „geworfen“ ein Mann mit Hut dazu. Die beiden sind eine Art Side-Kick für das folgende spannende, bedrückende und doch immer wieder von Humor und Sarkasmus durchbrochene Stück, das sich in der Mitte zwischen ihnen abspielt. Wobei die beiden als Video dann ohhen immer wieder verschwinden.
„Alles gerettet!“ spielt sich hier in der mittleren der drei Röhren der Wiener Neustädter Kasematten – wenige Gehminuten vom Bahnhof entfernt – ab. Es handelt sich um einen für die Bühne adaptierten von Helmut Qualtinger und Carl Merz (berühmt u.a. für „Herr Karl“) geschriebenen TV-Spielfilm (1963 erstveröffentlicht, u.a. mit Attila und Paul Hörbiger) über den Wiener Ringtheaterbrand (8. Dezember 1881, Schottenring 7 – wo heute die Polizeidirektion Wien residiert). Dieser forderte offiziell 384, manchmal ist die Rede von 386, Todesopfer, informelle Berichte sprachen von bis zu 1000 Toten. Die beiden nahmen den Prozess, der immerhin schon wenige Monate nach der Katstrophe stattfand und bei dem auch führende Feuerwehr- und Polizeimänner angeklagt waren, zum Anlass für ihren dramatischen Text.
Die Wortwiege (neuerdings mit dem Untertitel „Festival für Theaterformen“), die seit 2020 in der ehemaligen Befestigungsanlage der Stadtmauer (2019 für die damalige niederösterreichische Landesausstellung renoviert) hier regelmäßig Programm macht, hat das in Vergessenheit geratene Stück sozusagen ausgegraben, eine eigene Bühnenfassung, die sich ziemlich an den Originaltext hält, erstellt – und inszeniert (Regie: Anna Luca Krassnigg; künstlerische Mitarbeit: Ira Süssenbach). Wichtigste Abweichung: Etliche Männer aus dem Original und der damaligen Realität sind hier mit Frauenrollen, teils wiederum von Männern gespielt, besetzt; u.a. die eingangs erwähnte Gerichtskiebitzin Hromatka (die im Stück hier nie mit Namen genannt wird) mit Martin Schwanda; oder Zeugin Völkl (Vorgänger:in in der Ringtheater-Direktion) mit Jens Ole Schmieder, der wie auch seine Kolleg:innen Lukas Haas, Ida Golda, Isabella Wolf und Saskia Klar in etliche der Rollen als Zeug:innen bzw. Angeklagte schlüpfen; Schmieder vor allem auch als einer der Hauptangeklagten, Polizeirat Landsteiner.
Ringtheaterbrand – dies ist in der Theaterszene Wiens und Österreich ein bekannter Begriff – strenge Sicherheitsbestimmungen sind darauf zurückzuführen. Die reichen vom Eisernen Vorhang, der vor Beginn eines Stückes Bühne und Publikumsraum großer Theaterhäuser trennt, ständig sichtbare Notbeleuchtung bis hin dazu, dass Mäntel und dergleichen bzw. Taschen und Rucksäcke an der Garderobe abzugeben sind, damit im Notfall, niemand auf der Flucht vor einem Brand über irgendetwas stolpert und die Nachfolgenden dann über diese Person.
Aber was sich so wirklich am Abend des 8. Dezember 1881 abgespielt hat, kennt kaum wer. Dabei hatten Helmut Qualtinger und Carl Merz – ausgehend vom Prozess im Frühjahr 1882 und mit vielen Zitaten aus den Gerichtsakten – einen Fernsehfilm „Alles gerettet!“ geschrieben. Erst vor weniger als zehn Jahren gab es auch bei der Viennale und der Diagonale den Film „Sühnhaus“ der Journalistin und Filmemacherin Maya McKechneay über diesen Brand.
Der Titel „Alles gerettet!“ bezieht sich auf eine Aussage, die dem obersten Polizisten beim Brand zugeschrieben wird. Und dies obwohl zahlreiche Menschen, die sich aus dem Theater retten konnten von Leichenbergen sprachen. Ausgelöst durch einen lichterloh brennenden Vorhang, der durch einen heftigen Luftzug bis hinauf in die vierte Publikumsgalerie geweht wurde, stand bald das ganze Theater in Flammen. Die Notbeleuchtung funktionierte nicht und so stolperten Menschen, die dem Feuer bzw. der Hitze entkommen wollten, fielen übereinander. Vor allem eben aus der vierten und dritten Galerie, also von den billigen Plätzen. Always the Same ;( – siehe Untergang der Titanic.
Wer trägt Verantwortung, bzw. wer hat solche selbstlos aus eigenem Antrieb übernommen? Wer hat Hilfe verunmöglicht oder gar be- oder verhindert? Diesen Fragen wollte das Gereicht nachgehen. Das hier ausschließlich als vorgenommene Simmen aus dem Off zu hören ist: Präsident (Horst Schily), Staatsanwältin (Lena Rothstein), Rechtsanwalt Dr. Fialla (Helmut Jasbar), Rechtsanwalt Dr. Markbreiter (Franz Schuh), Schriftführerin (Julia Kampichler).
Während die meisten Zeug:innen schilder(te)n, wie lax oder gar kontraproduktiv Einsatzkräfte vorgegangen sein sollen, putzen sich die Angeklagten ab. Von sie hätten alles Mögliche getan bis zum Abstreiten der Vorwürfe ihrer Untätigkeit. Unterschiedliche, individuelle, teils karikierte Typen, die dennoch ein gesamtgesellschaftliches Panoramabild ergeben: Es sei nichts zu verhindern gewesen. Alles in Ordnung. Ohne dass dieser Satz fällt, entsprechen viele der „Verantwortungen“ dem Geist von „ich habe nur meine Pflicht erfüllt“ – damals oft noch viel weniger.
Obendrein hatte ein halbes Jahr davor im französischen Nizza ein Theater gebrannt und 200 Menschen das Leben gekostet. Daraus wurden Lehren gezogen und es gab bereits auch in Niederösterreich schon neue Brandschutzbestimmungen – die von Wien noch nicht übernommen worden sind.
Im Gegensatz dazu schildern einige der Zeug:innen, dass sie beherzt versucht hatten, trotz Flammen, trotz Rauch und trotz der Drohungen, da ja nicht hineinzugehen, es doch getan und wenigstens die eine oder den anderen gerettet zu haben. Womöglich waren gerade diese Aspekte der Grund, weshalb das kritische Erfolgsduo dieses – damals (Fernseh-)Stück geschrieben hatte.
Die fünf genannten Schauspieler:innen switchen bei ihren jeweiligen Rollenwechseln in immer wieder unterschiedliche Charaktere – sowohl als konkrete Personen als auch als stellvertretende Typ:innen in einem schrägen Bühnen- und teils auch Kostüm-Ambiente (Bühne: Andreas Lungenschmid, Kostüme: Antoaneta Stereva Di Brolio, Maske: Henriette Zwölfer).
Die zwei Figuren aus dem Video sind inszeniert als typische „Herr-Karl“-Figuren. Martin Schwanda als Hromatka kommentiert das Prozessgeschehen in diesem Stil, bedauert selbst nicht in den Zeugenstand geholt zu werden. Kramt immer wieder in der Tasche, reicht dem Kollegen übers „Nichts“ hinweg ein „Wiener Zuckerl“, hält ein solches auch aus dem Film mit ausgestreckter Hand dem Publikum hin. Was die mit einer solchen Kette geschmückte Regisseurin und Co-Leiterin der Wortwiege, Anna Luca Krassnigg, am Premierenabend erklärt, war also keine Anspielung auf den aus Wr. Neustadt stammenden Bundeskanzler der sogenannten Zuckerlkoalition;). Hromatkas kongenialer Video-Partner (Film und Musik: Christian Mair) als Gerichtskiebitz: Lukas Haas alias Schagerl, der auch als Zeuge aussagt, aber auch noch in der Rolle weiterer Zeugen sowie eines Angeklagten (Feuerwehr-Exerziermeister Heer) auftritt.
Das Krasse, das an diesem (mehr als zweistündigen) Theaterabend mitschwingt: Das war keine Fiktion, die dramatischen Szenen, die Zeug:innen schildern, haben tatsächlich stattgefunden. Und: Trotz offensichtlichen Bemühens des Gerichts: Die hohen Herren wurden alle freigesprochen, Haftstrafen für Beleuchter als Bauernopfer.
Eine kreisrunde Bühne auf der Bühne, anfangs verdeckt durch einen Vorhang an runder Stange, wie eine Art Zirkusmanege. Baustellenlärm erklingt als das Publikum in den größeren der beiden Säle des Theaterhauses Dschungel Wien im MuseumsQuartier strömt. Und dann legen sie los. Vier recht junge Erwachsene, die Jugendliche spielen. In den Szenen sind sie meist noch Schüler:innen. Die (literarische) Epoche „Sturm und Drang“ (wie eine Komödie von Friedrich Maximilian Klinger heißt) und spätere Ausläufer (Frank Wedekinds „Frühlingserwachen“) stehen sozusagen auf dem Stundenplan.
Eine Stimmung von „pfau, wie nervt mich das, was geht das uns an?!“ – und das ziemlich energiegeladen performt von Stella Biziyaremye, Yves Jambo, Maggie Al-Ghraibawi und Justina Nyarko erfüllt den ganzen Raum. Aber nicht in der Art der erfolgs-Filmkomödien „Fack ju Göhte“, sondern mit der Forderung: „Lass uns über Themen reden, die uns betreffen. Uns als jugendliche Rebell:innen, als junge Menschen mit Verbindungen zu Kulturen in verschiedenen Gegenden der Welt. Warum immer alles aus eurozentristischer, vor allem deutscher Sicht?
Hin und wieder die eine oder andere Anspielung bzw. gar ein Zitat aus Wedekinds All-Time-Klassiker, vor allem aber Diskriminierungs-, Rassismus-Erfahrungen aus dem Alltag. Aber kein Versinken in Opfermentalität, sondern Ausgangspunkt für Widerstand. Rasant, wild, laut, rebellisch Widerstand, Auflehnung, Anklage an die Generation der Erwachsenen für deren Versäumnisse, Fehler, Ignoranz den Problemen der Welt gegenüber im Allgemeinen und der Jugendlichen im Speziellen…
Neben Schauspiel und Performance in unterschiedlichster analog-Version auf der Bühne werden per Video eine TV-Talk-Show sowie die Persiflage auf ein Schauspiel-Casting eingespielt. (Da fehlen leider in den Infos zur Performance die Mitwirkenden, die nicht selber auf der Bühne in Erscheinung treten.)
Und das alles mit riesiger Power, viel Musikalität, auch im Gesprochenen, überwältigend, mitreißend, irgendwie nicht zuletzt Mut machend angesichts der Weltlage, der wieder einreißenden Ignoranz gegenüber der Klimakrise und als – geplante – Zugabe ein Song einer weiteren jungen Künstlerin, Laura Asemota, performt von ihr und dem Quartett, das die Stunde rockt, das Publikum im vollbesetzten Saal mit Energie ansteckt.
Großer Jubel auch aller Erwachsenen im Saal – sei es, weil sie sich als Ausnahme sehen, sei es aus schlechtem Gewissen oder gar, weil sie froh sind, dass die nächste Generation zeigt, dass sie Ungerechtigkeiten den Kampf ansagt, aktiv werden will – wie vor ein paar Jahren die Klimabewegung – und damit die Welt rettet, indem sie den (gesellschaftlichen) Müll wegräumt, den (wir) Älteren angerichtet haben.
Und siehe da – der Kreis zum Beginn schließt sich (Regie: Myassa Kraitt, Dilan Şengül; Outside Eye /Regie-Beratung: Aslı Kışlal, Mani Obeya, Steffo Sourial). Reclam-Heft in die Höhe gehalten, Klassiker-Zitat und: War das nicht auch der Sinn von Sturm und Drang, gegen die alte Ordnung anzuschreiben?
Und doch drängt sich beim Reflektieren eine Frage auf: Ist es wirklich (nur) ein Kampf der Generationen? Gibt es nicht auf der einen Seite beispielsweise Initiativen wie „Omas gegen Rechts“ und auf der anderen Seite gar nicht so wenige rechte, patriarchal-machistische, antifeministische, rassistische bis faschistische Jugendliche?
Zwei rote Klapp-Sessel, ein hoch hängender Kleiderhaken mit weißem robenartigem Kleid und ein Laptop (Ausstattung: Ria Papadopoulou), über den Musik und aufgenommene Interviews abgespielt werden – da reicht den beiden Darsteller:innen für eine berührende, witzige, von Auf und Abs gekennzeichnete sehr tänzerische Performance mit nicht allzu vielen Worten über eines der größten, vielbesungenen und oft doch recht komplizierten Gefühle.
Mit „Liebe üben“ starteten Nora Vonder Mühll und Ives Thuwis den ersten Teil einer Trilogie im Rahmen der internationalen Gastspiele beim erstmals ausgetragenen Slup-Festival für vor allem jugendliches Publikum. Dafür haben sich die Theaterhäuser Dschungel Wien, WuK-Kinderkultur, Burgtheater und NEST (Neue Staatsoper im Künstlerhaus) zusammengetan (nicht ganz drei Wochen bis 23. März 2025).
Möglicherweise wahre Gefühle der beiden vor allem zueinander – und viele gesammelte Aussagen von Kindern aus der Schweiz, Österreich, Liechtenstein und Deutschland als Audiodateien, aber auch vorgelesenen Briefen – bildeten die Basis für getanzte und hin und wieder gesprochene Gefühle der Annäherung, des Zweifels dabei, des schüchternen bis dezidierten sich Zurückziehens. Vom Gegensatz bis zu synchronen Bewegungen, von Nähe trotz Distanz, wenn sie miteinander per Stöckelschuh von einem zum anderen Ende der Bühne „telefonieren“.
Alles ist ja gefahrlos, denn sie „üben“ ja nur Liebe, spielen Gefühle auf der Bühne, um sich die Gefahr echter Gefühle – samt möglichen Enttäuschungen – zu ersparen. Vor allem Nora Vonder Mühll will das probieren, habe sie sich doch beim ersten Aufeinandertreffen vor Jahrzehnten in Yves Thuwis verliebt. Der aber war damals schon mit einem Mann verheiratet. Wie umgehen damit, dass jemand verliebt ist in einen anderen Menschen, der in einer Beziehung ist, wie reagieren, das sagen oder nicht? Die beiden wenden sich dabei und an anderen Stellen mit ihren Fragen auch ans Publikum, fangen dort Antworten ein.
Ach ja, das Kleid – ein Hochzeitskleid. Ausgehend von Kinder-Aussagen zum Heiraten schlüpft einmal sie, dann wieder er in dieses. Es wird aber auch zu einem großen Stoffballen, unter dem das Gesicht verhüllt werden kann oder zu einem Baby.
Tänzerisch, ja akrobatisch liefern die beiden zwei Highlight-Momente: Einmal versucht sie sich ihm anzunähern, obwohl der zusammengeklappte Sessel, den er um den Hals trägt, eine rein physisch fast unüberwindbare Hürde darstellt. Nur noch übertroffen von einem minutenlangen Kuss mit tänzerischen Bewegungen und Verrenkungen über die ganze Bühne, Drehungen, Wendungen, liegend, sitzend, stehend – ohne die Lippen voneinander zu lassen – dafür gab’s Szenenapplaus. Und gleich danach eine Kinderstimme aus dem Lautsprecher des Laptops, Zuschauen Küssender in der Öffentlichkeit ekelig zu finden 😉
Auch wenn in dieser Stunde „nur“ geübt wird (Regie: Hannah Biedermann), so verströmt die Performance tiefe Gefühle – übrigens auch des Gegenteils, denn einige Minuten lang „üben“ die beiden auch Trennungen.
Wenn das Opernhaus an der Wiener Ringstraße zu einem riesigen Ballsaal umgebaut ist, dann wird das seit viiiielen Jahrzehnten zum gesellschaftlichen Großereignis, das seit Langem schon auch von praktisch allen Medien groß zelebriert wird. Da wird sogar die ORF-Nachrichtensendung ZiB2 zeitlich verschoben und auf Mindestmaß zusammengestutzt. Die billigste Loge beim Ball der Reichen und (angeblich) Schönen kostet 15.000 Euro. Dafür müssten Durchschnittsverdiener:innen (netto knapp mehr als 2.000 €) siebeneinhalb Monate lang jeden Euro sparen – ohne Wohnen, Essen und sonstige Ausgaben. Und das für eine Nacht – ohne dort einen Tropfen zu trinken bzw. einen Bissen zu essen!
Dieses Ball„vergnügen“, das nur einmal 1991 wegen des ersten Irakkrieges sowie in den Jahren 2021 und 2022 wegen der Pandemie abgesagt wurde, gab sich im Vorjahr auch die Schriftstellerin Stefanie Sargnagel gemeinsam mit der Theaterregisseurin Christina Bona Maria Tscharyiski – zu Recherchezwecken im Auftrag des Theaters im Wiener Gemeindebau Rabenhof. Und was für eine satirische, sarkastische Show ist daraus geworden! Natürlich überspitzt und überzeichnet, wurden ihre Wahrnehmungen zu einer verspielten Show mit Live-Musik. Und doch ist ihr Text – gespielt von Laura Hermann, Martina Spitzer, Skye MacDonald, Jakob Gühring in Ganzkörper-Blumenkostümen in der Art von zu Baumformen gestutzten Figuren (Miriam Draxl) – kein reines „Eat the Rich“-Bashing. Sondern enthält auch Elemente des offenbar massenhaften Gerne-dabei-sein-wollens. Und auch die Reflexion ihrer eigenen Anwesenheit. Um 360 Euro (heuer schon 390) gibt’s Eintrittskarten.
„Das ist für ein Ballett, die Philharmoniker, einen Ball und so weiter gar nicht so viel. Auf eine andere Veranstaltung dieser Art würdest du gar nicht kommen.“
„Das ist meine Monatsmiete!“ ruft die Kellnerin entsetzt.
„Das ist ein Viertel meines Gehalts. Das ist viel Geld!“
„Naja wennst bissl was sparst, dann geht sich das schon aus. Die haben nicht mal unseren Ausweis kontrolliert.“
So heißt es unter anderem im eineinhalbstündigen Stück, für das sie fiktive Begleiter:innen – eine Kellnerin und einen Museumswärter – miteinbaut. Wechselnd schlüpfen die vier Schauspieler:innen in die Rollen dieser beiden, von Stefanie Sargnagel herself und so manche Ballbesucher:innen.
Natürlich darf in dem unterhaltsamen, schrillen, schrägen, temporeichen, bitterbösen Spiel jene Zentralfigur der Berichterstattung nicht fehlen, der (im Vorjahr im Sommer verstorbene) Baumeister „Mörtel“ Lugner mit seinen jeweiligen eingekauften prominenten Gästinnen. Anfangs von den Reichen und Schönen naserümpfend kommentiert, wurde er in den folgenden Jahren immer mehr zu einer Art Ballkönig. „Lugner ist mächtig, denn er ist zu allem bereit und unmöglich zu kränken. Ihm ist alles scheiß egal. Niemand interessiert sich für Betrand de Billy, Garanca oder – Strauss. Alles, was die internationale Öffentlichkeit wissen will, ist, ob seine neue Freundin Vogi, Schweindi, Hexi, Schwubsi, Popschi, Furzi oder Gaxi heißt. Wie übergriffig er diesmal seinen Gast behandelt, wie oft er ihren Namen falsch ausspricht. Chinchilla, Brunzilla, Gozilla. Spitzenpolitikerinnen, Weltstars, Milliardäre werden zur Seite gebulldozert, wenn er durch die Festgesellschaft will.“
Congenial ist das Zusammenspiel der „Blumenkinder“-Darsteller:innen, die mit Fortdauer des Stücks und der Illuminierung der Ballgäste Teile ihrer Dekoration ablegen, mit der Live-Band Saló, die lautstark eigene Songs mit ironischen Opernball-Texten performen. Von „Wer ist in Wer, Wer ist ein Was?“ bis zu einem über Lugner. Phasenweise wäre ein bisschen weniger Lärm nicht schlecht, um mehr von den Texten zu verstehen.
Zwei Schauspieler stehen zunächst seitlich vom Publikum, kommen auf die Bühne und schlüpfen vor aller Augen erst in ihre Rollen. Jugendliche. Pubertierende. Burschen. Goschert der eine, voll der Macker – zumindest will er sich so geben, sähe sich auch selbst gern so. Manchmal aufbrausend. Ohne Ansatz. Eher zurückhaltend, schüchtern, verträumt, ja poetisch der andere.
Aber sie sind nun einmal hier zusammen. Auf engem Raum. Zusammengeschweißt durch Schicksalsschläge, von denen der Name Ikarus noch nicht der allerschlimmste ist. Der ist querschnittgelähmt von TH 10 – von zwischen Brust- und Bauchmuskeln abwärts. Francis, der spätere Kumpel, hat Multiple Sklerose, geht mit Krücken.
Ihre Behinderungen haben sie hier in einer Rehabilitationsklinik zusammengebracht, sind klarerweise nicht zuletzt deswegen Gesprächsthema. Und mit dem gehen sie – wie es echt Betroffene oft wirklich tun, scheinbar respektlos, bitterböse, schwarzhumorig um. Weshalb der ursprüngliche Stücktitel „Mongos“ (das in gut einem halben Dutzend deutschsprachiger Theater lief/ läuft) ziemlich zutreffend ist – so wie sich in Wien vor mehr als einem Vierteljahrhundert eine Gruppe von Satirikern mit verschiedenen Behinderungen „Krüppelkabarett“ nannte. Weil der Begriff aber doch diskriminierend wirkt, haben sich Verlag und Theatergruppe entschlossen, es unter neuem Titel zu spielen: „Irreparabel“.
Geblieben ist die für manche mitunter verstörend radikale Ablehnung von Pseudo-Mitgefühl, das eher ins Mitleid abgleitet. So zeigen sie einander – und dem Publikum wie Respekt geht: Sich als Menschen zu behandeln, genauso wie wenn sie keine Behinderung hätten. Nicht in Watte packen, also auch benennen, vielmehr sogar beschimpfen, wenn sich einer als A…-loch aufführt…
Vor diesem Hintergrund spielt sich in diesen knapp eineinviertel Stunden des Stücks von Sergej Gößner vor allem die Annäherung zweier völlig unterschiedlicher Typen ab: Von der Ablehnung des Zwangsgenossen – es gibt anfangs fast keine echte gemeinsame Gesprächsbasis – bis hin zur Freundschaft. Derzeit ist eine Version des Stücks in einer Koproduktion der Grazer Gruppe „Follow the Rabbit“ mit dem Theaterhaus TiG7 Mannheim in Österreich zu sehen – derzeit im Wiener Werkstätten- und Kulturhaus (WuK), demnächst im Grazer Theater am Ortweinplatz (taO!).
Gefühle – auch da klafft’s lange auseinander. Ach wozu sollen die gut sein, lehnt Ikarus (sehr überzeugend Nuri Yıldız) die ab. Macho. Frauen sind in seinem Hirn und in seinen Sprüchen nichts als Sexualobjekte. Schüchtern im Gespräch, tiefgreifend gefühlvoll in seinen aufgenommenen Gedichten hingegen Francis (voll glaubhaft Jonas Werling). Und dann taucht Jasmin auf. In die verknallt sich Ikarus – und wird sanfter. Zunächst nur vorübergehend. Dauerhaft will – oder kann – er noch nicht von seinem schon eingeschliffenen Männlichkeitswahn lassen. Als er droht, allein in der Reha-Klinik zurückzubleiben, bereut er kurz, will alles gut machen, nochmals von vorn anfangen, um wieder und nochmals ins alte Fahrwasser zu kippen, bis … – schau und erlebe dieses Stück selbst mit!
Der Vater malt am liebsten, die Mutter widmet sich der Erforschung von Kleintieren wie Insekten, der Bruder liebt Musik und bläst auf einer riesigen Tuba, doch was will sie, seine Schwester? Alles mögliche probiert sie aus – vom Tennis über Trompete bis Karate, kochen und tanzen…
Nun gut, in Wahrheit verrät schon der Buchtitel, worauf die junge Hauptfigur steht: „Ich mag Mathe“ – in Wort (auf Englisch) und Bild (Wasserfarben und Tinte) vom in Italien lebenden Spanier Miguel Tanco (Übersetzung aus dem Englischen: Margot Wilhelmi) zeigt zunächst den längeren Weg, bis die namenlose Heldin draufkommt, dass ihre Leidenschaft Zahlen und vor allem geometrische Formen sind.
Da staunt etwa die Lehrerin nicht schlecht – und nicht besonders angetan-, dass das Mädchen Formeln, Kurven und Diagramm auf das Blatt auf der Staffelei zeichnet, während ihre Mitschüler:innen alles mögliche andere malen.
Auf den folgenden Doppelseiten gelingt es dem Autor und Illustrator den Satz „Mathematik ist praktisch überall. Man muss nur die Augen aufhalten!“ wunderbar in ein Bild umzusetzen, das dies sogar bis in die Äste von Bäumen oder Klettergeräte auf dem Spielplatz sowie beim Steine-in-den-See-werfen beweist. Oder wie hilfreich die Kenntnis dieser Wissenschaft sein kann, wenn es darum geht, Essen gerecht auf die vier Familienmitglieder aufzuteilen. Und dennoch wird letztlich in diesem Bilderbuch nicht alles durch die Mathe-Brille betrachtet, sondern der Blick erweitert.
Nach der Bilderbuchgeschichte gibt es am Ende einen Anhang unter dem Titel „mein Matheheft“ mit anschaulichen Beispielen und Erklärungen aller möglichen geometrischen Formen. Ein wunderbares Buch, um diese Wissenschaft, die in Schulen oft noch immer als Angstfach gilt, charmant und interessant darzustellen.
Gemütlich lümmelt Helene Hütter als Kuh namens „Mama Muh“ auf einem Kunstrasenteppich vor einer Bilderbuch-Kulisse (Bühne & Kostüme: Birgit Oswald und Hans-Peter Kellner) im THEO, dem THEaterOrt in Perchtoldsdorf bei Wien. Entstammt sie – nicht die Schauspielerin, aber die Figur – auch einer Serie von mehr als einem Dutzend Bänden (1993 bis vorläufig 2021) über dieses unternehmungs- und abenteuerlustige Rindvieh von Jujja Wieslander, teils auch Tomas Wieslander; illustriert von Sven Nordqvist (bekannt von Petterson und Findus), Übersetzung aus dem Schwedischen: Angelika Kutsch, Maike Dörries. Sie, ihre ungewöhnlichen Aktivitäten und so manche ihrer Freund:innen wurden auch schon vor 15 Jahren zu einer Zeichentrickserie, einem Spiel- sowie einem Animationsfilm (beim Kinderfilmfestival des Vorjahres zu sehen) und immer wieder auch zu (Puppen-)Theaterstücken verarbeitet.
Bis Ende März ist eine solche Bühnenfassung (Joachim Henn, der auch Texte für einigen im stück eingebaute Lieder schrieb; Musik: Monika Kutter) zu sehen und hören. In der Regie von Hans-Peter Kellner wurden einige Episoden aus verschiedenen Mama-Muh-Büchern zu einem Stück zusammengebaut und vor allem die ungewöhnliche Freundschaft mit einer Krähe (zwei Bände aus der Buchserie) ins Zentrum gerückt.
Während die Kuh Radfahren lernen möchte, schaukeln will und sogar einen Ausflug in die Stadt unternimmt, zeigt sich die Krähe (Rebecca Richter) angesichts all dieser Unternehmungslust ziemlich skeptisch. „Ich glaub mich trifft ein Flügelschlag“, rät sie der neuen Freundin ab. Außerdem flattert sie hektisch und schrill herbei, um mehrfach zu betonen, „ach, ich hab überhaupt keine Zeit“, weil noch so viel zu tun sei.
So wie die Kuh über den Ausflug in die Stadt „nur“ erzählt, während die Schauspielerin im Kuh-Kostüm tatsächlich schaukelt und – zum Gaudium der jungen Zuschauer:innen – gekonnt tollpatschig versucht, sich verkehrt herum aufs Fahrrad zu setzen, einen Sturz baut oder nicht bremsen kann, schildert Krähe auch einen Ausflug in den Dschungel.
Den nimmt ihr die Kuh nicht ganz ab, bis die Vogel-Darstellerin gesteht, dass sie den halt „nur“ in der Fantasie unternommen hat. Und so stehen gespielte Szenen neben blumig und ausgeschmückt erzählten Abenteuern samt Verwunderung der Kuh über das Leben in der Stadt. Da dachte sie, die nette Frau würde ihr Essen servieren und dann wurde diese böse, als Kuh die Blumen fraß. Und was soll ein Park-Haus sein, wenn es dort keinen Park gibt?
Jedenfalls versichern die beiden gegen Ende einander, dass ihnen mit der jeweils anderen nie langweilig werde – was auch fürs Publikum gilt. Und so „nebenbei“ werden Botschaften wie Freundschaft über (Art-)Grenzen hinweg ebenso vermittelt wie, auch wenn etwas neu und ungewöhnlich ist, trau dir’s zu, du kannst es lernen.
Im Gegensatz zu seinem echten Dasein verwandelte sich Leo, ein kleiner gelb-weiß gestreifter Vogel in seinen (Tag-)Träumen zu einem Höhenflieger. Hing er im echten Leben schlapp auf einem Zweig, während seine Kolleg:innen hin und herflogen, zwitscherten, sangen, pfiffen, so führten ihn die Bilder im Schlaf zu großen Abenteuern. Den größten für Vögel überhaupt.
Während die (Stuben-)Tiger für die fliegenden Tiere eher als eine der größten Gefahren gelten, träumte Leo davon, ausgerechnet mit Katzen befreundet zu sein. Doch auch für jene Katze, der Leo im Wachzustand seinen Wunsch verklickerte, galt das als „Unverschämtheit… eine ordentliche Katze will doch einen Vogel nicht zum Freund haben. Sondern zum Frühstück!“, schreibt Julian Tapprich in dem auch von ihm illustrierten Bilderbuch „Tigerträume“. Und schon stürzte sie sich auf den Frechdachs.
Doch da zog sie gegen Leo – durch zahlreiche Träume im Umgang mit Katzen geübt – den Kürzeren, verkroch sich in einer Blumenvase. Leo aber konnte den Triumph nicht als solchen genießen, wollte er sie doch als Freundin. In der Wohnung der Katze aber fand er ein offenes Bilderbuch mit Riesenkatzen, die im Dschungel leben – Tigern.
Und so wurde aus dem zuvor meist schlafenden und träumenden Vogel einer der sich in die Lüfte erhob und zu einer weiten Reise ansetzte – mit kurzen Begegnungen mit unterschiedlichsten Tieren, die ihn vor der Gefährlichkeit seines Vorhabens warnten.
Im Dschungel fand er den Tiger zwar bald, aber der wirkte ziemlich grimmig – und einsam, denn kein anderes Tier wagte sich an ihn heran. Leo hingegen hatte keine Angst, näherte sich der gestreiften wilden Großkatze und mutig sagte er ihm: „Ich weiß, ich sehe köstlich aus!“… aber warte einen Moment, friss mich nicht glich, ich bin nämlich ein Vogel, der viele wilde Geschichten und Geheimnisse zu erzählen hat!“
Und wie Scheherazade in Tausendundeine Nacht dem König Schahriyar Geschichte um Geschichte erzählt, so schilderte Leo dem Tiger seine wilden Träume und noch dazu auch solche, die er sich spontan ausdachte.
„Du kennst wirklich die aufregendsten Geschichten, aber ich merke schon, dass du mich nur mit ihnen fütterst, damit ich dich nicht verschlinge!“, brummte der Tiger. Da lockte Leo den Tiger mit der Ankündigung eines Geheimnisses, das nicht einmal dieser mächtige Dschungelbewohner kenne… Das aber wird hier sicher nicht gespoilert.
Miranda ist eine Wucht. Voller Energie. Springt, rennt und – haut sich auf den Boden, wenn sie nicht kriegt, was sie will. Vordergründig liebevoll loben ihre Eltern sie ständig als bestes, schönstes, tollstes, kreativstes und so weiter Kind. Um Auszucker der Tochter zu vermeiden, schenken sie ihr alles, was sie sich wünscht.
Ihre beste Freundin Tina aus der Nachbarschaft hat ziemlich gegenteilige Eltern. Keine Sekunde Zeit für die Tochter. Kaum fängt Tina an auch nur irgendwas zu sagen, sind Mutter wie Vater an ihren Handys und jedenfalls nicht wirklich anwesend. Zuhören? Fehlanzeige.
Tina ist gern bei Miranda, dort ist’s irgendwie paradiesisch. Obwohl so wirklich gehen auch deren Eltern nicht auf sie ein – überhäufen mit Geschenken und Superlativen an Lobpreisungen wirken eher, als erkauften sie sich damit ihre Ruhe, auch wenn sie viel empathischer agieren als ihre Gegenstücke.
In dieses Setting pflanzt Alan Ayckbourn die turbulente Kinderkomödie „Miranda im Spiegelland“ (2004 auf Englisch erschienen „Miranda’s Magic Mirror“), von Inge Greiffenhagen und Bettina von Leoprechting auf Deutsch übersetzt und nun – wieder (erstmals schon 2006) – im großen Haus des Theaters der Jugend, dem Renaissancetheater in der Wiener Neubaugasse (Regie dieses Mal: Nicole Claudia Weber), zu erleben: Turbulent, rasant, vergnüglich mit Botschaft, die sich aus der Geschichte selbst ergibt und damit keinen erhobenen Zeigfinger nötig hat.
Miranda ist so von sich eingenommen, so auf sich allein konzentriert, von sich besessen, dass sie sich in dem neuen Spiegel, den sie sich gewünscht hat, stäääändig nur selber anschaut, posiert… (Was ausgehend von einer griechischen Sage in der Psychologie als Narzissmus bezeichnet werden würde.)
Nun hat auch sie keine Zeit mehr, mit Tina zu spielen. Nicht nur das, sie fängt an ziemlich garstig zu werden, die Freundin wüst zu beschimpfen und vor allem abzuwerten. Worauf diese sich verzieht – und bei ihr Zuhause verkriecht. Sie verinnerlicht die Abkanzelungen – dumm, hässlich usw. Von ihren Eltern hört sie ja nix Gegenteiliges.
Und so traut sie sich nicht mehr in den Spiegel zu schauen. Weshalb ihr Spiegelbild abhaut. Aber auch das von Miranda verzieht sich. Mit so einem eingebildeten, aufgeblasenen, herumkommandierenden Gegenüber auf der anderen Seite des Spiegels will Adnarim nix zu tun haben. Und so schaut eines Tages Miranda ganz schön verblüfft in den Spiegel, aus dem ihr Kram entgegenblickt. Der ist wiederum von Mark davongerannt. Genau – Spiegelbildliche Namen.
Natürlich gibt sich Miranda damit nicht zufrieden, auch wenn Kram sie ganz schön spiegelt. Gerade das gefällt ihr nicht, sagt er ihr doch die Wahrheit, dass sie sich unerträglich aufführt. Aber er hilft ihr, in den Spiegel zu steigen und auf die andere Seite zu kommen, um nach Adnarim zu suchen. Die Bühne dreht sich und ist gar nicht mehr so bunt – irgendwie wie hinter den Kulissen eines Theaters (Bühnenbild: Judith Leikauf und Karl Fehringer). Im Spiegelland ist links recht und vorwärts rückwärts. Der Einfachheit halber aber werden Sätze nur wortweise von hinten nach vorne gesagt und nicht – wie manche Menschen es perfekt können komplett rückwärts gesprochen, also nicht: nehcorpseg sträwkcür, sondern dann „nur“ gesprochen rückwärts.
Auf der Suchen nach dem Spiegelbild und damit gleichzeitig ihrem Inneren wird es für sie notwendig, ihren Hochmut einzusehen, sich zu entschuldigen, läutern und so weiter… Charlotte Zorell ist eine herrlich auszuckende Miranda, die sich auch nicht ruck-zuck wandelt, sondern die Mühsal solch einer Läuterung spürbar erleben lässt.
Olivia Marie Purka verfällt, von den Eltern ignoriert und von der Freundin runtergemacht, glaubhaft in depressive Zurückgezogenheit und lässt sich nur zögernd in die gegen Ende neu erwachenden Freundschaftsangebote Mirandas ein. Ihr Vater Uwe Achilles spielt auch einen etwas minderbemittelten Wachmann beim Palast der Spiegelfürstin, Pia Baresch ihre Mutter, schlüpft auch in der Rolle dieser Fürstin Allebasi – unnahbar und doch letztlich mitfühlend spielt.
Mirandas Vater Frank Engelhardt übernimmt überhaupt glich viele Rollen – Trops Gnagflow, das Spiegelbild von Wolfgang Sport, den Hauptmann und Chef der Palastwache sowie den Ober-Verwalter aller Spiegelbilder und erweist sich als stark wandlungsfähig. Mirandas Mutter wird von Christine Garbe gespielt, die auch als Tergram (Spiegelbild von Margret) im Spiegelland in Erscheinung tritt.
Neben den Rollenwechsler:innen und den schon genannten Darstellerinnen von Miranda und Tina bzw. Adnarim und Anit ist auch Fabian Cabak als Kram (der Mark ist nie zu sehen) auf eine Rolle konzentriert. Und nicht zu vergessen: Wie eine Art Showmaster fungiert Jonas Graber als Erzähler, der die Story kapitelweise am Laufen hält – aber auch direkt ins Geschehen eingreift. Etwa mit dem Schluss-Gag – nein, das sei hier nicht verraten.
Leere Bühne. (Fast) total finster. Licht geht ein. Ein Mann in Militärmantel und Stiefeln liegt auf dem Boden. (Fast) tot.
So beginnt die Inszenierung und das sehr dichte, packende, berührende Solo-Schauspiel mit vielen Rollenwechseln. Ein Klassiker der deutschsprachigen Dramatik, jahrzehntelang auch Schullektüre, „Draußen vor der Tür“ von Wolfgang Borchert war – leider nur ein Mal (vorläufig?) im Studio des Theaters Akzent zu erleben. Gespielt und inszeniert von Bagher Ahmadi.
Unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg (erst als Hörspiel, ein halbes Jahr später als Theaterstück) wurde die fiktive Geschichte des Soldaten Beckmann, der in der Schlacht von Stalingrad eine kleine Truppe befehligte, später in sowjetische Kriegsgefangenschaft kam und einige Jahre später nach Deutschland zurückkehrte, uraufgeführt. Er findet nicht mehr ins Leben zurück. Die Ehefrau lebt mit einem anderen Mann. Er weiß keinen Ausweg, springt in die Elbe.
Der Fluss schwemmt den Mann ans Ufer – die Ausgangsszene. Beckmann im Dialog mit der Elbe. Auch die will ihn nicht. „Nein. Du Rotznase von einem Selbstmörder. Nein, hörst du! Glaubst du etwa, weil deine Frau nicht mehr mit dir spielen will, weil du hinken musst und weil dein Bauch knurrt, deswegen kannst du hier bei mir untern Rock kriechen? Einfach so ins Wasser jumpen? … Du bist mir zu wenig, mein Junge. Lass dir das von einer alten Frau sagen: Lebe erst mal. Lass dich treten. Tritt wieder! Wenn du den Kanal voll hast, hier, bis oben, wenn du lahmgestrampelt bist und wenn dein Herz auf allen vieren angekrochen kommt, dann können wir mal wieder über die Sache reden.“
Also auch da unerwünscht. Und so humpelt er wegen einer Kriegsverletzung weiter durch ein Leben, in dem er immer und allerorten unerwünscht ist und bleibt – eben „draußen vor der Tür“.
Bagher Ahmadi stemmt das Stück mit mehr als einem Dutzend an Personen als Solist, switcht von einer Rolle in die andere, anderer Tonfall, hinkend oder nicht, Brille oder nicht, und spielt in hohem Tempo – anfangs vielleicht eine Spur zu schnell gesprochen – und macht aus dem nicht selten betulich und lehrhaft inszenierten Stück einen mitreißenden rasanten Höllentritt.
Als Musik wählte Ahmadi für den Beginn jene von Peter Gabriel (Stimme von Nusrat Fateh Ali Khan) für den Film „The Last Temptation of Christ“ (1988). Am Ende ist persische Musik zu hören, die der Schauspieler aus dem chinesischen Action Drama „14 Blades“ (2010) kennt.
Der Schauspielabsolvent der MuK (Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien), der schon im Volkstheater in den Bezirken, dem St. Pöltner Landestheater sowie in Filmen (u.a. einem Tatort) zu sehen und erleben war, verleiht dem Borchert-Stück unausgesprochen durch seine auch sichtbare Herkunft eine weitere – aktuelle – Dimension. Der gebürtige Afghane (1996), flüchtete als 13-Jähriger in den Iran, wo er drei Jahre als Schneider in einer Fabrik gearbeitet hat, mit 16 landete er in (Ober-)Österreich. Neben dem Schauspielstudium machte der 3-Sprachige (Dari/Farsi, Englisch, Deutsch) Ausbildungen in Stunt, Kickboxen, Parkour. Ihm selbst gelang und gelingt es so auch so manche Tür zu öffnen. Durch sein Spiel, das sofort die Wand zum Publikum niederreißt, jedenfalls die zu seinen Zuschauer:innen.
ibrahim-und-moses – Volkstheater-Bezirke <- damals noch im Kinder-KURIER
Sieben – die Zahl um die sich viele Mythen in verschiedensten Gegenden der Welt ranken, mal für Glück, andernorts für Unglück stehen, ist sehr oft auch mit der biblischen Geschichte um die Entstehung der Welt verknüpft. Linda Wolfsgruber, die vielfach ausgezeichneten Kinderbuch-Illustratorin und -Autorin, hatte vor zwölf – auch so eine mythische Zahl 😉 – Jahren schon die Idee zu einem derartigen Buch. In der Pandemie holte sie die Skizzen aus einer Lade und daraus wurde sieben mal sieben: Sieben Blätter für jeden der sieben Tage.
Die Originale dieser 49 Seiten, dazu die der Vorsatzseiten sowie des Buchcovers hängen seit einigen Tagen in einer Ausstellung im Kardinal-König-Haus (Wien-Hietzing).
Zur Eröffnung hatten die Studien- und Beratungsstelle für Kinder- und Jugendliteratur (STUBE) sowie die Verlage Tyrolia, Jungbrunnen, Obelisk, NordSüd, Ueberreuter, edition lex liszt und Bibliothek der Provinz geladen. In all diesen hat neben Linda Wolfgsruber auch Heinz Janisch unzählige Bücher veröffentlicht. Er wurde im Vorjahr mit dem Hans-Christian-Andersen-Preis ausgezeichnet, der informell als der „Nobelpreis“ der Kinderliteratur gilt.
Heidi Lexe, Leiterin der Stube und u.a. Lehrbeauftragte für Kinder- und Jugendliteratur am Germanistik-Institut der Uni Wien, sprach mit beiden über viele der Bücher und deren Entstehungsgeschichte bzw. über die Zusammenarbeit der beiden sowie die mit vielen anderen Kinder- und Jugendbuchmacher:innen.
Welches Tier steckt in dir? Was ist dein Krafttier? Einfache Online-Tests, ausgefeiltere psychologische und / oder therapeutische Gespräche arbeiten mit diesen Bildern. In unterschiedlichster Form kommen sie (nicht nur) in Kinderbüchern oft vor. Zum einen werden häufig ganze menschliche Geschichten in tierische Welten versetzt, zum anderen finden in manchen Verwandlungen von Menschen in Tiere und umgekehrt statt.
Der vielseitige und vielfach ausgezeichnete Autor Heinz Janisch – im Vorjahr mit dem sogenannten Nobelpreis der Kinderliteratur, dem Hans-Christian-Andersen-Preis (ohne Geldpreis übrigens) ge„adelt“ – hat schon vor drei Jahren in „Schneelöwe“ die inneren Werte eines Kindes in Wortbilder eines Tieres verwandelt (illustriert von Michael Roher).
In „Gazelle“ (illustriert von Michaela Weiss) ist es in gewisser Weise umgekehrt. „Wenn Lioba traurig ist, verwandelt sie sich manchmal in eine Gazelle. Ihre Traurigkeit fällt dann von ihr ab, mit einer Bewegung wie ein Mantel aus dunklem Staub.“
Auf der ersten Doppelseite, auf der die beiden zitierten Sätze stehen, lässt die Illustratorin das Mädchen hinter einer fast durchsichtig zarten Gazelle mit dieser zu einer kuscheligen, Sicherheit gebenden fast wolkigen Einheit verschmelzen. Um auf der folgenden Doppelseite selbstbewusst und aufrecht zu tanzen, in der Folge zu schweben, bunt und „flatterhaft“ wie ein Schmetterling entpuppt sich die sich nun sicher und stark fühlende Lioba voller teils ausgelassener Lebensfreude. Verliert aber nie ihre Feinfühligkeit, sozusagen die Gazelle in ihr wie spätestens das Schlussbild sehr deutlich zeigt.
Fast poetischer Text und ebensolche Bilder können vielleicht neben Lese-, Schau-, und Nachdenkvergnügen vielleicht auch Anstoß sein, sich für Momente der Schwäche eigene gedankliche, verträumte Hilfstiere oder -mittel auszudenken.
Nach heftigen Auseinandersetzungen, die nicht nur in Wortgefechten, sondern auch in einer Reihe von Schlägen, Kinnhaken und ähnlichem zwischen Karagöz (schwarzäugig heißt dieses türkische Wort) und seinem Nachbarn Hacivat (hässlich), macht sich erster auf, um mit einem kleinen Boot Fische zu fangen. Die beiden sind in der Türkei bei (fast) allen Kindern bekannt wie bei uns Kasperl, Petzi & Co.
Für sein Boot verwendet Karagöz einen großen Bottich, aus einem Stock macht er seine Angel und auch sein Angelhaken scheint eine Notlösung zu sein. Dennoch gelingt es ihm nach und nach drei kleinen roten Fische zu fangen – oder ist es nur immer wieder ein und derselbe? Außerdem trifft er einen Hammerhai, einen Sägefisch sowie einen Delfin (yunus) und eine Meerjungfrau. Irgendwie erzählen die auch von einem Monster und plötzlich erscheint eine Art riesiger Drache als dieses See-Ungeheuer. Dieses lässt sich nur einigermaßen besänftigen, indem ihm Karagöz die roten Fische zuwirft, die sich durch die grünen Kugeln schlängeln und „verdaut“ werden.
Das Monster steht stellvertretend für Meeresverschmutzung erzählten die Künstler:innen zu Beginn.
In knapp mehr als einer halben Stunde spielen und erzählten Nazım Öney Olcaytu und Müzeyyen Aslan (Technik: Güçlü Aslan) von der Theatergruppe Karagöz’ün Kukla Atölyesi aus dem türkischen Çanakkale (wo einst das antike Troja lag) diese Geschichte (Karagöz Balıkçı /Karagöz, der Angler) mit den bunten Schattenfiguren beim Lesofantenfest von Wiens städtischen Büchereien.
Gespielt wurde in der Hauptbücherei in türkischer Sprache mit kurzer deutscher Einführung. Einige Kindergartenkinder verstanden alles und manches Mal übersetzten sie gleich für die umsitzenden Kolleg:innen bzw. versprachen, danach im Kindergarten alles zu erzählen, was andere nur sehen konnten.
Nach der Vorstellung nutzten die jungen Besucher:innen die Chance, hinter die hell erleuchtete weiße Stoffwand zu kommen und selber die eine oder andere an Holzstäben befestigte Figur im Schatten spielen zu lassen.
Zwei Tage vorher hatte die Gruppe im Wiener Figurentheater Lilarum im Rahmen der zentral- und osteuropäischen Kooperation dieses Theaters eine Karagöz’sche Liebesgeschichte für Erwachsene – in englischer Sprache gespielt (Karagöz the swing operator).
WTF – diese vor allem online bekannte und vielbenutzt Abkürzung steht für „Who the Fuck“, was im Deutschen am ehesten „Wer zum Teufel ist…“ entsprechen würde. Einer überragenden Persönlichkeit, die – hierzulande – viel zu wenig bekannt ist, widmet sich das jüngste Figuren- und Objekt-Theaterstück von „isipisi“, gebaut und gespielt von Alexandra Mayer-Pernkopf: Chien Shuing Wu. Weil sie hierzulande viel zu wenig bekannt ist, fügte die Puppenspielerin ihrem Stück über diese exzellente Wissenschafterin (1912 – 1997) noch einen ihrer informellen Titel hinzu: „Königin der Physik“.
Im Auftrag des Zirkus des Wissens an der Linzer Johannes-Kepler-Universität vertiefte sich die Künstlerin in die Biographie von Chien Shuing Wu, um daraus ihr neuestes, nicht ganz einstündiges Stück zu entwickeln.
Mit Schiebebildern in einem Rahmen (japanisches Papiertheater – Kamishibai) und unzähligen kleinen Objekten und Figuren, die die Künstlerin selbst ausgeschnitten, mit Hakerln und Magneten versehen hat, erzählt das Stück vor allem den beeindruckenden Lebensweg der Atomphysikerin. Geboren in einer damals noch Kleinstadt Liuhe, Taicang (in der Nähe von Shanghai), konnte sie nur deswegen Bildung erlangen, weil ihre Eltern schon Jahre vorher eine Schule für Mädchen, denen damals Schulbesuch noch nicht erlaubt war, gegründet hatten.
Chien Shuing Wu war von Lernen, Lesen und vor allem Rechnen und Mathe so angefixt, dass sie weit über das Schulische hinaus Wissen aufsaugte, später in eine weiterführende Schule in ein Internat und anschließend an die Uni in Nanjing ging. Stets zählte sie zu den besten ihres Jahrgangs, war aber keine verstockte Streberin, sondern auch führend aktiv gegen ungerechte Regierungsmaßnahmen unter Marschall Tschiang Kai-schek und bei Demonstrationen federführend beteiligt.
Danach fuhr sie mit dem Schiff in die USA, studierte an der kalifornischen Universität von Berkely, übersiedelte nach New York wo sie Studierende unterrichtete und forschte, unter anderem am Manhattan-Projekt, das allerdings auch zum Bau der Atombombe führte.
So manche ihrer Forschungsarbeiten hätten – fanden schon damals und finden heute noch viel mehr – den Nobelpreis verdient. Den haben andere an solchen wissenschaftlichen Projekten eingeheimst wie Tsung-Dao Lee und Chen Ning Yang für den theoretischen Nachweis der Paritätsverletzung bei schwachen Wechselwirkungen, während sie die Experimente dazu machte. Viele sahen und sehen den Grund für die Missachtung ihrer Leistung darin, dass sie eine Frau war – und ihre Leistung damit weniger anerkannt worden ist. Was heute zwar weniger, aber doch auch noch immer wieder vorkommt.
Zwar hat sie letztlich doch etliche große Auszeichnungen bekommen, doch der Nobelpreis blieb ihr versagt. Was sie einmal – der Überlieferung nach, die die Künstlerin erst nach der Vorstellung zitiert – zu dem Ausspruch getrieben haben soll: Den Atomen ist es doch egal, ob ein Mann oder eine Frau an ihnen forscht.
In China sowieso – wo auch einige Denkmäler ihr zu Ehren errichtet worden sind – aber auch in der Physik-Wissenschaftsgemeinde sind ihre Forschungen im Bereich der Teilchenexperimente sehr berühmt, aber erst die Puppen- und Objekttheater-Aufführungen von Alexandra Mayer-Pernkopf machen sie über diese Gemeinschaft hinaus bekannt. Trotz der vielen magischen Momente in der dunklen Atmosphäre, den verspielten Szenen der Biographie und Andeutungen des hochkomplexen Forschungsbereiches scheint die Altersangabe ab 6 zu niedrig angesetzt. Bei der ersten ihrer Vorstellungen im Rahmen des aktuellen Lesofantenfestes von Wiens städtischen Büchereien (bis 8. März 2025 – Details siehe Info-Box) begann sich etwa ab der Hälfte bei doch nicht wenigen der Volksschulkinder einigermaßen Unruhe einzustellen.
„Wir würden gern auch öffentliche Schulen haben, in denen wir eine Lehrberuf erlernen und Matura machen könnten“, berichten Schüler:innen des Bernoulli-Gymnasiums in der Donaustadt Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… bevor das jüngste Kinder- und Jugendparlament im großen Festsaal des Wiener Rathauses beginnt. „In ein paar Privatschulen gibt’s das, wieso aber in keinem öffentlichen Gymnasium?“, wundern sich die Jugendlichen einer vierten Klasse dieser AHS nahe dem Donauzentrum im 22. Bezirk. Die von ihnen auf Frage des Journalisten genannten Wunschberufe: Gärtnerei, Tischlerei, jedenfalls was Handwerkliches, einige würden gern etwas im Medizin-nahen Bereich erlernen und ein oder zwei auch im IT-Sektor.
Weiters hatten sich diese Jugendliche überlegt: „Mehr kleinere Tests zu bestimmten Themen statt der großen Schularbeiten; statt Noten nur bestanden oder nicht bestanden; Kennenlerntage am Anfang des Schuljahres, um die Klassengemeinschaft zu stärken und mindestens fünf Ausflüge pro Schuljahr.“
Mittwochvormittag diskutierten rund 300 Kinder und Jugendliche (235 Kinder, 60 Jugendliche) des aktuellen Wiener Kinder- und Jugendparlaments in mehreren Arbeitsgruppen ihnen wichtige Themen und Forderungen. Und diese werden in die neue, die mittlerweile zweite, Kinder- und Jugendstrategie 2025 bis 2030 der Stadt Wien einfließen. Das versprachen neun Stadt- und Gemeinderät:innen, die mit den jungen Delegierten gegen Ende der Arbeitsgruppen diskutierten und verkündete nicht zuletzt der (noch?) Wiener Vizebürgermeister und für Kinder, Jugend, Integration, Bildung zuständige Stadtrat (Christoph Wiederkehr, der in Medien heftig als neuer Bildungsminister gehandelt wird).
„Eure Ideen sind nicht nur wichtig, sie sind entscheidend! Ihr seid die Architekt*innen, Drehbuchautor*innen und Komponist*innen dieser Stadt. Heute geht es darum, eure Stimme zu erheben, um Wien zur kinder- und jugendfreundlichsten Stadt der Welt zu machen. Gemeinsam gestalten wir eine Zukunft, in der eure Visionen gehört werden und echte Veränderungen passieren. Denn Wien braucht euch – eure Kreativität, euren Mut und eure Entschlossenheit“, so der genannte Stadt-, vielleicht künftig Bundes-Politiker.
Zurück zu jungen Delegierten mit denen KiJuKU.at gesprochen hat: Aus dem Gymnasium Geringer Gasse (Simmering, 11. Bezirk) sowie der VBS Schönborngasse (private Handelsakademie im 8. Bezirk, Josefstadt) berichteten die vier Schülerinnen Warisha, Anna, Shivani und Nepheli, die sich für verschiedene Arbeitskreise mit Kolleg:innen schulübergreifend vorbereitet hatten:
Für die Themen Klima und Natur wollen wir mehr autofreie Zonen in der Stadt, den Ausbau von Öffis auch über die Stadtgrenze hinaus nach Niederösterreich wie es u.a. die geplante Straßenbahnlinie 72 war, die bis nach Schwechat fahren sollte. Außerdem sollen Klimaförderungen ausgebaut und nicht eingeschränkt, aber sozial gerechter gemacht werden. Und Öffis sollen nur grünen Strom, also aus erneuerbaren Energien verwenden.
Ganz wichtig und engagiert sprachen alle vier, auch die für andere Arbeitsgruppen, über Frauenrechte. Von Gratis-Hygieneartikeln in den Schulen bis zu mehr Forschung wie sich Medikamente und medizinische Behandlung auf Frauen auswirken. Für mehr Sicherheit für Frauen in der Stadt soll es mehr öffentliche Beleuchtung geben und vielleicht in den Öffis auch eigene Safe Spaces.
Politisch Bildung sollte ein eigenes Fach sein, war die Forderung an die Arbeitsgruppe Bildung – wo andere dem widersprachen und meinten, die Belastung für Schüler:innen wäre ohnehin schon genug, da würde ein weiteres eigenes Fach den Stress nur erhöhen. Eine andere Forderung dieses Quartetts in Sachen Bildung: Ethik als verpflichtendes Unterrichtsfach schon in der Unterstufe und dafür Religion als unverbindliche Übung – um das Gemeinsame in den Vordergrund zu stellen.
Gesundheit war das Thema der Kinder der Offenen Volksschule Wagramer Straße, die sich für die Eröffnungsrunde aller Delegierten in den ersten beiden Reihen der mittleren Stuhlreihen platziert hatten. „Statt Süßgetränken sollte es Automatin mit gesunden Sachen geben, zum Beispiel Obst“, vertrauen diese Kinder dem Reporter an.
Groß und breit ist die Palette der Forderungen und Themen von Jugendlichen der Mittelschule Gundäckergasse (Favoriten, 10. Bezirk): Mehr Grün und mehr Spielplätze, Gleichberechtigung, keine Kinderarbeit und Preise für Lebensmittel sollen billiger werden.
Mehr Indoor-Spielplätze für Schlechtwetter, Spielplätze auch für ältere Kinder waren noch weitere Wünsche, die in der Eröffnungsrunde im vollbesetzten großen Festsaal des Wiener Rathauses erhoben worden sind.
Seit einigen Jahren bringen junge Stadtbewohner:innen in regelmäßigen wienweiten Kinder- und Jugendparlamenten, aber auch in Bezirken, ihre Ideen ein – so manches davon fließt in die Arbeit der Abteilungen der Stadt Wien auch ein. Die Diskussionsergebnisse vom Mittwoch werden am 10. April im selben großen Festsaal des Wiener Rathauses vorgestellt und wie schon erwähnt Teil der nächsten Kinder- und Jugendstrategie der Stadt.
Die Teilnehmer:innen des aktuellen Wiener Kinder- und Jugendparlaments haben sich im Herbst online für die Teilnahme am Parlament angemeldet, bereiteten sich seit Dezember in zwei Sitzungen intensiv auf ihre Themen vor. Die Kinder des Kinderparlaments – Vertreter:innen von einem Kindergarten und jeweils einer Klasse bis zur 8. Schulstufe – entwickelten ihre Anliegen in jeweils drei Workshops an ihren Schulen und im Kindergarten.
Grundlage für die Themenschwerpunkte waren die Ergebnisse einer von Wienxtra beauftragten Kinder- und Jugendstudie aus dem Vorjahr.
Beim Abschlusstermin im Wiener Rathaus am 10. April 2025 werden die gesammelten, verschriftlichten Themen an die Stadtregierung übergeben und sollen in weiterer Folge in die neue Kinder- und Jugendstrategie der Stadt Wien für die Jahre 2025-2030 integriert werden. Dieser Prozess wird von der Koordinationsstelle Junges Wien (Wienxtra und Stadt Wien) geleitet. „Mit dem Kinder- und Jugendparlament schaffen wir eine Plattform, die jungen Menschen eine echte Stimme gibt. Ihre Anliegen werden gehört und fließen direkt in die Stadtpolitik ein“, so Benjamin Schmid, Leiter der Koordinationsstelle Junges Wien bei Wienxtra.
Um die Vielfalt der Themen aus allen Lebensbereichen der jungen Generation zu berücksichtigen, waren für die Ausschüsse Vertreter:innen aller Geschäftsgruppen der Stadtregierung anwesend und hier die Zusammenfassung aus der Rathaus-Medien-Aussendung
* Arbeit und Wirtschaft – Stadtrat Peter Hanke/ Gemeinderätin Katharina Weninger
Senkung der Lebenserhaltungskosten, bessere Bezahlung für Zivildienstleistende, sichere Arbeitsplätze für Jugendliche und vieles mehr (uvm.)
* Demokratie, Teilhabe und Inklusion – Gemeinderätin Nina Abrahamczik
Erleichterter Zugang zur Staatsbürgerschaft, Wahlen für alle, verstärkte politische Inklusion uvm.
* Frauen, LGBTQI+, Gleichberechtigung – Stadträtin Kathrin Gaál
Präventionsarbeit gegen Gewalt, Gutscheine für Menstruationsprodukte, Frauen und Behindertenquoten in Betrieben uvm.
* Gesundheit und Soziales – Stadtrat Peter Hacker
Zukunft des Gesundheitssystems sichern, einfacherer Zugang zu psychischer Hilfe, kostenlose Verpflegung für Jugendliche und bezahltes Mittagessen für Lehrlinge uvm.
* Klima, Natur und Umwelt – Stadtrat Jürgen Czernohorszky
Sozial gerechte Klimaförderungen, bessere Mülltrennung in Wohnanlagen, Erhalt der Donauinsel als frei zugänglichen Naturraum uvm.
* Öffentlicher Raum und Mobilität – Gemeinderat Jörg Neumayer
Mehr autofreie Zonen, Ausbau von Fahrradwegen, mehr Grünflächen für Sport, Ausbau von Spielstraßen uvm.
* Bildung und Schule – Gemeinderätin Dolores Bakos
Mehr Demokratiebildung an Schulen, ein eigenes Schulfach für Berufsorientierung, Stärkenförderung an Schulen, Maßnahmen gegen Leistungsdruck uvm.
* Freizeit und Kultur – Gemeinderätin Marina Hanke
Mehr Sicherheit im Internet, Ausbau von Treffpunkten für Jugendliche und Spielplatz-Angebote, zugängliche und bezahlbare Sportmöglichkeiten uvm.
* Gemeinschaft und Sicherheit – Gemeinderätin Dolores Bakos
Maßnahmen gegen Rassismus und Mobbing, bessere Beleuchtung öffentlicher Plätze für mehr Sicherheit.
KiJuKU: Nachdem gesagt wurde, dass sich alle zwei Rollen aussuchen konnte, was war die zweite Rolle, die du wolltest?
Margarethe Plass-Willensdorfer (Darstellerin der Co-Fabriks-Chefin Ada Unterberger): Ich habe mich sehr für Alquist (Ingenieurin der Roboterfabrik) interessiert. Eine Figur, die zu denen gehört, die auch einmal alleine auf der Bühne mit Turnanzügen waren. Aber natürlich habe ich mich mehr für die Hauptrolle interessiert, die ich auch bekommen habe. Das ist schön.
KiJuKU: Aber war dann klar, dass du diese eine Hauptrolle spielst oder eine dieser drei?
Margarethe Plass-Willensdorfer: Es war noch nicht eingeteilt. Für die drei weiblichen Hauptrollen wurden drei Schauspielerinnen ausgesucht und dann teilt man sich den Text ein.
KiJuKU: Warum waren diese zwei verschiedenen Rollen deine Auswahl? Also einerseits eine Hauptrolle und andererseits eine kleinere Rolle…
Margarethe Plass-Willensdorfer: Für die Rolle, die ich bekommen habe, habe ich mich interessiert, weil ich dachte, dass ich das gut schaffe, so viel Text zu lernen. Sie hat auch zu mir gesprochen, weil ich dieses bossy-mäßige mag. Alquist wäre interessant gewesen, weil er der einzige Wissenschaftler ist, der ein bisschen gegen die Roboter ist, und man bei dieser Rolle so ein bisschen rebellisch sein kann.
KiJuKU: Hängt das mit der eigenen Persönlichkeit zusammen, einerseits bossy und andererseits rebellisch?
Margarethe Plass-Willensdorfer: Ja, kann man so sagen, ich weiß nicht, aber vielleicht. Es ist einfach eine Rolle, die cool zum Spielen ist.
KiJuKU: Und du spielst schon ewig Theater?
Margarethe Plass-Willensdorfer: Meine Eltern sind auch Schauspieler und mit ihnen habe ich Kurse besucht und auch mal bei irgendwas mitgespielt. Es macht mir schon immer Spaß.
KiJuKU: Gab’s nie eine Phase, wo du es nicht wolltest, weil es die Eltern machen?
Margarethe Plass-Willensdorfer: Nein, ich habe mich immer dafür interessiert und bin auch immer gerne ins Theater gegangen.
KiJuKU: Du hast ja eine Fabrikleiterin gespielt und noch zu deiner Rolle: Wie war es, ein Liebespaar – mit einem der UN- Delegierten – zu spielen?
Margarethe Plass-Willensdorfer: Ich war zuerst mit einem anderen Schauspieler ein Liebespaar. Wir haben dann ziemlich kurzfristig Rollen getauscht, weil die Energie zwischen den anderen besser war. Am Anfang habe ich mit jemand anderem geprobt, aber dann ging es auch schnell, dass ich mich mit Valentin (Szep, Darsteller des UN-Delegierten John Smith) eingegroovt habe. Es war auch schwer, die Energie zu entwickeln, aber es ging dann auf jeden Fall.
KiJuKU: Wie wurden die Lieder im Stück geprobt?
Margarethe Plass-Willensdorfer: Wir haben immer in unserem Musikunterricht geprobt. Es war am Anfang ein bisschen kompliziert, weil niemand die Stimmen hatte, aber es hat dann mit der Zeit funktioniert.
KiJuKU: Ganz am Anfang wird ja ein Tango getanzt und währenddessen wird die Entstehungsgeschichte der Fabrik erzählt. Wie ist es, während des Tanzens zu sprechen?
Margarethe Plass-Willensdorfer: Das war am Anfang anstrengend, weil wir auch ziemlich kurzfristig den Tango gemacht haben. Man muss mehr auf seine Stimme achten und wie man sie einsetzt. Vor allem wenn man während einer Figur redet.
KiJuKU: Ist Schauspiel eine Berufsperspektive?
Margarethe Plass-Willensdorfer: Ich weiß es nicht. Man muss sehr dahinter sein, um auch wirklich etwas zu reichen. Es gefällt mir auf jeden Fall, aber ich weiß nicht, ob ich die Energie dafür habe, wirklich so dahinter zu sein. Es ist aber eine Möglichkeit für mich.
Stefanie Kadlec
Ein Besuch im Schwimmbad der neuen Heimat der Zwillinge Martha und Mischa steht am Beginn des dritten Detektiv-Abenteuers der beiden und ihrer sechs neuen Freund:innen. Die „Glorreichen Acht“ haben schon in Band 1 Hunde aus einem unerträglichen Heim gerettet, danach aufgedeckt, dass angeblich glückliche Hühner gar nicht so frei leben konnten.
Doch haben sie nun eine Zeitreise unternommen? Immerhin heißt der neue Krimi „Ein Fall für Martha & Mischa“ im Haupttitel „Die Drachen sind los“.
Zunächst wird Boris belächelt, als er von einem solchen erzählt, den er in einem Gebüsch im Freibad von Krähfeld entdeckt hat. Hahaha, sicher eine Eidechse und ähnlich lauten die Kommentare all jener, denn er davon berichtet. Doch dann erwacht der detektivische Spürsinn. Mareike entdeckt auf dem Recyclinghof einen Mann, der alte Käfige abliefert und in seinem Transportauto einen Gecko sitzen hat. Irgendwo im Wald tauch auch eine Schlange auf, die sicher nicht zu den heimischen Arten zählt…
Die Kinder beginnen im Internet über Echsen, Schlangen &Co zu recherchieren, holen sich in einer Buchhandlung ein umfangreiches Werk dazu, erfahren, dass sich auch wer anderer kürzlich Lektüre über derartige Tiere besorgt hat…
Illegaler Tierschmuggler, dem einige seiner Viecher entkommen sind?
Wie in den beiden ersten Bänden – wobei jeder für sich unabhängig gelesen werden kann; was zur Story als Vorgeschichte notwendig ist, wird zwanglos da oder dort vom Autor:innen-Duo Petra Hartlieb und Hubert Flattinger so nebenbei eingestreut.
Beibehalten wird das Erfolgsrezept je abwechselnd eines der flott zu lesenden Kapitel aus der Sicht von Martha und das folgende von Mischa erzählen zu lassen. Ebenso sind wieder – neben den Portraitzeichnungen des jeweils erzählenden Kindes in den dem Kapitel entsprechenden Stimmungen – kleine oder mittelgroße Zeichnungen von Ulrike Halvax in Schwarz-weiß-grün – siehe Beispiele auf den hier veröffentlichten Doppelseiten, die den ohnehin schon leicht lesbaren Text nochmals auflockern.
Dieses Mal aber gibt es am Ende eine überraschende Wendung, und möglicherweise einen „Cliff-Hanger“ für das nächste Abenteuer, weil doch nicht die Herkunft aller Tiere, die vorkommen, geklärt wird.
KiJuKU: Wie geht es euch nach der Aufführung?
Ludwig Psenner (der den UN-Delegierten Fabricio Caprioli spielt): Gut, es ist jetzt die dritte gewesen und jede Vorstellung war bisher anders für mich.
Floria Gehringer (die Fabriks-Co-Direktorin Sofia Bürkli spielt): Ja, ich glaube, ist normal und ich denke, die anderen werden auch alle anders sein.
Ludwig Psenner: Von Mal zu Mal kann ich es mehr genießen.
Floria Gehringer: Man merkt, wie viel weniger du von Vorführung zu Vorführung gestresst wirst.
Ludwig Psenner: Du wirkst irgendwie nie gestresst. Es kommt nie so rüber, dass du gestresst bist.
Floria Gehringer: Da oben bin ich gestresst.
KiJuKU: Du warst einer der UN-Delegierten und du warst eine der Fabrikleiterinnen. Was war besonders und was war schwierig an diesen Rollen? Ihr habt euch die Rollen auch ein bisschen aussuchen können. Warum habt ihr euch genau für diese Rolle entschieden?
Ludwig Psenner: Es war so, dass vier Jungs unter vier Rollen aufgeteilt werden mussten. Drei Rollen waren die UN-Delegierten und eine war Nana. Ich habe die Intention gehabt, mit Ferdi zusammen zu spielen, der auch ein UN-Delegierter ist. Damals wusste ich nicht, was auf mich zukommen wird und dann hat sich das einfach so ergeben.
Floria Gehringer: Ich fand die Rolle cool, weil das eine Führungsposition ist, und ich wollte aber auch ein Liebespaar spielen, ich finde das richtig lustig. Es war ein bisschen eine Überwindung, so nah mit jemandem zu sein, aber es war dann nicht mehr unangenehm. Es wurde von Mal zu Mal weniger gestresst.
Ludwig Psenner: Es war überhaupt kein Stress fand ich. Der Tango kam sehr spät als Idee. Das war schwierig, aber es war nicht unangenehm.
KiJuKU: Ich mochte die Tanzeinlagen sehr, die haben so ein bisschen Schwung in das Ganze gebracht und sind mir auch sehr in Erinnerung geblieben. Es wurden schon so viele Fragen vom Publikum gestellt. Ich habe noch nie so ein Publikumsgespräch erlebt. Ist das üblich?
Ludwig Psenner: Es ist üblich. Ich habe es auch noch nie so erlebt. Wenn ich bei so einem Gespräch dabei war, war ich nur im Publikum, weil es jetzt meine erste Aufführung war. Es war aber voll entspannt für mich.
KiJuKU: Wollt ihr das auch irgendwann beruflich machen?
Floria Gehringer: Ich wollte es für eine lange Zeit, aber ich glaube eher nicht, sondern mehr als Hobby. Es macht mir sehr viel Spaß, aber ich kann es mir nicht vorstellen, weil es mir ein bisschen zu wenig Sicherheit hat. Du musst schon sehr darauf hoffen, dass du immer wieder Aufträge bekommst und deswegen eher nur so als ein Hobby.
Ludwig Psenner: Ich habe keine Ahnung, ich wusste es davor nicht und weiß es jetzt noch nicht, aber es ist als Möglichkeit offen und das finde ich voll praktisch.
KiJuKU: Vielleicht ein bisschen eine andere Frage, die mit KI zu tun hat, nutzt ihr KI für Hausübungen?
Floria Gehring: Nein.
Ludwig Psenner: Ich schon. Bis jetzt ist es nicht aufgefallen. Es gibt Hausübungen mit mehr Priorität, die mehr zählen und manche, die man einfach nebenbei machen muss. Da kann man auch unterscheiden, wo man es benutzen soll und wo nicht.
KiJuKU: Wie war es mit einem Regisseur zu arbeiten?
Floria Gehring: Spannend und entspannt.
Ludwig Psenner: Nicht unangenehm. Es ist überhaupt das erste Mal, dass ich bei so einer Produktion mitmache. Es heißt von Anfang an, der ist dabei und man macht es so.
KiJuKU: Wart ihr auch in einer dieser Gruppen, die für die Kostüme oder das Bühnenbild zuständig waren?
Floria Gehring: Ja. Wir haben viel für das Bühnenbild gemacht und du hast auch bisschen bei den Texten mitgeschrieben.
Ludwig Psenner: Ich habe auch bei den Texten mitgeschrieben, aber ich war nur ein paar Mal dabei.
Floria Gehring: Aber … hat viel im Hintergrund geholfen, immer Vorhänge aufgehängt und ist bei der Lichtprobe dageblieben.
Ludwig Psenner: Ja, es interessiert mich, wie es hinter den Kulissen so abläuft.
Stefanie Kadlec
Marko Dimitrijević spielt den Roboter „Radius“, hat einen Song komponiert und getextet – und kam schon mehrfach auf KiJuKU.at vor.
KiJuKU: Wie lange bist du schon an der Hegelgasse 12?
Marko: Ich bin schon seit zwei Jahren an der Hegelgasse, also jetzt in der siebten Klasse. Dieses Projekt, das wir heute aufgeführt haben, war das siebente Klasse Polyprojekt. An unserer Schule ist es üblich, dass die Polyklassen, die Schauspielklassen, in ihrem siebten Jahrgang immer ein Theaterprojekt haben.
KiJuKU: Das Lied „Ihr werdet für uns bauen“ im Stück hast du selbst komponiert. Wie ist es entstanden und wie bist du da auf die Idee gekommen?
Marko: Es war eine sehr große Herausforderung. Jeder von uns konnte sich zwei Rollen aussuchen und dann wurde ihm oder ihr eine davon zugeteilt. Bei mir war das aber nicht der Fall. Der liebe Jakub hat gesagt: Marko, ich hätte gern, dass du diese Rolle spielst, weil wir nur dich in dieser Rolle sehen. Dann habe ich den Roboter „Radius“ bekommen und wir haben ihn sozusagen in diesen Rockstar verwandelt. Es gibt an unserer Schule diese sogenannte Weinberg-Woche, wo wir mit der Klasse eine Woche außerhalb von Wien verbringen. Da ist alles entstanden und ich habe den Song in dieser Zeit geschrieben. Es war sehr schwer, weil ich ihn auf Deutsch über Roboter schreiben musste und es war generell einfach stressig.
KiJuKU: Ich kann es mir vorstellen, denn es ist ja nicht nur die Musik, sondern auch der Text. Du hast schon einiges an Bühnenerfahrung, gibt es derzeit auch andere Theaterproduktionen, bei denen du mitwirkst?
Marko: Ich spiele gerade parallel zu diesem Projekt auch woanders mit. Das bedeutet, ich musste die Proben fürs andere Projekt absagen, damit ich hier mitspielen kann. Es ist ein serbisches Stück, das auch demnächst am 24. und 25. Mai vom Jugendtheater Stanislavski aufgeführt wird.
KiJuKU: Möchtest du es irgendwann beruflich machen?
Marko: Ich glaube, es ist etwas, was ich in Zukunft ausüben will. Ob es Schauspiel oder Musik ist, weiß ich noch nicht. Ich bin noch am überlegen, weil ich schreibe auch Songs, was der Heinz von KiJuKu in einem anderen Interview schon erfahren hat. Ich schreibe Songs, spiele jeden Tag Klavier und singe.
KiJuKU: Kann auch beides sein…
Marko: Kann auch beides sein, wieso nicht.
Stefanie Kadlec
Weitere Interviews mit jungen Darsteller:innen folgen
Mehrere der Schauspielerinnen in rosa Tütü näheren sich Zuschauer:innen in der Warteschlange, die ins Theater Arche wollen. Ihre Bewegungen wirken, obwohl nicht maschinell, wie nicht ganz von dieser Welt. Ähnliches gilt für ihre Sprache. Egal ob auf Englisch oder auf Deutsch stellen sie Fragen auf die sie – das strahlen sie aus – keine Antwort erwarten. Ob du meinst schlau zu sein? Setzen sie damit fort, dass KI (Künstliche Intelligenz) viel mehr wisse. Und ähnliches.
Der performative Prolog leitet die rund einstündige dichte, abwechslungsreiche, leicht adaptierte und modernisierte Version von Karel Čapeks „R.U.R. Rossums Universal Robots“ ein. Das Drama – 1920 erstmals veröffentlicht – ist jenseits seines Inhalts nicht zuletzt deshalb berühmt geworden, weil es zum ersten Mal den Begriff „Roboter“ für Maschinen, die Arbeite verrichten, verwendet. Wobei sich der Autor dies von seinem Bruder Josef – Schriftsteller, Maler, Fotograf und vieles mehr – ausborgte, der übrigens auch als Urheber der Bedeutung von Automat gilt; das heißt, die Wörter gab es ohnehin, in einigen slawischen Sprachen steht eine Version von „roboti“ für arbeiten.
Vielleicht knapp die Grundstory von Čapeks rund 70-seitigem Stücktext: Auf einer abgelegenen Insel werden diese menschenähnlichen intelligenten Maschinen (das Tschechische Rozum heißt übersetzt Verstand / Vernunft) zu Zehntausenden hergestellt – als billige Arbeitskräfte, nachdem die Experimente des Gründers, einen künstlichen Menschen zu erschaffen, nicht so wirklich geklappt haben.
Irgendwann beginnen sich diese Roboter zu organisieren, den Aufstand gegen die sie beherrschenden Menschen zu planen. Und was machen die Menschen? Sie setzen auf Nationalismus. Statt weiterhin Universalroboter herzustellen, soll jedes Land seine eigene Fabrik bekommen, die Produkte sollen sich optisch und durch ihre Sprache unterscheiden und so Zwietracht und Hass unter den Maschinen-Menschen gesät werden.
Das „gute“ alte römische Imperial-Motto: divide et impera – teile und herrsche! Ach, das ist gar nicht so alt, kommt ziemlich aktuell bekannt vor? Nun, Karel Čapek hat dies vor knapp mehr als 100 Jahren geschrieben; übrigens verwenden die Chefitäten seines Stücks bereits tragbare Telefone.
Wie in der Version von Shakespeares „Sommernachtstraum“ – ebenfalls einer Kooperation von Theater Arche mit dem Polyästhetik-Zweig des innerstädtischen Gymnasiums in der Hegelgasse 12 – wurden einige Rollen vervielfacht, und in diesem Fall auch die Geschlechterrollen ausgetauscht. Aus dem Fabriksdirektor werden hier drei Chefinnen über die Produktion der Roboter: Ada Unterberger (Margarethe Plass-Willensdorfer), Sofia Bürkli (Floria Gehringer) und Marie Weinberger (Lena Hitl). Die mit dem Schiff anreisende Delegierte der Humanitären Liga, Helena Ruhm, verwandelt sich in drei UN-Delegierte aber ebenfalls dieser Liga, die sich um die Lebensbedingungen der Roboter kümmern wollen: John Smith (Valentin Szep), Fabricio Caprioli (Ludwig Psenner) und Jan Siegemann (Ferdinand List).
Wie schon eingangs angedeutet – die Roboter:innen stecken in Barbie-Rosa-Kostümen. „Ich wollte die Roboter:innen lieblich machen. Von Menschen hergestellt, die sich selber eine heile Welt vorgaukeln … deshalb sind die Roboter so programmiert, dass sie immer singend sprechen und außerdem schauen sie eben lieb aus“, verrät Regisseur Jakub Kavin, Co-Leiter des Theaters Arche, den Hintergedanken auf die Frage von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr und setzt gleich noch dazu: „Die Umsetzung der Grundidee haben dann die Schüler:innen gemacht.“ Beim Publikumsgespräch verrät Co-Dramaturgin Ute Bauer (Lehrerin der Schule und federführend am jährlichen Theaterprojekt engagiert): „Wir haben die Kostüme bestellt, sie sind knapp vor den Bühnenproben noch immer nicht eingetroffen und so haben Schüler:innen sie selber genäht – mit Ausnahme des rosa Anzugs für den männlichen Roboter.“
Anelie Papst, Ronja Gorkiewicz, Olivia Hassa und Terézia Lovásová (wenn nicht verhindert auch Vanessa Fülöp) lernt das Publikum ja schon wie eingangs erwähnt beim Warten auf den Einlass in den Theatersaal kennen. In ähnlicher Art, aber eben singend und tanzend, agieren sie auf der Bühne sowie im Mittelgang zwischen den Publikumsreihen, wenn sie beginnen, sich für ihre Befreiung einzusetzen. Zu ihnen gesellt sich noch in pinkem Anzug Marko Dimitrijević als Radius. Er, der schon in anderen nicht schulischen Theaterproduktionen in Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… vorgekommen ist, hat für diese Version von Čapeks Mensch-Maschinen-Story einen eigenen Song komponiert und getextet: „Ihr müsst jetzt für uns bauen“, außerdem spielt er auch noch abwechselnd mit Valentin Szep und – so sie nicht verhindert ist Lorena Schranz – Klavier.
Die Genannten sind aber bei Weitem noch nicht das gesamte Personal des Stücks – in der Info-Box ist eine vollständige Liste. Jedenfalls ist auch diese Roboter-Story wieder als fast Ganz-Jahresprojekt mehr als übliche Schulaufführungen, eine professionell geworden Bühnen-Performance mit vielen wechselnden Szenen, Abwechslung in der Form – von Gesprochenem, Getanztem, Realitätsnahmen und dann wieder weit Entrücktem. Und lässt spüren, wieweit der Autor auch seiner Zeit voraus war – was auch für andere seiner Stücke gilt, so spielt etwa das Wiener Theater Spielraum im Oktober 2020 „Die weiße Krankheit“ und wer nicht wusste, dass Karel Čapek dies 1937 geschrieben hat, hätte – über weite Strecken – meinen können, es wäre für die Zeit der Pandemie verfasst worden (Stückbesprechung unten verlinkt.
Gelungen ist in der Kooperation von Theater Arche und der Schule Hegelgasse 12 in „R.U.R. Rossums Universal Robots“ übrigens auch der Einbau von Texten, die mit Hilfe von Chat GPT geschrieben worden sind. Was nicht auffallen würde, wenn es nicht preisgegeben worden wäre. Der Regisseur erzählte bei einem Publikumsgespräch nach einer Vorstellung, die vor allem von Schüler:innen besucht wurde: Für die Roboter:innen habe er der KI eingegeben: Entwirf eine Szene für fünf Roboter:innen, die beschließen sich gegen die Herrschaft der Menschen über sie aufzulehnen. Er habe dann im vierten oder fünften Anlauf mit der zusätzlichen Eingabe „im Stile von Elfriede Jelinek“ jenen Text bekommen, der nun von den Schauspieler:innen zum Leben erweckt wird.
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Stückberspechung „Die weiße Krankheit“ <- noch im Kinder-KURIER
„Terror tötet Unschuldige und verrät jede gerechte Sache“, „Wir sind Teil dieser Gesellschaft“, „Rassismus, Terrorismus, Extremismus – nein“ (wobei dieses nein neben einem Kreis mit X drinnen steht wie auf dem Stimmzettel einer Wahl), „Islamfeindlichkeit ist kein Mut zur Kritik, sondern Angst vor Vielfalt“, „Wir distanzieren uns scharf von solchen Taten“ – Das waren Losungen in der ersten Reihe einer Demonstration Sonntagabend – organisiert vom Verein „die freie syrische Gemeinde Österreichs“. Allesamt mit Hand und schwarzen sowie roten Stiften geschrieben auf Karton.
Einige syrische Flaggen, manche als Umhang auf den Schultern, aber dominiert haben rot-weiß-rote Fahnen den Demonstrationszug vom Christian-Broda-Platz vor dem Wiener West Bahnhof durch die berühmte Einkaufsmeile Mariahilfer Straße, deren Geschäft an diesem Tag geschlossen sind. Ziel: der Platz auf der Ringstraße vor dem Parlament, wo es eine Abschluss-Kundgebung gab.
Einige Kinder, viele Frauen und Männer – geschätzt wurde die Teilnehmer:innenzahl auf rund 300 – nahmen den tragischen Mordanschlag ihres Landsmannes im Kärntner Villach zum Anlass, um darauf hinzuweisen: Nicht in unserem Namen, nicht im Namen der Religion. Auch wenn das nicht alle verstehen (wollen) – so hielt eine ältere Frau am Rande den Demonstrant:innen ein Plakat entgegen, dass „Eure Religion Menschen absticht, enthauptet usw.“ Die eine oder der andere von den Demo-Teilnehmer:innen versuchte mit der Frau zu diskutieren, provozieren ließ sich niemand.
Die Plakate und nicht zuletzt die Ösi-Fahnen zeigten wohl das praktische Gegenbeispiel – und viele Kerzen, einige mit echtem Feuer, die meisten kleine elektrische symbolisierten die Trauer wegen der Ermordung eines 14-jährigen Schülers in Villach.
Im Zug auch noch zu sehen Plakate wie „Unser tiefes Beileid für die Tragödie in Villach“, „Wer eine Seele tötet – als ob er die ganze Menschheit getötet hätte“, „Wir sind dankbar, in Österreich Asyl und Schutz gefunden zu haben“, „Wir als Flüchtlinge sind Opfer von Terrorismus“ oder „Die Heimat eines Menschen ist nicht sein Geburtsort, sondern der Ort an dem er Sicherheit findet“, „Antisemitismus ist nicht Meinung, sondern Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und hier sei noch ein kurzes optimistisches Plakat zitiert: „Zusammen leben macht friedlich“.
Ein Clown im Handstand – oder täuscht das Kostüm das nur vor? Kleine reitende Dinos, eine Familie – Kind Schmetterling, Mutter Blumenkranz im Haar und Vater als Imker verkleidet -, Hexenhüte, Feuerwehrhelme und dann sind sehr viele Minions zu sehen (vor allem ehrenamtliche Mitarbeiter:innen der Wiener Kinderfreunde) bevölkerten den Platz nach dem Eingang des Wiener (Wurstel-)Praters Sonntagnachmittag. Und das trotz nasskalten Wetters. Und dann zogen sie – begleitet von einer großen lautstarken Gruppe von Trommler:innen mit mitreißenden Rhythmen.
In einem laaaaangen Zug wanderten die Verkleideten zwischen Geisterbahnen, Autodrom und Achterbahnen auf den Wegen durch die Praterbelustigungen, angeführt von einer Mini-Lokomotive auf Autoreifen mit vollbesetzten Anhänger-Wagen, mitten im Zug auch Traktoren mit Kostümierten. Ausgelassene Stimmung auch bein Abschlusskonzert mit Kinderliedermacher Bernhard Fibich.
Einladung zum 250. Geburtstag! Und das für alle Artgenossinnen und -genossen aus der ganzen Welt. Dies ist der Ausgangspunkt des neuesten Bilderbuchs von Patrick Addai und dieses Mal illustriert von Jokin Michelena. Das uralte Geburtstags„kind“ ist eine Schildkröte. Auf dem Buchcover reitet sie auf einem lustig dreinschauenden blauen Elefanten.
Nach ein paar Seiten rund um Begegnungen der Hauptfiguren mit unterschiedlichsten Schildkröten beginnen in „Die Komödienschildkröte“ Dutzende Seiten mit diesen langsamen, bedächtigen Tieren, deren Panzer in den Farben und Symbolen verschiedenster National-Flaggen leuchten.
Da zwar am Beginn sowie am Ende des Buches die Flaggen (fast) aller Länder der Welt als kleine Bildchen abgedruckt sind, für die großen Fahnen auf den Schildkrötenpanzern aber nicht so viel Platz war, findest du auf sechs Seiten dieses Bilderbuchs „nur“ Umrisse einiger Schildkröten, die du anmalen und mit jenen Flaggen zeichnen und malen kannst, die du gerne hättest und die zuvor noch nicht vorkommen. Oder vielleicht auch mit Fantasie-Flaggen oder jenen deines Lieblings-Fußballklubs oder eines Volleyballteams oder was auch immer.
Die Botschaft, die der Autor, vermitteln will ist wohl klar, unterstreicht er aber im Gespräch mit Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… nochmals deutlich: Alle (Schildkröten) aus allen Ländern sind (bei diesem Geburtstagsfest) willkommen. Und um diese nochmals hervorzuheben hat er sie im Buch noch ziemlich zu Beginn so ausgedrückt: „Verschiedene Farben ein Volk“ findest du in 13 verschiedenen Sprachen, u.a. Arabisch, Hebräisch, Englisch, Türkisch, Japanisch, Kisuaheli und Ashanti-Twi. Die zuletzt Genannte ist übrigens jene in Ghana weit verbreitete Sprache mit der Addai aufgewachsen ist, bevor er zum Studium nach Österreich gekommen und Linzer geworden ist.
Kommende Woche – am 28. Februar 2025 (Details siehe Info-Box am Ende des Beitrages) wird der Autor dieses sein neuestes Buch (dem allerdings ein wenig Lektorat und Korrektur nicht schlecht getan hätte) in der Wiener Buchhandlung AfriEuroText im Rahmen des Black History Month (Monat der Schwarzen Geschichte) vorstellen. Wie immer wird das nicht nur eine Lesung, Patrick Addai erweckt die Figuren seiner Bücher mit Sprache, Mimik und ganzem Körpereinsatz zum Leben, nicht selten auch von Trommelmusik begleitet.
KiJuKU: Du hast gesagt, die Idee zu diesem Buch hattest du in der Schweiz, wie und warum?
Patrick Addai: Ich war auf Lesereise unter anderem in einer Schulklasse in Luzern. Ein Kind hat mich gefragt, woher ich ursprünglich komme. Nachdem ich Ghana genannt hatte, habe ich begonnen, die Kinder zu fragen, wo ihre eigenen Wurzeln liegen. Und da haben sie genannt: Peru, Mexiko, Japan, Eritrea, das letzte Kind in der Reihe sagte: Meier aus der Schweiz. Das hat mir so gefallen – verschiedene Nationen, verschiedene bunte Farben der Fahnen …
KiJuKU: Und wie kam es zum Buchtitel Komödien-Schildkröte?
Patrick Addai: Diese Schildkröte sendet die ganze Botschaft des Buches, nicht ich.
KiJuKU: Sie schlüpft sozusagen in diese Rolle wie ein Schauspieler, eine Schauspielerin? Weshalb gerade eine Schildkröte?
Patrick Addai: Ja, dieses Tier hat eine gewisse Langsamkeit und Sicherheit, so kann sie diese Botschaft besser in die Welt hinaustragen.
KiJuKU: Das ist jetzt ein neues Tier in deinem Buch-Universum, du hattest ja schon viele von Adler über Huhn, Hase und Esel bis Ungeheuer?
Patrick Addai: Die Panzer dieser Schildkröten repräsentieren alle Nationalitäten. Das und die verschiedenen Sprachen am Anfang sind eben, was das Buch sagen will: Egal woher und mit welcher Sprache, die Schildkröten – und auch wir Menschen – sind alle gleich und sollen lieber miteinander feiern als sich zu bekriegen.
KiJuKU: Und weil nicht für alle Flaggen in den großen Bildern Platz ist dann die Ausmalbilder?
Patrick Addai: In sehr vielen Schulklassen gibt es ja Kinder aus vielen verschiedenen Ländern, und wenn eines dabei ist, dessen Fahne nicht von einer großen Schildkröte getragen wird, kann es dann ergänzen und den anderen Kindern davon erzählen.
KiJuKU: One People – Different Colours – dieser Spruch in mehreren Sprachen am Beginn des Buches vereutlicht die Botschaft noch einmal.
Patrick Addai: Und er ist ein Song des südafrikanischen Reggae-Sängers Lucky Philip Dube (1964 – 2007). Sein erstes Album ist damals noch unter dem Apartheid-Regime (eine Minderheit von Weißen herrschten, die große Mehrheit der Schwarzen hatte praktisch keine Rechte) verboten worden. Später bekam er zwei Platin-Schallplatten, ein Album wurde zum meistverkauften der 80er und 90er Jahre. 2007 wurde er in Johannesburg vor den Augen seiner Kinder erschossen. Ihm widme ich das Buch – mit diesem Spruch aus einem seiner bekannten Nummern. Bei Afrikatagen in Wien vor vielen Jahren hab ich seine Tochter Nkulee, die auch Reggae-Sängerin ist, kennengelernt und ihr versprochen, eines Tages werde ich ein Buch ihrem Vater widmen.
kinderbuchautor-als-schul-hebamme-in-ghana <- damals noch im Kinder-KURIER
Fröhlich verlaufen sich zwei Kinder im Wald, wo sie bei einem Lebkuchenhaus landen … das Märchen von Hänsel und Gretel in einem Kinderlied mit Happy Sound. Dass die vom Vater im Wald ausgesetzt werden, weil angeblich die Stiefmutter das so will, spielt im bekannten Lied keine Rolle.
„Klingende Kostbarkeiten“ – fliegende Noten auf dem Screen, dazu ein pseudo-Steirisch eines Art Möchtegern-Moderators aus dem Lautsprecher kündigt die Show Kinderlieder an. Caroline Athanasiadis und Klaus Oppitz vollführen in den folgenden zwei Stunden (eine Pause) in „Kinderlieder aus der Hölle“ einen sehr witzigen Reflexions-Ritt, vom Tempo her meist Galopp, durch – noch immer – bekannte Lieder und TV-Serien durch, mit denen viele Kinder aufwachsen. Ihre (Groß-)Eltern jedenfalls taten dies – denn fast jedes Mal, wenn auf der Bühne eines angestimmt wird, fiel ein Gutteil des abendlichen Publikums bei der vielumjubelten Premiere in der „Kulisse“ als Chor mit ein. Demnächst gastieren sie beim Satirefestival im Theater Forum Schwechat (wenige Gehminuten von der S-Bahnstation entfernt) mit diesem Programm – Details dazu und zum nächsten Termin in der Kulisse in der Info-Box am Ende des Beitrages.
Die Sängerin, Tänzerin, Musicaldarstellerin und Kabarettistin hat sich den Kabarettisten und Autor (u.a. im Kollektiv der Tafelrunde) als vermeintlichen Sidekick und gespielten patscherten „Musiker“ zu dieser Show geholt, der sich im Laufe des Abends auch zur Figur auf Augenhöhe entwickeln darf. Manche der ohrwurmartigen Lieder dekunstrieren die beiden in knappen, punktgenauen Worten. Andere zerlegen sie in Szenen – so das hier eingangs genannte „Hänsel & Gretel“, verlegen es in die Jetztzeit. Caro verwandelt sich in die neue Partnerin des Vaters, die nur an Konsum interessiert ist. Konto (fast) leer, Sparen ist angesagt. Was ist das Teuerste: Kinder… Und so schwingt neben der Kritik an diesem jenseitigen Text auch noch – ohne es an- oder gar auszusprechen – auch noch mit, wie ganze Länder mit Budgets umgehen.
Ein Mann, der eine schlafende Frau „abschleckt“ (Dornröschen), ein Sohn, der nachdem er in die Welt hinausgezogen ist, wieder bei der Mutter einzieht (Hänschen klein), eine Krankheit, die mit Wein kuriert werden könnte und ein Wolf, der gar nicht merkt, dass ihm der Bauch aufgeschlitzt wird (Rotkäppchen)… in fast unzähligen Liedern und Märchen legen die beiden in ihrer rasanten Bühnenshow die Kernbotschaften frei und nehmen sie genussvoll und witzig auseinander. Manches Mal mit – erfundenen – Geschichten über eigene Traumatisierungen, etwa wenn Klaus von seiner Angst, anderntags nicht mehr aufzuwachen, sollte Gott es nicht wollen oder er vielleicht auf ihn vergesse. Immerhin wurde ihm in der Kindheit allabendlich das Schlaflied vorgesungen, in dem es heißt: „Morgen früh, wenn Gott will, wirst du wieder geweckt“.
Wie schon kurz erwähnt, nehmen die beiden auch bekannte TV-Serien auseinander – und darüber hinaus auch noch Schlager – nicht nur für Kinder. Bei „gefesselt im Rollstuhl“ von den Kastelruther Spatzen betonen sie extra, dass der Text wirklich aus dem Original der Gruppe stammt. Übrigens eine Formulierung, die noch immer viel zu häufig auch in Medien vorkommt – entgegen dem Erleben der Betroffenen, denen der Rollstuhl die Möglichkeit zur Bewegung von A nach B eröffnet.
Als Höhe- und Schlusspunkt rocken die beiden ein Medley aus bekannten Schlagermelodien mit eigenen kritischen Textzeilen über die Bühne.
Einzig und allein wenigstens eine Nebenbemerkung, dass es durchaus auch andere Kinderlieder gibt gehen dem Abend ab: Etwa die rockigen von Suli Puschban (u.a. „ich hab die Schnauze voll von Rosa“) Kiri Rakete, Cocopelli, Matthäus Bär (auch wenn der als Kinderliedermacher und -sänger aufgehört hat), Bernhard Fibich, Rolf Zuchowski („ich schaff das schon“), die Songs aus den dramatisierten und vertonten Geschichte von Mira Lobe (u.a. „Die Geggis“) oder gar schon aus 1970 Dieter Süverkrüps „Baggerführer Willibald“, in dem die Bauarbeiter den Boss wegschicken und Häuser bauen, in denen sie sich auch selber Wohnungen leisten können.
KiJuKU: Zunächst einmal: Gratulation zu diesem Programm
Caro: Daaaankeschööön…
KiJuKU: Die erste Frage ist natürlich: Wie seid ihr auf dieses Programm gekommen. Du, Caro, hast zwei Kinder, die nicht mehr die Allerjüngsten sind; das heißt diese bekannten Lieder müssen dich ja schon lang genervt haben?
Klaus: Die Lieder oder die Kinder?
KiJuKU: Die Lieder?
Caro: Ich muss sagen, dass ich diese Lieder schon aus meiner Kindheit wirklich in Erinnerung gehalten habe, gerade dieses Schlaflied. Das hat nicht nur den Klaus, sondern auch mich in der Kindheit irritiert, ich mochtes es auch nicht. Meine Mutter hat sehr viele Kinderlieder mit mir gesungen. Von „Das Wandern ist des Müllers Lust bis alle meine Entlein“. Ich glaub aber, dass sie nie darüber nachgedacht hat, was wir da singen.
Klaus: Das klingt ja alles so positiv – aufs Erste. Was für uns der Spaß war, die Texte einmal wirklich anzuschauen und uns zu überlegen, wie würde das jetzt in Moll klingen, weil das dann genauso traurig ist wie die Texte sind.
KiJuKU: Gab es irgendeinen Ausgangspunkt oder Anlass, die Idee hattet ihr ja offenbar schon lange im Kopf gehabt?
Klaus: Mein Ausgangspunkt war tatsächlich „Guten Abend, gut Nacht“, weil mir meine Mutter das wirklich täglich vorgesungen hat. Ich muss jetzt allerdings zu ihrer Verteidigung sagen, ich hab keine Neurose davongetragen. Ich fand das als Kind schon immer ziemlich unheimlich und spooky. Aber ich mochte unheimlich und spooky. Insofern hat’s schon gepasst.
Caro: Man verarbeitet das irgendwie glaub ich, aber später merkt man’s dann. Mich haben diese Kinderlieder, aber auch die Serien und Märchen schon damals beschäftigt. Ich glaub, als Kind denkst du nicht drüber nach, sondern nimmst die Geschichten und Texte einfach hin. Und du denkst da noch nicht logisch, dass zum Beispiel der Wolf aufwachen würde, wenn man ihm den Bauch aufschneidet. Erst später kommt man drauf: Hey, voller Blödsinn.
KiJuKU: Wie hast du das dann bei deinen Kindern gemacht, hast du ganz andere Lieder vorgespeilt – es gibt ja mittlerweile längst und sogar seit einigen Jahrzehnten viele mit guten Texten wie Kiri Rakete, Suli Puschban, Matthäus Bär, Bernhard Fibich…?
Caro: Es gibt schon modernere zum Beispiel „wer, wie, was, wieso, weshalb, warum, wer nicht fragt, bleibt dumm!“, oder Zuchowski, ja es gibt super Kinderlieder. Und vor allem gibt es gute, tolle Hörspiele – 3 Fragezeichen, Fünf Freunde…
Aber ich muss sagen, ich hab kein Traum davon getragen, weil ich den Struwwelpeter oder Rotkäppchen gehört und gelesen habe.
Klaus: Aber es vermittelt halt schon was. Kommt ganz drauf an, wie Eltern das einsetzen. Gerade der Struwwelpeter wurde ja als Drohung mit Strafen bei Fehlverhalten eingesetzt. Es ist unglaublich spannend, worauf man kommt, wenn man sich das wie wir in der Erarbeitung des Programms genauer anschaut. Oder wie das Publikum reagiert. Heute haben ja wirklich viele Leute bei den Songs zu den Fernsehserien der 80er und 90er Jahre mitgesungen. Das hat mich fasziniert, dass das wirklich noch im kollektiven Bewusstsein drinnen ist.
Caro: Ich bin aber auch nicht dafür, dass man diese Sachen ändert, sondern dass man mit den Kindern einfach darüber redet. Das geht leider verloren, das machen nur mehr wenige. Ich hab kein Problem mit Schneewittchen & Co – aber darüber sprechen, was da drinnen steckt, welche Rollenbilder vermittelt werden.
Klaus: Nichts anderes machen wir ja mit diesem Programm. Wir drücken die Stopp-Taste und sagen: Okay, hören wir einmal genau hin, was wir da eigentlich gerade gesungen haben.
Caro: Genau
Klaus: Da is vieles total oag.
KiJuKU: Zurück zur Entstehung: Es gab also einmal die Idee und auch die, daraus einen ganzen Abend zu machen. Wie habt ihr dann gesammelt bzw. wegestrichen, was da rein kommt?
Caro: Genau, wir hätten natürlich viel mehr nehmen können, uns dann für diese Prototypen entschieden, wo wir gesagt haben: Die kennt wirklich fast jede und jeder.
Klaus: Und bei uns ist es von den Voraussetzung so schön unterschiedlich: Ich hab wirklich wie ich auf der Bühne sage sechs Katzen und bin verheiratet und die Caro hat mit zwei Kindern einen ganz anderen Lebensentwurf. Mit diesem Unterschied spielen wir ja auch auf der Bühne, ich arbeit mich an meinen Kindheitserinnerungen ab.
KiJuKU: Caro, hast du dann mit deinen Kindern diese Lieder gesungen und darüber geredet?
Caro: Nein, gar nicht. Lustigerweise kennt der erste Sohn „Hänschen klein“, der jüngere gar nicht. Märchen kennen sie schon, aber diese klassischen Kinderlieder nicht so. Beim zweiten hab ich vielleicht nicht mehr so viel Zeit gehabt, ihm vorzusingen.
Klaus: Und dein Mann hat ihm Fußballergebnisse vorgelesen.
Caro: Nein, der hat ihm viel vorgelesen – klassische, aber auch moderne.
KiJuKU: Und dann auch darüber geredet?
Caro: Der Kleine hat viel und fragt viel nach. Der Große hat viele erst hingenommen und dann erst später hinterfragt.
Klaus: Kommt man da in Erklärungsnotstand?
Caro: Manchmal schon bis man dann sagt: Na, das ist jetzt aber so.
KiJuKU: Das gilt aber nicht!
Caro (heftig lachend): Ich weiß, ich weiß, ich weiß. Furchtbar, ich hab das als Kind gehasst, wenn mir wer auf Fragen gesagt hat: Das ist jetzt aber so.
Das ist ein Ding, das ich bei meinen Kindern anders gemacht hab. Meine Eltern haben einfach oft nur Nein gesagt. Ich sag immer nur: Nein, weil… Außer ich sag’s fünf Mal und sie checken’s nicht. Dann sag ich auch nur mehr Nein – oder Das ist jetzt aber so!
KiJuKU: Danke, Efcharisto.
Ein geheimnisvoller Wald, ein Mädchen in langen roten Haaren – ein wenig schüchtern, Außenseiterin, weil sie mit ihrem Vater oft umziehen muss, dann doch ihr Zuhause findet. Den Wald erbt sie von ihrer Tante. Fühlt sich zu Bäumen und den Tieren hingezogen, dort ist sozusagen ihr Zuhause. Sie spürt – und erfährt dann –, dass sie magische Fähigkeiten hat, eine Hexe ist. Ihre Kräfte kommen aber erst voll zur Entfaltung, wenn sie drei weitere junge Hexen findet – jede für eines der vier Elemente. Sie selbst ist feurig. Und dann ist da noch der Wald von schmierigen Geschäftemacher:innen bedroht, die ihn abholzen und ein Einkaufszentrum hinpflanzen wollen.
Das ist der Kern der Geschichte von „Ein Mädchen namens Willow“, ein Buch mit dem Schauspielerin und Autorin Sabine Bohlmann (Illustrationen: Simona Ceccarelli) vor rund fünf Jahren den Samen einer sehr erfolgreichen Serie pflanzte. Das Buch ging sozusagen durch die Decke – bisher vier weitere Bände und eine Reihe von Sonder-Büchern (Waldtagebuch usw.) sowie Merchandisingprodukten – folgten. Im Sommer des Vorjahres wurde die Story – im Wesentlichen Band 1 – verfilmt und kommt nun Ende Februar in die Kinos.
Vier enge Freundinnen – wenngleich zwecks Spannungsbogen einmal mit einem kurzfristigen Bruch; eng verbunden mit Tieren und Natur. Kämpferinnen für diese und gegen die Bedrohung des Waldes. Die Botschaft „Hör auf dein Herz“, die auch als Spruch in der Wand des alten verwilderten hölzernen Hexenhauses mitten im Wald eingeritzt steht. Ein Fuchs, der Vertrauen zwischen der Hauptfigur und dem Wald einleitet… Da klinge(l)n kräftig Element aus Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“ an. Dort geht’s beim Herzen nicht ums Hören, sondern um‘s Sehen. („Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“) Kinder, die gegen die Bedrohung eines Waldes durch Abholzen und Verbauen kämpfen, sind schon aus „Das Städtchen Drumherum“ von Mira Lobe und Susi Weigel (erstmals vor 55 Jahren erschienen) bekannt.
Nichtsdestotrotz ein immer noch wichtiges Thema und wahrscheinlich heute dringender denn je zuvor, noch dazu wo Klima- und Umweltschutz wieder in den Hintergrund zu treten droht.
Im Zentrum stehen die vier jungen Hexen – neben Willow (Feuer; Krafttier: Fuchs, der sie auch in den Wald führt), Valentina (Luft; Eule), Gretchen (Wasser; Schildkröte) und Lottika, meist nur Lotti genannt (Erde; Eichhörnchen). Ava Petsch, Cora Trube, Anna von Seld und Mary Tölle spielen diese vier überzeugend. Die erwachsenen (Mit-)Spieler:innen kommen „nur“ am Rande vor, allesamt allerdings – teils prominent besetzt – ebenfalls sehr passend zu ihren Rollen.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Buch und Film (Drehbuch: Gesa Scheibner; Regie: Mike Marzuk): Das sprechende Hexenbuch verwandelt sich für die Kinoleinwand in einen Menschen mit bedruckten Papierstreifen als Haare und Anzug im Stile bedruckten Papiers. Dafür zeichnet Regisseur Mike Marzuk verantwortlich. Sein Beweggrund dafür wird im Presseheft zum Film so beschrieben: „war es ein großes Anliegen, dass die Kinderdarstellerinnen eine echte Person zum Anspielen hatten. Wäre es bei einem schwebenden Buch oder ähnlichem geblieben, das erst in der Postproduktion digital hätte eingefügt werden können, hätten die Kids beim Dreh einen kleinen Ball anspielen müssen.“
Landschaft und Tiere sind im Wesentlichen echt. Nur das Eichhörnchen ist digital animiert und der große Baum, von Willow Waldtraud genannt, ist eine künstliche Schöpfung: „Waldtraud sollte bigger than life wirken, schließlich ist sie ein ganz besonderer Baum“, so der Regisseur. „Der Baumstamm entstand in echter Handarbeit, nur mit Naturmaterialien, unter grünen Produktionsvorschriften – wie die gesamte Produktion nach grünen Standards abgewickelt wurde. Die Äste und komplette Baumkrone wurden zudem digital, also mit VFX, ergänzt. Waldtraud sollte zwar natürlich ausschauen, aber übernatürlich wirken. Sie ist ein mächtiger, magischer Baum. Den hätten wir in Natura vielleicht schon gefunden. Da er in der Geschichte aber gefällt wird, hätten wir das mit einem echten Baum auf keinen Fall machen wollen“, so die Produzenten. „Unser gebauter Baumstumpf ist ein Kunstwerk geworden. Es war ein Riesenakt, den an die Drehlocation zu bringen. Er steht dort immer noch und ist sicher schon von Efeu und Moos bewachsen und in den Wald integriert“, ergänzt das SamFilm-Trio. (Ewa Karlström, Andreas Ulmke-Smeaton, Bernd Schiller).
„Ein Mädchen namens Willow“ basiert auf dem 1. Band der Kinderbuchserie von Sabine Bohlmann: Willow ist die Erbin des Waldes ihrer verstorbenen Großtante und erfährt, dass sie wie diese im Besitz von Hexenkräften ist.
Die Handlung des Films ist eine Wiederholung von bereits vorhandenen Geschichten und absolut nicht innovativ. Sogar der Bösewicht wird von demselben Darsteller in einem anderen Film auf dieselbe Art dargestellt. Die Figuren sind nicht gut durchdacht, und es entsteht der Eindruck, es sind allgemein nicht viele Überlegungen gemacht worden, was den Soundtrack, die Kostüme und die Szenerie betreffen.
Den Wald, der den Mittelpunkt des Ganzen bildet, hätte man noch viel mehr charakterisieren können, denn da hätte es viel Potenzial gegeben, auch Figuren (z.B. Tiere oder Fabelwesen) hinzuzufügen, hätte den Film bereichern können. Was bedeutet es, eine Hexe zu sein? Im Film steht es symbolisch dafür, dass man anders ist, aber auch dieser Frage hätte man noch mehr nachgehen können.
Es soll wahrscheinlich „unterhaltend“ sein, obwohl das Thema „Freundschaft“ immer wieder aufgegriffen wird und zum Schluss gemeint wird, dass es sowieso immer schon darum gegangen ist. Das Finale wird schnell aufgelöst und es gibt kein gelungenes kohärentes Ende. Es fehlen Liebe zum Detail, gute (witzige) Dialoge, schöne Kostüme und das Mystische, was in vielen guten Kindergeschichten vorkommt. Das Beste am Film waren die schauspielerischen Leistungen der jungen Hexen.
Es gibt so schöne zeitlose Geschichten für Kinder wie z.B. „Der kleine Prinz“, „Der geheime Garten“, „Alice im Wunderland“, die voller Weisheiten, klug und mystisch sind.
Stefanie Kadlec, 19
Draußen scheint die Sonne, der Himmel ist wolkenlos blau. Das freut Emma nicht so wirklich. Sie hat vor wenigen Tagen zu ihrem Geburtstag einen coolen gelben Regenmantel mit Kapuze geschenkt bekommen.
Doch Emma kümmert das nicht viel. Sie schlüpft dennoch in ihr Geschenk und führt es sozusagen aus. Ihre Mutter gibt zu bedenken, dass Leute auf der Straße und dem Spielplatz komisch schauen und reagieren könnten.
Und tatsächlich schauen einige Menschen – in diesem Bilderbuch sind es nur Erwachsene – nicht gerade freundlich erstaunt (Text: Kashi Grobe; Übersetzung aus dem Englischen: Isabel Abedi). Den gezeichneten ganz unterschiedlichen Kindern (Andrea Stegmaier) ist’s egal, sie schaukeln, turnen oder spielen unbeeindruckt weiter in der Sandkiste.
Auch im Kindergarten nehmen ihre Kolleg:innen Emma wie bisher und lassen sie auf dieser Doppelseite Schnurspringen. Erwachsene fragen das Mädchen nach dem Regen, als Emma mit ihrem Vater, der sie vom Kindergarten abgeholt hat, einkaufen geht.
Emma ist nicht nur selbstbewusst und steht dazu, das anziehen zu wollen, was ihr gefällt – und nun ist es eben das Geburtstagsgeschenk -, sondern sie ist auch schlagfertig und hat spontan humorvolle Antworten auf die Regen-Frage.
Und klar, irgendwann kommt die Zeit, in der auch andere Regenjacken, -mäntel und -schirme brauchen. Emma ist da längst vorbereitet 😉
Das Buch trägt übrigens noch einen Untertitel – „eine Geschichte über Selbstvertrauen“, also ob sich das nicht von selber aus Text und Bildern von selber ergeben würde.
kijuku_heinz
Dort wo du vor ein paar Jahren schwimmen oder in seichtem Wasser relaxen konntest, spielt sich nun Theater ab. Alles ganz ohne Wasser. Im Dianabad, der vor fünf Jahren stillgelegten vierten Version desselben, spielt sich Nestervals „Fürst*in Ninetta“ rund drei Stunden lang ab. Rund zwei Dutzend Charaktere haben ihre eigenen Wege und Stationen – manche einzeln, viele zu zweit – und du folgst ihnen. Kannst aber auch dazwischen von einer der Lebenswege zu anderen wechseln, wenngleich strenge Guides das – obwohl zu Beginn verkündet – nicht so gern sehen.
In dem Bad, dessen Schwimmhalle in seiner ersten Version – ab 1810 – im Winter überdeckt und zum Ballsaal umfunktioniert wurde, fand am 15. Februar 1867 die Uraufführung des wohl berühmtesten Walzers statt. Dieser wird in „Fürst*in Ninetta“ auch gespielt – zum Jahreswechsel 1974 /75 in dem das Stück angesiedelt ist (als Hommage an den 50. Geburtstag von Anna Hötzeneder, Schwester von Martin Finnland, einem der Masterminds von Nesterval).
Inspirationsquelle ist die Operette „Fürstin Ninetta“ vom Pop-Star seiner Zeit, dem Walzerkönig und welche superlativen Zuschreibungen den Bekanntesten aus der Strauss-Dynastie auch immer begleiten (Libretto: Hugo Wittmann und Julius Bauer). Zur 200. Wiederkehr des Geburtstages von Johann Strauss Sohn und dem ihm gewidmeten Jahr mit dem Spruch „Wien in Strauss und Braus“ wurden neben klassischen Musikvorstellungen auch ungewöhnliche Performances gesucht – u.a. über den entsprechenden Escape-Room, Trickfilm-Workshops im Zoom Kindermuseum, sowie Zeitreisen in Riesenrad-Waggons hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… schon berichtet.
Die Handlung des Nestervals’schen immersiven Theaters – das Publikum sitzt nicht und verfolgt eine Aufführung, sondern verfolgt wie schon eingangs erwähnt, einzelne Protagonist:innen durch ein Gelände) orientiert sich an der besagten Operette. Alles spielt sich in und rund um ein Hotel im süditalienischen Sorrent ab. In die einstige Schwimmhalle – in der vierten Version wurde es zu einem Erlebnis- und Spaßbad mit Nischen, Grotten usw. hat die Gruppe jurtenartige Zelte (Bühnenbild: Andrea Konrad) gestellt, die die „Appartements“ darstellen, in denen einzelne der Protagonist:innen ihre Szenen haben.
Sorrent liegt in der Nähe Neapels und des Vulkans Vesuv – der im Stück auch eine Rolle spielt. Adelheid Möbius (Laura Athanasiadis) und Ferdinand Knapp (Fabian Tobias Huster) wollen heiraten und tun dies auch. Doch kurz nach der Trauung verraten seine Mutter Anastasia (Anne Wieben) und ihr Vater Hans (Christopher Wurmdobler), dass sie am Vorabend geheiratet haben. Womit das junge Brautpaar sozusagen zu Stiefgeschwistern geworden ist!
Dies ist aber nur eine der sich durchziehenden, verwickelten Handlungsstränge. Im Zentrum steht die titelgebende Fürstin. Ninetta (Mio Wendelin Riedl) taucht im Hotel – in das die Nestervals das einstige Bad verwandelt haben, das seit fünf Jahren nicht mehr in Betrieb ist, – zunächst als Mann namens Carlino auf und wird von vielen angehimmelt. Genauso wie später auch als Frau. Genau das dürfte die Nestervals, die viele ihrer Performances um Queerness, Genderfluidität usw. kreisen lassen, besonders interessiert haben, weshalb sie dem Adelstitel ein Genderstrenchen eingefügt haben.
„Bei Johann Strauss dient das Spiel mit den Identitäten vor allem der klassischen Verwechslungskomödie: Eine Frau, die sich als Mann verkleidet, sorgt für turbulente Verwirrung, romantische Missverständnisse und dramatische Enthüllungen. Doch während solche Rollen damals oft mit einem Augenzwinkern betrachtet wurden, liest Nesterval diese Thematik mit zeitgenössischem Blick – als tiefgehende Auseinandersetzung mit Geschlechtsidentität und gesellschaftlichen Erwartungen“, heißt es dazu auf der Homepage der Gruppe.
„Wer oder was ist Ninetta? Ist sie eine Frau, die sich als Mann ausgibt, um sich in einer männlich dominierten Welt zu behaupten? Ist Carolino eine eigene Identität, die sich nicht als bloße Verkleidung, sondern als gelebter Ausdruck einer anderen Geschlechtswahrnehmung verstehen lässt? Ist Ninetta trans, nonbinär oder einfach eine Person, die sich in keine der vorgegebenen Kategorien pressen lassen will? Nesterval lässt diese Fragen bewusst offen und stellt sie ins Zentrum der Erzählung. Es geht nicht darum, eine endgültige Antwort zu finden, sondern darum, das Recht auf Unentschiedenheit, auf Entwicklung und auf das individuelle Finden der eigenen Identität zu thematisieren“, findet sich in der Folge als Hintergrundinformation.
Wie die Gäste des Hotels – nicht die mitwandernden Besucher:innen, sondern die Charaktere und Figuren – unterschiedlich auf diese Figur, aber auch viele anderen der Szenen reagieren, ist Teil des Spiels, das beim Publikum, das selber auch immer in Bewegung ist (die doch langen drei Stunden ermüden allerdings mindestens einen Teil des Publikums), ebenfalls verschiedene Reaktionen auslöst.
Heftig ist die Szene rund um „Mitternacht“. Einem der Hotelgäste, Kassim Pascha (Chris Pfannebecker), wird das Verschwinden Ninettas angelastet. Er wurde als „Ausländer“ – obwohl ja wohl in dem Urlaubs-Hotel fast alle anderen auch nicht aus Italien kommen – schon zuvor für alles und jedes beschuldigt. Als er beim choreografierten Walzertanz der anderen zusammenbricht, lassen sich die Tänzer:innen nicht aufhalten, drehen weiter ihre Runden, steigen über ihn drüber… Fast nicht auszuhalten. Da würdest du am liebsten fast selber eingreifen, wenn du nicht wüsstest, dass dies Teil der Inszenierung ist.
Die der Gruppe wichtigen performten Gedanken zu Identitätsfragen kumulieren nicht nur in der Figur von Ninetta / Carolino. Hoteldirektor Josef Nesterval (Alkis Vlassakakis) spricht die ganze Zeit ausschließlich Griechisch – auch mit Besucher:innen. Wenn du doch von der einen zu einer anderen Gruppe wechselst, fällt dir auch auf, dass eine der Gruppen in Österreichischer Gebärdensprache durch das Geschehen geführt wird. Und den Infos ist zu entnehmen, dass Pam Eden, die Klärchen Wasén spielt, all ihren Kolleg:innen im Ensemble während der Proben so manche Gebärde beigebracht hat.
Neben Deutsch, Griechisch und Gebärdensprache spielt natürlich Musik eine große Rolle: Außer Donauwalzer, Pizzicatto-Polka usw. damit Johann Strauss Sohn sorgen Julian Muldoon (Gesang: Sarah Muldoon und Clara Pazzini) und viele bekannte alte Italo-Hits (u.a. Felicità – Al Bano und Romina Power; La bambola – Patty Pravo, Ti amo – Umberto Tozzi) für beschwingte Atmosphäre.
Die Krebserkrankung von Katharina Wagner (Astôn Matters) lässt ihren Mann, den Wissenschafter Dr. Anton Wagner (Martin Walkner) schier verzweifeln. Wissenschaft kann sie anscheinend nicht retten. Für die Schriftstellerin Marthe Schwerdtlein (Romy Hrubeš) hat sich die Gruppe gar fiktive Romanseiten einfallen lassen. Sie selbst kann sich von ihrem vor gut einem Jahrzehnt verstorbenen Ehemann nicht lösen, lenkt sich mit Weltreisen mit ihrer Begleiterin Cecely Bailey (Alexandra Thompson) ab, aber nur notdürftig. Selbst die esoterisch angehauchten Gesundungsrituale bei Linda Stölmayer (Eva Deutsch) – und nicht wie irrtümlich ursprünglich hier stand Siebel (Julia Fuchs – in einer Wellness-Oase des einstigen Bades helfen da nicht wirklich. Nesterval-Master-Co-Mind Martin Finnland himself tritt in mehreren Rollen auf – vom Bademeister bis zur wohl berühmtesten Disney-Figur Micky.
Übrigens: Die Hotel-Rezeption ist zu Beginn nicht besetzt, dahinter allerdings findet sich die Garderobe, wo du u.a. auch dein Handy abgeben musst – wohl eine der wenigen Theaterperformances wo es nicht dazwischen klingeln, vibrieren usw. kann 😉 Und dann steigst du in ein „Flugzeug“ mit Sicherheits-Video“ (Lorenz Tröbinger; Darstellerin: Laura Hermann), bevor du in der Hotel-Lobby von Herrn Brandner (Peter Kraus) empfangen wirst.
Am Ende bei Übergabe deiner Garderobe kriegst du einen Brief – die „Rechnung“ mit QR-Code zum digitalen Programmheft mit viiiiielen Hintergrund-Infos, auf die hier zum Teil zurückgegriffen wurde bzw. aus denen zitiert wurde.
So viel dunkle Nacht – und dich wird sie vielfach erhellt – von vielen kleinen gelb leuchtenden Punkten. Sind das alles Sterne? Oder gibt’s da auch solche wie mich, scheint sich ein besonderes Glühwürmchen zu fragen. Maximiliane ist ein rot leuchtendes ihrer Art.
Und siehe da – da gibt’s noch ein zweites solches. Als Rodolfo stellt er sich ihr vor.
Von nun an – ab der sechsten Doppelseite (von insgesamt 13) – fliegen sie gemeinsam durch die Nacht der Bilder aus Collagen als wären sie aus Wollfäden und ausgeschnittenen Bildern zusammengepuzzelt.
Als Vorlese- und dabei unbedingt Mitschau-Buch eignet sich „Zwei rote Glühwürmchen“ gut als Gute-Nacht-Einschlaf-Hilfe.
Weiß – die christliche Farbe der Unschuld – dominiert. Viele(s) ist mit derartigen Tüchern verhüllt, wenn das Publikum der Show den Saal im Kosmos Theater betritt. Im Tonfall kirchlicher Messen ertönt die Stimme an die „Liebe Geeemeieieinde…“
Versammelt hat sich diese mit einigermaßen spürbarer Erleichterung. An sich in einer Art Angstlust Tickets zur Performance „Nach der Wahl sind wir nicht mehr so lustig“ vom diverCITYLAB besorgt, stieg die Premiere nur wenige Stunden nachdem die Koalitionsgespräche zwischen FP und ÖVP geplatzt sind und damit der Kelch des rechtsrechten Bundeskanzlers Herbert Kickl am Land und seinen Leuten vorbeigegangen ist. Auch wenn die Gruppe damit noch am Nachmittag umschreiben und neu proben musste, war auch deren sichtlich befreiteres Aufspielen zum Greifen.
Allesamt als Weiß-Clowns in üppigen Kleidern, teils mit Woll-Perücke (Nadine Abena Cobbina) tobten sich die Schauspieler:innen Dennis Cubic, Deborah Gzesh, Isabella Händler, Jonas Kling, Kari Rakkola, Violetta Zupančič in den Rollen bekannter Figuren aus Kinderbüchern und -filmen aus: Freitag, Nscho-tschi (Schwester Winnetous), Old Shatterhand bzw. Kara Ben Nemsi (die zuletzt genannte drei Erfindungen des Schriftstellers Karl May), Ephraim Langstrumpf (Vater von Pippi), Tim (bekannt von Struppi), Robinson Crusoe – womit endgültig klar ist, dass die hier erstgenannte Figur nicht – wie in Teilen Ghanas nach einem Wochentag benannt wurde wie beispielsweise der an einem Freitag geborene vormalige UNO-Generalsekretär Kofi Annan -, sondern der Sklave des auf eine einsame Insel gespülten „Entdeckers“.
Sie spielen nicht ihre – bekannten – Geschichten, sondern schleudern sich Sprüche rechter Politiker:innen (Text: Anna Schober und Team mit viiiielen sehr oft sehr bekannten Zitaten) wie Bälle zu, vermischen sie hin und wieder dann doch mit den Persönlichkeiten ihrer Figuren. Können diese – meist rassistischen – literarischen Geschöpfe vielleicht etwas mit der Verbreitung rechten und rechtsrechten Gedankengutes zu tun haben?
Von der Klimakatastrophe bis zur Erbschaftssteuer – fast alles, was in der innenpolitischen Debatte vorkam, wird im Stück verarbeitet bzw. zumindest angespielt. Bis hin zu einem Wackelpferd auf einer starken Metallfeder wie sie von Spielplätzen bekannt sind – designt wie Pippis „Kleiner Onkel“ -, aber natürlich mit der Anspielung auf… – Sie wissen / du weißt schon. Wer darf da drauf sitzen – ist ein Streitpunkt. Selbstgeißelung eines „Christen“ samt Waschung in einer offenen Duschkabine, der fahrbare „Standort“ öffnet seine Fenster und das Spiel wird zu einem derben Figurentheater mit lebendigen Protagonist:innen…
Bald nach dem Start der Performance geht es von Spielerin zu Spieler der Reihe nach durch: Wir stehen auf der richtigen Seite. Aus einer einschlägigen Facebook-Gruppe glichen Namens hat Regisseurin und Co-Dramaturgin Aslı Kışlal, Initiatorin von diverCITYLAB, auch so manch argen Zitate geschöpft, verrät sie nach der Premiere.
Bei der durchgängig witzigen Show bleibt angesichts des Bezugs zu echten Zitaten und handelnden politischen Personen das Lachen sehr oft im Hals stecken. Es werden aber nicht nur reaktionäre Haltungen auf die „Kornblume“ genommen, hin und wieder spielt auch ironische Selbstreflexion in so manchen Szenen eine Rolle. Dass rechtsrechtes Gedankengut in so vielen Köpfen Platz greifen konnte, liege ja vielleicht auch an den Linken oder wie es das aktionstheater ensemble erst kürzlich mit „Wir haben versagt“ sogar in den Titel gerückt hat. Apropos diese durchaus verwandte Performing-Gruppe wird in einer Szene sogar – satirisch – imitiert und dies auch so transparent gemacht.
Und, dass erst recht wieder „nur“ jene erreicht werden, die ohnehin anders denken, wählen und handeln wird im Stück einmal auch direkt angesprochen. Trotz der Erleichterung, die zu Beginn natürlich gleich verkündet wird, bleibt die neu praktisch weltweite rechtsrechte Entwicklung – samt dem ständigen Nachgeben / Nachgehen auch vieler anderer politischer Kräfte in diese Richtung. Insofern stimmt auch der Untertitel nach wie vor: „Eigentlich hätte es eine Komödie werde sollen“…
Das Bilderbuch „Wenn du weinst wie ein Wasserfall“ beginnt schon auf der Titelseite mit einem eher lustigen Bild. Ganz oben auf einem mehrstöckigen Springbrunnen hat sich ein rosa Wurm mit roten Streifen zu einer Sitzposition aufgerichtet. Und weieieieieint. Sehr viel. Tränen als Wassertropfen sprudeln von Etage zu Etage nach unten. Vögel fliegen herbei und Frösche baden im Wasser des Brunnens. Halt, einer nicht, der schützt isch und seinen Sonnenhut mit einem gelben Regenschirm.
Auf der ersten Innenseite bevor das Buch richtig beginnt – im Verlagswesen Vorsatzseite genannt – tummeln sich die unterschiedlichsten Tiere, aber auch Bäume. Alle weinen sie. Die meisten schauen traurig drein – was üblicherweise ja auch mit Weinen verbunden wird. Bei manchen könnten’s aber doch Freudentränen sein.
Und dann beginnt das Buch ziemlich traurig – gebrochen nur durch die witzigen Zeichnungen. Der schon erwähnte Wurm, auf mehr als einem Viertel der ersten Doppelseiten die Haupt- und sehr oft einzige Figur der Zeichnerin und Autorin Noemi Vola, heult ganz traurig. Der knappe Text sind Anweisungen der Autorin an ihre eigene Schöpfung. Der Wurm möge doch wenigstens am Anfang ein wenig lächeln. Worauf der sozusagen erst recht drauflos heult. Da spritzen die Tränen nur so nach fast allen Seiten und Richtungen davon. Die salzige Flüssigkeit steigt und steigt. „Wenn du nicht zu weinen aufhörst, wirst du ertrinken.“
Ihre eigene Figur will justament nicht auf seine Erfinderin „hören“. So verfällt die auf einen Trick – oder hat sie gar umgedacht? „ich wollte sagen: Weinen ist super und total nützlich. Nur… wenn schon, musst du besser weinen.“
Und so wiederholt sie das Titelbild mit dem Springbrunnen. Ab dann kommen auch andere Tiere ins Spiel. Ein Schmetterling löscht mit seinen Tränen einen kleinen Brand. Ein Fantasietier, das ein wenig an einen Wal an Land erinnert steht am Herd und kocht Nudeln – Die Tränen ersparen die Zugabe von Salz ins Kochwasser. Ein Känguru stellt Salzteig und formt aus diesem wiederum Geschenke… und vieles mehr ließ sich Vola (Übersetzung aus dem italienischen: Andrea Grill) einfallen. Unter anderem, dass Weinen eine sehr internationale Sprache ist – das wird fast überall auf der Welt verstanden.
Ob allerdings die salzigen Tränen gut fürs Wachstum der Birnen sind, sei dahingestellt. Jedenfalls ein witziger Dreh, dem Weinen viel Humor abzugewinnen. Sollte aber nicht dazu dienen, Sorgen, Nöte, Ängste, Ursachen und Anlässe kindlichen Weinens nicht ernst zu nehmen.
Theaterhotel – Verknüpfung von Kulinarik und Kultur, obendrein kommen die beachtlichen Einnahmen (in den vergangenen Jahren stets mehr als 30.000 Euro) sozialen Zwecken zugute. Schüler:innen nun erstmals der Tourismusschule Modul, davor eineinhalb Jahrzehnte der Bergheidengasse, verbinden ihre Ausbildungsschwerpunkte – vom Kochen und Servieren bis zum Organisieren – für dieses Projekt; seit weit mehr als einem Jahrzehnt immer im Austria Trend Hotel Savoyen am Rennweg (Wien). Reportage über die Vorbereitungsarbeiten in einem Beitrag, der Freitagnach online gegangen ist – Link am Ende des Beitrages. Hier nun einige Interviews mit federführenden Schüler:innen des Projekts sowie dem Direktor der Schule.
Anna Schaider ist gemeinsam mit Leopold Blazek oberste Finanzverantwortliche des TheaterHotels 2025. Dazu gehören Vorbereitung von Rechnungen bis zur Abrechnung, die Verwaltung der Abendkassa samt Buchhaltung mit Einnahmen und Ausgaben.
„Ich hatte schon Erfahrung aus einer Junior Company von vor zwei Jahren wo wir in einem kleinen Team ein Gschnas vorbereitet haben, aber dies hier ist dann doch eine viel größere Sache.“
Auf die Frage, ob sich das alles im Maturajahr und mit den Vorbereitungen für die Abschlussprüfungen ausgehe, meint sie locker „Klar. Wichtig war uns auch, dass dies ein nachhaltiges Projekt wird. So empfehlen wir zum Beispiel den Besucherinnen und Besuchern, dass sie öffentlich anreisen oder wenn sie mit dem Auto kommen, Fahrgemeinschaften bilden. Wir hatten uns auch überlegt, die Anreise mit dem Fahrrad vorzuschlagen, aber als wir gesehen haben, dass es hier vor dem Hotel keine Fahrradständer gibt, haben wir das fallengelassen. Durch die Größe dieses Projektes haben wir alle und auch ich viel Erfahrung in Eventmanagement gemacht, weil so etwas Großes konnten wir vorher noch nie umsetzen. Außerdem finde ich gut, dass die Einnahmen sozialen Zwecken zu Gute kommen, einerseits einem der indischen Dorfprojekte des Entwicklungshilfeklubs und andererseits in Kooperation mit Ströck der Erforschung der Long Covid-ähnlichen Krankheit.“
Fast noch entspannter wirkt ihr Finanz Co-Chef Leopold Blazek, der gleichzeitig auch -gemeinsam mit Arina Ehmoser das gesamte Projekt leitet, und die Abendmoderation übernommen hatte. Auch er war im vorvorigen Schuljahr Teil einer Junior Company und konnte dort bereits Erfahrungen sammeln, damals schon als Geschäftsführer. „In so einer führenden Rolle ist es schön, jeden Tag mit neuen Herausforderungen umgehen zu müssen – bei so einem großen Projekt wie diesem kommt es immer wieder vor, dass von einem Tag auf den anderen sich viel ändert. Aber das ist schön da bleibst du lebendig.“
Blazek hat nebenbei auch noch die Regie für den diesjährigen Maturaball übernommen, „und ich hab 3 kleinere Geschwister“.
Auf die Frage, ob er seine Gelassenheit angesichts der großen Verantwortung und der ständigen Herausforderungen nur „gut spiele“, verrät der Schüler Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr, „ich habe auch wirklich gespielt, bei der Theatergruppe „Gut gebrüllt“ von Maria Köstlinger, die am Samstagvormittag hier auftritt.“
Kurz lässt sich auch noch das Trio des Guest-Managements, Viktoria Berger, Marlies Neuwirth und Benjamin Richter, beim Interview-Tisch von der Arbeit abhalten – noch ist Zeit bis zum Beginn der Veranstaltung.
„Wir sind für die Akkreditierung das Ticket-Scannen, im Vorfeld für die Gästeliste bis hin zur Sitzplatzeinteilung zuständig. Gäste konnten per eMail ihre Wünsche für die Sitzplätze mitteilen und wir haben versucht, diese nach Möglichkeit zu berücksichtigen.“ Sollte – wie Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… wissen wollte, Samstagvormittag Änderungswünsche geben, so verraten die Drei: „Wir haben auch noch einen Reservetisch, wo wir ausweichen können.“
Direktor Werner Schnabel, der das TheaterHotel schon von etlichen Besuchen in früheren Jahren kannte, entschloss sich ziemlich schnell das Projekt mit „seinen“ Schüler:innen und Lehrer:innen fortzuführen, nachdem die vorherige Schule Bergheidengasse es nicht mehr fortführen wollte. Jugendliche fast aller Klassen sind in das Projekt im Rahmen ihrer verschiedenen Unterrichtsfächer eingebunden, investieren aber darüber hinaus auch Freizeit. „Für mich war darüber hinaus noch wichtig, dass wir aus der Veranstaltung ein Green Event machen, sprich Zutaten möglichst regional beschaffen, die Garnelen zum Beispiel aus der Steiermark. Außerdem wollte und will ich mit diesem Projekt, dessen Einnahmen für soziale Projekte gespendet werden, meinen Schüler:innen, die gut aufwachsen, zeigen, dass es auf der Welt auch Kinder und Jugendliche gibt, denen es dreckig geht.“
Aus dem vielumjubelten Auftritt von „Velvet Elevator Orchester“ beim Theaterhotel 2025
Video made by Renate Sponer
Sich von mehr Gewicht nicht aufhalten lassen, postuliert die bekannte und vielseitige Theater- und Filmschauspielerin Stefanie Reinsperger in einer TV-Doku, die zum internationalen Frauentag (8. März) auf 3Sat (Gemeinschafts-TV-Programm der drei öffentlich rechtlichen Sender ORF, ZDF /Deutschland und SRG SSR / Schweiz) erstmals ausgestrahlt wird. Online ist „Zu viel, zu laut, zu Frau – Ein Film über Frauen, die manchen zu viel sind“ bereits ab Mitte Februar – ein Jahr lang – abrufbar (Details in der Info-Box am Ende des Beitrages.
Egal wie überzeugend Reinsperger, die nun fix im Ensemble des Burgtheaters in Wien engagiert ist, spielt, immer wieder wird sie auf ihr Gewicht, ihren Körper angesprochen – und das ist noch harmlos formuliert. Als sie 2017 und im Jahr danach bei den Salzburger Festspielen im Jedermann die Buhlschaft spielte, wurde sie von Shitstorms überhäuft – immer den Körper betreffend. Noch verletzender fand und findet sie, wenn diese Körper-Kommentar von Frauen kommen. Ähnliche Körper bei Männern hingegen würden niedlich empfunden, ein „Bärli“.
Reinsperger geht – auch – in diesem Beitrag darauf ein, dass ihr hin und wieder vorgehalten wird, dass Übergewicht ungesund sei. Das gelte auch für Rauchen und Alkohol trinken, aber werde allen die rauchen oder trinken das immer vorgehalten?
Als Catharina Kleber die Idee über „zu viel“ zu wälzen, stieß sie auch auf das Buch „Ganz schön wütend“ von Reinsperger, in dem sie (2022 erschienen) vieles davon thematisierte. „Ich hab die Steffi schon einmal vor ungefähr zehn Jahren interviewt, angerufen und gefragt, ob mit dem Buch für sie nun das Thema abgeschlossen sei und als sie gemeint hat, das beschäftige sie weiter und sie werde sich damit immer wieder zu Wort melden, hab ich beschlossen, ich überlasse ihr die Stimme in dieser Doku“, erzählt die Filmemacherin Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… wenige Tage bevor der rund halbstündige Film on Air ging.
Und so spricht Stefanie Reinsperger nicht nur über sich und ihre Erfahrungen, sondern interviewt, Kamera begleitet, weitere Frauen, die über „zu“ laut, frech, kritisch, wütend und was auch noch immer im lockeren Gespräch erzählen. Dazu zählen die Journalistin und Fotografin Alex Stanić, die Autorin Mareike Fallwickl, Sängerin, Schauspielerin, Modell und Content Creatorin Phenix sowie die Unternehmerin Gexi Tostmann. Letztere ist für ihre Dirndl und Trachtenmodengeschäfte in Wien und Salzburg seit Jahrzehnten bekannt und mit mehr als 80 Jahren nach wie vor hellwach und neugierig.
Es sollten – so die Auswahl der Dokumentarfilmerin – „möglichst unterschiedlichen Frauen sein, um zu zeigen, dass es viele bis alle trifft, kein Nischenthema ist.“ Die Protagonistinnen kommen aus verschiedenen Berufswelten – wenngleich schwerpunktmäßig aus künstlerischen Bereichen -, mit unterschiedlichen Backgrounds, sind von ziemlich jung bis doch älter. „Woran wir gescheitert sind – alle sind weiß“, gesteht Catharina Kleber, von der die Idee ebenso wie das Drehbuch stammt, die Regie geführt und den Beitrag geschnitten hat.
Außerdem kommen immer wieder auch Frauen von der Straße in Kurz-Interviews zu Wort. Dies war für die Filmemacherin – von KiJuKU befragt, „was mich am meisten überrascht aber auch erschreckt hat. Obwohl sie dieses Format, „einem Menschen ein Mikro vors Gesicht zu halten gar nicht so mag, haben wir das gemacht, um neben den Prominenten auch andere Frauen zu Wort kommen zu lassen. Und es ist jeder Frau etwas eingefallen. Und das sogar schnell. Jede hatte was zu sagen, dass sie in diesem oder jenem als zu… abgetan wird.“
Als Filmemacherin sei sie natürlich froh gewesen, „aber sehr unglücklich über die Tatsache, dass ausnahmslos jede Frau sofort Beispiele verschiedenster Abwertungen parat hatte.“
In jeder der einzelnen Passagen beschreiben – sowohl die groß Interviewten Protagonistinnen als auch die auf der Straße Interviewten – meist helle Bälle (aus einem Bällebad) mit etwas, das ihnen oft vorgehalten wird, was sie „zuviel“ seien, wo andere, meist aber nicht nur, Männer ihnen ihre Normen (Schönheits-)Ideale und (Geschlechter-)Rollen überstülpen wollen.
Wie sie darauf gekommen sei, wollte KiJuKU wissen. „Ich hatte relativ früh die Idee, etwas zu suchen, das am Ende von sich, also weggeworfen werden kann. Und so kam ich auf die Bälle und deren Beschriftung.“ Was am Ende ein eindrucksvolles Bild ergibt, das hier aber nicht verraten wird.
Aber auch zwischen den einzelnen Passagen der größeren Interviews und Porträts sind Anti-Frust-Sequenzen zu sehen: Zerstörungsvideos, die zu den jeweiligen Protagonistinnen passen. Der brennende Stöckelschuh kann gespoilert werden – den gibt’s ja auch als Foto aus der Doku. Andere – lassen Sie sich / lass dich überraschen.
„Das habe ich selber im Keller der Produktionsfirma machen dürfen – mit Baseballschläger, Rohr und Böller durfte ich meinen Teil des Frusts über diese einschränkenden Abwertungen von Frauen ausleben“, lächelt Kleber zufrieden während des Interviews.
Löffel, Gabel, Messer und Gläser – rund um einen der metallenen Tische in der Küche des Austria Trend Hotels Savoyen am Wiener Rennweg stehen Schülerinnen und Schüler und polieren was das zeug hält. Alles soll natürlich sauber sein. Aber das genügt für festliches Essen nicht, jedes Teil muss glänzen. Und so polieren die Jugendlichen mindestens 2310 Besteck-Stücke und rund 1500 Gläser. Das dauert schon einige Stunden am Freitagvormittag bis in den Nachmittag hinein.
Kolleg:innen von ihnen 330 Sessel für das abendliche Konzert im großen Saal des Hotels am Rennweg auf. Zwischen den Auftritten von „Die Strottern“ und „Velvet Elevator Orchester“ servierten dann andere Jugendliche 1823 feine Brötchen und dazu Getränke. Das Besteck wurde schon für den samstägigen Lunch – ein viergängiges Menü – hergerichtet.
Im ersten Stock der Küche bereiteten beim „Making-of“-Besuch von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… andere Schüler:innen so manches dafür vor. Jene Jugendlichen, die 1000 (!) steirische (Teil der Nachhaltigkeit dieses green events) Berg-Garnelen geputzt hatten, waren mit ihrer Arbeit schon fertig und wurden von einem der Lehrer (Fachvorstand Didier El-Senosy) so „nebenbei“ mit zugeworfenen verpackten Schokokugeln belohnt.
Ein Gutteil der rund 500 Schülerinnen und Schüler der Tourismusschule Modul sind an diesen zwei Tagen im Hotel am Rennweg, dem ehemaligen Redaktions- und Verlagshaus der Wiener Zeitung, im Einsatz, um den Laden sozusagen zu schupfen, rund 800 Gäste zu bewirten. Die vierten und fünften Klassen betreuen und leiten „das TheaterHotel reloaded“.
Theater im Namen deswegen, weil es neben der Kulinarik mindestens gleichwertig Kultur für die Besucher:innen gibt. Und nicht zuletzt hatte der einstige Burgtheater-Schauspieler, Regisseur und zivilgesellschaftlich sehr engagierte Otto Tausig (1922 – 2011) gemeinsam mit einem Lehrer (Helmut Kuchernig-Hoffmann) das Projekt, das bald zur größten Schul-Charity Österreichs wurde, ins Leben gerufen. Schüler:innen verknüpfen wichtige Teile ihrer praxisnahen Ausbildung – Kochen, servieren, Projektmanagement – mit einem großen echten Event, das noch dazu anderen Menschen hilft.
Die Einnahmen des Events kommen – wie in den rund eineinhalb Jahrzehnten davor, in denen die öffentliche Tourismusschule Bergheidengasse diese Veranstaltung auf die Beine gestellt hat – sozialen Projekten zugute; in erster Linie vom Entwicklungshilfeklub unterstützte Dorfprojekte in Indien – auf Anregung des großen Theatermannes. Aktuell handelt es sich um das mittlerweile sechste dieser Projekte, dieses Mal Arundhati Nagar im Süden des bevölkerungsreichsten Landes der Welt, für Angehörige einer ethnisch diskriminierten Gruppe der Yanadis. Wie seit einigen Jahren auch im Vorgängerprojekt wird auch heuer außerdem ein österreichisches Projekt unterstützt: Das noch (zu) wenig erforschte Erschöpfungssyndrom – ähnlich wie Ling Covid – erhält jene Einnahmen aus Tickets für eines der beiden Events, die über die Bäckereikette Ströck gekauft wurden.
Gewöhnungsbedürftig sind sicher nicht nur Mengen, sondern auch die entsprechend großen Werkzeuge, Töpfe und Schüsseln in der Küche. Ein Schüler:innen-Duo schöpft aus einer sehr Metallwanne, in dem rund 40 Liter Topinambur-Sauce gekocht wurden diese raus und in einem metallenen Trichter arbeiten sie mit einem Riesen-Stabmixer, der fast an eine Baumaschine erinnert, um daraus die fast samtige Konsistenz einer Veloté (das französische Wort für samtig) zu fabrizieren.
Ein Eck weiter waschen Jugendliche Rindfleisch, gleich daneben schneidet ein Kollege die schon geschälten Süßkartoffel, eine Schülerin zerkleinert Selleriehälften in schmale Streifen, eine andere bringt Metallwannen mit Teig zum XXL-Backofen, während andere Unmengen von Topfen in einer Mega-Schüssel rühren…
Das Menü – ob Fleisch oder vegetarisch – wird Samstagmittag serviert. Vor dem kulinarischen Genuss sorgen Michael Dangl, Maria Köstlinger und Christoph Pauli mit einem Programm unter dem Titel „Die Welt, ein Chanson – Jacques Brel trifft Ferdinand Raimund und andere“ für die künstlerische „Unterhaltung mit Haltung“.
Vor fast 30 Jahren war er hier Schüler, nun steht er – nicht zum ersten Mal – als Schauspieler auf der Bühne des Festsaals der Handelsakademie I der privaten Vienna Business School (VBS). An diesem Tag um die Mittagszeit erzählt er zusammenfassend und frei den dramaturgischen Bogen des Klassikers „Nathan der Weise“ von Gotthold Ephraim Lessing, um das berühmte, davon oft auch losgelöste Kernstück, die Ringparabel, zu spielen.
Dabei wechselt Andreas Roder nur durch halbe Körperdrehungen von der Rolle des Sultans Saladin in jene des weisen Nathans. Optisch verdeutlicht er diesen Kniff durch den zweigeteilten weiten Mantel-Umhang (Kostüm, Ausstattung: Hemma Roder).
Der muslimische Herrscher, der zuvor einen christlichen Tempelritter begnadigte, der wiederum die Pflegetochter des jüdischen gelehrten Geschäftsmannes rettete, will von diesem wissen, welche der drei monotheistischen (Ein-Gott-Glaube) Religionen er für die beste halte.
Darauf lässt Lessing Nathan auf die schon zuvor von Giovanni Boccaccio in „Decamerone“ und anderen Autoren erzählte Ring-Parabel zurückgreifen. Seit Generationen geben Väter einen wertvollen Ring an ihre Lieblingssöhne. In dieser Reihe liebt ein Vater seine drei Söhne gleichermaßen. Und verfällt auf die Idee, zwei ununterscheidbare Kopien vom Original von einem Künstler anfertigen zu lassen.
Natürlich kommt’s zum Streit, wer den echten habe. Da der Ring nicht nur materiell viel wert ist, sondern mit der Gabe verbunden ist, dass dessen Träger Gutes tut, entscheidet ein weiser Richter: Alle drei sollten möglichst viel Gutes tun, dann würden sie schon draufkommen…
Roders Schultheater-Auftritte – neben „Nathan der Weise“ noch Helmut Qualtingers und Carl Merz‘ „Der Herr Karl“ – sind immer mit anschließendem Gespräch / Dialog konzipiert. Auch wenn im vollbesetzten Festsaal sich nur wenige Schüler:innen zu Wort melden, arbeitet das Stück und sein Inhalt offensichtlich weiter in den Köpfen. „Die Ringparabel haben wir im Unterricht durchgenommen, aber das ganze Stück war für uns doch neu“, meinten einige Jugendliche danach zu Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… Ein Schüler erzählt dem Journalisten: „Die Ringparabel hat mich so fasziniert, dass ich mir dann das Buch gekauft und es in meiner Freizeit gelesen habe.“
„Gegenseitiges Akzeptieren und dass jede und jeder glauben darf, was sie oder er will“, fasste eine Schülerin schon im vollbesetzten Festsaal die Kernaussage zusammen. „Und dass alle gleich viel wert sind!“, sagte eine andere junge Stimme.
In ihrer Schule würde das schon weitgehend auch so gehandhabt, meinten die meisten rund um den Reporter. Wenngleich das nicht alle so empfinden (konnten)…
„Die Ringparabel hab ich in der Bundesheerzeit auswendig gelernt als mir fad war“, erzählt der Schauspieler KiJuKU.at Damit habe er sich dann auch auf der Schauspielschule beworben. Als er sich nach verschiedensten Engagements irgendwann selbstständig gemacht hatte und neben dem schon erwähnten „Herrn Karl“ noch ein weiteres Stück suchte, verfiel er auf Lessings Nathan. Inspiriert von Michael Köhlmeiers erzählten antiken Sagen fasst er frei sprechend den Inhalt des Stücks davor und danach zusammen, um dann eben wie beschrieben die Ringparabel zu spielen.
* Zitat aus Lessings Originaltext aus der Ringparabel in „Nathan der Weise“
Remake.Ringparabel von einer jungen Theatergruppe vor 7 Jahren <- damals noch im Kinder-KURIER
wie-tolerant-ist-diese-toleranz <- auch noch im KiKu
Als Mizzi mit Papa, der sie vom Kindergarten abholt, nach Hause geht, bleibt sie an einem Haus stehen. Fasziniert lauscht sie der Musik, die daraus erschallt und lugt durch die Fensterscheiben – auf tanzende Kinder. Das möchte sie auch.
Im Foyer des Tanzstudios wird sie zu einer Schnupperstunde eingeladen und lädt begeistert am nächsten Morgen ihre Freund:innen Nala, Linus und Charlotte ein, da mit ihr hinzugehen. Doch anderntags folgt die große Enttäuschung: Die eine will nicht, weil sie rosa nicht mag, der andere, weil er glaubt, dort der einzige Bub zu sein und die dritte findet sich nicht schlank genug – bzw. meint das ihre Mutter…
Natürlich räumt das Bilderbuch „Mizzi tanzt mit – Ballett und Tanz für alle“ (Text: Rebekka Rom; Illustration: Anna Horak) mit den angesprochenen Vorurteilen auf – ergibt ja schon der Untertitel. So nebenbei wird Mizzi dann nicht nur Ballett, sondern auch Hip*Hop tanzen.
Obendrein sind in diesem Bilderbuch Erklärstücke über wichtige Tanzschritte und -haltungen im Ballett eingebaut und schon viele der Bilder vermitteln die Vielfalt, die in diesem Studio möglich ist – bis hin zum Rollstuhl-Tanz.
Somit ein weiteres schönes Buch, das deutlich macht, ob Ballett oder andere Tänze – jede und jeder darf und kann mitmachen. Auch wenn „Mizzi tanzt mit“ – samt Untertitel „Ballett & Tanz für alle“ so tut, als wäre das etwas ganz Neues und müsste erstmals erklärt werden: Es gab / gibt schon eine Reihe von Bilder- und Jugendbüchern zu diesem Thema – siehe Links unten zu einigen solcher Buchbesprechungen sowie Umsetzung in Theaterstücken.
Übrigens: Seit mehr als 40 Jahren gibt es „Ich bin O.K.“, ein Projekt, in dem Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam tanzen und immer wieder Tanztheater auch auf großen Bühnen aufführen – siehe Link zur Reportage über einen der Teile der diesjährigen großen Performance „Aus dem Rahmen tanzen“.
In himmelblauen Jacken mit dem Schriftzug „Zeitenwalzer“ schon beim Zugang zum Riesenrad im Wiener Prater bringen dich Guides zu dieser speziellen Riesenrad-Tour im Wiener Prater. Vier Runden kreist du mit je einem anderen der roten Waggons in dem Stahlgerüst mit weiter Aussicht. Die gibt’s aber „nur“ obendrein. Denn in den Waggons bieten dir Performer:innen in unterschiedlichster Form szenische Zeitreisen an.
Um nicht eeewige Wartezeiten in Kauf nehmen zu müssen, kann nur ein Viertel der Besucher:innen die Rundreise in der chronologischen Reihenfolge absolvieren, die anderen drei Gruppen steigen in späteren Jahren ein und erleben die historische Station Nummer 1 – 1867, das Geburtsjahr des berühmten Donauwalzers – erst später oder gar am Ende. Zwei Gruppen starten sogar in der Zukunft.
Die Besprechung der rund 1½-stündigen vierfachen Tour sei hier aber der Chronologie entsprechend beschrieben. Im Jahr als der Donauwalzer erstmals erklang bespielen die Musikerin Emily Stewart (alternierend bei anderen Touren Matthias Jakisić) nicht unbedingt das auch mit dem Jahreswechsel verknüpfte Musikstück, aber immer wieder Strauss’sche Klänge. Auch wenn einige auf einer „Strohgeige“ gefidelt werden, die es zu dessen Zeit noch gar nicht gab. Diese wurde erst in Strauss‘ Todesjahr (1899) in London von Johannes Matthias Augustus Stroh entwickelt. Statt eines Resonanzkörpers hat sie einen metallenen Schalltrichter. Andere Musikstücke werden auf einer eGeige gespielt. Gegenüber in der anderen Ecke des Waggons erzählt ein Herr in Frack und mit Zylinder über die Entstehung des Donauwalzers, den Bau der Ringstraße, über den er sich sehr freut, ist er doch ein Ziegelfabrikant und scheffelt damit viel „Kohle“. Nicht zuletzt, weil seine Arbeiter schlecht bezahlt werden…
„Die Figur des Ziegelfabrikanten hat einen historischen Hintergrund, ist für die Erzählung aber fiktionalisiert worden“, beantwortet Claudia Seigmann die entsprechende Frage von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… Sie führte Regie beim „Zeitenwalzer“ und hat diesen gemeinsam mit Markus Zett konzipiert und die Stücktexte verfasst.
Mehr als 100 Jahre später – 1973 – erzählt Miriam Fussenegger gekleidet und mit Accessoires im typischen 70er-Jahre-Stil (Kostümbild: Kollektiv Ruschka, Regula, Buffetrille) als Lehrerin und leidenschaftliche Autofahrerin, dass sie so gern mit dem Riesenrad fährt, weil sie – wie alle anderen in Österreich – ihren PKW einmal in der Woche nicht benutzen darf und dies per großem zweibuchstabigem Wochentagspickerl auch an der Scheibe des Vehikels anzeigen muss. Ölpreisschock, Energie-Krise – die ihr aber dafür immerhin die Energieferien (die heute manchmal noch so genannten Semesterferien) eingebracht haben.
In einem Mix aus orientalisch und futuristischer Kleidung setzt Roxana Stern (Regie-Assistentin und Co-Produktion) den utopisch/dystopischen Text über Wien im Jahre 2049 in Szene (für die erkrankte Performerin Sarah Scherer). In der Rolle einer Klimasoziologin schildert sie die katastrophale Klima-Erwärmung, aber auch Gegenstrategien samt Pflanzung vieler kleiner Urwälder in der Stadt Wien – bei der „Einweihung“ immer begleitet mit Johann Strauss‘ Frühlingsstimmenwalzer.
Noch krasser die Zukunfts-Story im vierten der Waggons. Der spielt im Jahre 2125. Die Performerin (Sophie Netzer) zieht sich hier auf die fast wortlose Begleitung der Runde. Die futuristische Geschichte kommt aus Kopfhörern, die die Rundreisenden aufsetzen. Und sie hören als Erzählerin Claudia Seigmann (Sounddesign: Abby Lee Tee, Christian GC Ghahremanian). Utopisch nachhaltig ist die Stadt in der noch heißeren Welt gestaltet samt Untergrund- sowie vertikal-Farmen, Energie kommt aus Thermosolar-Kraftwerken, technische Lösungen wie „Living Overalls“ – Gewand, das sich den Wetterbedingungen automatisch anpasst…
„Zeitenwalzer“ ist einen spannende Zeitreise durch rund 250 Jahre in eineinhalb Stunden – aufgeteilt auf vier Stationen in vier Waggons – mit unterschiedlichen Performance-Arten, immer wieder mit Anklängen an Johann Strauss Sohn bringt so manch Überraschendes.
Fast vier von zehn (jungen) Jugendlichen – 11 bis 17 Jahre wurden schon im Internet sexuell belästigt. Dies ergibt die aktuelle Studie von Safer Internet, die zum diesjährigen, bereits 22. Internationalen Safer Internet Day veröffentlicht wurde. Rund um diesen Tag, jeweils den zweiten Dienstag im Februar – in Österreich den ganzen Monat, da dieser Tag immer in Semesterferien fällt – setzt die von der EU geförderte Initiative Schwerpunkte in der Aufklärung im Umgang mit der virtuellen Welt. Neben dem Aufmerksam-machen auf Informationen, Tipps, Beratungs-Angebote und Workshops (alles das ganze Jahr über) wird jedes Jahr ein anderes akutes Thema in den Blickpunkt genommen und dazu eine Studie erstellt.
Dieses Mal war es eben sexuelle Belästigung. Das Institut für Jugendkulturforschung befragte online 405 Kinder und Jugendliche (wie erwähnt 11 bis 17 Jahre) und führte darüberhinaus in Fokusgruppen in Schulen vertiefende Interviews mit Schüler:innen und Expert:innen (im Oktober des Vorjahres).
38 Prozent der Jugendlichen waren bereits zumindest einmal mit Formen sexueller Belästigung im Internet konfrontiert. Dazu zählen anzügliche Kommentare, intime Fragen oder Aufforderungen, Nacktbilder zu schicken. Zehn Prozent geben an, sogar oft oder sehr oft davon betroffen zu sein. Sogar bei den 11- bis 14-Jährigen sind bereits mehr als ein Viertel (28 %) von sexueller Belästigung im Internet betroffen. Bei der älteren Altersgruppe, den 15- bis 17-Jährigen, sind es bereits 51 Prozent.
Während mehr als die Hälfte der weiblichen Jugendlichen solche Erfahrungen gemacht hat, ist rund ein Viertel der männlichen Jugendlichen davon betroffen. Etwa die Hälfte aller Befragten (52 %) geht davon aus, dass bereits Kinder im Volksschulalter online von sexueller Belästigung betroffen sind.
In erster Linie finden die Übergriffe in sozialen Netzwerken statt, gefolgt von Messengern und Onlinespielen. Beunruhigend ist, dass knapp ein Drittel der Befragten sexuelle Belästigung im Internet als normal beurteilt. Viele der befragten Jugendlichen bezeichnen solche Erfahrungen als „Teil der digitalen Lebenswelt“.
„Die Ergebnisse zeigen eine beunruhigende Entwicklung und dringenden Handlungsbedarf auf. Erforderlich sind vor allem verstärkte Präventionsmaßnahmen“, so Barbara Buchegger, pädagogische Leiterin von Saferinternet.at.
Wenn Nacktfotos ohne Zustimmung der Abgebildeten weitergeleitet werden, kann das gravierende Folgen nach sich ziehen. „In vielen Fällen werden die Betroffenen stigmatisiert, gemobbt und sehen einen Schulwechsel oft als letzten Ausweg, wie die Leidtragenden selbst berichten“, berichtete beim Mediengespräch am Montag im Wiener Traditions-Café Museum Birgit Satke, Leiterin von Rat auf Draht (kostenlose, rund um die Uhr erreichbare Notruf-Telefonnummer 147 – über die Website auch Chat-Beratung möglich). Dennoch ist die Hälfte der Kinder und Jugendlichen der Meinung, dass Personen, die Nacktfotos von sich verschicken, selbst schuld sind, wenn diese dann weiterverbreitet werden. Diese Haltung unterstreicht die Notwendigkeit von Aufklärungs- und Präventionsarbeit, „denn schuld sind immer die Täter und Täterinnen, die solche Bilder unerlaubterweise weiterleiten.
Jugendlichen ist kaum bewusst, dass eine Verbreitung von Nacktbildern ohne Zustimmung strafrechtlich relevant sein und juristische Folgen nach sich ziehen kann“, sagte Stefan Ebenberger, Generalsekretär der ISPA – Internet Service Providers Austria. Buchegger von Safer Internet nannte konkret § 207 a Strafgesetzbuch.
Jugendlichen fehlt oft das Wissen darüber, unter welchen Umständen sie solche Aufnahmen selbst besitzen bzw. weiterschicken dürfen.
Vor allem weibliche Jugendliche, die sexuelle Belästigung stärker wahrnehmen als männliche, wünschen sich eine bessere Aufklärung zu diesem Thema. 61 Prozent hätten gerne mehr Informationen, wie sie sich vor solchen Übergriffen schützen können, bei den männlichen Befragten sind es 46 Prozent. Als wichtiger Ort der Aufklärung wird von den (jungen) Jugendlichen die Schule gesehen.
Mithilfe von Workshops, offenen Gesprächen und Schulsozialarbeit sollen Begriffe, Strategien und rechtliche Grundlagen rund um sexuelle Belästigung vermittelt werden. Saferinternet.at unterstützt unter anderem mit Präventionsworkshops zum Thema Online-Grooming für Kinder und Jugendliche sowie mit zahlreichen Informationsmaterialien. Rat auf Draht bietet kostenlose Online- und Telefonberatung für Kinder und Jugendliche auf der Website – diese und andere Links in der Info-Box am Ende des Beitrages.
Die Safer-Internet-Fachstelle digitaler Kinderschutz unterstützt seit vergangenem Jahr Fachkräfte, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, mit zahlreichen Angeboten – von maßgeschneiderten Fortbildungen bis hin zu Materialien für die Erstellung von Kinderschutzkonzepten.
„Es ist essenziell, dass Jugendliche lernen, Gefahren frühzeitig zu erkennen und sich zu schützen – etwa, indem sie eigene Grenzen wahrnehmen und diese selbstbewusst aufzeigen. Gleichzeitig müssen wir Erwachsene als Ansprechpersonen stärken“, ergänzte Buchegger. Nur zehn Prozent der Befragten reden mit jemandem über ihre Erfahrungen. „Für Eltern bedeutet das zunächst, anzuerkennen, dass Sexualität auch im Internet ein Teil des Lebens von Jugendlichen ist. Sie sind gefordert, ihre Kinder ernst zu nehmen und ihr Selbstvertrauen zu stärken, damit diese nicht ausschließlich auf Anerkennung aus dem Netz angewiesen sind“, so die Expertin, die seit Jahrzehnten Workshops in Schulen mit Kindern und Jugendlichen durchführt.
Auf unangenehme sexuelle Fragen reagieren fast zwei Drittel der Befragten, indem sie diese ignorieren, während 57 Prozent die Personen blockieren. 39 Prozent geben an, Personen, die ihnen solche Fragen stellen, auch an die jeweiligen Plattformen zu melden. Aus den Fokusgruppen ging hervor, dass Jugendliche dieses Vorgehen als wenig zielführend empfinden und wenig Vertrauen in das Meldeverfahren haben. Aussagen wie „es bringt sowieso nichts“, verdeutlichen eine häufige Resignation im Umgang mit sexueller Belästigung online.
Nicht erst seit der Einführung strengerer Regeln des Digital Services Act, einer Verordnung der EU für einheitliche Haftungs- und Sicherheitsvorschriften, sind sich Plattformen ihrer Verantwortung bewusst und gehen gegen sexuelle Belästigung vor. „Die Meldemechanismen tragen dazu bei, dass Accounts, die andere belästigen, schneller entfernt werden. Das Ergebnis der Studie zeigt, dass die Meldemechanismen von einem Großteil der Jugendlichen genutzt werden. Dabei melden die weiblichen und die jüngeren Befragten mehr als die männlichen bzw. älteren. Jetzt gilt es, das Vertrauen in die effektiven Meldemechanismen weiter zu stärken, damit sich noch mehr Betroffene direkt an die Plattformen wenden“, meinte ISPA-Sprecher Ebenberger.
Vielleicht aber müsste das Melden einfacher und die Konsequenzen (schneller) erfolgen.
Alle heiligen Zeiten poppt es auf – das Handyverbot in der Schule. Im Bundesland Kärnten gab’s kürzlich dazu einen Erlass. In Wien spricht sich der Bildungsstadtrat und Vizebürgermeister dafür aus. Die steirische Landesregierung diskutiert ein solches. In Niederösterreich wird es gefordert. Schon im November des Vorjahres beschlossen Schüler:innen beim Jugendparlament – einer zwei Mal jährlichen Simulation im Hohen Haus am Ring – mehrheitlich ein Handyverbot mit Sozialstunden als Sanktionen. Dieses soll für Schüler:innen bis zur neunten Schulstufe gelten. Ab dann sollen die Jugendlichen selber entscheiden dürfen. Die Parlamentarier:innen für einen Tag beschlossen es also für die Jüngeren!
Vor wenigen Tagen wurde eine Umfrage des Österreichischen Bundesverlages mit der JKU (Johannes Kepler Universität Linz) unter Pädagog:innen veröffentlicht bei der sich 949 Befragte knapp zur Hälfte (44%) klar und fast ein weiteres Drittel (30 %) eher für ein Smartphone-Verbot an Schulen ausgesprochen haben. Ein Zehntel war strikt, weitere 16% eher dagegen.
In der Realität österreichischer Schulen haben viele – auch in Schulforen – ohnehin schon diverse Handy-Garagen, -Fächer usw., wo die Smartphones während des Unterrichts abgegeben werden.
Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… nutzte – wie fast alle anderen Medien auch – die Gelegenheit der jüngsten Studienpräsentation zu sexueller Online-Belästigung von Kindern und Jugendlichen abseits dessen zur Frage, was die Expertin von einem Handyverbot halte.
Barbara Buchegger, pädagogische Leiterin von Safer Internet.at: Handyverbote in der Schule zielen darauf ab, dass der Unterricht nicht gestört wird und dass Volksschulkinder in der Pause miteinander spielen. Das hat durchaus Berechtigung. Es ist sinnvoll, dass Kinder dem Unterricht folgen können, in der Pause miteinander reden, kommunizieren, Spaß haben, spielen. Beides sind gute Gründe.
Dass aber diese Themen wie sexuelle Belästigung, Cybermobbing, Umgang mit Online-Quellen deshalb auch verboten werden, macht natürlich keinen Sinn. Es ist also wichtig, dass diese Förderung der Medienkompetenz unbedingt im Unterricht vorkommen muss. Dass Kinder damit in der Schule verlässlich konfrontiert werden, sich mit diesen Themen beschäftigen.
KiJuKU: Wäre es nicht auch sinnvoll zu lernen, wie gehe ich mit dem Smartphone um, wo kann ich wie welche Sicherheitseinstellungen vornehmen, statt es wegzusperren?
Barbara Buchegger: Natürlich, aber überall wo es jetzt schon Handyverbote gibt, kann es in begründeten Fällen wo es zum Beispiel Teil des Unterrichts ist, durchaus aus der Box, dem Spind oder wo auch immer es weggesperrt ist, hervorholen.
KiJuKU: In Australien soll Social Media für Jugendliche bis 16 Jahren verboten werden, was hältst du davon?
Barbara Buchegger: So grundlegende Verbote und noch dazu für so „alte“ Jugendliche werden nur den Reiz erhöhen. Sie werden indirekt die technische Medienkompetenz dieser Jugendlichen eher stärken, weil sie andere Wege finden werden, diese Medien zu nutzen. Gerade in diesem Alter ist die Kommunikation mit anderen etwas ganz, ganz wichtiges. Das werden sie sich nicht nehmen lassen.
In ersten Gesprächen mit Jugendlichen aus Australien haben sie mir gesagt: Naja, wir finden schon unsere Wege!
Vielleicht ist das Thema aber ohnehin schon bald irrelevant, weil Jugendliche dazu übergehen, mit ChatBots zu kommunizieren, Character AI ist so ein Beispiel. Vielleicht haben sie dann gar keine Lust mehr, soziale Netzwerke zu nutzen, sondern werden eher solche KI-Tools verwenden, um so ihren Spaß zu haben. Und ob das besser ist, kann jede und jeder selbst für sich entscheiden.
Die menschlichen Besucher:innen dieses Tiergartens beobachten – wie überall in Zoos auf der Welt – die Tiere. Diese hier haben etwas ganz Besonderes: Die einen schauen in Computer-Monitore, die anderen auf Smartphones, dritte clicken auf Tablets herum.
Nein, nicht die Menschen, das tun sie seit Jahren überall. Hier kommen die Besucher:innen ganz ohne digitale Geräte aus und konzentrieren sich aufs gespannte Schauen – „nur“ mit den Augen. Löwe, Bär, Pinguin, Affen & Co sind’s, die die elektronischen Geräte benutzen. Direktorin Elsa motiviert Äffchen Moritz dennoch, einmal das Smartphone wegzulegen und mit seinen Kolleg:innen Ball zu spielen oder herumzuturnen.
So viel Erfolg hat sie – zunächst – bei Panda Paul ganz und gar nicht. Der ist nur traurig – auf dem Monitor seines Laptops prangen die Worte „Ich bin fett“ neben einem Foto von Paul. Und schon hört die Direktorin in dem Bilderbuch „Der Online-Zoo“ auch aus dem Nachbargehege die Hyänen schadenfroh lauthals lachen. Sie haben das über ihren Tiergarten-Nachbarn geschrieben – online gestellt und somit für alle (nicht nur) im ganzen Zoo zu sehen.
So beginnt dieses Bilderbuch – geschrieben von Text: Daniela Drobna und vom Filmemacher Achmed Abdel-Salam im Stile von digitalen Animationen illustriert. Es siedelt das – viele Kinder und Jugendliche betreffende – ernste Thema von Cyber-Mobbing eben im Tierreich an. Und so macht sich die Zoo-Direktorin auf zu den Verursachern, um mit ihnen ein ernstes Wörtchen zu reden…
Aber auch andere Themen, wie etwa, dass sich ein Löwe im Internet für eine Antilope ausgibt und mit einer jungen Antilope chattet, eine Giraffe glaubt, etwas gewonnen zu haben, aber viel eingekauft hat und ein Pinguin Halb-Nackt-Fotos versendet sind Themen des Buches – das es übrigens kostenlos – in der digitalen Download-Version sogar in mehr als einem Dutzend Sprachen – Arabisch, Armenisch, Bosnisch / Kroatisch / Serbisch, Chinesisch, Deutsch, Englisch, Farsi, Französisch, Litauisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch, Tschechisch, Ukrainisch – gibt; Links in der Info-Box.
Am 11. Februar 2025 ist der 22. „Safer Internet Day“, der von der EU-Initiative „Saferinternet“ ausgeht. Aus diesem Anlass fand Montagvormittag im Café Museum eine Presskonferenz statt, bei der das Thema „sexuelle Belästigung im Netz“ aufgegriffen wurde. Drei SprecherInnen haben Einblicke in eine aktuelle Studie gewährt, um mit Zahlen die besorgniserregenden, aber meiner Meinung nach nicht besonders überraschenden Fakten zu illustrieren.
Bereits Volksschulkinder werden mit sexueller Belästigung in den digitalen Sphären konfrontiert. Bewusstseinsbildung, frühe Aufklärung und eine vertrauensvolle Gesprächsbasis zwischen Eltern, Lehrpersonen und Kindern und Jugendlichen sollen dem ein Ende setzen: Aber reicht das wirklich aus?
Wie ich dabei erfahren habe, ist digitale Bildung bereits in den österreichischen Lehrplänen verankert, aber ich, die erst letztes Jahr maturiert hat, kann aus persönlicher Erfahrung sagen, dass ich davon wenig mitbekommen habe, denn digitale Medienkompetenzen wurden im Unterricht nur vage thematisiert. Wenn es vorkam, wurde das Thema eher so behandelt, als wäre es sowieso selbsterklärend, aber wie man handeln kann und welche Servicestellen es gibt, wurde nie konkret gesagt.
Sexuelle Belästigung einfach zu ignorieren, ist immer noch die häufigste Strategie von Kindern und Jugendlichen. Das Internet ist, wie ich finde, oft ein schwarzes Loch, wo vieles untergeht. Wahrscheinlich macht es auch keinen Sinn, das Internet komplett zu dämonisieren und Verbote haben sowieso einen gegenteiligen Effekt. Ich glaube, meine Generation, der man als „Digital Natives“ gewöhnlich eine hohe Medienkompetenz zuspricht, wird ein bisschen im Stich gelassen.
Stefanie Kadlec
„Liebst du mich?“, fragt die unvermittelt zwischen Vorhängen, Licht und Schatten, auf dem Boden herumliegenden Büchern auftretende Solo-Schauspielerin. Wirkt aufs erste, als würde sie die Frage ans Publikum richten, weshalb bei der Premiere auch eine Stimme halblaut „Ja!“ ruft.
Die wirkliche Antwort aber kommt von einer (männlichen) Stimme aus dem Off. Er liebe sie, wisse aber nicht warum, und quäle sich damit herum, dass er das Gefühl habe, seine Zuneigung würde nicht erwidert werden. Seine Stimme ist im Verlauf der rund 1¼ Stunden dann noch einige Male zu hören. Die Frau, um die sich alles dreht, die offenbar (nicht nur) ihm den Kopf verdreht hat ist – Margarete Beutler, immer wieder Grete genannt.
Alice Schneider verkörpert diese weitgehend in Vergessenheit geratene Literatin – sowohl Prosa als auch Lyrik und Theaterautorin – und Lebefrau ihrer Zeit (1876 – 1949). Stefanie Elias, neben dem jahrzehntelangen Direktor Erwin Bail die junge Co-Leiterin des ältesten Kellertheaters der freien Szene Wiens (seit 1956), Theater Experiment am Liechtenwerd (Alsergrund; 9. Bezirk), ist bei einer Ausstellung in München auf diese Literatin gestoßen – mehr dazu in einem Interview in einem eigenen Beitrag – am Ende dieses Beitrages verlinkt.
Stefanie Elias hat diesen – bis 20. Februar 2025 laufenden – Abend aus der Lebensgeschichte Margarete Beutlers und so manchen ihrer Texte zu einem schlüssigen, runden, immer wieder berührenden, manchmal mit Humor gespicktem, überraschenden Bogen konzipiert und inszeniert. Überraschung, weil Beutler mit vielen ihrer Gedanken, Ansichten und Verhaltensweisen ihrer Zeit um Jahrzehnte voraus war: Eine selbstbewusste, emanzipierte Frau, die aber auch in Kauf nahm, lieber unter präkeren Verhältnissen leben und ihre Kunst betreiben zu können, als sich in Abhängigkeit – von Männern – zu begeben, um weniger ums Überleben kämpfen zu müssen. In ihren Texten beschreibt Beutler aber nicht nur ihr eigenes Leben, ihre Gefühle, ihre Gedanken zur Welt, sondern sie bezeichnet sich auch als „Sammlerin von Lebensgeschichten“, mit denen sie die Gesellschaft anschaulich und sozusagen im Kleinen das Große beschreibt. Immer wieder dringt durch, dass sie sich nicht unterkriegen lässt: „Muss möglichst häufig lieben und das Fasten anderen lassen!“
Alice Schneider ist auf der Bühne diese eigenständige, widersinnige, lebenslustige Frau von vor rund 100 Jahren und transportiert, ohne dass da irgendetwas aktuelles hinzugefügt werden müsste, dass diese Haltung heute rundum wieder bedroht ist. Erreichtes in Sachen Emanzipation da und dort weltweit zurückgedrängt werden. Diese gesellschaftspolitische Dimension wirkt aber nie und nimmer aufgesetzt, durchzieht einfach die gespielte Lebensgesichte. Die oft mit viel Licht und Schatten arbeitet – nicht zuletzt mit Hilfe eines beim älteren Publikum aus der Schulzeit bekannten für Jüngere seltsam anmutenden Overhead-Projektors (Co-Regie und Licht-Design: Andreas Seidl).
So manches der Stimmungen des Abends wird durch Musik (komponiert von Oliver Steger) ausgedrückt.
Ein beeindruckender Abend, der einem großen Zufall zu verdanken ist – wurden doch viele der Gedichte, Prosatexte und Theaterstücke Margarete Beutlers erst Jahrzehnte nach ihrem Tod von einem ihrer Enkel beim Ausmisten des Dachbodens entdeckt. Sie selbst hatte sich mit Aufkommen der faschistischen Herrschaft in Nazi-Deutschland in die innere Emigration zurückgezogen und ging auch nach 1945 nicht mehr mit ihren Texten an die Öffentlichkeit.
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KiJuKU: Wie seid ihr auf Margarete Beutler gestoßen? Die ist ja heute völlig unbekannt, in Vergessenheit geraten…
Stefanie Elias: Ich bin wieder mal wie bei der letzten Produktion auf die Suche nach Autorinnen gegangen, weil ich gerne aufzeigen will, dass es immer Frauen gegeben hat, die geschrieben haben. Mir ist dann eingefallen, dass es vor einem Jahr in München eine Ausstellung zu Frauen in der Bohème gab. Da waren drei Frauen im Fokus, Margarete Beutler war eine davon. Dadurch habe ich sie kennengelernt. Es war eine spannende Ausstellung über mehrere Frauen aus der Bohème-Zeit und wie die damals eigentlich schon gleichberechtigt in dieser Künstler-Bubble unterwegs waren.
KiJuKU: Was genau versteht man unter dem Begriff „Bohème“, weil ich höre den Begriff zum ersten Mal …
Stefanie Elias: Das war Anfang des 20. Jahrhunderts eine Bewegung, die in den Großstädten entstanden ist, also in Berlin gab es eine große Bohème-Szene, in München und Paris.Alice Schneider: Es waren diese Leute, die „künstlerisch und schlampig“ lebten, nicht so geordnet und sesshaft waren. Stefanie Elias: Die sich auch zum Beispiel gegen die Ehe ausgesprochen, sich vom bürgerlichen Leben distanziert und einfach als Künstler und Künstlerinnen gelebt haben. Eigentlich Underdogs waren. Das klingt heute immer alles sehr romantisch, aber in Wahrheit hatten sie wenig Geld. Alice Schneider: Es gibt zum Beispiel ein tolles Lied von Charles Aznavour „La Bohème“, der diese Zeit besingt. Gegen die Konventionen, mit wenig Geld, aber Kunst.
KiJuKU: Die anderen beiden Frauen sind auch relativ unbekannt gewesen?
Stefanie Elias: Die eine war Franziska von Reventlow, die auch nicht so bekannt ist, und die andere Emmy Hennings, die noch als Partnerin von Hugo Ball und wegen des Dadaismus ein bisschen ein Begriff ist. Ich glaube, dass das alles Frauen waren, die zur damaligen Zeit schon namhaft waren und auch publiziert haben. Alice Schneider: Ja, der Thomas Mann hat Margarete Beutler schon geschätzt. Sie hat in der Zeitschrift „Simplicissimus“ geschrieben.Stefanie Elias: Was ich nicht wusste und was ich spannend fand: Sie hat auch für die Zeitschrift die „Jugend“ geschrieben und nach dieser Zeitschrift hat der Jugendstil seinen Namen bekommen, weil das so eine Epoche-machende Zeitschrift war.
KiJuKU: Warum hast du dich dann für die Beutler entschieden?
Stefanie Elias: Ich habe so ein bisschen die Texte durchgelesen und mich haben sie total angesprochen. Dadurch, dass diese Prosa-Kurzgeschichten in der Ich-Perspektive sind, konnte ich mir das theatral gut vorstellen und dass man diese Texte als Monologe nehmen kann. Ich fand sie auch so witzig.
KiJuKU: Du hast ja wahrscheinlich trotzdem extrem eine Auswahl treffen müssen bei der Fülle ihrer Texte. Hast du das dann alleine oder habt ihr das gleich gemeinsam gemacht?
Stefanie Elias: Ich habe alleine die Vorauswahl getroffen und wir hatten dann so bei der ersten Leseprobe noch einige Texte mehr dabei. Nach zwei, drei Runden haben wir gemeinsam ein paar Texte ausgesiebt. Die Auswahl war schwer.
KiJuKU: Du hast vorher schon eine Auswahl gehabt, die du gelesen hast. Im Programmzettel und auf der Homepage steht, dass ja erst viele Texte aus diesen Kisten, die der Enkel gefunden hat, aufgearbeitet und publiziert werden. Hast du dann Kontakt mit jenen gehabt, die das herausgegeben haben und werden?
Stefanie Elias: Ja, ich hatte Kontakt mit dem Herausgeber, allerdings eigentlich erst ein bisschen später. Ich habe von ihm keine Texte, die noch nicht herausgegeben wurden, und keine geheimen Schätze bekommen, außer dass er mir noch Lieder und Liedmaterial zukommen hat lassen. Man findet noch so zwei, drei ihrer Gedichtbände, die ja publiziert wurden, und Texte aus der Kindheit oder die ganzen Erzählungen aus dem Nachlass. Alice Schneider: Da möchte ich wirklich unbedingt betonen, dass diese Werke nie jemand gesehen hat. Sie hat sie in ihrem verlassenen Heim geschrieben und sie wurden nie publiziert. Erst der Enkel hat 35 Jahre später, als sie das Haus verkauft haben, diese Kisten entdeckt.
KiJuKU: Weiß man über den Enkel eigentlich, was ihr Beweggrund war, dass sie damit nix gemacht hat zur Veröffentlichung, nachdem sie vorher schon bekannt war und publiziert hat?
Stefanie Elias: Sie wollte nicht mit dem nationalsozialistischen Regime zusammenarbeiten und nachdem Erich Mühsam, der Anarchist war, umgebracht wurde, hat sie sich total zurückgezogen.
KiJuKU: Sie ist quasi in die innere Emigration gegangen…
Stefanie Elias: Um publizieren zu können, hätte sie Partei ergreifen müssen.
KiJuKU: Aber nach 1945 war sie dann schon zu alt dafür?
Stefanie Elias: Sie ist 1949 in einem Alten- oder Pflegeheim gestorben, also ich glaube sie war zu dem Zeitpunkt dann einfach auch schon vergessen und zu alt.Alice Schneider: Ich glaube, sie wollte dann eigentlich auch nicht. Sie hat sich dann wirklich dieser Bohème entsagt, wie dieses eine Gedicht mit der Zeile „diese schlechte dicke Luft fressen“ darauf anspielt.Stefanie Elias: Wie sie die Bohème-Szene verlassen hat, hat sie schon noch geschrieben und auch publiziert, da ist sie bewusst aufs Land gegangen. Aber ich glaube, sie hat sich Anfang der 30er Jahre vom Publizieren zurückgezogen und dann Mitte/Ende der 40er hat sie nicht wieder damit angefangen. Ich vermute, sie hat sich damit nach Jahrzehnten abgefunden.
KiJuKU: Im Stück wird auch viel mit Licht und Schatten gearbeitet, wie genau kam es dazu? Was waren die Schwierigkeiten dabei?
Stefanie Elias: Es war eine Grundidee, weil ich vom Puppenspiel komme und mit Puppen sowie Schattentheater arbeiten wollte. Es hat sich angeboten, weil in ganz vielen der Texte (wie die erste Gespielin) der „Schatten“ angesprochen wird. Da war es naheliegend, mit Schatten zu arbeiten. Die Schwierigkeiten waren, sich gegen den Andi und die Technik durchzusetzen, weil am Anfang hieß es, das sei so ein Aufwand und da brauche man ganz tolle Scheinwerfer. Aber dann haben wir verschiedene Lichtquellen und Techniken ausprobiert und es ging mit Overhead eigentlich ganz gut.
KiJuKU: Wo habt ihr denn den Overhead-Projektor aufgetrieben?
Stefanie Elias und Alice Schneider: Über Willhaben! Von einem Lehrer-Ehepaar.
KiJuKU: Das ist ja auch so eine mehr oder minder aussterbende Technologie.
Alice Schneider: Sie war am effektivsten. Wir haben mehrere Sachen probiert
KiJuKU: Ich habe gedacht, ihr habt dann gleich im Kopf gehabt, dass das über Overhead geht…
Stefanie Elias: Ja, am Anfang habe ich mir schon gedacht, dass es wahrscheinlich, wenn man mit Schattenfiguren arbeiten will, mit Overhead eine ganz gute Lösung ist. Es gab aber auch andere absurde Ideen.
KiJuKU: Wie war der Vorbereitungsprozess für die Rolle?
Alice Schneider: Also ich habe einen Grundvertrauen in die Stefanie gehabt. Wir haben den ganzen Sommer zusammen Theater gespielt. Jeden Abend, jeden Tag in einem anderen Gemeindebau, 35 Mal (Utopia Theater). Dadurch haben wir uns richtig gut kennengelernt und ich weiß sie sehr zu schätzen. Gegen Weihnachten hat sie mich angerufen und gefragt, ob ich Lust hätte, was mit ihr zu machen. Ich habe mich unglaublich gefreut und sehr geehrt gefühlt. Es war herausfordernd, weil es viel Text gab. Toll war auch, dass ich davor den Oliver gekannt hab, der dann die Musik zu Liedern im Stück komponiert hat. Poesie vertonen ist nicht so leicht und er hat das in kürzester Zeit geschafft.
KiJuKU: Ja, wie hast du das geschafft?
Oliver Steger: Mich haben die Texte angesprochen und mir ist gleich etwas dazu eingefallen. Es war ein Glücksfall vielleicht.
KiJuKU: Wenn du diese Bücher oder Hefte auf der Bühne aufschlägst, liest du dann wirklich ab oder kannst du alles auswendig und das Reinschauen ist nur fake?
Alice Schneider: Nein, ich könnte nicht eineinhalb Stunden alles auswendig aufsagen, aber mittlerweile kenne ich natürlich schon einige Texte und dann kann ich mich davon lösen. Bei manchen, die komplizierter gestrickt sind, muss ich noch mal hinschauen. Aber vielleicht nach drei Spielwochen kann ich dann alle.Stefanie Elias: Es war logisch, es mit dieser Geschichte mit den Kisten auf dem Dachboden zu verbinden. Sie räumt ihren Nachlass, ihr Lebenswerk, zusammen und liest selber daraus. Alice Schneider: Normalerweise würde man aus den Kisten ausräumen, aber wir haben eingeräumt. Das fand ich eine sehr schöne Idee.
KiJuKU: Wie ist es eigentlich, allein auf der Bühne zu stehen, auch im Vergleich, wenn man mit anderen spielt?
Alice Schneider: Ja, also jetzt sind ja noch alle da. Die Stefanie, der Andi, der für das Licht zuständig ist, und der Oliver. Also gerade habe ich noch nicht das Gefühl, dass ich allein bin. Ich weiß noch nicht, wie es dann ist, wenn die alle weg sind, kann ich noch nicht sagen. Am herausforderndsten war die Szene mit der Puppe.
KiJuKU: Ist sie dafür angefertigt worden oder habt ihr sie irgendwo eingekauft?
Stefanie Elias: Die habe ich für eine Performance vor einem Jahr gebaut, aber eigentlich auch, um diese Puppentechnik auszuprobieren. Sie war in meinem persönlichen Puppenfundus.
Alice Schneider: Danke, dass ihr da wart.
KiJuKU: Nein, danke, dass du gespielt hast und du, Stefanie, überhaupt auf die Idee gekommen bist!
Stefanie Kadlec
Auf der zweiten Doppelseite links unten auf der ansonsten gänzlich weißen Seite rote Gummistiefel. Auf der rechten Seite eine aus lauter Regentropfen gezeichnete Katze. „Diese hingegen bevorzugt es, wenn es regnet.“ – Der Gegensatz zur Katze auf der ersten Doppelseite – die besteht aus schwarzen Strahlen und gelb bis orangefarbenen Mosaik-Abschnitten.
(Fast) jede Doppelseite eine andere Katze – eine aus Schneeflocken, eine, die sich in bunte Herbstblätter auflöst, aus Häusern einer Großstadt gemalt, zwischen solchen herumturnt… ein kunterbuntes, manches Mal auch eher schwarz-weißes, jedenfalls ein vielfältiges (Katzen-)Universum in wenigen Sätzen als Erläuterung für die großartigen Bilder schuf die Künstlerin Martyna Czub (Übersetzung aus dem Polnischen: Ewelina Rockenbauer) in „Manche Katzen“ für Leser:innen und vor allem Schauer:innen jedweden Alters.
Im Hintergrund in luftiger Höhe ein riesiger Kleiderständer, eigentlich -hänger bzw. Kostümgarderobe. Davor sechs Notenständer. Links und rechts davon zwei ziemlich angeräumte Tische. Einer mit Keyboard und liegender eGitarre, der andere mit vielen, teils mit Wasser befüllten Gläsern. Und eine eher ältere Tonregler-Anlage. So präsentiert sich die Bühne im TAG, dem Theater an der Gumpendorfer Straße (Wien) bevor das Gastspiel von Theater im Bahnhof (Graz) mit „Herbstfest auf dem Lande“ startet.
Zwischen den Publikumsreihen eilt ein Mitglied der Theatergruppe zur Bühne, klopft an eine der Türen im Hintergrund, die Schauspieler:innen kommen raus und – nein, sie haben keine Blasinstrumente dabei. So viel darf sicher gespoilert werden. Obwohl Fest und Land im Titel dienen die Notenständer „nur“ als Halterungen für Texte.
Juliette Eröd, Gabriela Hiti, Lorenz Kabas und Martina Zinner nehmen Platz und starten in pathetisch-schwülstig formulierten Landschaftsschilderungen die Einleitung eines Hörspiels. Jacob Banigan und Frans Poelstra sorgen auf den seitlichen Tischen für die akustische Untermalung. Obwohl alles zu sehen, beginnt im Kopfkino tatsächlich ein Hörspiel. Auf der Bühne sozusagen das Making of desselben zu sehen, nein zu erleben.
Und erst die Geschichte: Die vier Erzähler:innen schlüpfen in die Rollen vier erwachsener Geschwister. Ihr Vater wird demnächst 80 (Text: Monika Klengel und Ensemble; Regie und Konzept: Frans Poelstra, Monika Klengel). Zur Vorbereitung eines Geburtstagsfestes gründen sie ein WhatsApp-Gruppe. Samt gesprochener Verschreiber und deren Korrekturen: „Ich freude mich… nein freue mich“. Oder nachdem – auch ausgesprochen – Hochladen eines alten Familienfotos mit der mittlerweile verstorbenen Mutter: „Da hat sie das letzte Mal gelästert…“ – „Freud‘scher Fehler: gelächelt“. Die jüngste Schwester, offenbar schon eine mit Social Media aufgewachsene jüngere Erwachsene, die immer wieder englische Begriffe in ihre (Halb-)Sätze in die Gruppe schreibt und mit vielen Rufzeichen arbeitet, bei denen sie nicht immer die Caps-Lock-Taste (Shift, Feststelltaste, Großbuchstaben) und daher !!!111 verlesen wird.
Wer organisiert was? Wo soll das Fest stattfinden? Viele Fragen und so scheint ein direktes, persönliches Vorbereitungstreffen notwendig – in einem Gasthaus: Da mischen sich Gesprächsfetzen mit Geräuschen von Teller- und Besteckklappern, Suppe löffeln und Bestellungen beim Wirtshauspersonal… und obwohl du nur die beschriebene Szenerie siehst und das Gesprochene hörst, fühlst du dich fast in diese Wirtsstube hineinversetzt, kannst fast den Geruch der genannten Speisen wahrnehmen. Köstlich und so perfekt gesprochen, szenisch gespielt und soundmäßig mit fast unbeschreiblichen „Tricks“ akustisch kreiert.
Natürlich ist bald nicht alles eitel Wonne. Erst recht nicht beim Fest mit der Überraschung eines auf dem Dachboden gefundenen alten Super-8-Millimeter-Films und einem dafür aufgetriebenen Projektor. Was da als Bruch des Bildes der heilen Familie ins Bild kommt, wird hier aber nicht verraten. Dass es damit auch zum Wickel unter den Geschwistern kommt, drängt sich auf.
Der genialen – trotz so manch bitterböser Familien-Auseinandersetzung über weite Strecken witzigen Live-Aufnahme des Hörspiels folgt nach der Pause ein zweiter, zunächst spartanisch wirkender Teil vor einem Schnürlvorhang. Wortlos bewegen sich die Protagonist:innen immer wieder tänzerisch zum Abspielen des zuvor Aufgenommenen. Mit ihren teils zeitlupenartigen Moves drücken sie die jeweiligen Stimmungen und Gefühle bzw. das Verhältnis zueinander aus – manchmal sehr eng, dann wieder ziemlich vereinzelt und abweisend.
Eine metaphorische „Nebengeschichte“ handelt von Ameisen, die sich im Falle einer Überschwemmung zu einer Art lebendigem Floß ineinander verhaken. Für die Illustration dieser Passage schlüpfen die zuvor fast ausschließlich schwarz gekleideten Schauspieler:innen nun in bunte Gewänder vom eingangs genannten Kleiderständer und werden zu der entsprechenden Einheit, die das Überleben der Gruppe sichert. Bevor sie – wieder in Menschengestalt – auseinanderdriften. Und – zumindest – einer die WhatsApp-Gruppe verlässt.
Schon wenn das Publikum den Saal betritt, schreitet der Schauspieler (Paul Wiborny) auf dem Podium der Bühne auf und ab. Bleibt hin und wieder stehen. Nachdenklich, sorgenvoll sind ins ich gekehrte Blicke, die Mimik, die Bewegung vor einem Hänge-Korbsessel, einem schrägen Tischchen aus Straußenfüßen und -hals – der Kopf sozusagen in den Sand gesteckt – und einem kreisrunden, drehbaren Sandbild (Bühne: Raoul Rettberg und Anna Pollack, die auch wie praktisch immer hier im Theater Spielraum für die Kostüme zuständig ist).
Zu Klängen von „Don’t cry für me Argentina“ betritt die ältere, aber viel lebenslustigere Schauspielkollegin (Brigitte West) das Bühnenpodest durch den bunten Perlenschnürl-Vorhang von hinten – sie verkörpert die Mutter des Ersteren in „Reden mit Mama“ (Conversaciónes con mamá), eines spanischsprachigen Stücks von Santiago Carlos Ovés und Jordi Galcerán (nach dem Drehbuch zum gleichnamigen Film von Santiago Carlos Ovés; Deutsch von Stefanie Gerhold). Natürlich ceckt die Mutter, dass den Sohn etwas bedrückt, „denn sonst rufst du ja nur an…“. Dennoch will der nichts von ihrem Kichererbsen-Eintopf – in einem mächtigen Pott auf dem beschriebenen Tischlein, geht eigentlich schon, um … „ich hab gewusst, dass du zurückkommst“.
Er habe seinen Job verloren, könne die Kreditraten nicht bedienen und deswegen müsse er seine und Lauras (seine Ehefrau) Wohnung verkaufen – in der die Mutter wohnt. Sie könne doch zu ihm, seiner Frau und den beiden Kindern ziehen. Nach und nach rückt diese – die namenlos bleibt – damit raus, dass sie nun einen Lebensgefährten hat, einen deutlich jüngeren Mann (69 ist Gregorio, sie ist 82). Obendrein ist der Anarcho-Pensionist.
Von diesem ausgehend thematisiert „Mama“ humorvoll fast im Stile einer Dario Fo /Franca Rame-Komödie sozialpolitisch Alltagsprobleme von Teuerung über Containern (weggeworfene Lebensmittel aus dem Müll retten), Umgang mit älteren Menschen, Gesellschaftssystem insgesamt bis hin zur Forderung „Genug zu essen und guter Sex für alle!“
Mama spürt auch, dass ihr Sohn in seiner Ehe nicht besonders glücklich ist, spricht das direkt an – „schlaft ihr noch miteinander oder ist tote Hose?“ Außerdem kann die Mutter ihre Abneigung gegen die Schwiegertochter nur mühsam verbergen, wohingegen sie die gegenüber Lauras Mutter und damit Jaimes Schwiegermutter genüsslich fast zelebriert; und mit dem entsprechenden Schuss Ironie immer wieder Lacher provoziert.
Die Verhältnisse zwischen Sohn und Mutter scheinen sich in gewisser Weise umzukehren: Die wilde, lebenslustige, aufblühende Mutter, der „vernünftige“, sorgenvolle Sohn, aber in einer Krise. Der erstaunt ist darüber, dass Mama ihm an den Kopf wirft, Gregorio würde ja heute nicht viel was anderes sagen als er Jaime in seiner revolutionären Studentenzeit.
Immer wieder flackert das Licht – kein technischer Fehler wie sich recht spät in einer Szene erklärt, denn der Lichtschalter würde eine Art Wackelkontakt haben, den Gregorio schon reparieren werde…
Irgendwie ist die Situation vertrackt – noch dazu wo gekonnt von der Vorlage des auf dem Film basierenden Stücks und dieser Inszenierung (Co-Prinzipal des Theaters Gerhard Werdeker) sowie dem sehr glaubhaften Spiel der beiden Darsteller:innen – lange um den heißen Eintopf herumgeredet wird; die Mutter mit Anflügen von Demenz spielt.
Völlig anders die Gespräche im zweiten Teil – viel offener und tiefergehender, fast philosophischer – symbolisiert durch einen Zen-Garten auf einer Art Lade, die unter dem Bühnen-Podium hervorgeschoben wird. Dazwischen gehen die beiden kurz ab. Schnürlvorhänge gewendet, tauchen die Spieler:innen neu gekleidet wieder auf, und es dauert doch einige Zeit bis nach und nach vermittelt wird, was sich nun geändert hat.
Hunde fangen einen Fisch, streiten sich darum und – die Katze schnappt ihn sich und haut ab. Fisch mag sie ja. Aber Wasser? Oh, nein! Nur nicht das.
Aaaaaber: Das Wasser steigt und steigt. Wo auch und wie hoch hinauf sie klettert, das Wasser holt sie ein. Gut, dass da ein Segelboot vorbeikommt, in das sie flüchten kann.
Ohne Worte, und ohne dass Tiere stellvertretend für Menschen agieren, lässt der Animationsfilm „Flow – Wie die Katze ihre Angst vor dem Wasser verlor“ in eine tierische Welt ebenso eintauchen wie in Bilder, die streckenweise fast wie bewegte alte Gemälde wirken – ab 7. Februar 2025 in österreichischen Kinos (Details siehe Info-Box).
Einer der Hund ist als Gefährte der Katze mit im Boot, er himmelt sie an. Nach und nach gesellen sich weitere Tiere in diese Art Arche Noah. Die Reise führt in unterschiedlichste Gegenden, Landschaften und Kulturen – menschenleer gewordene verlassene nun überflutete Städte und Denkmäler – die hin und wieder eine gewisse Ironie ausstrahlen wie beispielsweise eine überdimensionale Katzen-Statue. Faszinierende Bilderwelten, wenngleich manches Mal beim Groß-Zoomen einzelne Körperteile einiger der Tiere verschwimmen, vermitteln fast durchgängig ein Gefühl, in einer Art Traumlandschaft zu „schwimmen“.
Neben der Katze als Hauptfigur und einem mitreisenden Hund – da wortlos auch ohne Namen – haben die Filmemacher:innen ein Äffchen (Lemur), Vögel, und ein in Tierfilmen kaum vorkommendes Capybara (Wasserschwein) eingebaut. „Ich habe mich für das Capybara entschieden, weil ich Bilder gesehen hatte, die zeigen, dass das Wasserschwein mit allen Tieren zurechtkommt, sogar friedlich neben Löwen und Krokodilen schläft. Also auch neben Katzen und Hunden. Es kam mir ganz natürlich vor, dass wir im Film auch diesen Protagonisten dabeihaben“, wird Regisseur Gints Zilbalodis in einem ausführlichen Interview im informativen Heft für Medienleute zitiert.
Übrigens Wasserschweine sind die Hauptfiguren in einem der vier kürzlich mit dem österreichischen Kinder- und Jugendbuch ausgezeichneten Bücher – „Drei Wasserschweine brennen durch“ von Matthäus Bär; Band zwei erscheint heuer im Frühjahr; Verlinkung zur Buchbesprechung am Ende dieses Beitrages.
Gemeinsam mit Matīss Kaža hat der Regisseur auch das Drehbuch verfasst. Obendrein lieferte er musikalische Inputs für den Komponisten der Filmmusik Rihards Zaļupe. In diesem eben zitierten Interview gesteht Zilbalodis, dass er, der schon mit 13 / 14 Jahren seine Filmbegeisterung entwickelte, sich auf Animationsfilme spezialisierte, weil er die auch alleine machen konnte. „Flow“ – das ja nicht nur Fließen von Wasser, sondern auch den „Fluss“ von Gedanken und Aktionen beschreibt – war der erste Film, bei dem Zilbalodis mit einem Team, noch dazu einem großen, zusammenarbeitete. Und das sei für ihn „manchmal schwierig“ gewesen. „Normalerweise, wenn ich allein an einem Film arbeite, habe ich eine Idee und tüftle dann aus, wie ich sie filmisch umsetzen kann. Bei FLOW musste ich anderen Menschen Sachen erklären, die ich noch nicht mal selbst ausgearbeitet hatte, so dass es manchmal schwierig war, verständlich zu machen, was ich mir vorstellte.“
Und so steckt in der Katze, die sich im Laufe der nicht ganz 1½ Stunden, von der Einzelgängerin zur Teamarbeiterin entwickelt, wohl auch ein bisschen vom Werden des Regisseurs in der insgesamt mehr als fünfjährigen Arbeit an diesem wunderbaren Animationsfilm mit offenem Ende und vielem, zu dem sich die Zuschauer:innen ihren eigenen Reim drauf machen können bzw. müssen.
Mit einem Finger-Click wird die lila-pinke gezeichnete, ausgeschnittene und gescannte Fledermaus fast unsichtbar. Eine über der anderen durchsichtig hinter der bunten auf einem der beiden großen Glastische. Hier im Zoom Kindermuseums im Wiener MuseumsQuartier fügen insgesamt sieben Kinder an zwei dieser High-Tech-digitalen Tische die Figuren und Objekte zu Bildern eines Trickfilms zusammen. „Tricky Strauss“ nannte sich mitten in den Semesterferien dieser Workshop. Einen weiteren solchen zweitägigen Workshop wird es für 8- bis 14-Jährige gegen Ende Februar geben – siehe Info-Box am Ende des Beitrages.
Als Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… gegen Ende des zweiten Tages dazustoßen darf, sind natürlich alle Figuren und Objekte von Bäumen bis zu Geigen längst fertig und sogar schon zu den meisten Szenen fertig zusammengestellt und animiert. Was nun noch geschieht ist die Vertonung. Für den musikalischen Teil verlassen alle die digitalen Trickfilm-Tische und wandern die Stiegen hinauf ins Tonstudio. Keyboard, Gitarre, Ukulele, Kalimba und Rasseln liegen und stehen als Instrumente bereit – und ein weiteres haben alle mitgebracht – ihre Stimmen.
Unten rund um die beiden Tische teilen sich die jungen Trickfilmer:innen auf, wer welche Geräusche – meist mit dem Mund – erzeugt: Eine quietschende Geige beispielsweise. Fürs Flattern der Fledermaus wachelt eines der Mädchen mit ein Blatt Papier vor dem Mikrophon. Als der (vermeintliche) Bösewicht in Sträflingskleidung hinter Gittern an diesen rüttelt, werkeln zwei Kinder mit einer Lade unter dem Tisch.
Doch nicht nur Geräusche produzieren die Workshop-Teilnehmer:innen. Die Geschichte braucht zur Erklärung auch Sätze. Einer der ungewöhnlichsten ist vielleicht jener zu einem Bild mit Schwert und Fledermaus: „Ich schlage dich zum königlichen Haustier“.
Noch ausgefallener ist nur das Wortspiel, das zum Titel dieses Trickfilms auserkoren wurde: Hyp-Noten. Die Festgäste werden hypnotisiert. Und Musik braucht Noten.
Dass der Film nun „Angriff der Hyp-Noten“ heißt, wurde mit satter Mehrheit gegen eine Stimme entschieden. Aber auch die Minderheit konnte damit leben, stammte doch der zentrale Begriff sogar von ihr.
Für die Fledermaus war Ausgangs- und in dem Fall auch Endpunkt – am 5. April 2025 – die berühmte Operette von Johann Strauss Sohn. Weil sich sein Geburtstag heuer zum 200. Mal jährt, gibt es ur-viele ganz unterschiedliche Veranstaltungen. Im MuseusmQuartier lädt unter anderem ein Escape-Room dazu ein, sich rund um den Komponisten raus zu rätseln – KiJuKU-Bericht unten am Ende verlinkt.
An dem besagten Tag feiert die Uraufführung der Operette, die mit dem Flattertier gar nichts zu tun hat, sondern in einer Bar namens Fledermaus spielt, den 151. Geburtstag. Dann werden die beiden Trickfilme – der erste geht in die Postproduktion, der zweite entsteht ja erst im nächsten Workshop – auf großem Screen öffentlich gezeigt, fliegende Fledermäuse gebastelt und in fast allen Häusern des MuseumsQuartiers spielt sich vieles rund um „Fledermaus“ ab, im Dschungel Wien schräg gegenüber dem Kindermuseum sogar zwei Theaterstücke.
Zwischen den international renommierten Grammy-Awards für Musik sowie den Oscars als weltweite Auszeichnungen für Filme wurden nun die Gewinner:innen der Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreise bekanntgegeben (Preisverleihung: 27. Mai 2025, Kultur und Kongress Zentrum Eisenstadt).
Aus insgesamt 103 Einreichungen wurden vier Bücher österreichischen Autor:innen und Illustrator:innen und / oder heimischer Verlage für die Hauptpreise ausgewählt, sechs weitere Neuerscheinungen wurden in die „Kollektion zum Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2025“ aufgenommen (Jury: Severin Filek, Alexandra Hofer, Franz Lettner, Barbara Mayer, Ursula Tichy).
„So vielfältig wie die Geschichten sind, die in diesen Büchern erzählt werden, so einfallsreich und bunt ist auch der Stil der Autor:innen und Illustrator:innen, die sie erfunden und in Szene gesetzt haben“, wird in der Aussendung zu den Preisen der auch für Kunst- und Kultur noch zuständige Minister Werner Kogler zitiert. „Unsere Preisträger:innen zeigen, dass Bücher und Literatur mehr als bloß Information und Zerstreuung bieten. Sie sind erzählende Einführungsvorlesungen in unsere Welt und Versuchsanordnungen für Neues und Unbekanntes; sie sind Trainingscamps der Fantasie ebenso wie Experimentierstuben für unser Vorstellungsvermögen; und sie sind auch jener Ort, an dem unsere Wahrnehmung und unser Verstand geschärft werden kann. Kurz gesagt: Lesen macht klug, stark und – nicht zu leugnen – glücklich!“
Hier aber nun zum noch Wesentlicheren, den Preisbüchern – viele davon sind hier auf Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… schon besprochen worden, die Links dazu finden sich gleich bei der jeweiligen Nennung der ausgezeichneten Werke.
Ida, Chris und Emil im Zug
Sarah Michaela Orlovský, Michael Roher
Tyrolia Verlag 2024
Drei Wasserschweine brennen durch
Matthäus Bär, Anika Voigt
dtv 2024
Was keiner kapiert
Michael Hammerschmid, Barbara Hoffmann
Jungbrunnen Verlag 2024
Der Rosengarten
Kathrin Steinberger
Tyrolia Verlag 2024
Hier folgt die Buchbesprechung erst.
Das Nachtkind
Armin Kaster, Sabine Rufener
Jungbrunnen Verlag 2024
Immer wenn wir … von kleinen Gesten und großen Traditionen
Teresa Mossbauer, León Schellhaas, Yulia Drobova
Achse Verlag 2024
Ich hab da was für dich
Lena Raubaum, Katja Seifert
Tyrolia Verlag 2024
Die Ritter holen Gold
Bjørn F. Rørvik, Camilla Kuhn; aus dem Norwegischen von Barbara Giller
Picus Verlag 2024
Tigerträume
Julian Tapprich
Luftschacht Verlag 2024
Gazelle
Heinz Janisch, Michaela Weiss
Bibliothek der Provinz 2024
Seit 1955 werden die jeweils von einer Jury ausgewählten besten Kinder- und Jugendbücher eines Produktionsjahres mit diesem Preis der Republik Österreich ausgezeichnet. Neben den Hauptpreisbüchern küren die Juror:innen immer auch weitere Bücher für die „Kollektion“. Die (vier) Hauptpreise werden aktuell mit je 6.000 Euro belohnt.
Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport stellt der Buchklub jährlich 40 Bücherkoffer mit allen ausgezeichneten Büchern des „Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreises“ und den passenden Unterrichtsmaterialien zusammen, die im folgenden Schuljahr gratis zum Ausleihen für Schulen zur Verfügung stehen.
„ob es ewig gibt
kann ich nicht sagen
aber jetzt gibt es
und noch viele
fragen.“
Mit diesen fünf Zeilen endet das erste Gedicht von Michael Hammerschmid in seinem neuesten Buch „wolkenschaum“. Das erschien kürzlich, knapp bevor bekannt wurde, dass er für „was keiner kapiert“ – illustriert von Barbara Hoffmann – mit einem der vier österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreise ausgezeichnet wurde (Preisverleihung im Mai) – Überblicksartikel zu allen Preisbüchern in einem eigenen Beitrag, der am Ende dieser Buchbesprechung unten verlinkt ist.
Zurück zu „wolkenschaum“, für das María José de Tellería die textlichen Gedankenspielereien des Autors um mindestens so fantasievolle Bilder – viele im Stile von Kinderzeichnungen – erweiterte: Die zwölf Doppelseiten tauchen ein in Kinderwelten, rücken das Genießen des Lebens im Moment ins Zentrum – und betten dieses doch immer wieder auch in von Kindern angestellte Gedanken darüber hinaus ein.
So beginnt das erste der Gedichte – manche gereimt, andere nicht, alle in Kleinschreibung -, aus dem eingangs die Schlusszeilen zitiert sind, mit der Frage „was war bevor ich war?“. In „hier bleibe ich stehen“ mit der Konzentration auf das, was dabei rundum zu sehen und hören ist, ist dennoch viel in Bewegung. Radfahren, ein Luftballon und Gedanken rund um dieses flatterhafte Wesen, über Lachen, Kuscheltiere und die Kunst des Malens nur mit Licht und Schatten, Schnee sowie Regen sind weitere der Themen, in die du per Wort- und Gedankenspiel samt verspielten Zeichnungen eintauchen kannst.
„Demokratie Vielfalt“ in schwarzen handgeschriebenen großen Buchstaben auf einem großen Karton. Darunter „Liebe“ in regenbogenbunten Farben und darunter das wieder schwarz geschriebene Wort „Hass“ mit zwei roten Strichen kreuzweise durchgestrichen.
Dies war eines der viiiiielen, fast alle handgeschriebenen Karton-Plakate der „Donnerstags“-Demo am Dienstagabend zwischen Ballhaus- und Heldenplatz. Zur Auflösung dieses Wochentags-Durcheinanders weiter unten.
Rund 30.000 Menschen versammelten sich auf dem genannten Platz in der Wiener Innenstadt um dagegen zu protestieren, dass eine mögliche Regierung von FP und VP Medienfreiheit, Menschen und soziale Rechte einschränken könnten. Diskriminierung und Hass gegen Minderheiten und Migrant:innen sowie Asylwerber:innen werden ebenso befürchtet.
Mit einem anderen Plakat, auf dem „Volk“ stand, wurde Bezug genommen darauf, dass sich Herbert Kickl, der Anführer der FP, gerne als „Volkskanzler“ sieht – das Volk aber nicht unbedingt dafür ist, dass er Regierungs-Chef wird. Immerhin haben bei der Nationalratswahl, bei der die FP Ende September mit 28,85 % zwar die relative Mehrheit gewonnen hat, somit mehr als 71 Prozent für andere Parteien gestimmt. Und alle – damals auch die ÖVP – haben gesagt, dass sie keine Regierung mit Kickl bilden wollen! Gegen diese Wendung von der Ablehnung zur Befürwortung einer solchen Koalition durch die ÖVP-Führung führte die Demonstration dann auch zur Zentrale dieser Partei neben dem Wiener Rathaus.
Das „Volk“-Plakat erinnert aber auch an die Montags-Demonstrationen in der ehemaligen DDR. Die Losung gegen das damalige Regime lautete „Wir sind das Volk“.
Dieses Durcheinander der Wochentage lässt sich entwirren: Als vor 25 Jahren die erste rechte Regierung von VP + FP Gestalt annahm, formierte sich wöchentlich Protest dagegen. Die Demonstrationen begannen aber nicht mit dem unterirdischen Amtsantritt dieser Regierung am 4. Februar 2020 – wegen der Proteste ging die Regierung den Gang unter dem Boden zwischen Bundeskanzleramt und dem Sitz des Bundespräsidenten in der Hofburg. Rund zwei Wochen danach fand eine Großdemonstration – die Polizei schätzte 150.000, die Veranstalter:innen sprachen von 300.000 Teilnehmer:innen – statt. Auf dieser wurde aufgerufen in der Woche drauf am Donnerstag und in der Folge jeden Donnerstag zu demonstrieren.
In der Nacht vom 4. Auf den 5. Februar fand übrigens der rechtsextreme tödliche Bombenanschlag in der Roma-Siedlung im burgenländischen Oberwart statt. Zunächst hatte die Polizei sogar Angehörige der Volksgruppe selbst verdächtigt, den Mord begangen zu haben. Erst nach sehr langer Zeit wurde der rassistische Hintergrund auch offiziell anerkannt.
„Das ist nichts für Mädchen, Begonia“, meinte der König und Vater des Mädchens den Wunsch der Tochter vom Tisch seines Büros mit Aussicht auf Land und Stadt des Reiches zu wischen.
„Zeig mir, wo das steht!“ konterte die Prinzessin.
Das würde zwar nirgends schriftlich festgehalten, aber „es war immer schon so.“
Da hatte der Herrscher die Rechnung ohne seine Tochter gemacht. Mit einem „du bist so wahnsinnig altmodisch!“ rauschte sie ab, schlug die Tür zu und …
… natürlich wird sie am Ende dieses Bilderbuchs „Die Ritter holen Gold“ ihren Kopf durchgesetzt, und damit den Buchtitel ein wenig Lügen gestraft haben. Das kannst du wohl annehmen – ohne Details zu verraten.
Davor aber hat sich Bjørn F. Rørvik (Übersetzung aus dem Norwegischen: Barbara Giller) noch die Begegnung Begonias mit ihren Lieblingsrittern Rosenbusch und Zack einfallen lassen. Die bittet sie um Trainingseinheiten in den Bewerben eines Turniers auf der Klampenburg. Mit einer List will sie – zunächst – unerkannt teilnehmen, denn mutig ist sie sowieso.
In buntem comic-artigem Stil zeichnete Camilla Kuhn Ritter, die Prinzessin, ihren Vater und verschiedene Burgen und Wettkämpfe – klassisch ritterliche und einen Extrabewerb, der hier nicht gespoilert wird.
Als Begonia nach ihrer überaus erfolgreicher Teilnahme den Helm lüftet und der Herzog der Klampenburg protestiert, greift Vater und König zu sehr ähnlichen Worten wie sie ihm seine Tochter zu Beginn an den Kopf geworfen hatte 😉
Der König will abdanken, sein Reich auf seine drei Töchter verteilen. Und stellt eine der blödesten Fragen. „Wer von euch liebt mich am meisten?“, straft den Satz, dass es keine dummen Fragen gibt, Lügen. Diese Kinder in Loyalitätskonflikte treibenden Fragen kommen gar nicht so selten im Alltag vor. „Wen magst du mehr, die Mama oder den Papa?“ haben viele vielleicht noch aus ihrer Kindheit im Ohr.
Und so beginnt das Drama von dieser kleinen, oft gar nicht so beachteten Frage, seinen Ausgang zu nehmen. In einer rasanten, bitterbös-witzigen, modernen (Bühnen-)Sprache feiert „Lear“ (ohne König im Titel) eine vielumjubelte, zweistündige pausenlos durchgängige spielfreudige Aufführungsserie im TAG, dem Theater an der Gumpendorfer Straße (Wien). Es ist die – personell aufwendigste – (Abschluss-)Produktion der nunmehrigen Intendanz. Frei nach Shakespeare textete und inszenierte Gernot Plass, bekannt für die Klassiker-Überschreibungen in dieser Mittelbühne auch den alten, später wahnsinnig werdenden König (Jens Claßen).
Was soll auf so eine Frage schon geantwortet werden? Mit Beteuerungen der großherzigen Liebe zum Vater beginnt die älteste Tochter Gonderil. Und lässt da schon mehr als durchblitzen: voll gelooooogen. Hohe Latte für die Schwestern. Regan, mittlere Tochter (Lisa Schrammel) kommt da gehörig ins Schwimmen; Herumgelabere und natürlich: Auch so viel Zuneigung… Lediglich die – von Anfang an schon abseits auf einem der vielen schwarzen Stühle sitzende Jüngste, Cordelia (Lisa Weidenmüller), bringt den Mut zur Wahrheit auf: „Ich liebe dich aus reiner Pflichterfüllung. Du warst niemals da…“
Wahrheit wird vom Vater und König bestraft, die Verlogenheit belohnt – entsprechend die Aufteilung des Landes – nix für Cordelia. Da kann auch Lears Berater Kent (Rüdiger Hentzschel) genau gar nix ausrichten. Ihn schmeißt er ebenso raus wie er die jüngste Tochter verbannt. Lisa Weidenmüller taucht übrigens als Hofnärrin eng an Lears Seite wieder auf 😉
Eifersüchteleien zwischen den beiden älteren Schwestern und deren Ehemännern (Cornwall – Markus Hamele und Albany – Felix Rank) wegen ungleicher Erbstücke, Intrigen, (tödlicher) Hass gegen den Vater. Parallel dazu spielt sich Ähnliches mit Lears engstem Berater Gloucester, hier Gloster, (Georg Schubert) und dessen Söhnen Edgar (Stefan Lasko) und Edmund, immer wieder als Bastard tituliert, weil aus einer unehelichen Beziehung, (Emanuel Fellmer) ab. Kämpfe um Macht und Besitz – in Business-Kleidung samt manchem Slim-Fit-Anzug – mit manchen dezenten Anspielungen auf Gegenwärtiges und drohendes Zukünftiges und der Schlusswarnung: „Macht doch eure Augen auf! Seht!“ Und schlägt damit – nicht nur – eine Brücke zum Start dieser Aufführung, bei dem (fast) alle mit verbundenen Augen auf den vielen Sesseln der Versammlung sitzen.
Abklärung als Titel, da drängt sich Aufklärung fast zwangsläufig auf. Und da wiederum – gerade wenn sich’s um ein Jugendtheater handelt – jene in Sachen Sexualität. Trotz sexueller Revolution vor mehr als einem halben Jahrhundert nicht selten noch immer mit mehr als einem Hauch Scham, kichern…
Diese spielt durchaus eine atmosphärische (Hintergrund-)Rolle in diesem gemeinsam von Jugendlichen gemeinsam mit dem Regisseur (Simon Windisch) entwickelten und von diesen gespielten Stück im Grazer TaO! (Theater am Ortweinplatz). Zentraler allerdings ist die so benannte Epoche der geistigen, kulturellen, gesellschaftlichen Erleuchtung in Europa ab dem 18. Jahrhundert, die oft mit Immanuel Kants „Kritik der reinen Vernunft“ verknüpft wird.
Valentina Erler, Emma Moser, Adriel Ondas, Mo Roth, Elena Trantow und Greta Zaar treten abwechselnd – manchmal einzeln, oft gemeinsam – aus dem Schatten ins Licht: Vor projizierte Theatervorhänge, um dann hinter mit schwarzen Vorhängen drapierte Boxen zwischen den sechs erleuchteten Stellen der halbrund angeordneten Bühne zu verschwinden und dann wieder, mitunter überraschend, aufzutauchen.
Anfangs ein wenig verschüchtert, sprechen sie – mehr oder minder als eine Person – die Zuschauer:innen direkt an – aber auch diese als eine Person und in Du-Form. Irgendwann ein überfallsartiges Vorspringen, recht nahe ans Publikum herankommen. Als würden die Spieler:innen darüber selber erschrecken, vollführen sie postwendend einen kräftigen Schritt zurück.
„Dich würde ich gern kennenlernen, mit dir in Kontakt kommen.“ – „Ich finde dich interessant.“ Recht häufig schwingt eine erotische Komponente mit, die hin und wieder direkt geäußert wird. „Mit dir spazieren gehen und noch viel mehr…“ bis hin zu Plänen für die Zukunft schmieden. Oder würde das eher – so früh in einer möglichen Beziehung sogar eher ab-turnen. Wald, Strand, Straßencafé, Museum, Disco, Büro, Bibliothek… – verschiedene Settings für gemeinsame Orte erscheinen als Projektionen statt der roten Vorhänge.
Je länger die insgesamt rund 1-¼-stündige intensive, dichte Performance dauert, desto mehr werden Themen angesprochen wie Werte und Grundhaltungen. Wäre Übereinstimmung in zentralen Grundfragen Voraussetzung für eine mögliche Beziehung? Aber auch persönliche Verhaltensweisen werden thematisiert und actionreich in einer Szene angespielt: Tischmanieren – von äußerst feiner Nahrungsaufnahme einzelner Weintrauben mit Besteck bis zum wilden Reinbeißen in einen Kopfsalat.
Eine große Rolle spielen Bücher in unterschiedlicher Form – samt fake-mäßiger Interaktion und – ohne es zu spoilern – heftiger Aktion, die das Gegenteil von geistiger Aufklärung mit finsterem historischem Bezug symbolisiert. Immer wieder stellen Menschen Errungenschaften der Aufklärung – wissenschaftliche Erkenntnisse, Überwindung von Aberglauben, Trennung von Kirche und Staat, Schicksale nicht als gott-gegeben hinnehmen, sondern Kampf für Gerechtigkeit und Solidarität wie sie in der französischen Revolution (1789) in der Losung „Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit“ gipfelten -, in Frage. Erleben wir nicht aktuell in verschiedensten Ländern, wie hart erkämpfte Fortschritte in Gesellschaft und im menschlichen Umgang miteinander gekübelt und über Bord geworfen werden?
In einem Gespräch mit jungen Zuschauer:innen, dem Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… beiwohnen durfte, erzählen die jugendlichen Schauspieler:innen, dass und wie sie intensiv und ausführlich erst viel diskutierten, recherchierten und improvisierten, bevor es an die eigentliche Entwicklung dieses spürbar aufklärerischen Stücks gegangen ist. Unter anderem beobachteten sie in der Vor-Phase in verschiedensten Settings, wie Menschen miteinander umgehen, diskutierten tiefgründig über wichtige Themen und wollten „nebenbei“ auch das Miteinander reden trotz gegenteiliger Meinungen anspielen, um Positionen abzuklären. Obwohl der Titel „Die Abklärung“ angesichts aktueller Entwicklungen (fast) weltweit eher wie eine Art Gegenteil von „Aufklärung“ wirkt.
Du näherst dich einem unscheinbar wirkenden an der Wand hängenden querformatigen Rechteck. Es scheint wie ein Mosaik aus kleinen runden Scheiben. Nur fast schwarz. Kaum kommst du näher, raschelt es irgendwie, vile der kleinen Spiegelchen drehen sich, ergeben ein Bild. Du staunst, irgendwie kommen dir – vielleicht erst im zweiten Hinsehen die Konturen und die Form nicht unbekannt vor.
Was hier in der Folge für ein paar Sekunden als Standbild erhalten bleibt ist eine Art „Foto“ von dir in bunt schillernden „Flip-Discs“. Sobald du das ge-checkt hast, beginnst du vielleicht damit zu spielen – näherst dich in verschiedenen Posen, von unterschiedlichen Richtungen diesem Teil an. Es ist das erste Objekt in der Ausstellung „Khroma“ in einem Keller in einem Hinterhaus in Wien-Neubau.
Verspielte New-Media bzw. digitale, teils interaktive Kunstwerke, sind in unterschiedlichster Form seit Jahrzehnten in Linz im berühmten Ars Electronica Center zu sehen und erleben, in Wien eher noch selten und diesfalls fast ein bissl versteckt.
Die Ausstellung „Khroma“ (Russische und Griechisch für Farbe) mit ihren 13 Kunstwerken, kuratiert von Vasily Fedotov, Gründer und Leiter des New Media Art Centers und des Lighthouse of Digital Art in Berlin, war zuvor schon in der deutschen Hauptstadt zu sehen. Davor hatte er marketingmäßig Star-Ups in Sachen digitaler Strategien beraten. Und verlegte sich, wie er am Rande einer Führung für Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… erzählt, „immer mehr auf den künstlerischen Bereich von digitalen Medien, Künstliche Intelligenz und virtual Reality.
Das eingangs geschilderte Kunstwerk mit dem Titel „Portraits in Pink, Blue, & Silver“ stammt von Andrew Zolty alias Breakfast Studios aus New York. Er hat sich darauf spezialisiert, Echtzeitdaten aus der natürlichen Welt in digitale, kinetische Kunstwerke zu „übersetzen“. Im Laufe der bisherigen rund eineinhalb Jahrzehnte dauernden künstlerischen Arbeit waren Werke von ihm schon bei der Weltausstellung 2021 in Dubai und im Vorjahr bei der Biennale in Venedig zu erleben.
Fast am Ende der Kellerräume entsteht beim Näherkommen an die bunt leuchtende Wand ein an das erste Werk erinnernder Eindruck. Irgendwie fühlst du dich hier noch bunter und größer, besser erkennbar, zu sehen. „Enter“ heißt diese interaktive Lichtinstallation des polnischen Künstlers Ksawery Kirklewski. Wenn die Technik funktioniert, dann soll sogar Sound dazu ertönen (was beim Besuch von KiJuKU nicht der Fall war). Diese interaktive digitale „Spielerei“ ist aber neben der künstlerischen auch eine Forschungsarbeit in Sachen Computer-Steuerung ohne Maus und Tastatur „nur“ mit Gesten.
Kirklewski hat zuletzt unter anderem für den US-Schauspieler, Comedian und Musiker Donald Glover alias Childish Gambino für seine Auftritte digitale Bühnenbilder geschaffen.
Fantasievolle Fische und Quallen kannst du dir in verschiedensten Größen und Farben per Knopfdruck beim digitalen Kunstwerk Aquatics von Philipp Artus auf den Riiiiiesen-Screen „zaubern“. So „nebenbei“ will der multimediale Künstler (u.a. auch Filmemacher) mit dieser Installation auch sanft einladen über Natur und Technik zu sinnieren.
Ein goldglänzender Totenkopf am Ende des oberen Teils einer Sanduhr „spuckt“ schwarze Tropfen in den unteren Teil dieser Uralt-Zeitmessung. „Killing Time“ nannte der Künstler Mesplés aus Los Angeles diese interaktive Skulptur. Da die Zähflüssigkeit mit Metallspänen versetzt ist, führt der Unterteil der Sanduhr das verblüffende nach oben „Spucken“ – dank eines Magneten im Mund des Totenkopfes.
Diese und noch neun weitere, verschiedenartige digitale Medien-Kunstprojekte laden zum verspielten Staunen und– nicht bei allen – zur Interaktion ein. Was allerdings so „nebenbei“ auffällt, die Auswahl fiel offenbar ausschließlich auf von Männern programmierte Werke.
„Als Nächstes probierte er ein paar dicke Bücher mit sehr vielen Wörtern. Diese schmeckten nach Abenteuern, Piratenschiffen und verborgenen Schätzen. Sie waren vorzüglich! Zum ersten Mal in seinem Leben war er richtig satt und schlief glücklich ein.“
So geht es der klitzekleinen Maus mit riesigen Ohren und noch größerem Hunger auf der sechsten Doppelseite des Bilderbuchs „Klaus, die Büchermaus“. Davor hatte Maus Klaus alles Mögliche in sich hineingestopft: Käse, Brot, Obst, Fisch…
In einer Buchhandlung hörte er einen Menschen sagen: „Wenn ich nicht bald ein paar Bücher verkaufe, können sie auch die Mäuse fressen.“ Und so versuchte sich die kleine Maus am Verzehr von bedrucktem Papier – erst mit vielen Bildern, dann mit mehr Wörtern. Klaus wurde wie das Zitat im ersten Absatz zeigt, satt – in Bauch und Kopf.
Doch meinte die Buchhändlerin schließlich, sie könnte auch vorlesen, die Maus müsste die Werke nicht „verschlingen“. Besonders gefiel Klaus die Geschichte vom Rattenfänger von Hameln. Davon ließ sich die Maus inspirieren und … – nein, Ende vom Spoilern 😉
Verraten sei natürlich schon, wer dieses Buch geschrieben hat: Im spanischen Original: José Carlos Andrés. Es wurde nicht eins zu eins übersetzt, sondern auf Deutsch nacherzählt – von Simone Klement und Christine Laudahn. Die fantasievollen, bunten gezeichneten Bilder stammen von Katharina Sieg. Und das Buch setzt sozusagen (fast) allen Büchern ein „Denkmal“.
Ohrenbetäubender Protestlärm aus Hunderten Trillerpfeifen erfüllte die kleine, fast versteckte Ölzeltgasse beim Heumarkt in Wien-Landstraße Samstagmittag. Aus allen Seiten vor allem aus Richtung Stadtpark strömten ununterbrochen Menschen vor die serbische Botschaft. Viele hatten handgeschriebene (lateinisch und kyrillisch) und gemalte Plakate mitgebracht. So manche hatten auf die Plakate rote Handabdrucke gemalt, andere reckten ihre mit roten Handschuhen überzogene Hände in die Höhe und den Kameras entgegen.
Um 11.52 wurde es besonders laut. Pfiffe und Sprech-Chöre unter anderem „Vučiću odlazi“ – der Name des Präsidenten dieses Landes mit der Aufforderung „geh (weg)!“ erinnerten an die 15 Toten von Novi Sad (ca. 70 Kilometer von Beograd entfernt). Die Protestbewegung in Serbien – und die Solidaritätsaktionen in anderen Ländern geben sich nicht zufrieden mit dem „Bauernopfer“ des Rücktritts von Premierminister Miloš Vučević.
Kurz nach dem lautstarken Höhepunkt wurden alle Demonstrant:innen zu Schweigeminuten gebeten – im Andenken an die 15 Getöten.
Am 1. November des Vorjahres war genau zu diesem Zeitpunkt das Vordach des Bahnhofes dieser 300.000-Einwohner:innen-Stadt eingestürzt und hatte die eineinhalb Dutzend Menschen unter sich begraben, darunter ein fünfjähriges Kind. Bald danach begannen Proteste, die sich nach und nach auf ganz Serbien ausweiteten. Der Vorwurf an Regierungs- und Staats-Spitze: Korruption und mangelnde Bau-Aufsicht bei der Renovierung des Bahnhofes im Zuge der Kooperation mit China.
Getragen wurde und wird – nach einem Generalstreik in der Vorwoche gab es Ende dieser Woche einen Protestmarsch von der Hauptstadt (Belgrad) nach Novi Sad – werden die Aktionen vor allem von Studierenden. Und dies äußerst friedlich. Sogar als – mittlerweile zum dritten Mal – Gegner:innen der Proteste mit Autos in Demonstrationen fuhren, wurden weder diese Autos noch deren Fahrer:innen attackiert. Dafür wurden sie – wie Ende Jänner der Dramatiker Sinisa Kovačević auf „X“ twitterte kollektiv für ihren Ghandi-artigen Protest für den Friedensnobelpreis dieses Jahres nominiert.
So friedlich reagierten die Protestierenden in der Ölzeltgasse auch auf zwei nationalistische Männer, die die Kundgebung missbrauchten und mit entsprechenden Fahnen den Kosovo für Serbien reklamierten. Cool down ersuchten sie die beiden wenigsten ihre Sprechchöre einzustellen.
Bei der Kundgebung vor der serbischen Botschaft nahmen nicht zuletzt aufgrund des fünfjährigen Todesopfers in Novi Sad auch so manche Kinder mit eigenen handgeschriebenen Plakaten und roten Kartonherzen teil. Und Marina hatte sogar ihrem Hund Nika ein Plakat umgebunden: „Für Dona – wir geben nicht auf!“ Denn auch eine Hündin namens Dona wurde bei einer der Demonstrationen in Serbien von einem gegnerischen Autofahrer niedergeführt und getötet.
Der Tod der Hündin und die Proteste „verzögerten“ Mitte dieser Woche auch den Beginn der Oper „Der Barbier von Sevilla“ im Nationaltheater Belgrad, weil das Orchester im Chor das Gedicht „Protest“ von Nikola Radošević vortrug.
Marina, ihre Schwester Andrea hatten aber auch Plakate, dass sie als Tanten der zweiten Generation in Wien, ihrer Nichte Sofia in Serbien wünschen, dass sich dieses Land unter der Protestbewegung so demokratisiere, dass Sofia nicht auch noch ihre Heimat verlassen muss. Lilijana, die Mutter der beiden längst erwachsenen Schwestern, hatte ein anderes Plakat geschrieben – mit einem seit Kurzem weit verbreiteten Spruch, der Bezug darauf nimmt, dass auch die Schüler:innen streiken – und bewusst einen Fehler in des Spruch einbaut 😉
Außerdem unter anderem zu sehen englischsprachige Losungen wie Schande an hochrangige Politiker:innen der EU, die eher auf Seiten der Herrschenden als jener der Protestierenden Sebiens stehen. Ein anderes Plakat wies darauf hin, dass gerade die protestierenden Studierenden in Serbien Europa deren eigene Werte lehren…
instagram -> nominiert für den Friedens-Nobelpreis
orf.at -> Proteste in Novi Sad
Alex beschwert sich heftig, dass sein Freund nicht und nicht auf seine eMails, Sprachnachrichten, WhatsApp-Messages reagiert. Und macht diesem Ärger mit einer weiteren Sprachnachricht Luft. Bis er einen verwunderten Anruf bekommt. Weshalb der Empfänger, ein gewisser Bruno, überhaupt diese Nachricht bekommen hat. Alex habe offenbar eine falsche Nummer gewählt.
Aus diesem Zufall ergibt sich eine Art „warum nicht“-Treffen der beiden. Sie sind Protagonisten des Stücks „Smiley – Eine Liebesgeschichte“ (nach der vor mehr als zehn Jahren veröffentlichten Komödie von Guillem Clua; Übersetzung aus dem Spanischen: Stefanie Gerhold). Und so begibt sich Bruno in die „Bar zum anderen Ufer“ in der Alex arbeitet. Neugierig auf den jeweils anderen – sie kennen sich ja nur von dem Telefonat –ohne Videofunktion. Und dann: Die ersten Sekunden: Nein, Hilfe, bitte nicht der!
„Du hättest mich sicher nicht gedatet, wenn ich ein Profil auf Romeo hätte“, wirft Bruno dem Barkellner vor. Zögerlich gibt Alex das zu, findet aber Gefallen an der angeregten Unterhaltung mit dem Gast.
Zwei die unterschiedlicher nicht sein können und einander viel Abneigung für die Ansichten und Verhaltensweisen und Schubladen des jeweils anderen an den Kopf werfen, finden natürlich – wozu denn sonst der Untertitel des Stücks – zu einer noch dazu intensiven Liebesgeschichte zueinander.
Soweit der Kern der Story.
Anfangs zwischen live gespielten und voraufgenommenen eingespielten Stimmen pendelt „Smiley“ derzeit im Wiener Amerlinghaus (Galerie). Mit minimalem Bühnenbild – eine Stoffwand mit Klemmen an einem Metallgestell: rechts ein grauer Streifen, dazwischen ein schmaler gelber und links ein gelb-grau-rot-türkises blumenartiges Muster wie Tapeten aus den 70er Jahren. Davor zwei gelbe Sessel ein zum Tischchen umfunktionierter Hocker mit einer halb-spiralförmigen Lampe und einer rosa Fahrradklingel. Beim Einlass des Publikums ertönt Swing-Jazz. Und die Schauspieler? Die warten hinter der Stoffwand. Wenn die Szene in die Bar wechselt, wird einfach der beschriebene Stoff abgeklemmt; nun ziert eine bunt bemalte Ziegelwand den Stoff dahinter und damit den Hintergrund.
Paul Peham verkörpert den forscheren Alex und Stefan Krismann den weniger selbstbewussten Bruno. Er, der auch die Produktionsleitung und die Stückauswahl übernommen hat, schlüpft aber auch noch jeweils für wenige Momente in die Rollen einer Reihe weiterer, teils ziemlich schräger Typen. Mit diesen möchte sich Alex darüber hinwegtrösten, dass Bruno sich nach der ersten Nacht nicht und nicht meldet. Und er zu stolz ist, dies von sich aus zu tun.
Wie schon erwähnt: Happy End – davor Auf und Ab und das mit mehr als einer Prise Humor. Lachen, weil so manches vielen bekannt ist – und das unabhängig ob homo- oder heterosexuell.
Regie führte Alice Mortsch, für die Kostüme sorgte Theo Yang. Die weiter oben erwähnte rosa Fahrradklingel wird mehrmals gedrückt, um aus dem Stück auszusteigen und Infos zu liefern – über Schwulen-Dating-Plattformen, die genannt werden, aber auch um zu erklären, was die Pride (Regenbogenparade) ist; was höchstwahrscheinlich doch überflüssig ist.
Dieses Stück im Amerlinghaus ist die zweite Produktion des Kulturvereins Rainbow Gold – nach „Engel in Amerika“ nach dem Theaterstück von Tony Kushner und der TV-Serie von Mike Nichols im Vorjahr im Off-Theater. Das Team will Stücke, die sich mit queeren Themen auseinandersetzen sichtbar(er) machen.
Wobei gerade „Smiley“ – abgesehen davon, dass die beiden Protagonisten schwule Männer spielen – genauso für heterosexuelle Liebesgeschichten samt diverser Wickel in der Beziehung stehen könn(t)en.
„Wenn ich sehe, wie die Mädchen Zukunftspläne schmieden, weiß ich, dass Rescue Dada Center ist ihr Sprungbrett in ein besseres Leben“, so zitiert die Dreikönigsaktion die Leiterin dieser Einrichtung in Nairobi, der Hauptstadt von Kenia, Mary Gatitu. Aus Spenden der Sternsinger:innen wird diese „Rettungszentrum“ unterstützt.
Zum Internationalen Tag der Straßenkinder veröffentlichte diese große Hilfsaktion der Katholischen Jungschar dieses Zitat und ein bisschen etwas aus der Geschcihte des Mädchens Michelle.
Michelle lebte viele Jahre auf der Dandora-Mülldeponie im Slum von Korogocho, Nairobi (Kenia). Täglich kämpfte sie mit ihrer Mutter um Speisereste – gegen aasfressende Marabus, andere Kinder und Erwachsene. Es war ein erbarmungsloser Kampf ums Überleben. Auf der größten Mülldeponie Nairobis bestimmen Armut, Krankheit und Kriminalität das Leben. Besonders Mädchen sind schutzlos: Viele wachsen ohne Eltern, Nahrung oder medizinische Betreuung auf, oft in Gangs. Ihr Alltag besteht aus Betteln, Müllsammeln und dem Kampf ums Überleben in einem gefährlichen Umfeld. Die Pandemie hat die Lage zusätzlich verschärft.
„Hab keine Angst. Wir helfen deinem Mädchen, hier wegzukommen“, versprach Mary Gatitu, Sozialarbeiterin und Leiterin des Rescue Dada Center, Michelles Mutter. Nach vielen Gesprächen stimmte sie zu, und Michelle zog ins Center. Dort bekam sie Nahrung, medizinische Versorgung und die Möglichkeit, in die Schule zu gehen – und damit insgesamt endlich eine hoffnungsvollere Perspektive.
Michelle ist eines von 70 Mädchen, die jedes Jahr Im Rescue Dada Center die Chance auf ein neues Leben bekommen. Am 31. Januar 2025, dem internationalen „Tag der Straßenkinder“, macht die Dreikönigsaktion mit Michelles Schicksal auf mehr als 100 Millionen Kinder aufmerksam, die weltweit auf der Straße leben müssen. Diese Kinder kämpfen täglich ums Überleben und sind oft gezwungen, gefährliche oder schwere Arbeiten zu verrichten. Mit gezielter Betreuung und Bildungsinitiativen setzt sich die Dreikönigsaktion wie unter anderem auch Jugend eine Welt, jeweils mit Projektpartner-Organisationen vor Ort, für solche Kinder ein, um ihnen in ein hoffnungsvolleres Leben zu helfen.
Sicherer Schlafplatz, Nahrung, Kleidung, psychologische Unterstützung und die Möglichkeit Schulbildung zu genießen sind die Pfeiler für die Veränderung aus täglicher Unsicherheit und Überlebenskampf. Und so werden auch – jenseits der Sternsinger:innen rund um den Jahreswechsel – das ganze Jahr über Spenden gesammelt – siehe Links unten.
Eine ganz andere Geschichte von Robinson auf der einsamen Insel. Die, dass er gar nicht gerettet werden will, sondern sich darüber freut, unumschränkter Herrscher und Besitzer des Eilandes zu sein. Doch halt, seine Freude wird getrübt. Stark sogar: Von der Angst, dass da andere kommen und ihm sein Eigentum streitig machen könnten. Also, … aber halt, der Reihe nach. Und eine Zwischenbemerkung. Das Stück erlebte im Mai 2016 seine Uraufführung im Dschungel Wien im MuseumsQuartier – in der selben Besetzung. Und erlaubt sich Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… die damals im Vorläufer, dem Kinder-KURIER, erschienene Stückbesprechung im Wesentlichen – mit kleinen Veränderungen – hier (wieder) zu veröffentlichen.
Zu Beginn: eine leere Bühne, Geräusche, die an Meereswellen erinnern. Heller wandernder Lichtkreis, wie wenn jemand mit einer Taschenlampe etwas suchen würde. Unter dem grauen Vorhang rollt sich ein bärtiger Mann hervor. Slapstickartige Bewegungen im Lichtkegel – fast wie in einem Stummfilm – mit Musik untermalt.
Der Mann im grauen Anzug beginnt zu reden – als wäre er Entertainer auf einem Kreuzfahrtschiff. Da – in der Ferne auf einer kleinen Insel ein Mann der winkt. Der Kapitän: „Das macht er jedes Jahr, wenn wir vorbeifahren!“ – Das erste Mal, wo das Lachen angesichts der Ignoranz Wohlhabender gegenüber einem gestrandeten Menschen im Hals stecken bleibt.
Nach der ersten Freude über die unumschränkte Herrschaft beginnt sich bei dem Gestrandeten, der sich hier sein Leben neu aufbaut, Angst und Furcht breit zu machen, ihn mehr und mehr zu ergreifen und gleichzeitig fertig zu machen. War da nicht ein Geräusch? Also, Holz fällen, Zaun bauen. Und eine Leiter, um selber drüber schauen zu können. Kontrollgänge auf der Insel… – all das erzählt Sven Kaschte – einzige Hilfsmittel: ein Overhead-Projektor, ein Stift, Papier und Folien. Und doch wird es im Augenblick des erzählten Spielens/des spielerischen Erzählens auf der Bühne wie sichtbar. Immer mehr steigert er sich in seine Angst in seinen Kontrollwahn hinein. Macht die Insel zur „Festung“, in der er sich mehr und mehr selber einsperrt.
Und dann. Dann taucht da ein zweiter Mann auf (Klaus Huhle), ähnlich gekleidet wie er, gleiches Schicksal, Boot im Sturm zerstört, auf der Insel gestrandet. Nach etlichen Minuten wortloser Spiegelung des Ersteren, erzählt er irgendwann kürzest seine Geschichte. Er musst aus seiner Heimat flüchten, weil er als Ungläubiger den Göttern geopfert – und verzehrt – werden sollte.
Auch das überzeugt den Erst-Gestrandeten nicht. Was will der Zweite hier. Und dann heißt der – angeblich – auch noch Robinson, so wie er. Und so nennt er ihn Freitag. Denn er, der Erstbesiedler meint, das gebe ihm das Vor-Recht. Sein Land, sein Recht, überhaupt: „Alles meins!“…
Genial, so auf den Punkt gebracht und trotzdem nie verkopft, „lehrreich“, aber nicht oberlehrer:innen-haft ist „Robinson – meine Insel gehört mir“ (Autor: Raoul Biltgen). Regisseurin Paola Aguilera würzt das rund einstündige Stück – wie auch in anderen Inszenierungen – mit discoartiger Musik-Einlage und Witzen.
Jener bitterböse über zwei Männer auf einer Insel und Hildegard die Wünsch-dir-was-Fee kommt gleich zwei Mal – bald nach Beginn und knapp vor Ende – vor: Der erste wünscht sich nach Hause zu seiner Familie. Der Zweite wünscht sich, den Ersten zurück, weil er sonst jetzt alleine wäre. Ganz im Gegensatz zum Insel in Festung verwandelnden „Robinson“.
Das Ende sei bewusst nicht verraten, ein bisschen Überraschung und Hoffnung soll doch noch bleiben…
Übrigens: Auf der Homepage des Theaterhauses für junges Publikum, Dschungel Wien, wird – neben einem Satz aus dieser Kritik (im Mai 2026 erstveröffentlicht) – Daniel Defoe, der Autor von Robinson Crusoe, mit dem folgenden Satz zitiert: „Furcht vor Gefahr ist zehntausendmal beängstigender als die Gefahr selbst.“
Erstveröffentlicht im Kinder-KURIER
Wir haben sie – in der Lunge und im Hirn, genau baugleich finden sich Zilien auf Zellen aber bei kleinwunzigen Seestern-Babys oder Mikro-Organismen. 200 bis 300 solcher Teile, von denen 1000 vielleicht so „dick“ sind wie ein menschliches Haar, sitzen und arbeiten auf einer einzigen Zelle. Sie bewegen sich hin und her schwankend, mal synchron, dann wieder (fast) jede Einzelne in einem eigenen Rhythmus. Zu sehen sind sie nur mit sehr leistungsstarken Mikroskopen.
So manches über Zilien, die für viele Besucher:innen zuvor unbekannt waren, erzählt Doris Roth über ihr Headset-Mikrophon. Langsam bewegt sie sich von der Galerie im Zirkus des Wissens an der JKU (Johannes-Kepler-Universität) am Rande von Linz die Treppen runter auf eben Erde. Während ihrer ersten Sätze sind Bilder aus dem Mikroskop ihrer Forschungsstelle an der Uni München eingeblendet. Rhythmisch, fast tänzerisch bewegen sich diese winzigkleinen Teile – riesig vergrößert – auf der Leinwand.
So und ähnlich bewegen sich in der Folge : LiLi Jung In Lee, Seungju Lee, Valerio Lurato, Seojin Moon und Samer Alkurdi. Manchmal als ganze Gruppe, dann wieder die eine oder der andere in einem Solo ließen sie sich von den Bewegungen der Zilien inspirieren, um ihre Choreigrafie zu entwickeln.
Die Erzählerin, die vieles über Zilien in Frageform kleidet, manches erklärt, anderes vielleicht doch nicht so leicht verständlich referiert, forscht eben selber an der Biophysik der Hochschule der bayrischen Metropole. Und wollte ihr Wissen mit der Allgemeinheit teilen. Aus der Beobachtung der Bewegung der Zilien, die unter anderem im menschlichen Körper in der Lunge – durch ihre Bewegungen – dafür sorgen, dass Schleim abtransportiert wird, kam sie auf die Idee einer Tanztheaterproduktion. Und war fasziniert, wie die Tänzer:innen sich von der Beobachtung des mikroskopischen Bildmaterials anregen haben lassen. Die Künstler:innen haben sich aber nicht auf eine Nachahmung beschränkt, sondern eigenständige, „nur“ davon inspirierte Coreos entwickelt. Und beeindrucken damit das Publikum, vermitteln körperbetont, teils fast akrobatisch, etliches aus dem vorgetragenen Wissen noch viel verständlicher.
Am Ende der beeindruckenden rund ¾-stündigen Performance wird das Publikum eingeladen, selber den Tanzboden zu erobern und sich auf den Flow der Zilien einzulassen.
Das Stadttheater im niederösterreichischen Bruck an der Leitha ist vollbesetzt mit Schüler:innen. Als es voll dunkel wird im Saal ist große Aufregung zu spüren. Das Licht geht an und irgendwie ein bissl verwurschtelt liegt / hängt da eine Person auf dem Sessel zwischen zwei schräg gestellten weißen Stoffwänden. Lebt die noch? Spielt die Schauspielerin eine Tote?
Nicht ganz und doch irgendwie?
Eine Stimme aus dem Off verkündet, dass es sich um Tag 11 handelt, nachdem die Menschheit ausgelöscht worden ist. Und hier haben wir es mit der einzig überlebenden Angehörigen dieser Gattung zu tun.
Die Schauspielerin – Sophie „Fitschi“ Berger – wird lebendig. Und wie. Anfangs noch verlangsamt. Wo bin ich? Was ist passiert? Warum bin ich da? Und überhaupt wer bin ich? Sind die teils unausgesprochenen aber sich durch ihr Spiel und ihren Text ergebenden Fragen.
Aber Tür gibt es keine in diesem Bunker.
Durch einen Schlitz in einer der beiden weißen Stoffwände auf Metallrahmen (Ausstattung und Kostüm: Alexandra Burgstaller) kommt sie zu so etwas wie Nahrung wie sie vielleicht auch Astronaut:innen in ihren Raumschiffen oder -stationen zu sich nehmen.
Die Bunker-Story als Rahmenhandlung macht sich immer wieder durch Ansagen des wievielten Tages bemerkbar, versandet aber irgendwann im Nichts. Ist es vielleicht nur ein „Bunker“ im Kopf?
Zwei andere Themen tun sich im Laufe des einstündigen Stücks „REaLiTy“ auf: Künstliche Intelligenz – wofür das Spiel der hervorgehobenen Buchstaben steht: „ai“ – als englische Version von KI (Künstliche Intelligenz) schon im Titel. Sowie ein drohendes Ende der Menschheit – durch mögliche Selbstvernichtung sei es durch die Klimakrise, der nicht Einhalt geboten wird, vielleicht durch (nukleare) Kriege. Oder macht gar die Künstliche Intelligenz, so sie auf Überleben des Planeten programmiert ist und selber dazulernt, der Menschheit den Garaus?
Hier baut das Stück (Text: Raoul Biltgen; Regie: Paola Aguilera) den bekannten Witz ein, in dem sich Planeten unterhalten. Der eine kränkelt, er leidet an der Menschheit. Beruhigt der andere: Hatte ich auch einmal, das geht vorbei.“ Dessen Ursprung liegt wahrscheinlich in Jura Soyfers 1936 entstandenem Stück „Der Weltuntergang“, wo sich die Erde vor dem Planeten-Gericht verantworten muss, weil das Sonnensystem durcheinander geraten ist. Der Mond verteidigt die Erde mit der Begründung, sie haben eben Menschen.
Die ernsten Themen werden – von Text, Regie und vor allem dem auch körperlichen entfesselten, „rampensauigen“, spielfreudigen Agieren „Fitschis“ immer wieder humorvoll gebrochen und damit auch verdaulich. Ohne die jugendlichen Zuschauer:innen depressiv zu stimmen und damit zu entmutigen. Das Spiel mit einem schwebenden Smilie-Ballon samt den Fragen, ob Roboter auch Gefühle entwickeln oder nur einfach das sagen können, was ihre Besitzer:innen oder zu betreuenden Personen gern hören wollen, eröffnet eine weitere Ebene zwischen analoger und digitaler Welt.
Aufgelockert wird die Performance des Theaters Jugendstil, das nunmehr im 14. Jahr jeweils aktuelle (Jugend-)Themen zu Stücken verarbeitet, damit durch einige niederösterreichische Städte tourt und am Ende im Wiener Theater Akzent spielt, in diesem Fall durch Musik zu disco-ähnlichen Auftritten rund alle zehn Minuten.
Am Ende treten Schauspielerin und Produktionsleiter Mirkan Öncel, dessen voraufgenommene Stimme in manche Passagen des Stückes zu hören ist, vor das Publikum, um mit diesem über Künstliche Intelligenz und Fake News ins Gespräch zu kommen – samt Tipps für Recherche sowie Workshops.
PS: Die Premiere in Bruck an der Leitha (NÖ) fand übrigens an jenem Tag statt, an dem die chinesische Künstliche Intelligenz Deep Seek die US-Börsen tief erschütterte. Und sie zeigt die politisch eingeschränkte Gängelung einer Software, gibt Deep Seek doch bei kritischen Fragen zu chinesischer Politik ausweichende bis keine Antworten.
Weiße Papierbahnen liegen auf dem Boden vor Bildern von Jean-Michel Basquiat und Andy Warhol. Letzterer scheint sogar himself auferstanden zu sein – zumindest erweckt die graue Perücke diesen Eindruck. Nun sitzt der junge Mann auf einem der fünf Sessel vor den Bildern. Neben ihm erinnert eine junge Frau mit ihrer Perücke an eines der Warhol-Bilder an der Wand, an Marilyn Monroe.
Die beiden setzen sich in Bewegung, tanzen auf den Papierbahnen. Noch tauchen sie bei dieser Probe jeweils einen ihre Schuhe nicht in die Schüssel mit eingefärbten Schwämmen. Dies werden sie – wie drei weitere ihrer Kolleg:innen aus den Tanzstudios des Kultur- und Bildungsvereins „Ich bin O.K.“ – wohl bei den drei Aufführungen hier im Heidi-Horten-Museum in der Wiener Innenstadt Ende Jänner nahe der Oper tun.
Ihre Tanzschritte ergeben dann ein buntes Muster auf dem Papier. Damit nehmen sie ein – vielleicht gar nicht so leicht auffallendes Detail aus dem großen Bild Collaboration (1984/85) der eingangs genannten bildenden Künstler auf. Wobei die fast unscheinbaren Spuren von Schuh-Abdrücken dort eher wirken, als wäre damals wer achtlos über eine Ecke des Kunstwerks, das offenbar auf dem Boden lag, drüber gegangen.
Die Tänzer:innen und Choreograf:innen des inklusiven Studios, das übrigens seinen Sitz in jenem Hof hat, in dem auch dieses Museums liegt, ließen sich von mehreren Kunstwerken auf allen Ebenen der Collection inspirieren und tanzen sozusagen aus dem Rahmen. Wobei so manche der Kunstwerke gar nicht in Rahmen hängen 😉
Station 2 etwa sind bunte runde Scheiben, die von Licht bestrahlt Schatten an die Wände werfen und gleichzeitig spiegeln (Olafur Eliasson, Your Welcome Reflected, 2003). So ruhig wie sich die von der Decke hängenden Scheiben hin und wieder langsam leicht drehen, so bewegt bewegen sich die Tänzer:innen – meist eng an den Wänden entlang.
Einige der Tänzer:innen aus den einzelnen Gruppen, die rund um, zwischen oder vor den Kunstwerken agieren, lösen sich am Ende der jeweiligen etwa zehnminütigen Performances und dienen – wortlos, „nur“ durch ihre Bewegungen als Guides für das Publikum zur nächsten Station – auch über die Stufen zur folgenden Ebene.
Tänze rund um große Discokugeln (John M Armleder, Global Domes XII, 2000) mit kleinen solcher glitzernden Kugeln, Breakdance aus der Dunkelheit zum Licht (Tony Oursler, Talking Light, 1996/2014) bzw. meist fast zeitlupen-artige tänzerische Bewegungen, die bunte Schatten werfen (Olafur Eliasson, Your Uncertain Shadow (colour), 2010) sind weitere Stationen der insgesamt rund 50-minütigen Performance. Diese wird Ende Jänner drei Mal in diesem Museum aufgeführt – zu vielfältiger Musik, weniger bekannter und große All-Time-Hits wie Monroes „I Wanna Be Loved By You“ oder „Staying Alive“ von den Bee Gees – Details siehe Info-Box.
Die anderen Museen und Sammlungen, die „Ich bin O.K.“-Tänzer:innen und ihre Choreograf:innen inspirierten, hängen im Theater Museum, im Belvedere, in der Albertina Modern, der Galerie Westlicht und eben der Heidi Horten Collection, in der diese Reportage gemacht werden durfte.
„Und dann?“ – so losgelöst könnten die beiden Wörter für vielfältige Fragen stehen. Bei diesem Bilderbuch ist es ganz wichtig, dass du dir die Vorsatzseite anschaust. In vielen Büchern ist sie oft „nur“ ein buntes Vorspiel. Hier aber erklärt sie – wortlos – den Ausgangspunkt für die folgende Geschichte.
Zwei Kinder sitzen irgendwo an einem Ufer und halten ihre Angeln ins Wasser. Während das Kind mit zwei blonden Zöpfen und einem roten Kleid alles Mögliche rausfischt auch wenn es sich dabei nur um altes Zeugs handelt, geht das Kind mit dünkleren Haaren, gestreiftem T-Shirt und kurzer Hose leer aus.
Wütend verlässt er diese Vorsatzseite, um nun einen viele Doppelseiten langen Solo-Auftritt zu haben. In seinem Ärger, den Illustratorin Helga Bansch gleich auf der ersten Doppelseite so ins Gesicht des Kindes zeichnet, dass du vielleicht sogar Angst kriegen könntest. Jedenfalls aber kannst du dessen Wut fast spüren.
Autor Heinz Janisch hat sich erdenklich vieles einfallen lassen, was dieses eher als Bub gelesene Kind in seinem Zorn alles anstellen könnte. Kürzeste Sätze reichen. Was auch immer er aufführt, es geht darum, allen anderen Angst einzujagen: Furchtbare Maske, brüllen und vieles mehr.
Am Ende sind alle davongelaufen. „Und dann?“
Nun, vielleicht doch nicht alle, aber verraten sei das Ende hier sicher nicht.
Am 27. Jänner 2025 jährt sich die Befreiung von Auschwitz, des berüchtigsten Vernichtungslagers der Nazis, durch die sowjetische Rote Armee, zum 80. Mal. Vor 20 Jahren wurde der 27. Jänner zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. Neben vielen Gedenkveranstaltungen streamt Arbos (Gesellschaft für Musik und Theater) online die Originalfassung von „Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung“ von Viktor Ullmann – Details und Link am Ende des Beitrages in der Info-Box.
Der Komponist und Librettist schuf diese Antikriegs-Oper im Konzentrationslager Theresienstadt 1943/44. Am 18. Oktober 1944 wurde Ullmann – nach Auschwitz-Birkenau verfrachtet dort ermordet.
Am 23. Mai 1995 wurde die Oper zum ersten Mal in Theresienstadt aufgeführt. Eine Aufnahme dieser Aufführung sendet Arbos über seine Website, nachdem diese Vereinigung Viktor Ullmanns Werk zu Jahresbeginn schon als Puppentheater aus dem Salzburger Breloque-Theater online übertragen hat.
Im Sommer 1944 wurde die Oper erstmals im Konzentrationslager Theresienstadt im Rahmen der Freizeitgestaltung geprobt. Karel Berman probte die Partie des Todes, Paul Kling war als Violinist Konzertmeister des Kammerorchesters, an allen Proben nahm auch der Geiger Herbert Thomas Mandl teil als Sekretär der jüdischen Selbstverwaltung dieses Konzentrationslagers. An diesen Proben war Viktor Ullmann nicht beteiligt. Und in Theresienstadt wurde auch nicht die Originalfassung des Komponisten geprobt, sondern eine den Bedingungen von Aufführungen im Kaffeehaus angepasste verkürzte Fassung probiert. Ullmanns Oper war für eine Aufführung im Kaffeehaus zu lang, und wurde durch den Dirigenten Rafael Schächter in der Musik gekürzt und vom Dichter Peter Kien mit Texten für diese Fassung versehen. Deshalb existieren zwei Fassungen von Ullmanns Anti-Kriegsoper.
Danach dauerte es Jahrzehnte, bis Ullmanns „Der Kaiser von Atlantis oder die Tod-Verweigerung“ wieder gespielt wurde. Am 24. Sepember 1993 gab es in der Tschechischen Republik im Národný Pamätník im Bezirk Žižkov in Prag die Tschechische Erstaufführung durch ARBOS – Gesellschaft für Musik und Theater. Die Inszenierung wurde zur Operninszenierung des Jahres 1993 in der Tschechischen Republik gewählt. Der Prozess der authentischen Rekonstruktion des Originals der Oper geschah in Auftrag und Mitarbeit von Herbert Gantschacher ab Jänner 1993 in Zusammenarbeit mit den überlebenden Zeitzeugen Karel Berman, Paul Kling, Herbert Thomas Mandl und dem Musikwissenschaftler Ingo Schultz. Musikalisch betreut wurden diese Arbeiten durch den Dirigenten Alexander Drčar im Auftrag des Regisseurs und Produzenten Herbert Gantschacher. Alexander Drčar leitete als Dirigent die Studioaufnahme der Originalfassung Ullmanns Anti-Kriegsoper und dirigierte am 23. Mai 1995 die Erstaufführung in Theresienstadt.
„Raka“ steht im Bulgarischen sowohl für Hand als auch den ganzen Arm (wobei das erste a ein fast verschluckter Laut ist). Dafür zeigte sich ihr Sohn enttäuscht als die Mutter seine Frage, wie auf Deutsch die Ehefrau des Bruders seines Vaters genannt werde und sie lediglich mit „Tante“ antworten musste. Im Bulgarischen, einer der drei Erstsprachen (neben Deutsch und Spanisch) von Zwetelina Ortega haben diese Verwandtschaften genau Zusätze. So sei klar erkennbar, handle es sich um Tanten bzw. Onkeln mütterlicher- oder väterlicherseits, sind es die Geschwister der Elternteile oder deren Ehepartner:innen.
Und das seien nur ganz kleine Beispiele wie verschieden Sprachen funktionieren. So reiche es eben nicht nur einfach Vokabel zu lernen und lehren. Außerdem sind die Satzkonstruktionen ganz unterschiedlich… Eh kloar, würden nun viele meinen. Aber, um Deutsch – oder eine andere Sprache – zu vermitteln, zu lehren, sei auch ein „Sprachbad“ sei – so Erkenntnisse aus der Linguistik – bei Weitem nicht ausreichend.
Die genannte Sprachexpertin, die übrigens Gründungs-Geschäftsführerin des Vereins Wirtschaft für Integration war, der vor allem den mehrsprachigen Redebewerb „SAG’S MULTI!“ initiierte und durchführte, entwickelte gemeinsam mit Karin Steiner vom Europabüro der Kinderfreunde eine Broschüre „Worüber sprechen wir, wenn wir über Sprache sprechen?“.
Diese Booklet, das – entgegen dem fast philosophischen Titel – sehr praxisnahe aufgebaut ist, wurde am Tag der Elementarbildung (24. Jänner) gemeinsam mit den Partner:innen des von der EU geförderten Interreg-Projekts VI-A Slowakei-Österreich eTOM SK-AT präsentiert – vor Vertreter:innen von BAfEP (Bildungsanstalten für ElementarPädagogik), Hochschulen, MA10 und MA11 (den für Kindergärten und Horte zuständigen Abteilungen der Stadt Wien), der Kinder- und Jugendanwaltschaft und vielen interessierten Pädagog:innen sowie Medien vor.
Die genannte internationale Unterstützung ermöglicht, dass dieses praxisorientierte Handbuch mit vielen Beispielen und Tipps für spielerisches Material (z.B. thematisch spezielle Bildkarten) kostenlos – gedruckt und zum Download (erfolgt nächste Woche, Link am Ende des Beitrages) zur Verfügung gestellt werden kann. Das Booklet und schon andere vorangegangene Materialien sind aber „nur“ Begleitung für die interne Fot- und Weiterbildung der Pädagog:innen in den Einrichtungen, die die Kinderfreunde betreiben.
Oftmals können übrigens Personen, die Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache gelernt haben, besser als Deutsch-Mutter-Sprach’ler:innen, die natürlich „nur“ intuitiv von Anfang an Deutsch reden, diese Sprache mehrsprachigen Kindern vermitteln – so eine der Erkenntnisse der Expertin. Im Übrigen illustrierte die pädagogische Kinderfreunde-Geschäftsführerin Alexandra Fischer den Vorteil mehrsprachiger Mitarbeiter:innen an einem beeindruckenden Erlebnis bei Besuchen in einem der Kindergärten. Beim ersten Mal habe sich ein Mädchen hinter der Pädagogin versteckt, drei Monate später kam diese – nennen wir sie Amina – mit großen Augen und offen auf sie zu. Eine auch arabisch-sprechende Mitarbeiterin des Kindergartens ermöglichte diesem Mädchen aus Syrien sich innerhalb kürzester Zeit zu öffnen, sich vertraut zu fühlen und nun schon auch auf Deutsch zu ratschen.
Sie habe noch nie so viel über Sprache nachgedacht, wie sie diese selbst im Alltag einsetze und so weiter, zitierte Ortega eine der Elementarpädagog:innen aus einer ihrer Fortbildungen.
Martina Emrich und Gabriela Slobodová, zwei Kolleginnen aus Niederösterreich – Teil des genannten Interreg-Projekts – berichten am Rande der Präsentation Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… von einigen bilingual – Deutsch und Slowakisch – geführten Kindergärten in ihrem Bundesland. Das oben genannte Booklet ist mittlerweile auch auf Slowakisch übersetzt, müsse allerdings noch adaptiert werden in Sachen Empfehlungen für spielerische Lernmaterialien, die in dieser Sprache verfügbar sind.
Mehr Infos zum Booklet + Download-Link
Mehrsprachig-statt-sprachlos <- Reportage aus einem Kindergarten, damals noch im Kinder-KURIER
Was-kinder-im-kindergarten-lernen <- Kinder in Aktion, Reportage damals noch im Kinder-KURIER
Erstes-vielfaeltiges-lernen-fuers-leben <- auch noch im KiKu
Zu-wenig-personal-kinder-koennen-dann-zu-kurz-kommen <- auch noch im KiKu
neboe – Netzwerk elementare Bildung
„Hochwertige frühkindliche Bildung ist das Fundament für lebenslanges Lernen, soziale Integration und individuellen Bildungserfolg. Ein qualitativ hochwertiges, ganztägiges, ganzjähriges, flächendeckendes Angebot an frühkindlicher Bildung, sorgt nicht nur für optimale Förderung von Anfang an, sondern ermöglicht Eltern auch einen raschen Wiedereinstieg ins Berufsleben. Es gilt daher das österreichweite Angebot an Kinderbildung und -betreuung weiter auszubauen.“ Das sagte und forderte Gudrun Feucht, Bereichsleiterin für Bildung und Gesellschaft in der Industriellenvereinigung (IV) am Tag der Elementarbildung (24. Jänner) als eine von mehreren Referentinnen unter dem Titel „Beste Bildung von Anfang an – Perspektiven und Potenziale der Elementarbildung“.
„Elementarbildung muss als erste Bildungseinrichtung anerkannt und durch ein bundesweites Qualitätsrahmengesetz, einer Ausbildungsoffensive für Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen und ein nachhaltiges Finanzierungsmodell zwischen Bund, Ländern und Gemeinden gestützt werden“, sagte die IV-Bereichsleiterin und meinte weiter: „Damit wäre die Grundlage geschaffen für einen Rechtsanspruch auf Kinderbildung und -betreuung für alle Kinder ab dem 1. Geburtstag, sowie für ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr.“
In einer schon vor längerem erschienen Broschüre kritisiert die IV, dass Österreich lediglich 0,7 Prozent des BIP (Brutto-InlandsProdukt) in Elementarbildung aufwende, während vergleichbare Länder das Dreifache investieren. Denn Ausgaben für den Bereich der professionellen Kleinkind-Bildung und Förderung würden sich auch mehr als „rentieren“. Nicht nur für die Kinder selbst – und deren gesamte Persönlichkeit sowie berufliche Laufbahn, sondern auch für die Volkswirtschaft.
Unter anderem verwies die bekannte Ökonomin und Leiterin von EcoAustria, Monika Köppl-Turyna, auf die bekannte Studie des Nobelpreisträgers James Heckmann. Der hatte mit seinem Team einen Return on Investment von 1:7 bis 1:8 berechnet. Das heißt ein Dollar oder hierzulande eben Euro in die vorschulische Bildung investiert ergebe im Laufe der Jahre sieben bis acht Euro „Gewinn“ – durch höheren Einkommen der Kinder in ihrem späteren Leben, durch früheren Jobeinstieg der meist Mütter samt Einkommen und Steuern und so weiter.
Sehr oft sind insbesondere am Land und in kleinen Gemeinden kaum bis zumindest nicht genügend Kindergarten- oder Krippenplätze zur Verfügung. Kinder kommen damit nicht in den Genuss dieser frühen Förderung und ihre – meist – Mütter können oft nicht einmal Teilzeit arbeiten.
Die junge (34 Jahre) Bürgermeisterin von Lembach in Oberösterreich (an vorletzter Stelle was Angebote für Kinder unter drei Jahren betrifft) und selbst Pädagogin war aus ihrem Büro via Online-Video zur Tagung zugeschaltet. Nicole Leitenmüller (ÖVP) berichtete, dass es gelungen sei im Rahmen eines Pilotprojektes, dass ihre und drei weitere Gemeinden (zwischen 400 und 1500 Einwohner:innen) gemeinsam einen Bildungscampus für Null- bis 14-Jährige zu schaffen. Eine der kleinen Gemeinde allein könne solche Einrichtungen nicht stemmen. Außerdem zeige sich, wenn das Angebot erst da ist, nützen es Eltern eher als sie überhaupt einen Bedarf angeben.
Ein Problem sei jedoch auch, ausreichend Personal zu finden. Der Kind-Pädagog:innen-Schlüssel müsse verringert werden. Seit Jahren verlangen die Betroffenen am Tag der Elementarbildung einen Schlüssel von 1 zu 7 – also sieben Kinder pro Pädagog:in. Klara Landrichinger von Teach for Austria nannte eine Verringerung des derzeitigen Schlüssels (bis zu 25 Kinder pro Gruppe) auch als einen oder DEN Schlüssel, um den Beruf attraktiver zu machen. Und mehr Absolvent:innen von BAfEP (Bildungsanstalt für Elementarpädagogik) dazu zu bewegen, auch wirklich im Kindergarten zu arbeiten.
„Isabella Nowotny-Hengl, Vorstandsmitglied der Jungen Industrie, appellierte an die politischen Entscheidungsträger, frühkindliche Bildung als Einstieg in einen erfolgreichen Bildungsweg und als Chance der erfolgreichen Vereinbarung der Familie mit beruflichen Karrieren zu verstehen, und die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen.“ (Dieser Absatz ist aus der Medieninformation der IV, da KiJuKU zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem Weg zu einer weiteren Veranstaltung am Tag der Elementarbildung war, der sich unter dem Titel „Über Sprache sprechen“ unter anderem der Mehrsprachigkeit von Kindern widmete; Bericht darüber folgt in den nächsten Tagen.)
Fragt sich nur, ob die Industrievereinigung mit diesen ihren Erkenntnissen und Forderungen den Verhandler:innen der von der IV-Spitze gewünschten FP-VP-Koalition ins Gewissen reden werden / können.
„In Österreich wurde zwar im Schuljahr 2023/24 mit 338.583 Kindern zwischen 0 und 6 Jahren in einer elementaren Bildungseinrichtung ein neuer Höchststand bei der Betreuungsquote erreicht – 2010/11 waren es nur 265.466 Kinder. Dennoch hinkt der Ausbau bei Kinderbetreuungsplätzen den Bedürfnissen – besonders berufstätiger Eltern – hinterher.“ Dies stellt das „Hilfswerk“ anlässlich des Tages der Elementarbildung am 24. Jänner fest und fordert „einmal mehr eine breit angelegte Personaloffensive im Bereich der Gewinnung und Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen sowie eine Aufwertung der Ausbildung und Tätigkeit von Assistenzkräften im elementarpädagogischen Bereich.“
Ohne zusätzliches Personal werde Österreich die Barcelona- Ausbauziele nicht erreichen, besonders jene in Bezug auf Kinder von 0 bis 3 Jahren (ein Drittel aller Kinder ist das Ziel). „Auch die Umsetzung der Bildungsziele im Sinne einer qualitätvollen Begleitung frühkindlicher Bildungsprozesse wird nur schwer möglich sein“, sagt Isabella Ecker, Fachbereichsleitung für Kinder, Jugend und Familie beim „Hilfswerk“.
Mehr Personal und mehr Geld braucht es außerdem für frühkindliche Sprachförderung und Bildungsarbeit sowie für Integrationsmaßnahmen zur Unterstützung von Kindern mit Migrationshintergrund.
„Die Zeit vor dem Schuleintritt ist entscheidend für die kognitive Entwicklung, denn dann erlernen Kinder Fähigkeiten besonders schnell. Die in dieser Phase gesammelten Erfahrungen beeinflussen die Struktur des Gehirns nachhaltig. In der Kleinkindgruppe und im Kindergarten wird also das kognitive Fundament für das gesamte spätere Leben gelegt“, erklärt Ecker.
Spielerisch gelingt es Kindern am besten, neue Lernerfahrungen zu machen. Dabei erlangen sie wichtige Fähigkeiten wie Fantasie, Frustrationstoleranz, Impulskontrolle und Kooperationsfähigkeit. Wenn sie in unterschiedliche Rollen schlüpfen oder Alltagsgegenstände zweckentfremden, fördert dies ihr abstraktes Denkvermögen.
Kindergärten sind daher wichtige Lern- und Lebensräume, in denen Kinder durch individuelle Förderung und intensiven Kontakt mit Fachkräften die Welt entdecken und begreifen. Diese fachlich fundierten Erkenntnisse lassen sich in Österreich in der Realität allerdings kaum umsetzen. Denn es fehlt an pädagogischem Personal und damit auch an Zeit für die individuelle Betreuung und Begleitung jedes einzelnen Kindes.
Das „Hilfswerk“ fordert daher eine Ausbildungsoffensive im elementarpädagogischen Bereich. Sie soll Anreize schaffen, in die Ausbildung einzusteigen – etwa in Form einer Übernahme der Ausbildungskosten oder durch finanzielle Unterstützung während der Ausbildung. Auch über die Einrichtung von Stipendien für Quereinsteiger:innen sollte nachgedacht werden.
Die Entlastung des pädagogischen Personals von organisatorischen und bürokratischen Tätigkeiten müsste außerdem dringend umgesetzt werden. Dadurch würde mehr Zeit für die eigentliche pädagogische Arbeit mit den Kindern zur Verfügung stehen. Zudem ist das Hilfswerk von den positiven Effekten überzeugt, die eine Einführung eines einheitlichen Berufsbildes, inklusive österreichweit anerkannter einheitlicher Ausbildung von Assistenzkräften, hätte.
In dieses Bild passt auch, dass Österreich seit eineinhalb Jahrzehnten bei der Erreichung der Barcelona-Ziele, speziell für die Altersgruppe der unter Dreijährigen, säumig ist. Während sich fortschrittlichere Staaten der Europäischen Union längst eine Betreuungsquote von 45 Prozent in dieser Altersgruppe als neues Ziel bis 2030 gesteckt haben, bemüht sich Österreich immer noch, den für 2010 angepeilten Zielwert von 33 Prozent zu erreichen.
Angesichts all dieser Herausforderungen braucht es aus Sicht des Hilfswerks mehr statt weniger Investitionen in die Elementarpädagogik. Dass sich dies auch wirtschaftlich rechnen würde, bewies Nobelpreisträger James J. Heckman. Der Return on Investment (ROI) bei der Bildung und Betreuung von Ein- bis Sechsjährigen liegt demnach bei 7:1. Das bedeutet, dass jeder dort investierte Euro nach wenigen Jahren durch höhere Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge das Siebenfache an Ertrag bringt.
„Die Politik muss gerade in Zeiten von Sparbudgets Prioritäten setzen und entscheiden, wo mit Steuergeld am meisten bewirkt werden kann. Ein mächtiger Hebel für eine positive und nachhaltige gesellschaftliche wie wirtschaftliche Entwicklung liegt aus Sicht des Hilfswerks in der Elementarpädagogik“, so Ecker abschließend.
… ist mit seinen Landes- und Teilverbänden einer der größten gemeinnützigen Anbieter gesundheitlicher, sozialer und familiärer Dienste in Österreich. Im elementarpädagogischen und außerschulischen Bereich betreuen rund 2.400 Mitarbeiter:innen ca. 20.500 Kinder und Jugendliche in mehr als 500 Einrichtungen.
Während die möglichen künftigen Regierungs-Partner über Daheimbleib-Geld für Elternteile bei jungen Kindern verhandeln (Stichwort Herdprämie), weisen am Freitag, dem 24. Jänner, dem Tag der Elementarbildung, viele Organisationen auf die Wichtigkeit dieser ersten Stufe der Bildung hin. Und zwar in erster Linie für die Kinder selbst, was sie dort – gemeinsam mit anderen Kindern – unter Anleitung von dafür ausbildeten Profis lernen können. Aber natürlich auch, damit ihre Eltern – da in Österreich mit häuslicher Kindererziehung meist noch immer Frauen beschäftigt sind, also diese – gut und beruhigt ihren Job ausüben können.
Um ein ewig langes Scrollen zu vermeiden, werden hier die Beiträge anlässlich dieses Tages, der Kindergärten und ihre wichtige (Bildungs-)Aufgabe würdigt, auf mehrere Beiträge aufgeteilt, die auch nicht alle gleichzeitig veröffentlicht werden.
An der Fassade neben dem Eingang Lichtenfelsgasse des Wiener Rathauses wurde sogar eine Fahne mit dem Spruch „Die Zukunft der Stadt geht in den Kindergarten“ gehisst – vom Vizebürgermeister und u.a. Bildungsstadtrat (Christoph Wiederkehr), der für Kindergärten zuständigen Abteilungsleiterin Magistratsabteilung (MA 10, Karin Broukal), der Leiterin des Fachbereichs städtische Kindergärten und Horte (Brigitta Schwarz) sowie einer Gemeinderätin (Dolores Bakos, Neos)
„Der Kindergarten ist nicht nur der erste Kontakt für unsere Kinder mit dem Thema Bildung, er ist auch der wichtigste. Denn im Kindergarten wird die Zukunft jedes einzelnen Menschen geprägt. Hier bekommen unsere Jüngsten das Rüstzeug für die weitere Bildungslaufbahn und erlernen die Grundlagen für das Zusammenleben in der Gesellschaft!“, meinte der Vizebürgermeister.
„Der Grundstein ihrer Entwicklung und das Vertrauen in die eigene Fähigkeit wird im Kindergarten gelegt – begleitet werden die Jüngsten dabei von bestens ausgebildeten pädagogischen Mitarbeiter:innen. Mit diesen Erfahrungen werden die Kinder von heute in einigen Jahren als Erwachsene die Zukunft unserer Stadt mitgestalten“, so die Abteilungsleiterin.
Beide nutzten die Gelegenheit aber auch, „dem gesamten Personal an den Wiener elementarpädagogischen Einrichtungen“ zu danken, „das tagtäglich Unglaubliches leistet, um den Bildungserwerb unserer Kinder sicherzustellen!“
… geht auf die Initiative Raphaela Kellers zurück, die mit der Gründung des „Österreichischen Berufsverbandes der Kindergarten- und Hortpädagog_innen“ (ÖDKH) am 24. Jänner 2018 diesen Aktionstag ins Leben gerufen hat. Mit dem vierten TdEB (2021) ist der ÖDKH im Netzwerk elementare Bildung Österreich NEBÖ aufgegangen.
Ein stilisierter Wald – aus vor allem sechseckigen geschlossenen und röhrenförmigen hölzern wirkenden Elementen sowie im Hintergrund ebenfalls sechs hohen Stoffröhren mit Blätter und Rindenmuster (Bühne und Kostüme: Thorben Schumüller). Hier spielt sich „Wolf“ in der Bühne im Hof (St. Pölten ab). Es ist das jährliche Jugendstück-Gastspiel des nahegelegenen Landestheaters. Und es ist eine von mehr als einem halben Dutzend Dramatisierungen (in deutschen Städten) des gleichnamigen Erfolgsromans von Saša Stanišić – mit Illustrationen von Regina Kehn, von denen eine (Seite 67) offenbar die Formen der Bühnen-Elemente inspiriert hat.
Ferienlager, noch dazu im Wald, das hasst der ich-erzählende Jugendliche, der seinen Namen sowohl im Buch als auch folgerichtig auf der Bühne erst im allerletzten Satz Preis gibt; was blöderweise der Programmzettel konterkariert; weshalb er hier, aber auch in der Info-Box am Ende nicht genannt wird. Die Mutter hat ihn angemeldet, weil es sich für sie betreuungsmäßig nicht anders ausgegangen ist. Also muss er wohl mit – gemeinsam mit den meisten aus seiner Klasse. Was er sich ebenfalls lieber sparen würde.
Als Außenseiter profitiert die Hauptfigur „nur“ davon, dass ein weiterer Mitschüler namens Jörg noch mehr „andersiger“ (Wortschöpfung von Stanišić) ist, das Opfer des Ober-Mobbers und dessen Kumpanen. Und klar landen Jörg und der Erzähler gemeinsam in einer der Hütten. Wolf – die Titelfigur – taucht in (Alb)Träumen des zentralen Jugendlichen auf – und, das sei gespoilert, auch in solchen von Jörg. Angst – des einen, ständig gemobbt bis gewalttätig behandelt zu werden; des anderen vor allem vor der Feigheit, nichts dagegen zu sagen oder gar zu tun.
Während Roberto Romeo ausschließlich diesen einerseits zwiegespaltenen, andererseits doch rebellischen Jugendlichen gegen die vorgegebenen Zwänge des Ferienlagers spielt, schlüpfen seine drei Schauspiel-Kolleg:innen in alle anderen Rollen aus denen sie – meist mit andere Kleidung, aber auch anderem Tonfall und Gehabe wieselflink switchen. Wobei manche Figuren mehrmals von anderen Spieler:innen dargestellt werden.
So gibt Marthe Lola Deutschmann nur zu Beginn die Mutter der Hauptfigur, dann eine der Ferienlager-Betreuerinnen namens Bella, aber auch hin und wieder deren Kollegen Piet und mindestens noch eine Mitschülerin namens Benisha, vom Erzähler ein bisschen angehimmelt. Deutschmann wird aber auch der Ober-Mobber Marko. Den verkörpert aber meisten Michael Scherff, der wiederum auch noch den Koch, den einzigen, der den Hauptdarsteller zu verstehen scheint, ebenso spielt wie den Klettertrainer den Betreuer Piet und noch Zora. Vierter im Bunde auf der Bühne ist Tobias Artner als in anderen Szenen ebenfalls Betruer Piet, Klettertrainer, vor allem aber Jörg, das Mobbingopfer.
Der Wolf taucht in Projektionen (!) – auf einer ebenfalls sechseckigen Fläche im Hintergrund – auf, oft nur als überdimensionales Angst einflößendes aufgerissenes Auge, gegen Ende als animierte Zeichnung und da fast als sanftes fast Haustier, dazwischen mit Karton-Maske – wie andere Tiere – auf den Köpfen der Schauspieler:innen. Die so ernste Story wird schon im Buch, auf der Bühne vielleicht sogar noch mehr, neben dem Spielwitz von Humor durchzogen. Für Lacher sorgen auch am stilisierten Lagerfeuer uralt-Songs wie „Marmor, Stein und Eisen bricht…“
Kuhglocken läuten. Eher werden diese Töne aus dem Off eingespielt. Die Bühne ist leer. Noch ziemlich lange. Während das Publikum schön langsam die Sessel im Bar & Co, dem zweiten Spielraum des Theaters Drachengasse in der Wiener Innenstadt besetzt, vermittelt das Geräusch den einen Spielort von „Die Düntzer-Rhapsodie“. Die 20-Minuten-Version gewann im Vorjahr den Publikumspreis beim 16. Nachwuchsbewerb dieses Theaters.
Düntz – ein fiktives „Kaff“ mit 733 Einwohner:innen. Eine davon, Martha, macht sich auf in die Großstadt, nach Wien. Alle anderen Bewohner:innen sowie mindestens eine Kuh ist bei der Busstation angetanzt, um die Ausreisewillige zu verabschieden. „Claudi“, eine davon, heult rotz und Wasser. Für sie war / ist Martha seelische und moralische Stütze im geistig und gefühlsmäßig rückständigen Düntz. Außerdem liebt sie die Abreisende, ohne es dieser je gestanden zu haben.
Das ist die Ausgangslage für die knapp mehr als 1¼ Stunden voller Auf und Abs, meist humorvollem Schauspiel rund um überhöhte Klischees aus Land und Stadt, Sehnsuchtsträume nach Freiheit, (Geschlechter-)Gerechtigkeit, Demokratie, nachhaltigem Umgang mit Ressourcen und so weiter. Und der Umkehr von Rollen (Text, Choreografie: Bianca Anne Braunesberger; Regie, Text: Ivan Strelkin).
Ist Barbara Maria Angermaier, die zunächst mit Blockflöten-Spiel auftritt die Claudia, die so gern auch nach „Wean“ wollen würde und ihre Schwester Daniela (Marika Rainer) die Bodenständige am Land Verwurzelte, so kehren sich Jahre später – oder sind es nur Tage?! – diese Rollen um. Nun will Erstere die Zweitgenannte aus der Stadt zurückholen. Habe sie doch versprochen dort Demokratie zu studieren und diese daheim zu vermitteln. Aber die erscheint ihr nun beim Wien-Besuch mehr als abgehoben…
Die Szenen sind voll schräg, die Spielerinnen agieren höchst körperlich und zusätzlich mit Puppen und Objekten, richten scheinbares Chaos auf der Bühne (Kasija Vrbanac Strelkin) an, nutzen zeitweise den Gang zwischen den Publikumsreihen um von oben herab nach unten zu debattieren. Und sie schlüpfen auch in Rollen anderer Dorfbewohner:innen, insbesondere der Eltern.
Neben (selbst-)ironischem Spiel – oft ansatzlos pendelnd zwischen Hochsprache und Dialekt – überzeugen die beiden obendrein mit gekonntem Gesang. Wobei die Bandbreite der Lieder (die Texte stammen auch von ihnen) von volkstümlich, Rap, Beatboxing bis zu Opernarien reicht.
Eine kulturproduzierende Städterin meinte spontan nach der Vorstellung: Das ist wirklich so, ich komm auch aus einem kleinen Dorf, da glaubst du wirklich, wenn du auf Besuch bist, du reist Jahrzehnte zurück.
Oder ist es nur so, dass in der Großstadt genauso rückständige Ansichten und Verhaltensweisen da sind, nur vielleicht in anderen „Blasen“, in denen sich die aus Dörfern „Geflüchteten“ gar nicht aufhalten (wollen)?
Fast unzählbare blaue Kuschel-Ponys versammelt die Illustratorin Daniela Olejníková auf der ersten Doppelseite des Bilderbuchs „Der allergrößte Wunsch“. Dazwischen platzierte sie etliche Sprechblasen. Offenbar gibt’s Streitereien unter de Ponys. Etliche regen sich darüber auf, dass eines von ihnen offenbar meint, etwas Besseres zu sein.
Dieses hat – im Gegensatz zu allen anderen – das Zettelchen mit der (Nicht-)Waschanleitung auf dem Rücken. Und es ist von der Autorin Ester Stará (Übersetzung aus dem Tschechischen: Mirko Kraetsch) dazu auserkoren, Kapitel für Kapitel durch die Geschichte zu führen.
In der Fabrik im chinesischen Dorf Nahui (Provinz Guizhou) spricht die Näherin mit der Hauptfigur des Buches, meint, ihre Schwester Li würde sich über dieses freuen… aber nix da. Nach erledigtem Tagwerk wird’s finster und das Pony landet – wieder mit vielen anderen eng aneinander gequetscht in einer großen Kiste, die hin und herschwankt. Du siehst auf der entsprechenden Doppelseite, warum das so ist: Container-Schiff.
Irgendwann landet das blaue Kuscheltier in einem Spielzeuggeschäft, wird gekauft – von einem Mädchen, aber nicht für sich, sondern als Geschenk für einen Freund zu dessen neuntem Geburtstag. Doch der beachtet es nicht, es landet im Mist – und wird natürlich gerettet…
Klar, ein Happy End muss her. Wie es zu diesem kommt, bleibt der Lektüre dieses Bilderbuchs überlassen, das mit der Geschichte des Ponys – ähnlich wie der Teddybär Mat in „Mat und die Welt“ (Link zu der Besprechung dieses Buches weiter unten) – auch die weite Reise des Spielzeugs und die Wanderung eines solchen von einem Kind, das es gar nicht beachtet zu einem anderen erzählt.
„Das Erste, was er spürte, war die Berührung warmer Hände …“, beginnt die Schilderung von Mats Geburt. „… die eine große scharfe Schere hielten“, wird die Geschichte fortgesetzt. Bei der Hauptfigur dieses Buches handelt es sich um einen Teddy-Bären. Die rund 60-seitige Story führt Mat – und damit auch dich – sozusagen rund um die Welt.
Geburts-Station: Eine riesige, stickige, düstere Fabrikshalle in China, wo er von Händen rund 12-jähriger Mädchen produziert wurde, die keine Chance haben, mit Seinesgleichen zu spiele. Weiter geht’s auf engstem Raum in einer Kiste in einem Container auf dem Schiff nach Rotterdam. Gekauft wird er von reichen Schnöseln, wo er auf überhebliche Artgenossen trifft, aber nicht bespielt wird.
Irgendwann achtlos am Boden liegend, landet er in einem Mistsack, kam als Billig-Second-Hand-Ding zu einer Familie im polnischen Białystock und wurde endlich gekuschelt und mit ihm gespielt. Doch der Weg von Mat ist damit noch lange nicht zu Ende. Es folgen noch einige Abs und Aufs – auch an anderen Orten der Welt.
Reisen ist für viele eine angenehme, willkommene, weil gewünschte Sache – oft verbunden mit Freizeit, zumindest aber mit der Lust, neue Länder, neue Leute kennen lernen zu wollen. Für andere ist verreisen ein unguter Zwang. Sie müssen ihre Heimat verlassen, weil dort Krieg oder Not herrscht und sie dort, wo sie Zuflucht finden, leider nicht immer willkommen sind. Auch das zeigt die Geschichte von Mat, dem Teddy-Bären – und ein bisschen auch, unter welchen Bedingungen oft Kinder arbeiten müssen, um Spielzeug herzustellen.
Erstveröffentlicht im Kinder-KURIER
Die große Politik mit dem persönlichen Leben zu verbinden und in vielen „kleinen“ Beispielen die großen Zusammenhänge sicht-, hör- und spürbar auf die Bühne zu bringen. Ohne groß zu dozieren. Und schon gar nicht mit erhobenen Zeigefingern. Auch jenseits von Schuldzuweisungen. Mit kräftigen Portionen Selbstkritik in Form von (Selbst-)Ironie. Und das voller Spielfreude und -Lust, sehr oft mit großartiger Musik, die mehr als Hintergrund oder Begleitung ist. Alles samt Anstößen zur (Selbst-)Reflexion auch des Publikums. Das sind die starken politisch-persönlichen Stücke des aktionstheater ensembles.
Bei „Wir haben versagt“ Spielserie erst Dornbirn dann Wien – mussten Ensemble und Regisseur angesichts der aktuellen österreichischen politischen Ereignisse mehrfach Szenen und Dialoge adaptieren. Die Grundgeschichte – Rechtsruck samt aus der Mottenkiste der Geschichte hervorgeholter sich wieder in den Vordergrund drängender toxischer Männlichkeit – hat sich aber „nur“ verstärkt.
Und so tritt daraus folgend Thomas Kolle splitternackt in Power- und Siegerposen ins Rampenlicht. Selbst notdürftig angezogen drängt er sich selbst dann, wenn andere ihre Szenen haben in den Vordergrund. Oder zumindest meint er alles einschätzen, kommentieren zu müssen bzw. verweist er mit vordergründig lobenden Worten Mitspieler:innen an Auftrittsorte im Hintergrund.
Doch gekonnt konterkariert die dieses Mal besonders entfesselt anarchisch spielende Zeynep Alan sein Mansplaining – sei es mit Zunge zeigen oder mit durchaus derben Kommentaren. Allein, der Typ lässt sich davon nicht im Geringsten beeindrucken.
Grandios und durchaus fast einzigartig in der österreichischen Theaterlandschaft spielt Monica Anna Cammerlander über weite Strecken ausschließlich in österreichischer Gebärdensprache. Sie übersetzt aber nicht nur ihre Mitspieler:innen, sondern liefert daneben auch eigenständige Aufritte – und widerspricht damit im Vordergrund mitten auf der Bühne den „Sagern“ und textlichen Einblendungen von Mitspielern, dass Monica angesichts des Rechtsrucks gar nichts mehr sagte. Auch wenn diese Aussage wohl auch dem Gefühl der Sprachlosigkeit angesichts diverser Wahlergebnisse der vergangenen Monate entspricht.
Als vielleicht offensichtlicher Widerspruch in sich tritt Benjamin Vanyek in Erscheinung. Erzählt von einem Artist in Residence-Aufenthalt in Sri Lanka – mit gleichzeitiger scheinbarer Welt-Offenheit und dennoch überheblichem eurozentristischen Gehabe.
Die vier Schauspieler:innen erhalten in vielen Szenen Verstärkung, Unterstützung, Gegenspiel von Danielle Pamp (Gesang) und Jean Philipp Oliver Viol alias YoucancallmeO (E-Gitarre und E-Geige). Letzterer spielt (Eigenkompositionen und berühmte arrangierte Leonard-Cohen-Songs) die allermeiste Zeit der rund 1¼-stündigen Performance in luftiger Höhe auf einer Art Baustellengerüst.
Trump, Putin, Kim Jong Un, Kickl und Konsorten tauchen in Videos im Hintergrund immer wieder auf – und werden am Ende vom Video eines Schaumberges, der analog und real auf einem Podest im Bühnenhintergrund von Anfang an wabbert, überlagert (Bühne/Kostüme: Valerie Lutz; Video: Resa Lut; TikTok: Julius Hellrigl).
Aktionstheater-ensemble-Aufführungen versprühen nicht nur trotz ihrer Ernsthaftigkeit viel Spielwitz und Humor, sie lassen sehr oft das eigene Publikum nicht außen vor – berühren, nicht selten auch nicht nur angenehm, weil die Performances als (An-)Klage immer wieder in kleinen und doch so großen Alltagsbeispielen, vermitteln: Wir alle, die für eine andere, offene, liberale, multikulturelle Gemein- sowie Gesellschaft eintreten, tun dies einerseits oft selbst nicht wirklich konsequent. Und vor allem oder genau dadurch können wir zu wenige andere Menschen davon überzeugen, so dass es überhaupt soweit kommen konnte, wie es jetzt ist.
„Wir haben versagt“ – dann sicher mit einigen erforderlich werdenden Adaptionen – wird im Rahmen einer Trilogie in ca. einem Jahr wieder erst in Dornbirn (Spielboden) dann in Wien (Theater am Werk) zu erleben sein – gemeinsam mit dem Vorgängerstück „All about me – Kein Leben nach mir“ sowie dem nächsten Stück „Ragazzi del Mondo – nur eine Welt“ (Juni 2025) zu erleben sein.
Übrigens mit „All about me“ wurde das aktionstheater ensemble an den Broadway in New York (ATM Manhattan) eingeladen, wo im Oktober natürlich in englischer Sprache gespielt wird.
Willkommen in einer Art „Geisterbahn“ zwischen analoger und digitaler Welt. Teil drei der Justitia!-Tetralogie (vier Episoden) widmet sich dem Thema Einsatz Künstlicher Intelligenz im Justiz-Bereich. „Justitia! Data Ghosts“ ist als interaktives Stationen-Spiel gebaut (Konzept, künstlerische Leitung & Text: Gin Müller, Laura Andreß).
Es beginnt schon damit, dass du dich als Besucherin / Besucher mit deinem SmartPhone via Scan eines der vielen an den Wänden aufgehängten QR-Codes in einen Fragebogen einloggen musst. Neben persönlichen Daten – du kannst die klarerweise auch faken -, werden mögliche eigene Erfahrungen mit der Justiz erhoben. Ergebnis: Eine Buchstaben-Ziffern-Kombination, die dich in eine von vier Farbzonen zuteilt.
Gemeinsamer Start für alle: Der Theaterraum, eine per Vorhängen abgetrennte „Black-Box“ im Wiener brut nordwest wird zum Verhandlungs-Saal. Als überdimensionale Geister verkleidete Schauspieler:innen (Anna Mendelssohn, Alexandru Cosarca, Lisa Furtner, Nicholas Hoffman, Nora Jacobs, Johnny Mhanna; Kostüm & Bühne: Sophie Baumgartner) tragen über Kopfhöhe Monitore. Diese Ankläger:innen, Verteidiger:innen, Richter:innen werden mit KI-generierten Gesichtern und Stimmen bespielt (Video & Bühne: Jan Machacek; Sound Design: Nicholas Hoffman, Sound Engineering: Lisa Maria Hollaus).
Der Fall: Künstlerperson XX ist mit Plagiats-Vorwürfen konfrontiert. Hat sich XX für das digitale Geisterbild einer Winterlandschaft bei Werken einer künstlerischen mit KI arbeitenden Gemeinschaft bedient? Oder waren diese „nur“ Inspiration wie vieles andere auch – kein Kunstwerk entstehe aus dem Nichts…
Der „Fall“ tritt in der Folge in den Hintergrund. Die Justiz-KI will lernen, so die Ausgangs-Botschaft für die folgenden Spiel-Stationen an das Publikum. Sie sollen / dürfen / können über ihre Interaktion viele Inputs – samt (Selbst-)Reflxion für die Weiterentwicklung der künstlichen Juristerei liefern / leisten. Ziel: Mehr Gerechtigkeit und leichterer Zugang für möglichst viele Menschen zum Recht.
Denn, so die Realität, Verfahren dauern lange, Rechtsberatung ist nicht für alle erschwinglich… und alle Menschen lassen in ihre Handlungen Vorurteile einfließen, die wiederum Urteile beeinflussen. KI-Richter:innen würden – so ein Postulat – solchen weniger bis nicht unterliegen.
Und so geht es – aufgeteilt in vier Gruppen – auf in unterschiedliche Stationenspiele; von denen gibt es allerdings fünf und jede Gruppe versäumt eines der Spiele, was doch schade ist.
Diese reichen von der Entscheidung ob Bilder bzw. Fotos von Menschen produziert bzw. KI-generiert sind, von wem welche Zitate stammen über Zuordnung vermeintlicher Fotos, ob die Abgebildeten Gesichter Cis- oder trans-gender Personen gehören, wie eine KI für autonome Fahrzeuge programmiert werden sollten, wen von Menschen auf einem Zebrastreifen sie im Notfall verschonen solle bis hin zum „Malen“ eines gemeinsamen digitalen Bildes mit Hilfe von Armbewegungen mit kleinen Lämpchen in der Luft.
Am Ende treffen einander wieder alle Gruppen im – mittlerweile aufgelösten – Gerichts-Saal. Wenngleich der Ausgangs-Fall nicht zur Debatte steht, spielt nun auf überraschende Weise (kein Spoilern!) die Frage KI vs. Recht realer Menschen auf ihr schöpferisches Tun eine wichtige Rolle.
In einem Interview, das Flori Gugger (Leitung Dramaturgie brut Wien) mit Laura Andreß und Gin Müller zur Entwicklung der Performance für die Unterlage für Medien führte, meinte Erstere: „Mich hat verblüfft, wie weit fortgeschritten der Einsatz von KI-basierten System im Justizbereich schon ist und dass diese KI-Systeme längst nicht mehr nur in Amerika oder China Anwendung finden, sondern auch bereits in vielen Ländern Europa… Im Rahmen eines Pilotprojekts hat Estland 2019 einen „Roboter-Richter“ geschaffen, der über kleinere Auseinandersetzungen entschied. Das KI-System traf vollständig autonome Entscheidungen.“
Rund 30 Leute seien in den Prozess der Recherche und Entwicklung dieses Formats, das die Zuschauer:innen tatsächlich stark aktiviert, einbezogen gewesen.
Eine große Rolle habe übrigens ein Text von Noam Chomsky gespielt: „Der menschliche Verstand ist ein überraschend effizientes und sogar elegantes System, das mit kleinen Informationsmengen arbeitet; es versucht nicht, grobe Korrelationen zwischen Datenpunkten abzuleiten, sondern Erklärungen zu schaffen. Hören wir also auf, sie künstliche Intelligenz zu nennen, und nennen wir sie als das, was sie ist, nämlich „Plagiatssoftware“. Denn sie erschafft nichts, sondern kopiert bestehende Werke von bestehenden Künstlern und verändert sie so, dass sie dem Urheberrecht entgeht.“
WhatsApp vor YouTube und Snapchat. Instagram nur auf Platz 4, nach „Silber“ im Vorjahr und das knapp vor TikTok. Dies ist das Ergebnis des aktuellen Internet-Monitors unter Jugendlichen in Österreich. Zum zehnten Mal wurde im Vorfeld des internationalen Safer-Internet-Days das Nutzungsverhalten von 11- bis 17-Jährigen erhoben.
Fast neun von zehn (87 Prozent) der befragten 405 Jugendlichen (Institut für Jugendkulturforschung mit Unterstützung der EU und der Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft) nutzten WhatsApp; wobei anzumerken ist, dass viele schulische Angelegenheiten kommunikativ über dieses „Werkzeug“ abgewickelt werden. Damit ist WhatsApp übrigens Seriensieger – seit Beginn der Erhebungen im Jahr 2016, wobei 2021 nahezu alle – 98% der Befragten – dieses Tool nutzten.
Knapp mehr als acht von zehn (82%) nutzen WA täglich, das damit von SnapChat überholt wird (insgesamt 74%, aber täglich 89%). Gesamtplatz 2 erreicht YouTube (80%, davon 47% täglich); Instagram (gesamt 73%, davon 78% täglich); TikTok (knapp ¾ – 72 Prozent, davon 87% täglich). Im Vergleich zum Vorjahr haben alle Plattformen einen Zuwachs verzeichnet. Neu im Ranking ist die Plattform Microsoft Teams, die von 35 Prozent der Jugendlichen genutzt wird und es damit auf Platz sechs schafft – oft auch im schulischen Zusammenhang genutzt.
„Bei WhatsApp ist eine Angleichung der Funktionen an die Konkurrenz zu beobachten“, erklärt Barbara Buchegger, pädagogische Leiterin von Saferinternet.at. „Dieser Trend ist auch bei vielen anderen sozialen Netzwerken erkennbar. Die Möglichkeit, Bilder zum einmaligen Betrachten zu versenden sowie neue Kommunikationsmöglichkeiten über Kanäle und Communitys dürften die Beliebtheit von WhatsApp wieder gesteigert haben.“
An zweiter Stelle im Ranking steht die Videoplattform YouTube, die acht von zehn Jugendlichen nutzen. Während Snapchat (89% täglich), TikTok (87% täglich) und Instagram (78% täglich) von einer großen Anzahl der Befragten täglich verwendet wird, gibt nur knapp die Hälfte der Jugendlichen (47%) an, das auch bei YouTube zu tun. „Die im Vergleich geringe Nutzungsintensität lässt sich möglicherweise durch den starken Konsum anderer videozentrierter Plattformen wie TikTok und mittlerweile auch Instagram erklären“, so Buchegger.
In der Eigenwahrnehmung der Jugendlichen gibt es Unterschiede betreffend der Nutzungsintensität zwischen Snapchat, Instagram und TikTok: 65 Prozent geben an, viel oder sehr viel Zeit auf Snapchat und TikTok zu verbringen, während es bei Instagram nur knapp über die Hälfte der Befragten (53%) sind. Auch bei YouTube sind etwas mehr als die Hälfte (54%) der Jugendlichen der Meinung, viel oder sehr viel Zeit dort zu verbringen.
Verluste hinnehmen musste heuer die Instant-Foto-App BeReal: Wurde sie im Vorjahr von knapp einem Drittel der Befragten genutzt, verliert sie 2025 sieben Prozentpunkte (Nutzung insgesamt: 24 %). Auch die aus dem Gaming-Bereich stammende Plattform Discord, 2024 ebenfalls von einem Drittel der österreichischen Jugendlichen genutzt, verzeichnet einen Rückgang um sechs Prozentpunkte (Nutzung insgesamt: 26%). Die Spieleplattform Roblox hingegen konnte im Vergleich zum Vorjahr um 5 Prozentpunkte zulegen (Nutzung insgesamt: 24%). Neu im Ranking ist die „Walkie-Talkie-App“ TenTen, die bereits von 13 Prozent der Befragten genutzt wird. Aus den Top 6 verdrängt wurde mit einem Minus von acht Prozentpunkten die digitale Pinnwand Pinterest (Nutzung insgesamt: 34%), die aber mit nur einem Prozentpunkt Abstand dicht auf den Neuzugang Microsoft Teams folgt.
Bei der Befragung zum Thema Chatbots zeigte sich, dass drei Viertel der befragten Jugendlichen (75%) bereits mindestens einmal KI-Chatbots wie ChatGPT genutzt haben. Mit einer Nutzungsrate von 78 % liegen die männlichen Jugendlichen hier um sechs Prozentpunkte vor den weiblichen (72%). Große Unterschiede in der Nutzung von KI-Chatbots gibt es zwischen der Altersgruppe der 11- bis 14-Jährigen (67%) und jener der 15- bis 17-Jährigen (84%).
Am häufigsten wird ChatGPT direkt auf der Plattform OpenAI genutzt (92%), gefolgt vom Snapchat-Chatbot MyAI (45%). Nur zwölf Prozent der Befragten nutzen den KI-Chatbot von Microsoft über die Suchmaschine Bing. Geschlechterspezifische Unterschiede zeigen sich vor allem beim Chatbot MyAI, der von mehr Mädchen (50%) als Jungs (41%) genutzt wird.
Saferinternet.at unterstützt Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrende beim sicheren, kompetenten und verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien. Auf der Website – Link am Ende des Beitrages – gibt es aktuelle Informationen und praktische Tipps zu Themen wie soziale Netzwerke, Cybermobbing, Sexualität & Internet, Datenschutz, Urheberrechte, Internet-Betrug, Medienerziehung etc. Zusätzlich bietet die Initiative (österreichische Informationsstelle im entsprechenden Netzwerk der EU) maßgeschneiderte Workshops in Schulen oder bei Elternabenden sowie kostenlose Ratgeber, Broschüren und vieles mehr an.
Das berühmte im Hessischen Landboten veröffentlichte Manifest „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ von Georg Büchner – und dem weniger bekannten Ludwig Weidig – wird immer wieder als „retro“ abgewertet. Soziale Gerechtigkeit und Solidarität wurden sozusagen zeitgeistig ins Abseits, ins Out, gedrängt. Sind aber tatsächlich aktuell, vielleicht sogar angesichts der aktuellen Weltlage und der im Land noch mehr.
Wie auch immer, Arbos – Gesellschaft für Musik und Theater – hat das Manifest immer wieder in seinem Programm – und dies inklusiv, auch in gleichzeitiger Gebärdensprache.
Damit eröffnet diese Initiative ein mehrtägiges inklusives Musiktheaterfestival in der Neuen Bühne Villach (22. und 23. Jänner 2025 – Details siehe ausführliche Info-Box am Ende des Beitrages.
Schon als Vorprogramm wird am Tag davor startet bei PIVA (Projektgruppe Integration von Ausländerinnen und Ausländern) ein kurzes Stück Musiktheater: „Kriegsschweine“ / „War Pigs“ mit Szenen nach Gedichten von August Stramm. Im Titel-gebenden heißt es unter anderem:
„Generäle versammelten sich in Massen
Genau wie Hexen bei schwarzen Messen.
Böse Geister, die Zerstörung planen
Genau wie Zauberer die Baustellen des Todes.
Auf den Feldern brennen die Leichen.
Während die Kriegsmaschine sich weiter dreht und dreht,
Tod und Hass der Menschheit bringen.
Sie vergiften mit ihren gehirngewaschenen Gedanken …
… Nie mehr dürfen Kriegsschweine über Macht verfügen.“
Diese ¼-stündige Performance eröffnet dann auch zwei der Abende mit mehreren kurzen Produktionen im Theater am Hauptplatz der Drau-Metropole. Die genannte so wie „Schwarzer Sabbath“, „Sabbath blutiger Sabbath“ sind drei neue Produktionen aus dem Stationentheater von Arbos, das im Sommer in den Bergen Italiens (Montasio, Sella Nevea), Österreichs (Kärnten, Wildbachtal, Karnische Alpen) und Sloweniens (Prevallascharte) gespielt wird – in 2100 Meter Seehöhe.
Zusätzlich wird an den beiden genannten Abenden (24. und 25. Jänner 2025) noch „Wir genießen die himmlischen Freuden“ von Werner Raditschnig nach der 4. Symphonie von Gustav Mahler bearbeitet für Stimme, Kammerensemble und Gebärdensprachchor sowie „Alma und Arnold Rosé“ (inklusives visuelles Musik- und Theaterprojekt in Österreichischer Gebärdensprache und Deutscher Lautsprache mit Musik von Johann Sebastian Bach – „Konzert für zwei Violinen“ in vier Sätzen für kleines Kammerorchester unter Verwendung der Originalaufnahme des Konzertes für zwei Violinen gespielt von Alma und Arnold Rosé, arrangiert und inszeniert von Herbert Gantschacher) zu hören und sehen sein.
Für all jene, die nicht in der Kärntner Stadt oder ihrer Umgebung wohnen, überträgt Arbos diese Aufführungen – wie recht oft – in Live-Streams über die eigene Homepage – Link in der detaillierten Info-Box am Ende dieses Beitrages.
Kamel Leon trifft seinen „allerbesten Freund“, das Chamäleon Felix. Und schaut traurig drein – gleich auf der ersten Doppelseite. Neugierig und aufmerksam mustert Felix seinen großen Freund.
Dieser vertraut dem kleinen Farbenwechsler sein größtes Geheimnis, das gleichzeitig die tiefste Sorge ist, an: „Ich wäre so gerne auch mal in irgendetwas der Beste!“ (Hervorhebung im Buch). Und dann fantasiert Leon los, er wäre gern so wild und mutig wie ein Löwe, so schlau wie ein Delfin, groß und stark wie ein Elefant und noch vieles mehr.
Während er so drauflos träumt, wer anderer oder anders zu sein, achtet er fast gar nicht auf seinen Freund und lässt Felix auch nicht zu Wort kommen.
Bis er seinen Freund fast nicht entdeckt. Da meint Leon, ein so guter Verstecker wie ein Chamäleon wäre er vielleicht auch ganz gern.
Und eeeendlich kommt auch dieser Freund zu Wort. Neben der Weisheit, dass es praktisch immer wen gibt, der in irgendwas viel besser, schneller, größer und so weiter ist. Und dennoch hat er ein Mut machendes Schlusswort für Leon, worin der jedenfalls der beste ist. Aber das sei hier nicht verraten.
Dies ist möglicherweise der erste und einzige Escape-Room, in denen es zunächst gilt, überhaupt hinein zu kommen. Das erste Rätsel – ein doch recht einfaches, wird der Gruppe der Spieler:innen doch ein Spiegel in die Hand gedrückt und neben der Tür steht in einer Art offenem Kastl der Schriftzug Spiegel / Mirror… Und über den findest du die Aufgabenstellung, die den Türöffner betätigt.
Und so kommst du in den „Kopf von Johann Strauss (Sohn) wie Deborah Sengl, jene Künstlerin, die diesen Escape-Room konzipiert hat, bei der Vorstellung dieses spielerischen Zugangs zu dem Komponisten, dessen 200 Wiederkehr seines Geburtstages das ganze Jahr gefeiert wird. Und dazu gehört viiiiiel mehr als der berühmte Donauwalzer, der jedes Jahr den entsprechenden Wechsel begleitet. Und der übrigens zum Auftakt von 2025 auf dem Wiener Rathausplatz gänzlich neu intoniert und inszeniert wurde: „Countdown feat. Martin Grubinger Superband“ – der weltberühmte österreichische Schlagzeuger und Percussions-Künstler arrangierte dieses vielleicht bekannteste Werk unter den Hunderten Walzern von Strauss mit 100 Menschen gemeinsam, die sich im Vorfeld gemeldet hatten.
Im Theaterhaus für junges Publikum, Dschungel Wien im MuseusmQuartier, gastierte vor wenigen Tagen die Schweizer Produktion „Valse, Valse, Valse“ – Link zur Besprechung am Ende des Beitrages. Zurück zum Escape-Room – zu dem es übrigens Eindrücke einer jungen Studentin gibt, die das erste Mal überhaupt ein solches spielerische Abenteuer erlebte, Link ebenfalls am Ende des Beitrages.
Also, erst Mal dann drinnen im ersten von drei Rätsel-Räumen, deren Türen sich jeweils erst nach Lösen aller Aufgaben öffnen. Wie in vielen Escape-Räumen werden Aufgaben nicht wie in der Schule vorgegeben, selbst die sind selbst zu finden. Manche ergeben sich wie (fast) von selbst, andere entdeckst du durch Versuch und Irrtum. Natürlich soll nicht (viel) gespoilert werden, jede und jeder soll selber draufkommen. Und dass die auf einem Streifen auf der Rückseite des Spiegels aufgeklebten Symbole dort nicht zufällig picken, checken sicher sowieso alle. Damit aber genug des Spoilerns…
Vielleicht nur noch so viel: Im zweiten Raum dreht sich vieles dann um die Musik des Komponisten, wobei sich die Rätsel alle lösen lassen, ohne eine Biographie von Strauss kennen zu müssen. Aufmerksames Beobachten ist der Schlüssel zu allen der möglichen Aufgabenstellungen ebenso wie zu deren Lösung.
Und keine Angst: Niemand wird auf „ewig“ in einem der Räume hängen bleiben. Über die fast uralte Technik eines Walkie-Talkie ist die Gruppe mit jemanden vom Team der Time-Busters, die die Ideen der Künstlerin techn(olog)isch umgesetzt haben, in Verbindung. Manches Mal meldet sich diese Person von selber und fragt, ob Hilfe benötigt werden. Und bietet nicht die Lösung, aber Hinweise, wie du dann selber weiterkommst.
Im dritten Raum stellt sich heraus, warum es mindestens zwei Teilnehmer:innen braucht – dort geht es unter anderem, das sei schon verraten, um Tanzschritte im Duo. In einer Gruppe – bis sechs ist möglich – ist es übrigens nicht nur lustiger. Da wahrscheinlich alle unterschiedliche, mitunter auch schräge, Ansätze haben, zu einer Lösung zu kommen, ist der Weg hinaus sicher leichter.
Es ist sicher auch sinnvoll, die eine oder andere erste Idee, wie’s weiter geht, in Zweifel zu ziehen und um die Ecke zu denken. Für sie, so Deborah Sengl bei der Vorstellung der Idee des Escape-Rooms bevor er richtig bespielt werden konnte, sei Johann Strauss als Popstar seiner Zeit immer mit (Selbst-)Zweifel verbunden (gewesen), die in seine Kompositionen ebenso eingeflossen sind wie die großen Themen Liebe, Verlassen-werden (der auch schon komponierende Vater hatte die Familie früh verlassen) Zukunft, Veränderungen… Immerhin schuf der Sohn auch einige musikalische Werke für die Revolutionäre 1848 – Freiheitslieder-Walzer, Revolutionsmarsch…
Übrigens, Sengl, die schon in vielen anderen Installationen mit Tier(köpf)en stellvertretend für Menschen arbeitete, sah in der Haarpracht des Komponisten die Mähne eines Hundekopfes – der sich dann bildlich durch etliche Stationen des Escape-Raumes durchzieht. Auch wenn sich übrigens nicht alles im sprichwörtlichen Kopf des Musikers abspielt, sondern so manche der Aufgaben mit der Sicht von außen angegangen werden (müssen).
Roland Geyer, Intendant des Strauss-Jahres schätzt den Escape-Room als eines jener Elemente, das nicht nur jubelt, sondern auch (spielerisch) „hinter die Fassade des genialen goldenen Walzerkönigs schauen lässt“.
Der aktuelle Escape Room von „Time-Busters“ beim Museumsquartier garantiert unterhaltsame 60 Minuten (was die eingeplante Zeit ist) in einer Gruppe, die sich verschiedenartigen Rätseln aufgeteilt auf 3 Räume rund um den Komponisten Johann Strauss stellen will. Nur mit gruppendynamischem Geschick sowie einem Walkie Talkie ausgestattet, über welches man Hilfestellungen erhalten kann, findet man den „Ausgang“.
Ich war noch nie in einem Escape Room und hätte diesen in der vorgegebenen Zeit wahrscheinlich nicht verlassen, wenn meine Gruppe nicht so viele Einfälle gehabt hätte. Manchmal wurde etwas durch Ausprobieren gelöst und manchmal war es notwendig, ein System zu finden, nach welchem man vorgeht. Faktisches Wissen zu Johann Strauss war eigentlich irrelevant.
Der Schwierigkeitsgrad steigert sich. Zuallererst muss man in den Escape Room hineingelangen und die erste Station ist aus diesem Grund draußen (weshalb es sich empfiehlt, die Jacke anzulassen). Der erste Raum ist meiner Meinung nach schnell schaffbar, der zweite erfordert aber schon mehr Konzentration und strategisches Denken. Im dritten Raum „verzweifelte“ meine Gruppe am meisten.
Dass Johann Strauss, der übrigens während des Escape-Room-Erlebnisses mit einem Hundekopf dargestellt wird, Zeit seines Lebens viele Selbstzweifel hatte, ist ein durchgehendes Thema. Elemente aus Strauss‘ Biographie wie eine unglückliche Liebe, ein strenger Vater und eine Vielzahl an Walzerkompositionen werden beim Durchspielen ersichtlich.
Das gesamte Konzept ist keine intensive Auseinandersetzung mit der Person „Johann Strauss“, sondern wie ich finde eher eine einmalige, auf Spaß und gemeinschaftliches Problemlösen ausgerichtete Erfahrung.
Stefanie Kadlec
Durchgängig auf kariertem Papier zeichnete Cecilia Moreno Bäume, Seen, Wolken, Blumen und vieles andere (fast) ausschließlich in einfachen geometrischen Formen: Dreiecke, Viertel-, Halb- und ganze Kreise, strichlierte gerade sowie Zick-Zack-Linien, Pfeile…
„Nur“ die Hauptfigur des Bilderbuchs von Pablo Albo (Übersetzung aus dem Spanischen: Karl Rühmann), in „Die Wölfin“ wandert davon unbeeindruckt und nicht in diese strengen Formen gepresst, durch die mathematische Landschaft. Sozusagen ein Freigeist, ganz in Schwarz gemalt, zieht sie ihrer Wege.
Und lässt dich nicht nur diesen verfolgen, sondern fast wie in einem sehr strukturierten und damit ungewöhnlichen Wimmelbuch immer Neues inmitten der vielen kleinen Quadrate entdecken. Eine unerwartete optische Poesie der Geometrie, die trotz der vielen eckigen Vorgaben zu einer runde Sache wird. 😉
„Greta“ – nein in diesem Bilderbuch geht es nicht um die weltberühmt gewordene ehemalige schwedische Schülerin, die mit ihren anfangs Solo-Kundgebungen und dem freitägigen Schulstreik die große junge Klima-Bewegung Fridays for Future initiiert hat. Die titelgebende Greta dieses Bilderbuchs ist – wie auch die Zeichnung auf dem Buch-Cover ein Blauwal. Und sie kann hervorragend singen.
Alle, oder wenigsten viele Arten von Meerestieren beeilen sich auf der ersten Doppelseite, um rechtzeitig zum Konzert der Wal-Sängerin zu kommen. Im Vorprogramm schwimmen unter anderem Delfine mit akrobatischen Sprung-Einlagen ebenso auf, wie Medusen (Quallen), die ein Ballett aufführen. Und dann Greta. Eine Doppelseite ist in bunten Buchstaben ihrem „Lied von der Meeresbrise“ gewidmet: Uaaau! Wiaaa! Wieee! … „Das Meer ist randvoll mit Musik…“
Wie zu erwarten, bleibt’s nicht dabei. Für eine spannende Geschichte muss etwas passieren. Greta ist eines Tages heiser, kann nur mehr krächzen. Und sie ist nicht die einzige, die krank wird / ist. Als Uroma Priscila mit Greta zur Unterwasserärztin Dr.in Thierisch. Greta müsse nur mit sauberem Salzwasser gurgeln, spülen und so weiter, so die Ärztin.
Das aber ist das Problem: Auch die Schmerzen, Erkrankungen und Verletzungen der anderen Tiere gehen darauf zurück, dass das Meer von den Menschen versaut, pardon, Entschuldigung liebe Schweine, verschmutzt wird.
Und so rufen Greta, Priscila und noch weitere Kranke alle Meeresbewohner:innen zu einer Versammlung, sozusagen einer Unterwasserkonferenz und … – nein, was diesen eingefallen ist, sie nicht gespoilert.
Im Anhang zur Geschichte dieses ursprünglich slowakischen Bilderbuchs (Text: Andrea Gregušová, Übersetzung ins Deutsche: Mirko Kraetsch; Collage-Illustration: Nastia Sleptsova) findest du zuerst eine Doppelseite über Wale und danach eine über Müll-Vermeidung, -trennung und, dass es „nicht uncool“ ist, „Müll vom Boden aufzuheben“.
Und insofern hat der Titel des Buches vielleicht doch etwas mit Greta Thunberg zu tun 😉
„Greta“ ist eines der Bücher, die der Achse Verlag mit Hilfe von Förderungen der Europäischen Union im Projekt „Creating Neighbourhood“ (Nachbarschaft schaffen) übersetzen ließ. Aus der Slowakei, Italien, Slowenien, Tschechien und Ungarn werden Kinderbücher ins Deutsche übertragen und veröffentlicht.
In einer durchsichtigen großen Box auf der Bühne stehen zwei Freiwillige aus dem Publikum. Vorhang. Und Sekunden später stehen sie in einer gut zehn Meter entfernten ebensolchen „Kiste“, die an eine Aufzugkabine oder einen Waggon im Riesenrad erinnert.
Das ist wohl einer der verblüffendsten Tricks des Magiers Fab Fox, wie sich der noch 25-jährige Fabian Blochberger als Zauberkünstler nennt. „Dream the Impossible“ heißt seine aktuelle Show, sein zweites Programm nach „Fabulous“ (mit dem tourt er im März durch fünf Landeshauptstädte). Unmögliches nicht nur zu träumen, sondern für das Publikum auch (scheinbar) möglich zu machen – das ist die Geschichte, die sich der magische Künstler ausgedacht hat.
Klar, es muss ein Trick dahinter stecken, das wissen alle mit dem Verstand. Und dennoch lassen sich durch Zauberei die meisten gern sozusagen hinters Licht führen. Denn was bleibt, ist dennoch schier unglaubliches Können und höchste, oft sekundenschnelle Fertigkeit. Etwa wenn er selbst in eine Kiste eingesperrt, dieser knapp vorm Explodieren nicht nur entkommt, sondern fast am Ende der Halle neben den letzten Publikumsreihen auf einer kleinen Seitenbühne auftaucht.
Scheinbar schon vor der Show erraten, was ein Kind aus dem Publikum für seinen größten Traum hält und er’s auf eine alte Schiefertafel in einer alten Schultasche geschrieben hat oder diverse Kartentricks sind in vielen Zaubershows zu sehen, die eingangs beschriebene Teleportation dürfte doch recht einzigartig sein.
Fab Fox will aber nicht nur Trick an Trick aneinander reihen, sondern sein Zugang ist: Alle Illusionen und Zaubertricks seiner jeweiligen Show in eine Geschichte zu verpacken, einen dramaturgischen Bogen zu spannen und sozusagen eine Art theatralen magischen Abend – oder Nachmittag – zu spielen.
Und wie im Theater gehört ein ganzes Team dazu, die knapp zwei Stunden (eine Pause) über die Bühne zu bringen – sechs Tänzer:innen, die auch mit Masken als Mitspieler:innen auftauchen und jede Menge Support hinter, vor der und vielleicht auch unter der Bühne. Deswegen fragte Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… im Interview – in einem eigenen Beitrage, unten verlinkt – mit dem Zauberkünstler, wo er Beweggründe und Anfänge erzählt, auch nach einer Liste dieser Mitwirkenden; sobald diese vom Management eintrudelt, wid sie in der Info-Box veröffentlicht.
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