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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Oma, wann stirbst du?"

Offene, vielleicht schockierende Kinderfrage rund um Tod

Ohne den Feiertag Allerheiligen gäbe es Halloween gar nicht, leitet sich doch Letzteres vom englischen All Hallows’ Eve (Abend vor Allerheiligen, also am 31. Oktober vor dem 1. November) ab. In Irland erfunden kam es mit vielen Menschen, die in den Norden des amerikanischen Kontinents auswanderten dorthin – und von dort verbreitete es sich wiederum in den vergangenen Jahrzehnten vor allem kommerziell.

Dem Tag, der allen, auch weniger bekannten Heiligen gewidmet ist, folgt Allerseelen. An diesem Tag wird an verstorbene Menschen gedacht. Irgendwie scheint – hierzulande – dennoch Tod gerade rund um Kinder eine Art Tabu zu sein. Obwohl es schon seit einigen Jahrzehnten gute, spannende, tiefsinnige, mitunter auch mit Humor gewürzte Bücher und Theaterstücke rund um das Ende des Lebens gibt – meist auch, um genau Letzteres zu schätzen und feiern – etliche Links zu Besprechungen unten am Ende dieses Beitrages.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Oma, wann stirbst du?“

Wann?

Hier – und in zwei weiteren Beiträgen – kommen neue Buchtipps. Begonnen sei mit einem Titel, der die meisten sicher aufs Erste ziemlich reißen wird. Darf so eine Frage überhaupt gestellt werden? „Oma, wann stirbst du?“, geschrieben von der Leiterin eines Kindergartens und Autorin Nina Mav Hrovat (aus dem Slowenischen übersetzt von Alexandra Natalie Zaleznik) und illustriert von Marta Bartolj.

Wann immer das Enkelkind die Frage, die dem Buch auch den Titel gab, an die Großmutter stellt, antwortet diese ungefähr so: „Jetzt noch nicht“ und fügt an, was sie gerade zu erledigen hat. Auf der ersten Doppelseite muss sie das Essen fertig kochen, später – gemeinsam mit dem Enkelkind – den Küchenboden säubern; einige Seite später dem Kind vorlesen … Immer ist es etwas, das ihr Enkel gerne mag, unter anderem einen Ausflug mit dem Fahrrad zum See, was ein kräftiges „Juhu!“ auslöst.

Auf der letzten Doppelseite fragt nun die Oma ihr Enkelkind: „Warum beschäftigt dich das so sehr?“ Die Antwort darauf – nein, die sei hier nicht verraten. Du kannst sie lesen oder dir vielleicht auch denken, wie sie ausfallen könnte.

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Szenenfoto aus "Spiegel" im Theater Spielraum (Wien)

Feier einer Hoch-Zeit oder Niedergang der Kunstfreiheit?

Baldachin, Girlanden, Luftballons, einige davon in Herzform, ein Plakat, natürlich in Herzform – alles vorbereitet zur Hochzeit von „Leyla & Joel“ im Foyer des Theaters Spielraum in der Wiener Kaiserstraße.

Häääää? Sollte da nicht das Stück „Spiegel“ der jungen britischen Dramatikerin Sam Holcroft seine deutschsprachige Erstaufführung feiern?! Und das ist doch mit ganz anderen Sätzen angekündigt: „In einer Welt, in der alles unter Kontrolle steht, ist auch die Wahrheit eine Lüge. Und eine Lüge kann die Wahrheit sein…“

Gut gegen Ende des Textes steht schon etwas von „Und eine Hochzeit gefeiert. Oder nicht?“

Einschwören

An der Theaterkassa wird neben dem Ticket auch eine Einladung zu dieser Hochzeit ausgegeben, samt dringendem Hinweis, die sei sogar wichtiger als die Eintrittskarte. Echt jetzt?

Wer die Einladung umdreht, kann dann unter anderem lesen: „Hiermit erkläre ich unter Eid, dass ich die Gesetze meiner Nation unterstützen und gegen alle Feinde im In- und Ausland verteidigen werde; dass ich ihr wahren Glauben und Treue erweisen werde…“ bis hin zur Verpflichtung, nach entsprechender Aufforderung, Waffen zu tragen und sich aufzuopfern…“ Das wiederum hat schon mehr mit der Ankündigung des hochpolitischen Stückes zu tun.

Die Hochzeit ist, so viel darf schon verraten werden, Teil des Stückes und seiner Inszenierung. Dazu zählen auch die Kopien eines Bescheides, die an vielen Stellen an den Wänden hängen: Die Aufführung des angesetzten Theaterstückes wurde untersagt – vom „Amt für bürgerliche Ordnung“. Dieses ABO hätte „das Stück geprüft und eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und des sozialen Friedens festgestellt, die Grenzen der künstlerischen Freiheit würden überschritten“.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Spiegel“ im Theater Spielraum (Wien)

Viele Überraschungen

Jene, die die Rückseite der erwähnten Hochzeitseinladung sowie den genannten Bescheid gelesen haben sollten, nahmen an, das ist wohl Teil der Inszenierung. Die anderen offenbar auch. Das „Verbot“ und der patriotische Schwur stellen die direkte Verbindung zum Kern des Stückes her; die Hochzeit hat eine spezielle Funktion, aber die sei hier ebenso wenig gespoilert wie eine verblüffende Wende gegen Ende der knapp mehr als 2¼ kurzweiligen, bitterbösen und doch immer wieder auch humorvollen Stunden mit Gruselfaktor. Letzterer liegt vor allem an der Außenwelt, der Realität auf der echten Welt mit illiberalen Demokratien, sogenannten alternativen Fakten.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Spiegel“ im Theater Spielraum (Wien)

Genauer Beobachter

Was mit der Hochzeit von Leyla & Joel mit einem Standesbeamten startet, wechselt in die Achterbahnfahrt rund um den ersten Theatertext des jungen Adem Nariman (Paul Graf, der auch den Bräutigam spielt). Eigentlich ist er Automechaniker, aber ein ausgezeichneter, exakter Beobachter und Zuhörer. Aus allem, was er in seiner kleinen Wohnung mit extrem dünnen Wänden im 9. Stockwerk hört, verpackt er in diesen seinen ersten Stücktext. Und wie in diesem – nicht verorteten – Land erforderlich, reicht er es beim Kulturministerium ein.

Und hat Glück – oder auch nicht, wer weiß?!
Nicht irgendein Unterläufel, sondern der in der Hierarchie weit oben angesiedelte Ministeriumsdirektor Čelik, stets ohne Vornamen, kriegt es auf den Schreibtisch (Paul Wiborny, der auch in die Rolle des Standesbeamten schlüpft). Er lädt den Autor in sein Büro, um den Text zu besprechen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Spiegel“ im Theater Spielraum (Wien)

Talent, aber…

Adem habe Talent, aber alles, was er da beschreibe, sei so negativ und voller Kraftausdrücke. Das Land brauche Positives, Aufbauendes.

Es sei doch einfach die Wahrheit und nichts anderes als diese, verteidigt der Verfasser seinen Text.

„Vielleicht. Aber du sprichst hier nur von einer oberflächlichen Wahrheit, reiner Realitätstreue… Kunst sagt einem nicht nur, was ist, sondern auch, was sein könnte. Und das ist, fürchte ich, das grundlegende Problem deines Stückes…“, so der Ober-Zensor.

Das gesamte Foyer dekoriert für die Hochzeitsfeier
Das gesamte Foyer dekoriert für die Hochzeitsfeier

Schreib was Neues

Der Automechaniker hätte zwar das Werkzeug zum Schreiben, aber er müsste es halt richtig einsetzen. „Ein Spiegel ist kein Gemälde“, wird er später sagen. Aber er, der oberste Kulturbeamte, der immer wieder durchklingen lässt, eigentlich auch kompetenter zu sein als die Ministerin, sei ja ein Förderer junger, neuer Talente in allen Sparten der Kunst und Kultur und nicht so ein Abkanzler wie die unterrangigen Beamt:innen. Und so ermunterte Čelik seinen Gast, ein neues Stück zu schreiben – unter den von ihm genannten Eckpfeilern und ließ ihm von seiner neuen Mitarbeiterin Mei (Anna Zöch, auch als Braut im Einsatz) als Leitfaden eine Broschüre überreichen. Deutlich zu sehen deren Titel: 1984.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Spiegel“ im Theater Spielraum (Wien)

Anspielungen

(Nicht nur) mit diesem Detail schlägt die Inszenierung von Co-Prinzipal des Theaters, Gerhard Werdeker, eine Brücke zur vorjährigen Aufführung des Dystopie-Klassikers von George Orwell (dabei führte Co-Direktorin Nicole Metzger Regie, die dieses Mal für die Dramaturgie verantwortlich zeichnet).

Doch was liefert Adem beim nächsten Mal? Ein wortgetreues Protokoll des ersten Treffens!

Habe er ihn etwa aufgenommen? Nein, er merke sich heben alles.
Aber was wolle er damit, gar den Ministeriumsdirektor auf die Schaufel nehmen?

Inspiration aus der Wirklichkeit

Gerade diese Szene, aber auch das ganze Stück, so schreibt die Autorin Samantha Holcroft in einer Danksagung zu ihrem Stück, sei inspiriert vom Dramatiker und Filmemacher Lucien Bourjeily. Ihn sowie weitere libanesische und syrische Schriftsteller habe sie 2014 bei einem einwöchigen Schreibworkshop getroffen. „Bourjeily war von der libanesischen Zensur derart frustriert, dass er eine Satire schrieb, die innerhalb der

Zensurbehörde spielt – mit dem Titel „Will It Pass Or Not?“ Dann reichte er das Stück wahrhaft heroisch und dreist beim Ministerium zur Genehmigung ein. Es wurde (natürlich) sofort verboten, Luciens Reisepass anschließend beschlagnahmt.“ Wobei ihr Adem im „Spiegel“ nicht Lucien ist und Holcroft ihr Stück (2023 veröffentlicht) in einem fiktiven Land ansiedelt, mit dem tragischerweise immer mehr Staaten Ähnlichkeiten annehmen.

Zurück zum „Spiegel“: In seiner Kunstfreundlichkeit organisiert Čelik einen Workshop mit dem schreibenden Automechaniker und dem mittlerweile gefeierten Theaterautor Bax (Adrian Stowasser, switcht wenn’s hochzeitlich zugeht in den Trauzeugen). Auch den habe er gefördert und auf den rechten Weg gebracht, das Richtige zu schreiben…

Szenenfoto aus
Szenenfotos aus „Spiegel“ im Theater Spielraum (Wien)…

Schlacht-Szene

Und da geht’s dann richtig rund. Im nächsten Schreibauftrag sollte Adem als Teilnehmer einer berühmten Schlacht von Kelline seine Erfahrungen in ein Stück verarbeiten. Bei diesem kleinen Workshop schlüpfen Čelik, Adem, Bax und Mei, bisher an den Rand gedrängte dienende Beamtin, nun aufblühend in ihrem soldatischen Element, in die Rollen von Bax‘ Erfolgsstück „Hauptmann Fikris Sichel.“

Durchgespielt, erlaubt sich Adem deutlich kundzutun, dass es sich so genau nicht zugetragen hat, ja nicht einmal möglich gewesen wäre…

Ab da kippt die Stimmung. Der Ober-Kulturbeamte sieht keine Chance mehr, den jungen Neo-Autor au Linie zu bringen. Wie sich das weiterentwickelt? Das Stück und die Inszenierung sowie das Schauspiel leben schon auch von den immer wieder überraschenden Wendungen…

Brutal oder heimtückisch

Wie bei Orwells Klassiker geht es bei Holcroft zentral um die Frage von Wahrheit vs. Zurechtbiegen derselben. Allerdings legt die Autorin ihrem Protagonisten Čelik immer wieder auch durchaus schlaue Sätze in den Mund, Gedanken, die durchaus etwas für sich haben und nicht nur verwerflich scheinen.

Wobei sie Bax doch sagen lässt, dass der mehrmals als Vertreter der dumpfen, harten Zensoren genannte Garmsh wenigsten ehrlich sei. „Er schlägt die Leute. Du… verführst sie. Er reißt etwas aus den Skripten heraus. Du reißt etwas aus den Leuten heraus – Nein, nein, das stimmt nicht – du bringst uns dazu, etwas aus uns herauszureißen… was du tust, ist … viel heimtückischer“, hält er Čelik vor.

Neben der Auseinandersetzung um Wahrheit, Kunstfreiheit, Machtstrategien – brutal oder subtil – spielt auch eine weitere Handlungsebene eine Rolle: Mei, obwohl Sachbearbeiterin wird von Čelik eher als Sekretärin behandelt. Selbst als er ihr Theaterbesuche ermöglicht, lässt er mehr als nur durchblicken, dass er sich dabei mehr erwarte. Und als sie gar Adem privat besucht, ist auch sie auf seiner Abschussliste.

Der den Feinsinnigen Gebende trägt übrigens immer Handschuhe (Kostüme wie fast immer im Spielraum: Anna Pollack), was transportiert, dass er sich ja nicht die Hände schmutzig machen will.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Spiegel“ im Theater Spielraum (Wien)

Alles supersauber

Als Zeichen der „Sauberkeit“ sind alle Bühnenelement in weiß gehalten, genial der wandelbare große Schrank, als „Fotobox“ für die Hochzeitsbilder, als Teil des kleinen Wohnraums von Adem einer- und auf der anderen Seite des ebenso mickrigen Verschlags von Bax, als der auf dem absteigenden Ast ist… Für die Bühne zeichnen J-D und Samuel Schwarzmann verantwortlich, die beide auch kurze Schauspielauftritte haben. Wobei Samuel Schwarzmann eine weitere Brücke zur „1984“-Inszenierung vor einem Jahr darstellt. Da er bei einigen Terminen im November anderweitig im Einsatz ist, übernimmt mit Dana Proetsch ebenfalls eine Schauspielerin aus dem Spielraum-Orwell-Klassiker die beiden kleinen Rollen.

kijuku_heinz

Doppelseite aus dem Buch "Zusammen sind wir stark!"

Das hat selbst der „Blödmann“ nicht verdient

Emmi rennt durch den Park, um rechtzeitig ihre Freund:innen zu treffen. Da hört sie plötzlich eine Schreierei. Sie sieht, wie zwei Viertklässl’ler einen Schüler aus Emmis 1. Klasse schubsen und von ihm Geld fordern.

Ihr erster Gedanke: Mattis, so heißt ihr Klassenkamerad, ist „ein richtiger Blödmann, der immer Ärger macht… einen kleinen Denkzettel hat er bestimmt verdient.“

Aber je länger und ärger die beiden Älteren diesen Mattis mit Worten und Taten gewalttätig behandeln, desto mehr kommt in Emmi ein anderes Gefühl auf: „Zwei Große gegen einen Kleinen! Das ist kein Denkzettel. Das ist einfach eine riesengroße Gemeinheit!“

Doppelseite aus dem Buch
Doppelseite aus dem Buch „Zusammen sind wir stark!“

Was tun?

Sie allein dazwischengehen? Zumindest redet sie mit Mattis, als die beiden Missetäter sich verkrümeln. Und dann mit ihren Freund:innen und …

Nein, natürlich wird hier nicht alles verraten. Aber, dass was passieren muss und jede und jeder mit beitragen kann, Mobbing zu verhindern, wenigstens zu besprechen, das spielt sich auf den rund drei Dutzend Seiten in kurzen, knappen, einfachen Sätzen von Frauke Nahrgang und gezeichneten Bildern von Catharina Westphal ab. Samt vier Seiten am Ende mit Tipps, wie und was du vielleicht tun könntest, leider nur mit einer deutschen Nummer gegen Kummer, wäre fein gewesen, wenn der Verlag auch die österreichische Rat-auf-Draht-Telefonnummer 147 mit abgedruckt hätte.

Lesehilfen

Was das Buch aber auch noch besonders macht, es ist speziell für Erst-Leser:innen gestaltet, hat ein Wort mehr als eine Silbe, so sind diese Selben abwechselnd schwarz und blau gedruckt; das gilt natürlich auch für das erste Wort im Buchtitel „Zusammen sind wir stark!“

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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Die kleine Kürbishexe"

Die kleine Hexe mit den grünen Fingern

„Und Halloween naht – oh Schreck – auch noch heran,
für Junghexen heißt das: Man zeigt, was man kann!
Nur Kresse, der graut es, ihr fehlt jeder Mut;
denn eines steht fest: Zaubern kann sie nicht gut.“

Natürlich ist Kresse hier nicht die essbare Pflanze, sondern „nur“ der Name eines Mädchens, einer jungen Hexe. Während alle anderen schon fliegen und Zaubertränke mixen können, geht bei Kresse fast immer alles schief. Noch bevor diese Künste auf dem Stundenplan stehen, ist sie von der Autorin Helen Docherty (Übersetzung aus dem Englischen: Fabienne Pfeiffer) in vierzeiligen Reimen und Illustrator Steven Lenton als Außenseiterin markiert – ohne den spitzen schwarzen Hut wie alle ihre Schulkolleg:innen und die Lehrerin; außerdem mit Gummistiefeln und grünen Fingern.

Die hängen mit ihrer Leidenschaft fürs Garteln zusammen. Und das kann sie hervorragend. Sie hat nicht nur den sprichwörtlichen grünen Daumen, mit dem Menschen bezeichnet werden, denen das gelingt, sondern eben zehn grüne Finger 😉

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Die kleine Kürbishexe“

Alles, was sie einpflanzt, wächst und gedeiht prächtig – ob Erbsen, Bohnen, Kräuter und Zitronen, Obst und selbstverständlich auch Kresse, ihre Namensgeberin. Auch Kürbisse, was dem Bilderbuch auch in der deutschsprachigen Ausgabe den Titel „Die kleine Kürbishexe“ gab, im englischen Original heißt es hingegen „The Green-Fingered Witch“.

Und genau mit den Kürbissen rettet sie, die vorher von der Lehrerin immer wieder beschämt wird und an den Rand gedrängt, am liebsten gar nicht mehr in die Schule gehen würde, Halloween. Wie, nun das wird hier sicher nicht gespoilert 😉

kijuku_heinz

Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Die kleine Kürbishexe“
Grusel-Nummer - Messer durch eine Box, in der einer der Clowns seinen Kopf hat

Nix für schwache Nerven und dennoch zum Lachen

Allzu viel darf und soll natürlich nicht verraten werden, lebt das abendliche Halloween-Special doch auch von Überraschungen, natürlich mit Gruselfaktor. Zwei Tagen nach der Premiere von „Circus Archetypus“, einer durchaus auch mit Ängsten – aus dem Unbewussten – spielenden Figuren-Theater-Performance mit Live-Musik im Schubert Theater (Wien-Alsergrund, 9. Bezirk), Stückbesprechung unten am Ende des Beitrages verlinkt, lädt das Circus- und Clownmuseum in der Leopoldstadt (2. Bezirk) beim Praterstern zur lust- und humorvollen Bearbeitung von „Coulrophobia“ ein. So heißt nicht nur das an drei Abenden laufende Programm zu Halloween (Details in der Info-Box am Ende). Das ist auch der Fachbegriff für die Angst vor Clowns, dazu etwas später.

Clownerie und Zauberkunst packen die Brüder Swatosch und ihre Söhne in Nummern, die einen mitunter ordentlich reißen, wie Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… bei einem Probenbesuch am Vorabend der diesjährigen Premiere erleben durfte. Kopf in Kiste, Messer von links und rechts und noch dazu von oben durch … Natürlich, so viel darf wohl gespoilert werden, ohne Schrammen. „Aber angenehm ist’s nicht“, so Liam Fool, alias Andreas Swatosch zum Probenbesucher.

Jung-Talent

Wieder mit im Programm sehr aktiv der Jüngste der Fools Brothers, Ju Fool oder vielmehr Julian Swatosch. Der Elfjährige hat im Sommer Jonglieren gelernt, auch schon mit Keulen, was er immer wieder so zwischendurch und nebenbei übend vorzeigt. Er verleiht der tiefen, englischsprachigen Ansage mit der Warnung vor dem Grusel aus dem Off Mimik, Gestik und Körperhaltung im Scheinwerferlicht. Die aufgenommene Stimme gehört übrigens dem als „Anarcho-Clown“ international bekannt gewordenen Jango Edwards, der vor zwei Jahren verstorben ist und im Jahr davor hier im Circus- und Clownmuseum seinen letzten öffentlichen Auftritt hatte. Bei diesem Hatte Julian, damals acht Jahre, die ganz junge Version Jangos verkörpert. „Ju Fool“, der auch schon ein eigenes Programm hat, zeichnet sich aber auch bei der probe durch ständiges Mitdenken mit Tipps aus. Und meldet sich sofort, als die Frage auftaucht, wer bringt bei der Kerzennummer den Tisch auf die Bühne, „dann spiel ich auch den Assistenten“.

Liam Fool, der seinen Kopf auch in die Kiste steckt
Liam Fool, der seinen Kopf auch in die Kiste steckt

Gegen die Clownerie-Angst

Im zweiten Teil des Abends nach der Pause wird unter anderem zu einer „Therapie“ gegen die Titel-gebende Angst vor Clownerie geladen. Coulrophobia wird meist darauf zurückgeführt, dass durch die starke Schminke die wahren Gesichtszüge nicht erkennbar sind, und damit nicht gedeutet werden kann, was die Clownin / der Clown im Schilde führt. Und, das muss wohl auch zugegeben werden, es gibt natürlich wie in jedem Beruf so auch in diesem solche, die ihre Kunst nicht besonders gut können und dies dann oft mit übertriebener Lautstärke und billigen Tricks zu überspielen versuchen. Was wirklich Angst erzeugen kann.

Die „Therapie“ im Circus- und Clownmuseum erhebt natürlich keinen wirklich therapeutischen Anspruch, sondern arbeitet eben mit clownesken Mitteln, die zum Lachen bringen.

kijuku_heinz

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Szenenfoto aus "Circus Archetypus" im Wiener Schubert Theater

Wenn (Alp-)Träume aus Kisten hüpfen, Seiltanzen, zaubern, kunst- und humorvoll Scheitern zelebrieren

Es ist Zirkuszeit in Wien. Nach „Cagliostro“ mit Strauss-Musik und einer Story von Thomas Brezina im Zelt von Circus Roncalli und vor dem Halloween-Special „Coulrophobia“ (krankhafte Angst vor Clowns) auf der kleinen Bühne im Wiener Circus- & Clownmuseum hatte im Schubert Theater „Circus Archetypus“ seine Premiere.

Auf einer Bühne, die einem einigermaßen chaotisch mit Schachteln, Kisten und Koffern vollgestellten Abstellraum gleicht, packen Stefanie Elias und André Reitter manche Figuren aus solchen Behältnissen. Durch ihr Spiel erwecken sie diese zum Leben. Figuren (Puppenbau: Soffi Povo und Claudia Six) aus einem Zirkus-Umfeld, das sich erst durch Videoprojektionen auf das geordnete Chaos ergibt (Bühne & Ausstattung: Christoph Steiner; Kostüme: Lisa Zingerle).

Da ist zunächst der gar fürchterlich traurige Clown, der kunstvoll genötigt wird, die anderen zum Lachen zu bringen. Diesen spielen die beiden nicht nur mit der arm-langen Puppe, sondern mit Mütze, Mascherl (Fliege) und roter Nase auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten selbst als Ganzes. Genialer Moment bald nach Beginn als sie verkleidet lächelt, lacht, traurig dreinschaut und er einige Meter dahinter dieselben Grimassen schneidet, ohne ihr Gesicht sehen zu können, das sie natürlich dem Publikum entgegenstreckt.

Szenenfoto aus

Unbewusstes rauskramen

„Im Schatten der Träume“ nennt das Theater den knapp mehr als einstündigen Circus-Abend im Untertitel, für den Co-Direktor Simon Meusburger das Buch geschrieben und Regie geführt hat. „Der Zirkus als Ort der Handlung war für mich schon bald klar“, verrät er Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… nach der umjubelten Premiere, auch wenn es keinen Zusammenhang mit dem in der kommenden Woche (4. November 2025) startendem „On the Edge“-Festival für experimentelle Zirkuskunst“ (seit 2020) zu tun hat, das in den beiden Häusern von Theater am Werk (Petersplatz und Kabelwerk) sowie erstmals auch im Dschungel Wien bis 15. November läuft, samt internationaler Vernetzung. Und last but not least nicht zu vergessen, gibt es in Wien seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten das Theater Olé.

Ur-Typen

In der Handlung selbst kramen die Spieler:innen aus den Kisten, Schachteln und Koffern sozusagen Unbewusstes hervor, das sich wie in Träumen in Bilder verwandelt und Grundmuster wie Ängste unter anderem vor Scheitern, Sehnsüchte und andere große Gefühle manifestiert, verkörpert in Figuren wie dem schon erwähnten Clown, einer Seiltänzerin, einer magischen übergroßen Persönlichkeit mit kleinen, sehr bekannten Zaubertricks. Meusburger nahm bei Szenen und vor allem deren Typen, Anleihe bei der „Theorie des kollektiven Unbewussten und der sogenannten Archetypen des Schweizer Psychoanalytikers Carl Gustav Jung (1875–1961)“, wie es in den Informationen zum Stück heißt.

Szenenfoto aus

Eigenleben

Und so machen die Figuren scheinbar nicht immer das, was ihre Spieler:innen wollen, entwickeln eine Art Eigenleben, lassen sich auch hin und wieder nicht so schnell wieder einpacken und verräumen, wie das Bewusstsein gerne hätte 😉

Highlights in der Figurenwelt sind ein tierisches Wesen, irgendwie Hündchen mit Ansätzen zu einem Tausendfüßler, das sich jedenfalls aller Zirkus-Anweisungen widersetzt, sondern artistische Kunststücke „nur“ auf eigenen Antrieb vollführt. Und ein chinesischer Drachenkopf mit langem Stoffkörper, mit dem die Spieler:innen magische Momente auf die Bühne zaubern.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Circus Archetypus“ im Wiener Schubert Theater

Musik!!!

Eine eigene Klasse für sich – und dennoch, obwohl am Bühnenrand sitzend oder stehend – ist die Musikerin Roxanne Szankovich, Selbstbezeichnung „toxic violin“. Mit ihrer E-Geige samt Loop Station und so manch stimmakrobatischer Äußerung, liefert sie einerseits Begleitmusik und andererseits verleiht sie so mancher der Stimmungen des Unbewussten in dem wortlosen Stück gefühlvolle bis heftige Töne und Klänge. André Reitter führt in einer der Szenen das Zwiegespräch mit einer der von Stefanie Elias gespielten Figuren ausschließlich mittels eines Kazoos. Ansonsten kommt der einzige Text im „Circus Archetypus“ von den beiden (Puppen-)Spieler:innen gegen Ende, als sie das weltberühmte, melancholisch-sehnsuchtsvolle „Send in the Clowns“ von Stephen Joshua Sondheim (1930 – 2021) aus dem Musical „A Little Night Music“ (1973) anstimmen, wobei der Komponist und Texter Clowns stellvertretend für „Narren“ verstand. Das hier fast schon wie ein Schlusspunkt wirkt. Aber dann doch noch gebrochen wird, ob Happy oder nicht, das Ende soll offen bleiben…

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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Als der Mond die Sterne ordnen wollte"

Der Mond hat einen Ordnungsfimmel

Kugelrund lässt Zuzanna Kowalska den Mond Doppelseite für Doppelseite leuchten. Selbst dann, wenn er nicht (ganz) zu sehen ist, erhellt er den dunkelblauen Himmer (natürlich mit dem ihm von der Sonne geliehenen Licht). In weißer Schrift ist Lena Raubaums fantasievolle Geschichte in wenigen, knappen Sätzen zu lesen. Die Autorin dichtet dem Mond und den Sternen ein Problem an.

Letztere, für uns und hier den Mond und seine Zeichnerin eher klein wirkend, auch wenn sie in der Wirklichkeit meist riesengroß sind, liegen noch alle in einer Kiste vor dem Mond. Und der hat von der Autorin die Aufgabe zugeschreiben bekommen, die Sterne irgendwie am Himmel zu sortieren. Nach Größe, nach Gewicht, nach Helligkeit und dann in welcher Form – geometrisch, in Wellenlinien, oder…?

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Als der Mond die Sterne ordnen wollte“

Jeweils einem dieser Überlegungen ist im Bilderbuch „Als der Mond die Sterne ordnen wollte“, eine Doppelseite gewidmet. Lassen die Sterne die ersten Überlegungen und Versuche noch so über sich ergehen, begannen sie beim Versuch, sie zu platzieren, zum ersten Mal ihren eigenen Willen kundzutun, indem sie …

… nein, mehr wird hier jetzt nicht verraten. Und schon gar nicht, wie die Geschichte in Wort und Bild weitergeht.

Im Buch findet sich übrigens auch ein QR-Code mit dem du zu einer – im Buchpreis inbegiffenen – Hörbuch-Version kommst, gelesen von der Autorin selbst, die auch das wunderbar kann. Wunderbar auch die Idee dieser Geschichte, die sich auf so manch andere „Ordnungsversuche“ übertragen lässt.

kijuku_heinz

Szenenfoto aus "Cissy & Hugo a Caracas"

Humorvoll-bissig alte und doch so manch zeitlose Lieder

„Ich wünsch mir zum Geburtstag einen Vorderzahn“ singt die Darstellerin. Was vielleicht schräg bis absurd klingen mag, ist eine sehr frühe, in leichtem, fast ohrwurmartigem Ton daherkommende Anklage gegen das, was als „häusliche Gewalt“ thematisiert wurde und wird. Und das rund um 1960, eher noch ein massives Tabu.

Während sich ihre Freundinnen und Verwandten alle den einen oder anderen Luxusartikel, meist zum Anziehen erträumten, wünscht sich die Sängerin eben einen Vorderzahn, „Den meinen schlug der Ferdinand mir ein“. Samt Erkenntnis: „Ich weiß bis heute nicht, warum er das getan / Aus Liebe kann es nicht gewesen sein.“

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Cissy & Hugo a Caracas“

Mit einem schwarzen Fleck im Oberkiefer singt Rita Luksch diesen alten Schlager, einen der bekanntesten aus dem Universum des Duos Cissy Kraner (1918 – 2012) und Hugo Wiener (1904 – 1993). Sie sang und interpretierte, was er komponierte und textete; wobei Wiener auch für andere – und nicht nur Liedtexte – verfasste.

Musikalische Geschichtsstunden

Die älteren im Publikum kennen diese alten Schlager, ihre Interpretin sowie den Verfasser der Musik und der Texte vielleicht, sehr wahrscheinlich sogar. Jüngeren werden sie aller Voraussicht nach (noch) nichts sagen. Wie auch immer, Rita und Georg O. Luksch (Multiinstrumentalist und mitunter verkleidet nicht nur als Hugo Wiener) laden mit ihrem rund zweistündigen Programm (eine Pause) ein auf eine amüsante, abwechslungsreiche musikalische Zeitreise und Ausflüge in die Geschichte. Hugo Wiener musste 1938 vor den Nazis, die die Macht übernommen hatten und von allzu vielen Bewohner:innen unterstützt wurden, flüchten. Und selbst das konnte er nur, weil ihm ein bekannter Schauspieler und Sänger (Fritz Imhoff) einen Blankoscheck für die „Reichsfluchtsteuer“ ausstellte.

Mit der Revuebühne Femina, die eine Einladung in die kolumbianische Hauptstadt Bogotá bekommen hatte, konnte er – aber nicht seine Familie, die später großteils in Konzentrationslagern ermordet wurde – entkommen; mit in der Crew Cissy Kraner, die eigentlich Gisela Maria Spitz hieß. Bei früheren Auftritten wurde oftmals ihr Name falsch geschrieben und so nutzte sie einen der Fehler Cissy statt Gisi als Beginn ihres Künstlerinnen-Namens.

Berühmtes Exil-Café

In Südamerika heirateten die beiden, eröffneten in der Hauptstadt Venezuelas eine Bar mit ihrer beiden abendlichen Auftritten – sie singen, der Klavier spielend. Weshalb das Duo Rita und Georg O. Luksch ihren Abend auch „Cissy & Hugo a Caracas“ nennen; der ist übrigens noch bis fast Mitte November an den Wochenenden in der Theater Arche zu erleben – Details, siehe Info-Box am Ende des Beitrages. Die Bar, in der Cissy auf Spanische, Englisch, Französisch, Deutsch und Niederländisch sang, wurde bald zum Treffpunkt für geflüchtete Europäerinnen. Sie wurde aber so berühmt, dass auch manche Promis aus dem amerikanischen Kontinent zu Besuch kamen, unter anderem die First Lady aus den USA, Eleanor Roosevelt.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Cissy & Hugo a Caracas“

Eigene Interpretationen

Mit gut einem halben Dutzend Umzügen – manche Kleidungsstücke oder Accessoires, inklusive einer Perücke liegen auf einem kleinen Tisch und einem Sessel bereit, andere holt sie aus der neben der Bühne liegenden Garderobe – singt Rita, die den Abend auch inszeniert hat und erklärende Zwischentexte verfasst hat, als Cissy Kraner. Ohne jedoch – wie so manch Original-Aufnahmen, die online zu finden sind – zu kopieren oder imitieren. Die berühmte Chanson-Sängerin brachte viele der Lieder oft selbstironisierend in einer Art kindertümelnder Akzentuierung zu Gehör. Rita Lukschs Interpretation ist eine eigene, meist ernster klingende.

Was ziemlich genau im Sinne des berühmten Vorbildes sein müsste, die eine eigen- und selbstständige Persönlichkeit gewesen sein muss, unter anderem entgegen familiärem Rat die Laufbahn als Sängerin und Kabarettistin einschlug, klassische Rollenbilder in den ihr von Hugo Wiener sozusagen auf den Leib geschriebenen Chansons humorvoll in Frage stellte bzw. ad absurdum führte.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Cissy & Hugo a Caracas“

Musikalisches Cockpit

Georg O. Luksch sitzt – wie stets in den Produktionen beider Gruppen, Ensemble 21 – wie in einer Art musikalischer Steuerungszentrale mit mehreren herkömmlichen, aber wie immer auch ungewöhnlichen Instrumenten. Hier hauptsächlich als Hugo Wiener an einer Klavier-Tastatur, bedient er aber auch ein Glockenspiel in einem aufgeklappten Kunststoff-Köfferchen, kleine Bongo-Trommeln und nicht zuletzt ein Theremin, ein vor rund 100 Jahren erfundenes elektronisches Instrument, das ganz ohne Berührung, aber über Annäherung und Distanz an die / von den Antennen Töne erzeugt. Der Multi-Instrumentalist hat übrigens direkten familiären Bezug zur Protagonistin. Sein, schon verstorbener, älterer Bruder Rudi hat als Akkordeonist Cissy Kraner begleitet und jahrelang das Konzertcafe Schmid Hansl geleitet, wo Cissy Kraner auch oft aufgetreten ist. Der Vater von Rudi und Georg, Georg Luksch senior, hat mit Hugo Wiener Nummern geschrieben.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Cissy & Hugo a Caracas“

Video

Die Lukschs spielen nicht nur vorne auf der Bühne, sondern werden immer auch begleitet von Videos im Hintergrund. Sind die Bewegtbilder in vielen der anderen stücke eher experimenteller Natur, so hat Erich Heyduck dieses Mal viele historische Fotos und Dokumente von Kraner und Wiener zum Laufen gebracht – bis hin zur Passagierliste des Dampfers „Costa Rica“, mit dem die beiden von Amsterdam nach Bogotá flüchten konnten. „Diese Bilder hat uns die Autorin Ruth Contreras geschickt, ihre Eltern haben auch auf diesem Schiff Europa 1938 verlassen“, wie Rita Luksch Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… anvertraut.

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dj-elektra-und-die-voll-oage-familie <— damals noch im Kinder-KURIER

Still (Standbild) aus dem Film "Bleistiftstriche"

Gewünschte Nähe „ausmalen“

Cora ist eher zurückhaltend bis zurückgezogen, zeichnet und malt gerne in jeder Pause, die sie nicht dem Opa im sommerlichen Familienhotel helfen muss. In einer der ersten Szenen des rund 36-minütigen sehr atmosphärischen, vielschichtigen Films „Bleistiftstriche“ muss sie vom alten Schreibtisch mit seinen Fächern und Laden aufstehen, Gepäck für neu angekommene Gäst:innen auf deren Zimmer bringen und fragt den Großvater um Hilfe, sie würde so gern Menschen zeichnen lernen. Der darauf praktisch nicht reagiert, weshalb sie sich das notwendige Wissen aus Büchern holt.

Irgendwie aus der Zeit gefallen wirkt die Szenerie, eine Art Landidylle, samt kleinem Schwimmbad, in einer Zeit, als es noch keine Smartphones gab.

Still (Standbild) aus dem Film
Still (Standbild) aus dem Film „Bleistiftstriche“

Wunsch nach Nähe

Im Zentrum des Films steht die Begegnung, Annäherung und Distanzierung Coras zu und mit Emma, die hier im Hotel mit Familie einge-checkt hat. Die ungefähr gleichaltrige Jugendliche ist eine Art Gegenteil oder auch Wunschbild Coras. Offen geht sie auf alle(s) zu, stets mit einer kleinen Digitalkamera in Händen. Obwohl sie nur Französisch spricht, das Cora nicht kann, verstehen die beiden einander. Ihre gemeinsamen Sprachen sind einerseits das Beobachten samt bildhaftem Festhalten – auf Papier einer- und Kameraspeichere andererseits; und die zweite Sprache ist die Neugier auf Gefühle, die zu zaghafter und dann intensiver Nähe führt, dazwischen auch mit heftigem Abstoßen.

Still (Standbild) aus dem Film
Still (Standbild) aus dem Film „Bleistiftstriche“

So manche der Szenen scheinen aber auch die ungestellte Frage aufzuwerfen, ob das alles zwischen den beiden Mädchen stattfindet oder sich „nur“ im Kopf von Cora abspielt. Für ihren Film wurde Alice Prosser (Drehbuch & Regie; Kamera: Luca Horak), kürzlich einer der Cash-for-Culture-Awards verliehen – mehr zu dieser Förderschiene der Stadt Wien für jugendliche Künstler:innen aller Sparten in einem schon vor einigen Tagen hier erschienen Beitrag, der unten verlinkt ist.

Regie-Statement

„Un.erfüllt schließt Fülle mit ein. Ich glaube, dass sich viele junge Menschen mit der Dynamik zwischen Cora und Emma identifizieren können. Es ist einfacher denn je, sich in der heutigen Zeit bloß in das Abbild eines anderen zu verlieben. Die Schnelllebigkeit und Oberflächlichkeit, in der wir uns befinden, überlässt häufig Einsamkeit, die gestillt werden will, aber von unserem Zeitgeist unverstanden bleibt“, schreibt die Künstlerin, die auch schon als Schauspielerin auf Bühnen stand zu ihrer ersten Regie-Arbeit auf der Homepage zum Film, ebenfalls unten – in der detaillierten Info-Box zum Film – verlinkt.

Bekannte junge Sportlerin und Film-Schauspielerin

Für die Rolle der Cora konnte Prosser übrigens mit Emilia Lilith Warenski eine mittlerweile schon bekannte junge Filmdarstellerin (wurde heuer 21 Jahre) gewinnen; zuletzt war sie in der TV-Serie „School of Champions“ als ehrgeizige Außenseiterin in einem (fiktiven) Ski-Gymnasium zu erleben. Davor spielte die absolvierte Sport-Gymnasiastin, mit internationaler Erfahrung in Kletter-Wettkämpfen, eine Mountainbikerin im Kinofilm „Madison“ (dazu gab sie übrigens KiJuKU.at ein Interview, unten am Ende des Beitrages verlinkt) – und schon als junges Kind (9 Jahre) im Kinofilm „Rise Up! And Dance“.

Still (Standbild) aus dem Film
Still (Standbild) aus dem Film „Bleistiftstriche“

Viele ehrenamtliche Unterstützer:innen

Ehrgeizig ist auch Alice Prosser, die als Bühnen-Spielerin schon zwei Mal in Kurz-Interviews im Vorläufer von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…, dem Kinder-KURIER vorgekommen ist, Links unten am Ende des Beitrages. „Ehrlich gesagt, ist es für mich ein Wunder, dass dieser Film trotz all der Hürden und Steine die uns auch in den Weg gelegt worden sind, tatsächlich real geworden ist“, schreibt sie in einer eMail an Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… mit der sie den Ansichts-Link zum ganzen Film geschickt hat. „Ein Beweis dafür, dass Glaube Berge versetzen kann und nur Mut zu Verletzlichkeit mich weiterbringt.“

Still (Standbild) aus dem Film
Still (Standbild) aus dem Film „Bleistiftstriche“

Die unabhängige – nur durch einmalige 1000 Euro aus dem Programm Cash for Culture gefördert – Produktion konnte die Neo-Regisseurin wie sie betont nur „mit Riesen- Unterstützung von ca. 45 Nachwuchsfilmschaffenden aus Wien und Berlin, die alle ehrenamtlich und mit viel Herzblut mit mir darum gekämpft haben, realisieren“, namentlich erwähnt sie „unter anderem Leona Baucek und Philine Hammon, die beim Dreh und in der Vorbereitung als Produktion geholfen haben, aber auch Luca Horak als Kamerafrau, Emilia Leitner als Editorin, Jakob Stefansich als Szenenbildner, Veganes Catering von Selina Zesar.

Im Haus von meinem Opa und seiner Frau Gundi durften wir Holztrennwände aufstellen, Möbeln umstellen und neue aus Fundi einrichten, Sonnenschirme im Garten aufspannen und die Welt von Cora und Emma zum Leben zu erwecken. Wir hatten 12 Drehtage und haben uns insgesamt 4 Monate darauf vorbereitet.“

Musste das tun

Den Wechsel vom Schauspiel auf der Bühne zu Drehbuch und Regie sozusagen auf die andere Seite des Geschehens und noch dazu in einem zwar verwandten aber doch einem anderen Medium beschreibt sie so: „Ich komme ursprünglich vom Schauspiel aber habe gemerkt, dass es für mich ein MUSS war, diese Vision zu schaffen und die Perspektive zu wechseln. Bewegt von dem inneren Wunsch zu verstehen, warum man sich manchmal so unerklärlich verbunden fühlt und wo „Ich“ anfängt und „Du“ aufhört. Warum „unerfüllte Lieben“ Fülle miteinschließt. Als ich diese Vision hatte, gab es kein Zurück mehr.“

kijuku_heinz

jugendliche-spielen-ueber-magersucht-und-anderes-das-sie-nervt, u.a. Kurzinterview mit Alice Prosser <— damals noch im Kinder-KURIER

aber-in-dieser-rolle-gibt-es-viel-zu-entdecken, u.a. Interview mit Alice Prosser <— ebenfalls noch im KiKu

basiskultur.at –> cash-for-culture-programm

Kinderchor als Retter:innen zur Befreiung der „gefesselten Phantasie“

Busstation Atzgersdorf Bildungscampus. Der an der Breitenfurter Straße mit einer hohen Nummer, fast schon 200 liegende Backsteinbau beherbergte viele Jahre nachdem die hier angesiedelte Sargfabrik dicht gemacht hatte, offene Kulturräume. Die große und eine kleinere Halle harren einer Renovierung und möglichen Nutzung. Dahinter und rundum, wo lange Brachland war, sind Wohnbauten und eben ein Bildungscampus sozusagen aus dem Boden geschossen. „F23“, das Kulturzentrum ist in den gleich dahinterliegenden neunstöckigen Bau ins Erdgeschoß, einen Teil des ersten Stocks sowie einen Teil des Kellers eingezogen. Der Keller – mit Schwingboden – ein Tanz- und Yogaraum.

Uraufführung

In einem weiteren der hellen, mit großen Fensterfronten ausgestatteten Neubauten „residiert“ die Zentrale von Junge Theater Wien. Diese Initiative bringt neuerdings in diesem 23. Bezirk von Wien, namens Liesing, sowie in den Bezirken 10 (Favoriten), 11 (Simmering), 21 (Floridsdorf) und 22 (Donaustadt) darstellende Kunst – Sprech-, Tanz-, Musik- und Figurentheater, Performances, Neuen Zirkus – für ein junges Publikum (2 bis 22 Jahre) vor Ort.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die gefesselte Phantasie“ nach Ferdinang Raimund von Kinderoper.Wien

Und hier fand knapp vor dem Nationalfeiertag die Uraufführung einer neu geschriebenen und -komponierten Version ausgehend von Ferdinand Raimunds Original-Zauberspiel „Die gefesselte Phantasie“ statt, in einer nicht nur stark verdichteten, sondern doch stark veränderten Version der Kinderoper.Wien / die Wiener Taschenoper.

Der Plot

Zunächst super verkürzt die Story: Auf der – im Original Halb-, hier ganzen – Insel Flora ist Phantasie allgegenwärtig. Alle hier dichten, singen, tanzen, komponieren, malen oder was auch immer. Böse Zauberschwestern – hier eine Person mit einer weiß und einer schwarz bemalten Gesichtshälfte – erobern die Idylle, nehmen die Phantasie gefangen. Nun geht es darum, diese wieder zu befreien. Und dabei spielt die Liebe der Königin von Flora, Hermione, zu Amphio, einem geheimnisvollen, dichtenden Schafhirten, eine große Rolle.

Neuer Text, neue Musik

Sarah Scherer, hat sich für ihr Libretto, den Text einer Oper, nicht nur den Einbau einer Künstlichen Intelligenz (KI) ausgedacht, die digitale Avatare für Video-Projektionen (Stephanie Meisl), erschafft, sondern auch für viel Verwirrung sorgt. Der Hirte, der nicht nur seine Schafe, sondern dauern alles zählt, setzt, obwohl einen Abakus in Händen, dann nur auf 0 und 1. Allerdings ohne wirklich ins binäre Zahlensystem einzutauchen, sonst müsste er ja 0, 1, 11, 110, 101 statt nun 0, 1, 0, 1 und so weiter statt 1, 2, 3, 4, 5 zählen 😉 Aber das mag ein wenig unsympathisch besserwisserisch daherkommen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die gefesselte Phantasie“ nach Ferdinang Raimund von Kinderoper.Wien

Scherer führte auch Regie und bauten – auch schon in den Text – einen Kinder-Chor ein. Die rund eineinhalb jungen und jüngsten Sängerinnen und Sänger vom Campus Monte Laa (Favoriten, 10. Bezirk) sind natürlich DIE Rettung für die Phantasie. Christof Dienz komponierte für die rund einstündige Aufführung die Musik, die live von Benny Ommerzell (Synthesizer), Matti Felber (Schlagwerk) und Manu Mayr (E- und Kontrabass) auf engstem Raum (Bühne: Katarina Ravlic) neben den Sänger:innen gespielt wird.

Witze erzählende Hofnärrin

Zu den Sänger:innen – Ana-Marija Brkić (Königin Hermione, Sopran), Brett Pruunsild (Haus- und Hofdichter Distichon, Bariton), Jakob Pejcic (dichtender Hirte Amphio, Tenor) und der doppelgesichtigen böse Zauberschwester (Mezzosopran, jetzt Johanna Zachhuber, im November dann Anna Clare Hauf) gesellt sich – ohne Gesang, dafür schon vor Beginn, wenn das Publikum in den Saal kommt, Witze erzählend Eszter Hollósi als Närrin (in Raimunds Original „natürlich“ ein Narr).

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die gefesselte Phantasie“ nach Ferdinang Raimund von Kinderoper.Wien

Der Saal im F23 ging bei der Premiere praktisch über, so manche Auftritte und Abgänge vor allem des Kinder-Chors mussten sich ihren Weg fast erst bahnen, umso größer der begeisterte Applaus am Ende, saßen die Zuschauer:innen doch fast mitten im Geschehen.

Phantasie-voll

Die verdichtete, aber nie zu dichte Oper mit ihren Arien und amüsanten Zwischenspielen sowohl musikalischer als auch textlicher Art, witzigen Einfällen wie einem kleinen Wollschaf auf der Mütze Amphios oder ein riesiges „Papier“-Schiff des Hof-Dichters in einem Zeitungspapier-Anzug als nur eines der fantasievollen Kostüme (Denise Leisentritt) endet natürlich – wie auch Raimund Original vor fast 200 Jahren (1828) mit Happy End.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die gefesselte Phantasie“ nach Ferdinang Raimund von Kinderoper.Wien

Retter:innen

„Spring aus den Mustern / Denk quer, nicht gerade. / Wir brauchen ein Netz / Das größer ist als Zahlen!“, singt Hermione an Amphio gewandt. Und als die Phantasie wieder frei ist, singen hier viel ausführlichere Chöre, zunächst alle, dann der Hofdichter, sowie danach die Königin und der dichtende Hirte, den Schlusspunkt setzen die Kinder als Verkörperung der Phantasie: „Niemand gewinnt, niemand verliert / kein Weg ist fest / kein Ziel bestimmt, / Doch vor des Zufalls Melodie / verbeugt sich tief – die Phantasie!“

Doppelseite aus dem Bilderbuch "Schnuffel und Hops - Schattentiere zu Besuch"

Schattenhund und -hase lösen Sprachlosigkeit

Mit hängendem Kopf zeichnet Tanja Komadina Dominik auf dem Heimweg aus dem Kindergarten mit seinem Vater. Dieser schaut zwar neugierig auf seinen Sohn, es kommt ihm aber auch kein Wort aus. „Und das sah den beiden überhaupt nicht ähnlich“, schreibt Autor Žiga X. Gombač (Übersetzung aus dem Slowenischen: Natalie Alexandra Zaleznik).

Wie munter und fantasievoll die beiden üblicherweise diesen Weg zurücklegen, kannst du auf der darauf folgenden Doppelseite des Bilderbuchs „Schnuffel und Hops“ sehen und lesen.

Aber an diesem Tag – nichs, nada, niente, nič, hiçlik… Papa vermutet, dass Dominik vielleicht Streit hatte, aber mehr als Schulterzucken auf die entsprechende Frage kann der Sohn nicht „sagen“, zumindest auf den ersten Seiten.

Untertitel: „Schattentier zu Besuch“

Da greift der Vater zu einem Umweg-Trick. Er kündig überraschenden Besuch im Kinderzimmer an. Rollo runter, Lampe an – und mit seinen Händen „zaubert“ der Vater Nachbars Hund und Omas Hasen als Schatten an die Wand. „Schnuffel und Hops kannst du alles anvertrauen“, meint Papa. „Bei ihnen sind Geheimnisse gut aufgehoben. Nicht wahr, ihr zwei?“ Die Schattentiere nicken.

Das lockert die verkrampfte Atmosphäre und Dominiks Kindergartenstreit mit seinem besten Freund kommt zur Sprache. Über die Schattentiere hilft Papa seinem Sohn, für den Folgetag eine mögliche Lösung zu finden.

Auch so kann ein Konflikt, ein Problem bearbeitet werden 😉

kijuku_heinz

Szenenfoto aus "Was kommt aus der Röhre?"

Verspielte Tanzperformance für jüngstes Publikum

Ungefähr in der Mitte der Bühne steht senkrecht ein weißer, breiter Schlauch. Einfach so. Und das noch länger. Selbst als die Tänzerin Lilian Mosquera auf die Bühne stürmt, laufend, turnend, tanzend umherwirbelt. Eine kleine Röhre in der Hand, verwendet sie diese für die eine oder andere Turnübung – Brücke, verkehrte Brücke, da als Kopfstütze…-, dann wieder zum Abmessen ihres Körpers.

„Was kommt aus der Röhre?“ heißt die rund halbstündige Performance, in der sie gemeinsam mit Gisela de Paz Solvas, die überraschend auftaucht, tanzt; mal mit-, dann wieder gegeneinander – und mit mehr als einem Dutzend bunter Röhren. Eine nach der anderen kommt aus dem zu Beginn genannten Schlauch geflogen – kleine, größere, schmale, dicke, alle bunt bemalt. Auch der Schlauch selber „tanzt“, verwandelt seine Form – „das sind ja Tiere“, kommentiert eines der vielen sehr jungen Kinder bei der Wien-Premiere dieses Gastspiels aus dem deutschen Leipzig diese magischen Momente.

Raupe, Schlangen, Frosch und für die einen oder anderen auch noch so manch andere Tiere sind zu sehen oder erahnen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Was kommt aus der Röhre?“

Upcycling

Was wie Kunststoffröhren aussieht, ist – wie die beiden nach der Premiere auf Bühne 3 im Dschungel Wien (MuseumsQuartier) danach Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… verraten, „Pappe – aus dem Baumarkt, Kartonröhren für verschiedene meterweise verkaufte Materialien“; sozusagen stärkere Klopapier-Rollen, wie sie gerade in jungen Kinder-Jahren auch zum Basteln von allem Möglichen verwendet werden. „Es war aber gar nicht so einfach die zu kriegen, zuerst wollten die uns diese Rollen nicht einmal verkaufen“, erzählt Lilian Mosquera, die das Konzept für die Performance hatte und neben dem eigenen Tanz auch noch Regie führte (Dramaturgie und Co-Regie: Ute Kahmann; Musik: Fabian Widmann; Kostüme: Julia Wassner)

Bauen und Umhauen, Wissenswertes

Aus den vielen Röhren bauen die beiden im Tanz eine Art Wald, stoßen den wieder um, einen Slalom-Parcours, durch und auf dem sie tanzen und turnen – wobei Gisela de Paz Solvas dabei von Schlangen erzählt, die gerne kuscheln und sogar Geschwister erkennen, die sie lange nicht getroffen haben. Das hat zumindest der US-amerikanische Biologe Rulon Clark von der Cornell University in Ithaca für Waldklapperschlangen herausgfunden, ist im Internet zu finden (Fachzeitschrift „Proceedings of the Royal Society: Biology Letters“, Mai 2024).

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Was kommt aus der Röhre?“

Morgan Skinner, Doktorand für Verhaltensökologie an der Wilfrid Laurier University (Kanada) beobachte Östliche Strumpbandnattern und kontrollierten Labor-Versuchsbedingungen und kam zum Schluss: „Alle Tiere, sogar Schlangen, müssen mit anderen interagieren.“ Wobei er da keine Vorlieben für Verwandtschaft feststellte, aber für zufällig entstandene „Freundschaften“, zu denen Schlangen, die er aus ihrem Umfeld trennte, zurückkriechen.

Mit- und Gegeneinander

Dieses und anderes Miteinander verpacken die beiden Tänzerinnen ebenso in Szenen wie auch heftiges Gegeneinander, wobei die körperliche Bewegung dabei die Gefühle, die vermittelt werden wollen, doch stark überlagert.

Die wenigen Worte und Sätze, unter anderem die Wörter für die verschiedenen Farben der Röhren, kommen in drei Sprachen – neben Deutsch noch den Erstsprachen der beiden Tänzerinnen Spanisch (Lilian Mosquera aus dem kolumbianischen Bogota) sowie Katalan (Gisela de Paz Solvas aus Barcelona, Spanien).

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Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Was kommt aus der Röhre?“
Doppelseite aus dem Bilderbuch "Neville gibt nicht auf"

Wieder von Wal verschluckt, gibt Neville auch dieses Mal nicht auf

War es vor zwei Jahren eine rote Mütze aus Franks Produktion, mit der Autor und Illustrator Sean E. Avery seinen Außenseiter in der Pinguin-Kolonie zwischen Buchdeckeln kennzeichnete und zum Helden machte, so lässt er Neville nun im ansonsten fast nur schwarz-weiß-Land durch eine rote Schnur als Art Pfoten-Reifen erkennen.

Und natürlich durch Risikofreude, Mut und Furchtlosigkeit. In „Neville gibt nicht auf“ (Übersetzung: Susanne Weber) wird er wieder von einem Killewald verschluckt. Diesmal trifft er im Bauch des riesigen Meeres-Säugetieres auf Robbe Walter, die sich ihrem Schicksal zu ergeben scheint. Und auf ein geräumiges möbliertes Wohnzimmer.

Und wie es der Titel verspricht, dieser Pinguin gibt nicht klein bei, und aufgeben ist schon gar keine Kategorie für Neville. „Wir sind noch nicht gegessen!“, versichert er sich, dem mitverschluckten Kumpel – und natürlich dir und dir und dir und allen anderen Leser:innen. Auch wenn’s noch so ausweglos ausschaut, sucht (nicht nur) der kleine Pinguin nach einem Weg aus dem Dunkel ins Licht…

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Station in der Installation "Metabolica"

Künstler lässt Algen und Bakterien Bio-Kunststoff in Riesen-Labor herstellen

Als hätte jemand ein Labor für Ries:innen gebaut, stehen die Behälter mit grüner, gelber, violetter Flüssigkeit in der Ausstellungshalle „Freiraum“ in der Vorderfront des Wiener MuseumsQuartiers. Schläuche verbinden die Reaktoren, in denen es blubbert. Dazwischen liegt eine U-Boo-ähnliche Maschine, im Hintergrund, knapp vor dem Durchgang in den Hof mit Kindermuseum Zoom, Kinderinfo und Theaterhaus für junges Publikum, Dschungel Wien, fährt eine Pferdekopfpumpe geräuschvoll auf und ab.

Riesenspinne

Schließlich thront eine Riesen-Monsterspinne im chronologisch letzten Raum, der auf der gegenüberliegenden Seite des Eingangs liegt, über einer Mega-3D-Drucker-Konstruktion. Eines ihrer Beine steckt in einem Behälter mit gelblicher Flüssigkeit – dazu später. Vor der Spinne liegt auf einem Tisch ein halber weißer 3D gedruckter Riesen-Menschenkopf, teils gefüllt mit schwarzen Kugel-Verbindungen. In einer Ecke lehnt tief gesunken eine Art Comic-Figur mit Kugelkopf, ebensolchen Händen und Füßen und einem sackartigen Körper.

Stoffwechsel-Prozesse

Das Labor ist auch tatsächlich ein solches. Der Künstler, vor allem Bildhauer, Thomas Feuerstein hat „Metabolica“, so nennt er seine Installation, 2017 begonnen, im Vorjahr beim Ars Electronica Festival in Linz – zum Thema Hope- who will turn the tide (Hoffnung – wer wird das Blatt wenden) – aufgebaut und nun ist dieser künstlerisch gestaltete Stoffwechselprozess in Wien zu beobachten, erleben, und bestaunen. Was hier entsteht: Biologischer Kunststoff – aus uuuuuuuralten Mitteln, winzigsten Grünalgen, gut zweieinhalb Milliarden alt, wie Feuerstein Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… erklärt, und Bakterien, die auch schon Millionen Jahre existieren.

Die beiden Elemente treten durch ihre Interaktion in einen Stoffwechselprozess, die Bakterien sorgen dafür, dass die einzelligen Grünalgen Fettsäure produzieren, und die Bakterien wandeln diesen in den Bio-Kunststoff PHB (Polyhydroxydbutyrat) um. In weiteren der Maschinen wird die Flüssigkeit entzogen und dieser neue Stoff kann als feines, weißes Granulat geerntet werden.

Entstehen und vergehen

Im 3D-Drucker erhitzt, „spuckt“ dieser die ihm einprogrammierten Objekte weiß aus. Aufgekocht werden sie, wie der Künstler dem Journalisten anvertraut, braun – was die anders modellierten Spinnenbeine erklärt. Eines der Spinnenbeine steckt wiederum in einem Behälter mit Flüssigkeit und diesen Bakterien, die nun wiederum das Objekt nach und nach zersetzen. Der Bio-Kunststoff ist natürlich auch biologisch abbaubar. In einem Video auf seiner Homepage nennt der Thomas Feuerstein als ein sehr praktisches Beispiel für ein mögliche Anwendung große Fischernetzte, die nicht selten irgendwann im Meer verfangen und nach und nach zu Mikroplastik werden, mit PHB aber schlicht und ergreifend sich relativ rasch natürlich auflösen würden.

Aus dem Bio-Kunststoff schuf Thomas Feuerstein unter anderem dieses an einen Ouroboros erinnernde Kunstwerk
Aus dem Bio-Kunststoff schuf Thomas Feuerstein unter anderem dieses an einen Ouroboros erinnernde Kunstwerk

Kreislauf-Symbol

Der Kreislauf wäre geschlossen – als Symbol für dieses Rund von Entstehen und Vergehen wählte der Künstler unter anderem Ouroboros, den Kreis aus einer Schlange oder einem Drachen die bzw. der sich in den Schwanz beißt – wörtliche Bedeutung aus dem Altgriechischen: „Schwanzverzehrender“, ein Bild, das es aber auch schon im Alten Ägypten gab. Wie eine Art Teil einer Ausgrabung von Fossilien hat Feuerstein für eine Vitrine in der Ausstellung ein halbes Skelett eines solchen Wesens – aus dem Biokunststoff modelliert.

Material und Werkzeug

Als Bildhauer gehe er zunächst einmal vom Material aus, erzählt er in der Ausstellung / Installation auch bei der Präsentation des Katalogs. Während er aber bei Arbeiten mit Marmor oder anderen harten Materialien den Werkstoff und Werkzeug brauche, seien hier die Algen und Bakterien gleichzeitig beides, sie seien sozusagen „künstlerische Kollaborateur:innen“, weil sie durch ihren Stoffwechsel (Metabolismus) erst das neue Material erschaffen.

Elefanten als Kind

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…. wollte von Thomas Feuerstein wissen, wie er zur Bildhauerei gekommen ist. „Ich hab schon als sehr junges Kind, so zwischen vier und sieben Jahren aus Ton Skulpturen gemach, immer Elefanten. Von ganz klein und dann immer größer. Ich weiß noch, eines Tages wollte ich damals eine Skulptur bauen, die so groß ist wie ein echter Elefant. Später hab ich dann viel gezeichnet, fotografiert, Filme mit einer Super 8-Millimeter Kamera gedreht. Und mit 18 hab ich mit einem Freund gemeinsam einen Keller zum Atelier gemacht, wo wir große Skulpturen gebaut haben.“

Der Katalog…

… ist weit mehr als die Beschreibung der Objekte, der Prozesse und der Idee dahinter. Philosophische, grundsätzliche Fragen werden hierin ebenso erörtert wie der bildende Künstler auch seine literarischen Qualitäten manifestierte – indem er viele seiner Gedanken in eine Fantasie-Geschichte verpackte, für die er die Hauptfigur Baha – als Anagramm von Ahab, und zwar jenem Kapitän aus Herman Melvilles „Moby Dick“, erfand.

In die Figur Lukrezia legt er seine eigene Begeisterung für PHB, indem er diese Forscherin sagen lässt: „Die Bakterien sind die neuen Verbündeten. Sie sind die Architekten und Bildhauer unserer Zeit. Die Welt braucht einen revolutionären Werkstoff zur Realisierung utopischer Erneuerung.“

Rund 15 Seiten später sagt sie zum nach etlichen abenteuerlichen Erlebnissen erschöpften Baha: „Du bist viele; dein Name ist Legion. Alles, was jemals auf der Erde gelebt hat, ist in dir. Ammoniak, Sulfide, Kohlenwasserstoffe, atomare Kopulation, molekularer Sex. In deinem Darm feiern Archaeen, Bakterien, Viren eine orgiastische Genese. Du bist nicht Mensch, Mann oder Frau. Du bist das Leben der vielen Geschlechter. Du bist Wirt, Symbiont und Holobiont für eine neue Kunst…“

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Mehr Informationen

Mathelehrer und Spiele-Erfinder Markus Slawitschek mit Teile des Prototyp des neuen Spiels Morty Sorty Magic Shop“

Wiener Mathelehrer ließ sich vom Naschmarkt für sein neues Spiel inspirieren

Entweder rund um die weltgrößte Spielwaren-Fachmesse in Nürnberg Ende Jänner / Anfang Februar oder irgendwann im Herbst – rechtzeitig vor dem für die Branche verkaufswichtigsten Wochen vor Weihnachten – stellen einschlägige Unternehmen ihre Neuheiten vor. So geschehen kürzlich in Wien, zufällig an ein und demselben Tag präsentierte sich Nürnberger Jubiläums-Ausgabe – zum 75. Mal und der bekannte Produzent Schmidt-Spiele zeigte die Neuheiten. Neu dabei: Diesmal gab es auch schon Aussicht auf ein Spiel, das erst in der Endfertigung ist: „Morty Sorty Magic Shop“ – mit zwei Wien-Bezügen.

Zahlen

Erstens lebt der Erfinder Markus Slawitscheck hier und unterrichtet Mathematik an der HTL Spengergasse. Und zweitens war eine der Inspirationsquellen für dieses Spiel der weltberühmte Naschmarkt zwischen der Linken und Rechten Wienzeile über dem Wienfluss zwischen Karlsplatz und Kettenbrückengasse.

„Ich wollte ein Spiel rund um Sortieren von Zahlen entwickeln“, erzählt er den Ausgangspunkt für die Entwicklung des Brettspiels mir Regalen, das noch auf die letzten Design-Schliffe wartet, bevor es in die Produktion geht, in Nürnberg bei der Messe mit an die 60.000 Fach- und Handels-Besucher:innen, fertig spielbar ist und in den Frühjahr in den Verkauf kommt. Einen Prototyp hat er zur Vorstellung der Schmidt-Neuheiten mitgebracht.

Teile des Spiels
Teile des Spiels „Morty Sorty Magic Shop“

Sortiert

„Am Naschmarkt haben mich die wunderschön sortierten Waren – Gewürze, Oliven, Obst, Süßigkeiten… – zum Konzept eines Verkaufsladens angeregt, in dem Zahlen sortiert werden sollten. Slawitschek wurde erst mit Mitte 20 Lehrer, davor arbeitete er nach der Matura als Programmierer, „aber ich hab schon viel Nachhilfe gegeben und dann Lehramt für Mathe und Physik studiert. Ich unterrichte gern Mathe“, lächelt er im Gespräch mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… während er die Prototypen-Teile der Spielfelder auflegt. Die sind nun nicht auf dem Naschmarkt, sondern in einem zauberhaften Laden namens „Morty Sorty Magic Shop“ angesiedelt – einerseits Veränderung beim Entwickeln und andererseits auch Marketing-Idee aus dem Spieleverlag.

Erfolg gemeinsam mit anderem Mathelehrer

Übrigens, seinen bisher größten Erfolg, „Die magischen Schlüssel“, hatte er gemeinsam mit Arno Steinwender, ebenfalls studierter Wiener Mathe- und Physiklehrer (Illustration: Camillia Peyroux, Australien) erzielt: Im Vorjahr wurde es zum Kinderspiel des Jahres vom Verein „Spiel des Jahres“ gekürt. Steinwender, einer der Top-Spiele-Erfinder Österreichs, unter anderem Smart 10, das in Variation seit einigen Jahren im Fernsehen läuft, kann mittlerweile von seiner Leidenschaft leben und ist aus der Schule ausgestiegen. Slawitschek unterrichtet aber auch erst seit einigen Jahren.

Krebsforscher auch Spieleautor

Auch der Autor des Kinderspiel des Folgejahrs (2025), Wolfgang Warsch, war Teil des Podiums des Schmidt-Spiele-Mediengesprächs – neben Geschäftsführer Axel Kaldenhoven und Produktmanager Bastian Herfurth – vor einigen Tagen. Passen zu seinem Spiel „Topp die Torte“ wurde – mit Sprühkerze versehen – eine dreistöckige echte Torte mit dem Spiele-Logo in den Raum im Traditions-Café Landtmann geschoben.

Warsch ist übrigens Wissenschafter und zwar Molekularbiologe, Spezialgebiet Krebsforschung. Neben Auszeichnungen für Forschungsarbeiten hat er auch schon etliche Preise für Brett- und Kartenspiele abgeräumt, unter andrem „Die Quacksalber von Quedlinburg“ sowie „Mit Quacks & Co. Nach Quedlingburg“.

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Neuheiten von Schmidt-Spiele

Auch schon clever – Dschungelparty
Neue Variante des beliebten Würfelspiels – statt Torte und Kerzen erwarten die Spielenden nun Affen, Elefanten, Blumen und Schmetterlinge.
Autor: Wolfgang Warsch; 2-4 Spieler:innen; ab 6 Jahren; ca. ¼ Stunde; UVP (unverbindlicher Verkaufspreis): 14,99€

Schachtel und Spiel
Schachtel und Spiel „Auch schon clever Dschungelparty“

Greif zu!
Schnell erkennen, noch schneller zugreifen und am Ende die meisten Plättchen abräumen. Kunterbuntes Reaktionsspiel.
Autor: Wolfgang Kramer; 2-4 Spieler:innen; ab 4 Jahren; ca. 5-10 Minunten; UVP: 14,99€

Schachtel und Spiel
Schachtel und Spiel „Greif zu“

Turm der Tiere
Acht quirlige Tierpaare genießen ihr friedliches Zusammenleben, aber ein listiger Zauberer hat es auf den glitzernden Edelsteinschatz der Tiere abgesehen und belegt den ganzen Turm mit einem mächtigen Fluch. Plötzlich sind alle Räume, in denen sich je ein Tier zurückgezogen hat, verschwunden – und Igel, Fuchs, Eule und Co. gleich mit. Der Scharfsinn der Mitspieler:innen ist gefragt: Wer hilft den verschreckten Bewohnern, wieder zueinanderzufinden und kann den Zauberspruch aufheben?
Autorin: Sophie Wagner; Memo- und Suchspiel; 2 bis 4 Spieler:innen; ab 5 Jahren; ca. 20 Minunten; UVP: 27,99€  

Schachtel und Spiel
Schachtel und Spiel „Turm der Tiere“

Der geheimnisvolle Brunnen
Vier mutige Freund:innen und die große Wasserwichtel-Prüfung: Mila, Vicky, Linus und Conrad müssen herauszufinden, welche Wichtel sich tief unten im Dunkel des Brunnens verstecken. Doch Vorsicht – wer voreilig seinen Frosch platziert, geht vielleicht leer aus.
Autor:innen: drei Magier; Tippspiel; 2 bis 4 Spieler:innen; ab 5 Jahren; ca. 25 Minuten; 38,99€

Schachtel und Spiel
Schachtel und Spiel „Der geheimnisvolle Brunnen“

Gardlings
Spieler:innen errichten Runde für Runde ihren eigenen Garten und versuchen wertvolle Edelsteine und Münzen zu puzzeln. Nur wer auf die passenden Gardlings setzt und die Gnome möglichst fernhält, hat die Chance auf den Sieg.
Autor:innen: Kristian A Østby (Dr Ø) & Maria Østby; Bag-Building-Spiel; 1-5 Spieler:innen; ab 8 Jahren; ca. ½ Stunden; UVP: 32,99€

Schachtel und Spiel
Schachtel und Spiel „Gardlings“

DOG® Avatar
Basierend auf dem bekannten DOG®-Spielprinzip, treten die Spieler:innen diesmal nicht nur mit ihren Figuren an, sondern können völlig neue Abkürzungen nutzen sowie den mächtigen Avatar aktivieren. Als offizielles Lizenzspiel zur Kultserie „Avatar – Der Herr der Elemente“ verbindet diese Edition das klassische DOG®-Spielgefühl mit der faszinierenden Welt der vier Elemente – Feuer, Wasser, Erde, Luft.
Redaktion: Nicolas Niegsch; Grafik: Alexander Wollinsky; Brett- und Kartenspiel; 2-4 Spieler:innen; ab 8 Jahren; ca. ¾ Stunde; UVP: 32,99€

Kavango
Die Spieler:innen übernehmen die Rolle von engagierten Expert:innen, die sich dem Aufbau und Erhalt eines der artenreichsten Naturschutzgebiete der Erde widmen. Im Fokus steht die gleichnamige Region im Südwesten Afrikas (Namibia), ein einzigartiges Ökosystem, das durch verantwortungsbewusste Entscheidungen, kluge Planung und gezielte Investitionen geschützt und weiterentwickelt werden soll. „Kavango“ verbindet Naturschutz mit Spielspaß und lädt zu einer strategischen Reise in eine faszinierende, aber leider auch bedrohte (Tier-)Welt ein.
Autor:innen: Matt Brown & Zara Reid; Karten-Strategie-Spiel; 1-4 Spieler:innen; ab 10 Jahren; ca. eine Stunde; UVP: 54,99€

Schachtel und Spiel
Schachtel und Spiel „Kavango“

My Seven
In diesem neuen Legespiel geben clevere Kombinationen und strategisches Tauschen den Ausschlag. Tiersteine nehmen, Familien bilden, Joker richtig einsetzen und im entscheidenden Moment das Spiel beenden: bunt, zugänglich und voller überraschender Wendungen lädt „My Seven“ zum cleveren Kombinieren ein. Wer genau hinsieht, kann geschickt auf die Auslagen der Mitspielenden zugreifen und so die besten Kombinationen legen.
Autor: Michael Schacht; Brettspiel; 2-4 Spieler:innen; ab 8 Jahren; ca. 20 Minunten; UVP: 32,99€

Schachtel und Spiel
Schachtel und Spiel „My Seven“

Qwirkle Flex…
… folgt den gleichen Regeln wie das Original und erhält durch die neuen Hintergründe der Steine einen frischen Twist. Das Kombinationsspiel behält dabei das einfache Ziel, Reihen aus gleichen Farben oder Formen zu legen, bei. Doch nun eröffnen diagonale Anordnungen gleicher Hintergründe neue Möglichkeiten zur Punktejagd.
Autorin: Susan McKinley Ross; Kombinationsspiel; 2-4 Spieler:innen; ab 7 Jahren; ca. ½ Stunde; UVP: 37,99€

Schachtel und Spiel
Schachtel und Spiel „Qwirkle Flex“

Clear 4
In dem kurzweiligen Ablegespiel geht es darum, die eigenen Handkarten sowie die vor sich liegenden Kartenstapel geschickt zu kombinieren und auf dem Ablagestapel loszuwerden. Mit jedem Zug wächst dieser weiter bis ihn jemand nehmen muss, ein Rückschritt auf dem Weg zum Sieg – und nur ein erlösendes „Clear 4“ kann dies verhindern.
Autor:innen: Joe & Christine Ward; Kartenablegespiel; 2-6 Spieler:innen; ab 8 Jahren; ca. ¼ Stunden; UVP: 14,99€

Schachtel und Spiel
Schachtel und Spiel „Clear 4“

wiener-lehrer-erfinder-von-mehr-als-50-spielen <— Interview mit Arno Steinwender – damals noch im Kinder-KURIER

spielwarenmesse.de

schmidtspiele -> demnachst

Szenenfoto aus "Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute" vom Jungen Linzer Landestheater

Hinschauen und Fragen stellen oder nichts sehen, hören, sagen?

Rote Schuhe und Handschuhe zum schwarzen Gewand der eine, eine rote Jacke die andere, ein Dritter mit ebensolcher kurzer Hose und der Vierte mit rotem Hemdkragen unterm dunklen Pullover. Die vier Schauspieler:innen Vinzent Gebesmair, Alexandra Diana Nedel, Jakob Schmölzer und Levi R. Kuhr sitzen verteilt auf Plätzen zwischen Zuschauer:innen der Kammerspiele-Studiobühne des Linzer Landestheaters. Sie stimmen – verteilt – mit Sätzen über Schwarz-Weiß-Fotos eines kleinen Zoos in einer Gegend mit schönen Häusern für die einen und Bruchbuden für die anderen, auf das Stück ein.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“ vom Jungen Linzer Landestheater

Auf und zwischen Betonblöcken, die an Mahnmale gegen Krieg und Faschismus erinnern (Bühne und Kostüme: Mona Hapke), mit einigen orange-rostig wirkenden Drahtbügeln und -griffen, sowie einem großen, kleinkarierten Gitterdeckel schlüpfen die vier dann auf der Bühne vor allem in die immer wieder wechselnden Rollen der hier gefangenen Tiere: Von sich zu Chefs aufspielenden Pavianen über Mufflons, ein turtelndes Pärchen schwarzer Trauer-Schwäne aus Frankreich, die sich mit vornehm klingender entsprechender Sprachfärbung ihres Deutsch als Madamm und Mössio abheben, bis zu Eichhörnchen und vor allem einem starke Gefühle zeigenden Murmeltier-Mädchen. Dieses zeigt sich bewegt vom Tod des Nashorns, das eines Tages – mit traurigem Blick – das Leben aushauchte.

Andere Seite

Frost? Heimweh? Oder könnte es noch einen anderen Grund für dessen Tod geben? Das legt immerhin der Titel des Stücks nahe, das zu den meistgespielten im deutschsprachigen Raum zählt: „Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“. Auf dieser anderen Seite stand das Konzentrationslager Buchenwald auf dem Ettersberg bei Weimar – mit eingesperrten dürren Zebrawesen auf zwei Beinen, rechtlos gehaltenen Menschen, geknechtet von Artgenossen, den „Gestiefelten“.

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Szenenfoto aus „Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“ vom Jungen Linzer Landestheater

Den Zoo gab es wirklich

Jens Raschke hat das Stück vor mehr als zehn Jahren geschrieben, nachdem er sich mit dem historischen Vorbild dieses Tiergartens intensiv beschäftigt hatte: Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald mussten tatsächlich einen Tiergarten zur Belustigung des KZ-Wachpersonals bauen, nur durch einen Zaun von ihrem eigenen Gefangenenlager entfernt. Übrigens, Sonntags machten Familien aus Weimar Ausflüge in diesen Zoo!

Fabel-„Trick“

Der Autor siedelt das Geschehen in der Welt der Tiere an und lässt alles aus deren Perspektive spielen, pflanzt ihnen allerdings unterschiedliche menschliche Verhaltensweisen ein – das Rezept aller Fabeln. Affen als Diener der Gestiefelten maßregeln Tiere wie das Murmeltiermädchen, das sich Fragen nach dem Grund von Nashorns Traurigkeit stellt. Vor allem die vielen Fragen des neu angekommenen Bären nerven die Hilfs-Kapos, wollen den Bären zum Schweigen veranlassen, er möge sich angepasst verhalten, das wäre für sie alle besser… Andere sind sich zwar unsicher, ob da drüben alles mit rechten Dingen zugehe, wollen sich aber lieber nicht einmischen…

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Szenenfoto aus „Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“ vom Jungen Linzer Landestheater

Stinkt gewaltig

Der Bär aus Sibirien – oder wie Murmeltierkind sagt Sibärien – wundert sich unter anderem darüber, weshalb es da – im Waldgebiet – gar keine Vögel gibt; übrigens auch das eine historische Tatsache. Ob es an dem ekelig nach verbranntem Menschenfleisch riechenden Rauch aus dem Schlot hinter dem Zaun liegt? „Hier stinkt doch etwas gewaltig!“

Während es praktisch alle Tiere, die der Autor in sein Stück einbaute, gab, erfand er den neuen Bären, den er dann auch ein dramatisches, spannendes Ende vollbringen lässt, das hier nicht gespoilert werden soll.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“ vom Jungen Linzer Landestheater

Wie verhalten…

Das Ende der Handlung soll auch gar nicht im Zentrum stehen, sondern vielmehr die Fragen und das Nachdenken über das Verhalten der verschiedenen Tiere, stellvertretend für Menschen angesichts des – an sich nicht zu übersehenden – mörderischen Grauens auf der anderen Seite des Zauns. Das Spiel des Jungen Linzer Landestheaters (Regie: Nele Neitzke; Dramaturgie und Musik: David Baldessari) lässt da immer wieder auch Raum für stille Moment, um selber zu grübeln. Und hat zwei verschiedene Programmhefte – für Zuschauer:innen ab 10 bzw. 13 Jahren – mit fallweisen, ebenfalls aufgeteilten, Nachbesprechungen: Für die Älteren mit den Fakten von 280.000 eingesperrten Menschen zwischen 1937 und 1945, wovon rund 56.000 von den Nazis ermordet wurden bzw. den katastrophalen Haftbedingungen zum Opfer fielen. Für die Jüngeren werden eher Fragen nach dem Verhalten der Tiere gestellt und da vor allem nach dem Hinschauen und Mutig-Sein.

Übrigens: Fußball im KZ Mauthausen

Nicht nur der Zoo neben dem Zaun zum Konzentrationslager Buchenwald war fast absurd wirkende Realität im Wahnsinn der Massenvernichtung menschlichen Lebens durch die Nazis. Im Konzentrationslager Mauthausen (Oberösterreich) fanden regelmäßig Fußballspiele von Häftlingsmannschaften statt und die SS-Mannschaft war ihrerseits Teil der oberösterreichischen Fußball-Liga, feierte 1944/45 den Herbstmeistertitel (Quelle: Mauthausen Memorial, KZ-Gedenkstätte, Link weiter unten).

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Was das Nashorn sah… – Version der Grazer Theatergruppe „Follow the Rabbit“ in Kooperation mit dem Vorarlberger Landestheater und der Stadt Dornbirn <– damals noch im Kinder-KURIER

mauthausen-memorial –> SS-und-Haeftlingsfussball-im-KZ-Komplex-Mauthausen-Gusen

Szenenfoto (Endproben) aus "Richterskala 7,8" im Theater am Werk / Kabelwerk

Äußere und innere Erschütterungen von Erde und Menschen

Geschätzte fünf Dutzend der weltberühmten, fast allgegenwärtigen Kunststoff-Sessel – „Monobloc“ ist das meistverkaufte Möbelstück aller Zeiten – auf einem Sandstrand. Manche einzeln stehend, andere gestapelt, etliche durcheinander gewirbelt – was die Assoziationen zum Stücktitel herstellt: „Richterskala 7,8“.

Mit Letzterem wird bekanntlich die Stärke von Erdbeben angegeben, die genannten Größe wird mit „Zerstörung über weite Gebiete“ am oberen Ende der Skala – 10 wurde noch nie registriert – angegeben. Und natürlich – angesichts der beiden Schauspielerinnen Elif Bilici & Özge Dayan-Mair, die das Stück auch entwickelt haben, ergibt sich sofort die Assoziation zu den Erdstößen, die am 6. Februar 2023 den Südosten der Türkei und den Norden Syriens erschütterten. Ein zweites Erdbeben am selben Tag erreichte noch immer die Stärke 7,5. Folgen: mehr als 62.000 Tote, mehr als 125.000 Verletzte.

Dreisprachig

Doch das steht gar nicht im Zentrum der rund einstündigen Performance mit Sprechpassagen auf Deutsch, Wienerisch und Türkisch, Musik und einem an Derwisch erinnernden Tanz der Erstgenannten gegen Ende der Aufführung im Kabelwerk (Theater am Werk).

Szenenfoto (Endproben) aus
Szenenfoto (Endproben) aus „Richterskala 7,8“ im Theater am Werk / Kabelwerk

Erschütterungen

Durcheinander im Leben der beiden Künstlerinnen, die in Wien ihre Parallelen – erst bei Solidaritäts- und Charity-Aktionen für überlebende Opfer des genannten Erdbebens – kennengelernt haben, prägen das atmosphärisch, über weite Strecken sehr unaufgeregte Schauspiel, die Dialoge. Beide kommen aus Izmir (Ägäis-Küste), mit drei Millionen Einwohner:innen drittgrößte Stadt der Türkei, eine in der – so betonen sie -, Erdoğan noch nie eine Wahl gewonnen hat.

Altgriechisch hieß sie Smýrna, was antiken Quellen zufolge der Name einer Amazone war. Neben der Multikulturalität (Griechisch, Türkisch, Armenisch, Levantinisch) interpretieren die beiden Künstlerinnen dies als feministisches Signal. Bilici und Dayan-Mair fanden aber noch mehr Gemeinsamkeiten, so ist beider erste Heimat der Stadtteil Karşıyaka. Ebenso wollten sie beiden nach Europa und vermissen hier vor allem Meer und Sonne.

Szenenfoto (Endproben) aus
Szenenfoto (Endproben) aus „Richterskala 7,8“ im Theater am Werk / Kabelwerk

Aber nicht nur das, ihre Träume wurden immer wieder durch Ähnliches erschüttert. In der Türkei erworbenen Qualifikationen zählten ebenso wenig wie ihre Sprachkenntnisse. So hatte Özge Dayan-Mair in Istanbul Klassik-Konzerte organisiert, meldete sich auf ein Inserat der Staatsoper für eine Managementposition. Und wurde in einen Raum mit Barockkleidern gebeten, um auf der Straße Tickets zu verkaufen. Deutsch in und durch Sprachkurse stießen auf die Grenzen der Umgebung, die eine ganz andere Sprache zu verwenden scheinen – schau ma amoi.

Korruption

Irgendwann dazwischen wird auch das besagte Erdbeben angesprochen – wobei in dieser Szene der „Saal oben“ im Kabelwerk in Dunkel getaucht wird -, aber auch damit verbunden, dass ein Gutteil der Zerstörungen auf illegale, nicht erdebeben-sichere Wohnbauten „dank“ korrupter Politiker zurückzuführen war, staatliche Hilfe kaum ankam und noch immer ein Gutteil der Überlebenden in Containern wohnen muss.

Szenenfoto (Endproben) aus
Szenenfoto (Endproben) aus „Richterskala 7,8“ im Theater am Werk / Kabelwerk

Wut-Beben

Der Ärger darüber und über die ablehnenden Erfahrungen und Erlebnisse in der neuen Heimat lässt vor allem in Elif Bilici bühnenreif Wut zum Beben bringen. Gibt es Hoffnung – und was ist eine solche überhaupt? Bin ich ein Mensch? Gehöre ich zu ihnen? Müssen wir bei jeder Wahl zittern? Und warum darf ich gar nicht wählen?

Philosophisch-politische Fragen verpacken die beiden Schauspielerinnen in diesem über lange Zeit entwickelten Stück (Martina Gredler; Dramaturgie: Anna Schober) mit Musik von Emanoel Bruckmüller, Çağrı Beklen, Dario Moreno (Her Akşam Votka, Rakı Ve Şarap / Sarhoş  – Wodka, Raki und Wein jeden Abend / Betrunken) in teils poetische, mitunter wütende, aber auch weich-liebevolle Szenen (Nicht-Türkisch-Sprachler:innen lernen zwei türkische Wörter für Liebe kennen: Aşk & Sevgi), die immer wieder auch viel Raum und Zeit für mögliche eigene Assoziationen geben.

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Szenenfoto aus "Der Hase und der Igel"

Trick zugegeben – Freundschaft gewonnen

Ätsch, ausgetrickst. Bis der Hase sich totläuft, narren ihn Igel und Igelfrau mit ihren „ich bin schon da!“-Rufen. Wobei der Igel und seine Frau dies nicht aus Bösartigkeit tun, hat der Hase die Gattung der Stacheltiere zuvor aufs Übelste verspottet. Nein, so soll’s auf keinen Fall im Theater des Kindes zugehen, wenn die bekannte Fabel, die Eingang in die berühmte Sammlung der Gebrüder Grimm gefunden hatte, auf die Bühne kommen soll; wurde doch schon vor ziemlich genau einem Jahr auch das Bilderbuch „Wenn zwei sich streiten“ dramatisiert, um Konkurrenzkampf mit Augenzwinkern zu inszenieren – es wird in dieser Saison wieder aufgenommen; Link zur Stückbesprechung gleich hier unten.

Schlechtes Gewissen

Und so freut sich zwar Igel Igor (Christian Lemperle), dass er das Wettrennen gegen den viel Schnelleren Hasen Harry (Katharina Schraml) gewonnen hat, weil am Ziel Igelin Inge aus dem Gebüsch hüpft – diese übrigens als Schattenfigur. Als solche ist sie in einer früheren Szene auch mit Igor als solch Laser-ge-cuttete Figur samt den drei Igelkindern Ilvy, Ida und Ivo an anderer Stelle der Bühne (Harald Bodingbauer) in Erscheinung getreten.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der Hase und der Igel“

Zurück zum „Wettlauf“: Igor kriegt aber mit, wie niedergeschlagen sein Konkurrent ist – und daraufhin ein ziemlich schlechtes Gewissen. Ängstlich aber doch, gesteht er den Trick. Und siehe da, der Hase triumphiert nicht, zeigt sich „nur“ erleichtert.

Beide erkunden in der Folge gemeinsam, was sie gut können und was genau nicht, im Schmatzen sind sie Weltmeister, im Jonglieren Nieten… Eine wunderbare Freundschaft der beiden beginnt – alle haben gewonnen, „Neu-Deutsch“ würde das wohl „win-win“ heißen (Regie: Sarah Gaderer).

Ängste

Das seit mehr als 50 Jahren bestehende Linzer Theater machte der Autorin Nora Dirisamer, an die sie – wieder einmal – den Auftrag vergab, keine Vorgaben, wobei schon klar war – siehe Einleitung. Einerseits mögen doch schon sehr junge Kinder Wettbewerbe, beginnt diese im Gespräch nach der Premiere mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…, aber andererseits sollte es natürlich eine Wende geben. Der Hase ist so schnell, weil er ein Fluchttier – und damit auch ängstlich ist. Und der Igel hat Angst, zuzugeben, dass er – gemeinsam mit der Igelin – getrickst hat.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der Hase und der Igel“

Sich zu entschuldigen, um Verzeihung zu bitten, einen Fehler zuzugeben bedeutet (fast) immer große Überwindung. Nicht zuletzt auch aus der Angst vor der (möglichen) Reaktion. Dies rücken Autorin, Inszenierung und das Schauspiel der beiden Protagonist:innen ziemlich unaufgeregt ins Zentrum des Geschehens, aber „nur“ als Ausgangspunkt für die neu-gewonnene Freundschaft.

Sportarten

Schon bevor es zur Begegnung und zum „Wettrennen“ kommt, dreht Katharina Schraml als Hase Laufrunden nicht nur auf der Bühne, sondern zwischen den Publikumsreihen die Stufen hinauf, ins Theaterfoyer und wieder zurück. Und mit diversen Stangen und Bällen spielt sie noch so manch andere Sportart – vom Gewichtheben bis zum Kugelstoßen. Christian Lemperle als Igor Igel sollte eigentlich Nahrung für die Igelfamilie – als wie oben schon erwähnt Schattenfiguren – holen, trifft aber eben auf Harry, der ihn wegen seiner Kleinheit auslacht und böse Sprüche über ihn und seinesgleichen loslässt. Was erst den Plan des Tricks beim Wettlauf reifen lässt.

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Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der Hase und der Igel“
Titelseite des Saison-Programmheftes des Linzer Theater des Kindes für 2025/26

So kann Konkurrenz auch sein, rund um Geschenke und ein sehr junger Tagträumer

20.000 Besucher:innen in 232 Vorstellungen – dies ist die zahlenmäßige Bilanz des Linzer Theater des Kindes für die vergangene Saison 2024/25, womit die Bühne in der Langgasse auf eine Gesamtauslastung von 97 % gekommen ist, wie unlängst bei der Vorstellung des Programms der neuen Saison der künstlerische Leiter, Andreas Baumgartner stolz bekanntgab.

„Sherlock Holmes“ lockte in 54 Vorstellungen 6.611 Besucher:innen an, gefolgt von „Moby Dick“ (3.765 / 46 Vorstellungen und „Der Maulwurf und die Sterne“ (1.930 / 23). Insgesamt standen elf verschiedene Stücke auf dem Spielplan – zehn davon Ur- bzw. Erstaufführungen.

Ausblick auf 2025/26

Der Hase und der Igel

Link zur Stückbesprechung der Premiere hier unten

Ein Stück Weihnachten

Manche Geschenke lassen sich nicht verpacken; das Ensemble des Theater des Kindes macht sich mit dieser Stückentwicklung auf eine Reise, in der Geschichten, Bräuche und persönliche Erfahrungen um Weihnachten ein wesentlicher Teil sein werden.
Stückentwicklung von Lena Matthews-Noske / Simone Neumayr / Katharina Schraml / Andreas Baumgartner / Harald Bodingbauer / Christian Lemperle; zu sehen ab 28. November 2025.

Sujetfoto zur Stückentwicklung
Sujetfoto zur Stückentwicklung „Ein Stück Weihnachten“

Hannes und sein Bumpam

Eine traumhafte Freundschaft; Uraufführung nach dem Buch von Mira Lobe
Hannes kann gut tagträumen. Wenn er aus dem Fenster im Kindergarten auf die Hausmauer schaut, sieht er viele Tiere, die Wolke am Himmel ist ein Segelschiff und der Regen, der kommt von der Regenfrau. Genau diese will er basteln – und dafür braucht er Haare, darum schneidet er sich einfach eine seiner schwarzen Locken ab! Da wird ihm die Schere weggenommen. Und als die Kinder mit Buntpapier basteln, muss Hannes das Papier reißen, statt zu schneiden. Er rupft und zupft und plötzlich kommt ein Tier dabei heraus: der Bumpam! …

Regie: Caroline Richards; Dramaturgie: Peter Woy; Schauspiel: Lena Matthews-Noske, Simone Neumayr; ab 6. März 2026

Sujetfoto zu
Sujetfoto zu „Hannes uns sein Bumpam“ nach Mira Lobes Bilderbuch

Wiederaufnahmen

Wenn zwei sich streiten

Link zur Stückbesprechung von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… hier unten

Die Schnecke und der Buckelwal

Link zur KiJuKU-Stückbesprechung hier unten

Das rote Paket

Ausgehend von einer Besprechung des Bilderbuchs von Linda Wolfsgruber und Gino Alberti, Vorausgeschichte Link hier unten

Der Maulwurf und die Sterne

Zur Stückbesprechung von KiJuKU geht es hier unten

Robin Hood

Link zur Stückbesprechung von KiJuKU.at hier unten

Moby Dick

Nach dem Buch von Herman Melville
Stückfassung, Regie und Bühne: Mechthild Harnischmacher; Schauspiel: Lena Matthews-Noske, Simone Neumayr, Katharina Schraml; Kostüme: Hisu Park; Musik: David Baldessari; Choreografie: Izabela Soldaty; Dramaturgie: Peter Woy Lichtdesign: Natascha Woldrich; Regieassistenz und Requisiten: Felix Gfällner
Ab 7 Jahren; eine Stunde; ab Herbst 2025

Sujetfoto zu
Sujetfoto zu „Hannes uns sein Bumpam“ nach Mira Lobes Bilderbuch

Die Ersten

Link zur Stückbesprechung von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… hier unten

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Team des Linzer Theater des Kindes (von links nach rechts): Andreas Baumgartner (künstlerische Leitung, Geschäftsführung), Lena Matthews-Noske (Schauspielerin), Harald Bodingbauer (Assistenz künstl. Leitung, Dramaturgie, Produktion, Auswärtsvorstellungen), Christian Lemperle (Schauspieler) Peter Woy (Dramaturgie, Vorstellungsdienst), Katharina Schraml (Schauspielerin), Simone Neumayr (Schauspielerin), Gabriele Barth (Assistenz künstlerische Leitung, Produktion, Verkauf, Administration), Natascha Woldrich (Vorstellungstechnik), Franz Flieger Stögner (Technische Leitung, Vorstellungstechnik, manchmal auch Musik)
Team des Linzer Theater des Kindes (von links nach rechts): Andreas Baumgartner (künstlerische Leitung, Geschäftsführung), Lena Matthews-Noske (Schauspielerin), Harald Bodingbauer (Assistenz künstl. Leitung, Dramaturgie, Produktion, Auswärtsvorstellungen), Christian Lemperle (Schauspieler) Peter Woy (Dramaturgie, Vorstellungsdienst), Katharina Schraml (Schauspielerin), Simone Neumayr (Schauspielerin), Gabriele Barth (Assistenz künstlerische Leitung, Produktion, Verkauf, Administration), Natascha Woldrich (Vorstellungstechnik), Franz Flieger Stögner (Technische Leitung, Vorstellungstechnik, manchmal auch Musik)
Szenenfoto aus "Boom Boom Pansenstich"

Aufgeplusterte „Clown-Army“ zerlegt Bluten fürs Vatiland

Ein behelmter Typ, Melodica blasend und mit umgehängter kleiner Trommel, kommt die Stufen von Pavillon 7 herunter, um auf dem Platz davor mit den ersten Schlägen sozusagen den „Startschuss“ zu geben. Von links und rechts wie aus dem finsteren Nichts tauchen Mitspieler:innen des Kollektivs Spitzwegerich auf und tragen, militärisch schreitend, zwei große Kartonschiffe heran. Diese zeichnen sich durch Gewehrtürme aus, ein U-Boot schaukelt ebenfalls heran. Alle Träger:innen konterkarieren die soldatesken Auftritte durch pyjama-ähnliche Monturen nur in hohen Stiefeln.

So startet die knapp eineinhalbstündige Performance „Boom Boom Pansenstich“ des genannten Kollektivs. Nach Rotz (R‘Ó´T`Z) und vor Wasser dreht sich die aktuelle – nur mehr bis Sonntag laufende – zweite Produktion der Trilogie der Fluide nach Gerhard Rühms Gedicht „Wean. Rean. Blean.“ um Blut. Dieser kostbare Saft war der Ausgangspunkt für den von der Gruppe dieses Mal beauftragten Autor, Max Höfler. Dieser war übrigens heuer mit einem seiner experimentellen Texte beim Ingeborg-Bachmann-Preis eingeladen, den Natascha Gangl gewann, die schon mehrmals Texte für die Spitzwegeriche verfasste. Die Gruppe verbindet, verknüpft, näht, filzt, kocht usw. ihre Stücke als Gesamtkunstwerk von Schau- und Puppenspiel mit krassen schrägen Objekten , starken Texten einer- und immer wieder vielschichtigem Humor andererseits, sowie überzeugendem, präzisem Schauspiel und sehr oft Live-Musik sowie Akustik-Performances.

Originalzitate

Ein großes und kein leichtes Thema, meinte Höfler nach jener Aufführung, die Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… besuchte, zum Journalisten. Dann seinen ihm militärische Rang- und Ritual-Vorschriften untergekommen. Aus diesen zitierte er so manches, überhöhte dies, und bereicherte es um absurde, schräg, überdrehte Wort- und andere Bilder, fügte Figuren wie Schneewittchen (Katka Csanyiova), in deren Beschreibung ja Blut eines der drei zentralen Elemente ist, aber auch Pinguin (Rebekah Wild), Eisbär (Anna Hauf), Schlumpf (Flora Besenbäck), Banane (Sabrina Hager) und (Super-)Mario (Christian Schlechter) hinzu. Und machte alle Mitwirkenden ebenso wie das Publikum zu potenziellen, lernenden „Blutern“, denn „einmal muss alles aus sein“.

Schifferl-Versenken

Das ohnehin. Doch hier wird das mögliche Ende immer wieder vorzeitig herbeigeführt. Gewehrsalvenkrach und aus dem Bullauge in der Vorplatz-Szene wird ein Loch, das herausgeklappte Bullauge ist durchgekreuzt, wie beim bekannten Spiel vor allem auf kariertem Papier – „Schifferl-versenken“, für das übrigens bei der Abendkassa Zettel zum Spielen während der Wartezeit auf das oder nach dem Stück aufliegen.

Blut-Gerichte

Im Pavillon selber geht es noch viel schräger zu – das (tod-)ernste Thema wird fast durchgängig mit ver-rückten Bildern, Aktionen und (gesungenen) Texten, begleitet von heftiger (Elektro-)Musik, schräg- und schwarz-humorig serviert, und damit verträglich und trotzallem immer wieder amüsant. Apropos serviert. Nach Ablegen „ziviler Panier“ wird das Publikum – immer zwischen roten von der Decke hängenden (Blut-)Fäden hindurch in einen Raum mit ur-langer Tafel gebeten, die belegt ist mit roten Wackel-Gugelhupfs und an Götterfrüchte erinnernden Gelee-Massen aus Puddingformen. Während Simon Dietersdorfer, Anna Hauf und Martin Hemmer heftigste Musik auf die Ohren des Publikums loslassen, beginnen so manche der wackeligen rötlich-durchscheinenden „Blut“-Gerichte auf dem langen Tisch hin und her zu fahren, die Papierwand gegenüber dem Musik-Trio wird durchschnitten und als Handpuppe (gebaut und gespielt von Rebekah Wild) erscheint ein (Super-)Mario, allerdings mit blutrotem Schnauzer. Der aus Videospielen seit rund einem halben Jahrhundert bekannte Installateur in Latzhose hantiert als Puppenfigur an einer Wasserleitungs-Armatur, die zuvor einem der Spieler-Köpfe, die aus dem Tisch unter einer Speisenglocke auftauchen aus dessen Mund entfernt wurde. Super Mario hantiert mit Schraubenschlüssseln bis sie funktioniert – roter Saft rinnt aus der Leitung.

Staats-Saft

Aus privatem Blut wird, dringt es aus uniformierten und zu „Blutern“ dekorierten Körpern edler „Staatssaft“. Je mehr Orden, desto wertvoller und umso mehr müssen Menschen und Schiffe Trauerflors tragen – auch hier Zitate, die an Originalvorschriften angelehnt sind. (Bereit-)willig lassen sich einzelne im Publikum von Sprech-Musiker Dietersdorfer in einer der Fantasie-Matrosen-Uniformen, bunte Pickerl an die Kleidung heften, nicht selten dabei salutierend ;(

Aufgeplustert

Die Performance-Einheit rund um die lange blutige Götterfrucht-Tafel wird durch einen Pinguin im Aufblas-Kostüm aus bemaltem dünnen Segel- und Fallschirmstoff (Spinnaker) angeführt, einen Stock höher (an-)geführt. Dort tauchen die anderen oben schon genannten Figuren in ebensolchen von Dauer-Ventilatoren aufgeplusterten Kostümen auf, die von den ebenfalls oben schon mitgenannten Spieler:innen zum Leben erweckt werden, in unterschiedlichsten Interaktionen, so scheinen beispielsweise Schlumpf und Schneewittchen zu knutschen, mehr und mehr ent-puppt sich dies aber als ein Bedrängen der Märchenfigur durch den Blau-Mützigen. Wenn Mario den Geist aufgibt, zitiert Musiker Hemmer aus dem Text, der Anleihe nimmt bei einer Begräbnisrede aus einem Kaff beim kleinen deutschen Eck rund um Hingabe für das geliebte – nur leicht verfremdete – „Vati“-Land.

Für Ernst- und andere Fälle ge-rüstet?

Aber so richtig bereit sind die Figuren noch nicht für die ultimative Blutprobe, konstatiert der Autor in einer kurzen Schauspielrolle mit aufgeplusterten Händen. Die Gruppe bat Höfler, für sich selber auch eine Rolle zu erfinden, und so agiert er mit seinem eigenen Namen als Art Oberaufseher hinter Glaswänden im Akt der aufgplusterten zombieartigen Figuren und ist dabei Berater beim AMS, der aber sicher niemanden zu einem der Kurse geschickt habe, sie aber nun prüfen und testen müsse…

Schließlich müssten sie ja für den Ernstfall ge-rüstet sein. Eine sehr schräge Text-passage über möglichst alle Wortkombinationen mit Fall fand schon sozusagen im Vorspiel zwischen den Kriegsschiffen am Platz vor dem Pavillon statt.

Der Spielort des überdrehten Schau-, Puppen-, Objekt- und Musikspiels, das den Irrsinn von Kriegsgeilheit und Militarismus zerlegt, ist übrigens mit dem Otto-Wagner-Areal am Rande von Wien-Penzing, das vormalige vor allem Psychiatrische Krankenhaus, im Volksmund noch immer als „Irrenhaus“ bezeichnet…

Clown-Army

Irgendwie erinnern die sechs aufgeplusterten Figuren im Zusammenhang mit der antimilitaristischen Show an Auftritte vo Clown-Armys – in unterschiedlichsten clownesken Outfits und Gehaben nehmen sie – oft in direkter Konfrontation mit Autoritäten diese aufs Korn. Vor vielen Jahren – sicher mehr als zehn, leider ließ sich in der Recherche nicht mehr finden wann – war Kinder-KURIER, Vorläufer von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… dabei als höchstens zwölf Jugendliche mit roten Nasen, Salatschüsseln und Nudelsieben als Helme auf dem Kopf mit dem Kinderreim „ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm, vorwärts, seitwärts, stopp“, am Nationalfeiertag (26. Oktober) vom Wiener Maria-Theresien-Denkmal weg zur „Leistungsschau des Bundesheeres“ auf dem Heldenplatz marschierten und zwischen auf Panzern und Kampfflieger herumkletternden Kindern den Militarismus persiflierten – und hochdekorierte Armee-Uniformierte fast zum Auszucken brachten.

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Szenenfoto aus "SoundON"

Tänze für eine bessere Zukunft

Im klassischen Hip-Hop-Trainingsanzug versammeln sich vier Tänzerinnen vor vier Podesten rund um einen Tisch mit Mischpult. Auf Zuruf der Choreografin und künstlerischen Leiterin Anna Konjetzky am Technik-Board über der Publikumstribüne beginnen Sahra Huby, Amie Jammeh, Florence Mankenda und Cary Shiu ihre Zeigefinger zusammenzurücken. Gemeinsam drücken sie eine der Tasten und – entsprechend dem Titel der Performance – geht’s los: „SoundON!“ Und nicht nur der Ton, sondern auch die Lichter starten ebenso wie die Tanz-Show. Zuerst mit kleinen eher Aufwärm-Bewegungen und dann mit kräftigen Moves unterschiedlichster Art – und mit Botschaften.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „SoundON“

Traum-Länder

Von „nicht dies oder das sein wollen“ bis zu Wunschtraumwelten, wenn sie sich’s aussuchen könnten – vom Queer- bis zum Marshmellow-Land. Jedenfalls keine Fremdzuschreibungen und eben den Möglichkeiten, so sein zu dürfen, wie’s gerade passt – soft, traurig, k.o. oder schwach sein sollte genauso okay sein wie stark zu sein.

Die Sager kommen in Form von Songs ebenso wie von Fragen aneinander oder projizierten Kürzest-Sprüchen auf die weißen Quader. Letztere verwandeln die Tänzerinnen von anfänglichen Denkmal-Podesten auf denen die vier auf engstem Raum ihre Tanzbewegungen ausführen bis zu einer Art Laufsteg durch Umlegen und Aneinanderreihen. Vor allem aber bewegen sie sich frei im Raum dazwischen – mal in einzelnen kurzen Solo-Auftritten, dann wieder in gemeinsamer synchroner oder jedenfalls abgestimmter Bewegung. Oder eine nimmt Moves von einer anderen auf, reproduziert sie aber nicht 1:1, sondern macht ihr eigenes Ding draus. Hin- und mitreißende Bewegungskunst legen die genannten vier Tänzerinnen auf den Tanzboden und die vier Podeste.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „SoundON“

Starke Moves und Sager, schwache Witze

Als tanzende Feministinnen mit Veränderungs-Ansprüchen an die herr-schende Welt bringen sie diese ihre Botschaften immer wieder in der nicht ganz einstündigen Performance zu Gehör – und Ansicht (als wie schon erwähnt projizierte Sprüche), filmen einander dabei immer wieder mit einem Smart-Phone; Projektionsflächen sind die vier Podeste. Hin und wieder versuchen die Performerinnen die Botschaften in Witze zu verpacken, Variationen der bekannten nicht besonders lustigen Glühbirnen-Scherze (wie viele… braucht man zum Wechseln einer solchen) kommen ebenso wie der auch schon mit sehr langem Bart „Wieso kann eine Frau nur mit links schlagen? Weil sie keine Rechte hat…“

Der allerdings alle bereits errungenen, erkämpften Rechte damit Beiseite schiebt und im Widerspruch zum Wunsch, in einem Land der Nicht-Erwachsenen leben zu wollen. Es gibt zwar die Kinderrechtskonvention seit 1989, aber Rechte von Kindern sind wohl kaum realer umgesetzt als jene von Frauen.

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Szenenfoto aus "Der Junge mit dem längsten Schatten"

Ein jugendliches „Ich bin ich“

Knapp mehr als eine Stunde, kompakt, dicht, aber nie zu dicht verläuft „Der Junge mit dem längsten Schatten im Theater im Zentrum (dem kleineren der beiden Häuser des Wiener Theaters der Jugend) wie im Flug.

Wenngleich der Engelsflug der beiden Zwillingsbrüder Adam (Una Nowak) und Atticus (Mino Dreier) sozusagen als Embryos mit Flügeln im Mutterleib nach der an Michelangelos Gemälde von der göttlichen Erschaffung Adams angelehnten „unbefleckten Empfängnis“ zu Beginn doch ein wenig jenseitig wirkt, spielt sich die Konkurrenz der gerade 12-jährig gewordenen recht realistisch ab.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der Junge mit dem längsten Schatten“

2 Minuten, die „Welten“ bedeuten

Finegan Kruckemeyer (Deutsch von Thomas Kruckemeyer) hat sich die Besonderheit einfallen lassen, dass Adam, der um zwei Minuten ältere knapp vor Mitternacht – noch dazu am 31. Dezember 1999 – auf die Welt kommt und Atticus damit erst am nächsten Tag im neuen Jahr(-tausend). Und dass der Jüngere – obwohl beide immer gleich groß sind – einen kürzeren Schatten wirft.

Adam ist der Coolere, oder zumindest der, der bei allen anderen in der Schule besser ankommt. Atticus mehr ein Nerd, Bücherverliebt, sprachenbegeistert und -talentiert, liest Harry Potter auf Japanisch und Französisch… Für seine Schlauheit bewundert ihn der Bruder sogar, wenngleich eher insgeheim.

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Szenenfoto aus „Der Junge mit dem längsten Schatten“

Verwandlungspläne

Natürlich will auch Atticus cool sein, wenigstens anerkennt und respektiert, statt ausgegrenzt und gemobbt zu werden. Und so schmiedet er Pläne. Geht eines Tages als sein Zwillingsbruder in die Schule, als dieser mit der Mutter zum Zahnarzt muss, wird an einem anderen Tag zum Super-A…loch, der sogar den Ober-Mobber der Schule Mike Tanner – in dessen Rolle kurzfristig Una Nowak, ansonsten Adam, schlüpft – fertig macht. Sich selber aber grässlich dabei findet. Auch das ist nix für ihn…

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Szenenfoto aus „Der Junge mit dem längsten Schatten“

Selbstvertrauen gibt Licht

Letztlich – und das ist von Anfang an klar, was der Autor und die Inszenierung sagen wollen (Regie: Gerald Maria Bauer, ansonsten eher Spezialist für überlange, hoch-komplizierte Stücke): Atticus kommt drauf: So wie ich bin ist’s okay, sehr sogar. Und der vergleicht das mit den unterschiedlichen Schatten – vielmehr die Sonneneinstrahlung, die ja dafür zuständig ist – mit Selbstvertrauen…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der Junge mit dem längsten Schatten“

Una wusste es sofort

Mino Dreier und Una Nowak, die eineinander – obwohl nicht verwandt – äußerlich recht ähneln, verkörpern die ungleichen Zwillingsbrüder recht schwungvoll und glaubhaft. Der Regisseur hat’s auch den beiden überlassen, wer wen spielen will. Er selbst war sich, so verrät er im Gespräch mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… nach der vielumjubelten Premiere, nicht so sicher. Auch andere im Haus, die er gefragt habe, hätten keine eindeutigen Präferenzen gehabt. „Aber Una wusste sofort, Adam spielen zu wollen.“

Ein Beweggrund war auch, dass beide schon im Vorjahr in Till Wiebels „Funken“ – damals mit weiteren Schauspielerinnen auf der Bühne agierten und dabei mit Malte Schröder und Twinkle auch konträre Figuren gaben, aber von den Typen eben andersrum als nun im „Jungen mit dem längsten Schatten“.

„Jetz weiß ich, wer ich bin….“

Sowohl im Stücktext angelegt als auch in der Inszenierung ergibt sie die Erkenntnis der beiden 12-Jährigen, natürlich besonders von Atticus einfach aus den Szenen, aus der Entwicklung ohne belehrenden Zeigfinger; erinnert entfernt ein bisschen an Mira Lobes Kinderbuchklassiker vom „kleinen Ich bin ich“, in dem es nach der Tour zu anderen Tieren, auf der es immer danach fragt, wer es sei, zur Erkenntnis kommt: „So, jetzt weiß ich, wer ich bin! Kennt ihr mich? Ich bin ich!“

Neben den beiden kommen Mutter, Vater und Erzähler nur als Stimmen aus dem Off – Sophie Aujesky, Christian Graf und Till Firid – vor. Für die – mitunter recht starken – Lichtspiele sorgt Christian Holemy.

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Szenenfoto aus "Who eh F*ck is Alice?!" von Theater Delphin

Who the f*ck is Alice? Und wer ist denn dieser Lewis Carroll?

„Alice im Wunderland“, eines der großen Loblieder auf Fantasie und Durchbrechen herkömmlicher Logiken, noch dazu geschrieben von einem Dozenten für Mathematik an der berühmten Universität von Oxford (Großbritannien), hat schon viele kreative zu weiteren Kunstwerken inspiriert – ob als Bücher, Filme oder Theaterstücke und nicht zuletzt zu Musik-Nummern. Aus „Living Next Door to Alice“ der britischen Band Smokie (1976). Rund 20 Jahre später schufen die niederländischen Band Gompie den Song „Alice, Who the fuck Is Alice?“ (1995), angeblich nachdem sie in einer Bar Die Smokie-Version gehört hatten, wo der DJ jedes Mal nach dieser Nummer diesen Spruch losgelassen hatte.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Who eh F*ck is Alice?!“ von Theater Delphin

Influencerin als (Zeit-)Reisende

Diesen Songtitel – nur mit der Abwandlung eines * anstelle des „u“ sowie einem Ruf- nach dem Fragezeichen – machte das inklusive Theater Delphin (Wien) zum Ausgangspunkt eines eigenen Stückes. Dieses – geschrieben und co-inszeniert von Valentina Himmelbauer – baut eine Brücke zwischen den berühmten Geschichten und einigen Szenen aus den Alice-Büchern (im Wunderland sowie hinter den Spiegeln) von Charles Lutwidge Dodgson, besser bekannt unter seinem Künstlername Lewis Carroll und der Gegenwart. Das heute kommt vor allem in Gestalt einer Influencerin (Alea Steiner) daher, die in so mancher Szene ihre eigene Rolle auch mit ein wenig Selbst-Ironie als Möchtegern-Influencerin anklingen lässt.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Who eh F*ck is Alice?!“ von Theater Delphin

Personal aus Carrolls Stories

Als solche landet sie in Wien inmitten der Gruppe einer Reiseführerin für Tourist:innen und begegnet unter anderem der „Zeit“ (Stefan Musil) und damit einer ganz anderen Reise – einerseits ins britische viktorianische Zeitalter des Alice-Autors und später auch dessen berühmten Geschichten mit Protagonist:innen daraus wie Grinsekatze (Ulli Munsch), Herzkönigin (Angela Wirnsberger), Herzogin (Maria Meitner), Weißes Kaninchen (Valentina Himmelbauer), Raupe (Julia Gassner) Tweedledum (Georg Wagner), Teweedeldee (Schülerin: Gabriele Weber; Co-Regie), Weiße Königin (Sinah Steamberg), Jabberwocky (Bianca Bruckner), Herzbube (Judith Czerny), Hutmacher (Rigel Flamond), Märzhase (Verena Spiesz), Haselmaus (Pia Bernardi) und Herzkönig (Lukas Ratzinger). Die genannten Darsteller:innen schlüpfen natürlich auch in der Gegenwart sowie im historischen Zeitalter in andere Rollen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Who eh F*ck is Alice?!“ von Theater Delphin

Wer sind die denn?

Wer ist diese andere Alice, angeblich ihre Ururur-Großmutter? Und was ist dem berühmten Autor so an kleinen Mädchen gelegen? Gibt es da eventuell toxische, missbräuchliche Beziehungen? Auch solche Fragen spielt das Stück an, in dem die Influencerin recht exzessiv mit „denglische“ Begriffen um sich wirft – die im Programmheft erklärt werden. Und in dem Smartphones und der Hang zu Selfies in der Gegenwarts-Szene ebenso eine Rolle spielen wie Chats und Projektionen – bis hin zu Text-Passagen aus einer deutschen Übersetzung von Carrolls Büchern – gesprochen und gleichzeitig projiziert – auf das nun ins Querformat gedrehte vormalige Handy-Display 😉 Und wer ist überhaupt sie selber?

Titelseite des Buches
Titelseite des Buches „Who the Fukc ist Alice? 101 Antworten auf die drängendsten Fragen der Propmusik“

Übrigens…

… vor rund zehn Jahren erschien ein Buch mit dem Titel „Who the Fuck is Alice?“, Untertitel „101 Antworten auf die drängendsten Fragen der Popmusik“ von Evelyn Peternel & Andreas R. Peternell (Rogner & Bernhard Verlag), unter anderem natürlich zum Titel-gebenden Song.

Darunter spielten die Autor:innen mit dem rund zehn Jahre davor entwickelten Computerprogramm A.L.I.C.E. (Artificial Linguistic Internet Computer Entity; ursprünglich vom Informatiker Richard S. Wallace programmiert, wurde er als Open-Source-Projekt seither von mehr als 300 Wissenschafter:innen weltweit weiterentwickelt), sozusagen einer Vorvor-Form von Chat GPT, das in der Version von Theater Delphin auch eine Rolle spielt. Mit Hilfe dieses Programms führten sie ein Interview mit „Alice“, in dem es unter anderem heißt:
„PP (Peternel & Peternell): Nun, dann sag mir: Ist 42 der Sinn des Lebens?
A: Was ich dir sagen möchte, ist, wie lustig es ist, mit dir zu sprechen.
PP: Es ist offensichtlich 42, oder?
A: Das ist nicht wahrscheinlich.
PP: Eine Schande. Bist du der Sinn des Lebens?
A: Eine Schande, nicht? Ja, ich bin der einzig wahre Sinn des Lebens.
PP: Oh yeah, dank dir vielmals. Jetzt kann ich in Frieden ruhen.“

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Szenenfoto aus "Werwölfe - Die Show"

Mitbestimmen und -raten im Theater mit Gruselfaktor

Düster und voller Spannung ist diese Theater-Improvisation. Kerzen verbreiten eine geheimnisumwitterte Atmosphäre. Schauspieler:innen stellen sich mit einigen Rollen vor – als Bäckerin, Waffenschmied, Bürgermeisterin, Religionslehrerin, Wahrsagerin, Postler, Kräuterhexe…

Worum es geht, ist klar, heißt der Abend – oder auch Nachmittag wie demnächst zu Halloween – „Werwölfe – Die Show“ und geht vom Rollen-, Gesellschafts- bzw. Kartenspiel „Werwölfe im Düsterwald“ aus. Menschen verschwinden. Doch wer war’s?

Publikum entscheidet Vieles

Die Theater-Improvisation ist aber nicht nur ein abgekartetes Spiel, bei dem das Publikum (mit-)raten und rätseln darf. Die Zuschauer:innen bestimmen zu Beginn, wo im Dorf die Szenen spielen und geben weitere Berufe für die Schauspieler:innen vor. Und das Publikum entscheidet darüber, wer Werwolf sein könnte. Und aus dem Agieren der Schauspieler:innen in mittelalterlichen Szenen sollen / müssen sie trachten, draufzukommen, ob sie wirklich die / den Richtige/n verdächtigt und außer Gefecht gesetzt haben. Wenn nicht, geht dessen / deren Morden ja weiter.

Herausforderung für die Schauspieler:innen ist, auf die Vorgaben der Zuschauer:innen zu reagieren und zu improvisieren – ohne zu viel durch ihr Spiel zu verraten, soll die Spannung doch bis zuletzt aufrechterhalten werden. Und das wiederum ist auch das besonders Spannende für das Publikum – miträtseln und überraschende Wendungen.

Uralte Mythen

Die nächtliche Verwandlung von Menschen in Wölfe, die als solche Menschen töten, ist eine Jahrtausende alte Legende. Manche meinen sogar in Höhlenmalereien solche „Mischwesen“ erkennen zu wollen. Laut Wikipedia ist „das älteste schriftliche Zeugnis das Gilgamesch-Epos, in dem die Göttin Ištar einen Schäfer in einen Wolf verwandelt“.

Mythen darum waren immer wieder Inspiration für Literatur und Filme. Im Computerspiel „World of Warcraft“ tauchen sie in Gestalt von „Worgen“ auf. Seit Langem haben die Stories mit hohem Gruselfaktor Eingang in Karten-, Gesellschafts-  und Rollenspiele – meist unter dem Titel „Werwölfe im Düsterwald“ gefunden, um detektivisch jene auszumachen, die den jeweiligen Werwolf spielen. „ViennaImprov – Verein zur Förderung des Improvisationstheaters“ hat aus diesem Prinzip eine interaktive Theater-Show gemacht. Passenderweise wird sie zu Halloween sogar zwei Mal – Nachmittag und Abend – gespielt, im Theater Arche (Wien-Mariahilf); Details in der Info-Box ganz unten am Ende des Beitrages.

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Szenenfoto aus "Donaustadt" von hydro_ im Dschungel Wien

Kleinste Tierchen ganz groß rausbringen

Mikroorganismen wie Rädertierchen, Flagelatten, Libellen-Larven sind mindestens genauso wichtig wie die beiden Schauspielerinnen und der Live-Musiker. Vieles dreht sich in diesem multimedialen Stück, das derzeit im Dschungel Wien, dem Theaterhaus für junges Publikum im MuseumsQuartier zu erleben ist, um diese Mini-Wesen unter und über Wasser. In dieses, namentlich den Strom, der unter anderem durch Wien fließt, taucht „Donaustadt“ ein und nimmt das Publikum auf eine vielschichtige, abwechslungsreiche Reise mit. Nur der Titel ist verwirrend, so manche (potenziellen) Besucher:innen dachten, es würde sich um den 22. Bezirk von Wien mit diesem Namen handeln, immerhin mit 228.000 Einwohner:innen gleichsam drittgrößte Stadt Österreichs.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Donaustadt“ von hydro_ im Dschungel Wien

Gurgel-Gesang

Nein, um Wien als Ganzes, viel mehr um eine sagenumwobene Nixe dreht sich das Spiel. Sie, gespielt von Stefanie Altenhofer, die es unter anderem schafft, gurgelnd zu singen, tritt in Interaktion mit dem Mädchen Frieda (Sarah Zelt), die in der Schule die Hausübung bekommt, eine Geschichte über die Donau zu schreiben. Was ihr so gar nicht behagt. Das kleine Sagenbuch, das ihr die Lehrerin als Anregung gibt, „fällt“ in den Fluss. Und sie hintennach – in Form einer 2D-Figur.

Figurenspiel

Und so trifft sie die schon zu Beginn genannten Mikro-Organismen – in Form von Puppen und Objekten, geschaffen vor allem aus Putz-Utensilien. Sarah Zelt, die neben Schauspiel im deutschen Rostock auch ein Studium von Kunst trifft Wissenschaft in Wien und Linz absolvierte und speziell zu diesen Tierchen recherchiert hat, lässt sie – ebenso wie ihre Kollegin – im Figurenspiel schier lebendig werden. Und das teilweise sogar in einem kleinen mit Wasser gefüllten Aquarium – mit Handykamera gefilmt und live an die Wand „geworfen“.

Witzige Details

So wie Frieda auch als Figur ins Wasser plumpst, so gibt es – so manche Mini-Tierchen auch in trockenen „Aquarien“-Zimmern und in einem zweiten „Haus“ Menschen einerseits in einem tragbaren Haus und andererseits in einem ähnlichen Aquarium. Mit vielen amüsanten Details verfremdeter Namen von Sänger:innen – Phil Froggin, Frörk, Sirena Gomez oder Lady Bubble – schuf Petra Schnakenberg fantasievolle Welten über und unter Wasser ebenso wie die gesamte Bühne und die Kostüme. Außerdem inszeniert sie die Modell-Szenen.

Wasserfloh

Jenes des dritten lebendigen Menschen auf der Bühne wirkt zunächst, als wäre er einem Krimi entsprungen mit einer Art KTU-Schutzkleidung (Kriminaltechnische Untersuchung). Später stellt sich heraus, neben seiner Hauptfunktion als Live-Musiker und Geräusche-Meister (Gregor Fussenegger alias Lorenz von Hötting) mit Geige und etlichen elektronischen Geräten schlüpft er mit diesem Kostüm in die Rolle eines Wasserflohs und wird geraume Zeit ein Gegenspieler zur Nixe.

Szenenfoto aus

Nachwuchsbewerb

Für Text und Regie verantwortlich zeichnet Natalie Campbell. Das Team, damals noch ohne den Musiker, mit einer etwas anderen Grundidee – „feministische Neuschreibung einer Donausage“ – für den Nachwuchsbewerb Magma von Dschungel Wien und Drama Forum Graz zusammengefunden, wurde ausgewählt, um aus dem Stück-Entwurf eine ganze Produktion zu entwickeln, nun auch mit dem Live-Musiker und der Gründung einer eigenen Gruppe, genannt „hydro_“

Die dreht sich nun einerseits um die Lust am Erforschen und die Beschäftigung auch mit kleinsten Wesen, noch dazu solchen, die oft ignoriert werden – und steht damit natürlich…, aber das muss ja wohl nicht erklärt werden. Und andererseits spielt auch das Gegenspiel von Wasserfloh und Donaunixe eine wichtige Rolle und wie dies hinderlich sein und vielleicht überwunden werden kann.

Mit einigen Feedbacks von einer Zwischen-Version beim Schäxpir-Festival in Linz im Frühjahr ging’s dann in die Endproben – das Ergebnis ist nun bis 15. Oktober zu erleben – Details siehe Info-Box ganz unten.

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Games mit VR-Brillen dürfen natürlich nicht fehlen

Das Verbindende an Computer- und Videospielen

Ob das Ortsschild vor dem Wiener Rathaus fürs kommende Jahr verändert werden muss, stand nach zwei Tagen noch nicht fest. Bis Sonntag 19 Uhr können Fans und Interessierte von vor allem Computer- und Videospielen noch ihrer Leidenschaft kostenlos in vielen Räumen des Rathauses und dem Platz davor frönen. Zum 16. Mal findet – wie immer bei gratis Eintritt – die 16. Game City von wienXtra, dem Freizeitprogramm für Kinder und Jugendliche der Bundeshauptstadt statt. Mit zuletzt 85.000 Besucher:innen in den drei Tagen wurde sie zur siebentgrößten Stadt Österreichs wie auf dem blau umrandeten Ortsschild steht. Die Vorstandsvorsitzende von weinXtra, Neos-Gemeinderätin Dolores Bakos, hofft, dass bald einmal die 100.000er-Grenze überschritten werde – Klagenfurt mit knapp mehr als 105.000 Einwohner:innen liegt auf Platz 6.

Tetris-Qualifikation für Dubai

Aber ob mehr, gleich viele oder gar weniger – die Homepage zeigt übrigens via Ampelsystem an, ob gerade minimale oder längere Wartezeiten beim Eingang in Kauf zu nehmen sind. Geboten wird einerseits etliche Turniere in eSports-Bewerben, ein besonders „Zuckerl“ bietet ein großer Glas-Container schon am Platz vor dem Rathaus. Das alte, aber immer noch sehr beleibte Spiel Tetris, ermöglich jenem halben Dutzend mit den höchsten Scores zum Weltfinale nach Dubai zu fliegen. Wo 2000 Drohnen so programmiert werden, dass sie die jeweiligen fallenden Spielsteine am Himmel abbilden.

Pionierrolle

Österreich war übrigens eines der ersten Länder mit einem eigenen eSports-Verband, in dem unter anderem Riesen-LAN-Partys mit bis zu 1000 Spieler:innen organisiert wurden und federführend mitbeteiligt am Aufbau des internationalen Verbandes. Neben Turnieren gab und gibt es fast ständig in der Game-City auch zwischendurch kleinere Bewerben und Wettkämpfe. Manche davon werden auf der großen Bühne im Arkadenhof ausgetragen, was und wie die Spieler:innen dabei schaffen, wird auf große Monitore übertragen und live kommentiert.

Gamerin, Moderatorin, Speakerin

Eine, die sich dabei die Seele aus dem Leib zu schreiben scheint ist Rebecca Raschun, besser bekannt unter ihrem Gamerinnen-Namen JustBecci. Sie kennt sich auch voll aus, war und ist sie doch schon seit ihrer Schulzeit kompetente und leidenschaftlicher Spielerin. „Meine Eltern haben mir damals zwar immer wieder gesagt, mit Videospielen kannst du kein Geld verdienen, aber seit einigen Jahren ist das Gegenteil der Fall“, sagt sie in einem kurzen Interview zu Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…

Manchmal sei damals im Gymnasium schon zu wenig Zeit fürs Lernen geblieben, dann gab’s Gaming-Verbot, aber nach der Matura das Studium von Medien- und Eventmanagement.

2012 startete sie auf Twitch ihren Kanal „Basicplayground“, mittlerweile mit 40.000 Followern. In Streams unterhält sie diese – entweder beim selber Zocken, macht aber auch die Moderationen beim Kommentieren von Spielen anderer zur unterhaltsamen, mitreißenden Show.

„Ich hab immer schon in der Schule gern vor Leuten geredet, Referate geliebt und ähnliches. So hab ich begonnen die beiden Dinge, die ich liebe – Gaming und Reden – beim Moderieren zu verbinden. Davon kann ich ganz gut leben, ich komm nur für meinen Geschmack nicht mehr so viel zum Spielen, halte dafür aber auch Vorträge vor Unternehmen über die Bedeutung von Gaming.“

Verbindend

„Gaming verbindet“ – über viele Grenzen hinweg. Das ist der Leitspruch der Veranstaltung und damit ein Gegengewicht zu Vorurteilen und Schuldzuweisungen, wie sie sehr oft dann kommen, wenn Jugendliche etwas anstellen. Aber das war schon davor beim Fernsehkonsum und noch 100 Jahre früher gab es ähnliche „Argumente“ gegen zu viel Lesen, wie Armin Maiwald, federführender Miterfinder der „Sendung mit der Maus“ vor gut 20 Jahren in einer TV-Diskussion in den Bavaria-Studios von München erzählte.

Konferenz

Seit 2017 findet in der Game-City auch eine starke inhaltliche internationale Konferenz – FROG (Future and Reality of Gaming) statt, heuer unter anderem mit der Präsidentin von „Games for Change“, Susanna Pollack aus den USA. „Wir setzen aber auf positiven Wechsel, nicht auf den, den wir gerade in unserem Land erleben“, sagt sie kurz und bündig zu KiJuKU.at

Ausprobieren

Aber auch wer nicht bewerbsmäßig spielen, sondern „nur“ das eine oder andere ausprobieren will, kann sich jedes Jahr an diesen drei Tagen im Wiener Rathaus richtiggehend „zu Hause“ fühlen. Unterschiedlichste Spiele – großer Hersteller, aber auch von kleinen unabhängigen Entwickler:innen und in der Kinderzone sogar Brettspiele mit der wienXtra-Spielebox können ausprobiert werden. In einer eigenen Retro-Zone gibt es uralte Spiele und Konsolen, nicht zuletzt Ur-Versionen von Tetris.

Cosplay

Samstag gab’s nicht nur die aus Wien-Mariahilf zum Rathaus führende Cosplay-Parade. Figuren aus Games und Animes tummeln sich ohnehin immer wieder auf der Game-City, die 2007 zum ersten Mal stattfand – und Pandemie-bedingt natürlich Pausen einlegen musste. Zum dritten Mal wählt die Community auch Bürgermeister:innen, heuer mit Lukas Jobst alias Siptom zum ersten Mal einen jungen Mann. Der Einzelhandelskaufmann in einer großen Supermarktkette wurde gleich noch von einer Kollegin als Vizebürgermeisterin begleitet, Carolin Pawel wählte Fantasy Heaven zu ihrem alter ego.

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Weitere Fotos von der Game-City 2025

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Solidaritätskundgebung für die Dienstag-Aktion in iranischen Gefängnissen gegen die Todesstrafe

Solidarität mit Hungerstreikenden in iranischen Gefängnissen

Ein Galgen mit zwei Henkersschlingen stand Samstagnachmittag (11. Oktober) auf dem Platz der Menschenrechte vor dem Wiener MuseumsQuartier. Darunter der Spruch „No to Execution“ (Nein zur Todesstrafe). Kundgebungsteilnehmer:innen hielten Plakate mit staatlicherseits Ermordeten sowie Iranische Flaggen – bis vor 1979, als die jetzt noch immer herrschenden Mullahs an die Macht kamen und Kurdische Fahnen. Vor einem Tisch mit Büchern und Broschüren hing ein Transparent auf Farsi und Englisch: Solidarität mit der Dienstags-Kampagne in iranischen Gefängnissen.

Der erste „Nein zur Hinrichtung“-Dienstag begann am 30. Januar 2024, zeitgleich mit der Hinrichtung von vier kurdischen politischen Gefangenen. Zehn politische Gefangene aus Gezel Hesar erklärten in Solidarität: „Wir werden unseren Hungerstreik jeden Dienstag fortsetzen, bis dieser Kreislauf aus Gewalt und Tod beendet ist.“

Mittlerweile schlossen sich Gefangene in 52 Gefängnissen im Iran den Hungerstreiks dieser Aktion an, darunter im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran, aber auch in vielen anderen Städten. Laut Daten von IHR (Iran Human Rights) wurden heuer bereits mindestens 1000 Menschen hingerichtet, unter anderem „wegen Baghy (bewaffneter Aufstand), Efsad-fil-arz (Verderbnis auf Erden) und Moharebeh (Feindschaft gegen Gott), Vergewaltigung und Spionage für Israel.“

Abgeschossenes Flugzeug

Einige Stunden später hielten andere Exil-Iraner:innen neben der Oper eine Kundgebung zu einem anderen Thema ab: Sie gedachten der 176 Opfer, die beim Abschuss von Flug PS752 von Teheran an Kiew am 8. Jänner 2020 getötet wurden. Nach Protesten im In- und Ausland gab Monate später selbst die iranische Zivil-Luftfahrtbehöre zu, dass die landeseigene Flugabwehr die Maschine abgeschossen hatte.

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Bildmontage aus einem Filmbild aus "La Suprema" und Logos des 37. Internationalen Kinderfilmfestivals in Wien und der Steiermark

Aus der Sicht von Kindern

Schon lange gibt es nicht nur Pippi Langstrumpf als starke Mädchenfigur. In Kinderbüchern, -Theaterstücken und -filmen haben Autor:innen immer wieder solche erfunden oder Anleihen bei realen Vorbildern genommen. Beim diesjährigen, dem 37., Internationalen KinderFilmFestival (in Wien, in der Steiermark dem 17.) haben die für die Auswahl zuständigen Leiterinnen – Anna Hofmann, Elisabeth Lichtkoppler und Ines Wagner, die aus 100 bei internationalen Festivals gesichteten Filmen – einen Fokus auf Powergirls gelegt. Generell sind die beim Festival gezeigten Filme immer aus der Sicht von Kindern, ihrer Gedanken, Sichtweisen, Sorgen, Nöte, Freuden – und das in verschiedensten Ecken und Enden der Welt.

Und: Die Filme werden immer in Originalsprache gespielt – mit live im Kino eingesprochenen Dialogen und Zwischentexten in Deutsch.

Originalsprachen – live im Kino Deutsch eingesprochen

Gezeigt werden – von 15. bis 23. November 2025 in drei Wiener Kinos – 16 Lang- und sieben Kurzfilme in Deutsch, Dänisch, Englisch, Französisch, Katalanische (in Spanien), Ladakhi (einer Sprache in Indien), Niederländisch, Schwedisch, Spanisch (aus Kolumbien), Tibetisch und Ungarisch. Die Palette reicht von Nina, die Schriftstellerin werden will, über Simone, die ihr Haus am Land mit vielen Tieren verlassen muss und Honey, die als Kind viel zu viel Verantwortung für die Familie übernimmt oder Laureana, die im abgelegenen, stromlosen kolumbianischen Dorf La Suprema eine gemeinsame TV-übertragung organisieren will bis zu einem dokumentarischen Film über den elfjährigen Santino aus und in einer Zirkusfamilie.

Neben Spiel- gibt es bei diesem Festival natürlich auch etliche Animationsfilme, nicht nur in dem aus sieben Kurzfilmen zusammengestellten Vor- bzw. Nachmittag, sondern auch längere Beiträge, unter anderem mit dem kleinen Gespenst Laban, das vor allem Angst vor Dunkelheit, Monstern, dem Keller und unheimlichen Geräuschen hat Und Victor, eine Fledermaus zeichnet sich ebenfalls durch Ängstlichkeit aus, zeigt aber Mut, indem er sich in einen Vogel – Feinde von Fledermäusen – verliebt…

Wieder im Programm

Im Folgenden werden alle Filme mit Fotos daraus und -aus dem Programmheft – gekürzten Texten über sie vorgestellt; mehr über einen der Filme, „Chuskit“ aus Indien, mit dem 2019 das Festival eröffnet wurde, gibt es in einem Link – damals waren die Hauptdarstellerin Jigmet Dewa Lhamo und Regisseurin Priya Ramasubban zu Gast in Wien – und wurden vom Kinder-KURIER, dem Vorläufer von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… interviewt.

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Über „Chuskit“ samt Interview mit der jungen Hauptdarstellerin <— damals noch im Kinder-KURIER

Über alle Filme des KinderFilmFestivals 2025 in einem eigenen Beitrag, hier unten verlinkt

Bild-Montage aus Bildern aller Filme, dem Logo des 37. Internationalen Kinderfilmfestivals in Wien und der Steiermark

Von starken Mädchen, ängstlichen Gespenstern und Fledermäusen

Laban – das kleine Gespenst spukt wieder
Lilla Spöket Laban spökar igen

Obwohl Laban ein Gespenst ist, fällt ihm das Spuken schwer. Laban hat nämlich Angst: Vor der Dunkelheit, vor Monstern, vor dem Keller und vor den unheimlichen Geräuschen, die seine kleine Schwester Labolina macht. In sechs humorvollen Episoden wird vom turbulenten Nachbarschaftsalltag auf Schloss Gutenmorgensonne erzählt, wo die Königsfamilie und Labans Geisterfamilie in Harmonie leben.

Regie: Lasse Persson
Animationsfilm; Schweden 2024; 44 Minuten; ab 4 Jahren

Meine Welt – Deine Welt
Sieben Kurzfilme; ab 5 Jahren

Es war einmal in der Drachenstadt
Regie: Marika Herz
Frankreich / Schweiz 2024; 9,15 Minuten

Kopf in den Wolken
Regie: Rémi Durin
Frankreich / Belgien 2023; 10,20 Minuten

Desaster
Regie: Tommaso Mangiacotti, Marolyn Ávila, Constanza Melio, María Antonieta Fernández, Kuang-Yi Lee
Spanien 2024; 8,11 Minuten

Das See-Ungeheuer
Regie: Frits Standaert
Frankreich / Belgien 2024; 9,07 Minuten


Regie: Malin Neumann
Deutschland 2024; 6,25 Minuten

Wenn ich einmal reich bin
Regie: Lucas Camps
Nieerlande, 7,45 Minuten

Das Aufräum-Rennen
Regie: Annette Saugestad Helland, Johan Kaos
Norwegen 2024; 8,40 Minuten

Viktor Fledermaus
Victor Vleermuis

Als Fledermaus sollte er nachts jagen gehen, aber da gibt es ein Problem: Er hat Angst vor der Dunkelheit und ist auch sonst anders als die anderen seiner Art. Er liebt es, zu singen wie ein Vogel. Vögel wiederum sind als Feinde der Fledermäuse bekannt und daher wird sein Dilemma noch größer, als er sich in Sherida verliebt, ein tropisches Singvögelchen.

Regie: Patrick Raats, Sarah Sutter
Animationsfilm; Niederlande / Luxemburg 2024; 77 Minuten; ab 6 Jahren

Villads aus Valby
Villads fra Valby

Villads hat gerade mit der Schule angefangen, aber viel lieber würde er weiterhin den ganzen Tag mit seiner Freundin Frida spielen, Streiche aushecken und im Wald spannende Geschichten erzählen. Stattdessen muss er stillsitzen und sich beim Ritterspiel mit dem Lehrer an doofe Regeln halten. Aber mit viel Einfallsreichtum geht er beharrlich seinen Weg und lässt sich nicht so leicht darin beirren.

Regie: Frederik Meldal Nørgaard
Dänemark 2015; 78 Minuten; ab 6 Jahren

Chuskit

Chuskit ist ein fröhliches, wissbegieriges Mädchen, das sich schon auf den Schulbeginn freut. Doch nach einem Unfall ist Chuskit querschnittsgelähmt und ihr Traum zerplatzt, denn der Schulweg im Bergland von Ladakh ist beschwerlich. Der Großvater, der sie zu Hause zu unterrichten versucht, ist kaum ein Ersatz, aber Chuskit ist eine Kämpferin und gibt nicht auf.

Regie: Priya Ramasubban
Indien 2018; 90 Minuten; ab 7 Jahren

Über Chuskit, samt Interview <— damals noch im KiKu

Das Lied des Frühlings
The Song of Spring

Duojie, ein aufgeweckter Junge, verbringt mit seiner Mutter und einer Schafherde die Sommermonate im fruchtbaren tibetischen Hochland. Sein sehnlichster Wunsch ist es, die weiße Fohlenstute Jiang Mi Er zu besitzen. Trotz Einwände seiner Mutter versucht er mit seinen Freund:innen durch das Sammeln von Kuhfladen, wertvollen Wurzeln und Pilzen 1.500 Yuan für den Kauf zu sparen.

Regie: Chaofeng Pan
China 2023; 98 Minuten; ab 8 Jahren

Superkräfte im Kopf
Superkrachten voor je hoofd

Lev liebt Superhelden und Gamen mit seinem Freund Ravi. Weniger heldenhaft ist der Alltag des schüchternen Jungen. Da er seit einem Unfall humpelt, finden die überfürsorglichen Eltern sogar Stiegensteigen zu gefährlich für ihn. Oft wünscht sich Lev seinen Lieblingssuperhelden Healix an die Seite, besonders in der Schule. Glücklicherweise bringt Levs lebenslustige, überdrehte Oma Schwung in das Leben des Healix-Fans.

Regie: Dylan Haegens
Niederlande 2024; 92 Minuten; ab 8 Jahren

Zirkuskind

Santino ist elf Jahre alt und der Zirkus ist sein Zuhause. Das ganze Jahr über ist der aufgeweckte Junge unterwegs und packt, wie alle Mitglieder seiner großen Zirkusfamilie, bei Vorstellungen und beim Auf- und Abbau der Zelte mit an. Besonders gerne verbringt Santino Zeit mit seinem Opa Ehe, der aus seinem bewegten Leben als Zirkusdirektor erzählt.

Regie: Anna Koch, Julia Lemke
Deutschland 2025; 86 Minuten; ab 8 Jahren

Ab Morgen bin ich mutig

Der zwölfjährige Karl ist verliebt in seine Klassenkollegin Lea, ihm fehlt aber der Mut

ihr seine Gefühle zu gestehen – nicht nur, weil Lea um einiges größer ist als er. Plateauschuhe helfen dem zurückhaltenden Jungen allerdings ebenso wenig wie die saloppen Ratschläge seines großen Bruders Tom. Auf der Projektwoche dreht die Klasse einen Dokumentarfilm zum Thema „verliebt“…

Regie: Bernd Sahling
Deutschland 2025; 80 Minuten; ab 9 Jahren

Olivia und das unsichtbare Erdbeben
L’Olívia i el terratrèmol invisible

Wie schnell eine heile Welt zerfallen kann, müssen Olivia und ihre Familie am eigenen Leib erfahren. Nachdem die Schauspielangebote für die alleinerziehende Mutter ausbleiben, wird die finanzielle Notlage immer ernster. Schließlich steht die Zwangsräumung bevor. Mittellos und verzweifelt kommen sie in einem neuen Wohnviertel an, in dem die meisten nicht viel Geld besitzen, aber dafür viel Gemeinschaftssinn, Wärme, Humor und Hoffnung.

Regie: Irene Iborra
Spanien / Frankreich / Belgien / Chile / Schweiz 2025; 70 Minuten; ab 9 Jahren

Mademoiselle Stiefelette
Mlle Bottine

Die Waise Simone muss ihr geliebtes Haus voller Tiere am Land verlassen und zu ihrem Onkel Philippe in dessen Stadtwohnung ziehen. Das eigensinnige Mädchen bringt dabei nicht nur ihr Stinktier Stiefelette mit, sondern auch jede Menge Unruhe in das Leben des Einzelgängers, der als Komponist in einer Schaffenskrise steckt. Unerwartet ist es ausgerechnet Simone, die ihn mit ihrer Kreativität und Lebensfreude beflügelt.

Regie: Yan Lanouette Turgeon
Kanada 2024; 92 Minuten; ab 10 Jahren

Wie ich zufällig ein Buch schrieb
Véletlenül írtam egy könyvet

Nina liebt es, Geschichten zu erzählen. Sie möchte Schriftstellerin werden – was nicht so einfach ist, wie es sich das selbstbewusste Mädchen vorstellt. Geschichten sind dann spannend, wenn sich die Hauptfigur weiterentwickelt: Die Schriftstellerin Lídia rät Nina, über einen Moment zu schreiben, der ihr Leben verändert hat.

Regie: Nóra Lakos
Ungarn / Niederlande 2024; 98 Minuten; ab 10 Jahren

Das geheime Stockwerk

Die Eltern des 12-jährigen Karli renovieren ein historisches Grand Hotel. Als der Fahrstuhl in einem geheimen Stockwerk die Türen öffnet, findet sich Karli im Jahr 1938 wieder. Dort freundet er sich mit dem jüdischen Mädchen Hannah und dem Schuhputzerjungen Georg an. Sie staunen besonders über Karlis „schwarzes Kasterl“ – zugleich Fotoapparat, Grammophon und Fernsprecher.

Regie: Norbert Lechner
Österreich / Deutschland / Luxemburg 2025; 96 Minuten; ab 11 Jahre

Honey

Honey ist immer für ihre Familie da: Für ihre überarbeitete Mutter, ihren kleinkriminellen Vater und ihre Schwester mit Down-Syndrom. Ständig übernimmt das taffe Mädchen Aufgaben, für die eigentlich ihre Eltern verantwortlich wären.

Regie: Natasha Arthy
Dänemark 2025; 95 Minuten; ab 11 Jahren

Lampje

Lampje, die Tochter des Leuchtturmwärters, zündet jeden Tag das Licht im Turm an. Als ihr die Streichhölzer ausgehen, geschieht ein Schiffsunglück und Lampje wird zur Strafe in das geheimnisvolle Schwarze Schloss verbannt. Dort lebt ein Monster, erzählt man sich im Dorf.

Regie: Margien Rogaar
Niederlande 2024; 93 Minuten; ab 11 Jahren

Living large
Život k sežrání

Ben liebt es, zu kochen und zu essen. Das sieht man dem humorvollen, schlagfertigen Teenager auch an: Er ist übergewichtig. Als ihm die Schulärztin dringend zu einer Diät rät, findet Ben in der von ihm angebeteten Mitschülerin Klara zunächst die ideale Motivation. Aber es ist nicht leicht, neben Bandproben, Idioten in der Schule oder der Hosensuche in Übergröße auch noch Durchhaltevermögen für eine Gewichtsreduktion zu finden.

Regie: Kristina Dufková
Tschechien / Slowakei / Frankreich 2024; 80 Minuten; ab 12 Jahren

La Suprema

Kolumbien, 2001. Das abgelegene Dorf La Suprema scheint vom Fortschritt vergessen

worden zu sein, und so geht das Leben hier äußerst gemächlich zu. Doch als bekannt wird, dass Laureanas Onkel bei der Box-Weltmeisterschaft antritt, ist der Aufruhr groß. Gemeinsam mit den anderen setzt Laureana alles daran, eine Fernsehübertragung im Dorf zu organisieren. Ein schwieriges Unterfangen, denn es gibt weit und breit weder einen Fernseher noch Strom.

Regie: Felipe Holguín Caro
Kolumbien 2023; 83 Minuten; ab 13 Jahren

Szenenfoto aus "Malaika"

Traumtänze aus 1000 und einer Nacht…

Schon der Bühnenboden strahlt von Anfang an magisch – schwarz, aber mit vielen leuchtenden Punkterln, als würde sich in einer nächtlichen Wasserfläche Sterne spiegeln. Oder einzelne Sandkörner in einer Wüste in fast stockdunkler Nacht glitzern. Irgendwo dazwischen steht aus Holzstäben ein Haus wie eine Strichzeichnung, ein 3D-gewordenes Kinderbild.

Auf einem mit geknüpftem Muster-Teppich belegten Tisch „wohnt“ die Komponistin und Musikerin Mona Matbou Riahi, die live Klarinette spielt und pfeifend Vogelgezwitscher imitiert. Als diese Bühnenfigur Leyla ihren Hort verlässt und nach vor kommt, bedauert sie, nicht mehr die ungezwungene Fantasie ihrer Kindheit zu haben. Da hilft dann die Rückreise in diese Ära – verkörpert durch ein unter dem beschriebenen Tisch sich hervorschlängelndes Kind, das sich dem Spiel mit Gedanken, Fantasie, Träumen, mitunter auch Ängsten, die der Wind bringt, hingibt.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Malaika“

Der Wind kriegt einen Namen

Der Luftzug kriegt in diesem Stück von ATASH عطش Contemporary Dance Company den Namen Malaika. Ein aus dem Arabischen kommender Begriff für den Plural von Engel (malak), weltberühmt geworden als Lied auf Kisuaheli (Swahili), einer Sprache vor allem in Ostafrika (Kenia, Tanzania, Uganda), in der es viele arabische Wörter gibt. „Nakupenda Malaika“ (ich liebe dich Engel), u.a. gesungen von Miriam Makeba, Harry Belafonte, Boney M.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Malaika“

Achtjährige Haupttänzerin

Zurück zum Spiel bzw. Tanz mit dem Wind. Diese kindliche „Leyla“ wird von der achtjährigen Ahyoka Krappmann getanzt und nicht nur so in kurzen Szenen, sondern praktisch durchgehend, fast die gesamten rund 50 Minuten – ob als Spiegelung bzw. in tänzerischer Zwiesprache mit den Profis Desi Bonato, Naline Ferraz, die in die unterschiedlichsten Tiere und Fabelwesen in Erscheinung tanzen – oder in einem großen, langen Solo.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Malaika“

Zwei Verwandlungskünstlerinnen

Die beiden Genannten verwandeln sich – mitunter blitzschnell – sowohl von Kostümen als auch vor allem von Bewegungen her. Gemeinsam tauchen sie als Art Pegasus auf, aber auch einzeln als mal wildes Tier und dann gar als Art Statue, die vielleicht auch ein Baum sein mag – allzu viel sei hier aber nicht verraten, so manches lebt trotz allem von Überraschungsmomenten. Das wirklich Bewegende ist allerdings der fantasievolle „Rausch“ der sich ständig verändernden Bewegung, „personifiziert“ im Wind, der nicht immer nur sanft daherkommt, sondern auch so manch Feststehende umwerfen kann.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Malaika“

Tanzwelten

Ulduz Ahmadzadeh, künstlerische Ko-Leiterin und für die Choreografie verantwortlich, verrät Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…, dass „Malaika“ aus dem Stück „Vasht“ fürs Tanzquartier Wien (März 2025) heraus entwickelt wurde. „Vasth ist ein altpersisches Wort für Tanz, ich habe über Tänze Südwest- und Zentral-Asiens recherchiert und daraus dieses Stück und eine neue Tanzsprache entwickelt.“

Ausgehend von dieser Basis ist nun dieses Stück (nicht nur) für Kinder im Dschungel Wien, dem Theaterhaus für junges Publikum im MuseumsQuartier entstanden. Dafür verfasste Marek Zink auf der Basis der Ideen von Ahmadzadeh und Till Krapmann (künstlerische Ko-Leitung, Szenografie, Bühne und Kostüme) einen gereimten, poetischen Text, den die schon erwähnte ganz junge Tänzerin eingesprochen und aufgenommen hat nachdem die Choreo fertig war, und der während der Performance abgespielt wird.

Alles easy

Sich das alles zu merken sei überhaupt kein Problem gewesen, quasselt Ahyoka Krappmann wenige Augenblicke nach der umjubelten Premiere im Dschungel Wien drauflos. „Zuerst haben wir mein langes Solo einstudierte und geübt und dann Bewegunsteile daraus genommen für einzelne Szenen. Und wenn ich auf die Kolleginnen reagiere, schau ich einfach was die machen und lass mich davon anregen“, erzählt die Achtjährige. Und sie tanze gar nicht seit ewig, sondern erst seit diesem Jahr. „Aber ich hab schon früher Zirkus gemacht mit der Mama von meinem Papa, meiner Oma in Italien im Circus de Luna“, ergänzt das junge Talent.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Malaika“

Luftiger Engel

Gegen Ende schließt sich ein Kreis zwischen dem Wind-Thema und der wörtlichen Bedeutung von Malaika in Form von überdimensionalen Flügeln. Wenngleich das oben angesprochene bekannte Lied besingt, dass die Liebe zum Engel am nicht erschwinglichen Brautpreis scheitert: „Das Geld (das mir fehlt) bedrückt meine Seele“ / „Pesa zasumbua roho yangu, aber zum Glück spielt das Tanzstück ja weder in diesem Lied, noch in dieser Weltgegend 😉

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Bieler Hof - Kinzerpl. 11, Wien-Floridsdorf; 21. Bezirk

Neue Blickwinkel auf 100 Jahre alte Bauten

Wie ein wundersames einäugiges Wesen schaut dich die senkrecht-längliche Lampe an. Dies ist, wenngleich eines der auffälligsten, doch „nur“ eines der Bilder einer jungen Fotografin über Wiener Gemeindebauten aus der Zeit des weltberühmt gewordenen „Roten Wien“. Zehn, ja wahrscheinlich hundert-tausend-fach, vielleicht sogar noch öfter fotografiert, hat die 23-jährige Romana Grimm dennoch neue Perspektiven gefunden. Mit „Bau der Gemeinde“, Ausstellungen einer kleinen Auswahl ihrer Wiener Gemeindebaufotos, ist sie eine der sechs Gewinner:innen des diesjährigen Cash-for-Culture-Awards. Die Preisverleihung fand Mitte der zweiten Oktoberwoche nahe dem Wiener MuseumsQuartier im Lokal Depot, einem ehemaligen alten Möbelhaus, unter anderem mit Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler statt.

6 aus 33 aus 58

Von den 58 Projekten, die im Vorjahr mit je 1000 Euro aus diesem Projekt und mit Coaching durch Profis unterstützt wurden, haben sich 33 für den Preis beworben. Eine immer wieder teilweise wechselnde Jury vergab sechs Preise – mit weiteren je 1000 Euro, unterstützt von einer Bank (Raiffeisen Club). In diesem Jahr urteilten Violeta Veljović (Schauspielerin, Regisseurin und Gründerin des Jugendtheaters und der Schauspielakademie Stanislawski), Viennale-Leiterin Eva Sangiorgi und Jörg Fackelmann von den Wiener Jugendzentren über die Einreichungen und vergaben die Preise an die oben schon erwähnten

Seit 2008 werden Jugend-Kulturprojekte nach dem Vorbild der schwedischen Hauptstadt Stockholm (fast money – schnelles Geld heißt es dort seit 2003) relativ unbürokratisch mit je 1000 Euro – und persönlichem Coaching durch Profis aus verschiedenen Bereichen der Jugend-Kulturarbeit unterstützt. Die Summe ist allerdings seit diesen fast 20 Jahren gleichgeblieben, die Preissteigerung allein in den vergangenen zehn Jahren lag bei rund 20 % (laut Statistik Austria).

Interview

Schon vor der Preisverleihung traf Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… die genannte Fotografin, die als einzige auf die versuchten Kontaktaufnahmen reagiert hatte, zum Interview; mehr über andere der Preisträger:innen-Projekte demnächst.

„Einerseits bin ich selber in einem Gemeindebau aufgewachsen, im Lindenhof im 18. Bezirk (Währing) fast bei Gersthof, und andererseits wollte ich den kommunalen, den sozialen Wohnbau der Bauoffensive von 1919 bis 1934 präsentieren“, nennt Romana Grimm im Gespräch mit Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… die Gründe, die sie zu ihren künstlerischen Fotos und zur Gestaltung einer Ausstellung bewegt haben. Dafür holte sie sich aus dem gemeindeeigenen von der Basis Kultur Wien organisierten Fonds „Cash for Culture“ di 1000 Euro Unterstützung. Die Schau gab es im Jänner im WuK und im Mai in der Gebietsbetreuung Floridsdorf.

Qual der Wahl

Kein leichtes Unterfangen, wurden diese Bau-Initiative doch schon fast unendlich oft abgelichtet. 60.000 leistbare und moderne Unterkünfte in den nicht einmal zwei Jahrzehnten – als es noch die berühmte Bassena und Klos am Gang gab, hatten diese bereits Wasser und Toiletten in den Wohnungen – sind ein weltberühmt gewordenes Vorzeigeprojekt. „Zuerst einmal hab ich das Projekt für mich gemacht, ich hatte Spaß daran, es hat mir gefallen, auf diesem Weg Wien aus verschiedenen Ecken kennen zu lernen. Ich hab mir sozusagen Kurztrips zusammengestellt, wo ich einen Tag fotografieren gegangen bin, um ungefähr zehn Bauten aus unterschiedlichen Perspektiven zu fotografieren.“

Dennoch wollte KiJuKU wissen, wie die Auswahl erfolgt ist.
Romana Grimm: „Zuerst hab ich die mehr als 400 Bauten mit Google Maps und der Street View-Ansicht durchsucht, die Kurzinfos dazu angeschaut und so aussortiert, welche mir gefallen haben. Manches hab ich dann auch erst vor Ort entschieden zu fotografieren oder nicht. Ich hab übrigens immer nur von außen, nie innen in den Bauten fotografiert und auch nicht mit einem bestimmten Konzept. Bin einfach herumgegangen, gelaufen, hab eingefangen, was mich inspiriert hat.“

KiJuKU: Dann aber blieben ja wahrscheinlich Tausende Fotos, wie erfolgte die Auswahl für die Ausstellung?
Romana Grimm: „Das war eine Hacke und sehr zeitintensiv. In erster Linie ist das nach Gefühl erfolgt, was ich an Bildern besonders finde.“

Fotos, Film

Als Kind hat Grimm, so erzählt sie auf die Frage, der Vorerfahrungen, „eine Kamera bekommen, mit der hab ich fotografiert, nicht gefilmt“, was sie hinzufügt, weil sie zuvor berichtet, dass sie mit 16 einen Kurzfilm bei einem Schulprojekt im BRG 19, Krottenbachstraße gedreht hatte, wo in einem Modulsystem Filmkunde angeboten worden war. „Das war ein essayistischer, kreativer Film über den Schulalltag von Mädchen mit depressiver Stimmung“.

In der Filmbranche hatte sie später vor allem im Bereich Produktion, Regie-Assistenz, Postproduktion und als Editorin gearbeitet.

Psychische Themen…

… beschäftigen die junge Frau sehr. Trotz ihrer Jugend ist sie schon im zweiten Abschnitt der Ausbildung zur Psychotherapeutin, im Fachspezifikum für Gestalt-Therapie. Aber da, so entgegnet sie der leichten Verwunderung des Reporters, hat sie schon etliches an Vor-Erfahrung.

Romana Grimm: „Ich habe eine Zeitlang in einem Altersheim auf der Demenzstation gearbeitet, ein Praktikum bei einer Trauma-Helpline gemacht und war davor schon einige Jahre beim „Plaudernetz“ der Caritas tätig und hatte eine Peer-Ausbildung zu Gewalt an Frauen und Mädchen und hab dazu Workshops in Schulen in Wien und Niederösterreich abgehalten. Und ich hab acht Monate ein Praktikum an der Sigmund-Freud-Ambulanz gemacht. Aber sicher hab ich da schon noch einige Luft nach oben.“

Ob das eingangs genannte Foto zu psychologischer Deutung Anlass gibt, möge jede und jeder selber beurteilen 😉

kijuku_heinz

Beiträge über andere der Gewinner:innen-Projekte folgen demnächst.

Zur Homepage von Cash for Culture, organisiert von Basis Kultur Wien, geht es hier

Auf der Bühne spielen Schüler:innen Szenen aus Kindheit und/oder Jugend verfolgter Jüd:innen, davor zitieren Profi-Schauspieler:innen aus den Erinnerungen dreier Verfolgter

Du darfst nicht mitspielen, du bist „anders“

Auf der Bühne des Jura-Soyfer-Gymnasiums in der Hagenmüllergasse (Wien-Landstraße, 3. Bezirk) bilden Theater-Schüler:innen einen Kreis, ein „anderer“ will hinein. Das verhindern die ersteren. Selbst als der „andere“ einen Ball anbietet und sie zum Mitspielen einlädt – nichts. Bedrohlich marschieren sie auf ihn zu…

Wechsel vor die Bühne: Drei Schauspieler:innen erzählen aus den Erinnerungen und Gedanken des „anderen“. Der hat auch einen Namen, keinen ausgedachten, fiktiven einer Bühnenfigur, sondern den eines realen Menschen: Ari Rath. Die Szene hat er als rund 13-Jähriger in Wien erlebt. Ein jüdisches Kind, das wie viele ausgegrenzt, diskriminiert, verfolgt wurde. Obwohl sein Vater noch 1938, als Ari in der Schule ausgesondert und in die „Judenklasse“ musste, meinte, so schlimm werde es nicht werden, mussten sie bald danach flüchten. Viele konnten das nicht (mehr), wurden eingesperrt, ermordet…

Auf der Bühne spielen Schüler:innen Szenen aus Kindheit und/oder Jugend verfolgter Jüd:innen, davor zitieren Profi-Schauspieler:innen aus den Erinnerungen dreier Verfolgter

Geschichte lebendig werden lassen

Jan Bellak, Maya Makal, Maria Brückner aus der genannten Schule sowie Terèzia Lovasova, Floria Gehringer, Olivia Hassa und Greti Plass-Willensdorfer aus dem BORG Hegelgasse 12 (Wien-Innere Stadt; 1. Bezirk) mit einem Theaterschwerpunkt spielten – angeleitet und inszeniert von Ute Bauer, Lehrerin der Hegelgasse, die genannte und andere Szenen aus echten Lebenserinnerungen von Ari Rath, Helga Pollak-Kinsky und Liesl Nitsch, geborene Spira. Die Profi-Schauspieler:innen Vivienne Causemann, Samuel Pock und Anna Starzinger lasen Auszüge aus den Erinnerungen und Gedanken dieser drei und brachten damit die Zusammenhänge der verschiedenen Szenen zu Gehör.

Das alles spielte sich in einem Seminar für vor allem Pädagog:innen ab, das „Beseder – Verein für darstellende Kunst“ organisierte. Bei diesem hebräische Wort für „alles in Ordnung“ schwingt auch Ironie mit, die das Gegenteil der eigentlichen Bedeutung mit beinhaltet, womit Susanne Höhne und Dagmar Schwarz, die den Verein gegründet haben, ihren Zweck mittransportieren wollen: „Mit den Mitteln des Theaters gesellschaftlichen Diskurs zu führen, die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Problemen“.

Auf der Bühne spielen Schüler:innen Szenen aus Kindheit und/oder Jugend verfolgter Jüd:innen, davor zitieren Profi-Schauspieler:innen aus den Erinnerungen dreier Verfolgter
Auf der Bühne spielen Schüler:innen Szenen aus Kindheit und/oder Jugend verfolgter Jüd:innen, davor zitieren Profi-Schauspieler:innen aus den Erinnerungen dreier Verfolgter

Enacting History – Geschichte in Szene setzen

„Beseder“ brachte für dieses Seminar Arnold Mittelman aus den USA nach Wien. Der künstlerische Leiter der National Jewish Theatre Foundation (NJTF) hat die Holocaust Theatre International Initiative an der Universität von Miami vor fast 20 Jahren (2007) gegründet. Mit „enacting history“ (Geschichte in Szene setzen) wollte er und sollen vor allem Schülerinnen und Schüler ausgehend von realen Lebensgeschichten durch das sich Reinversetzen in die Lage verfolgter Jüd:innen emotional nachvollziehen lernen, was diese erleiden mussten, das in der Folge zum Holocaust geführt hat.

Dass es nicht nur um die Zeit bis zur Entwicklung des Massenmordes unter den Nazis ging, zeigten Szenen und Erinnerungen der – auch beim Seminar anwesenden – Zeitzeugin Liesl Nitsch und der Erfahrungen in der 2. Republik mit vernichtender Beschimpfung durch eine Lehrerin einer- und Übergriffs-Erlebnissen andererseits, die ihr niemand glauben wollte. In einer kurzen Podiumsdiskussion brachte vor allem Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… den wichtigen Brückenschlag zwischen Geschichte und der Gegenwart ein, um aus leidvollen Erfahrungen zu lernen und gegen jede Ausgrenzung aufzutreten.

Dafür hat Mittelman und seine Initiative pädagogische Materialien und Lehrvideos erstellt, auf deren Basis Beseder Arbeitsblätter entwickelte, die auf der Homepage angefordert werden können – Links am Ende des Beitrages.

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Auf der Bühne spielen Schüler:innen Szenen aus Kindheit und/oder Jugend verfolgter Jüd:innen, davor zitieren Profi-Schauspieler:innen aus den Erinnerungen dreier Verfolgter plus reinmontirtem Logo der internationalen Holocaust-Theater-Initiative der US-amerikanischen Jüdischen Theater Stiftung
Auf der Bühne spielen Schüler:innen Szenen aus Kindheit und/oder Jugend verfolgter Jüd:innen, davor zitieren Profi-Schauspieler:innen aus den Erinnerungen dreier Verfolgter plus reinmontirtem Logo der internationalen Holocaust-Theater-Initiative der US-amerikanischen Jüdischen Theater Stiftung

beseder-theater -> enacting-history

njtfoundation.org

Szenenfoto aus "Das Geheimnis der verzauberten Stimme"

Super und witzig gespielte Botschaft: Auf Kinder hören

Ein Kind, das – seinen Eltern zufolge – zu viele quasselt, steht am Beginn einer der Dutzenden Erfolgsstücke von Alan Ayckbourn, „Das Geheimnis der verzauberten Stimme“. Dann verliert das Mädchen – in der ursprünglichen Übersetzung Mariakron Perking, nun im großen Haus des Theaters der Jugend Tia Maria Perkins – tagelang ihre Stimme. Nach vielen Tabletten und Säften wacht sie mehr als eine Woche später eines Morgens mit einer voll tiefen Männerstimme auf. Beim Versuch, diese loszuwerden, kommt aus ihrem Mund Töne einer eher piepsigen Bauchredepuppe. Und natürlich endet alles gut.

Mit zugespielten und ohne Stimmen spielen

Die Hauptfigur steht vor der großen Herausforderung, außer in den Anfangs- und Schluss-Szenen ganz ohne Stimme spielen zu müssen – das erfordert von ihr -und dem Sound-Team exaktes Timing, aufeinander in Sekundenbruchteilen zu achten. Die Schauspielerin, die nicht ganz 30-jährige Charlotte Zorell, verkörpert das Mädchen mit den „Stimmproblemen“ überragend, verleiht den unterschiedlichen Phasen das entsprechende Gehabe zwischen damit „reden“ und es weitgehend vermeiden wollen bzw. jeweils zu Beginn das überraschte Entsetzen. Hier sei auch das ganze Ton-Team genannt: Matthias Kaczmarczyk, Michael Hammerstiel, Roland Maurer, Gregor Morawek, Melanie Rácz und Maurice Wiederin.

„Charly“, wie die Schauspielerin von der Szene genannt wird, bringt – neben ihrer Ausbildung im DiverCITYLAB – und schauspielerischen Erfahrung mit familiärer Prägung, eine kräftige clowneske Note ins Spiel. Mit dieser „kommentiert“ sie so manche sie nervenden Situationen und setzt Komik als Widerstandselement ein.

Witz, Komik, Ironie

Letztere durchziehen auch viele andere Szenen und Figuren, besonders zu nennen sind dabei jene auf der Polizei-Station – Uwe Achilles als Inspektor, Jonas Graber und Stefan Rosenthal als untergebene Wachmänner. Selbstironische „Amtshandlungen“, oft vor allem in Filmen gesehen, und doch hier nicht zum Überdruss gespielt. Der zuletzt Geannnte gibt übrigens auch eine sehr gekonnte Bauchrede-Puppe. Etliche Augenblicke ist gar nicht klar, ob bei diesem Ronny nicht Kostüm und Maske (Kostümbildnerin Almasa Jerlagić) „nur“ eine besonders täuschend echte Puppe gelungen ist.

Wandlungsfähige Spieler:innen

Wobei noch unbedingt zu erwähnen ist, dass alle außer Charlotte Zorell in mehrere Rollen schlüpfen, allen voran Benita Martins, die sich in mehr als einem halben Dutzend Charakteren als besonders wandlungsfähig erweist, besonders witzig als Frau Banister mit Hund Dodo, wo sie fast mit ihrem kuscheligen Stofftier zu einem Wesen verschmilzt.

Die Erzählrolle mit Zwischentexten über den Fortgang der Geschichte übernehmen übrigens zu Beginn alle neun Schauspieler:innen im Chor und in der Folge immer wieder andere, die kurzfristig aus ihrem Charakter aussteigen. Sophie Aujesky als Tia Marias Mutter sowie eine Passantin, Frank Engelhardt als ihr Ehemann und Vater der unfreiwilligen Stimmwandlerin, vor allem aber als Mafiaboss für Arme im windigen Stimmentauschladen, Christian Graf und Rafael Schuchter beide jeweils in einem halben Dutzend Rollen sorgen für vielseitige Facetten des kurzweiligen zweistündigen Theater-Nachmittags.

Wandelbare Bühne

Besonders wandlungsfähig ist auch die Drehbühne (Karl Fehringer und Judith Leikauf), wozu nicht zuletzt die verblüffend aus 2D-Auto-Vorder- und Rückteil „gezauberte“ Stretch-Limousine zählt.

Übrigens, der schon erwähnte Uwe Achilles, der neben dem leitenden Polizei-Inspektor als mehrfacher Streitschlichter auch noch den Chauffeur des sich selbst als größten Opernsänger fühlenden großzügigen Enzo Grandioso (Schuchter) und weitere kleinere Figuren spielt, war schon vor fast zwei Jahrzehnten in der damaligen Version von „Das Geheimnis der verzauberten Stimme“ auf der Theater-der-Jugend-Bühne, als Mr. Perkins, Tia Marias Vater.

Re-Naissance

Wiedergeburt ist die aus dem Französischen kommende Bedeutung von Renaissance. So heißt auch das Theater in der Wiener Neubaugasse. Wieder gespielt werden so im Abstand von rund eineinhalb Jahrzehnte so manche Erfolgsstücke – in neuen Inszenierungen – diesfalls Nicole Claudia Weber – mit weitestgehend neuen Schauspieler:innen.

Berührend

Die Botschaft des Autors und auch jeder Inszenierung liegt klarerweise auf der Hand: Kindern eine Stimme geben – auch wenn meist verabsäumt wird, dass auf Kinder achten nicht unbedingt nur hören meinen muss; auch Gehörlose (Kinder) können mit Gebärden ihre Gedanken und Anliegen zum Ausdruck bringen! Aber wie „Charly“ als Tia Maria Perkins am Schluss – der hier sicher nicht gespoilert wird – gemeinsam ausschließlich mit den Kindern im Publikum in einem kürzesten Satz Kinderrechte zum Ausdruck bringt, berührt Herzen und Sinne.

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Doppelseite aus "Blumkas Tagebuch"

Belohnung und Verzeihen statt Strafen

Zygmuś hat ständig Hunger, „sogar der Lebertran schmeckt“ ihm. Er ist ein Kind, arbeitet dennoch ständig in der Küche, spart das dabei verdiente Geld. Das war vor 100 Jahren in Polen. Doch statt – wie Kinder im Bildungscampus Heidemarie Lex-Nalis in Wien Simmering Montagvormittag logischerweise meinten, sich „dann so viel zu Essen kaufen, dass er satt wird“, kauft der Bub auf dem Markt „Am Tag der guten Tat“ einen lebendigen Fisch. Den kocht er nicht, brät ihn auch nicht, sondern bringt ihn in einem Kübel in den Fluss Weichsel, der durch die polnische Hauptstadt Warschau fließt und lässt den Fisch frei.

Dies ist eine der Episoden, die „Blumka“ in ihrem „Tagebuch“ über andere Kinder des Waisenhauses in der Krochmalna Straße 92 erzählt. Das heißt eigentlich erzählte die mehrfach preisgekrönte Gestalterin und Autorin von Kinderbüchern, Iwona Chmielewska vor fast eineinhalb Jahrzehnten diese in Worten und Bildern. 2011 erschien ihr Buch im polnischen Original, bald danach auch auf Deutsch: „Blumkas Tagebuch – Vom Leben in Janusz Korczaks Waisenhaus“, wo es im Folgejahr für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert war.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Blumkas Tagebuch“

Vor-Bilder

Illustriert hat Chmielewska ihre kurzen, prägnanten Abschnitte über Zygmuś, Reginka, Abramek, Hannah, Aaron, Pola, Szymek, Stasiek, Riwka, Chaim, Kiesel, dessen wirklichen Namen niemand kannte, und Blumka selbst mit auf alt gemachten Fotos, Zeichnungen und Collagen aus immer wieder linierten Heftseiten. Die Kinder, die sich die Autorin da ausgedacht hat – und für die es vielleicht unter den rund 200 Kindern in dem wirklichen Waisenhaus in Warschau Vorbilder gab, stehen für unterschiedlichste Schicksale und Persönlichkeiten. Wenngleich dort sicher kein Kind so hungern musste wie der eingangs beschriebene Zygmuś. Aber da sollte wohl eher das große Herz in noch so bitterer Armut hervorgehoben werden. Das Buch beschreibt aber auch Kinder, die aufs erste garstig und bösartig auftreten – doch durch die Zuwendung in diesem Heim sich ändern können.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Blumkas Tagebuch“

Nach zwölf Kindern kommt der „Herr Doktor“

Der zweite Teil des Buches ist dem Gründer und Leiter des Waisenhauses, Jansuz Korczak (eigentlich Henryk Goldszmit, 1878 oder 1879 – 7. August 1942 – im Nazi-Konzentrationslager Treblinka gemeinsam mit Kindern des Waisenhauses ermordet) gewidmet. Der Arzt, Pädagoge und Autor war ein Vorkämpfer für Kinderrechte, über die er nicht nur schrieb und in Radiosendungen sprach, sondern sie auch im Waisenhaus lebte. Kinder schlagen war verboten! Und das vor 100 Jahren, merk’s SOS Kinderdorf Moosburg!

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Blumkas Tagebuch“

Klein heißt nicht dumm!

„Wichtiger als Strafe sei Belohnung. Wenn ein Kind etwas Böses anstellt, sei es das Beste, ihm zu verzeihen und darauf zu warten, dass es sich bessert. Auf keinen Fall dürfe man es zu irgendetwas zwingen“, beschreibt dies die Autorin in „Blumkas Tagebuch“ und weiter: „Der Herr Doktor (so wurde er von allen genannt, Anmerkung der Redaktion) wiederholt oft, dass wir genauso wichtig sind wie die Erwachsenen und dass „klein“ keineswegs „dümmer“ oder „schlechter“ bedeutet.“

Lärmen erlaubt

In Korczaks Waisenhaus gab es Mitbestimmung aller Kinder und auch – von Kindern geleitete – Gerichte. Vor denen mussten sich nicht nur Kinder, die etwas angestellt hatten, verantworten, sondern auch Erzieher:innen, selbst der Doktor himself, „wenn sich jemand über ihn ärgert“.

Übrigens hält die Autorin neben vielem anderen noch einen wichtigen Grundsatz Korczaks fest: „Der Herr Doktor erlaubt uns Lärm zu machen und umherzutollen. Dies einem Kind verbieten zu wollen, meint er, sei so, als wenn man von seinem Herzen verlangte, es möge stillstehen.“

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Blumkas Tagebuch“

Neu aufgelegt

„Blumkas Tagebuch – Vom Leben in Janusz Korczaks Waisenhaus“ von Iwona Chmielewska (Übersetzung aus dem Polnischen: Adam Jaromir) wurde kürzlich von der nach diesem „Vater“ der Kinderrechte benannten Gesellschaft in Österreich neu herausgebracht.

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janusz-korczak.at

Unicef -> Kinderrechte

Vorstellung von "Blumkas Tagebuch" und den Ideen von Janusz Korczak, dem Vater der Kinderrechte

Buchvorstellung, Klarinette und Ausstellung

„Kinder stärken! – Ein Vorbild aus vergangenen Zeiten“ – unter diesem Motto wurde eben am Montag in dem erwähnten nach der Pionierin der Elementarpädagogik in Österreich benannten Bildungscampus – Kindergarten, Volksschule, Ausbildung für Elementarpädagog:innen – eine Ausstellung über Janusz Korczak eröffnet. Aus diesem Anlass erzählte die ehemalige AHS-Lehrerin Christa Staudinger über „Blumkas Tagebuch“ und einige der in diesem vorgestellte Kinder sowie die Kinderrechte und deren „Vater“. Claudia Wratscho untermalte die Buchvorstellung mehrfach mit Musikstücken auf ihrer Klarinette.

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Zur Buchbesprechung geht es hier

Sie gehörten zu den allerjüngsten erfolgreichen Kids-in-Fashion-Designer:innen in diesem Jahr: 4- und 5-jährige Kindergartenkinder

Vom Astronautenlook bis zum Halb-Schach-Kleid

„Die Hose wollte ich an manchen Stellen ein bisschen weit haben und am T-Shirt so gelbe Flecken und mit schiefen Ärmeln. Das erinnert mich an Astronauten. Das wollte ich früher einmal werden, jetzt nicht mehr. Nun möchte ich Pilot werden“, erklärt Abdullahi Quadu Aden Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… seinen Entwurf, der zu jenen 63 – aus 3000 Einsendungen – zählt, die im Sommer von Modeschüler:innen unter Anleitung von Profis verwirklicht wurden. Und nun in der Mensa der Wiener Wirtschaftsuniversität Samstagabend von jugendlichen Models am Laufsteg vorgeführt wurde.

Collagen

Kids in Fashion, zum 31. Mal von den Wiener Jugendzentren organisiert, ist der sicher größte Mode-Design-Nachwuchsbewerb, wahrscheinlich nicht nur Österreichs. Jahr für Jahr zeigen Kinder und Jugendliche – gewertet wird in drei Altersgruppen (4 – 10, 11 – 14 sowie 15 bis 21 Jahre) – ausgefallene, kreative, schräge Ideen, die sie zu Papier bringen, und das nicht nur gezeichnet, sondern oft auch mit unterschiedlichsten Materialien colllagiert.

Materialien

Zu den zuletzt erwähnten zählt etwa Amina Dudaeva. „Wir haben die Entwürfe in der Schule gemacht und hatten einige Materialien. Die lila Federn haben mir besonders gefallen, die hab ich als ersten genommen und an die Schultern der Modezeichnung geklebt“, verrät sie den Start ihres Designs. Außerdem wählte sie noch glitzernde perlen und einen auch glänzenden, sehr weichen Stoff. „Ich zeichne zu Hause auch sehr oft, da aber vor allem Tiere und Zeichentrickfiguren. Und jetzt bin ich schon gespannt, wie das echte Kleid aussehen wird“, ist sie wie viele ihrer Jungdesigner-Kolleg:innen aufgeregt, was aus ihrem Entwurf geworden ist. Am Ende der Show darf sie wie alle, deren Entwürfe realisiert worden sind und die das wollen – manche scheuen das Rampenlicht – mit „ihrem“ Model den Laufsteg entlang gehen.

Wollte unbedingt ein Zeitungskleid machen

Ein für Kinder doch mittlerweile recht ungewöhnliches Material verwendete Svea Bofeldt (8): „Ich wollte unbedingt ein Kleid mit Zeitungspapier machen, schon seit der ersten Klasse“ und verneint glich die Nachfrage, ob sie selber überhaupt Zeitungen lese. „Aber ich wollte das eben machen und hab von zu Hause Zeitungen mit in die Schule genommen, als wir die Mode-Entwürfe gemacht haben.“

Badeschwamm und CD zerlegt

Zu ganz anderem Material griff die – damals elfjährige – Miep Weissmann für jenen von mehreren Entwürfen, der von der Jury ausgewählt worden ist. „Dafür hab ich einen Badeschwamm von meiner Oma zerlegt. Ich hab aber nicht erwartet, dass dieses Kleid genommen wird, ich hab noch mehrere andere entworfen, unter anderem mit zerschnittenen CD. Von solchen hab ich auch mehrere in meinem Zimmer aufgehängt, weil es so schön glitzert.“

Kindergarten-Crew

Voll verschmitzt lächelt und lacht Liya Kivrak und streckt sich kräftig, doch ihre Zeichnung hängt viel zu hoch. Aber auch die Vierjährige hat mit Glitzerzeug geklebt – „Sticker und Folien, ich wollt, dass es glänzt“, grinst sie. Übrigens auch ihre Kindergartenkolleg:innen Sara Lale (5) und Berat Çetin (5) haben es mit ihren Designs in dieses Finale geschafft, in dem die gezeichneten und geklebten Bilder Stoff geworden sind. Weitere Kolleg:innen und die Elementarpädagog:innen rauschten mit Geschenken und einem Gratulations-Schild zur großen Show an.

Eleganter Auftritt

Extra für ihren Auftritt – auf dem Laufsteg, aber auch schon für die Präsentation ihres Entwurfs für KiJuKU.at – legt sich Milla Emilia Valerio einen bodenlangen schwarzen Tüll-Überrock an und probt mit ihren Freundinnen das Stolzieren in einer Ecke der WU-Mensa. Ihr Entwurf ist kunterbunt: „Ich mag bunt, aber hab mir gedacht, da passt auch das elegante schwarz gut dazu“, gibt sie sich auch ein wenig kokett.

Hauptsache farbenfroh

Sie ist bei Weitem nicht die Einzige, die sich für den Gala-Abend in „Schale“ geworfen hat. Wobei die Outfits der Designer:innen selber ganz unterschiedlich sind. Holly Arnold, die die mittlere Alterskategorie gewonnen hat, kreuzt in einem kreativen, bunten, mit Knöpfen puzzlebaren Pullover auf und hat ein farbenfrohes, schräges Kleid mit noch viel „ver-rückterem“ Netz-Kopfteil kreiert. „Ich hab einfach so drauflos gezeichnet, hatte aber auch einen anderen Entwurf, der mir selber noch besser gefallen hat.“

Bild im Kopf

Ebenfalls „einfach so“, hat Joshua Odemwingie gezeichnet, „aber ich hatte das Bild schon zuerst im Kopf. Und ich zeichne immer, aber sonst nicht Mode, sondern eher Anime-Figuren und ich will Architekt werden“, vertraut er dem Reporter an. „Als ich erfahren habe, dass mein Entwurf ausgewählt wurde, war ich zuerst irgendwie schockiert.“ Wie aus seinem Entwurf echtes Gewand wird – „das hab ich schon auf der Einladungskarte gesehen“.

Meiner Hand vertraut

Ein wuchtiger, kräftiger, breitschultriger orangefarbener Anzug mit schwarzen Flecken ist das Ergebnis von Arthur Vischers Mode-Entwurf. „Ich hab einfach meiner Hand vertraut, ich wollte schon etwas Kräftiges zeichnen.“

Schminkpinsel

Aus vielen lila Kreisen besteht das Kleid, das Nur Shabuk designt hat. „Ich hab einen Schminkpinsel genommen, in diese Farbe eingetaucht und kräftig gedreht“, beschreibt sie di Technik ihres Entwurfs. „Und als Gegenstück hab ich über den Haaren und bei den Füßen einen feineren Pinsel genommen und zarte Kreise drehend getupft.

Duo mit zwei gegensätzlichen Hälften

Eines von zwei Design-Duos, deren Entwürfe ausgewählt und verwirklicht wurden ist ein „Schach“-Kleid. Johanna Strandl und Szofi Szennay haben es sich ausgedacht und gezeichnet. „Wir wollten etwas gemeinsam machen und wir haben cool gefunden, eine Hälfte eher dunkel, schwarz-weiß, zu gestalten und die andere bunt. Und wir lieben beide Schach und abstrakte Kunst – so wie die farbige Hälfte“, grinsen die Jung-Designerinnen.

Plötzlich Modeschülerin

Last but not least sei hier Emilia Hazra Ashwariya und ihr Entwurf vorgestellt. Sie hat nicht – wie die meisten – auf die Vorlage der Jugendzentren gezeichnet, sondern ein großformatiges Blatt, mit kleinteiligen, fein gegliederten, zarten, eleganten Blumenmustern gefüllt – und zwar viel mehr als zu sehen ist, wie sie Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… verrät. „Ich hab das ganze Blatt voll gemalt und dann sie Silhouette einer eleganten Robe aus Karton ausgeschnitten und darüber geklebt.“ Und mit einem geschwungenen Schriftzug „Little Miss E.“ versehen.

 „In der vierten Klasse Gymnasium bin ich eines Tages aufgewacht und wusste, ich will in eine Modeschule wechseln. Dann hab ich neben der Schule begonnen, mir Modezeichnen selber beizubringen, hab mir Bücher besorgt und viele YouTube-Videos angeschaut, ganz viel geübt und gezeichnet. Aber das meiste hab ich dann in der ersten Klasse Modeschule gelernt.“

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Hier unten geht es zu A) den 9 Hauptpreisträger:innen, allen 63 ausgewählten Modezeichnungen sowie Fotos jener Jung- und Jüngst-Designer:innen, die bei der Show mit „ihren“ Models über den Catwalk „liefen“, sowie weiteren Fotos; jetzt auch mit zwei Videos

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jugendzentren.at -> kids-in-fashion

Bildmontage aus den Fotos der Hauptpreisträger:innen in den drei Altersgruppen - mit ihren Models

Die Besten der Besten – neun Hauptpreisträger:innen und ihre Models

Die Jüngsten – 4 bis 10 Jahre

1: Miloude Amgalantuul

2. Ella Reindl

3. Baraah Shalili

Kategorie 11 bis 14 Jahre

1: Holly Arndold

2. Miep Weissmann

3. Samir Mohamadi

Die Ältesten – 15 bis 21 Jahre

1. Emilia Hazra Ashwariya

2. Charlotte Nordberg

Bildmontage aus dem Entwurf sowie dem Model mit dem realisierten Design; Charlotte Nordberg konnte krankheitshalber nicht zur Show kommen
Bildmontage aus dem Entwurf sowie dem Model mit dem realisierten Design; Charlotte Nordberg konnte krankheitshalber nicht zur Show kommen

3. Maya Kofler

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Interviews mit einigen Jung- und Jüngst-Designer:innen

Interessiert studieren Besucher:innen (nicht nur ihre eigenen) Entwürfe

Alle 63 prämierten Mode-Entwürfe

Am Rande der Show werden immer auf großen Plakaten jene Zeichnungen und Collagen präsentiert, die von der Jury aus den – in diesem Jahr – 3000 Einsendungen ausgewählt und realisiert worden sind.

Entwürfe von Lara Redwan und Sina Fuchs, 12; Mavie Raicht, 11; sowie Szofi Szennay und Johanna Strandl, 11
Entwürfe von Lara Redwan und Sina Fuchs, 12; Mavie Raicht, 11; sowie Szofi Szennay und Johanna Strandl, 11

Entwürfe von Meoldy Saremi Shahab, 12; und Rosalie Denk, 13
Entwürfe von Meoldy Saremi Shahab, 12; und Rosalie Denk, 13

Entwürfe von Abdullahi Quadu Aden (10); Svea Bofeldt (8) und Luka Saraf (8)
Entwürfe von Abdullahi Quadu Aden (10); Svea Bofeldt (8) und Luka Saraf (8)

Entwürfe von Mary Tudor; Supicha Pansuk und Marika Sokol
Entwürfe von Mary Tudor; Supicha Pansuk und Marika Sokol

Entwürfe von Pia Cindea (19); Isabel Steiner (16) und Flora Frass
Entwürfe von Pia Cindea (19); Isabel Steiner (16) und Flora Frass

Entwürfe von Ivanna Filipova (17) und Sarah Wiesemmyer (16)
Entwürfe von Ivanna Filipova (17) und Sarah Wiesemmyer (16)

Entwürfe von Amina Dudaeva (10); Mira Breunhälder (10) und Umay Yuvarlak (11)
Entwürfe von Amina Dudaeva (10); Mira Breunhälder (10) und Umay Yuvarlak (11)

zwei weitere Designs

Entwürfe von Leo Zehetmeyer (11); Felix Pongratz (13) und Daniela Dufek (13)
Entwürfe von Leo Zehetmeyer (11); Felix Pongratz (13) und Daniela Dufek (13)

Entwürfe von Joshua Odemwingie (12); Hanna Stockinger (14) und Lukas Hanel (12)
Entwürfe von Joshua Odemwingie (12); Hanna Stockinger (14) und Lukas Hanel (12)

Entwürfe von Miloude Amgalantuul (10); Ella Reindl (7) und Baraah Shalili (9)
Entwürfe von Miloude Amgalantuul (10); Ella Reindl (7) und Baraah Shalili (9)

Entwürfe von Holly Arnodl (12); Miep Weissmann (11) und Samir Mohamadi (14)
Entwürfe von Holly Arnodl (12); Miep Weissmann (11) und Samir Mohamadi (14)

Entwurf von Emilia Hazra Ashwariya, 15
Entwurf von Emilia Hazra Ashwariya, 15

Entwürfe von Milla Emilia Valerio (8); Mamoud Asenat (9) und Nora (9)
Entwürfe von Milla Emilia Valerio (8); Mamoud Asenat (9) und Nora (9)

Entwürfe von Charlotte Nordberg (16) und Maya Kofler (17)
Entwürfe von Charlotte Nordberg (16) und Maya Kofler (17)

Entwürfe von Lea Hohenberger (10); Yağmur Yıldırım (7) und Marc Chavarra Saiguero (10)
Entwürfe von Lea Hohenberger (10); Yağmur Yıldırım (7) und Marc Chavarra Saiguero (10)

Entwürfe von Amanda Dobruna (6); Sara Lale (5) und Isabella Devuyst (9)
Entwürfe von Amanda Dobruna (6); Sara Lale (5) und Isabella Devuyst (9)

Entwürfe von Aaron Wandaller (8); Tobias Muhr (10) und Osmanur Rahman (9)
Entwürfe von Aaron Wandaller (8); Tobias Muhr (10) und Osmanur Rahman (9)

Entwürfe von Liya Kivrak (4); Damaris Radu (4) und Berat Çetin (5)
Entwürfe von Liya Kivrak (4); Damaris Radu (4) und Berat Çetin (5)

Entwürfe von Sami Alforo Quispe (10); Fabian Ribitsch (10) und Mara Bocek (13)
Entwürfe von Sami Alforo Quispe (10); Fabian Ribitsch (10) und Mara Bocek (13)

Entwürfe von Henry Sauer (8); Louis Oppermann (12) und Daniele De Bei (12)
Entwürfe von Henry Sauer (8); Louis Oppermann (12) und Daniele De Bei (12)

Entwürfe von Jolanda Goppelt (13); Arthur Vischer (13) und Philippa Sabathi (13)
Entwürfe von Jolanda Goppelt (13); Arthur Vischer (13) und Philippa Sabathi (13)

Entwürfe von Marion Scherzer (11); Nur Shabuk (13) und Adriana Anton (12)
Entwürfe von Marion Scherzer (11); Nur Shabuk (13) und Adriana Anton (12)

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Interviews mit einigen Jung- und Jüngst-Designer:innen

Jung-Designer:in und ihr Model

Alle bei der Gala anwesenden Gewinner:innen…

Nach der Verleihung der neun Hauptpreise – je drei in den drei Alterskategorien – können, müssen aber nicht, all jene Kinder und Jugendlichen, deren Designs umgesetzt wurden, mit „ihren“ Models im Rampenlicht auf den Laufsteg. Immerhin sind sie alle Gewinner:innen, wurden doch ihre Entwürfe – aus 3000 Einsendungen – ausgewählt, um in der Schneiderei-Werkstatt umgesetzt zu werden. Jugendliche Models führten diese Designs am Laufsteg vor, in einer zweiten Runde mit ihren Designer:innen.

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Interviews mit einigen Jung- und Jüngst-Designer:innen

Bildmontage aus einem Foto einer Ausstellung über besonders erfolgreiche Absolvent:innen, einem Foto des musikalischen Auftritts bei der Jubiläumsfeier, dem plakat zu 150 Jahre Brigittenauer Gymnasium, einer Montage zu Vielfalt der Schule und Willkommensgrüße in mehreren Sprachen

Zurück in der „alten“, ziemlich neuen Schule

Schwungvolle Auftritte der „All Star Band“, der Musical Kids, inhaltsreiche und doch knackige Festvorträge – zur Geschichte der Schule einer- und zu Diversität anderseits -, ein starker Poetry Slam einer preisgekrönten jungen Wortakrobatin über Vorurteile – das war die 150 Jahr-Feier des Gymnasiums am Augarten (Wien-Brigittenau, 20. Bezirk), vormals Karajangasse, davor Unterbergergasse.

Letzteres war der alte Eingang einer ganz kurzen Gasse als die Schule noch nicht so breit und so hoch war wie sie heute nach Erweiterungen ist. Und jener Eingang, an dessen Tür im Herbst 1966 Zettel hingen mit den Namen jener Schülerinnen und Schüler, die die damals noch erforderlichen Aufnahmsprüfungen – aus Mathe- und Deutsch-Tests – bestanden haben. Darunter auch mein Name.

Die folgenden acht Schuljahre verbrachte ich also hier, Matura Ende Juni 1974. Da waren selbst die meisten Lehrer:innen des heutigen Gymnasiums noch nicht einmal geboren. Acht Jahre, in denen wir allesamt kein einziges Wort davon erfuhren, dass ein Teil der Schule 1939 Gefängnis war – „Notarrest Karajangasse“ in dem Juden und politische Gegner der Nazis vorübergehend eingesperrt waren, bevor sie in Lager verfrachtet wurden.

Gedenkstätte

Gut, das habe ich nicht erst bei der 150 Jahr-Feier diese Woche erfahren, sondern als Journalist schon vor Jahrzehnten; und auch darüber berichtet, dass auf Initiative eines Geschichtslehrers gemeinsam mit Schüler:innen eine Gedenkstätte, die daran erinnert, errichtet und Jahre später noch einmal – gemeinsam mit Berufsschüler:innen – renoviert wurde. Manch anderes aber, unter anderem, dass die Schule erst 25 Jahre nach ihrer Gründung, damals in der heute zur Leopoldstadt gehörenden Glockengasse gegründet worden war. Und so manch anderes, das Historiker Bernhard Trautwein, knapp und mit etlichen historischen Fotos vor allem aus alten Jahresberichten, in seinem Vortrag „Wo Vielfalt Schule macht“, den auch mit diesem Gymnasium am Augarten noch viel Vertrautere sehr interessant fanden, präsentierte.

„Vielfalt ist in vielfältiger Weise vielfältig!“

Vielfalt durchzog den zweiten Fachvortrag: Der bekannte Soziologe Kenan Güngör sprach unter dem Titel „Schule im Kontext von Migration und Diversität“ darüber – wie es so sein Charakteristikum ist -, dass auch dieser Begriff differenziert betrachtet werden müsse. „Vielfalt ist gesellschaftlicher Fakt. Ob sie gut oder schlecht ist, kann per se nicht beantwortet werden. Denn Vielfalt ist in vielfältiger Weise vielfältig! Doch wir haben zumeist homogene, ideologisch aufgeladene schwarz-weiß Bilder von Vielfalt.“

Junge Blicke und Stimmen

Die jungen Blicke auf die auf vielfältige Weise vielfältige Realität d(ies)er Schule heute lieferten einerseits die Musical Kids mit Ausschnitten aus „Wenn ich wieder einmal träume“, die beachtliche All Star Band mit einem großen Chor und ihrer Version von Edwin Hawkins‘ Gospel (1967) „Oh Happy Day“ und vor allem die Wortakrobatin Juliana Kratzer, meisterinnenhafte Poetry Slammerin mit „Eine Generation passt nicht in einen Schuhkarton“, wo sie Schubladen und Vorurteile poetisch und immer wieder mit dem einen oder anderen Schuss Humor auseinandernimmt – siehe Video des gesamten Auftritts.

Jugendliche vom Projekt
Jugendliche vom Projekt „Kulturbalkon“

Kulturbalkon —> Oase

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… – und der Vorläufer Kinder-KURIER hat immer wieder auch über Projekte dieser Schule berichtet, zuletzt, als Schüler:innen die Idee einer „Kulturbrücke“ vom Schulgebäude in den – durch eine Straße getrennten – Augarten planten; und für ihre abgespeckte Version einer Kultur-Oase als Schulvorplatz bei der Kinder- und Jugendmillion der Stadt Wien 250.000 Euro zugesprochen bekamen; oder über mehrfache erfolgreiche Teilnehmer:innen am mehrsprachigen Redebewerb „Sag’s Multi!“ und darüber, dass dieses als eines der wenigeren Gymnasien ein namhafte Zahl an geflüchteten Jugendlichen vor zehn Jahren aufgenommen hat – Berichte unten verlinkt.

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fluechtlings-integration-international-school-of-brigittenau <— damals noch im Kinder-KURIER

wichtig-botschaften-rueberzubringen-und-dass-erwachsene-zuhoeren <— noch im KiKu

wichtig-bildungs-chancen-zu-nutzen <— noch im KiKu

Gymnasium am Augarten

think-difference, Kenan Güngörs Website

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Ausstellungsobjekte animieren zu eigenen Schattenspielen

Fantasievolles Spielen mit Schatten und Licht

Die einen stürzen sich auf weiße Kreiden, um Bilder an die dunkelblaue Wand zu malen oder etwas, nicht zuletzt die eigenen Vornamen, zu schreiben. Andere spielen mit Taschenlampen und den Schatten die sie in den Lichtkegeln werfen. Oder mit jenen Schatten, die die wie Mobiles von der Decke schwebend hängenden Kunstwerke werfen. Manche betrachten auch die gerahmten naturähnlichen Bilder an einer dritten Wand.

Gemeinschafts-Ausstellung

Die ziemlich finstere große Ausstellungshalle im St. Pöltner Kinder Kunst Labor animiert von vornherein, spontan und ohne Anleitung oder Animation zum spielerischen Umgang mit den Bildern und Objekten der kürzlich eröffneten, dritten Ausstellung hier am Rande der niederösterreichischen Landeshauptstadt am Schulring: „Schattenfänger“ versammelt Kunstwerke von Robert Gabris, Iva Ivanova, Natalia Domínguez Rangel, Theodor Moise, die Kuratorin Lorena Moreno Vera zusammengestellt hat.

Nicht nur die Kinder der Volksschule Daniel Gran Gasse und die Jugendlichen der gleich über die Straße des Kinder Kunst Labors liegenden Mittelschule Theodor Körner lassen sich darauf ein, auch St. Pöltens Bürgermeister hat sichtlich seinen Spaß am Licht- und Schattenspiel mit der kleinen Taschenlampe.

Wie ein nächtlicher fantasievoller Garten – und zwar ohne vielleicht bei echten Gärten in der Nacht auftauchende Ängste – tauchen die Besucher:innen in die Objekte und Bilder, in das Spiel von Licht und Schatten ein. Geheimnis- und fantasievolle Welten tun sich da bildmäßig auf und laden nicht nur zum Betrachten und Spielen, sondern auch zum Weiter„spinnen“ von Bildwelten ein.

Künstliche „Bienenstöcke“

Aber nicht alles liegt im Dunklen, in einem weiteren wie hinter einer Art Nebelvorhang liegenden Raum mit großen Glasflächen zum Park daneben stehen künstlerisch-künstliche Objekte, die von Bienenstücken inspiriert sind und auch Sound-Installationen in sich bergen, die genau solch ähnliche Geräusche von sich geben. Dieser Teil hat es Fatima aus der Mittelschule besonders angetan: „Diese Geräusche, die wie Bienen klingen, obwohl gar keine da sind und es nur künstliche Dinge sind, ist sehr beeindruckend“, vertraut sie Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… an.

Action Painting

Mit Farben und Formen auf unterschiedlichste Art und Weise können Kinder und Jugendliche auch in den beiden Labor-Räumen ein Stockwerk über den Ausstellungsobjekten interagieren. Beim Malen auf Papier entdeckt etwa die Volksschülerin Medina eine Form von Action Painting. Den Schwamm an der Schnur mit dem andere – in Farbe getaucht – aufs Papier auf der Staffelei stempeln, wirft sie immer und immer wieder mit Farbe auf ihren Papierbogen und hat sichtlich großen Spaß dabei.

Im Kunstlabor nebenan können mit verschiedenfarbigen Folien ebenso Bilder erzeugt werden wie mit Formen in einer Sandkiste, wo die Bewegungen und Muster sofort auf eine Wand projiziert werden.

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Viele weitere Fotos rund um die Ausstellungs-Eröffnung

Spontan-Performance einer Achtjährigen und der Stadträtin, die sich davon animieren ließ

„Da legst di nieder…“

Kassandra mit rosa Perücke legt sich auf den Boden vor der Bühne. Veronica, Stadträtin für Kultur und Wissenschaft, hockerlt sich zu ihr, macht es der 8-Jährigen dann gleich und legt sich auch auf den Rücken. Diese „Performance“ war so nicht geplant, sondern einfach ein spontanes Vorspiel zur üppigen Präsentation des ersten Saisonprogramms von Junge Theater Wien (JTW) in der Volkshochschule Großfeldsiedlung.

Mehr als die Hälfte der Wiener Kinder und Jugendlichen

Diese vor sechs bis fünf Jahrzehnten errichtete Stadtrandsiedlung liegt in Floridsdorf, einem von zwei Bezirken am linken Ufer der Donau. In diesem, sowie dem an der selben Donauseite liegenden 22. Bezirk (Donaustadt) sowie den drei südlichen Bezirken Favoriten (10.), Simmering (11.) und Liesing (23.) spielen JTW schon seit einigen Monaten hin und wieder, nun regelmäßig für junges Publikum. Zum einen Stücke und Performances, die es schon, teilweise recht lange, gibt und die vor allem im Dschungel Wien, dem Theaterhaus im MuseumsQuartier zu sehen waren, aber auch neu entwickelte Bühnenwerke. „Wo du aufwächst, ist deine Kultur zu Hause“ ist das Motto des umfangreichen Programms, das in dieser Saison (wie ein Schuljahr) 57 Produktionen von 40 Gruppen (mit zehn weiteren Koproduzent:innen) mit mehr als 250 Vorstellungen in 15 Spielorten in diese fünf Bezirke bringt. In diesen leben mehr als vier von zehn Wiener:innen (43%). Der Anteil der Kinder und Jugendlichen – für die JTW vor allem spielen (1 bis 22 Jahre) – liegt gar jenseits der Hälfte (54%).

Von Singer-Songwriterin bis Casting

Wemimo, Singer-Songwriterin, begeisterte mit drei Auftritten, bei der Präsentation nicht nur mit ihrer zarten bis kräftigen Stimme, sondern vor allem auch durch ihre Mut machenden Texte, nach denen jede und jeder schön ist und Talente hat, auch wenn sie wie mintunter die Sonne von Wolken verdeckt ist. Ebenso stark die schon eingangs erwähnte 8-jährige Kassandra, die in die Rolle der „Agathe Bauer“ schlüpfte – ein Teaser für das gleichnamige Musiktheaterstück, das „Theater Ansicht“ entwickeln will. Mit dem schon lange verwendeten Wortspiel des Wienerisch schlampig ausgesprochenen englischen Sagers „I got the power“ (Ich habe die Macht) soll ein lustvolles Spiel zwischen Popkultur und Politik entstehen, das ab April des kommenden Jahres durch die genannten fünf Bezirke tourt. Angekündigt ist es als Live-Erlebnis über Macht, Meinung und Mitsprache mit Songs wie „Kurze Beine“ und „Ich bau dir eine Festung“. Dafür werden ab Mitte November Jugendliche und junge Erwachsene Gesangstalente gesucht, allerdings erst ab 18 Jahren, womit der Showact mit Kassandra sozusagen eine Art Fake war – auch ein Thema, wie Themen zum Trend werden können. Auf das Casting sollen Voting und Konzertinszenierung gemeinsam mit Jugendlichen letztlich die Show entwickeln. (Bewerbungen fürs Casting bis Ende Oktober – siehe Info-Box).

Auch Figuren- und Puppentheater

Für eine weitere Live-Kostprobe aus dem künftigen Programm sorgte Puppenspieler Michael Pöllmann. Entworfen und bespielbar gebaut von Scarlett Köfner ließ er eine Puppen-Geige auf der Bühne tanzen, die noch dazu eine kleine Babygeige im Arm hält – aus dem Stück „Pupa Circi“. Damit sollte auch die Breite des Angebots zum Ausdruck gebracht werden: Sprech-, Musik-, Tanz-, Figuren- und Puppentheater ebenso wie Performances und Neuer Zirkus…

Auf der Suche nach
Auf der Suche nach „Agathe Bauer“ von Theater Ansicht

Acht Gruppen stellten ihre Produktionen kurz vor

Acht weitere Gruppen stellten ihre Produktionen vor, die hier mit den Inserts und Fotos der Präsentator:innen, erwähnt werden:

Die gefesselte Phantasie“ ausgehend von Ferdinand Raimunds „Original-Zauberspiel“ von der Kinderoper Wien, das am Tag der Kinderrechte (20. November) in der Kulturgarage Seestadt einen „Tag der Phantasie“ begleitet, vorgestellt von Sarah Scherer,

Wo ist Walzer?“ von Kollektiv Kunststoff und dem Johann-Strauss-Jahr 2025, vorgestellt von Christina Aksoy

Wirrum Warrum Wunderglocke“ von Töchter der Kunst, vorgestellt von Nico Wind

Nico Wind stellt
Nico Wind stellt „Wirrum Warrum Wunderglocke“ vor

Weiter leben – eine Jugend“ ausgehend von Ruth Klügers Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend als in Wien diskriminierte Jüdin, später in Konzentrationslagern der Nazis, die sie überlebte von Theater Iskra, vorgestellt von Nika Sommeregger

Fledermäuse“, „Waldrapp“ sowie „Wir und die Welt“ von dere Schallundrauch Agency, vorgestellt von Gabi Wappel und Silvia Auer. Letztere erinnerte aber auch daran, dass sie, aufgewachsen in Stammersdorf, schon als Kind kulturelle Nahversorgung erlebt hatte. Wie übrigens auch die frisch renovierte VHS Großfeldsiedlung in den Anfangsjahren auch einen Kinosaal beherbergt hatte. Und – was nicht erwähnt wurde – Jahrzehnte lang MoKi (Mobiles Kindertheater) oder „Trittbrettl“ und andere Gruppen sehr wohl und bewusst nicht nur in städtischen Zentren spielten.

Ball“ und „Hände“ für allerjüngstes (Mitmach-)Publikum sogar unter zwei Jahren von Theater.Nuu, vorgestellt von Laura-Lee Jacobi und …

…. Schließlich last but not least „Prinzessen“ von Plaisiranstalt, vorgestellt von Raoul Biltgen

Und dann wies Stephan Rabl, der Junge Theater Wien leitet, auf die Tour des bekannten Comedian Marc Canal hin, der selbst an diesem Vormittag nicht in die Großfeldsiedlung kommen konnte. Der Stücke- und unter anderem Gagschreiber für di ORF-Sendung „Willkommen Österreich“ tourt mit seinem ersten Solo „Gott live“, wo er Fragen zu beantworten sucht, die ihm auch schon vorab gestellt werden können.

Ankündigung der Comedy-Tour
Ankündigung der Comedy-Tour „Gott live“

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Im Folgenden einige Links zu KiJuKU-Besprechungen von Stücken, die es schon gibt und die nun durch die genannten Bezirke touren:

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Eva Bauer und Tilo Schott, Jugendliche aus der Festivalleitung

Geschwister – Dauerstreit oder beste Freund:innen?

63 Filme, ausgedacht, gedreht, gespielt, gezeichnet, geschnitten, animiert, montiert… von Kindern und Jugendlichen standen und stehen auf dem Programm des Festivals des jungen Kurzfilms. Zum 29. Mal finden die Video- und Filmtage – seit vielen Jahren im Cinemagic in der Wiener Urania statt. Jeden der Blöcke mit meist drei Filmen hat das Festivalteam unter einem Motto zusammengefast. „Wahrheit und Pflicht“, „Flügge: Loslassen lernen“, „Zwischen den Momenten“, lauteten die drei am Eröffnungsabend, Donnerstag, 2. Oktober 2025; das Festival läuft bis Sonntag, 5. Oktober – mehr im Infoblock am Ende des Beitrages.

Weit mehr als Abspielen

Das Spannende sind nicht nur die Filme in Genres von Trick- und Animations- bis zu Spiel- und Experimentalfilm von Kindern und Jugendlichen (biss 22 Jahre), sondern, dass im Kino auch Live-Feedback vom Publikum erwünscht ist und ein solches jedenfalls von Jurys kommt. Profis aus verschiedenen Bereichen des Films – Regie, Drehbuch, Schnitt, Organisation… – sitzen im Saal, haben die Filme schon zuvor gesehen, betrachten sie nun aber mit dem Publikum erstmals auf der großen Leinwand und stellen nach jedem Block (meist drei Filme) Fragen bzw. kommentieren das Gesehene. Und die Video- und Filmtage bieten immer wieder ein Forum für Vernetzung junger Filmschaffender, nicht selten finden sich neue Teams, die in späteren Jahren Gemeinschaftsprojekte einreichen zu zeigen.

Geschwister

Zwei der drei Filme des ersten Blocks – „Wahrheit und Pflicht“ drehten sich um Geschwister. „Genau gleich alt“ bringt die – echten – Geschwister Lun und Byul Raaberg wieder einmal zu einem Treffen zusammen, bei dem sie über sich und ihre Geschwister-Erfahrungen sprechen. Streng genommen sind die Zwillinge natürlich nicht genau gleich alt, 14 Minuten liegen zwischen den beiden Geburten. Der Film dauert fast so lange, knapp mehr als 13 Minuten. Obwohl praktisch „nur“ geredet“ wird, bleibt’s immer spannend – anfangs sind die Gesichter der beiden nicht zu sehen. Eine bewusste Entscheidung wie Lun (Regie, Schnitt und Darstellung) im Filmgespräch nach der Projektion erzählt. Bruder Byul (Kamera, Sound, Darstellung) konnte studienbedingt in Linz nicht beim Festival sein.

Es hätte sich komisch angefühlt, die ganze Zeit die Kamera aufs Gesicht zu haben. So sei es dazu gekommen, dass beide immer lockerer alles von der Seele geredet haben, „als wäre gar keine Kamera da“. Beide erinnern sich an heftige Streits, aber auch an viel Freund:innenschaft, allerdings auch die Frage, was eigene Identität sei oder „nur“ etwas, um das Geschwisterkind nachzumachen, beispielsweise beim Entdecken der eigenen Queerness. Egal aber was die beiden erzählen, das Gespräch vermittelt sehr viel Nähe und Vertrautheit

Lun montierte ins Gespräch – Verdichtung aus rund vier Stunden Material – vor allem humorvolle Schnipsel aus einem alten Video ein als beide als Kinder zu sehen waren.

Kipppunkt

Viel Vertrautheit durchzieht auch den Großteil der nicht ganz fünf Minuten von „Strandurlaub“ von Erik Bartoš (Drehbuch, Regie und Schauspiel) und Rebecca Kleineidam (Schauspiel). Die beiden Schauspiel-Studierenden schlüpften in die Rollen von zwei Geschwistern, die in die Wohnung des verstorbenen Vaters kommen und dort die Kisten des Erbes durchschauen. So „nebenbei“ ergibt sich anhand eines Plastikspielzeugs, dass sie Scheidungskinder sind und die Schwester mit dem Vater öfter auf Urlaub an italienischen Stränden war, wovon der Bruder nichts wusste / wissen durfte. Womit die Stimmung völlig kippt. Offenes Ende. (Kamera, Schnitt: Jonas Wiesinger; Ton: Karoline Sachslehner)

Hektik

Am Tag als in etlichen Kinos die neueste Verfilmung von Michael Endes Klassiker „Momo“, dem Mädchen, das den Kampf gegen die Zeitdiebe in Gang bringt, startete, wurde bei den diesjährigen Video- und Filmtagen der rund dreiminütige Animationsfilm einer Gruppe von Schüler:innen der HTL Spengergasse im ersten Block des Festivals gezeigt: Vanja Stanojević, Tara Wirth, Selina Mayer, Frederick Schremser und Saskia Hundsdorfer hatten sich für „Time Chase“ (Zeitjagd) eine Geschichte zweier Mädchen ausgedacht, die in die Schule hetzen. Und „natürlich“ zu spät kommen, weil sie au allerlei Hindernisse auf ihrem Schulweg stoßen. In die 2D-Animation haben sie nicht nur so manche humorvolle Szene eingebaut, sondern, wenn’s ganz hektisch wird, Szenen eines alten Computer- bzw. Konsolenspiels à la Super-Mario.

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Szenenfoto aus dem Audio-Walk "Die Nacht kurz vor den Wäldern"

Hörend auf den Spuren eines Außenseiters der Gesellschaft

Ein Typ mit Bierflasche in der Hand, ein wenig „abgesandelt“. Wäre er nicht Schauspieler und würde sein Publikum im Foyer der Burgtheater-Spielstätte Kasino am Schwarzenbergplatz empfangen, die über Kopfhörer seinem Monolog lauschen, würden die meisten von ihnen wahrscheinlich achtlos an ihm vorbeigehen oder gar einen größeren Bogen um ihn machen. So aber folgen die beobachtenden, vor allem hörenden Teilnehmer:innen Michael Wächter rund eineinhalb Stunden in „Die Nacht vor den Wäldern“, einem fast 50 Jahre alten Text von Bernard-Marie Koltès (1948 – 1989) in der Regie von Robin Ormond.

Szenenfoto aus dem Audio-Walk
Szenenfoto aus dem Audio-Walk „Die Nacht kurz vor den Wäldern“

Ausgestoßener

Ein vorgeblich obdachloser einsamer „Wolf“, der labert und labert. Frauen verachtet, Weltverschwörungen „aufdeckt“, ein Gegen-Syndikat errichten will, Gewalt als Mittel der Auseinandersetzungen kennt und offenbar schätzt… – und zwischen den Zeilen viel Leere und mehr als mangelnde Zuneigung erfahren hat. Die Tour führt, teils hastig, vom Kasino-Foyer aus über den Beethovenplatz vor dem AKG (Akademisches Gymnasium), hinunter in die Tiefgarage, wieder rauf, runter zur U4-Station Stadtpark, Richtung Heiligenstadt, einen Halt weiter zum Schwedenplatz, denn Landstraße ist derzeit gesperrt; Gang aufs Klo in der dortigen U-Bahnstation, kurzer Halt auf der Schwedenbrücke über dem Donaukanal – auf der Seite gegenüber dem in Metall geschnittenen Ilse-Aichiger-Zitat aus „Winterantwort“ an jenem Ort, an dem die Dichterin zum letzten Mal ihre von den Nazis einkassierte Oma auf dem offenen LKW-Transporter gesehen hat; Pause bei einem Würstelstand, wo sich der Protagonist eine Bratwurst reinzieht – natürlich mit einer Hülse, einer weiteren Dose Bier; Rotenturmstraße, Heiligenkreuzer-Hof, Jesuitenkirche, kurze Fahrt mit der 2er Bim, Stadtpark, wo der Outlaw-Darsteller am gegenüberliegenden Ufer in den Büschen verschwindet.

Szenenfoto aus dem Audio-Walk
Szenenfoto aus dem Audio-Walk „Die Nacht kurz vor den Wäldern“

Gemischte Gefühle

Irgendwie pendelt dieser Audio-Walk zwischen Verständnis für einen Typen wie ihn, gelichzeitig mit gemischten Gefühlen angesichts einerseits seiner immer wieder Frauen verachtenden Sager und andererseits einem unguten Gefühl von Voyeurismus, in die Seele eines Ausgestoßenen mit eigener Gewalterfahrung. Und gleichzeitig wiederum das Wissen, alles nur gespielt, aber jedenfalls mit so beeindruckender schauspielerischen Leistung, dass es immer wieder fast echt wirkt und deshalb kräftiger Applaus über den Wien-Bach hinweg, der während des vorjährigen Hochwassers zum reißenden Fluss geworden war.

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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Weil wir zusammengehören"

Ich mag dich – so wie du bist!

Du sollst nicht so strampeln!“
„Weil es so schön ist!“
, antwortet das Kind der Mutter Henne, die sie Tilde als Abkürzung von Mathilde nennt.
„Ein Huhn liegt still und strampelt nicht.“
„Ich hab nun mal Feuer im Bauch
“, antwortet das Junge auf den Versuch einer Maßregelung durch das erwachsene Huhn.

Das mit dem Feuer ist nicht nur im übertragenen Sinn gemeint. Dieses junge „Huhn“ ist wie schon auf der Titelseite zu sehen, ziemlich anders – ein lila Drache. Geschlüpft aus einem Ei, das in einer heftigen Gewitternacht aus dem Himmel fiel und weich im Hühnerhof auf Erdäpfelschalen im Komposthaufen landete. Und Tilde hatte sich draufgesetzt, es ausgebrütet. Und wie selbstverständlich als ihr Kind angenommen – was auch die anderen Hennen und der Hahn einfach so taten.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Weil wir zusammengehören“

Dazugehören

Abgesehen vom eingangs zitierten Dialog der leicht genervten Hühnermutter, weil das Junge – das übrigens leider keinen Namen hat – wie viele Kinder nicht und nicht schlafen mag, durchströmt das Bilderbuch von Kristina Dunker (Text) und Anja Grote (Illustration) viele Liebe – ein Kind genau so annehmen wie es ist. Egal ob es vielleicht ganz anders als alle anderen ausschaut oder sich eben nicht „hühnermäßig“ aufführt. Folgerichtig lautet der Titel „Weil wir zusammengehören“ mit dem Untertitel „Über das Glück ein bisschen anders zu sein“ und ist damit ein wunderbares und -schönes Gegengewicht zu wieder zunehmenden Ausgrenzungsversuchen und Spaltungstendenzen in „wir“ und „die anderen“.

Poetische Wortbilder

Über diese Botschaft hinaus gibt es einerseits auf vielen der Bilder ganz schön viel zu entdecken. Das gilt auch für den Text mit seinen teils poetischen Wortbildern. Highlight: „Am nächsten Tag verband der Regen Himmel und Erde mit sanften Fäden.“

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Weil wir zusammengehören“

Szenenfoto aus "Leuchtfeuer" von VRUM im Dschungel Wien

An Bord eines Segelbootes geht’s nur gemeinsam weiter

Der Dschungel taucht ins Meer. Nach „Wild!nis“ am Eröffnungswochenende der 21. Saison des Theaterhauses für junges Publikum im Wiener MuseumsQuartier – und „Wimmeln“ vom Kollektiv Meer, spielen zwei aktuelle Stücke bzw. Performances auf dem und im Wasser von Ozeanen. Im Hof vor dem Dschungel Wien läuft „Krake“ – Stückbesprechung unten am Ende des Beitrages verlinkt.

Und im großen Saal „segeln“ vor allem tanzend zu Live-Musik gemeinsam jeweils zwei Kinder – beider Vorstellung, die KiJuKU sah: Shirel Helen Neş (9), Josefin Joy Richling (11) – und Erwachsene unterschiedlichen Alters (Uwe Brauns, Gat Goodovitch Pletzer, Giordana Pascucci, Minjeong Geosmin Yang) und somit drei Generationen vor und auf einem stilisierten großen auf alt gemachtem Boot und davor von der Decke hängenden einigermaßen zerfetzten Segeln (Bühne: Stefano Katunar).

Szenenfoto aus

Düster

Ausgeliefert Wind und Wetter, äußeren und inneren Stürmen, anfangs in ziemlich dunkler „Nacht“, Nebelschwaden und nur einem schwachen Licht, in Altwiener Dialekt würde wohl „Funsn“ der passendste Ausdruck sein. Die Tänzer:innen vermitteln Hin- und Her-schleudern, ganz ohne dass der Boden schwanken muss. Auf dem Schiff selbst, auf das die Tänzer:innen mitunter raufklettern oder -turnen, sorgen die Livemusik:innen Ivan Marojević Rojla und Vanesa Petrac für den zur jeweiligen Szene passenden Sound. Übrigens hat die Reling der Boot-Konstruktion fünf Seile – wie üblicherweise Notenlinien;)

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Leuchtfeuer“ von VRUM Arts Collective im Dschungel Wien

Suche nach Licht

„Leuchtfeuer“, so der Titel des musikalischen Tanztheaterstücks von VRUM Performance Arts Collective (Regie: Sanja Tropp Frühwald), kommt weitgehend ohne gesprochene Sprache aus. Die Bewegungen, ob sanft und weich oder eben wie schon erwähnt, heftigen Stürmen des Lebens ausgesetzt, sagen viel. Die Suche nach Licht(ern) gelingt letztlich – wie alle Bewegungen – nur durch den Zusammenhalt, durch die Gemeinsamkeit und das in beeindruckender Weise.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Leuchtfeuer“

Es geht nur gemeinsam

Letzteres ist ein Charateristikum vom Leben auf Segelbooten – es geht nur gemeinsam weiter oder nicht. Das war und ist ja auch der Grundgedanke des seit Jahren großen sozialpädagogischen Projekts Friedensflotte Mirno More (dalmatinischer Seefahrergruß für friedliches Meer), das vor mehr als 30 Jahren recht klein begann. Kinder und Jugendliche, viele aus finanziell benachteiligten Verhältnissen, aus mittlerweile zweieinhalb Dutzend Nationen sind eine Woche lang vor der kroatischen Küste auf rund 100 Booten unterwegs und verbringen alle noch dazu einen gemeinsamen Spiel- und Sporttag in einer Hafenstadt samt abschließendem Friedensfest mit eigenen Bühnen-Beiträgen. Ausgangspunkt war für den Gründer, den österreichischen Skipper Christian Winkler, die nationalistischen Kriege im ehemaligen Jugoslawien. Kinder, die mit ihren Eltern davor nach Österreich flüchten, sollen nicht den Hass der Erwachsenen weiterführen, sondern durch gemeinsames Segeln friedliches Miteinander erfahren und leben lernen.

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Krakenperformance - aber bei einer der Aufführungen in Bozen (Südtirol, Italien)

Tanzende Tintenfisch-Arme greifen nach Zusammenarbeit

Hektisch und schrill tanzt Michèle Rohrbach mit hell- und dunkelgrauen Stoffteilen um die Taille, die an Federn und Flügel erinnern, als Straßentaube im kleinsten Hof des MuseusmQuartiers zwischen Büro und Bühne 3 des Dschungel Wien an. „Das gibt’s doch nicht!“, ruft sie mehrmals den auf die Performance „Krake“ wartenden Zuschauer:innen zu. Das, was sie so in Aufregung versetzt hat, ist eben genau ein solches Meerestier, das dem Stück von makemake produktionen in Zusammenarbeit mit Transart Festival, Kids Culture und Vereinigte Bühnen Bozen den Namen gegeben hat.

Und das alle im Publikum ohnehin schon zuvor im größeren Hof zwischen Kindermuseum Zoom, der wienXtra-Kinderinfo und eben dem Haupteingang des Theaterhauses gesehen haben, weil sie dort ja ihre Karten kauften oder abholten: Eine überdimensionale Skulptur aus dicken roten Schläuchen als Körper und davon weggehend urlange solcher Schläuche als Tentakeln (Installation: Moradavaga). Genau dorthin wandern jetzt alle, wobei die Taube die Zuschauer:innen mehrfach bittet, leise zu sein, um Krake nicht zu verschrecken, irritierenderweise dies aber recht laut und durchdringlich ausruft.

Krakenperformance - aber bei einer der Aufführungen in Bozen (Südtirol, Italien)
Krakenperformance – aber bei einer der Aufführungen in Bozen (Südtirol, Italien)

Tanz + Faktenwissen + Interaktion

Aber dies ist nur die Ouvertüre, jetzt beginnt sich alles um Kraken, eine Unterart der achtarmigen Tintenfische, zu drehen. Lena Plochberger und Martina Rösler lösen sich aus zwei Armen, mit denen sie zuvor fast wie verschmolzen auf dem Boden lagen. Die Tauben-Darstellerin zieht sich flugs um und wird die Dritte im Bunde, die mit den Tentakeln tanzen und zwischendurch immer wieder Fakten über diese lange Zeit von Menschen unterschätzten schlauen Meersbewohner zum Besten geben: Von den neun Hirnen – eines im Körper und weitere in jedem der Arme -, Farbe wechseln, um sich vor Fressfeinden zu schützen und vieles mehr…

Krakenperformance - aber bei einer der Aufführungen in Bozen (Südtirol, Italien)
Krakenperformance – aber bei einer der Aufführungen in Bozen (Südtirol, Italien)

Blauer Nebel

Symbolisch für das Versprühen von „Tinte“ blasen die Performerinnen blaue Wolken aus einer kleinen, handlichen Nebelmaschine. Zu dieser „Tinte“ schreibt Michael Stavarič in seinem informativen, unterhaltsamen Sachbuch „Faszination Krake – Wesen einer unbekannten Welt“ (Illustrationen: Michèle Ganser; Buchbesprechung am Ende dieses Beitrages verlinkt): „Raffinierterweise (das sind Kraken wirklich) enthält das Tintensekret auch einen Wirkstoff namens „Dopamin“ – dieser wird auch als Glückshormon bezeichnet. Die Feinde des Kraken bekommen so das Gefühl, dass sie ihn längst erwischt haben und ihn soeben genüsslich verspeisen. Das ist doch wirklich raffiniert, oder? Bei Bedarf kann das der Krake bis zu sechsmal hintereinander wiederholen, er trägt immer genügend konzentrierte Tinte in einer kleinen Drüse mit sich. Auf jeden Fall verschafft ihm dieser „Trick“ reichlich Zeit, sich von dannen zu machen.“

Krakenperformance - aber bei einer der Aufführungen in Bozen (Südtirol, Italien)
Krakenperformance – aber bei einer der Aufführungen in Bozen (Südtirol, Italien)

Das ist Eures

Hin und wieder werden die Zuschauer:innen angesprochen, die im Gegensatz zu Tintenfischen viele Knochen haben, sie selbst nur einen zwischen den Augen, dann wieder wird das Publikum eingeladen, sich einen der Arme zu greifen und gemeinsam Bewegungen zu vollführen und miteinander beispielsweise kreise zu bilden. Denn das Miteinander der Arme, die sie aber unabhängig voneinander steuern können, ist ein „Hebel“, um einerseits ein direktes Miteinander von Performerinnen und Zuschauer:innen herzustellen und andererseits Gemeinschaft zu thematisieren und in zumindest kurzfristiges solches Handeln umzusetzen.

Seestern, Matrosinnen

Im Verlauf der guten Stunde holt Lena Plochberger, nun als Krabbe, aus einer Ecke einigen Plastikmüll, um ihn dem Publikum vor die Füße zu werfen – „das ist Eures“ sozusagen. Dann wieder verschwindet Martina Rösler kurz und „tanzt“ auf dem Boden liegend in einem blauen Seesternkostüm (Kostüm: Nina Ball) ins Geschehen. Gegen Ende verwandeln sich die Performerinnen in menschliche Besatzung eines Schiffes – auf der Jagd nach einem Monsterkraken mit Anleihen an Käpt’n Nemo aus Jules Vernes‘ „20.000 Meilen unter dem Meer“ und Herman Melvilles „Moby Dick“.

Ganz zum Schluss bieten die Künstlerinnen den Zuschauer:innen an, die Schläuche sowie deren Enden in den (Bull-)Augen des Kraken-Körpers zu nutzen um auf einer Seite reinzureden, – singen… und am anderen Ende zu hören… Womit das Miteinander fortgesetzt wird 😉

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Still (Szenenfoto) aus dem Film "Glückskinder"

Mut machende starke „Glückskinder“

35 superstarke und stärkende Minuten – im besten Fall sollten alle Schüler:innen und Lehrer:innen diesen kurzen, dichten, so Mut machenden Film „Glückskinder“ sehen. Sonntagnachmittag feierte er eine umjubelte erste Vorführung – mit spontanem Zwischenapplaus in einer Szene – im Stadtkino im Wiener Künstlerhaus. Montagvormittag ist er noch zwei Mal zu sehen – Details siehe Info.

Still (Szenenfoto) aus dem Film
Still (Szenenfoto) aus dem Film „Glückskinder“

Was Jugendliche alles können, so ihnen vertraut wird, ihnen viel zugetraut wird, zeigt diese Dokumentation eines Theaterworkshops über das vorige Sommersemester in der Sir Karl Popper Mittelschule im 15. Wiener Gemeindebezirk Rudolfsheim-Fünfhaus. Aus sich heraus gehen, szenische Auftritte, Träume und Wünsche formulieren, will drauf los malen, aber auch über Verletzungen reden…

Theaterstück

Ausgangspunkt was das Theaterstück „Glückskind“, mit dem Melike Yağız-Baxant nicht nur in der Wiener Drachengasse spielte – Stückbesprechung am Ende des Beitrages verlinkt – sondern auch in New York Erfolg hatte. Ihr eigener (Lebens-)Weg über Diskriminierungen, Schicksalsschläge, viel Pech über Durchkämpfen, nie Aufgeben zur Schauspielerin, die im Theater fürs Publikum den roten Teppich ausrollt, brachte sie auf die Idee, Workshops für Schüler:innen zu machen.

Und aus diesem, den sie – gemeinsam mit Theaterpädagogin Melina Cerha-Marcher – in der genannten Mittelschule durchführte, entstand die Idee, daraus und darüber einen Film (Kamera: Christian Schratt und Özgün Yarar, Schnittdramaturgie: Anna Schober) in Zusammenarbeit mit diverCityLAB zu drehen. Ursprünglich – so steht’s im Abspann – sollte er „Glückskinder gesucht“ heißten, aber Mohammad Alhazaa, Khloe Djordjević, Ata Hamad, Anisa Hasan, Tina Huhulashuili, Hasan Mhrez, Roxana Nicola, Ali Özdemir, Lena Rajković, Sana Razaghi, Aziz Töremen, Melinda Trenčanská, Incı Yıldız machten durch ihre Geschichten, durch ihr immer mutigeres Agieren das „gesucht“ überflüssig.

Still (Szenenfoto) aus dem Film
Still (Szenenfoto) aus dem Film „Glückskinder“

„Geheime“ Wunschträume erfüllt

Neben den – mitunter szenischen – Erzählungen über sich selber, schlüpften sie auch in Schauspielrollen um Gesagtes zu spielen, diskutierten über Fantasie oder Pech und Glück…

Ach ja, oben wurde kurz ein spontaner Szenenapplaus während der Filmvorführung erwähnt. Der ertönte als Lena Rajković die „Zauberflöten“-Arie „Königin der Nacht“ anstimmte und jeden Ton haargenau richtig traf, nachdem sie erzählt, dass sie gern und auch sehr hoch singen kann und mag.

Kurze Interviews

Die sagt im Gespärch mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… nach dem Film im Kino: „Ich wollte immer schon singen und schauspielen. Als Kind habe ich zu Hause, wenn der Weihnachtsbaum gestanden ist, so ab sechs Jahren gespielt, dass ich in New York bin und dort feiere. Doch erst durch den Workshop hab ich mich getraut das auch vor anderen zu machen.“

Khloe Djordjević spricht im Film mehrfach ihren Wunschtraum an, Schauspielerin zu werden. „Schon als ich so vier Jahre war und mit meinem Vater viele Filme angeschaut habe, hab ich das voll cool gefunden und wollte das einmal zu meinem Beruf machen. Aber auch erst durch das jetzige Projekt mit Melike (Yağız-Baxant) und Melina (Cerha-Marcher) hab ich angefangen nach Theaterworkshops zu schauen.“

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Mehr Informationen

Szenenfoto aus "Turn" im Kasino am Schwarzenbergplatz

Alles dreht sich, alles bewegt sich…

Der frisch renovierte rund 12 Meter hohe große Saal im Kasino am Schwarzenbergplatz, seit nicht rund einem halben Jahrhundert Spielstätte bzw. Probebühne des Burgtheaters, lädt zu einer Art Ball. Alles dreht sich, alles bewegt sich, ist das gar nicht so heimliche Motto von „Turn“. In eleganten Gewändern aus Blue-Jeans-Stoffen – das Publikum wird eingeladen ebenfalls in solcher „Arbeits“-Kleidung zu erscheinen, was bei der Premiere viele machten – flanieren Künstler:innen im Rondo zwischen im Kreis aufgestellten Sitzen und dem Zentrum.

Dortselbst spielt auf einem Podest die Musik, ab Einlassbeginn jedenfalls der Pianist Ethan Braun, der auch die musikalische Leitung der Performance hat und die Musik dafür komponierte. Um dieses erhöhte Podium Tische aus recyceltem Plastik mit Sesseln für jene Besucher:innen, die dort Platz nehmen. Wobei – und das ist in späterer Folge des rund zweistündigen Abends zentrales Element der Performance – Plätze getauscht und gewechselt werden sollen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Turn“

Immersiv

In „Turn“ tanzen und musizieren die Künstler:innen – einer Zusammenarbeit des deutsch-englischen Performance-Kollektivs Gob Squad mit dem schon genannten Komponisten Ethan Braun sowie dem Ensemble Kaleidoskop mit dem Johann-Strauss-Jahr 2025, dem Burgtheater, der Volksbühne Berlin und dem Hessischen Staatstheater Wiesbaden – nicht nur auf dem erwähnten Podest. Sie agieren an allen „Ecken und Enden“, in der „Umlaufbahn“ zwischen den äußeren Sitzreihen und den Tisch-Plätzen ganz nah an der Musik-Bühne. In einer Art Teambuilding-Prozess wird das Publikum mehrmals gebeten, sich von den Sitzen zu erheben und neue Plätze zu suchen – zwecks Perspektivenwechsel. Manche werden mit Köpfhörern ausgestattet und bekommen offenbar ins Ohr gesagt, welche Bewegungen sie vollführen mögen – um von den anderen betrachtet zu werden, mit denen sie nach und nach in Interaktionen treten (sollen).

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Turn“

Ballsaal

Die Performance nimmt einerseits Anleihe am Raum, der als zentraler Saal des Palais am Schwarzenbergplatz von Erzherzog Ludwig Viktor, dem jüngsten Bruder von Kaiser Franz Joseph, in Auftrag gegeben wurde (Architekt: Heinrich von Ferstel, der auch die Votivkirche plante), viele Bälle beheimatete. Ob Blue Jeans als „moderne Uniformen“ etwas mit der in diesem Haus noch immer angesiedelten „Vereinigung Alt-Neustadt“, der Absolventenvereinigung der Theresianischen Militärakademie und der Offiziersgesellschaften zu tun hat? Immerhin wurde das 1869 fertiggestellte Palais 1910 dem „Militärwissenschaftlichen und Casinoverein“ zur Verfügung gestellt.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Turn“

Wandel

In der Ankündigung für diese Performance wird sie als „eine Aufforderung zum Tanz in düsteren Zeiten“ beschrieben. Und darauf Bezug genommen, dass auch Johann Strauss Sohn „in einer turbulenten Zeit des gesellschaftlichen Wandels“ lebte und „Zeuge politischer Unruhen und sozialer Mobilität, von Revolution und der Umgestaltung der europäischen Gesellschaft“ wurde. Womit die Künstler:innen Kreise zur aktuellen Lage schaffen wollen. In den Texten spannen sie den Bogen vom sich Drehn beim Tanz bis zur Bewegung der Planeten auf ihren Bahnen.

Auf den vielen kleinen und den beiden riesengroßen Monitoren ist manches Mal das dann jeweils aktuelle Geschehen auf der Straße vor dem und rund um das Palais zu sehen, dann wieder richten sich Kameras darauf, was sich im Saal abspielt und in einer Phase werden vorausgenommene Videos aus den Theaterwerkstätten eingespielt – um Blicke auf die Arbeit „hinter den Kulissen“ werfen zu können.

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Doppelseite aus dem klingenden Papp-Bilderbuch "Ich entdecke Johann Strauss und seine Walzer"

Dieses Buch kannst du hören

Ein Hörbuch im wahrsten Sinn des Wortes ist – passend zum Johann-Strauss-Jahr 2025 (der Walzerkönig wurde vor 200 Jahren geboren – das Papp-Bilderbuch „ich entdecke Johann Strauss und seine Walzer“.

Jede der fünf Doppelseiten ist einem seiner bekanntesten Kompositionen gewidmet. Eine über beide Seiten gehende Illustration von Delphine Renon mit Tieren als Protagonist:innen setzt ein zentrales Motiv ins Bild. Der Text beschränkt sich auf den jeweiligen Titel – „An der schönen blauen Donau“, „Kaiserwalzer“… Und ein kleines rundes Loch unter dem es silbrig schimmert.

Doppelseite aus dem klingenden Papp-Bilderbuch
Die Schluss-Doppelseite mit dem Batteriefach und dem Einschaltknopf

Auf der letzten Seite gibt’s ein Klappfach und darunter einen Schalter. Schiebst du diesen auf „on“, so kannst du auf den vorhergehenden auf die silbige Folie unter dem jeweiligen Loch drücken – und das Buch beginnt zu klingen. Kurze Auszüge aus den fünf Kompositionen – übrigens nicht nur Walzer, sondern beispielsweise auch aus der Tritsch-Tratsch-Polka sind zu hören 😉

Alle fünf Aufnahmen sind übrigens schon einige Jahrzehnte alt und von berühmten Orchestern unter Leitung teils sehr bekannter Dirigenten.

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Titelseite des klingenden Papp-Bilderbuchs
Titelseite des klingenden Papp-Bilderbuchs „Ich entdecke Johann Strauss und seine Walzer“
Duo Unity

Strauss-Musik + Akrobatik und Clownerie im Zelt

Musiktheater, Artistik und Clownerie verschmelzen im Zirkuszelt, das auf dem Gelände des Wiener Eislaufvereins am Heumarkt aufgebaut ist, zu einer spannenden, teils atemberaubenden, mit Poesie gewürzten Show: „Cagliostro – Johann Strauss im Zirkuszelt“, eine der vielen durchaus ungewöhnlichen Produktionen im Jubiläumsjahr, das dem Komponisten gewidmet ist, der vor 200 Jahren geboren wurde (lebte bis 1899).

Fürs Zirkuszelt geschrieben

Von ihm stammt auch eine Operette, die sich um den Titelhelden, der Giuseppe Balsamo hieß, aus Palermo stammte und sich Alessandro Graf Cagliostro nannte. Während er in Strauss‘ Werk (Libretto: Camillo Walzel und Richard Genée), in Wien in geheimer Mission durch Intrigen eine Adelshochzeit verhindern soll, ist die aktuelle Show direkt mit dem Ort der Aufführung verknüpft.

Thomas Brezina hat sich die Geschichte einfallen lassen und auch die Liedtexte verfasst. Dieser Cagliostro (Thomas Borchert) will den Zirkus von Madame Sophie (Eva Maria Marold) ist hier Zauberer und – wie auch sein echtes Vorbild – Trickser. Er wickelt alle um seine magischen Finger, verspricht der Direktorin eine Verjüngungskur. Während ihr Sohn Severin (Josef Ellers) gern den Zirkus erneuern und übernehmen möchte, macht sie ihn einfach nur runter. Er könne gar nix…

Der Gast, dem (fast) alle zujubeln, selbst Severins Freundin von Kindertagen an, Emilia (Sophia Gorgi) fällt auf ihn rein, gibt vor, den nicht mehr so toll frequentierten Zirkus kaufen zu wollen. Die einzigen, die das falsche Spiel des Stars durchschauen sind die Clowns (Clemens Matzka, Reinhold G. Moritz, OriolO)…

„Feuerwerk“ an Zirkuskunst

Zwischen Schauspiel, Gesang – untermalt von einer toll aufspielenden Band (Leitung: Gabor Rivo), die Strauss-Nummern, neu komponiert und arrangiert von Johnny Bertl, mitunter im Pop-Format, mitunter im Pop-Format – und humorvollen Auftritten der Clowns, zeigen Artistinnen und Artisten des Circus Roncalli Trapez- und andere akrobatische Kunststücke, die sie sehr oft leicht bis schwebend erscheinen lassen. Zu den Highlights gehören unter anderem Lea Toran Jenner & Francis Perreault als Duo Unity in, auf und mit dem Cyr Wheel (sozusagen ein halbes Rhönrad) in und mit dem sie herzhaft tanzen. Svetlana Wottschel turnt in luftiger Höhe mit zwei Hälften einer Kugel und vollführt Akrobatik, die nur staunen lässt. Jose Alejandro Vanegas & Michael Ricardo Daza Vanegas laufen und springen außen und innen auf den beiden breiten Metallreifen, dem Todesrad – und das ganz ohne Sicherung.

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Szenenfoto aus "Noises off! Der nackte Wahnsinn" im Theater Forum Schwechat

Fast immer die falsche Tür…

Tür auf, Tür zu. Falsche Tür. Aaaach, wir sind doch nicht alleine! So schön haben sich die zwei  ein paar Stunden in diesem Haus vorgestellt. Doch dann ist die Haushälterin auch in ihrem freien Nachmittag anwesend. Und schwupps, kommt noch ein zweites Pärchen, das ebenfalls zweisame Stündchen verbringen will. Und ein Einbrecher taucht – mehrmals zu früh auf, dann ist er wieder nicht aufzufinden…

Was hier gespielt wird, ist zunächst die Probe für ein Theaterstück: „Noises off! Der nackte Wahnsinn“ spielt sich – entsprechend der Intention von Michael Frayn (Übersetzung ins Deutsche: Ursula Lyn) turbulent, chaotisch, spielfreudig derzeit im Theater Forum Schwechat (rund zehn Gehminuten von der S-Bahnstation, die übrigens noch zum Netz der Wiener Linien gehört) ab. 1982 geschrieben, bzw. eher davor, und im besagten Jahr uraufgeführt, zehn Jahre später vor allem als Film von Peter Bogdanovich (Drehbuch: Marty Kaplan) sehr bekannt geworden, kehrt die Komödie – eine Art making of eines Stücks – in den vergangenen Jahren wieder mehrfach auf Bühnen zurück – vom Burgtheater in das der vorige Direktor Martin Kušej die Produktion aus seiner voriangegangenen Wirkungsstätte, dem Münchner Residenztheater, mitgenommen hatte bis zum Berliner Ensemble und ins Klagenfurter Stadttheater.

„Probe“

Die eingangs beschriebenen Tohuwabohu-Szenen mit entsprechenden scheinbar ungewollten Begegnungen und Irritationen werden vom – in Schwechat ganz weit oben auf der Publikumstribüne sitzenden und stufenweise sich der Bühne nähernden „Regisseur“ kommentiert, er wird immer wieder von seinen „Schauspiel“-Kolleg:innen gefragt, gebeten, dies und das anders zu spielen…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Noises off! Der nackte Wahnsinn“ im Theater Forum Schwechat

Hinter den Kulissen

Im zweiten Akt spielt sich das ganze Geschehen sozusagen von der anderen Seite ab, von hinter der Bühne. Die Schauspieler:innen treten zwischen den Auftritten vorne – jenseits der Türen – hinter den Kulissen aus ihren Rollen immer wieder raus. Und da baute der Autor eine fast toxische Verwicklung der Beziehungen ein, die allesamt bei „Regisseur“ Lloyd Dallas ihren Ausgangs- und Endpunkt finden, samt Eifersuchtsdramen und Blumen-Exzessen.

Nochmals

Nach der dann folgenden – echten – Pause spielt das Ensemble im dritten Akt die anfangs geprobten Szenen noch einmal, am Ende einer langen Tournee, zwar zügiger und durchgespielt ohne „Regie“-Unterbrechungen, aber doch einigermaßen anders als zu Beginn.

Bewusstes und unbewusstes Over-Acting

Das Chaos und Durcheinander dank vieler eingebauter bewusster Missverständnisse liefert damit viele Anlässe für Lacher, einschließlich vieler gezielter Over-Acting-Szenen, insbesondere des Einbrechers, gespielt von Selsdon Mowbray (Stückfigur, die von Gunter Matzka verkörpert wird und der Haushälterin Mrs. Clacket („Schauspielerin“ Dotty Otley – gespielt von Manuela Seidl, der Theaterintendantin).

Das erste auftauchende Paar – Vicki (Brooke Ashton, gespielt von Bety Aubrechtová) und Roger Trampelmain (Garry Lejeune – Felix Frank) tanzt mit einem Karton voller Akten an, den sie später in ihr Büro mitnehmen muss und der ebenso mal da und mal weg ist wie später die große Tasche von Paar zwei – Flavia Brent (Belinda Blair: Eva Maria Scholz) und Philip Brent (Frederick Fellowes: Mircan Öncel, der auch noch einen an diesem Haus kaufinteressierten Scheich spielen darf / muss); dieser Stück-Schauspieler leidet an einem sympathischen Phänomen: Nasenbluten, wenn irgendwo ein Konflikt auftaucht.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Noises off! Der nackte Wahnsinn“ im Theater Forum Schwechat

Teil des Bühnenpersonals des Stück-Stücks sind auch zwei Rollen, die ansonsten praktisch „nur“ im Hintergrund arbeiten: Inspizientin und Bühnenmeisterin (Sam Allgood: Viky Lerbas) und Regie-Assistentin (Poppy Norton-Taylor: Michelle Wöginger).

Neben den bewussten Overacting-Szenen schien die eine oder andere – bei der Premiere – auch unfreiwillig zu stark „draufgedrückt“, nicht vertrauend, dass allein schon die Szenen und Dialoge selbst humorvoll sind und das dem Publikum sozusagen nochmals „näher gebracht“ werden müsste.

Requisiten

Für die wirkliche Regie sorgte Marius R. Schiener (Assistenz: Katya Pidenko), der auch die Idee für die Bühne auf zwei Ebenen hatte, die von Jakobus Van Ederen und Daniel Truttmann konstruiert und von ihnen unter tatkräftiger Mithilfe von Werner Ramschak, Julia Veres, und Amy Parteli gebaut wurde. Witzig, dass insgesamt drei verschiedene alte Wählscheiben-Telefonapparate immer an ein und demselben Platz zum Einsatz kommen und der Tausch von kleinem TV-Gerät gegen Mikrowelle.

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Kein Szenenfoto, sondern ein gestelltes der Mitwirkenden zum Stück
Kein Szenenfoto, sondern ein gestelltes der Mitwirkenden zum Stück „Noises off! Der nackte Wahnsinn“ im Theater Forum Schwechat, das Bezug nimmt auf den „nackten“ Wahnsinn
Szenenfoto aus dem Stück "Das NEINhorn" in der Bühne im Hof in St. Pölten (Gastspiel des Landestheaters Niederösterreich)

Einhörner in St. Pölten

Drei bunte Einhörner traben über die Stufen neben den Publikumsrängen in Richtung Bühne – Eltern und das Junge. Egal was Mama und Papa vorschlagen, ihr Kind sagt zu allem und jedem … genau, die meisten kennen’s ja schon, sind die Bücher doch mittlerweile sehr bekannt, das berühmte Wort mit vier Buchstaben, das diesem Einhorn einen leicht geänderten Namen verschafft hat. Nun spielt „Das NEINhorn“ auf der St. Pöltner Bühne im Hof.

Szenenfoto aus dem Stück
Szenenfoto aus dem Stück „Das NEINhorn“ in der Bühne im Hof in St. Pölten (Gastspiel des Landestheaters Niederösterreich)

Spielfreudig und (wort-)verspielt

Das Gastspiel des Landestheaters Niederösterreich für Kinder ab 4 Jahren setzt das – im Wesentlichen erste – Buch von Marc-Uwe Kling und Astrid Henn – spielfreudig und verspielt wie es Autor und Illustratorin schon auf Papier gebracht haben, um. Ergänzt um die Figur der SchLANGEWEILE – die wie so manch andere wortspielerische Tiere schon im ersten Band auf zwei Doppelseiten vorgestellt werden. Und um Lieder und Rapsongs – Bühnenfassung: Raoul Biltgen (Inszenierung: Verena Holztrattner; Bühne und Kostüme: Michael Lindner). Auch wenn das NEINhorn immer wieder sagt, ruft, ja fast schreit „nicht singen“ und Reime auch nicht ausstehen kann.

Szenenfoto aus dem Stück
Szenenfoto aus dem Stück „Das NEINhorn“ in der Bühne im Hof in St. Pölten (Gastspiel des Landestheaters Niederösterreich)

Wende

Aber „natürlich“ braucht (fast) jede Geschichte mindestens einen Wendepunkt – weil’s sonst vielleicht doch fad werden könnte – ganz so wie die SchLANGEWEILE die auf noch weniger Vorschläge einsteigt als die Titelfigur. Auch wenn langweilig abhängen ganz gut den Kopf für Neues freimachen kann, dieses Tier leidet offenkundig unter ihrer Fadesse und diese ihre Stimmung bringt selbst das NEINhorn an die Grenzen seiner Geduld.

NEINhorn wird von Florian Haslinger überzeugend gespielt, der als einziger des Bühnenquartetts „nur“ diese eine Rolle verkörpert. Seine drei Kolleg:innen müssen zwei bis drei Mal ihre Kostüme und Rollen – mehrfach hin und her wechseln. Coco Brell, die für Katharina Rose eingesprungen ist, war an diesem Tag nicht nur Mama Einhorn, sondern auch „die KUHle KUHsine“ sowie „Der WASbär“, Jonny Hoff als Papa, die sich so faaaaadisierende schon mehrfach erwähnte SchLANGEWEILE und den zum engen Freund des NEINhorns werdenden NAhUND. Außerdem teilt er sich den „Flamenco“ mit Coco Brell. Letztere, als Musikerin mit Ukulele und rappend, übernimmt als ihre zentrale Rolle die zunächst im Turm eingesperrte KönigsDOCHter.  Trotz „NEIN“, „Na und“ sowie „Was?“ und „Doch“ ziehen die Tiere, die nun Freund:innen geworden sind, gemeinsam vom „Land der Träume“ weiter – auf der Suche nach „nirgends“!

Szenenfoto aus dem Stück
Szenenfoto aus dem Stück „Das NEINhorn“ in der Bühne im Hof in St. Pölten (Gastspiel des Landestheaters Niederösterreich)

Nein, ja, doch…

Viele der Kinder in der Vormittagsvorstellung, die Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… besuchte, kannten die Geschichte und ihre Figuren schon und lebten, sondern sprachen mitunter auch mit. Dass sie mehrfach aufgefordert wurden, als Gegenpart zur Titelfigur auf Fragen lautstark „ja“ zu rufen, irritiert aufs Erste als Erziehung zu Ja-Sager:innen; andererseits spielen sie dabei ja wiederum die Verneinung des NEINhorns 😉

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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Das NEINhorn"

NEINhorn, WASbär, NAhUND und KönigsDOCHter

Ein kreativer Tausendsassa ist Marc-Uwe Kling. Der Poetry-Slam-Meister, Musiker, Schriftsteller, Regisseur ist vor allem durch seine schrägen Geschichten rund um das zutiefst menschliche Beuteltier aus den „Känguru-Chroniken“ (2009) und das ebenso widerspenstige NEINhorn, das zehn Jahre später – mit sehr passenden, ebenfalls fantasievollen Zeichnungen von Astrid Henn.

In einem märchenhaften Land der Träume zeichnet sich das junge Einhorn eben durch sein ständiges „Nein“ aus, dem der Autor allerhand weitere tierisch Freund:innen mit ungewöhnlichen Namen hinzufügte, die allesamt auf ihre zentralen Wörter oder Eigenschaften verweisen.

Viele verspielte Tiergattungen

Vom NAhUND über den WASbären, die SchLANGEWEILE bis zum einzigen menschlichen Wesen in diesem (sprach-)verspielten Universum, der zunächst in einem hohen Turm eingesperrten KönigsDOCHter.

Schon im ersten Buch, dem aufgrund des großen Erfolgs mittlerweile eine ganze Familie auf vielen Seiten, aber auch in eBook-Version, gefolgt ist, finden sich zwei Doppelseiten mit mehr als zwei Dutzend Fabelwesen – vom Drohmedar über den Angebär, den Egaal, die Heule bis zum Willschwein, den Gegenwurm, den Gähnpard bis zum Känguruhe.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Das NEINhorn“

Bewusst keine Moral

Das erste Buch beendet der Autor mit folgenden Sätzen: „So. Das war die Geschichte vom NEINhorn und seinen Freunden. Ich habe das NEINhorn gefragt, ob die Geschichte nicht noch eine Moral braucht, etwas, das man aus ihr lernen kann, aber das NEINhorn hat gesagt: „Nein.“ Und ich habe gesagt, dass viele Erwachsene finden, Kinderbücher sollten eine Moral haben und pädagogisch wertvoll sein. Aber der NAhUND meinte: „Na und?“ Und der WASbär fragte: „Was bedeutet bätakogisch wertvoll?“
Falls du gerne eine Moral hättest, dann denk dir einfach selbst eine aus. Kennst du übrigens schon folgende Tiere? Vielleicht magst du ja Geschichten über sie dichten. Mit oder ohne Moral. Und möglicherweise fallen dir sogar noch mehr Tiere ein.“

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Das NEINhorn“
Doppelseite aus dem Bilderbuch "Sumpfkuh!n Stinktier! Brillenschlange!"

Wenn Schimpfwörter Wirklichkeit werden

Schimpfwörter sind oft schnell gesagt. Drei davon bilden den Titel dieses Bilderbuchs: „Sumpfkuh! Stinktier! Brillenschlange!“ Autorin Gundi Herget legt das erstgenannte Benedikt in den Mund. Schon sein Erscheinen löst bei Azra, die auf der ersten Doppelseite voller Freude und Lächeln auf den Spielplatz eilt und dann eine ganze Landschaft in der Sandkiste baut, einen richtig krassen Schatten auf ihr Gesicht fallen. Die Fröhlichkeit weicht aus ihrem Gesicht wie es Illustratorin Anna Galitskaya malte.

Sie kennt den Buben schon von früheren Begegnungen auf dem Spielplatz als einen, der gemeine Sachen sagt. Das verdunkelt nicht nur ihr Gesicht, in diesem Bild ist ihre Angst und Verletzung richtig zu spüren.

Wenn der „Wunsch“ erfüllt wird

Doch an diesem Tag kommt’s noch heftiger. Als Benedikt „Doofe Ziege“ ruft, verwandelt sich das Mädchen flugs in eine solche. Aber sie tritt nicht zu. Und wird schon auf der nächsten Seite zur „blöden Gans“ und gleich noch eins drauf verwandelt sie sich in die beschimpfte Sumpfkuh.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Sumpfkuh!n Stinktier! Brillenschlange!“

Womit es Autorin und Illustratorin bildhaft gelingt, die Macht von Worten zu zeigen. Natürlich kann’s dabei nicht bleiben. Herget hatte die Idee zu einer schlauen Wende. Wenn’s in böse Richtung funktioniert, sollt’s doch auch andersrum machbar sein. Und so verwandeln sich Azra, Sophie und Niam, die zuvor schon entsprechend den Beschimpfungen zu Brillenschlange und Stinktier geworden sind, nun in …

… ach nein, das sei nicht verraten, eins wird ja im Untertitel des Buches schon angedeutet: „Eine drachenstarke Geschichte über die Macht der Worte“.. Und vielleicht willst du dir ja selber was ausdenken. Das kannst du natürlich auch, wenn du das Buch liest und die Bilder anschaust – und möglicherweise nutzt du dieses „Rezept“ ja das eine oder andere Mal, wenn du in ähnliche Situationen gerätst.

Übrigens wird hier auch nicht gespoilert, was Benedikt dazu gebracht hat, so garstig zu sein…

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Sumpfkuh!n Stinktier! Brillenschlange!“
Szenenfoto aus "Der kleine Prinz" im Theater Spielraum mit Gebärdensprache im Rahmen des Festivals Visual 2025

Musikalischer zweisprachiger „kleiner Prinz“ voller Poesie

Die zentralen Aussagen sind (welt-)bekannt und berühmt. Die Grundgeschichte sicher auch. Das fantasievolle Märchen darüber, dass das Wesentliche für die Augen unsichtbar ist, beispielsweise. Genau, es geht um das kleine und doch so große Buch „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry. Und natürlich auch um die Fantasie, die in diesem Werk liegt, samt der Klage, dass die meisten „großen Leute“ die Vorstellungskraft von Kindern verloren haben. Gleich zu Beginn zeigt der Autor und Illustrator dies mit seiner Zeichnung Nummer 1. Die Riesenschlange, die einen Elefanten verschlungen hat, halten praktisch alle Erwachsenen für einen Hut. ;(

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der kleine Prinz“ im Theater Spielraum mit Gebärdensprache im Rahmen des Festivals Visual 2025

Diese Geschichte, die sicher schon hundertfach als Theaterstück, als Musical sowie als Film verarbeitet wurde, ist seit einigen Jahren immer wieder in einer sehr musikalisch-poetischen Version von „Ensemble 21“ zu erleben; im Frühjahr zum Abschluss des Festivals von „Arbos – Gesellschaft für Musik und Theater“ im Wiener Theater Spielraum erstmals auch in einer bilingualen Version. Die ursprüngliche Inszenierung wurde / wird nun bereichert um gleichzeitige und / oder abwechselnde Szenen in Gebärdensprache. Die aber nicht nur szenische Untertitel sind, sondern eigenständig auch eine optische Musikalität liefern. Ausgeführt vom Schauspieler und Sänger Markus Pol, der zweisprachig aufgewachsen ist, als sogenannter CoDA, Kind gehörloser Eltern).

In einer der Vormittagsvorstellungen während des Visual-Festivals performten in einigen Szenen auch Schüler:innen des BundesInstituts für Gehörlosenbildung als Gebärden-Chor mit.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der kleine Prinz“ im Theater Spielraum mit Gebärdensprache im Rahmen des Festivals Visual 2025

Abgesehen von dieser erweiterten Neuerung nimmt Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr hier mit diesem Text mehr als nur Anleihe bei der Erst-Besprechung im Vorläufer dieser Seite, dem Kinder-KURIER – kiku.at (Link dazu am Ende des Beitrages). Rita Hatzmann-Luksch schlüpft in fast alle Rollen – vom kleinen Prinzen selber über den Piloten, die Bewohner:innen jener Planeten, die er besucht bis zu Tieren und Blumen. Nur zwei Rollen werden von anderen gespielt, die mit ihr die kleine Bühne bespielen und die die meiste Zeit der rund zweistündigen Produktion (eine Pause) musizieren.

Der Musiker Georg O. Luksch sorgt in seinem kleinen fast historisch wirkenden Elektronik-Live-Studio für die passende musikalische Begleitung. In manchen Szenen übernimmt die junge Bratschistin und Schauspielerin verschiedener Stücke Amèlie Sophie Persché die poetisch-musikalische Untermalung. Sie hat auch Bilder zur Hauptfigur und so mancher Schlüssel-Szene gemalt – Link zu einem Interview mit der damaligen 15-Jährigen unten am Ende des Beitrages.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der kleine Prinz“ im Theater Spielraum mit Gebärdensprache im Rahmen des Festivals Visual 2025

Neben dem Plädoyer für Fantasie spielt im „kleinen Prinzen“ auch der Aufbau von Vertrauen – vor allem am Beispiel der Begegnung mit dem Wüstenfuchs – aber auch vom Erkennen von Einzigartigkeit eine große Rolle. Wozu ein Rosengarten mit 5000 Blumen, wo doch jede einzelne so wertvoll ist – bei achtsamem Umgang. Und damit wird – ohne mit dem Zeigefinger draufzuhalten DAS zentrale aktuelle Thema des achtsamen Umgangs mit Natur sanft, aber doch deutlich angespielt.

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Hier geht’s zur Erstveröffentlichung der Stückbesprechung damals noch im Kinder-KURIER

Interview mit der damals 15-jährigen Amèlie Sophie Persché <- noch im KiKu

Interview mit Rita und Georg O. Luksch <- noch im Kinder-KURIER

Jugendliche erklären die internationale Gebärdensprach-Flagge

Singen und sprechen mit den Händen

Der doch kräftige Temperatursturz am Tag nach dem Herbstbeginn ließ viele am Platz vor dem Wiener Hauptbahnhof einigermaßen bibbern – und den Flashmob Dienstagvormittag kürzer ausfallen als geplant. Einige der Kinder, insbesondere jene, die an ihren weißen T-Shirts mit Aufdruck als Schüler:innen des BIG (Bundesinstitut für Gehörlosenbildung, Wien 13) erkennbar waren, begannen schon zu tanzen und sich intensiv zu bewegen. Das vertrieb bei ihnen nicht nur die Kälte, sie bereiteten sich auf ihren Bühnenauftritt vor.

Sprachen

Sie performten in Österreichischer Gebärdensprache (ÖGS; weltweit gibt es rund 300 Gebärdensprache, in Österreich ist sie seit 1. September 2005 verfassungsgesetzlich verankert wie andere Minderheitensprache etwa Slowenisch, Burgenlandkroatisch, Ungarisch, Romani, Tschechisch, Slowakisch) einen eigenen von einigen Kindern der Schule geschaffenen Song, zu dem vor der Bühne einige kräftig trommelten. Nach einem Tanz Jugendlicher erklärten Schüler:innen der HLMW (Höhere Lehranstalt für Mode und Bekleidungstechnik sowie wirtschaftliche Berufe) Michelbeuern (Wien 9; dort werden übrigens seit mehr als 60 Jahren auch hörbeeinträchtigte Jugendliche unterrichtet, Gebärdensprache ist Pflichtfach für alle, auch hörende Schüler:innen) die seit zwei Jahren international gebräuchliche Flagge der weltweiten Gehörlosen-Gemeinschaft.

Flagge

Eine in gelben dicken Linien stilisierte Hand als Symbol für das zentrale Sprechwerkzeug sowie die Farben Türkis innen und Blau außerhalb der Finger bilden diese Fahne: Türkis steht schon lange für Gebärdensprache, dunkelblau für Menschlichkeit und ist Signalfarbe des Weltverbandes gehörloser und schwerhöriger Menschen (WFD – World Federation of the Deaf) und gelb steht für Hoffnung und Erleuchtung. Die Schüler:innen erklärten – in Gebärdensprache, die in Lautsprache gedolmetscht wurde – auch, dass die Flagge auf den Entwurf eines taubblinden Designers zurückgeht.

Künstler, Aktivist, Fahnen-Experte

Arnaud Balard (geboren 1971 im französischen Toulouse, gehörlos und später als Erwachsener de facto erblindet) ist Künstler und Aktivist für Gleichberechtigung. Für die Gestaltung der Fahne hatte er zwei Jahre alle Flaggen der Welt, ihre Bedeutungen und Entstehungsgeschichten studiert. Der französische Gehörlosenverband verwendet die von ihm geschaffene Flagge bereits ab 2014. Vor zwei Jahren (2023) beschloss der internationale Verband auf dem Weltkongress im südkoreanische Jeju in einer Abstimmung seinen Entwurf als Internationales Zeichen zu verwenden, knapp vor Entwürfen aus dem Libanon und Russland.

Gleichberechtigung!

In Reden forderten Vertreter:innen und Vertreter – jeweils in Gebärdensprache – unter anderem Helene Jarmer (Präsidentin des Gehörlosenbundes, von 2009 bis 2017 Nationalratsabgeordnet der Grünen) die gleichberechtige Teilhabe auch von gehörlosen und schwerhörigen Menschen, was noch immer nicht überall der Fall ist. Auch die Diversity- und Inklusions-Leiterin bei den Österreichischen Bundesbahnen (Traude Kogoj), erwähnte, dass zwar 88 % der Angebote der ÖBB barrierefrei seien, aber eben dadurch noch einiges zu tun bleibe.

Worauf viele durch die Ankündigung des Flashmobs fast sehnsüchtig gewartet hatten, bildete (fast) den Abschluss: Pharell Williams „Happy“. Als Draufgabe gab es noch eine Kürzestversion von Coldplays „Humankind“ mit einem eigene, neuen Text, der – englisch und gebärdend besagt, „Ich weiß, wir sind alle verschieden, aber wir alle sind Menschen“, was der Intention des Original-Lyrics entspricht. Moderiert hat di dann auf knapp eine ¾ Stunde verkürzt Aktion Amanda Jovanović.

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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Bravo!"

Applaus fürs Publikum: Rollenwechsel im Theater

In großen Bewegungen und bunten Farben lässt die Illustratorin Keren Katz die Figuren in diesem Bilderbuch über die Seiten tanzen. Nur der kleine Bub, der namenlose Erzähler, will da nicht mitmachen. Sehr unglücklich wird er von der Mutter an der Hand fast mitgeschleift.

„Eigentlich war es Papas Tag. Er hatte versprochen, mit mir Eis essen zu gehen. Aber… Also beschloss Mama: Na gut. Dann nehm ich dich eben mit.“
Deren Ziel: Theater. „Ich kann Theater überhaupt nicht leiden.“

Diese Ausgangssituation erzählt Orit Gidali (aus dem Hebräischen übersetzt von Lucia Engelbrecht) auf der ersten Doppelseite zur kurz beschriebenen Szene. Natürlich muss sich was tun, was ändern und am Ende…

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Bravo!“

Aber wie das Buch – die Geschichte und die Bilder – ausgeht, wie es dazu kommt… – das birgt viele Überraschungen. Die größte ist – so viel darf wohl schon verraten werden – das „Bravo!“, so der Buchtitel, gilt nicht einem auf der Bühne gezeigten Stück.

Das große Lob verteilen die Schauspieler:innen an einzelne Besucher:innen im Publikum – von einer alten Frau bis zu einem Buben, ungefähr im Alter des Erzählers, wie die Autorin ihn anmerken lässt.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Jene Doppelseite auf der die echten Theaterbesucher:innen vorgestellt werden, die Vorbilder für Figuren im Buch sind

Making of

Was hier schon noch gespoilert wird: So ungewöhnlich wie dieser Rollenwechsel im Theater ist auch die Entstehungsgeschichte des Buches. Die beiden Künstlerinnen haben echte Besucher:innen des Davai Theaters in Tel Aviv-Jaffa (Israel) sozusagen vor den Vorhang gebeten. Sie sind Vorbilder für die von den Schauspieler:innen mit „Bravo!“ bejubelten Zuschauer:innen. Auf der letzten Doppelseite werden sie in Fotos (Lilach Raz) und Worten, leider in einer vielleicht schön anzuschauenden, aber nicht leicht und gut lesbaren Schrift, vorgestellt.

Dort erzählen Autorin und Illustratorin auch ein bisschen über sich, so ist die Schöpferin der schwungvollen, meist tanzenden Figuren, die modernen Gemälden entsprungen zu sein scheinen, eigentlich Puppenspielerin und hat vor diesen beiden Jobs im Sommer Eis und im Winter Popcorn verkauft. Und der Sohn der Autorin, Aner, ist anders als der Junge im Buch, „aber er verdient auch viel Applaus… so wie ihr, stimmt’s?“

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Bravo!“
Performance von Mena Guerrero

Die Stille des Vulkans…

„El silencio del volcán… The silence oft he Volcano…“ – Die Stille des Vulkans – das Bild das beim Titel der Ausstellung in einer kleinen Galerie im 15. Wiener Bezirk (Rudolfsheim-Fünfhaus) im Kopf entsteht, beinhaltet schon die Spannung eines Widerspruchs. Nach außen vielleicht ruhig, brodelt es im Inneren.

Der Titel – spanisch und englisch – klebt an der Glaswand von „Improper Walls“ (ungebührliche Wände), daneben der Spruch „Kux loq‘olaj ri q‘ij rumal ri na’tajisanem“. Das ist in der Sprache Kaqchikel, einer indigenen Maya-Sprache Guatemalas, und bedeutet übersetzt: „Sich zu erinnern macht die Zeit heilig“.

Um Erinnerungen an die Zeit von Widerstandskämpfen Indigener, also jenen, die seit „ewig“ hier leben, gegen Eroberer (da erübrigt sich meist das Gendern, die Kolonisatoren waren durchwegs männlich) und zwar gar nicht am Beginn vor Jahrhunderten, sondern in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts (1954 – 1996) im mörderischen Krieg gegen die aufständischen Widerstandskampf, geht es in der genannten Ausstellung. Zusammengetragen über viele Jahre und als Ausstellung kuratiert von Andre Ancira als Teil ihre Abschlussarbeit an der Akademie der bildenden Künste Wien.

Gedichte, Objekte, Performance

Objekte und Schriften der Künstler:innen Marilyn Boror Bor, Edgar Calel, Edizon Cumes, Regina José Galindo*, B’alam Waykon García, Mena Guerrero, Esvin Alarcón Lam, Rosa Chávez Tifax, Gabriel Rodríguez Pellecer, Jeff Cán Xicay und der Kuratorin selbst. In Form von Gedichten, kämpferischen Plakaten, aber auch beispielsweise einem Huipil, einem handgewebten Wandteppich, der einen Text in „textile Sprache“ übersetzt.

So manche der Objekte verknüpfen auch die Verbundenheit der seit Jahrtausenden hier lebenden Menschen mit ihrem Land, mit der Natur – einer ganz anderen, ganzheitlicheren Sichtweise auf diese und den Kosmos; ähnlich wie es auch Tabita Rézaires Arbeiten der Zeit im Weltmuseum tun, hier aber stark verbunden mit dem Widerstandskampf gegen den eigenen Untergang, gegen den Genozid an der indigenen Bevölkerung.

Der Titel der Ausstellung ist einem Gedicht einer weiteren Autorin entnommen, Ximena Santaolalla, in dem es unter anderem – übersetzt – heißt: „Die Stille des Vulkans ist meine Stille und die meines Volkes. Von weitem sieht er ruhig aus, aber das ist er nicht. Er ist voller Kraft und Hitze…“

Magisches Portal

Die wohl auffälligste Arbeit in der diagonal vom Eingang liegenden Ecke der kleinen Galerie symbolisiert eine farbkräftige, vor allem Rottöne umfassende Öffnung, die dank des Titels wohl zunächst an einen Vulkan erinnern mag, ansonsten auch anderes. Die Künstlerin Mena Guerrero performte zur Eröffnung das zunächst in absoluter Stille erfolgende, gaaaaanz langsame Heraustreten aus diesem „Portal, einem lebenden Amulett“. Tänzerischer Schritt für tänzerischem Schritt atmet sie hörbarer bis befreiter.

Gar nicht auf den ersten Blick sichtbar, aber besonders spannend: Auch an der Decke steht ein Gedicht – in spanischer Sprache und in geschwungenen, fast labyrinthartigen Bögen: „Meine traurigen Schildkrötenaugen verraten meine Müdigkeit. Ich kenne den Wasserpfad, der durch mein Blut fließt. Auf der Suche nach warmem Wasser gehe ich langsam und ohne jemanden. Ich breche die Zähne meiner Raubtiere auf meinem Rücken, die Erinnerung an all meine gemeinsamen Leben. Ich bin eine halluzinierte, melancholische Schildkröte“, heißt es auf Deutsch übersetzt in dem Gedicht von Rosa Chávez Tijax, die auch den Spruch an der gläsernen Galerie-Fassade in Kaqchikel gestaltete.

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Szenenfoto aus "Wimmeln"

„Mommst du kit?!“ – Schau- und Sprachspiel

Ein überdimensional großer hölzernen Sessel auf der einen sowie ein stilisierter Baum auf der anderen Seite dominieren auf den ersten Blick die Bühne. Rundum und dazwischen ist noch so viel zu sehen – das Bühnenbild (Bühne, Kostüm: Hansi Wimmer, Nike Hartmond) stimmt schon optisch auf die Geschichte von „Wimmeln“ ein und stellt die spontane Verbindung zur Gattung der gleichnamigen Bücher. Viel zu entdecken, nicht selten immer wieder Neues, vorher Übersehenes.

Schauspielerin Tamira Kalmbach tritt von der Seite auf, nennt ihren Vornamen – und nicht den der Figur im Stück, weil… ach das kommt noch. Sogleich tritt sie in Dialog mit dem Publikum und stellt die Fragen, wer (im Theater) lieber, vorne, hinten oder in der Mitte sitzt. Sie selber – nicht in echt, aber als Figur, würde sich am liebsten in der Mitte, in der Menge, verstecken. Auch auf dem Schulhof traut sie sich nicht mit den einen oder anderen zu spielen, am liebsten würde sie die ganze Pause allein am Klo verbringen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Wimmeln“

Sprechender Bauch

Ihr Zuhause – in einer kleinen Wohnung (der ganz oben beschriebene Sessel ist auch ihr Bett und alles, praktisch das ganze Zimmer) – mit ihrer, spät von der Arbeit kommenden Mutter (Sebastian Egger, später noch in weiteren Rollen) UND ihr sprechender Bauch (Jasmin Shahali). Ansonsten alleine, aber hier wenigstens nicht irgendwer, sondern Bo, so ihr Name.

Allein sein kann ganz schön sein. Aber immer? Irgendwie geht ihr das schon ab. „Warum sagst du nie was? Warum stehst du immer alleine?“ bringt „Bauch“ ihre innersten Gefühle fürs Publikum, aber auch für Bo zu Gehör. Aber so einfach ist das nicht, wenn du dich nirgends dazugehörig fühlst, am Rand stehst, von anderen – vielleicht auch nicht sicht-, aber spürbar – dorthin gedrängt wirst…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Wimmeln“

Ein Wimmelbuch, echt jetzt?

Selbst zu ihrem Geburtstag kommen keine Kinder, sondern nur Freundinnen ihrer Mutter. Und erst das Geschenk: Ein Wimmelbuch. „Ich bin doch nicht vier geworden!“

Und doch, das lässt schon der Titel vermuten – und tut’s dann „natürlich“ – setzt mit dem Wimmelbuch eine Veränderung ein. Das Objekt entspricht übrigens zur großen Überraschung nicht dem, was du wahrscheinlich als solches kennst; da sei aber die Spannung nicht weg-gespoilert. In Szenen, die teilweise an Alice im Wunderland und an einen der Planeten im Kleinen Prinzen erinnern, erlebt Bo nun in der aus dem Buch aufsteigenden Fantasiereisen Begegnungen, die sie als Person wahrnehmen. Und sie traut sich mit ihnen zu sprechen.

Szenenfoto aus

Fantasie kann Kraft verleihen

Das macht Bo nun Mut, auch in Szenen, die nicht aus dem Wimmelbuch stammen, sondern in ihrer Wirklichkeit auf dem Weg zur und in der Schule spielen, Schritte auf andere zu zu machen, mit ihnen zu reden, da oder dort sich angenommen fühlen zu können.

Vertauschte Buchstaben

Am meisten holt sie „Kopfüber“ (Jasmin Shahali) aus der Reserve. Sie betrachtet die Welt aus eben wie der Name der Figur sagt, anderer Perspektive. Und dies schlägt sich auch in ihrer Sprache nieder, wo sie Wechstaben verbuchselt, also Buchstaben von Wörtern miteinander vertauscht: „Mommst du kit“ zum Beispiel oder „Gernfläser“. Letztere – in Form von Kartons aus Klopapierrollen – kriegt nicht nur Bo, sondern aus einem Rollkoffer auch das Publikum, schließlich soll auch Zuschauer:innen die Möglichkeit zum Beitwlick, pardon Weitblick eröffnet werden. Und die Verteilung an dich und dich und ich… auf der Tribüne lässt dich auch unmittelbarer dazugehören als „nur“ vom Rande aus das Geschehen zu betrachten. Und als Symbol für suchende Blicke.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Wimmeln“

„Wimmeln“ (Text: Leah Luna Winzely, Regie: Julian Gutmann; Regie, Licht: Clara Caroline Siewering; Regieassistenz, Sound: Paul Schliermann) ist die Umsetzung einer Idee, die den Nachwuchsförderungspreis MAGMA – von Drama Forum und Dschungel Wien – gewonnen hatte. Und wurde realisiert von dem sich dabei gebildeten „Meeer Kollektiv“.

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Szenenfoto aus "Wild!nis"

Dschungel goes Wildnis…

Das Theaterhaus für junges Publikum im MuseumsQuartier heißt von Beginn an (nun seit 21 Jahren) Dschungel Wien, das lange Zeit fast baum- und pflanzenlose MuseumsQuartier wird seit einiger Zeit zumindest in mobilen Körben begrünt, im Theaterhaus nennen sich Werkstätten „wild“ mit Zusätzen, weshalb das Festival der Workshops am Saisonende im Juni „Wild und schön“ heißt. Und nun wurde die neue Saison mit zwei Stücken am 20. September eröffnet: „Wild!nis“ und „Wimmeln“, ersteres gleich vom Titel und dem ersten Eindruck von der Bühne her „wild“, zweiteres löst mit der spontanen Verbindung zu Wimmelbüchern ja auch recht wilde bildhafte Vorstellungen aus. Beide Premieren wurden am Ende auch sehr wild beklatscht 😉

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Wild!nis“

Nun, aber zum erstgenannten Stück – über das Zweite war übrigens auf Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… schon ein bisschen was anlässlich der performativen Pressekonferenz zum Dschungel-Saison-Spielplan zu lesen, kommt aber natürlich noch in einem eigenen Beitrag „meeer“, pardon Wortspiel, das „Wimmeln“ vom „Meeer Kollektiv“ verwirklicht wurde.

Von der Wildnis zum Theater und zur Wildnis auf der Bühne

Alsdann, „Wild!nis“: Ein rot-weißes Band wie zur Absperrung von Baustellen oder Gefahrenzonen, trennt Bühne von Publikumstribüne. Den Zuschauer:innen präsentiert sich ein großes, grünes Leichtzelt und vor allem viele wild angeordnete Äste wie eine Strauchlandschaft. Und dann erscheint der „Kompostierer und künstlerische Leiter der Gruppe „Material für die nächste Schicht“, Stefan Ebner, im blauen Bodysuit, erklärt, dass hier einst echte Wildnis, nach dem Meer zuvor war, dass es jetzt ein bissl wild zugehen werde und im Theater gerade Feuer große Ängste und Sorgen bereite. Deshalb sei er hier nun als Brandwächter mit Feuerlöscher. Und weil das ein wenig langweilig wäre, zieht er sich noch ein sehr zotteliges Gewand über und mit einer großen Maske wird er zu einer Art Monster – wobei Kinder bald diverse ihnen bekannte Angehörige dieser Gattung: Ogar, Troll, Yeti, Kobold, Krampus…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Wild!nis“

Irgendwann huscht eine Kollegin mit kleinem glitzerndem Partyhütchen und Tortenbehälter mit Guglhupf (Jana Thomaschütz) vorbei, später stolpert gekonnt ein Typ samt Klapp-/Falt-Leiter mit eingebautem Klappsitz (Ivan Borivan) daher und zu guter Letzt stöckelt Seraphina Schweiger mit Strauch und Schlagzeugbecken in die Szenerie (Bühne und Licht: Albert Frühstück; Kostüme: Sophie Schmid). Das Monster bleibt fast immer am Rand des Geschehens.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Wild!nis“

Von Geräuschen zur Musik

Zwischen zaghafter Annäherung, wilden Vorstellungen, chaotischen Auftritten, Geräuschen – von naturnahen wie Gewitter und Regen bis zu unterschiedlichen künstlichen, die in Musik übergehen, Ängsten vor einander und / oder dem Strauchwald bis zu gemeinsamen fast aneinandergeketteten Expeditionen in dieser Landschaft spant sich ein weiter sehr verspielter Bogen. Spielfreudig nehmen die Schauspieler:innen Anleihe bei Kinderspielen und verwandeln sich von einer Sekunde auf die andere in immer Neues – reife Himbeeren ebenso wie gemeinsam eine Giraffe, die Hunger hat und von den Spitzen der „Bäume“ Früchte knabbert, dann wieder sind sie stinkende Füße, die sich zu einem Frühstück treffen oder Schmetterline, die sich gerade aus ihren Raupen-Kokon schälen und zu ihren ersten Flügen starten… Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt – und könnten ja vielleicht als Anregung für gemeinsame Spiele von Besucher:innen danach wann und wo auch immer führen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Wild!nis“

Dieses spannende, variantenreiche Spiel – mit einer klassischen Rollenumkehr-Szene in der das Monster sich den drei Spieler:innen nähert und vor Angst zittert, sie es aber zum Kuschelmonster machen – bringt ohne viel Wort zum Ausdruck, wie toll Chaos und Wildheit zum Ausgangspunkt für Kreativität werden (können).

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Szenenfoto aus "Pseudorama"

Wenn die Dialogbereitschaft in der Finsternis verschwindet

Der Spielort „Dunkelkammer“ im Wiener Volkstheater wird bei „Pseudorama“ seinem Namen mehr als gerecht. Gab es schon im Vorjahr die Produktion „Die Scham“ der Literatur-Nobelpreisträgerin Anni Ernaux in einer – schon lange vor ihrer Auszeichnung geplanten – spannenden Inszenierung die gleichzeitige Entwicklung von Fotos eines jungen Mädchens und somit eine wahre Dunkelkammer, so bleibt’s im aktuellen, genannten Stück voll zappenduster.

Die Wahrnehmung ist / wird fast durchwegs – mit Ausnahme kurzer Szenen zu Beginn und am Ende – vor allem auf das Hören konzentriert. Noch bei – wenig – Licht startet’s mit Meeresrauschen und Möwengekreisch. Ein leicht bekleideter alter Mann – Wiener Urlauber an der Nordsee – sinniert über das Dasein und seine Kindheit am Strand.

Und dann Einstieg ins Thema des rund 1¼-stündigen Abends – Nachrichtenmeldung aus dem alt wirkenden Radio: Erster Corona-Toter in Österreich. Zwang zur Abreise.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Pseudorama“

Reise in die Finsternis

Die Reise folgt in der einsetzenden praktisch völligen Dunkelheit. Die Phase der symbolischen Finsternis, der Pandemie, im Schnelldurchlauf. Zunehmende Skepsis des Protagonisten, (nicht nur) sein Reinkippen in Wissenschaftsskepsis, Zitieren „alternativer“ Medien, Thesen und Postings aus Telegram-Gruppen, Um- oder „nur“ andere Deutung mehr oder minder bekannter Fakten. Und doch so gespielt, dass ein (Re-)Agieren schrittweise nachvollziehbar wird – bis hin zum Aktivisten bei Demos.

Aber auch seine irgendwann einsetzende Skepsis an dieser neuen „Gegen“-Erzählung… – bis die Performance, entwickelt vom Kollektiv „Darum“ (Victoria Halper & Kai Krösche) – in Kooperation mit der Rechercheplattform Dossier – am Ende wieder ins Helle switcht.

Text – und wie Stefan Suske und Paula Nocker (Dramaturgie: Matthias Seier, Raum Apollonie T. Bitzan, Lichttechnische Beratung: Ines Wessely) – ihn lebendig werden lassen, ergreift weitgehend gar nicht Partei, lässt aber die unversöhnliche Spaltung der Standpunkte spürbar nach- und miterleben.

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Volksschulkinder malen ihren jeweils größten Traum - und das für einen guten Zweck

Von Flügeln, Berufswünschen und Familien

Fliegen können – mit eigenen Flügeln (Lea und Dicle) bzw. einem fliegenden Teppich (Almia), Fußballstar (Nemanja, der schon bei Red Star kickt), ein Himmel voller Süßigkeiten – in etlichen Bildern, einen Regenbogenrutsche, vom Himmel auf die Erde (Ipek), Bahnlinien zu und zwischen den Planeten unseres Sonnensystems (Nabil), den höchsten Berg der Erde, den Mount Everest zu besteigen (Mario)… das sind einige der Bilder, die Kinder der 4a der Volksschule Diesterweggasse (Wien-Penzing; 14. Bezirk) Donnerstag früh gezeichnet und gemalt haben.

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… durften ihnen dabei zusehen und sie fotografieren, wie sie auf ein Blatt Papier (Größe A4) festhielten was für jede und jeden einzelnen „Mein größter Traum“ ist. Spitzen-Student:innen eines Talente-Förderungsprogramms haben sich heuer dieses als ihr gemeinsames Abschlussprojekt unter dem Titel „Paint4Purpose – Malen für den guten Zweck“ einfallen lassen. Während der – bis Ende September 2025 laufenden – Malaktion und bei einem abschließenden Kinderfest (18.Oktober, Details in der Info-Box am Ende des Beitrages) sammeln sie Spenden für die „Stiftung Kindertraum“. Diese versucht seit mehr als einem Vierteljahrhundert (seit 27 Jahren) schwer erkrankten Kindern und / oder solchen mit Behinderungen, Herzenswünsche zu erfüllen.

Volksschulkinder malen ihren jeweils größten Traum - und das für einen guten Zweck
Meditative Überlegungen

Einige überlegen lange

So, zurück vom „Kindertraum“ zu den größten Träumen der Volksschüler:innen nahe der U4-Station Hietzing: Manche Kinder sind zunächst einmal sprach- und ratlos. „Mein größter Traum“ – Was ist das? Was könnte das sein? Was kann oder soll ich mir wünschen? Einer begibt sich dazu in eine meditative Pose, die Hände fast ausgestreckt, die Finger zu Kreisen geformt – sozusagen ein lautloses Oooom.

Andere legen gleich los mit Zeichnen, die meisten zunächst mit Bleistift. Viele ziehen ihre Linien später mit bunten Faser- und anderen Stiften nach. Andere holen sich Malkästen, Becher, Wasser, davor aber noch eine Malunterlage für ihren Tisch sowie eine Malschürze, die eine oder andere davon schon von Haus aus sehr bunt.

Berufsträume

In der ersten Reihe zeichnet Niki schnell eine Weltkugel und erklärt dem neugierigen Journalisten: „Umweltschutz ist mir sehr wichtig…“, aber eigentlich habe er „keine Ahnung, was mein größter Traum ist“ und er beginnt eine neue Zeichnung. Neben ihm greift Gabriella bei jedem Strich zu ihrem Lineal. Ein Haus ist schon zu sehen und ein Kreuz oben drauf – „ich will Ärztin werden“, erklärt die geometrische Zeichnerin, „das hab ich schon meiner Mama und meinem Papa erzählt, seit ich in die Schule gehe“, setzt sie fort und so entsteht nach und nach ein ärztliches Zentrum auf ihrem Blatt Papier.

Auch andere verknüpfen das Thema mit ihren Berufswünschen – Helena und Raimonda zeichnen sich selbst als bildende Künstlerinnen und auf einem Blatt ist ein großes Buch zu sehen – auf der Titelseite ihr Name. „Ich will Schriftstellerin werden!“, verrät sie KiJuKU, „mir ist noch kein anderer Titel für mein erstes Buch eingefallen“, aber schon zuvor hatte sie, die noch in der Pause mit einem Buch vor Augen lesend in Bank saß, anvertraut, „ich würde gern Geschichten für Kinder schreiben, aber auch ein bisschen aufregende“.

Vielleicht passt da ja Camilos Zeichnung dann als Illustration dazu: Ein feuerspeiender Drache neben einem Hochhaus – und der Satz: „Ich kann mich in alles verwandeln.“

„Hab alles“

Toprak zeichnet sich und seine Familie in der unteren Hälfte des Blattes und weiter oben schreibt er hin, dass die Eltern lange leben sollen, „weil alles was ich brauche, hab ich eh“. Familie spielt in mehreren Zeichnungen über die größten Träume der Kinder immer wieder eine große Rolle, bei Taim ist zwischen seinem gezeichneten kleinen Ich am unteren Rand des Bildes und einem Satz weit oben Platz für einige große Tropfen – Tränen, denn geschrieben hat er: „Ich will meinen toten Opa wieder sehen“.

Zoe träumt davon, dass ihre Schwester glücklich ist. Dass ihre Eltern gesund bleiben, sie die großen Geschwister nicht nerven – davon träumt Sahar; und noch viel größer – in Worten und Zeichnungen: „Ich will 3 kleine, fette Katzen haben und Kuscheltieren…“

Und vielleicht als DAS Happy End ist Ahids Traum ein ziemlich kunterbuntes Land, etwas wovon – ohne Worte – auch besonders detailliert und fein gezeichnet Emilia träumt.

Galerie aller Bilder

Alle Kinderzeichnungen werden bei einem Fest in der ehemaligen Semmelweis-Klinik (bis 2019 Frauenklinik, vor allem Geburtenstation, seither teilweise – vorübergehend – kulturell genutzt) in Wien-Währing ausgestellt, die besten 20 prämiert und jedes Kind kriegt jedenfalls ein Tombola-Los für Sachpreise, die beim Fest (18. Oktober, Details siehe Info-Box am Ende des Beitrages) verlost werden.

Für einen guten Zweck

Während der Zeichen- und Malaktion bzw. auch beim Fest werden Spenden für die Stiftung „Kindertraum“ gesammelt. Diese versucht seit mehr als einem Vierteljahrhundert (27 Jahre) schwer erkrankten Kindern und / oder solchen mit Behinderungen, Herzenswünsche zu erfüllen.

Anouk und Sinah, Studierende aus dem Talentförderprogramm, erklären die Aktion
Anouk und Sinah, Studierende aus dem Talentförderprogramm, erklären die Aktion

Sinah und Anouk, die in der 4a der Volksschule Diesterweggasse (Penzing, 14. Bezirk), die Aktion erklärten, die Zeichenblätter mit dem vorgedruckten Titel und einer Zeile für Name und Schule, austeilten, nannten als ein Beispiel für das „Kindertraum“ sammelt die 6-jährige Ella aus Niederösterreich. Bei ihr treten – bis zu 30 – epileptische Anfälle pro Tag auf. Hilfe könnte ein speziell ausgebildeter Hund sein, der schon vor einem Anfall diesen spüren kann. Einen solchen Hund, den sie Emi nennen will, wünscht sich Ella.

„Eine geeignete Havaneserhündin – sobald sie dem Welpenalter entwachsen ist – (wird) in Eigen- und Fremdausbildung zu einem Signalhund für Epilepsie ausgebildet: Emi soll lernen, einen bevorstehenden Anfall frühzeitig zu erkennen und durch trainiertes Verhalten zu warnen, z. B. durch Anstupsen, das Auflegen der Pfote auf den Schoß, Fiepen oder kurzes Bellen. Bei Bedarf kann die Hündin auch lernen, ein Handy heranzubringen oder selbstständig einen Notfallknopf zu betätigen“, steht auf der Homepage der Stiftung. Die Ausbildung kostet bis zu rund 10.000 Euro, einiges hat „Kindertraum“ schon gesammelt, aktuell fehlen noch 7.950 € – ist auf der Homepage zu lesen. Vielleicht oder hoffentlich demnächst weniger.

Noch können Volksschulklassen mitmachen – Infos und Kontakte am Ende im „Was? Wer? Wann? Wo?“-Kasten.

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Weitere Fotos vom Lokalaugenschein bei der Malaktion in der 4a, Volksschule Diesterweggasse (Wien-Penzing)

Künstlerin in einer der Hängematten sitzend, Blick auf das Video in der Tukusipan-Kuppel

Zwischen Katastrophen, Weltraum, einem Kalebassen-Nebel und der Wassergottheit Yemoja

Ein hölzerner Rundbau mit Hängematten aus Palmblättern bzw. Baumwolle lädt zum Verweilen – und betrachten eines kreisrunden Videos im Zentrum der Decke ein. Und birgt einen unheimlichen Widerspruch in sich. Die an die bei uns sicher viel bekannteren mongolischen Jurten erinnernde Architektur – nur dank der doch massiven hölzernen Konstruktion dauerhafter und nicht mobil – kommt von Tukusipan, traditionellen, Gemeinschaftshäusern des indigenen Wayana-Volkes in Französisch-Guayana.

In Europa bekannt ist dieses fast so große Land wie Österreich (aber mit nur so wenigen Einwohner:innen wie das Burgenland) zwischen Brasilien und Suriname, das zur EU gehört und nur über eingeschränkte Selbstverwaltung verfügt, vor allem als Startgelände für die Europäische Raumfahrt (ESA) mit den Ariane-Raketen.

Und genau den Widerspruch zwischen indigener Bevölkerung, Kultur, Lebensweise und dem europäischen Raumfahrtprogramm, bringt die Künstlerin Tabita Rézaire in diesen gemütlichen naturnahen Rundbau. Im Video spielen die All-Expeditionen und ihre Mitwirkenden einerseits sowie Interviews mit Einheimischen ebenso eine große Rolle. Als Besucherin oder Besucher, die / der sich auf einer der vier Hängematten niederlässt, wirst du reingezogen in den Wechsel von „Aufnahmen des Amazonas und seiner heiligen Orte mit Bildern ökologischer Zerstörung und kolonialer Hinterlassenschaften. Interviews mit Hüter:innen spirituellen Wissens und westlichen Wissenschaftler:innen öffnen einen Raum, in dem sich kosmologische und wissenschaftliche Perspektiven begegnen“, wie es dazu in den Unterlagen zur nun gestarteten Ausstellung im Weltmuseums heißt.

Vielseitige Künstlerin und mehr

Die Künstlerin, in Paris geboren, die dort sowie in Kopenhagen und London Wirtschaft, Psychologie und Design studiert hat, ist – seit acht Jahren – Kakaobäuerin in der Heimat ihres indigenen Vaters, in Französisch-Guayana und vor allem aber auch Künstlerin. Dabei verbindet sie wie im Fall der beschriebenen Installation, gern audiovisuelle, digitale Medien mit handfesten Materialien indigener Kulturen, die neben der Materialität spirituelle, starke, ganzheitliche Ideen- und Gedankenwelten mit einschließen.

Künstlerin, Vielfach-Studienabsolventin und Kakaobäuerin Tabita Rézaire
Künstlerin, Vielfach-Studienabsolventin und Kakaobäuerin Tabita Rézaire

Monster „bändigen“ durch Integrieren

So erzählte sie beim Medienrundgang vor der Eröffnung der Ausstellung „Calabash Nebula: Cosmological Tales of Connection“, dass die Menschen in ihrer nun zweiten Heimat alles Böse, Negative versuchen, zu bearbeiten, indem sie es bei sich einschließen. Es gibt den Mythos eines raupenartigen Monsters, das sie statt es zu töten oder auszusperren dadurch bezwingen, dass sie es in ihrem Tukusipan unter Kontrolle halten. Womit das besagte Video noch eine weitere Dimension erfährt.

Diese begeh- und erlebbare Installation nennt sie im Übrigen bewusst mehrdeutig Des / astres – einerseits Katastrophen und andererseits Himmelskörper!

Die Künstlerin Tabita Rézaire und die Museumsdirektorin Claudia Banz
Die Künstlerin Tabita Rézaire und die Museumsdirektorin Claudia Banz

Die – bis 11. Jänner 2026 laufende – Ausstellung (Details in der Info-Box) ist Teil eines neun Formates des Weltmuseums, genannt WMW Contemporary, und bezieht sich mit ihrem Titel „Calabash Nebula: Cosmological Tales of Connection“ auf einen rund 5.000 Lichtjahre entfernten planetarischen Nebel – das Überbleibsel eines sterbenden Sterns, der dabei ist, seine äußeren Hüllen ins All abzustoßen. Die auffällige Form erinnert an eine Kalebasse (eine ausgehöhlte und getrocknete Hülle des Flaschenkürbisses). Dieses Gefäß gilt in vielen afrikanischen und anderen indigenen Kulturen als Symbol für Erinnerung, Heilung und kosmisches Gleichgewicht. Die Gestalt wird zum Symbol für das Zusammenspiel unterschiedlicher Wissensformen und Weltentwürfen jenseits von Tradition und Moderne. Kalebassen werden häufig als Musikinstrumente verwendet.

Weltweit

Tabita Rézaire, die mit ihren vielschichtigen, interdisziplinären, Kulturen und Techniken verbindenden Arbeiten schon Ausstellungen in Kapstadt (Südafrika), Dakar (Senegal), Zürich (Schweiz), Karlsruhe, Dortmund und Berlin (Deutschland), Paris, Athen und Moskau (2018) hatte, „feiert in ihren Arbeiten die zyklische Natur des Lebens, hinterfragt koloniale Machtverhältnisse und öffnet den Blick für eine Kosmologie, in der der Weltraum nicht nur Ort der Forschung und Eroberung ist. Vielmehr definiert ihn Rézaire als lebendigen und faszinierenden Ort, mit dem wir verbunden sind“, ist zur Ausstellung zu lesen.

Claudia Banz, Direktorin des Weltmuseums, stellte fest: „Ich freue mich sehr, dass wir Tabita Rézaire im Weltmuseum Wien ausstellen können. Durch zeitgenössische Kunst werden auch die Sammlungen des Weltmuseums Wien aus einer neuen Perspektive erfahrbar: Tabita Rézaire greift in ihren Arbeiten Materialien, Kulturtechniken und spirituelle Symbole wie Kalebassen, Indigo oder Gottheiten auf und verbindet sie mit zeitgenössischen Fragen nach Heilung, Technologie, Ökologie und neokolonialen Strukturen. Dadurch entsteht ein Resonanzraum zwischen historischen Objekten und aktueller Kunst, der die Relevanz ethnologischer Sammlungen für unsere Gegenwart sichtbar macht.“

Foto und Banner zur Ausstellung und am Redetisch Claudia Banz, Direktorin des Weltmuseums
Foto und Banner zur Ausstellung und am Redetisch Claudia Banz, Direktorin des Weltmuseums

Perspektivenwechsel

Eintauchen in un- oder weniger bekannte, fremde Welten – das macht(e) schon lange neugierig. Der Reiz des „Exotischen“ ist aber viel zu oft behaftet mit einem überheblichen Blick, einem Mindset, „Zivilisierte“ schauen auf „Wilde“. Das war und ist das Konzept von Kolonialmächten. Das Weltmuseum am Rande der Wiener Hofburg, vormals Museum für Völkerkunde, lebt in weiten Teilen der Sammlung noch von dieser Herangehensweise, versucht aber – nicht zuletzt mit der vor einigen Jahren vorgenommenen Umbenennung – sich von diesem Blick zu entfernen. Tabita Rézaires Arbeiten öffnen diese andere Perspektive. Drei Räume im Erdgeschoß sind von ihren Kunstwerken erfüllt.

Westafrikanische Wasser-Gottheit

Neben der genannten „Katastrophen / Himmelskörper“ (Des / astres) -Installation ist es der noch viel stärker Besucher:innen in sich aufsaugende „OMI: Yemoja Temple“ sowie „Omo Elu“.

Ersterer ist ein riesiges indigo-gefärbtes Stoffzelt mit mehreren Schichten und vielen Sicht- und Luft-Löchern. Gemeinsam mit Yussef Agbo-Ola (Künstler und medizinischer Architekt zwischen Lagos / Nigeria, London und dem Amazonas Regenwald) hat Tabita Rézaire diese Würdigung der „Mutter der Gewässer und aller darin lebenden Wesen“, personifiziert in Yemoja, einer Gottheit der südwestafrikanischen Yoruba (vor allem Nigeria) gestaltet. Im Inneren sind auch ausgehöhlte Kokosnüsse – einerseits als Behälter, unter anderem für den Farbstoff Indigo, andererseits als Sinnbilder für den Mond in seinen verschiedenen Phasen – platziert. In Gestalt und Muster sind Recherchen mit Anja Wegner und Alex Jordan vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Konstanz eingeflossen, die diese im zentralafrikanischen Tanganjikasee vorgenommen haben. Geplant sind – so die Info des Museums „eine Klangkomposition aus rituellen Gesängen und wissenschaftlich-künstlerischen Reflexionen“.

Omo Elu

Die dritte Installation besteht aus sieben mit Indigo gefärbten und bemalten im Kreis angeordneten Stoffbahnen, die Orisha Yemoja in unterschiedlichen Inkarnationen zeigen: als Mutter, Heilerin, Schöpferin, Wasser, Herrscherin und Tänzerin. Orishas sind göttliche Wesen, die von den Yoruba verehrt werden. Zugleich ist Omo Elu eine Hommage an Yemoja als Schutzpatronin der Indigo-Färbepraktiken. Die verschiedenen Blautöne spiegeln ihr facettenreiches Wesen wider. Das symbolträchtige Pigment Indigo wird in vielen Kulturen zum Färben von Textilien, als Körperschmuck und für rituelle Heilpraktiken genutzt.

In der Yoruba-Sprache bedeutet „omo elu“ „Kind des Indigos“. Rézaires Auseinandersetzung mit Indigo ist Teil ihrer tiefgehenden Beschäftigung mit nigerianischer Färbekultur und ihrem umfassenden Engagement für Naturfarbstoffe. Omo Elu ist eine Hommage an die Tiefe, Kraft und spirituelle Dimension des Indigos und an Yemoja als vielschichtige, schöpferische Gottheit.

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Eine Wand voller "Augsutin"-Cover in der Ausstellung im Wien Museum

Straßenzeitung goes Museum

So viele Angebote, die aktuelle Ausgabe des „Augustin“, der Straßenzeitung Wiens, zu kaufen auf einem Fleck ist eine Seltenheit. Üblicherweise stehen sie vereinzelt bei oder in U-Bahn-Stationen, vor Supermärkten und so weiter. Doch Mitte dieser Woche (17. September 2025) waren sie auch nicht auf der Straße, sondern im relativ neu renovierten Wien Museum am Karlsplatz.

Dort feierten Macher:innen, Verkäufer:innen, Freund:innen und andere Interessierte den 30. Geburtstag dieses „Zentralorgans der solidarischen Stadt“.

Journalismus und Sozialarbeit

1995 gegründet von den Journalisten Robert Sommer und Max Wachter, die vier Jahre vorher schon den „Uhudla“ (Unabhängig, Heiß, Urig, Demokratisch, Landläufig, Außergewöhnlich) natürlich angelehnt an den ähnlich klingenden Wein, zunächst als Spaß-Projekt, und der Sozialarbeiterin Erika Parzer, orientierte sich der „Augustin“ an internationalen Vorbildern: Seriöser, kritischer, widerständiger Journalismus, Partei ergreifend für an den Rand gedrängte bzw. ausgegrenzte Menschen, gegen Armut und nicht gegen Menschen, die davon betroffen sind auf der einen Seite. Gepaart damit, dass die Verkäufer:innen Menschen aus solchen Gruppen, nicht zuletzt Obdachlose, sind – und die Hälfte des Verkaufspreises ihnen bleibt.

Weil der „Augustin“ – natürlich benannt nach dem viel besungenen „lieben Augustin“ (Volkssänger Marx Augustin) – eben oft von auf der Straße Lebenden im öffentlichen Raum verkauft wird, nennt er sich auch „die österreichische Boulevardzeitung“, im Gegensatz zu den häufig unter diesem Begriff zusammengefassten Zeitungen, die meist gegen Arme statt Armut schreiben.

Historisches

In der Community-Galerie des Wien Museums ist nun eine kleine Ausstellung zu sehen, hören und teils auch betasten. Ein Exemplar der allerersten Ausgabe liegt in einer Vitrine, daneben der Schriftzug – handgeschrieben vom Mitgründer Robert Sommer, darunter in Brailleschrift die dazugehörige Beschriftung, die dann – wie alle Ausstellungstexte noch in Deutsch und Englisch zu finden ist.

Apropos Englisch – in einer Vitrine liegen auch einige Beispiele von Straßenzeitungen anderer Länder, von Mexiko bis Taiwan. Auf einem Monitor laufen Interviews mit Verkäufer:innen, an anderer Stelle kann in einem Teil des digitalisierten Archis gewischt und gelesen werden. Die Rückwand der Ausstellung ist vollgepflastert mit „ungefähr 380 Titelseiten der bisher erschienenen 627 Ausgaben“, wie es Lisa Bolyos von der „Augustin“-Redaktion von der Bühne im 3. Stock des Museums wo nicht nur die Schau zu sehen ist, sondern der Veranstaltungssaal liegt, verkündete, die auch einiges über Geschichte und Grundsätze der Zeitung, die eben mehr als ein Medienprodukt, sondern ein selbstverwaltetes gesellschaftspolitisches und zivilgesellschaftliches Sozial- und Journalismus-Projekt ist, zu dem unter anderem auch der Chor „Stimmgewitter“, die Fußballer:innen von „Schwarz-Weiß-Augustin“, Radiosendungen, der Opferball  und nicht zuletzt Schreibwerkstätten gehören.

Redaktion, Verkäufer:innen, Mitwirkende an der Gestaltung der Ausstellung – mehrfach wurde auf die offenen Türen und Arme des Museums hingewiesen – lieferten kurze Redebeiträge und Auftritt, umwerfend wie praktisch immer jener von Grace Marta Latigo, die sich als „afroslowakische Wienerin, sozialisiert im Zwarazwanzigstn Beziak“ jenen vorstellte, die sie (noch) nicht kannten.

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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Ich war das nicht!"

Wenn der bunte Elefant in Trümmern fliegt…

Klara ist bei Leo zu Besuch. Gemeinsam mit dessen Hund Balu spielen sie auf der ersten Doppelseite Verstecken. Als es zu regnen beginnt, verschwinden sie im Haus. In Leos Zimmer fasziniert Klara vor allem ein Elefant aus bunten Bausteinen. Auf den ist Leo stolz. Aber auch sehr heikel. Mit dem könne nicht gespielt werden. „ich will nicht, dass der Elefant kaputt geht.“

Klar, dass genau das aber Klaras heimlicher Wunsch ist. Und als Leo aufs Klo muss…
Auch klar, was in der Folge passieren wird, heißt das Bilderbuch doch „Ich war das nicht!“.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Ich war das nicht!“

Überraschende Lösung

Was Lydia Hauenschild sich weiter ausgedacht und geschrieben und Antje Bohnstedt gezeichnet hat, sei hier sicher nicht im Detail verraten. Dass Leo ziemlich sauer und traurig ist, kannst du dir sicher denken. Dass Klara es nicht (gleich) zugibt, verrät der Buchtitel.

Wie sie aus der verzwickten, scheinbar unlösbaren Situation rauskommen, ist vielleicht überraschend, könnte aber eine Hilfe für ähnliche Streit- und Konfliktsituationen sein.

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Ich war das nicht!“

Zwei Kinder schauen in ein Smartphone

Digitale Altersbeschränkungen: Auf Kinderrechte achten!

Social Media Plattformen spielen eine große Rolle bei Kindern und Jugendlichen. Diese bieten Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu lernen, sich zu informieren, sich mit Gleichaltrigen zu vernetzen und auszutauschen, sowie sich auszudrücken oder zu spielen. Gleichzeitig birgt die Onlinewelt viele Gefahren, wie Cybermobbing, unangemessene Inhalte sowie sexuelle Belästigung. Kinder und Jugendliche müssen vor diesen Gefahren geschützt und gut in der digitalen Welt begleitet und einbezogen werden – Kinderrechte gelten auch online.

In Diskussion sind derzeit häufig technische Schutzmechanismen wie eine verpflichtende Altersverifizierung oder die Anhebung des Alters für die Nutzung von Social Media, auch in Zusammenhang mit nicht-kindgerechter Algorithmen sowie Auswirkungen auf die mentale Gesundheit junger Menschen.

Bild-Montage aus Social-Media-Logos und einem Verbotsschild mit der Schrift:
Bild-Montage aus Social-Media-Logos und einem Verbotsschild mit der Schrift: „Kein Zutritt unter 16“

Kinderschutz: Alters-Checks

UNICEF Österreich begrüßt das Bestreben der Europäischen Kommission sowie der Bundesregierung digitale Plattformen für Kinder und Jugendliche sicherer zu gestalten. Es ist für Kinderschutz Online wichtig, nur altersadäquaten Zugang zu ermöglichen. Bei der Ausgestaltung und Wahl der Altersverifikation sind neben Kinderschutz jedoch weitere Kinderrechte zu berücksichtigen. So ist etwa darauf zu achten, dass Privatsphäre und Datenschutz sowie durch eine kindgerechte Ausgestaltung digitaler Räume das Recht auf Information aller Kinder ohne Diskriminierung gewahrt werden. Weiters sollten auf den Plattformen altersadäquate Inhalte zu finden sein. „Kinder können online wichtige digitale Skills erlernen – es gilt dafür altersgerechte geschützte digitale Räume zu schaffen. Altersbeschränkungen alleine sind jedoch nicht ausreichend, um Risiken zu begegnen. Es braucht zudem weitere Maßnahmen, wie die Förderung der Medienbildung bei Kindern, Eltern/Erziehungsberechtigten sowie Pädagog:innen“, so Klara Krgović-Baroian, stellvertretende Teamleiterin von Advocacy & Kinderrechte bei Unicef-Österreich.

Kinder und Jugendliche einbeziehen

Die verschiedenen Interessengruppen wie Politik und Unternehmen müssen mit Expert:innen und anderen Stakeholder:innen zusammenarbeiten, um mehr wissenschaftliche Grundlagen und Daten zu dem Thema zu generieren und in der Folge technisch realisierbare Lösungen für die Altersverifizierung angepasst an die einzelnen Plattformen und deren Inhalte zu entwickeln, welche die Rechte der Kinder respektieren. „Dabei ist es wichtig, auch die Meinung von Kindern und Jugendlichen einfließen zu lassen. Die Perspektiven von Kindern und Jugendlichen stellen sicher, dass alle Maßnahmen ihren Ansichten, Bedürfnissen und Lebensrealitäten Rechnung tragen.“

Screenshot der Petititon des Künstler:innen-Kollektivs
Screenshot der Petititon des Künstler:innen-Kollektivs „Die Schweigende Mehrheit“

Petition für TikTok-Verbot usw.

Seit wenigen Tagen läuft online eine Petition des Künstler:innen-Kollektivs „Die schweigende Mehrheit“ zu noch weitergehenderen Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche im digitalen Raum. Unter anderem heißt es in der Begründung: „In zähem Ringen zwischen den Plattformen und Vertreter*innen eines den Menschenrechten und Kinderrechten verpflichteten Internets wurden letztes Jahr EU-weit gültige Regeln beschlossen. Doch noch beschränkt sich die Praxis darauf, dass Plattformen gemeldeten strafbaren Content löschen müssen.

Damit wird die Verantwortung dafür, Jugendschutz und Strafrecht auch online Geltung zu verschaffen, den Kindern und Jugendlichen selbst zugeschoben. Sie selber müssen Verstörendes melden, nachdem sie es gesehen und identifiziert haben. Damit verstoßen Plattformen und auch Gesetzgeber*innen, die sie nicht angemessen regulieren, gegen die UN-Kinderrechtskonvention insbesondere gegen die Artikel 3, 4, 16, 17, 18 und 19, die Staaten dazu verpflichten, mit ihrer Gesetzgebung für das Kindeswohl, den Schutz der Privatsphäre der Kinder und den Schutz vor geistiger Gewaltanwendung, Schadenszufügung oder Misshandlung zu sorgen.

Wir sind überzeugt davon, dass sofortige Maßnahmen nötig sind, um Kinderrechte und Jugendschutz auch im digitalen Raum zu garantieren. Auch zum Schutze unserer Demokratie, damit junge Menschen ihr Weltbild aus gut recherchierten und juristisch verantworteten Informationen zusammensetzen können.“ – Mehr dazu in einem eigenen Beitrag, unten verlinkt.

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Großgruppenfoto aller anwesenden U19-Preisträger:innen

Todernste bis humorvoll-absurde digital-künstlerische Arbeiten Jugendlicher

Was wie ein Computer-Kriegsspiel beginnt, teilweise untermalt mit Beethovens Mondscheinsonate, ist ein dichtes, beklemmendes Video-Statement zwei Jugendlicher über die Brutalität und Sinnlosigkeit von Kriegen. Für „Totennebel“ bekamen Gabriel Berger und Valerian Hobel aus der HTL Rennweg (Wien) eine der Anerkennungen bei den Young Professionals, der Ältesten in der Jugendkategorie U 19 -Create Your World beim Prix Ars Electronica.

Obwohl es wohl kaum einen Tag gab, in dem nicht irgendwo auf der Welt Kriege geführt worden sind, drangen sie in den vergangenen dreieinhalb Jahren – Stichworte Ukraine und Nahost – auch wieder stärker ins Wahrnehmungsfeld in (Mittel-)Europa.

Und doch führt auch massive mediale Berichterstattung immer wieder zu Erscheinungen wie „Entmenschlichung von Kriegsopfern. Sie werden zu Zahlen oder zu Funktionen. Das ist die Thematik der Animation Totennebel“, heißt es in der Kurzbeschreibung des knapp mehr als einminütigen Videos.

„Das Maschinengewehr rattert vor sich hin auf ein Ziel, das man nicht sehen kann. Ebenso aus dem Nichts kommt plötzlich die Explosion, die alles auflöst, ohne Rücksicht auf persönliche Geschichten oder individuelle Perspektive. Der Stacheldraht rankt sich in den Schützengraben und lenkt die Gewehre der Soldaten, macht sie zu Marionetten ohne eigenen Willen“, meinte die Jury unter anderem in ihrer Begründung für den Preis an das kreative Duo, das hohe Professionalität in seiner digitalen Kunst zeigt.

Podcast über Memes

Sind Memes, die beliebten, meist witzigen kurzen Videos, die sich im Internet rasch verbreiten oder wie das im einschlägigen Sprech heißt „viral gehen“ nur „Brainrot“ (Gehirnfäule)? Dieser Frage widmen die beiden Schüler der HTL Wels Fischergasse, Ivan Pejić und Lukas Šokić einen informativen, interessanten und entsprechend dem Thema passend humorvollen 12-minütigen Podcast.

Wer nicht weiß, was Memes sind, findet hier leicht verständliche Antworten. Aber auch wer wissen mag, wie sie funktionieren. Was ein Meme braucht, um durch die Decke zu gehen, wie sie auch zu Geld gemacht werden können… – und so manche Beispiele vor allem über Ein-Wort-Memes – und das alles voller Sachinformationen und doch immer wieder mit sozusagen hörbarem Augenzwinkern. Voll authentisch in Jugendsprache und doch wieder sich selbst ein wenig auf die Schaufel nehmend.

„Nur Spaß oder schmelzen sie langsam unser Gehirn?“ stellen sie als Frage einander und an ihre Hörer:innen, warnen vor Gefahren durch Verstärkung von Vorurteilen mit dem Turbo Witz, diskutieren, wie sich KI (Künstliche Intelligenz) oder VR (Virtual Reality) auf die Entwicklung von Memes auswirken könn(t)en…

Last but not least: Goldene Nica

Zu guter Letzt darf natürlich die Vorstellung des Projekts, das mit dem Hauptpreis ausgezeichnet wurde, nicht fehlen. Wie in den Erwachsenen-Kategorien „New Animation Art“, „Artificial Life & Intelligence“, „Digital Musics & Sound Art“ wird auch die – der Jury (Vivian Bausch, Clara Donat, Jan G. Grünwald, Katharina Hof und Conny Lee) zufolge beste der 520 Einreichungen mit der Statue einer Goldenen Nica – nach der griechischen Siegesgöttin Nike und der im Pariser Museum Louvre ausgestellten Skulptur ohne Kopf, dafür mit Flügeln nachempfunden – samt Geldpreis ausgezeichnet.

„Eine Zumutung“

Schon mit dem Titel ihres 13¾-minütigen Videos versprühen Aleksa Jović und Nico Pflügler, die im Vorjahr „Gilbert Gnos Productions“ gründeten und dies auch zum Untertitel ihrer Filme mach(t)en, den schrägen Humor, der zwar nicht immer das Video, aber jedenfalls ihre Intention durchzieht: „Das Ziegenkäsemachen aus der Sicht der Ziege“.

Für den Katalog, die Ausstellung und die Website liest sich die Beschreibung entsprechend: „Nichts beginnt. Nichts endet. Alles fault. Das Ziegenkäsemachen aus der Sicht der Ziege ist kein Film, sondern eine Zumutung, eine letzte Zuckung des Mediums. Eine reglose letzte Ejakulation. Ein leises Stöhnen aus der Kehle eines Wesens, das vergessen hat, warum es je geatmet hat.“

Einem der Protagonisten im Film „wächst“ ein Ziegeneuter, aus dessen milchiger Flüssigkeit vielleicht Käse zubereitet werden könnte, Oberflächen lösen sich auf … Schräg, teilweise jenseitig, pubertär, unerklärlich, ja ratlos mag das Video auf Betrachter:innen wirken – übrigens erst ab 16, weshalb es in der Ausstellung hinter schwarzen Filzvorhängen gezeigt wurde. Und mit so manchem Filmzitat.

„So viel Schwachsinn, dass selbst…“

Und so sagten die beiden Gewinnern bei der Preisverleihung auch: „Die Hauptinspiration war der grandiose griechische Regisseur Girogos Lanthimos, der das Mainstream-Kino komplett aufrüttelt mit Filmen, die objektiv wirklich furchtbar sind. 2024 hat er „Kinds of Kindness“ rausgebracht, einen (fast) dreistündigen Film, der über gar nichts geht. Wir haben ihn uns gemeinsam angeschaut und danach gesagt: Unglaublich, dass so etwas existieren kann… das ist wunderbar.

Wir wollten unseren Film halt so machen, dass er dir vorsetzt, was du sowieso schon konsumierst, und das auf die Spitze treibt. Dass du, dass jeder Einzelne von euch so viel Schwachsinn konsumiert, so viel Dreck überall zu sehen ist, dass er selbst den Film „Das Ziegenkäsemachen aus der Sicht der Ziege“ konsumieren wird und sich bitte Gedanken macht, was dieser Film bedeutet.“

Damit bringt das Filmer-Duo in erdigeren Worten auf den Punkt, was sie in ihrer Beschreibung hochgestochener so formulierten: „Was hier gezeigt wird, ist nicht absurd, weil es sich der Logik widersetzt. Es ist absurd, weil es die Logik zu Ende denkt. Dieser Film legt das letzte Stadium einer Kultur offen, die nicht mehr zwischen Nahrung und Abfall unterscheiden kann, nicht mehr zwischen Lust und Folter, nicht mehr zwischen Kreatur und Gerät. Eine Heuschreckenkultur, die alles konsumiert, bis es nichts mehr gibt. Und dann dieses Nichts konsumiert.“

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Weitere U 19-Projekte (4)

Weitere U19-Projekte (3)

Da drinnen unter anderem das U19-Projekt SOMES (2)

Einige U19-Projekte (1)

Zu den U14-Projekten

Zu den U12-Projekten

Ein weiteres U12-Projekt

Zu den U10-Projekten

ars.electronica.art -> Totennebel

ars.electronica.art -> Podcast über Memes

Da das Video vom Ziegenkäsemachen erst ab 16 Jahren ist, wird es hier nicht direkt verlinkt, sondern mit Verweis auf YouTube.

Weitere Fotos von Preisverleihung und U19-Ausstellung

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Mehr Informationen
Kariaktur als Illustration zu ihrer Petition für Kinderrechte auch im digitalen Raum - mit einer Analogie zu Alkohol

Kinderrechte im digitalen Raum durchsetzen!

Im Zuge von Berichten über Workshops, Interviews mit Jugendlichen zum bewusste(re)n Umgang mit Smartphones, Bildschirmzeiten usw. berichtete Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… vor wenigen Tagen auch über die ORF-Aktion gemeinsam mit einem niederösterreichischen Gymnasium, bei der 69 Jugendliche begannen, für drei Wochen auf ihr Handy zu verzichten, was dann zwei Drittel auch die ganze Zeit durchhielten.

Seit Kurzem gibt es eine Online-Petition für strenge Einschränkungen von Social Media Kanälen für Kinder und Jugendliche. Gestartet von dem Künstler:innen-Kollektiv „Die Schweigende Mehrheit“ werden auf der Plattform #aufstehn Unterschriften für folgende Forderungen, die an den für Kunst, Kultur und Medien zuständigen Vizekanzler (Andreas Babler), den Bildungsminister (Christoph Wiederkehr) sowie die auch für Jugend (neben Familien, Integration und Europa) zuständige Ministerin Claudia Plakolm gesammelt, um sich in Österreich und auf EU-Ebene einzusetzen für:

Bild-Montage aus Social-Media-Logos und einem Verbotsschild mit der Schrift:
Bild-Montage aus Social-Media-Logos und einem Verbotsschild mit der Schrift: „Kein Zutritt unter 16“

Kurzfristig und in Österreich

Weiters heißt es in der Petition: „Da diese Maßnahmen rechtliche und politische Abstimmung und damit vermutlich einiger Monate bedürfen, fordern wir Sie auf, in Österreich sofort, ab heute, folgende Maßnahmen zu setzen und ausreichend zu finanzieren:

Mehrsprachiges Großplakate zu Kinderrechten
Mehrsprachiges Großplakate zu Kinderrechten

Kinderrechte

Die Initiative beruft sich in der Begründung ihrer Forderungen auf die Kinderrechte – verankert in der Kinderrechtskonvention – von der UNO-Generalversammlung am 20. November 1989 beschlossen. „Wir haben als Gesellschaft unsere Kinder und Jugendlichen in digitale Räume entlassen, in denen die Kinderrechte nicht gelten, in denen die Sozialen Medien sie süchtig machen und in denen sie vom Aufwachen bis in die Träume mit Inhalten konfrontiert sind, die nicht für Kinder geeignet sind und sie nachhaltig schädigen.“ Speziell wird Bezug genommen auf Artikel 19, in dem es heißt: „Die Staaten müssen das Kind vor körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung und Schadenszufügung schützen.“

Beispiele

In der umfangreichen erklärenden Begründung wird auf einige besonders krasse Beispiele und Fakten verwiesen, u.a.: „Echte und gefakte Videaufnahmen des Attentats in Graz machen seit Monaten die Runde. Nicht nur Erwachsene sahen diese verstörenden Bilder, sondern auch viele Kinder und Jugendliche…

TikTok ist Vorreiter bei der Verbreitung von „Rage Bait“, das ist Content, der durch die Provokation von Empörung und heftiger emotionaler Reaktion die Empfänger*innen überwältigt. Es sind strategisch eingesetzte Mechanismen der Unternehmen – auch Instagram, Facebook oder Snapchat nutzen ähnliche Strategien – um Nutzer*innen emotional an die Plattformen zu binden, die Verweildauer zu erhöhen und dadurch Werbeeinnahmen zu steigern…

Social-media-Posting
Social-media-Posting“ der österreichischen Assitej zum Kinderrechtetag

Viele, die sich für Beauty und Mode interessieren, haben die Videoaufzeichnung der Ermordung der Beautyinfluencerin Valeria Marquez in Mexiko vor laufender Kamera im Mai 2025 gesehen. Sogenannte „Pädohunter“ bewerben Lynchjustiz als Rettung vor Sexualstraftätern gegen die Polizei und Justiz angeblich nichts unternehmen würden. Religiöse oder rechtsextreme Fanatiker finden riesige Fangemeinden, denen sie mit Hetze gegen Eingewanderte oder gegen Andersgläubige oder gegen queere Menschen die Gehirne waschen. Frauenfeindlichkeit, Bodyshaming, Sexismus ist vor allem in den Kommentaren allgegenwärtig. Kinder sehen Aufnahmen von Kriegsgräueln in der Ukraine. TikTok-Challenges ermutigen zu gesundheitsgefährdenden Praktiken. Wer Tanz- oder Spaßvideos postet, muss mit kübelweisem Hass und Beleidigungen rechnen. Fast alle Jugendlichen bekommen politische Werbevideos hauptsächlich von Antidemokraten…“

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mein.aufstehn.at -> kinderrechte-im-digitalen-raum-durchsetzen

Besucher:innen spielen das Musik-Video-Game "Beat Aussault" in der U19-Ausstellung

Pendeln zwischen analoger und virtueller Welt

Jungs, die per Head-Sets verbunden, Online-Games zocken – damit beginnt das Video „Mal Treffen“ von neun Schülern der Handelsakademie St. Pölten. Und spielt gleich mit der Doppeldeutigkeit von „Treffen“ – mit Waffen im Animations-Spiel – und weil dieses doch fad zu werden droht mit realer Begegnung. Das dann gleich danach in fast bewegungslosen Bildern stattfindet. Laaaangweilig. Was tun? Die drei Protagonisten (Elias, Daniel und Felix) packen mobile Konsolen aus und beginnen zu spielen…

Für Drehbuch und Regie zeichneten Jonas und Andreas verantwortlich, Tobias und  Gregor haben gefilmt, Markus sorgte für den deutlich verständlichen Ton und ein zweiter Jonas hat die gefilmten Teile zum knapp mehr als 3½-minütigen Video montiert (Schnitt).

„Der Film, digital im Format 16:9 gedreht, erzählt einfühlsam von jugendlicher Suche nach Nähe, von Abschied und von der Kraft des Zusammenhalts – egal ob online oder im echten Leben. Dabei stellt er Fragen nach Realität, Freundschaft und den Möglichkeiten, die digitale Räume jungen Menschen heute bieten können“, bewertete die Jury und vergab eine der zehn Anerkennungen beim Prix Ars Electronica in der Unterkategorie „Young Professionals (14 bis 19 Jahre) in der Kategorie „U 19 – Create Your World“.

Ein echtes Kleidungsstück zu
Ein echtes Kleidungsstück zu „Detail in Life“ in der U 19-Ausstellung

Auf „kleine“ Dinge achten

In der U 19-Ausstellung hängen Kleidungsstücke mit aufgedruckten Fotos. Sophie Kurz, Modelschülerin der Ferrarischule in Innsbruck (Tirol) hat die Shirts mit weiten Ärmeln, die die Leichtigkeit im Alltag symbolisieren sollen, genäht und mit Fotos von Gebäuden und Orten aus ganz Österreich versehen, Fotos, die sie selbst und Brigitte Kurz aufgenommen haben. Das Intro und Outro zum dazugehörigen atmosphärischen Video, gedreht und montiert von Daniel Hoffmann, hat auch sie selbst beigesteuert.

Ihren Grundgedanken nennt Sophie Kurz: „Wahrnehmung auf die kleinen besonderen Details des Lebens zu lenken und diese wertzuschätzen: Das offene Fenster, durch das der Duft von Sommerregen hereinströmt. Das sanfte Spiel von Licht und Schatten in einer stillen Gasse. … Wie oft rauscht der Tag an uns vorbei, ohne dass wir ihn wirklich wahrnehmen? Wozu unsere Sinne, wenn nicht dafür, die Schönheit des Moments zu erleben? Einen Augenblick: Hören. Fühlen. Sehen – Bewusst!“, heißt es dazu auf der Ars-Electronica-Website.

„Sophie Kurz entwickelt in „Detail in Life“ eine ganz eigene Ästhetik und stellt diese in einem interdisziplinären Portfolio dar. Die Künstlerin verbindet Fotografie, Video, Text und Mode, um zum Innehalten und Nachdenken zu bewegen“, urteilte die Jury, die dafür ebenfalls eine Anerkennung vergab.

Musik-Game

Zwar ausschließlich ein animiertes Videospiel ist „Beat Assault“ von Nina Diewald (Gamedesignerin und Projektmanagerin), Leonard Dirnhofer (akustische Fedbacks), Lucas Hinteregger (Modellierungen), Lina Mottl (Konzept für die Modelle) und Mariella Pranjić (Programmierung). Aber zentrales Spiel-Element ist Musik. „Wer ein Instrument kann, ist klar im Vorteil“, verraten die Jugendlichen bei der U19-Preisverleihung im Rahmen des Ars Electronica Festivals in der Post City beim Linzer Bahnhof.

„Videospiele, die Musik ins Gameplay integrieren, sind zahlreich, die verschiedenen Varianten ebenso. Das Game „Beat Assault“ hat jedoch die Elemente von Musik und Gameplay in ganz neuer Form zusammengefügt. Es geht nicht nur darum, verschiedene Instrumente aufzusammeln und im richtigen Moment einen Ton zu spielen, wie man es aus anderen Spielen kennt, sondern man spielt hier auch gegeneinander. Es gilt, die gegnerischen Spieler*innen mit den Tönen zu treffen, wobei sich jedes Instrument unterschiedlich verhält. Die Kombination von Musik und PvP Gameplay, dazu die stimmige Grafik und das konsequente Design ergeben zusammen ein interessantes und innovatives Game. In „Beat Assault“ trifft eine gute Idee auf professionelle Umsetzung!“, meinte die Jury, die eine der zehn Anerkennungen bei den Ältesten der U19-Kategorie vergab.

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Wird fortgesetzt mit weiteren U19-Projekten, einschließlich dem Hauptpreis, der Goldenen Nica.

Weitere U19-Projekte

Da drinnen unter anderem das U19-Projekt SOMES

Einige U19-Projekte

Zu den U14-Projekten

Zu den U12-Projekten

Ein weiteres U12-Projekt

Zu den U10-Projekten

ars.electronica.art -> Mal Treffen

ars.electronica.art -> Detail in Life

ars.electronica.art -> Beat Assault

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Besucher:innen der U19-Ausstellung spieln schon mit einer weiterentwickelten Version des barrierefreien Brettspiels

Jugendliche entwickelten Projekte für mehr Barrierefreiheit

Ein weiterer „Happen“ über von der Jury (Vivian Bausch, Clara Donat, Jan G. Grünwald, Katharina Hof und Conny Lee) aus den 520 Einreichungen der Jugendkategorie beim Prix Ars Electronica „ausgezeichnet“ oder zumindest „anerkannt“ worden sind; heutiger Schwerpunkt: Barrierefreiheit; sowie zwei Projekte, die bereits im Frühjahr auch im Bundesfinale von Jugend Innovativ erfolgreich waren – und damals schon von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… beschrieben worden sind, eines davon kam schon in einer weiteren Story zum heutigen (15. September) internationalen Tag der Demokratie vor, SOMES, die einfache, übersichtliche Plattform unter anderem über das Abstimmungsverhalten der gewählten österreichischen Nationalratsabgeordneten – Link unten am Ende des Beitrages.
Genug der langen Einleitung 😉

Brettspiel mit weniger Barrieren

Was für die meisten einfach erscheint, stellt für so manche Menschen fast unüberwindbare Hürden dar. Ob Multiple Sklerose, Parkinson oder altersbedingte Bewegungseinschränkungen … – das Greifen von Schach- und / oder anderen Figuren gestaltet sich schwierig bis unmöglich. Das war alltägliche Praxis im Hause eines der Schüler des Projektteams „Boards without Barriers“ aus dem Mechatronik-Zweig der HTL Rennweg (Wien). Dessen Vater, an Multipler Sklerose erkrankt, brachte dessen Sohn auf die Idee, Figuren anders, leichter bewegen zu können.

Über Tasten am Rande des Spielfelds werden die Figuren nun bewegt. Wobei Samuel Brunner, David Chencean, Georg Kotzian und Michal Sysel bereits für die „U 19 – Create Your World“-Ausstellung den für den Bewerb eingereichten Prototypen verbessert haben – waren dort die Tasten doch noch recht eng beisammen, so weist die nächste Version schon deutlich noch weniger Barrieren auf.

Bildbearbeitung über Gesten und Sprache steuern

Ebenfalls mit einer Anerkennung belohnt wurde das Projekt von Benjamin Gruber, Schüler des Zweigs Medientechnik in der IT-HTL in Ybbs (Niederösterreich). Mit „Humanoid“ schuf er eine Version eines Bildbearbeitungsprogramms, das über gesprochene Sprache bzw. mit Hilfe von Gesten dank Unterstützung Künstlicher Intelligenz gesteuert werden kann.

Die Bewegungen der Hände werden per Kamera erfasst, wobei das Zusammenführen der Fingerspitzen einen „primed“-Zustand aktiviert, der mit einem Mausklick vergleichbar ist. Mit beiden Händen können virtuelle Boxen erstellt und verschoben werden. Deren Inhalt lässt sich anschließend per Sprachbefehl als Foto speichern. Ein sprachbasierter KI-Assistent reagiert auf englische Befehle wie „pin“, „fix“ oder „take a screenshot“ und gibt akustisches Feedback.

Vorstellung und Urkundenverleihung an Benjamin Gruber für
Screenschot aus „Humanoid“

Ziel des Projekts, heißt es in der Beschreibung, „war es, eine zugängliche, intuitive Softwarelösung zu entwickeln, die die Arbeit mit Bildern, etwa während Meetings oder Gruppenarbeiten, erleichtert. Langfristig soll „Humanoid“ die Grundlage für ein vollständig gesten- und sprachgesteuertes System für die Bildbearbeitung und Modellierung in 2D und 3D bilden.

Die Jury begründete die Anerkennung so: „Das Projekt beeindruckt durch seine innovative Kombination von Hand-, Gesten- und Gesichtserkennung mit Sprachsteuerung – umgesetzt als lokal laufende Python-Anwendung, die ganz auf immersive und intuitive Interaktion mit digitalen KI-Umgebungen setzt. Besonders hervorzuheben ist der Fokus auf Barrierefreiheit: Die Idee, Menschen mit Einschränkung durch gesten- und sprachbasierte Interfaces den Zugang zu digitalen Inhalten zu erleichtern, zeigt gesellschaftliches Bewusstsein und Weitblick. Obwohl sich das Projekt noch in einer frühen Entwicklungsphase befindet, überzeugt es durch technisches Verständnis und einen bemerkenswert eigenständigen Zugang. Humanoid überzeugt auch durch die vielversprechenden Anwendungsmöglichkeiten einer Weiterentwicklung. Die Kombination der eingesetzten Technologien – von MediaPipe über OpenCV bis zur sprachgesteuerten Interaktion – ist beachtlich!“

Bessere und leichtere Starthilfe für Drohnen bzw. Leichtflugzeuge

Eines von zwei Projekten, die es bei U 19 – Create Your World“ von den 520 Einreichungen ins Spitzenfeld geschafft haben und ausgezeichnet bzw. anerkannt worden sind, war auch schon im Frühjahr im Bundesfinale von Jugend Innovativ; und dort von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… besucht und beschrieben worden. Dort – in Wien in der einstigen Ankerbrot-Expedithalle hatte die Projektgruppe MagLift ihre Konstruktion sogar vor Ort aufgebaut und einen Flugversuch gestartet.

KiJuKU schrieb damals: „Was wie eine Art Abschussrampe am Stand von einem von sieben (!) Projektgruppen aus der HTL am Wiener Rennweg aussieht, ist auch eine solche – für ein drohnenartiges Kleinstflugzeug. Solche, die in größerer Ausführung, Dinge wie unter anderem Medikamente in Gegenden transportieren können, die verkehrsmäßig schlecht bis nicht erschlossen sind, brauchen bisher entweder große, schwere Akkus, um die Energie zum Start zu erreichen oder Startrampen mit Stahlseilzug. Womit – das stand dort nicht – natürlich auch, in anderem Sinn, Barrieren überwunden werden.

Ben Trumler, Max Zerovnik, Daniel Ezike und Philipp Weissenbach (HTL Rennweg) tüftelten, recherchierten, rechneten, konstruierten am Computer und kamen innerhalb von neun Monaten auf eine neuartige Lösung: Elektro-Magnetismus. Das Flugzeug wird auf die Rampe gesetzt, auf kurzer Strecke so beschleunigt, dass er abfliegen kann – ob per Fernsteuerung oder schon vorprogrammiert schwebt und fliegt die Maschine in Richtung Ziel.

Das ist aber noch nicht alles, die vier Schüler haben ihre Konstruktion sehr praktikabel gebaut: Die zerlegbaren Schienen der Abschussrampe und alles Drum und Dran – einschließlich der von ihnen gebauten Steuerung passen in eine Metallkiste, die nur 110 Kilo wiegt. „Wir haben die mit Leichtigkeit hier herein getragen“, erzählen sie im Gespräch mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…

Mehr über „MagLift – Where Innovation Takes Flight“ auf der projekteigenen – unten am Ende des Beitrages verlinkten – Homepage.

kijuku_heinz

Wird fortgesetzt mit weiteren U19-Projekten

Da drinnen unter anderem das U19-Projekt SOMES

Einige U19-Projekte

Zu den U14-Projekten

Zu den U12-Projekten

Ein weiteres U12-Projekt

Zu den U10-Projekten

ars.electronica.art -> barrierefreie Spielbretter

ars.electronica.art -> Humanoid

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maglift

Anstehen zur Wahl am Dienstag beim Veranstaltungszentrum in der Halle - in der Kinderstadt im Wiener Rathaus

„Hart erkämpfte Demokratie muss attraktiver und inklusiver werden“

„Dass wir in einer Demokratie leben können, ist ein hart erkämpfter Glücksfall und eine Riesenchance. Das sollten wir niemals wieder aus der Hand geben. Deshalb gilt es, unsere Demokratie noch widerstandsfähiger zu machen und sie lebendiger, solidarischer und inklusiver zu gestalten!“ Dies schreibt Alexander Pollak, Sprecher der NGO (Nicht-Regierungs-Organisation), in einer Aussendung an Medien zum internationalen Tag der Demokratie am 15. September, den die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNO) seit 2007 begeht.

Viele sehen derzeit – so ziemlich weltweit – demokratische Entwicklungen in Gefahr. Selbst demokratisch gewählte Politiker:innen zeigen autoritäre Tendenzen und drängen Errungenschaften von Demokratie, Rechtsstaat und Gewaltentrennung zurück.

Plakat der Kampagne #InitiativeWahlrecht der Wiener Jugendzentren
Plakat der Kampagne #InitiativeWahlrecht der Wiener Jugendzentren vor der Wiener Gemeinderatswahl, bei der mehr als ein Drittel junger Wiener:innen nicht wählen durften, weil sie nicht die österreichische Staatsbürger:innenschaft besitzen

Mehr Bürger:innen beteiligen

Konkret fordert SOS Mitmensch von der verantwortlichen Politik die bessere verfassungsrechtliche Absicherung der Unabhängigkeit der Justiz, die stärkere Förderung seriöser Medien, den aktiven Kampf für Verteilungsgerechtigkeit, den Schutz einer freien Zivilgesellschaft, den inklusiven Zugang hier lebender Menschen zu demokratischer Beteiligung, klare rote Linien gegen antidemokratische, rassistische, fundamentalistische und korrupte politische Kräfte sowie die stärkere Verankerung von neuen Formen der demokratischen Beteiligung, wie etwa Bürger:innenräten.

„Demokratie ist nicht perfekt und dennoch etwas Großartiges. Es ist die einzige Staatsform mit allgemeingültigen Freiheits- und Grundrechten, funktionierender Rechtsstaatlichkeit, vertrauenswürdigen Medien, einer freien Zivilgesellschaft sowie Schutz vor politischer, rassistischer oder religiöser Verfolgung. All das ist keine Selbstverständlichkeit und kein Selbstläufer, sondern Auftrag, für den Fortbestand und die Verbesserung der Demokratie zu kämpfen“, so SOS Mitmensch-Sprecher Pollak abschließend.

Verschiedene Ansichten des bebilderten Sachbuchs
Verschiedene Ansichten des bebilderten Sachbuchs „Wer hat hier das Sagen?“ – Titel- und Doppelseite und einzelne Bilder bzw. Illustrationen

Buch und Kinderstadt

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… veröffentlichte kürzlich eine Besprechung es Buches „Wer hat hier das Sagen?“, das umfangreich und doch leicht verständlich die unterschiedlichsten Staats- und Herrschaftsformen beschreibt – Link unten am Ende des Beitrages. Außerdem war und ist KiJuKU Teil des praktischen Demokratie-Lernens für Kinder in der Kinderstadt im Wiener Rathaus, wo 8- bis 13-Jährige unter anderem eine Tageszeitung gestalten – auch dazu.

Übersichtliche Plattform Jugendlicher über Abstimmungsverhalten der Parlamentarier:innen

Vor knapp mehr als einer Woche wurden Jugendliche beim weltweit wohl renommiertesten Preis für digitale Kunst, dem Prix Ars Electronica in Linz für ihre Web-Plattform SOMES (Social Media Frames) mit einer von zwei Auszeichnungen gewürdigt, überreicht vom Geschäftsführer des OeAD (Österreichs Agentur für Bildung und Internationalisierung, vormals AuslandsDienst), Jakob Calice. Schon im Frühjahr hatten die Schüler damit im Bundesfinale von Jugend Innovativ den dritten Platz in der Kategorie ICT & Digital erreicht.

Damals hatte Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… mit ihnen über ihr Projekt gesprochen und dies berichtet: „Politik – ein garstiges Geschäft, meinen viele. Nicht wenige in diesem aber entscheidenden Feld Tätige befördern dies durch ihr Agieren und / oder ihre Äußerungen. Was zu dem Phänomen führt, das „Politikverdrossenheit“ genannt wird, aber eher Politiker:innen-Verdrossenheit heißen müsste. Denn als der Schulsprecher der HTL Hollabrunn (Niederösterreich), Clemens Bauer, über seine Arbeit regelmäßig auf Social Media informierte, stiegen seine Zustimmungswerte enorm, berichtet er über die Anfänge des Projektes „Somes“ (Social Media Frames).

Gemeinsam mit den ebenfalls an Politik, insbesondere österreichischer Innenpolitik interessierten Mitschülern Tim Herbst, Florian Nagy und Lukas Zöhrer woll(t)en sie mit übersichtlicher, vereinfachter Darstellung von Fakten zum Beispiel über das Abstimmungsverhalten der 183 Abgeordneten im Nationalrat informieren statt polemisieren.

Die meisten der Plakate bei einer der Kundgebungen in Wien zur Unterstützung der serbischen Demokratiebewegunge sind hangeschrieben - oft in beiden serbischen Schriften: Lateinisch und Kyrillisch
Die meisten der Plakate bei einer der Kundgebungen in Wien zur Unterstützung der serbischen Demokratiebewegunge sind hangeschrieben – oft in beiden serbischen Schriften: Lateinisch und Kyrillisch

„Klar, auf der Homepage des Parlaments findest du viele Informationen, aber selbst wenn du – wie wir – interessiert bist, ist es schon seeeehr kompliziert“, meinen die Burschen und gaben auf dem Laptop an ihrem Stand den einen oder anderen Einblick in die übersichtlich gestaltete Website.“ Link weiter unten. Was sie natürlich in Linz im Rahmen der U19 – Create Your World-Ausstellung auf einem größeren Stand tun konnten. Und wo ersichtlich war / ist, dass am 11. Juli dieses Jahres – mit Ausnahme der Grün-Abgeordneten – alle anderen gegen die „Unterstützung der Demokratiebewegung in Serbien“ mit der Forderung nach einer „klaren Haltung der österreichischen Bundesregierung zu den jüngsten Entwicklungen“ gestimmt haben.

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QR-Code als Link zur Sammelausgabe der Kinderstadt-Zeitungen 2025 in Wienopolis im Wiener Rathaus
Mit diesem QR-Code geht es auch zur Sammelausgabe der Tageszeitungen in der Kinderstadt „Wienopolis“ 2025 im Wiener Rathaus, im August 2025

somes.at

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wiener-demokratie-tag

politik-lernen.at -> tagderdemokratie

demokratiewebstatt des österreichischen Parlaments

Doppelseite aus dem Bilderbuch "Ritter Glitter"

Ein Ritter der anderen Art

Knut ist noch sehr jung, klein und wurde eben zum Knappen. Was braucht’s, um ein Ritter zu werden und dann zu sein?

Roland, so der lehrmeisterliche Ritter, erklärt ihm Doppelseite für Doppelseite: stark sein, Rüstung und Helm haben, Schwert, „grimmig gucken“ (offenbar mit schielen auf den deutschen Buchmarkt), … und er „muss ein Pferd haben“ – wo die Illustratorin Ulrike Halvax am meisten ihre Lust an der Ironie ausleben konnte – so patschert lässt sie den Typen im Blech-Anzug aufs Pferd klettern 😉 – einfach herr-lich!

Dass Knut all das eher nicht will, zeigt Halvax in fast jedem der Bilder. Was er will, verrät ja schon der Titel des Bilderbuches (Text: Jörg Isermeyer): „Ritter Glitter“.

„Ich will lieber tanzen als kämpfen…. Lieber lachen als grimmig gucken…“ Damit reiht sich dieses Buch ein in eine doch schon beachtliche Anzahl von (Bilder-)Büchern, die gängige Klischees hinterfragen, durchbrechen und genau darauf Lust machen – einige Buch- und Theaterstück-Besprechungen dazu, vor allem rund um Glitter, Glitzer und so weiter unten verlinkt.

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Ritter Glitter“
Drei der vier Schülerinnen mit ihrem Küchenkastl mit digitalen Inhalten zum Thema "Die moderne Hausfrau"

Traditionelle Rollenbilder ganz unterschiedlich aufs Korn genommen

Nach den Berichten über die besten der 520 eingereichten Arbeiten von Kindern und Jugendlichen der Unter-gruppen U 10, U 12 und U 14 präsentiert Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… klarerweise – und wie angekündigt – die Top-Projekte von 14- bis 19-Jährigen der Kategorie „U 19 – Create Your World“ beim weltweit sicher renommiertesten Preis für digitale Kunst, dem Prix Ars Electronica, ausgehend vom „Museum der Zukunft“, dem AEC in Linz.

Da es bei den Ältesten (Young Professionals) immerhin zehn Anerkennungspreise, zwei Auszeichnungen und natürlich – wie auch in den (Erwachsenen-)Kategorien „New Animation Art“, „Artificial Life & Intelligence“, „Digital Musics & Sound Art“ – den absoluten Hauptpreis, die Goldene Nica gab, würde ein Beitrag zu lange und vielleicht unübersichtlich werden. Daher wird hier die Vorstellung der künstlerischen Arbeiten aufgeteilt, aber nicht nach Hauptpreis, Auszeichnungen und Anerkennungen, sondern zunächst für die ersten beiden Teile davon mit inhaltlichen Schwerpunkten; heute drei Projekte, die – zwei dezidiert, eines weitgehend – noch immer vorhandene, teils auch wieder zunehmende – überholte Geschlechter-Rollenbilder thematisieren, demaskieren und dies auf künstlerisch ziemlich unterschiedliche Art und Weise mach(t)en.

Schubladen

Klischees und Vorurteile sind oft mit dem Bild von „Schubladen“ verbunden. Dies war für Rosa Gottwald, Luna Hörstlhofer, Lucia Kottar-Trimmel und Barbara Reiter, Schülerinnen der Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt (Wien-Penzing) der Ausgangspunkt für die analoge Präsentationsfläche ihrer digitalen Arbeiten, denen sie den Titel „Die moderne Hausfrau“ gaben. Ein uraltes, weißes Küchenkastl – mit Laden und einem Glastüren-Schrank beherbergt die filmischen, bildlichen und hörbaren Recherche-Ergebnisse zum Wandel der Rollen von Frauen in den vergangenen knapp mehr als 100 Jahren – sortiert nach Laden:

Alte Werbeanzeigen und einengende Rollenzuschreibungen vor allem auf Küche ertönen und werden sichtbar in Lade 1. Schon daneben finden sich Dokumente des Kampfes um Gleichberechtigung. Doch aus der dritten Schublade wabbert der neue Social-Media Tradwife-Trend als Wiederauferstehung der alten Klischees in neuem Gewande auf.

Drei der vier Schülerinnen mit ihrem Küchenkastl mit digitalen Inhalten zum Thema
Drei der vier Schülerinnen mit ihrem Küchenkastl mit digitalen Inhalten zum Thema „Die moderne Hausfrau“

„Angreifbar“

Die Installation – der Kasten stand in echt und „angreifbar“ in der U19-Ausstellung in der Post City beim Linzer Bahnhof – reagiert auf Besucher:innen – je nachdem welche Lade sie ziehen oder die Glastüren im oberen Teil des alten Kastls öffnen.

„Mit ihrer Installation Die moderne Hausfrau gelingt es den Künstlerinnen, jahrzehntealte, komplexe gesellschaftliche Narrative zur Rolle der Frau mit künstlerischem Feingefühl und analytischer Klarheit zu durchleuchten. Zwischen historischem Archivmaterial, symbolischer Objektanordnung und aktuellen Social-Media-Phänomenen entsteht ein Raum, der nicht belehrt, sondern zum Nachdenken einlädt. Das Werk zeigt, wie tief verwurzelt bestimmte Rollenbilder sind und wie sie sich heute in neuem Gewand reinszenieren. Es ist politisch, poetisch und konsequent komponiert. Ein bemerkenswerter Beitrag, der überzeugend die Brücke zwischen Kunst, Gesellschaft und individueller Reflexion schlägt“, befand die Jury ((Vivian Bausch, die die U19-Ceremony moderierte, sowie Clara Donat, Jan G. Grünwald, Katharina Hof und Conny Lee) – und vergab dafür eine von zwei Auszeichnungen.

Rollen-Tausch

Kampfbetontes Fußballspiel im Turnsaal, heftige Beschimpfungen, auf den Boden spucken… – wer sich so in diesem Fall aufführt, sind Mädchen. Als zwei Buben mitspielen, werden sie belächelt und mit „geht’s ham Wäsch waschen!“ weggewiesen.

„Wenn’s sein muss“ nannten Schüler:innen des BRG Hallein (Salzburg) ihren knapp mehr als dreiminütigen ironischen Spielfilm. Mit dem immer wieder wirkungsvoll eingesetzten Trick „verkehrte Welt“ werden so mit einem kräftigen Schuss Humor versehene Rollenklischees aufs Korn genommen.

Die 16-jährigen Amelie, Antonia, Christoph, Felix, Halime, Jana, Leon, Leonie, Lucia, Lucie, Marie, Paul, Sebastian, Tristan, Viktoria, Zoia drehten den Film im Rahmen eines Workshops mit – wie auch andere Top-Projekte „Shoot your Short“ – und sorgten sowohl für die Protagonist:innen vor der Kamera als auch jene, die dahinter agierten oder das gedrehte Material montierten (Schnitt).

Immer wieder verblüffend, wie allein durch den Rollentausch klassisch – noch immer vorhandenes – Rollenverhalten der Lächerlichkeit preisgegeben werden kann – vielleicht viel wirksamer als „bierernste“ Vorhaltungen mit erhobenem Zeigefinger.

„Kaffee verkehrt“

Was übrigens schon vor mehr als einem halben Jahrhundert (1974) die DDR-Schriftstellerin Irmtraut Morgner im Kapitel „Kaffee verkehrt“ in ihrem 680 Seiten-Buch „Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz…“ (btb Verlag in der Verlagsgruppe Random House) schon vorgemacht hat, indem sie die Rollen in einem Kaffeehaus am Berliner Alexanderplatz vertauscht hat: „Als neulich unsere Frauenbrigade im Espresso am Alex Kapuziner trank, betrat ein Mann das Etablissement, der meinen Augen wohltat. Ich pfiff also eine Tonleiter rauf und runter und sah mir den Herrn an, auch rauf und runter. Als er an unserem Tisch vorbeiging, sagte ich „Donnerwetter“. Dann unterhielt sich unsere Brigade über seine Füße, denen Socken fehlten, den Taillenumfang schätzen wir auf siebzig, Alter auf zweiunddreißig… Ich ließ ihm und mir einen doppelten Wodka servieren und prostete ihm zu… In der Tür ließ ich meine Hand wie zufällig über eine Hinterbacke gleiten, um zu prüfen, ob die Gewebestruktur in Ordnung war…“

Grenzen ziehen

Gerade der letzte Satz der Autorin über den Griff an die Hinterbacke mit „verkehrten“ Rollen-Stereotypen knüpft einerseits an einem Teil des Inhalts im Video „Wenn’s sein muss“ an, wo Mädchen über einen knackigen Burschen-Po, sexy Hände eines anderen ablästern und schlägt die Brücke zu einem dritten hier vorgestellten Projekt, das es in die Top-Arbeiten bei „U19 – Create Your World“ geschafft hat: „Lines We Draw“. Die vier Schülerinnen der Graphischen Joy Grasser, Alica Hintermayer, Elina Kaufmann und Maya Neidhart bauten eine Installation mit einer weiblichen Schaufensterpuppe.

Insert zu
Insert zu „Lines we Draw“

Grenzverletzungen

In einer ersten Version wurden bei Berührungen der Figur über Sensoren Signale ausgelöst. Irgendwie kam den vier Jugendlichen dann – vor allem aufgrund von Interviews in denen viele über reale unangenehme unangebrachte Berührungen und oft davon ausgelöster eigener Art Lähmungen statt heftiger Widersprüche – diese Art der Interaktion erst recht nicht richtig vor. Die neue Version – schon in der U 19-Ausstellung in der Post City in Linz – reagiert via Kameras schon auf Annäherung an diese Puppe. Entsprechend der Grenzverletzung ertönen voraufgenommene Geschichten aus den Interviews.

Titelseite des Büchleins zur Installation und dem Projekt
Titelseite des Büchleins zur Installation und dem Projekt „Lines We draw“

Einige davon finden sich übrigens auch in einem broschürten Büchlein. Ein Zitat fasst vielleicht mit am heftigsten zusammen, was Opfer ungewollter Berührungen und Grenzüberschreitungen oft erleben: „Ich fühle mich, als würde ich für kurze Zeit meinen Körper verlassen. Ich empfinde alles und nichts gleichzeitig. Mein Kopf beginnt laut zu schreien, selber gebe ich aber keinen Mucks von mir. Ich verspüre Angst, Unsicherheit und Schwäche.“

Will kein wandelndes Sexualobjekt sein

Wobei derartige Grenzüberschreitungen oft schon viel früher beginnen. „Ich mag eine Straße entlang gehen, ohne als gehendes Sexobjekt betrachtet zu werden“, erzählte etwa Emilie Kutzenberger (ORG Hegelgasse, Wien) in ihrem Beitrag auf Deutsch und Dänisch beim mehrsprachigen Redebewerb „Sag’s Multi!“ vor ein paar Jahren (2020/ 21), in dem sie Femizide und die ihnen zugrunde liegende Struktur „eine Welt von Männern für Männer kreiert“ kritisiert.

kijuku_heinz

Wird fortgesetzt mit weiteren U19-Projekten.

ars.electronica.art -> die moderne Hausfrau

ars.electronica.art -> wenns sein muss

ars.electronica.art -> Lines we draw

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Die vier initiativen Schüler:innen für den Ballspielplatz bei der Preisverleihung in Linz

Analoge, Real-Life-Projekte plus digitale (Musk-)Videos

Die Kinder- und Jugendkategorie des Prix Ars Electronica, des wohl weltweit renommiertesten Bewerbs für digitale Kunst unterscheidet sich nicht nur vom Alter der Einreicher:innen her von den altersunabhängigen „New Animation Art“, „Artificial Life & Intelligence“, „Digital Musics & Sound Art“. Der Untertitel „create your world“ für den U19-Bewerb (aufgeteilt in U10, U12, U14 und eben 14 bis 19) umfasst unter den 520 Einreichungen (alle U19-Arbeiten) auch immer wieder analoge, real-life-Projekte, auch wenn sie „nur“ mit digitalen Videos begleitet werden.

Besonders eines der ausgezeichneten Projekte bei den U14 spielt(e) in der echten Welt, darum sei dieses hier als erstes vorgestellt; U10 und U12 gab es schon in früheren –  am Ende unten verlinkten – Beiträgen, die noch Älteren werden in weiteren Artikeln auf Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… vorgestellt; hier sind die 13- und 14-Jährigen dran – Hauptpreis, Auszeichnungen und Anerkennung.

„Verboten“

Also rein in die reale Welt: Karim Naim, Dominik Pichler, Mathilde und Lieselotte Prichenfried (Reihenfolge alphabetisch nach Nachnamen) spielten auf einer Wise in ihrer Wohnhausanlage in Wien-Brigittenau immer wieder Fußball. Was nicht alle Bewohner:innen schätzten. Schimpfereien bekamen sie zu hören. Die schrieben sie auf Zettel, schnitten diese als Sprechblasen aus und bauten sie in das nicht ganz zweiminütige Video ein, das sie über ihr Kicken – und eine folgende Aktion – ein.

Das Spannende kommt danach. Als ein Fußball-Verbots-Schild aufgehängt wurde, begannen sie einfach alle Bewohner:innen zu befragen und sammelten Unterschriften dafür, dass sie doch Ball spielen durften – mit der Verpflichtung, sich um den Rasen zu kümmern, Rücksicht auf Wände und Balkone zu nehmen sowie die Ruhezeiten einzuhalten. 41 von 43 Hausparteien unterstützten den Wunsch der Kinder, ihrem Bewegungsdrang in unmittelbarer Wohnnähe nachgehen zu dürfen. Was auch die Hausverwaltung überzeugte – bis spätestens 20 Uhr war nun das Kicken erlaubt.

Die – erfolgreiche – Aktion nutzten die genannten Kinder – und drehten darüber den Film „Über’s Redn kumman d’Leid zaum. Fußballspielen im Hof“ mit teils elterlicher Hilfe.

Doch bei der Preisverleihung im Rahmen des Ars Electronica Festivals in der Post City beim Linzer Bahnhof musste sie traurigerweise bekanntgeben: „Leider ist das Fußballspielen jetzt schon wieder verboten!“

Ironisch-bösartiger Weihnachtsmann

Der Hauptpreis bei den U14-Jährigen – wie auch die beiden anderen jüngeren Kategorien mit dem Untertitel „Young Creatives“, wurde von den Juror:innen an acht Schüler*innen der Allgemeinen Sonderschule Klosterneuburg für das Video „B-VENGERS“ vergeben. Begleitet und unterstützt von zwei Jugendsozialarbeitern (von OMAi – Office for Media and Arts International und GEH.BEAT Klosterneuburg) produzierten die Jugendlichen die animierte Geschichte eines Weihnachtsmanns, der während seinen Sommerurlaubs vom bösen, genialen Fritz, der von Weltherrschaftsfantasien geplagt ist, in ein überdimensionales Monster verwandelt wird. Dieses droht, die Stadt Klosteraltburg in Schutt und Asche zu legen. Und dies wird zum Fall für die B-Vengers – die Superheld:innen ohne Hirn.“

Sechs Wochen lang hatten die acht Schüler:innen an Charakteren und einem Plot dafür gearbeitet. Sie entwickelten dabei eigenständig Superhelden, denen sie Superkräfte, Namen, Aussehen und persönliche Schwächen (sozusagen ihr jeweiliges Kryptonit) gaben und gestalteten einen trashigen Katastrophen-Clip in der Tradition der B-Movies. Erstellt wurde alles mit einem digitalen Zeichenwerkzeug, das es ermöglicht, Figuren, Formen und Farben auf iPads zu gestalten und zu animieren. In der letzten Workshop-Einheit wurden die Szenen mit den Teilnehmenden live animiert und von ihnen vertont.

„Ein rotzfrecher, wunderbar absurder Animationsfilm, der das Superhelden-Genre auf links dreht – mit anarchischem Humor, visueller Klarheit und erzählerischem Tempo“, befand die Jury.

Auszeichnung für „Damma Zukunft – Ganz ohne Hass“

Wie der Titel des hier eingangs beschriebenen Projekts ist auch das zweite ausgezeichnete Video im Dialekt: „Damma Zukunft – Ganz ohne Hass“ entstand in der Sozialpädagogische Wohneinrichtung Schloss Leonstein (OÖ) – Projekt „Dammawos“ (Verein zur Förderung der Entwicklung von Jugendlichen in Jordanien, Tschad und Österreich).

In dem nicht ganz sieben-minütigen Musikvideo springen, laufen, singen – teils rap-artig gereimt – die Protagonist:innen und über die Wichtigkeit, Träume zu haben und diese, vor allem deren Realisierung, zu verfolgen. An einer Stelle heißt es: „Jeder braucht Träume. Ohne Träume wäre unsere Welt nur finster und hoffnungslos.“

An anderer: „Daraus können Ideen und diese wiederum riesengroß werden. Einst starben Menschen an kleinen Dingen, heutige Medizin kann vieles heilen…“ Die Jugendlichen transportieren in ihrem Traum-„Loblied“ aber auch die Botschaften „Denk in deinen Träumen nicht nur an dich, träum auch für ein gute Welt, für uns alle!

Insert zu
Insert zu „Damma zukunft – ohne Hass“ bei der Preisverleihung in Linz

Und diese „gute Welt“ definieren sie auch als eine „ohne Hass“, denn wir alle (die Menschheit) sitzt im selben Boot – filmisch umgesetzt in zerbrechlichen Papierschiffchen auf Wasser.

„Aufgenommen wurde alles mit Smartphones, den Beat hat das Team mit BandLab gestaltet und nebenbei die Melodie zum Refrain entwickelt. Das Cutting übernahm einer der Jugendlichen in mühsamer Kleinarbeit. Jedes Teammitglied hat mit seiner unverwechselbaren Art dazu beigetragen, den Rap zu dem zu machen, was er ist“, heißt es in der Beschreibung auf der Ars-Electronica-Website. Zur technischen Umsetzung meinte di Jury: „Die Kombination aus dem Einsatz digitaler Tools zum Generieren des Beats, dem Heranziehen von KI als Unterstützung beim Schreiben des gemeinsamen Refrains und den authentischen Stimmen ist jedenfalls sehr gelungen.“

Anerkennung für „KOMA“

Ein Jugendlicher wird von einer Lehrerin verbal niedergemacht. Aber auch als zwei Mitschüler:innen ihm ihre Hilfe anbieten, zeigt das Schauspieltalent mit einem Blick in die ferne Leere oder leere Ferne: „Ich versteh genau gar nix von dem, was ihr sagt!“

Und die wiederum agieren, als würden sie ihn und sein Verhalten nicht verstehen (wollen).

Dies sind die Ausgangs-Szenen eines heftig beeindruckenden Videos mit dem Titel KOMA der Halleiner Gymnasiast:innen Elias, Güven, Helena, Laura, Luca, Kaan, Muhammed, Paul, Simon, Simon, Sophia und Thomas. Kosta, so der geschilderte Protagonist, kann auch in einem Telefonat mit seinem Vater keine Unterstützung bekommen, der hat keine Zeit für den Sohn. Der psychische Stress überfordert den Jugendlichen mehr als, er spinnt sich in eskalierende Gedanken und vor dem Kaffee-, Kakao-Automaten in der Schule mit dem handschriftlichen aufgeklebten Zettel „kaputt“ überlegt er in Gedanken die Namen seiner Opfer…

Insert bei der Preisverleihung in der Linzer Post City
Insert bei der Preisverleihung in der Linzer Post City

„Im Rahmen eines Workshops mit „Shoot your Short“ setzten sie sich erstmals intensiv mit dem Medium Film auseinander. Dabei entwickelten sie gemeinsam die Idee zu ihrem Kurzfilm, übernahmen eigenverantwortlich Aufgaben in Regie, Kamera, Drehbuch und Schauspiel und lernten, ihre Vision als Team umzusetzen“, steht in der Beschreibung auf der Ars-Electronica-Seite. Zur Preisverleihung – Anerkennung in der (Unter-)Kategorie U14 konnten niemand von ihnen kommen.

Die Jugendlichen versahen ihren, teils im Dialekt gesprochene Szenen glich mit englischen Untertiteln und bauten einen türkischen sowie einen englischen Song ein.

Im Abspann blenden sie die Opferzahlen einiger School-Shootings (oft fälschlicherweise Amok bezeichnet, obwohl die alle ja geplant sind) ein und die Frage „Wo?“ mit der Antwort darauf: „Darum geht es nicht…“

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Fortsetzungen mit den Gewinner:innen der älteren Kategorien folgen.

ars.electronica.art -> B-Vengers

ars.electronica.art -> Über’s Redn kumman d’leid zaum

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ars.electronica.art -> Damma Zukunft – ohne Hass

ars.electronica.art -> KOMA

Sujetbilder aller acht Produktionen der neuen Saison im Theater der Jugend (Wien) und das TdJ-Logo

Zivilcourage und Antifaschismus mit Humor als Waffe

Mit einer üppigen quantitativen und qualitativen Bilanz über fast ein ¼ Jahrhundert seiner Direktions-Ära und dem Ausblick auf die letzte von ihm geleitete Spielzeit füllte Thomas Birkmeir die Medienkonferenz des Theaters der Jugend in Wien am Donnerstag um die Mittagszeit – neben dem Plakat mit dem Spruch „Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit!“.

Die acht Stück dieser Saison in den beiden Häusern Renaissancetheater und Theater im Zentrum sind weiter unten kürzest – mit den Ankündigungsfotos und -bildern – vorgestellt. Leitgedanke von ihm und seinem Stellvertreter in der Funktion künstlerischer Leiter sowie Chefdramaturgen Gerald Maria Bauer: „Die Protagonist*innen dieser Spielzeit kämpfen darum, gehört zu werden, begeben sich auf die Suche nach dem eigenen Ich, entdecken die Kraft des Mutig-Seins, überwinden Diskriminierung und lernen Toleranz, übernehmen Verantwortung und erfahren Zivilcourage. Dabei bezwingen sie auch echte Ungeheuer und lassen selbst das kleinste Ökosystem zur großen Weltbühne werden!“

Kampf um Demokratie

Neben der Vermittlung von Zivilcourage sei ein zweiter Pfeiler dieser, seiner letzten Saison, bei der Auswahl der Stücke antifaschistische Haltung gewesen, denn, so zitierte er den einstigen US-amerikanischen Präsidenten Dwight D. Eisenhower (1953 bis 1961): „Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf“; ein Spruch der übrigens vielfach – fälschlicherweise Goethe zugeschrieben wird.

Trotz oder gerade wegen der ernsten Themen angesichts der Weltlage und der im Land werden etliche dieser Stücke vom Element Humor als Waffe durchzogen sein, so Birkmeir; der übrigens mehrfach auf seine Nachfolgerin Aslı Kışlal und deren Stellvertreterin Bérénice Hebenstreit verwies – und diese sich am Rande des Mediengesprächs gegenüber Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… über die wohlwollende Aufnahme und vorbildliche Einarbeitungs- und Übergabezeit äußerte.

Fakten

Nun recht verknappt die Eckpunkte aus der Bilanz der Ära Birkmeir: 194 Produktionen, davon 58 Uraufführungen, 26 österreichische Erstaufführungen, 18 deutschsprachige Erstaufführungen, 4 europäische Erstaufführungen.
Hinter diesen Zahlen stehen Menschen: Beinahe 1.600 Darsteller*innen und 1.200 Mitglieder der Produktionsteams.
Und auf der „anderen Seite“: Mehr als 828.000 Abonnent*innen, davon mehr als 650.000 Schüler*innen aus Volksschulen, Mittel- und Oberstufen. Dazu kommen 117.000 Jugendliche und fast 60.000 Städter*innen mit eigenen Abonnements. 2,78 Millionen Tickets für Eigenproduktionen und 3,12 Millionen Tickets für zugekaufte Vorstellungen (in anderen Theatern; Stand Juli 2025) – insgesamt werden – nach Ende dieser Saison – etwa 6,1 Millionen Besucher*innen in den beiden Spielstätten, (Renaissancetheater und Theater im Zentrum).

Preise, Nominierungen, nachgespielt

Stolz verwies der TdJ-Direktor auf zahlreiche Nestroy-Theaterpreis-Nominierungen und -Auszeichnungen, Preise beim Deutschen Musical Theater Preis, Broadway-World Austria Awards und viele weitere Ehrungen. Außerdem „wurden viele unserer am Theater der Jugend entwickelten Stücke von anderen Theatern im In- und Ausland nachgespielt – ein Zeichen dafür, dass unser Wirken weit über die Stadt- und Staatsgrenzen hinausstrahlt“.

Vorige Spielzeit

Die Zahlen aus der vorigen Spielsaison präsentierte der kaufmännische Direktor Ronald Hora: 193.650 Besucher:innen, Auslastung: 95,59%, positives Betriebsergebnis – 160.000 Euro Überschuss, nunmehr 2,8 Millionen € Eigenkapital „auf der hohen Kante“; hoher Eigendeckungsgrad; über die vergangenen 24 Jahre im Schnitt an die 50 Prozent, wo andere Sprechtheater wenn’s hochkommt bei 20 bis 30 % liegen, manche sogar nur bei 8 Prozent.

Letztere Zahlen veranlassten Birkmeir dies sogar als „Schweinerei“ zu bezeichnen, dass die Subventionsgeber angesichts dieses hohen Eigendeckungsgrades nicht endlich den schon längst überfälligen Umbau des Publikumssaals im Renaissancetheater in Angriff zu nehmen. Schon in der Ära seines – erst vor wenigen Tagen verstorbenen – Vorgängers und Mentors Reinhard Urbach gab es dafür fix fertige Pläne und den Beginn – mit dem Umbau im Keller zu Proberäumlichkeiten.

Der langjährige Direktor des Theaters der Jugend, Thomas Birkmeir und seine Nachfolgerin (ab kommender Saison), Aslı Kışlal
Der langjährige Direktor des Theaters der Jugend, Thomas Birkmeir und seine Nachfolgerin (ab kommender Saison), Aslı Kışlal

2025/26

Acht Neuproduktionen, darunter zwei Uraufführungen, inklusive einem Musical, einer österreichischen Erstaufführung und fünf Premieren stehen auf dem Programm von Birkmeirs und Bauers letzter Saison, allerdings mit dem Wermutstropfen, der auch in den vergangenen Tagen für alle Wiener Bühnen erschreckend niedrigen Quote von Frauen – keine Autorin, zwei Regisseurinnen.

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Hier der Kürzest-Überblick über die acht Produktionen von 2025/26

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Ankündigungsfoto zu „Das Geheimnis der verzauberten Stimme“

Das Geheimnis der verzauberten Stimme
von Alan Ayckbourn / Deutsch von Inge Greiffenhagen
Regie: Nicole Claudia Weber
4. Oktober bis 16. November 2025
Ab 6 Jahren
Renaissancetheater

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Ankündigungsbild zu „Der Junge mit dem längsten Schatten“

Der Junge mit dem längsten Schatten
von Finegan Kruckemeyer / Deutsch von Thomas Kruckemeyer
Regie: Gerald Maria Bauer
10. Oktober bis 14. Dezember 2025
Ab 11 Jahren
Theater im Zentrum

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Ankündigungsbild zu „Der überaus starke Willibald“

Der überaus starke Willibald
von Willi Fährmann
Bühnenfassung und Regie: Sebastian von Lagiewski
11. Dezember 2025 bis 25. Jänner 2026
Ab 6 Jahren
Renaissancetheater

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Ankündigungsfoto zu „Die Verwirrung des Zöglings Törleß“

Die Verwirrung des Zöglings Törleß
nach Robert Musil
Bühnenfassung und Regie: Thomas Birkmeir
10. Jänner bis 20. März 2026
Ab 13 Jahren
Theater im Zentrum

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Ankündigungsfoto zu „König Gilgamesch – das größte Abenteuer der Welt“

König Gilgamesch – das größte Abenteuer der Welt
Bühnenfassung und Regie: Michael Schachermaier
Vorstellungen von 18. Februar bis 15. März 2026
Ab 6 Jahren
Renaissancetheater

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Ankündigungsgrafikzu „Er ist wieder da“

Er ist wieder da
von Timur Vermes
Bühnenfassung und Regie: Thomas Birkmeir
8. bis 29. April 2026
Ab 13 Jahren
Renaissancetheater

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Ankündigungsbild zu „Wolf“

Wolf
von Saša Stanišić 
Bühnenfassung und Regie: Claudia Waldherr
18. April bis 21. Juni 2026
Ab 11 Jahren
Theater im Zentrum

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Ankündigungsbild zu „Die Wiese“

Die Wiese
Musical von Thomas Zaufke (Musik) und Peter Lund (Text)
Regie: Peter Lund
Vorstellungen von 19. Mai bis 21. Juni 2026
Ab 6 Jahren
Renaissancetheater

tdj.at -> spielplan-2025/2026

Leopold Kastler in der Ausstellung bei der Vitrine mit seinem handlichen, sauberen Kleinstkraftwerk

Tragbares, sauberes Kraftwerk und Karton-/Roboter-Modell einer Green City

Klein, handlich, tragbar – und kraftvoll, das ist WWS Power Cube, mit dem der Oberösterreicher Leopold Kastler (12) den Hauptpreis bei den U12 in der Prix-Ars-Electronica-Kategorie U 19 – create your world gewonnen hat.

In ein Holzgestell mit Metallfüßen hat der junge Erfinder aus scharfkantigen Metallplatten ein Wasserrad eingebaut, oben drauf zehn 5×5 Zentimeter kleine Solarzellen und an einer der Würfel-Seiten eine Halterung für eine Wind-Turbine. Auf der gegenüberliegenden Seite eine Halterung für die Rotorblätter sowie eine zusammenlegbare Zeltstange. In einem Video ist zu sehen, wie er diese Teile von seinem kleinen Wasser Wind Sonne Kraftwerk entnimmt, sie in wenigen Augenblicken zusammenbaut, den „Cube“ in einen Bachlauf stellt und so mit Hilfe dieser drei erneuerbaren Energien eine Powerbank in der Lade seines Energie-Würfels lädt.

Bei der Preisverleihung während der U19-Ceremony in der Post-City am vorletzten Tag des diesjährigen (2025) Ars Electronica Festivals – und im Video – meinte er locker, deswegen auf diese Idee gekommen zu sein, „weil ich hab gewusst, im Sommer fahren wir auf eine Alm und dort gibt’s keinen Strom“.

Der Power Cube stand in der U19-Ausstellung in einer Vitrine, war also nur von allen Seiten zu bestaunen, ohne ihn in Funktion zu sehen. Und Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… verriet er, dass das kleine Kraftwerk dann doch nicht mit in den Sommerurlaub kam, weil es eben schon für die Ausstellung beim Festival geparkt war. Es habe aber dann doch Strom vor Ort gegeben.

KiJuKU wollte auch noch wissen: „Hat auf Anhieb alles geklappt oder traten bei der Konstruktion unerwartete Hindernisse auf?“
Leopold Kastler: „Beim Wasserrad gab’s am Anfang Probleme mit dem Kugellager, aber das hab ich schnell lösen können!“

Für das Wasserrad hat er übrigens eine hölzern Schutzvorrichtung für den Transport gebaut. Derzeit besucht Kastler den Robotik-Zweig des Linzer BRG Fadingerstraße. Der diesjährige Preis ist übrigen schon sein dritter Hauptpreis beim Prix Ars Electronica.

Auszeichnung für „Handy Stopp“

Über die Handy-Box mit schlagendem Händchen und das (selbst-)ironische Werbevideo dazu hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… schon berichtet – dazu geht es hier:

Anerkennung für „Unsere GreenCity“

Aus Kartons einer- und Robotern andererseits bauten der elfjährige Levin Du und der 12-jährige Chenming Wu aus Wien ihre utopische Traumstadt. Alle Energie ist erneuerbar – Solarpaneele auf jedem Haus, Windräder am Stadtrand, Autos und Handys laden sich kabellos auf, Energie ist teilbar. Es gibt mobile Batterien in den Windrädern, die man mit nach Hause nehmen kann. Autos können Häuser aufladen oder sich gegenseitig mit Energie versorgen. Und Straßenlaternen leuchten nur, wenn jemand vorbeigeht.

Das Modell der Gren City, zusammengestaucht, in einer Vitrine in der U19-Ausstellung in der Post City beim Linzer Bahnhof
Das Modell der Gren City, zusammengestaucht, in einer Vitrine in der U19-Ausstellung in der Post City beim Linzer Bahnhof

Alle Funktionen werden mit Microbit gesteuert – Roboterautos, Laufroboter, Greifarm und Windrad. Das Auto fährt auf einer Linie und aktiviert mithilfe eines Magneten die Lampen in den Häusern. Die Kommunikation zwischen den Robotern erfolgt über Funk. Wenn das Windrad Strom erzeugt, sendet es eine „1“ an das Auto. Das Auto fährt los und sendet bei Ankunft eine „2“ an den Laufroboter, der die Solarleuchten aktiviert und eine „3“ an das Pinguin-Licht sendet, das fröhlich leuchtet, woraufhin der Greifarm startet und viele künstliche Schmetterlinge als Symbole für saubere Energie freilässt.

Seit zwei Jahren programmieren beide, der Ältere schon Gymnasiast, der Jüngere noch Volksschüler (als sie das Projekt eingereicht haben). Und sie senden mit ihrer Arbeit, die bei der Ausstellung ein wenig zusammengestaucht in einer Vitrine zu sehen war – komplett samt detaillierter Erklärung ist es in ihrem Video (knapp mehr als drei Minuten) zu sehen (am Ende verlinkt), eine Botschaft: „Wenn Kinder aus Pizzakartons eine funktionierende Stadt bauen können, dann können Erwachsene es erst recht weltweit umsetzen!“

kijuku_heinz

Fortsetzungen mit den Gewinner:innen der älteren Kategorien folgen.

ars.electronica.art -> WWS Power-Cube-Video

ars.electronica.art -> GreenCity-Video

U10-Preisträgerin Nea Geršak in der U19-Ausstellung zwischen Ausschnitt aus dem Video und ihrem gemalten Bild

Zeichnerin zwischen realen Bildern und KI Video, Comic-Buchproduzent und Schulprojekt zu Nachhaltigkeit

Ausgehend von einem abstrakten Bild mit bunten Acrylfarben gestaltete die 8-jährige Nea Geršak mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) ein Video, das sie in eine märchenhafte Waldlichtung mit Fuchs und Reh beamt und aus der heraus sie auf die Betrachter:innen zu schwebt. „PA1NTING“ brachte ihr den Hauptpreis bei den Unter-10-Jährigen in der U19 – create your world Kategorie beim renommierten Prix Ars Electronica.

Am vorletzten Tag des Festivals mit weltweiter Bedeutung wurden in einer eigenen Zeremonie die 23 Preise bei den Young Creatives (U10, U12, U14) sowie den Young Professionals (14 bis 19) vergeben. Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr stellt alle vor – der leichteren Übersichtlichkeit und Lesbarkeit in „Häppchen“ nach den vier Alters-Untergruppen, beginnend heute mit U10; wobei ganz stimmt’s nicht, ein Beitrag aus der Gruppe U12 ist schon seit einem Tag online, weil „Handy Stopp“, das humorvolle Video samt Prototyp einer Schlaghand bei zu langem Smartphone-Gebrauch, zu einem thematischen Schwerpunkt am Wochenbeginn gepasst hat – Link dazu unten am Ende des Beitrages.

In Bilder versinken

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… vertraut die Preisträgerin an, „ich hab schon mit zwei gern gemalt und ab so ungefähr 3½ abstrakt. Beim Malen versink ich oft so richtig in die Bilder rein.“

KiJuKU will dann noch wissen: „Wenn du malst, hast du dann vorher schon eine Vorstellung wie dein Bild ausschauen soll oder malst du einfach drauflos?“

Nea Geršak: „Manchmal hab ich vorher schon eine Vorstellung davon und manchmal mal ich drauflos. Bei diesem großen Bild hab ich zuerst immer geschaut, welche Farben zusammenpassen und dann an verschiedenen Ecken gemalt. Und als ich die große grüne Stelle da oben hatte, ist mir der Titel für das Bild eingefallen: Lichtung Märchenwald.“

Und der wurde zum Ausgangspunkt für das mit KI erstellte Video, wo sie, pardon eine KI-Version ihrer selbst, auf einer märchenhaften Waldlichtung auftritt. Ihr KI-Zwilling sagt dann in dem knapp 1½ -minütigen „genau so habe ich es mir vorgestellt“. Nach einem drohnenartigen Flug über den Wald landet sie wieder in ihrem Zimmer, um das auf dem Boden fertig gemalte Bild auf die Staffelei zu stellen (Link zum Video unten am Ende des Beitrages).

„Meine Mama stellt meine Bilder auf Instagram, ich bin ja noch zu jung, um dort sein zu dürfen, aber sie zeigt mir immer vorher, was sie online stellen will, und fragt mich, ob ich damit einverstanden bin.“

Eine philosophisch-kulturpolitisch reife Aussage tätigte Nea Geršak bei der Preisübergäbe – siehe verlinktes Video am Ende des Beitrages: „Kunst ist für mich wie eine andere Welt,. in die ich eintauchen kann. Ich kann meine Gefühle und meine Gedanken darin ausdrücken. Es gibt kein Richtig und kein Falsch, deswegen liebe ich Kunst.“

Auszeichnung für kreativen Comic-Zeichner

„Wenn ich eine schöpferische Phase hab, schaff ich an einem Tag sogar drei Seiten, aber sonst jeden Tag eine Seite“, verrät der zehnjährige quirlige Oberösterreicher Ilias Christoph Pernsteiner. Mit seinem Comic „Der rote Rächer“ wurde er bei den Jüngsten (U10) ausgezeichnet. Seine Hauptfigur, ein Archäologe, kämpft gegen alle möglichen Bösewichter, manche mit bekannten, leicht veränderten, Namen – etwa der Rote Godzilla, Zombies und einen Schwarzen Professor. Hilfe und Unterstützung bekommt er von einem Mädchen, namens Die Neunte.

„In starken, dynamischen Bildern erzählt er eine Superhelden-Story mit originellen Bösewichten. Das Timing der Story und die Framekomposition schaffen Spannung und Drama, fand die Jury (Vivian Bausch, die die U19-Ceremony moderierte, sowie Clara Donat, Jan G. Grünwald, Katharina Hof und Conny Lee).

Schon 12 Bände

„Zuerst denk ich mir ungefähr die Geschichte aus, dann leg ich mit dem Zeichnen los, erst mit dem Bleistift, dann mit Fineliner und dann mit Farben“, schildert er den Arbeitsprozess. Und fügt noch schnell hinzu, „ich hab schon 12 Bände gezeichnet“. Außerdem hat er dazu auch schon eine Homepage, „da hat mir der Papa und eine KI geholfen“.

Dass er unter die ersten zehn kommen würde, „hab ich vermutet, aber dass es eine Auszeichnung wird nicht. Das haben wir erfahren, als wir in Wien bei einem Ausflug waren. Es hat ziemlich geregnet und da waren wir nicht so gut drauf. Wir haben auf eine Straßenbahn gewartet, da hat der Papa die eMail gekriegt, dass ich die Auszeichnung bekomm, dann war alles gleich ganz anders!“

Drei zentrale Charaktere im Comic
Drei zentrale Charaktere im Comic „Der rote Rächer“

Podcast

Die Geschichten gibt’s übrigens nicht nur gezeichnet, sondern auch zu hören als Hörspiel-Podcast – alles über seine Homepage, die natürlich unten am Ende des Beitrages verlinkt ist.

„Der Rote Rächer“ entstand im Vorjahr, aber schon davor, ab 7 Jahren, hat er eigene Bücher fabriziert und obendrein spielt er seit drei Jahren Harfe.

Auf seiner Homepage schreibt er über sich unter anderem: „Ein besonders großer Dank gilt auch meiner Mutter, die in mir die Liebe zum Lesen, Zeichnen und Malen geweckt hat und außerdem meiner Schwester, die mich immer wieder zu neuen Ideen inspiriert hat. Außerdem möchte ich mich noch bei dem Autor des Buches „Die Kunst des Zeichnens“ bedanken, da dieses Buch der Grundstein für meine Heldenidee war.“

Objekte aus dem Projekt
Objekte aus dem Projekt „Green Food“ in der U19-Ausstellung in der Post City

Anerkennungspreis für „Green Food“, ein Schulprojekt in vielen Techniken zum Thema Nachhaltigkeit

Eine Anerkennung gab es bei den Unter-10-Jährigen für eines der vielen Projekte nicht nur beim Prix Ars Electronica von Kindern und Jugendlichen mit dem Grundgedanken Nachhaltigkeit und ökologischerem Umgang mit der (Um-)Welt. Kinder der Mehrstufenklasse (3. und 4. Schulstufe) der Europaschule Linz dachten über „Green Food“ nach, kombinierten in ihren Bildern, Modellen und ihrer Installation zu einer Landwirtschaft ohne Pestizid-Einsatz und, um weniger Flächen zu verbrauchen, vertikal angeordneten Feldern programmierbare Lego-WeDo-Roboter, Programmier-Tools und Software wie Scratch und Logic, Modulbausätzen wie MakeyMakey und 3D-gedruckte Elemente.

Technik, Umweltbewusstsein und Kreativität sind die Elemente der fächerübergreifenden Projektarbeit, in der sie Wissen sammelten und dieses anschaulich an andere vermitteln.

„Das äußerst komplexe Projekt ist bis ins Detail durchdacht und in sich stimmig“, meinte die Jury und vergab die Anerkennung bei den Jüngsten, nicht zuletzt für den Inhalt dieser Arbeit.

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Fortsetzungen mit den Gewinner:innen der älteren Kategorien folgen.

ars.electronica.art -> Video Pa1nting

roter-raecher.at

ars.electronica.art -> greenfood

Schüler:innen müssen natürlich mit ihren Handys abstimmen

„Schon vieles gewusst, aber…“

KiJuKU: Da Sie alle ja mit SmartPhones aufgewachsen sind und sich sicher auch schon so manchen Gedanken über Ihre eigene Nutzung gemacht haben, und Vieles davon haben Sie ja schon in den eingebauten Mentimeter-Umfragen abgestimmt, frage ich „nur“, hat dieser, teils interaktive, Vortrag für Sie überhaupt etwas Neues gebracht?
Julia B.: Vieles wusste ich natürlich schon, aber dass zu viel Handynutzung kurzsichtig machen kann, war für mich neu. Und auch, dass man gut auf die Körperhaltung aufpassen soll, weil das später mal Folgen haben kann. Der Vortrag hat mich jetzt wieder zum Denken angeregt, dass ich meine Handynutzung vielleicht überdenke und reduzieren werde und dafür mehr Zeit draußen verbringe. Also ich fand’s sehr interessant.
KiJuKU: Und was sind die Beweggründe, dass Sie’s überdenken wollen?
Julia B.: Naja, meine Freizeit im virtuellen Raum zu verbringen und draußen zeiht so das schöne Leben vorbei, das find ich dann ein bissl schade.

Wortwolke, wer welche Apps nutzt
Wortwolke, wer welche Apps nutzt

Tobias: Mich hat vor allem der gesundheitliche Aspekt sehr gefesselt. Man weiß es eh irgendwo im Hinterkopf, dass es für den Nacken nicht so gut ist. Aber dann Zahlen zu hören und zu wissen, was es noch für körperliche Konsequenzen haben kann, das ist der Punkt, der mich am meisten interessiert hat.

Julia H.:  Ich glaub, ich kann den beiden auch nur zustimmen. Ich glaub, jede und jeder von uns weiß, wie’s um unsere Handynutzung steht, deswegen fand ich den Vortrag sehr angenehm. Ich fand gut, das in Erinnerung zu rufen, wie drastisch das mit der Handynutzung in unserem Alter ist. Deswegen fand ich bei den Abstimmungen interessant, wie’s anderen geht, wie viele eigentlich über acht Stunden täglich sind. Natürlich waren auch die gesundheitlichen Aspekte sehr interessant zum Zuhören.

Studie über Handynutzung von 15-/16-Jährigen
Studie über Handynutzung von 15-/16-Jährigen

KiJuKU: Noch jeweils eine kurze Zusatzfrage, wie schätzen Sie selber ihren täglichen Handy-Stundenverbrauch ein?
Julia B.: Was ich bei der Abstimmung gesehen habe, war ich glaub ich ganz gut dabei, ich schau schon, dass ich da drauf achte, ich würd mich bei 2 bis 2½ Stunden einordnen.

Julia H.:  Bei mir ist’s schon ein bissi höher, aber auch noch gering, so 3 bis 4 Stunden.

Tobias: Ich glaub, ich stech da ziemlich heraus, ich hab so durchschnittlich so um die acht Stunden pro Tag. Ich weiß, dass das zu viel ist, aber ja…

kijuku_heinz

Über den interaktiven Vortrag in der HAK/HASch Tulln (NÖ)

Interview mit der Vortragenden

„Handy Stopp“ – ein ausgezeichneter Beitrage von Salzburger Schüler:innen beim U19-Prix-Ars-Electronica

Wortwolke, wer welche Apps nutzt

Handys als freiwillige „Gefängniswärter“?

Was bewirken TikTok-Videos, Spiele, Social-Media-Kanäle? Wie fesseln sie ihre Userinnen und User? Wie schätzen Jugendliche selber ihre eigenen tägliche Stundenanzahl, die sie am und mit dem Smartphone verbringen ein? Fühlen sie sich abhängig oder haben sie ihren Konsum im Griff? Lassen sie sich durch das Smartphone leicht von anderen Aktivitäten ablenken? Gibt es Auswirkungen auf Körperhaltung, Augen, Schlaf(-mangel), Psyche?

Immer wieder stellt Smartphone-Coach Andrea Buhl-Aigner, vor den Slides mit Head-Set auf und abgehend den sitzenden Schüler:innen der Handelsakademie Tulln (Niederösterreich) Fragen, die sie via Handys und dem Abstimmungstool Mentimeter beantworten können. Oder auch über Wortwolken, welche Apps sie nutzen – Snapchat und TikTok werden am größten; wie sich ihr Körper nach ein paar Stunden vor dem Bildschirm anfühlt – müde rangiert vor normal, entspannt sowie erschöpft…

In den Vortrag baut Smartphone-Coach Buhl-Aigner neben Frage immer wieder Fakten aus wissenschaftlichen Erkenntnissen, das eine oder andere auch aus ihrer früheren Tätigkeit auf der anderen Seite, im Marketing, wo genau darauf gesetzt wird, User:innen möglichst abhängig zu machen – über Gefahr von Kurzsichtigkeit, wenn die Augen sozusagen auf dem Display picken, Ablenkung, wenn Konzentration erforderlich ist  etwa im Straßenverkehr, oder körperliche Fehlhaltungen vieler Nutzer:innen ein.

Vieles wussten die Jugendlichen schon, aber…

Wie drei der Schüler:innen in kurzen Interviews mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… – siehe eigener, unten verlinkter Beitrag – meinten -und dafür sprachen sie sicher für viele ihrer Kolleg:innen: Vieles davon wussten wir eh, aber manches mache schon Sinn, nochmals in Erinnerung gerufen zu werden…

Die Vortragende beherzigt unausgesprochen den Grundsatz „nicht mit dem Zeigefinger!“ Schon vor mehr als 30 Jahren sagte und schrieb der damalige Direktor des Theaters der Jugend, Reinhard Urbach, der wie Montag bekannt wurde, vorige Woche gestorben ist: „Wer Jugendlichen mit dem Zeigefinger kommt, dem strecken sie den Mittelfinger entgegen!“

Vertreterin der
Vertreterin der „Handy-Stopp“-Projektklasse mit U19-ceremony-Moderatorin

U12-Auszeichnung beim Prix Ars Electronica

Mit einem (selbst-)ironischen Video und dem Bau eines auch nicht ganz ernst gemeinten Prototypen namens „Handy Stopp“ gewannen 13-Schüler:innen einer zweiten AHS-Klasse aus Salzburg in der Vorwoche die U12-Auszichnung in der Kategorie „U 19 – Create your World“ in Linz beim weltweit renommierten Prix Ars Electronica – eigener Beitrag dazu unten verlinkt.

Screenshot der ORF-Homepage zur Ankündigung des DOK1-Beitrages
Screenshot der ORF-Homepage zur Ankündigung des DOK1-Beitrages „Drei Wochen Handy-Entzug: Das Experiment“

Dok1: Drei Wochen Handy-Entzug: Das Experiment

„Bereits die ersten Tage zeigen Erschreckendes: viele der Jugendlichen berichten von Entzugserscheinungen. Von Kopfschmerzen, Unruhe, Nervosität, Aggressionen und Phantomklingeln“, heißt es in der Ankündigung der Dok1-Sendung auf ORF1 (Mittwoch, 10. September 2025, 20.15 Uhr; Link unten am Ende des Beitrages). 69 Schüler:innen des OberstufenRealGymnasiums Gänserndorf verzichten freiwillig für ein TV-mäßig begleitetes „Handy-Fasten“ – drei Wochen lang.

„Um möglichst nah in die Gedanken- und Gefühlswelt der Jugendlichen eintauchen zu können, hat sich Lisa Gadenstätter (Moderatorin und Gestalterin) etwas Besonderes einfallen lassen. Die Jugendlichen bekamen kleine Kameras, um auch zu jenen Zeiten ihre Gedanken mitteilen zu können, in denen die Dok 1-Crew nicht dabei ist. Außerdem konnten sie ihre Gefühle, Sorgen oder Ängste in offline-Tagebücher eintragen…

Nach 4-5 Tagen sind die Entzugserscheinungen verschwunden. Die Jugendlichen entdecken die positiven Seiten des Handyverzichts. „Ich habe ein Buch gelesen“, „Ich habe mich mit meinen Eltern unterhalten“, „Ich höre plötzlich Vögel zwitschern“. Aussagen wie diese lassen aufhorchen. Die Jugendlichen schlafen besser und sprechen von einer neuen Freiheit, die sie kennenlernen.“

Nach dem Film über das Experiment gibt’s übrigens ein Gespräch darüber – Talk: Wir müssen reden“ und danach eine Reportage aus dem Vorjahr „Smartphone-Verbot für Spaniens Kinder?“

kijuku_heinz

Interview mit drei Schüler:innen der HAK Tulln

Interview mit der Vortragenden

„Handy Stopp“ – ein ausgezeichneter Beitrage von Salzburger Schüler:innen beim U19-Prix-Ars-Electronica

Viele Fotos aus der Smartphone-Coaching-Veranstaltung in der HAK Tulln

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Mehr Informationen

orf.at -> dok-1 – Handyfasten

orf -> Talk zum Handythema

orf -> Smartphoneverbot für Spaniens Kinder?

smartphonecoach

saferinternet -> smartphone

Smartphone-Coach Andrea Buhl-Aigner (rechts) im Interview mit KiJuKU-heinz

Vom Marketing zum Smartphone-Coaching

Andrea Buhl-Aigner war jahrelang im Bereich Marketing bzw. digitale Kimmunikation für Unternehmen aber auch NGO tätig. Heute tritt sie in phasenweise interaktiven Workshops für Schüler:innen, Lehrer:innen und Eltern auf, um bewusste(re)n Umgang vor allem mit Smartphones zu thematisieren. Außerdem bietet sie Seminare von Crash-Kurs bis zu „fit“ an und betreibt die dazugehörige Website. In der ersten Schulwoche war sie zwei Tage lang für Jugendliche und Pädagog:innen (im Rahmen von SchilF – Schulinterne Fortbildung) der Handelsakademie und -schule Tulln (Niederösterreich) im Einsatz, Ende September spricht sie dann vor Eltern dieser Handelsschule und -akademie. Workshops, Unterlagen, Vorträge, Kurse und vieles mehr rund ums Smartphone auch für Eltern von (Klein-)Kindern gehören auch zu ihren Angeboten.

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… war bei einer Doppelstunde für die Abschlussklassen dabei – eigener Bericht, am Ende verlinkt, berichtet darüber, hat drei Schüler:innen interviewt – ebenfalls eigener, unten verlinkter Beitrag – und führte mit ihr ein Interview.

KiJuKU: Du warst früher im Marketing tätig und hast, wie du sagst, die Seiten gewechselt. Warum und inwiefern?
Andrea Buhl-Aigner: Je länger ich diese Jobs gemacht und alle möglichen Tools unreflektiert verwendet habe, desto mehr war ich erstaunt und teilweise schockiert, was wir da alles für Daten sammeln und nutzen und darüber, was alles machbar ist, um die User und Userinnen bei der Stange zu halten.

Außerdem bin ich zehn Jahre aus Niederösterreich nach Wien gependelt und hab im Zug die Veränderungen miterlebt. Jugendliche bei der gemeinsamen Fahrt in die Schule waren früher laut, heute ist es fast nur mehr in stilles Gewische, selbst wenn Kinder oder Jugendliche gemeinsam fahren.

Das alles hat mir zu Denken gegeben und im Zuge beruflicher Veränderung, hab ich beschlossen, mich selbstständig zu machen und aus dem gesammelten Wissen zu schöpfen, um Aufklärung darüber zu machen. Ich kannte ja alle technischen Hintergründe, was machbar ist.

KiJuKU: Was ist da machbar?
Andrea Buhl-Aigner: Im Online-Marketing wussten wir, wie wir die Leute reinziehen und dafür sorgen, dass sie möglichst lange oder oft wieder kommen – vom Produktdesign über Personalisierung, Erkenntnisse aus psychologischen Studien nutzen und so weiter.

KiJuKU: Und jetzt bietest du Workshops in Schulen an?
Andrea Buhl-Aigner: Am Anfang hab ich nur mit Eltern oder / und Lehrerinnen und Lehrern gearbeitet, mittlerweile auch mit Schüler:innen.

KiJuKU: Was unterscheidet deine Workshops von schon bestehenden Angeboten etwa von Safer Internet?
Andrea Buhl-Aigner: Ich bin keine Konkurrentin, es gibt ohnehin mehr Bedarf als Angebot und ich versuche über mein Wissen der anderen Seite, Lücken zu füllen und Ergänzungen anzubieten. Ich kann ja viel Wissen von der anderen Seite einbringen. Damals war die Aufgabe, User:innen möglichst lange und immer wieder zu binden, heute fördere ich Selbstkontrolle vor Abhängigkeiten.

Ein Mittel dazu ist, die Jugendlichen immer wieder nach ihren Selbsteinschätzungen zu fragen – über Nutzungszeiten, wie sie sich fühlen, aber auch aus Studien wissenschaftliche Erkenntnisse unter anderem aus der Gehirn-Chemie zu präsentieren, wie Computerspiele zur Adrenalin-Ausschüttung führen, wie vor allem am Abend zu viel davon das Melatonin, das den Schlaf fördert, verringert. Thematisiert wird auch die Frage Soziale Netzwerke versus reale Welt und es gibt auch Tipps gegen Handy-Stress.

PS: In Wien können Pflichtschulen die Smartphone-Coach-Workshops „gefangen im Online-Flow“ über die Wiener Bildungs-Chancen kostenlos buchen, die 390 € pro Gruppe werden direkt über diese Plattform abgerechnet. In Niederösterreich können Schulen über Science Center Niederösterreich kostenlos buchen. Links weiter unten.

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Über den interaktiven Vortrag in der HAK/HASch Tulln (NÖ)

Interviews mit drei Schüler:innen der HAK Tulln

„Handy Stopp“ – ein ausgezeichneter Beitrage von Salzburger Schüler:innen beim U19-Prix-Ars-Electronica

bildungschancen.wien

sciencecenter.noe

smartphonecoach

saferinternet.at -> smartphone

Bildmontage aus einem Foto der Auszeichnung für eine Vertreterin der Salzburger AHS-Klasse, die ein selbst-ironisches Video "Handy Stopp" gedreht und einem Foto des Gerätes, das sie dazu gebaut haben

Gibt’s eins auf die Finger?

„Das Kurzvideo Handy Stopp zeigt einen fiktiven Werbespot und handelt von einem Gadget, das Nutzer*innen bei übermäßigem Handygebrauch auf die Finger klopft, um ihren Medienkonsum zu reduzieren“, begründete die Jury die Vergabe der Auszeichnung in der Kategorie Young Creatives (U12) im Rahmen von „U19 – create your world“ beim renommierten Prix Ars Electronica; über alle anderen 22 Projekte, die einen Hauptpreis (U 10, U 12, U 14, U19), Auszeichnungen oder Anerkennungen gewonnen haben, berichtet Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… in den nächsten Tagen.

Diskussion -> Projekt -> Video

13 Schüler:innen der 2 D des Bundesgymnasiums Seekirchen (Salzburg) – Natascha Amerhauser, Stefanie Berger, Emily Bertolatti Barcala , Samuel Brioso Nolasco, Leon Brunthaler, Leonhard Deifel, Leonie Dürager, Emma Gärtner, Daniela Geworgyan, Mia Gomez Ortner, Pia Greilinger, Lukas Haberlandner und Hannah Haubenhofer – hatten in „Digitaler Grundbildung“ über die Gefahren im Internet, die richtige Handynutzung und gutes Verhalten online diskutiert und nicht nur das. Sie setzten ihre Diskussionen in ein Projekt um, ein Video, das ein Gerät bewirbt, das sie Handy-Stopp nannten.

Schlag-Händchen

Dabei handelt es sich um eine Art durchsichtiger Schutz-Box für das Samrtphone, aber mit einer kleinen drehbaren Kunststoff-Hand, die zu rotieren und schlagen beginnt, sollte das Gerät zu lange in Verwendung sein. Das Teil bauten sie auch wirklich und war in der U19-Ausstellung in der großen kreativen Schau mit interaktiven Stationen in der sogenannten Post City beim Linzer Bahnhof – in einer Vitrine – zu sehen

Und obwohl gleichsam „schwarze“ Pädagogik mit Schlagen wirkt das rund ¾-minütige Video dazu alles andere als altbacken oder mit erhobenem Zeigefinger. Der Werbespot wirkt recht selbstironisch und doch nehmen sie ihre eigene Handynutzung auf die Schaufel.

Handy-Auszeit

Apropos Handy und Auszeit. In der Ausstellung traf KiJuKU zufällig den technischen Leiter des Linzer Theaters des Kindes, Franz „Flieger“ Stögner. Ganz entspannt eröffnete er: „Das war jetzt mein schönstes Monat, ich war eine Woche im Norden – Norwegen und Finnland und das praktisch ganz ohne Handy, obwohl ich sonst ein Nachrichten-Junkie bin. Ich hab’s nur aufgedreht, wenn ich ein Zugticket kaufen wollte oder um eine Busverbindung zu checken. Aber sonst nichts.

Frage des neugierigen, fast ungläubigen Journalisten: „Und ist es dir nicht abgegangen?“
„Flieger“: „Die ersten ein zwei Tage hatte ich schon ein bissl Entzugserscheinungen, aber dann einfach herrlich. Sogar zwei Wochen nachdem ich wieder zu Hause war, hat’s mich nicht so gejuckt. Und immer noch lass ich auf Ö1 beim Mittagsjournal die ersten fünf Minuten mit Katastrophenmeldungen aus aller Welt aus.“

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ars.electronica -> Handystopp

Interviews mit Schüler:innen

Handys als „Gefängniswärter“? – interaktive Vorträge in Schulen, ORF-Schul-Experiment „3 Wochen ohne Handy“

Interview mit Smartphone-Coach

Doppelseite des Buches "Aktiv inklusiv"

Vorbilder zeigen was sie können und wollen

„Für uns ist diese Ausstellung sehr wichtig. Sie zeigt Menschen mit Behinderung und es ist wichtig, dass Menschen mit Behinderung auch einen Beruf / Job haben. Wir können sehr viel leisten und wir wünschen uns mehr Inklusion, weil es wichtig ist, dass Menschen mit Behinderung auch selber entscheiden dürfen.“ Diese Sätze des 31-jährigen Simon Couvreur, seit diesem Jahr Präsident von Down-Syndrom Österreich, bringen auf den Punkt, worum es der umfassenden (Kunst-)Aktion „Aktiv Inklusiv“ geht.

Doppelseite des Buches
Doppelseite des Buches „Aktiv inklusiv“

Das dazugehörige Buch, aus dem diese Sätze stammen, und die der Präsident, der seit 14 Jahren als Kellner und Haustechniker am Badeschiff (Donaukanal, Wien) arbeitet, anlässlich der Buchpräsentation in der Österreichischen Kulturvereinigung ähnlich wieder formuliert, begleitet die Ausstellung mit dem besagten Titel. In dieser, die nach Stationen in St. Pölten, Melk, Wr. Neustadt (alle in Niederösterreich), St. Virgil (Salzburg), Sachsenburg (Kärnten) in Wien in der ÖKV im Wiener Hanuschhof zu Ende ging, waren / sind (weitere Orte willkommen!) großformatige Ölgemälde (1,20 Meter hoch, ein Meter breit) Menschen mit Down-Syndrom in verschiedensten Posen zu sehen.

15 Vor-Bilder

15 Menschen – in 12 Portraits, weil drei davon Paare sind – haben jede und jeder einen Beruf, den sie auch ausüben. Und dies ist die Klammer der Portraitierten: Um einerseits der Öffentlichkeit zu zeigen, Menschen mit Down Syndrom (Trisomie 21) wollen und können arbeiten, um selbstständig ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie wollen und können selbstbestimmt wohnen und leben.

Und andererseits – hoffentlich – Unternehmen Mut zu machen, Jobs für diese – und andere Menschen mit Behinderungen – anzubieten.

Lukas Wanecek posiert vor dem Ölbild, das ihn zeigt, und von Krassimir Kolev gemalt wurde
Lukas Wanecek posiert vor dem Ölbild, das ihn zeigt, und von Krassimir Kolev gemalt wurde

Umfangreiches Projekt

Das war der Ausgangspunkt des Projekts für und von Nicole Steinacher, die selbst Unternehmerin war („Der kleine magische Laden“, Wr. Neustadt, nach der Pandemie musste geschlossen werden). Seit vielen Jahren ist sie als Trainerin und Coach besonders im Bereich Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt tätig. Erlebt, was ihre Klient:innen können, aber ebenso die Berührungsängste bzw. Nicht-Kenntnisse potenzieller Arbeitgeber. Sie erfand ein inklusives Berufsorientierungs- und berufliches Integrationstool, mit dem Betroffene ihre Kompetenzen darlegen können, die dadurch für Unternehmen ersichtlich werden.

Simon Couvreuer, Lukas Wanecek und Nicole Steinacher sowie Krassimir Kolev und Karin Kohn
Karin Kohn (Österr. KulturVereinigung) Simon Couvreuer (ein Portraitierter und Präsident von Down Syndrom Österreich), Krassimir Kolev (Fotograf und Maler), Nicole Steinacher (Initiatorin und Autorin), Lukas Wanecek (Portraitierter)

Mutmacher:innen

Mit „Aktiv Inklusiv“ sollen Role Models, also Vorbilder vor den Vorhang geholt werden – ihre Lebens- und Berufs-Geschichten hat sie zusammengetragen. Der Künstler Krassimir Kolev, der schon im Kindergarten in Bulgarien „der Maler“ genannt wurde, wie er Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… am Rande der Buchpräsentation erzählt, hat die Models bei Arbeit und Freizeit fotografiert. Einige der Fotos sind ebenfalls im Buch veröffentlicht. Manche der Fotos waren dann für ihn Vorlage für die Ölgemälde. Aber weil jede und jeder so vielfältig ist, was der Künstler in den Fotos einfing, landeten sie auch gemalt mehrfach (zwei bzw. drei Mal) auf den Bildern, nur die Paare sind jeweils nur einmalig gemalt.

Sprüche

In jedes der Bilder malte Kolev auch Kürzest-Zitate aus den Interviews der Models mit der Autorin und Initiatorin, bzw. bei einem Paar keine Worte, sondern viele bunte Herzen. Während Christian und Beatrice von bunten Wolken umgeben sind und dem Spruch „Wir sind auf Wolke 12“, wie sie es oft formuliert (siehe Abbildung der Doppelseite mit Gemälde und Text).

Die Bilder – Gemälde und Fotos – sind in dem Buch „Aktiv Inklusiv“ (Details siehe Info-Box am Ende) gemeinsam mit Texten über die Portraitierten, aber auch eigenen Sätzen der Fotografierten und Gemalten.

Beatrice (31) ist eines der Gründungsmitglieder des Seminarcafés Beniva im steirischen Leoben und arbeitet seit elf Jahren dort. Zu ihren Aufgaben gehört Backen und Kochen und sie sagt / schreibt: „Gespräche sind wichtig, denn Emotionen können manchmal stressig sein und es ist wichtig, dass man miteinander redet.“

Ihre Lebenspartner Christian (33), der seit zehn Jahren im Team von Beniva in der Küche und beim Service arbeitet hinterließ für das Buch den Satz: „Ein Wohnvertrag für Menschen mit Trisomie ist sehr wichtig, damit sie selber (im Sinne von selbstständig) leben können.“

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Titelseite des Buches
Titelseite des Buches „Aktiv inklusiv“
Abschließendes Gruppenfoto aller Clown:innen auf den Stufen hinauf zur Karlskirche (Wien)

„Immer wenn wir lachen, stirbt ein Problem“

Kunterbuntes, lustiges, teils ausgelassenes Treiben samt hin und wieder Musik, Gesang und Tanz herrschte Samstagabend (6. September 2025) zwischen Karlskirche und dem Teich davor mit seinem derzeit dort auf dem Wasser schwebenden großen luftgefüllten – zeitweise begehbaren – Oktopus (Klanginstallation im Rahmen des Johann-Strauss-Jahres von God’s Entertainment): Clown:innen hatten zu einer Kundgebung aufgerufen.

„Es geht uns darum, ein schwereloses, aber starkes Gegengewicht zum aktuellen Weltgeschehen zu bilden“, hatte das Team des Theaters Olé Menschen eingeladen, „der Welt ihr bezauberndstes Lächeln zu schenken“. Manifestiert wurden diese Gedanken unter anderem in kleinen und größeren handbemalten Schrifttafeln. „Ein Lächeln für Dich…“ und auf der Rückseite „und viele Luftballons“ stand auf einem sehr großen Plakat. Luftballons wurden viele aufgeblasen, manche auch in Herzform. Immer wieder schwebten auch Seifenblasen durch die Lüfte.

„Smile“, Lachen, Zurücklächeln

„Kann bitte wer zurücklächeln? Danke“ samt gemaltem Herzerl, Blume und Smilie zierte eine andere große Tafel auf braunem Karton. Apropos Smilie – der weltbekannte Song „Smile“, zunächst wortlos als Schlusslied in Charlie Chaplins berühmtem Film „Moderne Zeiten“ und später (Mitte der 50er Jahre) von John Turner und Geoffrey Parsons mit dem ebenfalls berühmt gewordenen Text versehen, wurde in verschiedenen Versionen, unter anderem einer mit österreichischem Text gesungen, wo es unter anderem heißt: „Lach… Jammern macht des leben doppelt schwer…“.

Clownin Zilly trug auch eine Tafel mit direkt politischer Botschaft: „Frieden für alle“.

Die 12-jährige Anna bei ihrer Rede, daneben Verena alias Clownin Donna
Die 12-jährige Anna bei ihrer Rede, daneben Verena alias Clownin Donna

Gedanken einer 12-Jährigen

Im Laufe der einstündigen Kundgebung, die auch viel Aufmerksamkeit bei vorübergehenden oder -radelnden Tourist:innen erregte und sicher viele Fotos und Videos weltweit ergeben wird, gab es auch drei Reden, nicht nur von Clown:innen.

„Meiner Meinung nach gibt es unglaublich viele schlimme Sachen in unserer Welt und natürlich auch schöne“, begann Anna, eine Zwölfjährige ihre Gedanken ins Mikrofon zu sagen. „Gute Menschen wie meine Großeltern (die diese Kundgebung federführend organisiert hatten), aber auch schlechte. Was ich zum Beispiel schlimm finde, ist, dass es so viele Menschen auf der Welt gibt, die sich nur um sich selbst kümmern und nie an die Flüchtlinge, an Menschen, die nichts zu essen haben oder denen’s einfach psychisch nicht gut geht, denken. Es gibt Leute, die so viel Geld haben, um nicht nur ihnen ein gutes Leben zu finanzieren, sondern auch noch so vielen anderen Menschen. Leider kann man es nicht ändern, aber statt an diese schlimmen Sachen zu denken, einfach mal lachen. Das hat noch niemandem geschadet!“

Charlotte Zorell bei ihrer Rede
Charlotte Zorell bei ihrer Rede

Starke inhaltliche Rede einer jungen Schauspielerin

Charlotte Zorell, eine junge Schauspielerin (u.a. in der vorigen Saison in einer Hauptrolle im Theater der Jugend) hielt eine sehr starke inhaltsreiche Rede, die sie so begann: „Wir sind hier, weil wir uns an einer gemeinsamen Schwelle befinden. Das spüren wir. Die Zukunft scheint in der Schwebe. Taumeln wir in weitere Katastrophen. Oder gehen wir in eine gerechtere Zukunft.“ Die ganze Rede stellte sie Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… zur Verfügung und wird hier – in einem eigenen, unten verlinkten Beitrag – veröffentlicht.

Dennoch sei auch gleich hier noch zitiert: „Clowns legen die Maske der Perfektion ab und setzen sich eine Nase der Zärtlichkeit auf. Wir wollen eine clowneske Welt… Wir wollen Verantwortung, füreinander, Empathie und Liebe. Eine Utopie wird nicht bestehen, solange wir sie nicht behutsam zusammenbasteln. Es ist eine Utopie der

Fürsorge – jenseits von Besitz- und Machtverhältnissen, hin zu gegenseitiger Sorge, Verbundenheit und kollektiver Heilung.“

Verena alias Clown:in Donna,
Verena alias Clown:in Donna, „Mutter“ dieser Kundgebung, verliest den Spruch auf dieser Karte: „Immer wenn wir lachen, stirbt ein Problem“

Postkarten mit dem Spruch „Immer wenn wir lachen, stirbt ein Problem“ brachten eine Grundhaltung dieser Kundgebung zum Ausdruck – mehr in den rund 120 Fotos, und demnächst auch in einigen Videos.

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Rede einer jungen Schauspielerin

Viiiiiele Fotos von der ungewöhnlichen Kundgebung

Video-Zusammenschnitte

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theater-ole.at

Charlotte Zorell bei ihrer Rede

Für eine clowneske Welt der Freund*innenschaft

Eine der Redner:innen der lustvollen, fröhlichen, bunten, widerständigen, Lächeln schenkenden Kundgebung von Clowns und Clowninnen am Samstag (6. September 2025) zwischen Karlskirche und Teich (am Rande der Innenstadt von Wien) war die junge Schauspielerin Charlotte Zorell. Sie stellte ihre Rede Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… zur Verfügung, um sie hier veröffentlichen zu dürfen.

„Wir sind hier, weil wir uns an einer gemeinsamen Schwelle befinden. Das spüren wir. Die Zukunft scheint in der Schwebe. Taumeln wir in weitere Katastrophen. Oder gehen wir in eine gerechtere Zukunft. Übertauchen wir den Globalen Faschismus und fangen nochmal von vorne an.

Wir alle verweilen also hier im Widerstand. Und unser Widerstand ist der Humor. Ein Humor, der nicht nach unten tritt. Ein Humor, der Gemeinschaft denkt. Ein Humor, der Kindlichkeit denkt, mit all ihren Facetten: Offenheit, Neugier, Zärtlichkeit, Ehrlichkeit. Wir wollen eine Gesellschaft der radikalen Zärtlichkeit!
Gegen Kriege. Gegen Femizide. Gegen Faschismus.

Nase der Zärtlichkeit

Clowns legen die Maske der Perfektion ab und setzen sich eine Nase der Zärtlichkeit auf. Wir wollen eine clowneske Welt. Vergesst nicht, dass Selbsthass ein wirksames Mittel der Unterdrückung ist. Und Clowns hassen nicht. Sie sind manchmal wütend. Und wütend dürfen sie sein.

Konzentrieren wir uns auf die Schäden, die für uns alle entstehen: Kapitalismus, Patriarchat und weiße Vorherrschaft knechten uns ALLE. Wir müssen also weiterhin über den größten Störfaktor reden: den Kapitalismus. Ja, scheiße, das ist langweilig, ich weiß. Wir müssen über Männer sprechen, scheiße, das ist langweilig. Aber auch super, weil die liefern ständig neues Material, über das es sich reden lässt!

Sprecht miteinander! Sprecht mit Mädchen über Consent, Einverständnis, über die ihnen einverleibte Scham, über Mut und Wut, sprecht aber vor allem mit Jungs und jungen Männern, über Einverständnis, über Sanftheit, Empathie, Verletzlichkeit, über Fürsorge.

Führt Gespräche. Über Polizeigewalt zum Beispiel. Wie viel die Polizei von der sanften Clownerie lernen könnte! Wir wollen clowneskere Polizist*innen!

Behutsam an Utopie basteln

Heute geht es um Freund*innenschaft. Oft wird behauptet, Theater wäre wie eine Familie. Dabei stimmt das gar nicht. Gutes (Clown-)Theater ist für mich mehr als das, es ist wie die stärkste aller sozialen zwischenmenschlichen Beziehungen: die der Freund*innenschaft.

Wir wollen Verantwortung, füreinander, Empathie und Liebe. Eine Utopie wird nicht bestehen, solange wir sie nicht behutsam zusammenbasteln. Es ist eine Utopie der Fürsorge – jenseits von Besitz- und Machtverhältnissen, hin zu gegenseitiger Sorge, Verbundenheit und kollektiver Heilung.

Mir bleibt zu sagen: ich weiß, dass Menschen besonders gefährlich wirken, weil sie gut darin sind, Koalitionen einzugehen, Gruppen zu bilden. Lassen wir uns nicht kollektiv vereinzeln. Gehen wir auch unsere Bündnisse ein. Und tanzen alle miteinander. Zum Beispiel zum Lieblings-Dancesong meiner Mama: „Sex Bomb“. Wir wollen nur noch Sex Bombs und keine realen Bomben mehr. Mama, danke, dass du immer so tanzt, dass alle mittanzen wollen! Dankeschön!“

Charlotte Zorell

Bericht mit vielen Fotos von der Clown-Kundgebung

Beiträge über Stücke, in denen Charlotte Zorell gespielt hat

Doppelseite aus dem bebilderten Sachbuch "Wer hat hier das Sagen?"

Wer ist Chefin oder Chef und braucht es solche?

Was machst du vor der Wahl zur Klassensprecherin oder zum Klassensprecher, wenn du selbst kandidierst?

„Bereitest du eine überzeugende Rede vor?“ oder „bestichst du Schüler*innen, damit sie dir ihre Stimme geben?“ oder „mobilisierst du deine supermuskulöse Gang mit ihren Baseballschlägern und drohst den anderen Kandidat*innen, damit sie sich nicht zur Wahl stellen?“

Wie gemalte Portraits

Dies ist Frage vier – von acht – in einem humorvollen „Psycho-Test: Welche Art von Diktator*in bist du?“. Dieser findest sich im Anhang zu dem – großteils von Elīna Brasliņa gemäldeartig illustrierten umfangreichen, leicht lesbaren Sachbuch „Wer hat hier das Sagen? – Tauche ein in die Welt der Diktatoren, PräsidentInnen, Könge und Co.“, geschrieben von Caroline Stevan im französischen Original und auf Deutsch übersetzt von Silv Bannenberg.

In sieben Kapiteln beginnt das Buch bei der Frage, wie Macht entsteht, zieht einen historischen Bogen von ersten menschlichen Gruppen bis in die Gegenwart, beschreibt unterschiedliche Herrschaftsformen von Diktatur bis Demokratie, portraitiert mehr als ein Dutzend teils sehr bekannte, teils (zu) wenig bekannte „Anführer*innen“ ebenfalls aus Geschichte bis Gegenwart – aus allen Teilen der Welt – samt symbolischem Monitor von „eher demokratisch“ bis „autoritär“ und als drittes „dazwischen“.

Ohne Anführer*in möglich?

Die Autorin, die für denselben Verlag (Helvetiq) auch schon ein Buch für „Kinder (und ihre Eltern“ zur Geschichte des Frauenwahlrechts verfasst hat – mit Bilder derselben Illustratorin wie das jetzt hier besprochene Buch – achtete natürlich auch darauf, hier nicht nur Männer, auch wenn die meistens Machtpositionen innehaben, zu portraitieren. Ein Kapitel widmet sie der Teilhabe von Frauen, Kindern, Ausländer*innen und Minderheiten an Wahlen in ihren Ländern. Und eines sogar der Frage, ob eine Welt ohne Anführer*innen möglich ist. Darin beschreibt sie – teils kurzzeitige – sehr gleichberechtigte Gemeinschaften wie etwa die selbstverwaltete Kindergemeinschaften in den von Janusz Korczak gegründeten und sogar unter den Bedingungen des Freiluft-Konzentrationslagers Warschauer Ghetto existierenden Waisenhäusern, aber auch das philippinische indigene Volk der Aeta – in isolierten Bergregionen der Insel Luzon, wo Frauen und Männer gleichermaßen jagen, sammeln, ernten… „Konflikte werden durch Gespräche gelöst, was auch mal länger dauern kann“.

Verschiedene Ansichten des bebilderten Sachbuchs
Verschiedene Ansichten des bebilderten Sachbuchs „Wer hat hier das Sagen?“ – Titel- und Doppelseite und einzelne Bilder bzw. Illustrationen

Und bei Tieren?

Schließlich widmet das Buch ein Kapitel auch den Tieren – mit unterschiedlichen Entscheidungsritualen. „Bei den Bisons (Wildrinder) beispielsweise beginnt es damit, dass ein Tier seinen Kopf in eine Richtung dreht. Wenn es ihm zwei Drittel der Herde nachtun, setzen sich alle dorthin in Bewegung. Bei den Wildhunden, einer afrikanischen Hunderasse, gilt zehnmaliges Niesen als endgültige Entscheidung… Allerdings sind diese Verhaltensweisen weniger einem Willen zu Demokratie und Gleichberechtigung geschuldet als der Notwendigkeit, in der Gruppe zusammenzubleiben und als solche Raubtieren gegenüber sicher zu sein“, schlussfolgert die Autorin. Dennoch spannend und interessant, dass nicht, wie oft angenommen, im Tierreich immer die Größten, Stärksten und so weiter das „Sagen“ haben.

Tag der Demokratie

Zwar das ganze Jahr aktuell, vielleicht aber gerade passend rund eine Woche vor dem 15. September, der seit 2007 – nach einem Beschluss der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNO) „internationale Tag der Demokratie“ ist. In Wien gibt’s dazu eine Reihe von Veranstaltungen, siehe einen der Links unten. Verlinkt sind auch Beiträge zur kürzlich – wie jedes Jahr in der vorletzten Sommerferienwoche (Ostösterreichs) – im Wiener Rathaus stattgefundenen Kinderstadt, wo die 8- bis 13-Jährigen täglich ihre Regierung wähl(t)en und Medien, unter anderem eine Tageszeitung, produzier(t)en.

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Weitere Informationen

QR-Code als Link zur Sammelausgabe der Kinderstadt-Zeitungen 2025 in Wienopolis im Wiener Rathaus
Mit diesem QR-Code geht es auch zur Sammelausgabe der Tageszeitungen in der Kinderstadt „Wienopolis“ 2025 im Wiener Rathaus, im August 2025

wiener-demokratie-tag

politik-lernen.at -> tagderdemokratie

demokratiewebstatt – der Demokratiewerkstatt des österreichischen Parlaments

Titelseite des bebilderten Sachbuchs
Titelseite des bebilderten Sachbuchs „Wer hat hier das Sagen?“
Tamira Kalmbach spielte ein Kürzest-Szene aus "Wimmeln"

Mit einem Wimmelbuch vom Rand in die Mitte und Eintauchen in Wildnis, Wald und Vielfalt

Ein riesiger Holz-Sessel, der zwar an die Werbung eines der bekannten Möbelhäuser erinnert, aber hier in naturbelassener Farbe, ein senkrecht hochgestellter Bettrahmen, Lattenroste, die am anderen Ende der Bühne auf dem Boden stehen – waagrecht diesfalls; ein Stück Ziegeldach zu ebener Erd hinter dem Stuhl. Und eine Schauspielerin (Tamira Kalmbach), die sich auf den Sessel pflanzt und in einem Buch lautlos zu lesen beginnt.

Damit gibt sie einen ersten Einblick in eine der Eröffnungsproduktionen der neuen, der 21. Saison, des Theaterhauses für junges Publikum im Wiener MuseumsQuartier, Dschungel Wien. Vor ihrem kurzen Auftritt ertönen Kinderstimmen aus dem Off in mehreren Sprachen, die das Theaterpublikum begrüßen, Verhaltensregeln verklickern – „Handynutzung stört… wenn’s lustig ist, dürft ihr auch lachen…“

Performativ

Immerhin gab’s damit zur erfrischenden Abwechslung wieder einmal eine Spielplan-Pressekonferenz eines Theaterhauses mit szenischen Elementen. Herbst ist nicht nur Schulbeginn, sondern auch Start der Bühnen-Saisonen. Und damit regnet es natürlich auch Medientermine, wo die Häuser ihre Spielpläne vorstellen. Spannend, was auf dem Programm stehen wird, weniger von den jeweiligen Pressekonferenzen, weil meist wenig theatral. Etliche Jahre bot der Dschungel Wien bei dieser Gelegenheit Szenen aus den Stücken, die ja schon keine zwei Wochen später Premiere haben. Meist erzählen Theaterleiter:innen und Dramaturg:innen was gespielt werden wird. Naja.
Nun also wieder teilweise performativ!

Wimmelbuch

Im Bühnenbild von „Wimmeln“ fand mit der eingangs angesprochenen, kurzen Szene die Vorstellung eines üppigen Saison-Programms – 20 Premieren, 28 Wiederaufnahmen, 13 Gastspiele, zehn Eigen und fünf Koproduktionen, Performances, Schauspiel, Musiktheater, Tanz, Puppen- und Objekttheater, zeitgenössischer Zirkus – statt.

Der Titel der eben genannten (Ko-)Produktion von Meeer Kollektiv erinnert nicht zufällig an die entsprechenden Bilderbücher. Ein solches ist es, das Bo, die Hauptfigur, die am Rande des Schulhofs steht, reinsaugt. Die schon erwähnte Schauspielerin, die auch für den Sound des Stücks zuständig ist, schreibt dieser Art von Bilderbüchern einerseits eine „höhere Zugänglichkeit“ zu – überwiegend Bilder, kaum bis kein Text – und andererseits das Element, viel zu schauen und entdecken. Die Soundebene solle ein „wuseliges Wimmeln“ erzeugen und so das Publikum analog der Wimmelbuch-Idee reinsaugen. Thematisch kreise das Stück dann um Abseits oder mittendrin dabei sein, samt Person of Color, Migrationshintergründe… – kürzest zusammengefasst.

Stefan Ebner (rechts), Mastermind hinter
Stefan Ebner (rechts), Mastermind hinter „Wildnis“

Wildnis

Am selben Tag, dem 20. September 2025 – wird „Wildnis“ von „Material für die nächste Schicht“ – ebenfalls in Kooperation mit dem Dschungel Premiere feiern. Für diese Gruppe, die für sehr performative, kreative, oft ungewöhnliche Theatererlebnisse bekannt ist, stellte Stefan Ebner („Kompostierung und künstlerische Leitung“) das Vorhaben vor – und antwortete spontan auf die Zwischenfrage eines jungen Kindes „was wird das?“, „das würd ich auch gern wissen!“

Ausgehend von nicht menschlicher Natur will sich die Gruppe mit gesellschaftlichen Aspekten beschäftigen und kommt damit auf „wild sein dürfen“ als Gegensatz zu „erzogen werden“.

Welche Räume

Womit auch diese – wie viele weitere Produktionen dieser Saison, die hier jetzt nicht aufgezählt werden, das würde den Rahmen eines solchen Beitrages sprengen, wie es dies auch bei der Pressekonferenz tat, aber hier werden die meisten in den kommenden Monaten ohnehin besprochen und beschrieben -, unter das von Theaterleiterin Anna Horn skizzierte Motto fallen, „welche Räume brauchen Kinder und Jugendliche im Theater?“ Die Frage nach den eigenen Dschungel-Räumen – es stand ja wegen der geplanten Übersiedlung des Hauses der Geschichte Österreich (HdGÖ) eine Umsiedlung an, sei ohnehin verschoben, so die künstlerische Leiterin.

Vielfalt

Und die Vielfalt junger Bürger:innen solle dabei eine große Rolle spielen, wie auch der schon zitierte akustische Jingle unterstreicht – der im Übrigen auch an die Klingel-Tastatur beim Eingang zum gegenüberliegenden Zoom Kindermuseum erinnert. Partizipative, mitgestalterische Formate auf und hinter der Bühne zählen da ebenso dazu – manifestiert unter anderem in jeweils zwei jungen Mitarbeiter:innen unter dem Titel Next Generation, in dieser Saison Yahirwa-Stella Biziyaremye und Karla Mae Garcia.

Und nicht zuletzt in dem – wieder performativen – Auftritt von Justina Nyarko, die eine gesangliche Kostprobe der neuen von Tayla Myree geleiteten Reihe „Karawoke“ mit dem Song „Valerie“ der britischen Rockband „The Zutons“, berühmt geworden durch die Coverversion von Amy Winehouse und Mark Ronson, zum Besten gab – samt rhythmischem Mitklatschen vieler.

Hier nur ein kleiner Ausschnitt

Sry, dass viele anderen vorgestellten, spannenden Produktionen hier (noch) nicht vorkommen, eine sei noch kurz erwähnt, weil Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… sie schon im Frühjahr beim Schäxpir-Festival in Linz gesehen und besprochen hat: „Wo ist Wald?“ von makemake produktionen – eine zweisprachige (österreichische Gebärden- und deutsche Lautsprache) Performance, die tierische und pflanzliche Perspektiven auf Baum-Landschaften verspielt darstellt – unten am Ende des Beitrages verlinkt. Andere kommen kürzest auch in Bildtexten zur Sprache.

Neben 20 Premieren und 13 Gastspielen werden auch schon gespielte Produktionen wieder aufgenommen – Besprechungen der meisten am Ende des Beitrages verlinkt.

Übrigens: Neuerdings steht im MuseumsQuartier neben den vielen Kunststoff-„Enzis“ wie die Sitz- und Lümmelgelegenheiten nach dem Vornamen einer früheren Geschäftsführerin heißen, auch eines aus Holz, wirklich, echtem und nicht künstlichem Deko-Holz.

Und der Überblick in der ersten Spielzeithälfte ist darunter verlinkt – auf den Pressebereich von Dschungel Wien.

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dschungelwien -> medieninfo spielzeit 25/26 erste spielzeithälfte

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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Fabelwesen - Fantastische Tiergeschichten"

Einhörner, Drachen und viele weniger bekannte Fabelwesen

Einhörner bevölkern viele Geschichten und Spielzeugläden. Um sie ranken sich geheimnisvolle Sagen. Aber sie sind nur eines von 19 Fabeltieren, denen dieses Bilderbuch je eine Doppelseite widmet. Bekannt oder gar vertraut werden dir außer dem Einhorn nur wenige sein, vielleicht der Basilisk aus einer bekannten Sage. Von den meisten wirst du vielleicht zum ersten Mal lesen oder – wenn vorgelesen hören.

Weltreise

Aus den verschiedensten Weltgegenden und den Kulturen der dort seit Jahrtausenden heimischen Menschen stammen sie. Baron aus Bali, der einbeinige Regenvogel Shang Yang aus China, das Huspalim aus Äthiopien, der Donnervogel von den Indigenen Nordamerikas. Die gefiederte Schlange Kukulkan aus jener Gegend, die Lateinamerika benannt wird, seit Europäer mit den Sprachen Spanisch und Portugiesisch, das mit dem Latein verwandt ist, riesige Gebiete dieses Kontinents erobert haben. Diese Gottheit der Auferstehung kommt jedoch aus der Kultur der Maya – was sich schon ausgezahlt hätte, zu erwähnen.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Fabelwesen – Fantastische Tiergeschichten“

Illustratorin gab den Anstoß

Geschrieben hat das Buch die seit Jahrzehnten bekannte fantasievolle Autorin Cornelia Funke und die beflügelnden Illustrationen stammen von Ruby Warnecke. Ihr ist – wie Funke in einer Art Nachwort zu „Fabelwesen – fantastische Tiergestalten – erklärt, das Buch überhaupt zu verdanken. Die bildende Künstlerin besuchte die Autorin in der Toskana (Italien), wo Funke seit ein paar Jahren (2021) lebt. Dort besuchte Warnecke oft das Etruskische Museum in Volterra und fertigte anschließend Skizzen von Fabelwesen, die sie auf alten Vasen (300 Jahre und mehr) gesehen hatte. Aus den Gesprächen darüber entwickelte sich die Idee ein Bilderbuch für junge und jüngste Leser:innen über nicht neu ausgedachte, sondern Fabelwesen zu schaffen, die seit Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden Bestandteil verschiedener Kulturen sind.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Fabelwesen – Fantastische Tiergeschichten“

Verschiedene Sichtweisen auf Drachen

Ein bärenartiges Wesen in Finnland, der Otso, ist Beschützer des Waldes und König der Tiere. Um seine „Geburt“ ranken sich zwei verschiedene Mythen, die Funke in knappen, leicht lesbaren Sätzen – wie auch alle anderen in dem spannenden Buch – erzählt. Allerdings ist ihr bei diesem Text die Fantasie ein bissl durchgegangen – und niemandem im Verlag scheint’s aufgefallen zu sein, schreibt sie doch, dass auf der Finnlands ein Bär zu sehen sei. Was nur dann wäre, wenn das waagrecht liegenden Kreuz auf weißem Grund als stilisierter Bär interpretiert würde.

Aber abgesehen davon ist es neben der Vorstellung so vieler (un-)bekannter Fabelwesen auch ein Verdienst des Buches, dass beispielsweise die unterschiedliche Sicht auf Drachen thematisiert wird – das böse Ungeheuer hauptsächlich im Westen und Glücksbringer im Osten, vor allem Asien, namentlich China. „Sie tragen die Kraft des Windes in sich, wärmen mit ihrem Feuer und fühlen sich unter Wasser ebenso zu Hause wie über den Wolken…“

Entsprechend der schon erwähnten Entstehungsgeschichte sind die Texte kurz und bündig und die Bilder nehmen den größten Raum ein – fantasievoll, farbenfroh und mit so vielen Details, dass wahrscheinlich selbst beim 17. Mal noch immer das eine oder andere zuvor noch nicht wahrgenommene Detail bemerkt wird.

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Fabelwesen – Fantastische Tiergeschichten“
Die Live-Musik animierte einge zum Tanzen

Sport- und Kulturfest mit Botschaften

16 Fußballteams kickten auf dem großen Spielfeld um den Turniersieg, acht auf dem kleineren Feld, darunter Käfig-League-Teams, vier Mixed-Teams spielten ebenfalls mit. Sportliche Wettkämpfe gab’s auf dem großen ASKÖ-Sportgelände in der Hopsagasse (Wien-Brigittenau) auch im Hallen-Volleyball. Trotz vollem Einsatz und natürlich Willen zum Sieg stand weniger das Gegen- als mehr das Miteinander im Zentrum (Die Turnier-Ergebnisse unten in der Info-Box). Zum zwölften Mal hatte der Verein „Neuer Start“ der afghanischen Community in Österreich zum Sport- und Kulturfest (zum dritten Mal auf diesem Gelände) geladen.

Neben dem Sport – zusätzlich auf freies Kicken junger und ganz junger Fußballer:innen auf noch kleineren Plätzen – Musik von der mitreißenden Gruppe Helal Kashefe, deren Klänge bis weit aus der Halle auch auf das Sportareal zu hören waren, und Tanz in der Sporthalle gab es wie immer so manches an Spiel-, Aktivitäts- und Begegnungsmöglichkeiten – vom Malen über Schachspielen, Henna-Tattoo, Workshops… und etliche Info-Stände.

Anmerkung: Das Fest endete bevor es in der Nacht von Sonn- auf Montag zum schweren Erdbeben im Osten Afghanistans kam – Bericht dazu und über Hilfsmaßnahmen mit österreichischer Beteiligung in einem eigenen Beitrag, am Ende verlinkt.

Shokat ständig gefragt - Rad schiebend mit Handy am Ohr
Shokat ständig gefragt – Rad schiebend mit Handy am Ohr und inhaltlicher Botschaft auf dem T-Shirt-Rücken

Fairplay und Gleichberechtigung

Ausgehend vom sportlichen Bereich verbreitet der Verein mit diesem großen zweitätigen Wochenend-Fest Ende August die Botschaft Fairplay und darüber hinaus auch jene von „Barbaari“, wie Gleichberechtigung auf Dari, einer der großen, weit verbreiteten Sprachen Afghanistans, eng verwandt mit Farsi, das auf Persisch aufbaut im Iran. Der Spruch, den Shokat Walizadeh, der „Vater“ von „Neuer Start“ groß auf dem Rücken seines T-Shirts trägt: Gleichberechtigung = Barbaari – Das Patriarchat schafft sich nicht von selbst ab!“

Übrigens gab es bei der Ehrung von Mitarbeiter:innen nicht nur Medaillen sondern auch Blumen – und dies, im Gegensatz zu vielen anderen Veranstaltungen, auch für Männer!

„Mahlzeit!“

Apropos bedruckte T-Shirts – und andere Stoffteile, unter anderem Taschen: In der Reihe der Info-Stände präsentierte ein Textildrucker aus Baden bei Wien etliche Stofftaschen mit Portraits afghanischer Künstler:innen, etwa einer berühmten Folklore-Sängerin, loklaer Volkssänger und sind mit traditionellen Hazaragi-Stickmustern bedruckt.

Daneben aber finden sich auch Taschen mit „I love Austria“ oder dem englischen Spruch, dass du kein Österreicher bist, wenn du nicht instinktiv „Mahlzeit“ sagt, wann immer jemand im Umkreis von einem Kilometer isst. „Ich hab mal einen Spruch in Italien gehört, dass du kein Italiener bist, wenn du Spaghetti brichst, das hat mich zu diesem Spruch inspiriert!“, verrät Zafar im Gespräch mit KiJuKU.

Begegnung, Integration, Inklusion

Neuer Start versteht das Fest von Anfang an als Beitrag zur Integration, wozu vor allem die sportlichen Turniere beitragen, wo Teams auch aus den Bundesländern teilnehmen und bei Weitem nicht nur Austro-Afghan:innen. Und der Verein trachtet immer auch Kooperationspartner:innen, andere Initiativen und Vereine einzuladen, sich und ihre Arbeit in der Straße der Infos unter dem großen Holzdach vorzustellen, heuer war es „You are Welcome“, der Hilfsprojekte neben Afghanistan vor allem in Nord- und Ostsyrien unterstützt.

Botschafterin

Wie schon vorab in einem anderen Beitrag erwähnt, kam als Stargästin am zweiten Tag des Festivals Manizha Bakhtari, die kämpferische Botschafterin Afghanistans, die ihre Kündigung aus Kabul nicht zur Kenntnis nimmt, weil das diktatorische Regime ja keine Legitimation hat. Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… hatte die Gelegenheit zu einem kurzen Interview genützt – am Ende des Beitrages verlinkt. Über sie läuft derzeit ein bewegendes filmisches Portrait in den Kinos – Rezension ebenfalls unten verlinkt.

Die Botschafterin überreichte mit Organisator:innen und Honoratior:innen aus der afghanischen Community und der Wiener Grün-Abgeordneten Heidi Sequenz die Pokale und Medaillen an die erfolgreichen Sportler:innen.

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Weitere Fotos vom 12. Sport- und Kulturfest

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Pokal-, Medaillen-Übergabe, Auszeichnungen und Ehrungen

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neuerstart

Zerstörte Häuser, Hunderte Tote, Tausende Verletzte beim Erdbeben in der Nacht auf den 1. September in Ost-Afghanistan

Afghanistan: Schweres Erdbeben, schwierige Hilfe

„Viele Menschen in Afghanistan haben gestern ihr Leben und ihr Zuhause verloren. Die Menschen in den betroffenen Provinzen sind auf unsere Unterstützung angewiesen“, sagt Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser am Dienstag, dem Tag nach dem Erdbeben in den östlichen an Pakistan grenzenden Provinzen Nangarhar und Kunar.

Es ist das bereits dritte große Erdbeben seit 2022 und „trifft eine Bevölkerung, die sich seit langem in einer humanitären Notlage befindet. Unsere lokalen Nothelfer sind schon seit längerem in der Region tätig, in der seit Machtübernahme der Taliban nur mehr wenige Hilfsorganisationen präsent sind. Und sie haben nach dem Erdbeben sofort begonnen, alles vorzubereiten, um den Menschen in den kommenden Tagen das zu geben, was sie zum Überleben brauchen: Notunterkünfte, Lebensmittel, Trinkwasser und medizinische Versorgung“, so die Diakonie-Direktorin.

Landkarte des betroffenen Erdbebengebietes
Landkarte des betroffenen Erdbebengebietes

Hilfe dringend notwendig

Viele Ortschaften sind schwer erreichbar. Katastrophenhelfer der lokalen Diakonie-Partner können glücklicherweise vor Ort helfen.

Afghanistan wird allein durch die geografische Lage besonders hart von Erdbeben getroffen. Zudem leben die meisten Menschen in Lehmhäusern, die den Erdstößen nicht standhalten. Das gebirgige Gelände erschwert den Zugang zu den Dörfern. Rettung und Versorgung werden dadurch massiv verzögert. Auch sind der Katastrophenschutz und das Gesundheitssystem nach jahrelangen Konflikten und Wirtschaftskrisen stark eingeschränkt.

Unicef-Verpackung von Hilfsgütern in Kopenhagen (Dänemark) fürs Erdbebengebiet in Ost-Afghanistan, September 2025
Unicef-Verpackung von Hilfsgütern in Kopenhagen (Dänemark) fürs Erdbebengebiet in Ost-Afghanistan, September 2025

Teams von UNICEF …

… befinden sich vor Ort und arbeiten eng mit lokalen Partnern sowie UN-Organisationen zusammen, um die Auswirkungen in den am stärksten betroffenen Gebieten zu erfassen und den notwendigen Hilfsbedarf festzustellen. Darüber hinaus versorgen von UNICEF unterstützte Gesundheitseinrichtungen in den Provinzen Nangarhar und Kunar die Verletzten und leisten dringend notwendige Behandlungen, während die Krankenhäuser zunehmend unter Druck geraten.

UNICEF liefert wichtige Notfallhilfsgüter, darunter Medikamente, Hygieneartikel (Seife, Waschmittel, Handtücher, Binden und Wassereimer), warme Kleidung, Schuhe und Decken, Küchenausstattung sowie Zelte und Planen für Familien, die ihr Zuhause verloren haben. „Wir stimmen uns weiterhin eng mit lokalen Partnern und Gemeinden ab“, heißt es in der Medien-Mitteilung.

UNICEF hat Sozialarbeiter in den am stärksten betroffenen Gebieten der Provinzen Kunar und Laghman eingesetzt. Zusätzlich stehen 250 Familienhygienesets und 2 Zelte für die sofortige Verteilung bereit. Weitere Sozialarbeiter sollen in Kürze entsandt werden.

Hilfsgüter werden im dänischen Kopenhagen verpackt und in die Region gebracht.

Unicef-Verpackung von Hilfsgütern in Kopenhagen (Dänemark) fürs Erdbebengebiet in Ost-Afghanistan, September 2025
Unicef-Verpackung von Hilfsgütern in Kopenhagen (Dänemark) fürs Erdbebengebiet in Ost-Afghanistan, September 2025

Care

Nach dem schweren Erdbeben der Stärke 6,0 im Osten Afghanistans verschärft sich die Situation dramatisch. Bisher wurden – nach neuesten Berichten – mehr als 1400 Todesopfer und über 2.700 Verletzte gemeldet, zahlreiche Menschen werden weiterhin vermisst. Ganze Dörfer liegen in Trümmern, Straßen sind blockiert und der Zugang zu den betroffenen Gebieten ist stark eingeschränkt. CARE und Partnerorganisationen arbeiten mit Hochdruck daran, dringend benötigte Hilfsgüter zu den Menschen vor Ort zu bringen.

„Gemeinsam mit unseren Partnern versuchen wir, die vom Erdbeben betroffenen Gemeinden zu erreichen – selbst in den am stärksten abgeschnittenen und schwer zugänglichen Regionen. Viele Straßen sind blockiert, unsere Teams müssen vier bis fünf Stunden zu Fuß gehen, um Überlebende zu erreichen. Vor Ort führen wir schnelle Bedarfsanalysen durch, um das Ausmaß der Zerstörung sowie die dringendsten Bedürfnisse der Betroffenen zu erfassen, damit wir gezielte Soforthilfemaßnahmen vorbereiten können“, schildert Graham Davison, CARE-Länderdirektor in Afghanistan und weist weiters daraufhin: „Besonders besorgt sind wir um Frauen und Mädchen. Ihr Zugang zu lebensrettenden Dienstleistungen ist durch anhaltende Einschränkungen stark begrenzt – in einer Katastrophe wie dieser sind sie daher besonders gefährdet.

Das Erdbeben trifft ein Land, das ohnehin schon unter einer massiven humanitären Krise leidet. Fast die Hälfte der Bevölkerung – rund 23 Millionen Menschen – ist bereits auf Unterstützung angewiesen. Dennoch sind die internationalen Hilfsprogramme derzeit nur zu 28 Prozent finanziert.“

Zerstörte Häuser, Hunderte Tote, Tausende Verletzte beim Erdbeben in der Nacht auf den 1. September in Ost-Afghanistan
Zerstörte Häuser, Hunderte Tote, Tausende Verletzte beim Erdbeben in der Nacht auf den 1. September in Ost-Afghanistan

World Vision

„Ganze Dörfer in den Distrikten Chawki und Noorgul wurden zerstört. Die Häuser aus Lehm und Holz stürzten ein und begruben die Bewohner unter den Trümmern. Das genaue Ausmaß der Katastrophe ist derzeit noch nicht absehbar. Die betroffene Region ist schwer zu erreichen, da durch das Erdbeben Straßen unpassierbar und auch Muren ausgelöst wurden“, berichtet World Vision – und bittet natürlich wie die anderen Hilfsorganisationen um Spenden.

„Über Partnerorganisationen wird nun auch die Katastrophenhilfe für die vom Beben im Osten des Landes Betroffenen geleistet. Hilfsgüter werden bereitgestellt, wichtig sind dabei vor allem Notunterkünfte, da der Winter in wenigen Monaten bevorsteht, der in der Region sehr kalt sein kann.“

diakonie -> afghanistan-erdbeben-nothilfe

unicef -> erdbeben-in-afghanistan

care -> spende-katastrophenhilfe

worldvision -> afghanistan-hilfe

Afghanische Botschafterin Manizha Bakhtari im Interview mit KiJuKU, Heinz Wagner

Taliban nicht „normalisieren“, Mädchen Bildung ermöglichen!

Beim mittlerweile zwölften Festival „Von Kabul bis Wien – Gemeinsam für Gleichberechtigung“ des Sport- und Kulturvereins „Neuer Start“ der afghanischen Community in Österreich – ausführlicher Bericht mit vielen Fotos und Videos folgt demnächst – wurde die kämpferische Noch-immer-Botschafterin Manizha Bakhtari enthusiastisch begrüßt. Sie reihte sich auch ein in die Vereins- und Diaspora-Vertreter:innen, die die Pokale für die besten Sportteams übergab.

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… durfte die Gelegenheit zu einem kurzen Interview nutzen. Da viel über die beeindruckende Persönlichkeit im derzeit in den Kinos laufenden Film „Die letzte Botschafterin“ zu sehen, hören und erleben ist – Filmbesprechung in einem weiteren, am Ende verlinkten, Beitrag, konzentrierte wir uns auf eine Frage. (Das Fest und das Interview fand übrigens vor dem schweren Erdbeben im Osten Afghanistans statt.)

Afghanische Botschafterin Manizha Bakhtari im Interview mit KiJuKU, Heinz Wagner
Manizha Bakhtari im Interview mit KiJuKU-heinz

KiJuKU: Frau Botschafterin, erstens Gratulation zu ihrem Mut, nicht aufzugeben, die Machtübernahme der Taliban zu kritisieren und sich auch in konkreten Projekten für Bildungs-Chancen für Mädchen in ihrem Heimatland einzusetzen. Die Frage nun, was empfehlen sie Österreich, vor allem jungen Menschen, wie können Kinder, Jugendliche, vor allem die von höherer Bildung ausgeschlossenen Mädchen in Afghanistan unterstützt werden?
Botschafterin Manizha Bakhtari: Zuallererst einmal geht es darum, möglichst viele Menschen in Österreich zu informieren, was sich in Afghanistan abspielt. Es gilt, die Diskussion darüber am Leben zu erhalten. Das Taliban-Regime ist keine legale Regierung. Die Bevölkerung leidet unter dieser Herrschaft, vor allem Frauen und Mädchen – diese werden aus dem öffentlichen Leben völlig ausgeschlossen. Und wenn nicht mehr darüber geredet wird, besteht die Gefahr, dass sich so etwas wie eine Normalisierung einschleicht, dann wird davon geredet, es gäbe zwar keine diplomatischen Beziehungen aber Gespräche auch technischer Ebene, was letztlich doch eine Art Anerkennung dieses Regimes bedeutet.

Das Zweite ist, wie können wir hier Bildung in Afghanistan unterstützen, auch wenn es für Mädchen im formellen System nicht möglich ist. Es können Online-Kurse sein.

Afghanische Botschafterin Manizha Bakhtari im Interview mit KiJuKU, Heinz Wagner
Manizha Bakhtari im Interview mit KiJuKU-heinz

KiJuKU: So wie Ihre Initiative Daughters-Program…
Manizha Bakhtari: … Ja, aber meine Initiative ist eine kleine, Menschen sind eingeladen, diese zu unterstützen, aber es muss nicht diese sein. Es gibt viele Initiativen und können neue starten – es geht darum, Mädchen, die von Bildung ausgeschlossen werden, eine solche auf eben informellen Wegen zu ermöglichen.

Und das größere Bild ist: Die Welt sollte wissen, wer die Taliban sind und wie sie Afghanistan beherrschen. Ihr Weg ist kein Regierungs- oder legales System. Sie haben kein Rechts-System, keine Verfassung. Sie kontrollieren das Land nach ihrem Willen. Nichts sollte die Taliban normalisieren, „weiß-waschen“, sie sind dieselben, die die internationale Gemeinschaft 20 Jahre lang in Afghanistan bekämpft hatte.

Afghanische Botschafterin Manizha Bakhtari im Interview mit KiJuKU, Heinz Wagner
Manizha Bakhtari im Interview mit KiJuKU-heinz

KiJuKU: Ist das auch das Problem europäischer Regierungen, die jetzt sagen, wir sprechen nicht mit den Taliban, aber…
Manizha Bakhtari: … ja „nur“ auf technischer Ebene. Ich glaube, dass jede Art der Verhandlung die Taliban als Rechtfertigung für ihre Herrschaft ansehen. Auch wenn wir unterscheiden müssen zwischen politischen Gesprächen und humanitärer Hilfe. Solche könnte schon geschickt werden, aber ohne sich politisch mit den Taliban zu arrangieren.

KiJuKU: Modsha kheram, kheli mamnoon, sepaz, daste shoma dart nakone, tasakkor.
Manizha Bakhtari: Thank you so much.

kijuku_heinz

Bild aus dem Film "Die letzte Botschafterin"

Portrait einer kämpferischen Diplomatin

Afghanistan – derzeit (kurz) wieder in den Medien wegen des starken Erdbebens in der östlichen Provinz Kunar mit mehr als 800 Todesopfern – wird seit knapp mehr als vier Jahren (Mitte August 2021) von den Taliban beherrscht. Jener diktatorischen Gruppe, die von der internationalen Staatengemeinschaft 20 Jahre lang bekämpft wurde. Und die davor schon an der Macht und jetzt wieder Demokratie, Menschen- und vor allem Frauenrechte mit Füßen treten. Was Zehntausende in die Flucht getrieben hat.

Bild aus dem Film
Bild aus dem Film „Die letzte Botschafterin“

Noch in der Vor-Taliban-Ära wurde Manizha Bakhtari, studierte Journalistin und gelernte Diplomatin, davor in Norwegen, zur Botschafterin in Österreich bestellt. Sie hatte sich, die künftige Entwicklung kommen sehend, im Juli 2021 gegen Abschiebungen in ihr Heimatland ausgesprochen. Und wurde dafür vom österreichischen Außen- und Innenministerium gerügt.

Bildungs-Initiative

Wie sie auf sanfte Art aber energisch gegen die undemokratische, menschen- und frauenfeindliche Herrschaft der Taliban auftritt, Oppositionelle versammelt, eine eigene kleine Initiative gestartet hat, um Mädchen auf informellem Weg im Zuge von privaten (Online-)Kursen Bildung zu ermöglichen und vieles über ihr Leben, ihren Mut und trotz allem ihre Zuversicht vermittelt der kürzlich in den heimischen Kinos gestartete Film von Natalie Halla „Die letzte Botschafterin“.

Da das Regime ja international nicht anerkannt ist, akzeptierte sie ihre Kündigung nicht und vertritt das vorherige Afghanistan auch bei internationalen Organisationen, musste die repräsentativen Räumlichkeiten in der Innenstadt aber gegen ein kleines Büro in Wien-Ottakring tauschen.

Bild aus dem Film
Bild aus dem Film „Die letzte Botschafterin“ – das Heimatland zum Greifen nah und doch so weit weg

Nahe der heimatlichen Erde

Über mehr als drei Jahre begleitete die schon davor preisgekrönte Dokumentarfilmerin die engagierte Frauenrechtlerin – in Wien und bis Tadschikistan – Bakhtari gehört der tadschikischen Minderheit in Afghanistan an. Dort ging sie nahe an die Grenze zu ihrem Heimatland, das sie noch immer hofft, eines Tages wieder erleben zu können, während ihr im Film zu Wort kommender Ehemann weniger zuversichtlich diesbezüglich ist.

Eingebaut in den nicht ganz eineinhalb-stündigen Film – in Dari und Englisch mit deutschen Untertiteln – hat die Künstlerin auch Nachrichtenbilder aus der turbulenten Zeit des Abzugs der USA sowie der Machtübernahme der Taliban – und Bilder aus Handyvideos einer der Mädchen die mit Manizha Bakhtaris Unterstützung in privaten Räumen doch lernen kann.

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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Das EichZörnchen"

(Wort-)verspielter Umgang mit Wut, Zorn und Ärger

Schon das Titelbild und das Wortspiel sagen Wesentliches darüber aus, worum sich dieses Bilderbuch dreht: Um Zorn, heißt das von Kira Howanietz in Reimen geschriebene und von Nadine Y. Resch gezeichnet Buch „Das Eichzörnchen“. Ganz verschreckt schaut ein Hase über einen Busch als das rötliche Eichhörnchen auf dem Cover fast zu zerspringen droht.

Dabei beginnt die Story so lieblich und verspielt: Pip träumt von einem eigenen Baumhaus, Sein Papa macht sich ans Werk. Doch dann regnet’s, Der Nuss-Knack-Hammer landet auf der Pfote. „Pupskacka-Mist! / Stink-Fliegendreck!“ entfährt’s dem Eichhörnchen-Kind bis es in der Folge fast zerspringt.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Das EichZörnchen“

Vom Raufen zum Tanzen

Und dabei anderen Tieren auf Füße tritt, auf Nichts und Niemanden achtet. Was entsprechend ähnliche Reaktionen bei beispielsweise dem Specht auslöst… Und schon gibt’s die ärgste Tier-Keilerei. Bis plötzlich ein Fuchs auftaucht. Doch nein, der frisst weder den einen noch einen anderen, er ist nur fuchsteufelswild, weil die Raufhanseln sein Blumenbeet zerstört haben.

Auch er zuckt aus, aber seinen Ärger und Frust trommelt und tanzt er raus… Doch damit ist die Geschichte noch nicht aus 😉 Sie zeigt aber den Weg hinaus 😉
Ob aus dem (Eich-)Zörnchen wieder ein Eich-Hörnchen wird? Nein, dazu wird hier nichts gespoilert.

Manches wirkt ein wenig krampfhaft, einfach dem Zwang zum Reim geschuldet. Macht doch „Zack! Verliert das Eich sein Hörnchen. / Zisch! Vor uns steht Pip, das Zörnchen!“ fast glauben, der Gattungsname komme von einem kleinen Horn ;(

kijuku_heinz

Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Das EichZörnchen“
Bildmontage aus einem Szenenbild aus dem "Tafiti"-Kinofilm und zwei Screenshots aus dem Online-Video-Interview

Schockverliebt in Erdmännchen

Julia Boehme hat – neben vielen anderen Büchern (insgesamt rund 200) vor mehr als einem Dutzend Jahren die „Tafiti“-Reihe erfunden und für den nun startenden Kino-Film – gemeinsam mit Nicholas Hause – das Drehbuch verfasst. Wie es zu den Erdmännchen-Abenteuern kam und wie sie arbeitet erzählt sie im (Online-Video-)Interview mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… – Buch- und Filmbesprechung sind schon erschienen und am Ende des Beitrages verlinkt.

KiJuKU: Ich hab gelesen, Sie haben schon als Kind gern Geschichten geschrieben, ab welchem Alter ungefähr?
Julia Boehme: Bevor ich noch schreiben konnte, hab ich mir Geschichten ausgedacht und erzählt. Bei Bildern in Märchenbüchern auch. Und war dann enttäuscht, wenn sie mir vorgelesen wurden und ganz anders waren. Manchmal war ich auch überrascht.

KiJuKU: Sind manche der Geschichten, die Sie damals erfunden haben, in das eine oder andere Ihrer rund 200 Bücher eingeflossen?
Julia Boehme: Ich glaube nicht. Was aber natürlich schon einfließt, sind Erinnerungen an Gefühle, die du als Kind hast: Wenn dir gesagt wird, dass du zu klein für etwas bist, dir nichts zugetraut wird. Oder Allein-Sein, Gerechtigkeit, Angst, keine Freunde zu haben…

Autorin Julia Boehme
Autorin Julia Boehme mit Büchern im Hintergrund (rechts) und einer großen „Tafiti“-Figur (links)

Lieblingstiere der Kinder

KiJuKU: Wie kamen Sie auf die Idee, ein Erdmännchen zum Titelhelden einer Serie – oder war es anfangs gar nicht als Serie gedacht – zu machen?
Julia Boehme: Die Erdmännchen verdanke ich der Illustratorin Julia Ginsbach. Sie hat mir damals ein Mail mit lauter Erdmännchen geschickt, das waren die Lieblingstiere ihrer Tochter. Ich war sofort schockverliebt, weil sich da viele Möglichkeiten ergaben – sie könnten in einem Zoo irgendwo auf der Welt leben oder da, wo sie in freier Natur zu Hause sind.

Dafür ist übrigens das Pinselohrschwein das Lieblingstier meines Sohnes gewesen. Wir wohnen in Berlin in der Nähe des Zoos und er wollte immer zu diesen Tieren.

KiJuKU: War’s von Anfang an als Serie gedacht?
Julia Boehme: Zunächst bin ich von einem Buch ausgegangen, als der Verlag mehr wollte, hab ich zuerst gedacht, da ist ja schon alles erzählt. Aber dann hab ich mich vertieft, recherchiert, welche Tiere noch in der Savanne im südlichen Afrika leben und welche noch nicht vorgekommen waren. Und so kamen nimmer mehr Geschichten zustanden, in die ich Eigenheiten dieser Tiere , die mitunter lustig und spannend sind, einbauen konnte.

Das war auch irgendwie eine Reise zurück in meine Kindheit, in der ich im Fernsehen viele Tierdokus geschaut habe. Ich bin dann auch in die Region gereist, habe viele dieser Tiere auf einer Safari gesehen, nur leider bisher noch keine Erdmännchen. Die sind mir und auch der Illustratorin längst ans Herz gewachsen.

Der Verlag hat sich auch früh in das Projekt verliebt – neben der Buchserie gibt es Sonderbände, Malbücher, Spiele, eine Lieder-CD und sogar eine App (kostenpflichtig, Anmerkung der Redaktion).

KiJuKU, Heinz Wagner
Fragender Journalist Heinz Wagner, KiJuKU.at

Ganz neues Abenteuer, eigene Welt

KiJuKU: Nachdem sie ja lange auch fürs Kinderfernsehen gearbeitet haben, war die Umsetzung in einem Film wahrscheinlich nicht so schwierig, aber wie war die Auswahl welcher Abenteuer fürs Kino?
Julia Boehme: Die Idee für einen Film gab’s schon früh, 2016 – 2013 hat die Buchserie begonnen – gemeinsam mit Nicholas Hause. Und klar war, es muss ein eigenes Abenteuer, eine eigene Welt sein. Die Bücher spielen ja im Lebensraum der Erdmännchen, in der Savanne. Und weil die namibische Wüste gleich nebenan liegt, soll’s eben durch diese und ihre Tiere und diesen Lebensraum gehen. Ich liebe die Realität und so kommt die thermisch tanzende Eidechse vor und die Käfer, die Kopfstand machen, um Tautropfen zu trinken, das Meer das an die Wüste grenzt…

Das Drehbuchschreiben war dann eine tolle Abwechslung.

KiJuKU: Weil sie erwähnt haben, dass der Anstoß zu den Erdmännchen von der Illustratorin gekommen ist, wie ist Ihre Zusammenarbeit? Schreiben Sie erst das ganze Buch und dann bekommt Julia Ginsbach den Text oder erzählen Sie ihr schon vorher einzelne Szenen?
Julia Boehme: Ich schreibe zuerst den ganzen Text, wobei wir schon auch vor allem über die Grundgeschichte des jeweiligen Bandes sprechen; vor allem für das Cover, weil der Verlag das ja oft schon für Vorschauen braucht, bevor das Buch fertig ist.

KiJuKU: Wie arbeiten Sie? Haben Sie dann immer die ganze Geschichte schon im Kopf? Machen sich zwischendurch, wenn Ihnen was einfällt Notizen? Diktieren den Text oder tippen Sie ihn?
Julia Boehme: Beim Brainstormen skizziere ich oft mit Stift auf Papier, beim Spazierengehen tippe ich Ideen ins Handy, andere Überlegungen oder Träume notiere ich handschriftlich. Und den Text selber tippe ich in den Computer. Gehe aber 1000 Mal drüber, achte dabei auch auf den Rhythmus. Der Klang spielt für mich eine große Rolle. Drum lese ich gegen Ende den Text laut. Im letzten Durchgang lese ich ihn meinem Sohn, der mittlerweile erwachsen ist, vor. Er ist äußerst kritisch und sagt mir, wenn er etwas zu langweilig oder zu pädagogisch findet.

KiJuKU: Da Sie ja viel schreiben, unter anderem die zwei großen Serien, geht das parallel?
Julia Boehme: Und noch andere wie „Magic Lilly“ mit vielen Comic-Elementen. Und ich mach – seit dem Vorjahr – noch die Serie „Flip, der Einhornfisch“ mit einem sehr hohen Bildanteil. Ich arbeite aber nie parallel an zwei Projekten. Ich schreibe jeden Tag viel. Ich könnte mir auch gar nicht vorstellen, einen Tag nicht zu schreiben. Ich hab keine Büro-, sondern sozusagen Gleitzeit.

Szenenbild aus dem Kinofilm
Szenenbild aus dem Kinofilm „Tafiti – Ab durch die Wüste“

„Zauberkiste“

KiJuKU: Ich nehme an, Sie haben noch viele anderen Ideen, haben Sie da so etwas wie eine Schatztruhe, Sammelkiste oder Lade?
Julia Boehme: Ja, ich hab digital so eine „Zauberkiste“, gerade greif ich da nicht rein, weil ich relativ ausgebucht bin mit den bestehenden Reihen.

KiJuKU: zurück zum Anfang, Sie haben schon als Kind Geschichten ausgedacht und dann, sobald sie schreiben konnten, auch aufgeschrieben, war Ihnen bald auch klar, dass Sie Autorin werden wollen?
Julia Boehme: Als junges Kind war ich davon überzeugt, habe aber dazwischen den Glauben daran verloren. Wenn dir alle sagen, davon kannst du nicht leben, das schaffst du nicht… So hab ich dann gedacht, ich will wenigstens was Ähnliches machen, hab Literatur und Musikwissenschaften studiert, für Zeitungen und Radio, später fürs Fernsehen gearbeitet – in der Redaktion und als Producerin. Und dann gemerkt, ich glaub, ich kann das doch und seit gut 25 Jahren klappt das ganz gut.

KiJuKU: Vielen Dank
Julia Boehme: Ich danke auch.

kijuku_heinz

Zur Filmbesprechung geht’s hier unten

Zu einem Interview mit der Regisseurin des Tafiti-Kinofilm geht es hier unten

Weitere Tafiti-Buchbesprechungen

Radparcours

Grüner Teppich für autofreie Gasse

Der zeitweise Regen führte zwar dazu, dass sich etliche Besucher:innen unter Bäume oder Regenschirme begaben, aber der festlichen Stimmung konnte das nicht viel anhaben. Wasser sprudelte übrigens beim zweiten Straßenfest in der kleinen Sackgasse, die großspurig Baumannstraße (Wien-Landstraße), auch von unten nach oben. Mitorganisator:innen von „Die Werkstatt – Baumanstraßen-Verschönerungsverein“ hatten ein kleines Planschbecken mit Springbrunnen gebaut.

Botschaften

Von dort zog sich schräg über die Gasse ein breiter grüner Teppich – und so manch handbemalte Holztafel verbreitete auch die Botschaften, unter anderem „Stadt für Menschen statt für Autos“.

Sport

Am anderen Ende der Sackgasse, knapp vor den Stiegen und der Rampe in den Sünnhof wartete ein Tischtennis-Tisch und mehr als ein halbes Dutzend Schläger. Immer wieder spielten Anrainer:innen und Besucher:innen, mitunter auch sogenannte Ringerln- mehrere spielen und laufen nach dem Schlag weiter in der Rund, um von der anderen Tisch-Seite den kleinen Ball zu treffen.

Der große autofreie Platz daneben war für mehrere Stunden einem Fahrrad- und Scooter-Parcours gewidmet. Davor standen ebenfalls wie schon im Vorjahr Kleiderständer für Tausch-Möglichkeiten.

Das Straßenfest dient einerseits der Pflege der Nachbarschaft dient und führt andererseits anschaulich und spürbar vor Augen, wie lebenswert städtische Gassen und Straßen sein können, wenn sie nicht als Auto-Abstellflächen genutzt werden müssen.

Nachhaltigkeit

Eine neue Initiative bei dem Straßenfest lieferten einige Kinder. Sie boten bei einem Flohmarkt Spielzeug an, von dem sie sich trennen wollen – wie der Kleidertausch ein kleines Element zur Nachhaltigkeit. Abseits des Straßenfestes bietet auch eine der wahrscheinlich schönsten und einladendsten Grätzl-Oasen der Stadt ganzjährig gemütliches Verweilen – ebenfalls vom oben schon genannten „Verschönerungsverein2 gestaltet und eigenhändig gebaut und bepflanzt. Eine ebenfalls aus Holz gezimmerter offener Bücherschrank rundet die Initiative ab.

PS: Verspätetes Update: Das Ende des Straßenfestes fiel ins Wasser, recht heftig einsetzender Regen vertrieb die Besucher:innen aber nciht vollständig, mnache fanden in Hauseingängen tratschenden Zuflucht, andere versammelten sich im Lokal der Werkstatt der Organisator:innen, die selber eifrig alles ins Trockene wegräumten.

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Mehr Informationen

Szenenbild aus dem Kinofilm "Tafiti - Ab durch die Wüste"

Animationsfilm braucht viel Geduuuuuld

Wenngleich „Tafiti – Ab durch die Wüste“ im Kino erst am 4. September 2025 anläuft, kann Regisseurin Nina Wels im Interview mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… – sie will keine Fotos aus dem Online-Video-Gespräch – schon auf Publikumsreaktionen zurückblicken. Weltpremiere hatte der Film – Besprechung sowie die einiger „Tafiti“-Bücher am Ende des Beitrages verlinkt – beim bekannten Festival in Zlín (Tschechische Republik) Anfang Juni. Knapp ein Monat später beim Filmfest München gab’s den CineKidl-Publikumspreis für die animierten Erdmännchen-Abenteuer. Film- und Buchbesprechungen sowie Interview mit Autorin Julia Boehme am Ende des Beitrages verlinkt.

KiJuKU: Laienhafte Frage des Journalisten: Wie funktioniert Regie bei einem Animationsfilm?
Nina Wels: Gar nicht so anders. Als Regisseurin lese ich das Drehbuch, mach mir Gedanken, wie kann ich das in bewegten Bildern auflösen, wie spielen die Charaktere – intro- oder extrovertiert… ähnlich wie bei Realverfilmungen.
Aber vom Ablauf aber dann schon anders: Erst wird grob gezeichnet, dann werden die Sprachaufnahmen gemacht, in dem Fall auf Englisch wie bei den meisten Animationsfilmen für den internationalen Markt. Dieser ist schon in 100 Länder verkauft – europa- und weltweit.

Dann zeichnen und bewegen die Animator:innen die Figuren, das Licht, die Welt drumherum, in dem Fall Wüste, Felsen…
Danach wird die Musik drübergelegt. Alles in allem hatte dieser Film eine Produktionszeit von drei Jahren.

Szenenbild aus dem Kinofilm
Szenenbild aus dem Kinofilm „Tafiti – Ab durch die Wüste“

Als Kind Stopp-Motion-Trickfilme

KiJuKU: Wie sind Sie zum (Animations-)Film gekommen? Haben Sie schon als Kind Trickfilme gedreht?Nina Wels: Bevor ich Regie führ(t)e hab ich selber animiert, unter anderem „Lissi und der wilde Kaiser“. Ich habe als Kind Animationsfilme geliebt, hab gern und gut gezeichnet, wollte dann Grafikdesign studieren, wurde nie angenommen und hab dann vom Diplomstudium Animation an der Film- und Fernseh-Hochschule Babelsberg (bei Berlin) erfahren, mich beworben und wurde genommen (1994). Gar nicht so einfach: Aus vielen, vielen Bewerberinnen und Bewerber werden pro Jahr nur ungefähr sieben bis acht Leute genommen.

Ja schon, als Kind habe ich auch erste Trickfilme gedreht – mit Freunden Sets gebaut und Stopp-Motions-Filme gemacht. Und in der Schule hatte ich den Kunstunterricht immer gerne. Aber da wusste ich noch gar nicht, dass man das studieren kann.

KiJuKU: In diesen 30 Jahren seit Sie mit Ihrem Studium begonnen haben, hat sich ja gerade auf diesem Sektor auch technisch sehr viel verändert.
Nina Wels: Klar, Tafiti wurde komplett im Computer 3D-animiert, angefangen hab ich klassisch mit 2d und handgezeichnet. Das haben wir auch im Studium noch so gelernt. Aber als Computer aufkamen, wollt ich schon immer darauf arbeiten und 3D animieren, darauf hab ich mich bald spezialisiert. Auf diesem Sektor ist derzeit gerade sehr viel in Bewegung.

KI?

KiJuKU: Killt Künstliche Intelligenz (KI) dann viele Jobs in diesem Bereich?
Nina Wels: Es verändert sich sehr viel. Vor allem Entwürfe werden verstärkt mit KI-Einsatz designt, aber Ideen müssen immer noch Menschen einbringen. Die KI kann ja ncihts erschaffen, was sie noch nicht kennt.
Aber es ist schwer vorauszusehen, wie schnell sich diese Tools entwickeln.

Szenenbild aus dem Kinofilm
Szenenbild aus dem Kinofilm „Tafiti – Ab durch die Wüste“

KiJuKU: Zurück zu Tafiti: Wenn es drei Jahre dauert bis so ein Film fertig ist, wird das dazwischen nicht irgendwann langweilig?
Nina Wels: Ich hab den Film total gerne gemacht und kann sagen, in diesen drei Jahren gab es nicht eine einzige Minute wo ich den Film doof fand. Ich schmeiß mich in ein Projekt immer voll und ganz rein. Mindestens einmal in der Woche hab ich angeschaut, was bis dahin entstanden ist. Zwei Mal in der Woche rede ich mit dem Team. So ein Animationsfilm braucht sehr viel Zeit. In der Woche entstehen wenn’s gut geht, acht Sekunden vom Film.

Schon immer gut versinken

KiJuKU: Das erfordert aber ganz schön viel Geduuuuld. Sind Sie grundsätzlich sehr geduldig?
Nina Wels: Ich konnte schon als Kind beim Spielen in Sachen versinken und mit gut allein mit Dingen beschäftigen.

KiJuKU: Wenn pro Woche „nur“ acht Sekunden entstehen, gibt’s da während der Produktion das eine oder andere Mal die Sorge, dass de Film nicht rechtzeitig fertig werden könnte?
Nina Wels: Ich hab davor schon in so vielen Produktionen gearbeitet, eben auch selbst als Animatorin. Daher kenn ich die Abläufe und weiß wie lange es dauert und wann was fertig werden muss. So kann ich da ganz entspannt damit umgehen, weil ich das gut einschätzen kann. Es hat auch super geklappt, wir konnten alle Deadlines einhalten. Das ist alles eine Frage guter Planung.

KiJuKU: Dürfen Sie schon über Ihre nächsten Filme etwas verraten?
Nina Wels: Parallel zur Produktion des Tafiti-Films hab ich natürlich schon neue Projekte vorbereitet. Aber alles kann immer erst in Angriff genommen werden, wenn die Finanzierung abgeschlossen ist. „Tafiti“ wurde schon vor vielen Jahren angetragen, aber es hat gedauert, bis die Finanzierung stand.

Als nächstes habe ich vor, einen Originalstoff, eine Geschichte, die ich geschrieben habe, zu verfilmen. Beim Trickfilmfestival in Stuttgart hat die dritte Fassung von „Rat Kind“ (gemeinsam mit Kristina Yee), eine Geschichte für ältere Kinder so ab 10 Jahren, eine Fantasy-Geschichte, die in der Zukunft spielt, eine lobende Erwähnung beim Animations-Drehbuchpreis bekommen.

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Zur Filmbesprechung geht’s hier unten

Hier unten geht’s zum Interview mit der Buchautorin sowie Drehbuch-Co-Autorin

Weitere Tafiti-Buchbesprechungen

Szenenbild aus dem Kinofilm "Tafiti - Ab durch die Wüste"

Zur heilenden Blume hinter der Wüste…

„Ein befreundeter Drehbuchautor, Nicholas Hause, und ich hatten tatsächlich schon 2016 – 2013 haben wir mit Tafiti angefangen – die Idee, ob wir da nicht einen Film draus machen können“, sagt Julia Boehme im Video-Online-Interview mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… rund eine Woche vor dem Kinostart von „Tafiti – Ab durch die Wüste“.

Sie denkt sich die Abenteuer des Erdmännchens und des tierischen Kosmos rund um diesen kleinen Helden seit mehr als zwölf Jahren aus. Wobei der zündende Funke, auch das verrät sie im Interview, von der Illustratorin Julia Ginsbach kam – aber mehr dazu im Interview, der als eigener Beitrag demnächst hier erscheint und dann verlinkt wird.

Szenenbild aus dem Kinofilm
Szenenbild aus dem Kinofilm „Tafiti – Ab durch die Wüste“

Dieser Artikel hier dreht sich um den Film, nur noch so viel von der Autorin, die auch gemeinsam mit dem schon genannten Haus gemeinsam das Drehbuch verfasst hat: „Wir haben beschlossen, in dem Film eine eigene Welt aufzumachen. Die Savanne ist schon in den Büchern etabliert. Wir haben Tafiti in die namibische Wüste, die ja nebenan liegt, geschickt, um dort Abenteuer zu erleben.“

Opas Regel

Auch wenn Omama in der Erdmännchen-Höhle gefährliche Tiere nur mit ihren Pfoten als Schattenspiele an die Wand wirft, Opa warnt seine Sippe praktisch andauernd vor anderen Tieren. Selbst Schmetterlinge seien gefährlich – weil sie die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und von Gefahren ablenken. Sie sollten einfach nur unter sich bleiben, predigt er ständig. „Vergiss nicht, alle Tiere sind gefährlich, halte dich von Fremden fern!“

Dass Tafitis bester Freund kein Erdmännchen, sondern ein Pinselohrschwein namens Pinsel ist, wissen sicher alle, die schon das eine oder andere von Boehme und Ginsbach aus dieser Welt gelesen haben.

Szenenbild aus dem Kinofilm
Szenenbild aus dem Kinofilm „Tafiti – Ab durch die Wüste“

Bald nach Beginn dieses Animationsfilms, der übrigens zuerst auf Englisch gedreht wurde, wie Regisseurin Nina Wels in einem weiteren Interview mit KiJuKU erzählt – auch das ein eigener Beitrag -, rettet Tafiti den Freund aus den Adler-Klauen, bringt ihn nach Hause. Pinsel passiert ein Missgeschick, in dem er eine giftige Schlange vom Baum holt. Die beißt Opa. Der liegt sterbenskrank darnieder. Da ist sie wieder, Opas Regel!

Langer Weg zur Rettung

Eine Legende besagt aber, eine blaue Blume am Ende der Wüste, habe besondere Heilkräfte. Also macht sich Tafiti auf den Weg. Nach dem Erlebnis mit Pinsel will er das alleine tun und sicher nicht mit dem (Ex-)Freund. Der lässt sich – gerade aus schlechtem Gewissen – nicht abschütteln. Und das ist, wie sich im Laufe der nicht ganz 1½ spannenden, immer wieder aufregenden Kino-Stunden herausstellen wird, dann auch gut so.

Szenenbild aus dem Kinofilm
Szenenbild aus dem Kinofilm „Tafiti – Ab durch die Wüste“

Und natürlich gibt’s trotz aller Gefahren ein Happy End, so viel darf sicher verraten werden, war wohl auch von Anfang an klar. Und auch, dass Tafitis Neugier und Bereitschaft, Freundschaften über Erdmännchens Grenzen hinaus zu schließen, besser ist als Opas Regel, sich von Fremden unbedingt fernzuhalten!

Drei Jahre Arbeit für großartige Animationsbilder

Die Arbeit an dem Film, die – auch aus dem Interview mit Nina Wels – drei Jahre gedauert hat, liefert aber nicht nur spannende Abenteuer, sondern immer wieder auch atemberaubende Bilder. Selbst auf dem kleinen Laptop-Monitor, auf dem KiJuKU den Film vor den Interviews anschauen durfte, vermittelt sich die schier endlos wirkende Weite der Wüste in vielen Einstellungen. Ebenso die fast unerträgliche Hitze und der Mangel an trinkbarem Wasser, die mitunter spürbar heftiger wirken als die direkte Bedrohung durch Fressfeinde (Charakter Design: Peter Oedekoven; Set Design: Paul Kolvenbach). Die Musik (Carsten Rocker) verstärkt die starken Bildimpressionen.

Doppelseite aus dem Buch zum Film
Doppelseite aus dem Buch zum Film „Tafiti – Ab durch die Wüste“

Das Buch zum Film

Wer vielleicht schon vor dem Kinostart alle Abenteuer des Film kennen will, kann schon davor das Buch zum Film lesen. Oder aber auch nach dem Kinobesuch das eine oder andere noch nachlesen, oder sich vorlesen lassen und so manche der beeindruckenden Bilder der Dauer-Illustratorin der Tafiti-Werke betrachten. Das Buch endet übrigens mit einer Doppelseite auf der eine stilisierte Landkarte der realen Wüste Namib (an der afrikanischen Südwestküste) abgebildet ist – mit den 16 Stationen der einzelnen Kapitel des Buches bzw. Films.

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Doppelseite aus "Tafiti und seine Freunde – Das große Fußballturnier"

Schlangen verbiegen sich zu 0:8

Seit 12 Jahren lässt sich Julia Boehme – neben vielen anderen Geschichten – immer wieder neue Abenteuer für Erdmännchen Tafiti, seine Familie, andere Tier, darunter viele Freund:innen einfallen. In der ersten Septemberwoche (2025) startet der Kinofilm „Tafiti – Ab durch die Wüste“; dazu demnächst hier ausführlich, samt Interviews mit Autorin Julia Boehme, die auch das Drehbuch mit verfasste und Regisseurin Nina Wels.

Hier erschien kürzlich die Besprechung von Buchband 23 der „Tafiti“-Abenteuer. Und nun eine kurze Rezension von Band 1 einer neuen Reihe rund um den Erdmännchen-Star, für Erstleser:innen – „Tafiti und seine Freunde“. Auftakt macht „Das große Fußballturnier“.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Tafiti und seine Freunde – Das große Fußballturnier“

Pangolin

Julia Boehme, die gern auch eher unbekannte Tiere vorstellt, die tatsächlich im südlichen Afrika Lebensraum mit Erdmännchen teilen, lässt Tafiti und seinen besten Freund das Pinselohrschwein Pinsel auf einen zusammengerollten Pangolin, ein Schuppentier, stoßen. Vermeintlich wirkt er dabei aufs erste wie ein Fußball. Und das ist die zündende Idee. Tafiti bindet aus Bananenblätter nun einen wirklichen Ball. Beim ersten hin und her Kicken bleibt’s nicht, will doch der Löwe auch mitspielen und im Nu gibt’s zwar nicht wirklich wie der Titel vermuten lässt, ein Turnier, aber immerhin ein Match.

Tafiti, Pinsel, Erdferkel Kukukifuku, die Stachelschweine Pix und Pax auf der einen, Löwe King Kofi, Gepardin Duma und ihr Artgenosse Leo, die Hyänen Knurr und Grrr auf der anderen Seite. Wegen des großen Überblicks schlüpft Gina, die Giraffe in die Rolle der Schiedsrichterin und Pango, so der naheliegende Name des Pangolin, der gibt das Publikum.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Tafiti und seine Freunde – Das große Fußballturnier“

Spielerwechsel

Zwei Schlangen im Baum zeigen den Spielstand an. Ein roter Kreis für die 0 (null) geschossener Tore von Tafitis Team und ein einmal „verknotete“ grüne Schlange für die 8 Treffer der Raubtiere.

Natürlich kann das so nicht enden. Spielerwechsel. Nashorn Norbert wird Torhüter bei den (noch) Unterlegenen, dazu noch Zebra und Elefant… Wobei nicht wirklich ersichtlich ist, wer für wen aufs Feld kommt. Und klar, jetzt holt Tafitis Team auf und … – nein, nix gespoilert, außer…

… dass es nach dem Ende noch Rätselfragen zum Text mit Buchstaben für ein Lösungswort, das angeblich auf der speziellen Internetseite des Verlags in eine magische Box einzutragen wäre – die dort aber nicht zu finden ist ;(

kijuku_heinz

Titelseite von
Titelseite von“Tafiti und seine Freunde – Das große Fußballturnier“

Doppelseite aus dem bebilderten Buch "Tafiti - Erdmännchen in Gefahr"

Abenteuer Nummer 23 für Erdmännchen

Bevor’s hier demnächst und das noch dazu ausführlich um den großen Kinoauftritt von Erdmännchen Tafiti und seiner abenteuerlichen Reise durch die Wüste – vor allem mit seinem Lebensfreund Pinsel, seines Zeichens ein Pinselohrschwein – geht, noch schnell eine Besprechung des jüngsten regulären Bandes (Nummer 23) aus dieser Reihe von den beiden Julias Boehme (Autorin) und Ginsbach (Illustratorin).

„Erdmännchen in Gefahr“ passt ziemlich gut zum Filmabenteuer „Tafiti – Ab durch die Wüste“. Doch hier sind es vor allem Verwandte des Titelhelden, die sich manchmal in Gefahr begeben, viel öfter aber solche wittern, auch wenn Tafiti himself dann stets klärend eingreift. Die vermeintlich gefährlichen Tiere sind dann allesamt Freundinnen und Freunde des Erdmännchen-Helden.

Doppelseite aus dem bebilderten Buch
Doppelseite aus dem bebilderten Buch „Tafiti – Erdmännchen in Gefahr“

Alles Löwe… 😉

Der Kontakt zu den weitschichtig Verwandten, die weit weg auf einer Art Insel leben, kam über einen von einem Pelikan, der dank seines Schnabels als Postler arbeitet, zugestellten Breifes zustande. Und nun wandern Zula und Jabari in Richtung Tafitis Familie. Alles halten sie für Löwen und damit lebensbedrohlich. Doch einmal ist es ein Vogel Strauß, dann wieder sind es Elefanten. Doch dann taucht wirklich King Kofi der Löwe auf.

Natürlich werden alle Abenteuer glücklich überstanden, so viel darf doch verraten werden, ohne die Spannung des wieder licht lesbaren und reich illustrierten Buches zu zerstören.

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Titelseite des bebilderten Buches
Titelseite des bebilderten Buches „Tafiti – Erdmännchen in Gefahr“
Doppelseite aus "Minka, Onkel Marco & das Pizzasoßenbeet"

Wie ein Pizza-Belag helfen kann, die Welt zu retten

Was im Titel vielleicht ein wenig seltsam wirkt „Pizzasoßen-Beet“, beginnt mit der möglicherweise großspurig wirkenden Ansage der Titelheldin „Ich bin Minka und mein Plan ist, die Welt zu retten“.

Minka ist ein Kind, hat aufgeschnappt, dass die Erde in Gefahr ist und „wenn kein Wunder passiert, ist das Ende nah“.

Aber statt in Ohnmacht zu verfallen oder nur große Reden zu halten, will dieses Mädchen was tun. Und lernt vom Onkel Marco und dessen aufs Erste eher verwildert ausschauenden Garten, dass es ganz gut ist, nicht nur eine Sorte zu pflanzen, sondern verschiedene miteinander. Und das ganz absichtlich, obwohl Tante Olga behauptet, Marco sei nur zu faul und wo ihm Samen aus der Hand fallen, dort wächst dann eben dies und das, kreuz und quer.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Minka, Onkel Marco & das Pizzasoßenbeet“

Biodiversität

„Wenn zum Beispiel ein kleiner Käfer, sagen wir, die Tomate auffressen will, dann traut er sich nicht in ihre Nähe, weil er es hasst, dass der Knoblauch so stinkt“, erklärt der Marco seiner Nichte Minka.

Und von da ausgehend erklärt sich nach und nach auch der Großteil des Buchtitels „Minka, Onkel Marco & das Pizzasoßen-Beet“ – fast alles, was für eine Soße auf dieser beliebten Speise mit Teigunterlage gebraucht wird, bis hin zu den Gewürzen, lässt der Onkel eben in einem Beet neben- und miteinander sprießen. Benötigt keine chemischen Mittel zur Schädlingsbekämpfung, verhindert Weltreisen der Lebensmittel – und trägt so ein bisschen zur Rettung des Planeten bei.

Das nicht einfache Thema Biodiversität – verschiedene Pflanzen statt Mono-Kulturen – und dazu noch der Einsatz Schnecken fressender Enten, Käfer pickender Hühner – wird so in einer einfach daherkommenden Geschichte super und in ziemlich einfachen Sätzen erklärt.

Das reich, teils im Stil von Kinderzeichnungen bebilderte Buch von Írisz Agócs, die auch den Text auf Ungarisch verfasst hat (Übersetzung: Eva Zador) ist im Rahmen des von der Europäischen Union (EU) geförderten Projekts „Nachbarschaft schaffen, Brücken bauen durch Übersetzungen“ erschienen.

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Titelseite von
Titelseite von „Minka, Onkel Marco & das Pizzasoßenbeet“