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Szenenfoto aus "sommer.hunds.traum"

Liebes- und Gewalt-Wirren im Wald und im Baumarkt

Die eine wischt und putzt, andere wandern in roten Overalls oder Arbeits-Latzhosen umher, räumen da was weg, stellen dort was hin; manche sprechen immer wieder Zuschauer:innen an, die die White Box im Wiener Off Theater betreten. Eine starrt die eine oder den anderen an. Dafür ist eine Kollegin Dauer-Quasslerin, fragt immer wieder, ob sie jemand im Auto mitnehmen könnte. Manche, die auf der Liste der Mitwirkenden stehen, setzen sich ins Publikum. Die Bühne dominiert ein hölzernes Art Würstelstandel inmitten eines grünen Rasenteppichs. Und der entpuppt sich als Teil eines Baumarktes.

In diesem Ambiente tobt sich das.bernhard.ensemble schauspielerisch, tänzerisch, manche auch singend aus – haben viel Spaß und Freude beim verrückten Verquicken von Ulrich Seidls Film „Hundstage“ und William Shakespeares „Sommernachtstraum“ zum Mash-Up „Sommer.Hunds.Traum“.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „sommer.hunds.traum“

Auferstehung…

Jenen, die diesen Seidlfilm kennen, kommen die Charaktere bekannt vor. Selbst die umwerfende alle nervenden Film-Anna, Maria Hofstätter, erlebt hier in Person von Sophie Resch eine Bühnen-Auferstehung. Sie trifft ihr filmisches Vorbild total. Ungut bis fast zur Unerträglichkeit agiert schimpfend, brutalst, niederträchtig Yvonne Brandstetter; sozusagen extrem toxisch männlich. Bis sich herausstellt, dass dieser Mario aus dem Film hier eine Maria ist und die bevorstehende Verheiratung mit Klaudia eine gleichgeschlechtliche Ehe sein soll.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „sommer.hunds.traum“

„Engelsgeduld“ oder…

Diese Klaudia wird von Ylva Maj in einer mehr als bewunderswerten Art verkörpert. Egal ob von Maria oder – auf weniger körperliche als auf verbale Weise – von dem aus dem „Publikum geholten“ Masseur Luis (Christian Kohlhofer) ärgstens gedemütigt, entmündigt, sie sagt einfach nichts. Tanzt sich den aufgeladenen Müll aus Körper und Seele, mitunter muss sie heftig speiben. Aber wann, aber wann… explodiert sie, schleudert dem einen oder der anderen ein „Halt endlich deine Papp’n“ entgegen?! Nie. Passiver Widerstand, der die Aggressionen letztlich ins Leere laufen lässt. Erst ganz, ganz spät erhebt sie ihre Stimme – aber gar nicht im vielleicht erwartbaren Sinn, sondern in einem wunderschönen Gesang.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „sommer.hunds.traum“

Hex-hex-Puck

„Hüttenwirt“ mit einer ordentlichen Gosch’n ist Matthias Böhm las Ronnie – der Übergang zu Oberon in Shakespeares „Sommernachtstraum“ ist wortmäßig nicht weit. Anna wird zu Puck, um hier per „hex hex“-Glitzerzauberstab für Liebes-verwirrungen zu sorgen. Und so begehren viele plötzlich wie eins Helena nun Jelena (Leonie Wahl, die auch für die gesamte Choreografie des Stückes verantwortlich zeichnet) ab. Bis zur Verzauberung eher graue tanzende Putzmaus und Dienstleisterin, deutlich unterqualifiziert, weil sie in ihrer ersten Heimat immerhin Wissenschafterin gewesen ist. Als „Ausländerin“ wird ihr von Anna immer wieder Ausländerhass, den sie an den Kopf geworfen bekommt, selber angedichtet.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „sommer.hunds.traum“

Teppich und Lampe statt Wand…

Der beste Gast beim Baumarkt-Würstelstand, Herr Ingenieur (Kajetan Dick), der gern Mengenangaben im Markt reklamiert und nun hier den 30. Hochzeitstag seiner verstorbenen Frau feiern will, mutiert einerseits zum Peter Squenz, sozusagen dem Polier, der als Regisseur die Laienschauspieltruppe leitet – und andererseits aber auch zum Esel, in den sich bei Shakespeare die Feenkönigin Titania verliebt.

Auf seine „Regie“-Einfälle hin muss sich Bernhardt Jammernegg als Herr Ruby im Baumakrt für Sicherheitsfragen und Kamera-Überwachung zuständig in Gegenstände verwandeln: Teppich, Lampe – „nicht so bewegt“ -, (Massage-)Tisch. Was bei Shakespeare das Spielen einer Wand war…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „sommer.hunds.traum“

Wiener Underdogs

Mastermind hinter dem witzig-derben Mix – erstmals ein österreichischer Film und ein international berühmtes Theaterstück; bisher war’s immer umgekehrt – ist wie immer Ernst Kurt Weigel, von dem Konzept, Regie und dieses Mal auch die Ausstattung stammt. Ihm ist, wird er im Programmheft zitiert, das Milieu der Seidl-Filme sehr vertraut, „entspricht es doch exakt jenem, in dem ich als Bub in Inzersdorf ganz im Süden der Stadt (Wien) aufgewachsen bin, mitten unter den Wiener Underdogs.“

Visuals

Ein Teil der Ausstattung sind übrigens wechselnde projizierte Bilder an zwei Großformat- „Werbe“-Screens – einmal hauptsächlich mit Titelseiten einer Gratiszeitung, die andere mit Werbe-Anzeigen und zwischendurch in Shakespeare-Momenten auch Disney-Filmen (Wall Visuals: Evi Jägle). Apropos Werbung – am laufenden Band sprudelt Anne die bekanntesten Werbesprüche ebenso herunter wie im Boulevard beliebte Listen wie die zehn häufigsten Sex-Unfälle und andere oder auch die Inhaltsstoffe von Leberkäse.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „sommer.hunds.traum“

Nach-Spiel

Das sehr körperliche Schauspiel mit vielen Tanz-Momenten lebt natürlich von Rhythmus und Musik (Soundscape: Bernhard Fleischmann). Apropos Tanz. Das Stück ist eigentlich aus – aber „wir haben noch einen Tanz, den wir oft geübt und einstudiert haben, er hat nirgends im Stück hineingepasst, wir zeigen ihn jetzt!“

Abgerundet wird die Aufführung klarerweise auch von den passenden Kostümen (Julia Trybula).

Die schräge, heftige Spielfreude überträgt sich aufs Publikum, das sich nicht ganz zwei Stunden gut unterhalten kann.

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Alle können zu bösen Wölfen werden - nachgestellte Szene aus dem Stück "Hannah Arendt auf der Bühne" von Theater Agora Belgien) beim Gastspiel im Parlametn (Wien)

Das Ende kann ein neuer Anfang sein – ständiger Kampf um Demokratie

Vorwiegend grau gekleidet, Bühne und Saal düster bis dunkel. Schauspieler:innen und Musiker wandern vor drei verschiebbaren, durchscheinenden Elementen kreuz und quer, besprechen, diskutieren, wer wen spielen soll / darf. Wie das mit dem Wolfsgeheul ist. Ob das so kommen soll, dass sich die Zuschauer:innen fürchten oder gar, dass sie bitten, das Heulen zu wiederholen…

Ein etwas ungewöhnlicher Einstieg für das folgende Theaterstück. Natürlich war von Anfang an klar, wer wen spielt, aber so manche Überlegungen bei der Entstehung eines Stückes wurden dabei transparent. Warum sollte nicht auch ein Mann (Roland Schumacher) eine Frau spielen, oder ist die Jugend der Schauspielerin (Ninon Perez) vielleicht sogar ein Hindernis, die junge Hannah zu spielen – weil sie dann weniger spielt als in der Tat noch (fast) ein Mädchen ist?

Das Theater Agora aus der Region der deutschsprachigen Minderheit in Belgien spielte „Hannah Arendt auf der Bühne“ für vor allem Jugendliche des anderntags folgenden Lehrlingsparlaments.

Illustriertes Buch als Basis

Basis für das Stück war/ist das gleichnamige bebilderte Buch von Marion Muller-Colard (Text, deutschsprachige Übersetzung aus dem französischen Original: Thomas Laugstien) und Clémence Pollet (Illustration) – Buchbesprechung am Ende dieses Absatzes verlinkt.

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Am letzten Tag im Leben der kritischen Philosophin und Politikwissenschafterin (4. Dezember 1975 in New York) lassen Buch – und Stück – ein junges Mädchen namens Hannah auftauchen. Im philosophischen Diskurs zwischen den beiden und den Szenen, die sie spielen nachdem sie auf eine Theaterbühne gegangen sind, wird Hanna Arendts (gespielt von Karen Bentfeld) Denken – und Handeln, das ihr genauso wichtig war – sicht- und spürbar – Stück-Idee: Sascha Walters, Text: Ania Michaelis, die auch Regie führte, und Felix Ensslin.

Große und kleine Hannah und dem Fuchs als Symbol für jene, die sich zurückziehn und nicht einmischen wollen
Große und kleine Hannah und dem Fuchs als Symbol für jene, die sich zurückziehn und nicht einmischen wollen

Warum nur Männer auf der Agora?

Was das Theaterstück mehr bietet als das Buch ist einerseits das Live-Erlebnis samt wunderbar eingebauter Musik (Wellington Barros), die Teil des Geschehens wird, indem sie Stimmungen und Atmosphären nicht nur unter„malt“, sondern oft auch erst erzeugt. Und andererseits Ergänzungen, die die erzählte/gespielte Geschichte gegenüber dem Buch erweitern. Zunächst einmal fragt das Mädchen Hannah das Selbstverständlichste: Was ist auf der griechischen Agora mit den Frauen und den Kindern, wieso fehlen sie, warum reden und entscheiden nur Männer?

Alle können Wölfe werden

In dem Theaterstück von Agora – nicht in jenem im Buch – werden übrigens in einer Szene alle Spieler:innen zu Wölfen, stülpen sich die entsprechenden Masken (Céline Leuchter, die auch für Szenografie und Live-Technik zuständig ist und zeitweise mitspielt) über die Köpfe. Das könnte als Anspielung an den Gedanken gesehen werden, dass durchaus jede und jeder zur/zum Bösen werden könnte. Auch mit feinem Anzug und sogar vordergründig gesittetem Benehmen können Feinde der Demokratie ins Herz derselben stoßen – insofern auch ein sehr aktuelles Stück.

Als – nach dem Krieg – angeklagte Wölfe bringen sie eine Vielzahl von Ausflüchten, einige mehr als im Buch, alle aber laufen darauf hinaus, „nur“ den Befehlen von oben gehorcht zu haben, eigenständiges Denken oder gar Handeln – keine Spur.

Es war/ist mehr möglich

Keine Spur? Erfreulicherweise wird aber auch von Roland Schumacher ein Gegenbeispiel erzählt. Mit den Worten „ich steige hier aus“, schlüpft er aus seiner Rolle und schildert den Fall, dass ein Einwohner in der Gegend, aus der er selber kommt, in der Nazizeit einerseits Mitglied der mit den Nazis verbündeten „heimattreuen Front“ war, aber andererseits ein jüdisches Kind gerettet hat. Ein Beispiel dafür, dass der Sager davon, man hätte nicht anders handeln können, eine Ausrede ist – anderes Handeln war doch möglich – auch wenn es riskant bis lebensgefährlich war.

Demokratie immer wieder erkämpfen

Mit den genannten und noch vielen weiteren Szenen – nicht zuletzt um/mit dem Kuscheltier-Fuchs – dreht sich Stück (wie Buch) um Hanna Arendts ständige Auseinandersetzung mit Tendenzen und Ausprägungen von autoritären Strukturen, diktatorischer Herrschaft und dem Gegensatz dazu, dem erforderlichen ständigen Kampf um Demokratie, Diskussion. Nicht zuletzt auch mit sich selbst:
Große Hannah: „Ich bin nicht immer meiner Meinung.“
Kleine Hannah: „Aber – du bist doch du!“
Große Hannah: „Ja, und ich bin die geworden, die ich bin.“

Und noch lange nicht am Ende. Auch wenn ihr Leben an diesem 4. Dezember 1975 endete – sie lebt weiter – in ihren Schriften, Gedanken, die von anderen weitergetragen wurden und werden, nicht zuletzt der „kleinen“ Hannah – und dem Palindrom dieses Namens. „Ein Vorname, den man von links nach rechts und von rechts nach links lesen kann. Wenn ihr wieder angekommen seid beim ersten H, könnt ihr wieder anfangen zu lesen bis zum letzten H. Und so weiter, bis ihr nicht mehr wisst, ob nicht das Ende ein neuer Anfang ist.“

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Fürs Publikum suboptimal

Technisch vielleicht der optimale Raum im Parlament, ist er doch fürs Publikum nicht ideal, weil es keine Tribüne gibt und die Zuschauer:innen in den hinteren Reihen manches nicht gut sehen konnten/können. Auch das – und offenbar kam Vorbereitung – sorgten für doch einigermaßen Unruhe. Gebannt und konzentriert wurde es in jener Szene, als neu Wolfs-Herrscher die anderen autoritär zu „Juden!“ erklärten und sie damit sozusagen zum Abschuss freigaben.

Elise Richter

Die Bühne war aufgebaut im „Lokal 2“, einem Veranstaltungssaal im Parlament, das nach Elise Richter (1865 – 1943) benannt ist. Sie war die erste Frau, die sich an der Universität Wien zur Uni-Professorin habilitiert hatte. Die Unterstützerin der österreichischen Version der Diktatur (Austrofaschismus) wurde als Jüdin gemeinsam mit ihrer Schwester von den Nazis 1942 ins Ghetto Theresienstadt (eine Form der Nazi-Konzentrationslager) zwangsverschickt, wo sie im Jahr darauf zu Tode kam.

Käthe Sasso

Übrigens: Die Aufführung fand zufällig an jenem Tag statt, an dem bekannt wurde, dass am Vortag die bekannte österreichische Widerstandskämpferin Käthe Sasso (geborene Smudits) im Alter von 98 Jahren gestorben war. Smudits wurde als 16-Jährige von der Gestapo (Geheime StaatsPolizei) der Nazis erstmals gefangen genommen, landete später im Konzentrationslager Ravensbrück und überlebte den „Todesmarsch“ in ein weiteres KZ (Bergen-Belsen) knapp vor Ende der faschistischen Diktatur und des zweiten Weltkrieges. Als Zeitzeugin trat sie unermüdlich in Schulen und Diskussionen mit Jugendlichen auf.

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Doppelseite aus "Hannah Arendt auf der Bühne"

Hannah trifft Hannah, sie gehen ins Theater und die Geschichte geht weiter…

„Wann werde ich hinter dieses Buch endlich einen Schlusspunkt setzen?“ Hannah Arendt will an diesem 4. Dezember 1975 ihr Buch „Vom Leben des Geistes“ fertig schreiben.

Da blickt ihr aus dem Spiegel ein kleines Mädchen entgegen. Irgendwie kommt ihr dieses Gesicht bekannt vor. Und die schreibt ihren Namen auf die Glasfläche: Hannah.

Aber mehr noch, diese junge Hannah taucht plötzlich an der alten Hannahs Schreibmaschine auf, tritt mit ihr in Dialog, zeigt sich enttäuscht, dass ihr die 69-Jährige verklickert, dass sie keine Geschichte schreibt, sondern „Es ist ein Buch über… naja über den Sinn der Worte.“
„Hast du dir die Worte ausgedacht?“
… „… ich denke mir doch keine Worte aus! Ich bin eine praktische Denkerin und keine, die sich in ihrem Bau verkriecht.“

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Doppelseite aus „Hannah Arendt auf der Bühne“

Menschliche Gesetze

Von diesem philosophischen Gespräch über Worte und Gedanken ausgehend kommt eine Art Fabel ins Spiel vom Fuchs – die junge Hannah hat ein solches Kuscheltier in den Armen – und dem bösen Wolf. Der will sich nicht an eines der allerersten Gesetze der Menschheit halten, nicht zu töten.

Und weil die ältere Hannah ohnehin nicht zum Schreiben kommt, will sie – mit ihrem plötzlich aufgetauchten jüngeren Art Ebenbild, das sich sturköpfig nicht so leicht mit Antworten zufriedengibt, handeln. Sie gehen ins Theater, betreten die Bühne, beginnen zu spielen. Treffen dort die lebendig gewordene Figur des antiken griechischen Philosophen Aristoteles. Sie landen auf der Agora, dem zentralen Platz, auf dem die freien Menschen – damals allerdings nur Männer und auch noch lange nicht alle – frei diskutieren und entscheiden, was Gesetz werden soll.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Hannah Arendt auf der Bühne“

Den bösen Wolf haben sie aus der Öffentlichkeit verbannt. Die junge Hannah aber stellt die Frage „Und wer wird den Wolf zähmen?“

Die Agora wird von wenigen mit eigenen Häusern in Besitz genommen, Streit bricht aus, Zerstörung, Rauch steigt auf, die beiden Hannahs flüchten in den Wald, in den Fuchsbau, der sich als Falle herausstellt, sie finden wieder raus und kommen in noch größere Gefahr: Eine Lichtung mit Schreibtischtätern, die Hannah und vielen anderen Hannahs Abzeichen an den Mantel heften…

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Hannah Arendt auf der Bühne“

Der Wolf trägt inzwischen Anzug… Und nach dem Ende seiner Herrschaft mit dem neuen Gesetz „Du sollst töten“ werden die Schreibtischtäter später sagen „aber ich hatte keine Wahl. Ich hab nur den schlechten Gesetzen gehorcht.“

Gegen Ende des Stücks, das sie auf der Bühne spielen, lächelt die alte Hannah „Ich behalte den Glauben an das Unvorhersehbare… und vor allem … an dich! Was meinst du, was gibt der Welt die Möglichkeit des ständigen Neuanfangs?“
Das Mädchen denkt nach. Dann leuchten seine Augen auf: Die Kinder!“
„Genau! Dass immer wieder Fremde zur Welt kommen, die es anders machen. Solange es nur reizende Kinder sind, die ihren eigenen Dickkopf haben… ich brauche dich, damit die Geschichte weitergeht.“

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Hannah Arendt auf der Bühne“

Alles an einem Tag

Das alles und noch viel mehr spielt sich in diesem – im Französischen Original von Marion Muller-Colard verfassten Buch ab (Übersetzung ins Deutsche: Thomas Laugstien). Clémende Pollet illustrierte die doppelbödige Geschichte in gezeichneten Bildern, von denen viele an Collagen, andere an Linol- oder Holzschnitt-Drucke erinnern.

Das Buch baut in die vordergründige Geschichte viele der Elemente von Hannah Arendts Denken ebenso ein wie Erfahrungen aus der Geschichte mit dem Faschismus. Die 60 Seiten laufen am letzten Tag im Leben der großen Philosophin ab, Autorin, scharfsinnige Kritikerin autoritärer Herrschaften wie insbesondere des deutschen Nationalsozialismus, vor dem sie als Jüdin flüchten musste und konnte – zunächst nach Frankreich und als dieses auch besetzt wurde, knapp aber doch in die USA.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Hannah Arendt auf der Bühne“

Allgemeine Lehren

Und trotz der konkreten historischen Verortung schafft es das Buch – wie Hannah Arendts Denken – allgemeingültige und damit leider zeitlose – Prinzipien herauszuarbeiten und oft in knappe Sätze zu packen.

In jener Passage, nachdem Hannah das Abzeichen (unschwer für den Judenstern) von Schreibtischtätern verpasst wurde, die beiden Hannahs flüchten, sich hinter einem Baum verstecken, fragt die junge Hannah die alte: „Wollen sie uns töten?“ – „Noch schlimmer, meine kleine Hannah. Sie schaffen das Prinzip der Menschlichkeit ab. So gründlich, dass sie selbst nicht mehr menschlich sind.“

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Titelseite des illustrierten Buches
Titelseite des illustrierten Buches „Hannah Arendt auf der Bühne“
Die Titelseiten der vier Preisbücher - in alphabetischer Reihenfolge ihrer Autor:innen; plus das grafische Makottchen des Preises

Sieben mal sieben, Nicht-Märchen, Tierfiguren-Gedichte und sprachspielerisches Überlebensroman

Nach mehreren Jahren im steirischen Gleisdorf werden nun ebenfalls seit einigen Jahren schon die österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreise in Eisenstadt vergeben. Diese Woche ist es so weit – am 18. April steigt die Verleihung der vier Hauptreise sowie von sechs weiteren Auszeichnungen für Bücher, die in die Kollektion zu diesem Staatspreis aufgenommen werden.

Für den diesjährigen Preis – der seit 1955 vergeben wird – wurden 75 Bücher aus 30 Verlagen eingereicht. Die Jury – Severin Filek, Heidi Lexe, Klaus Nowak, Simone Weiss und Elisabeth Wildberger – traf folgende Auswahl; die meisten Bücher wurden hier auf Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… schon besprochen – die Rezensionen sind gleich beim jeweiligen Preis-Buch verlinkt; die fehlenden Rezensionen folgen demnächst.

Im Folgenden die preisgekrönten Bücher und ihre Schöpfer:innen (in jeweils alphabetischer Reihenfolge):

Die vier Hauptpreise

Lilly Axster: Ich sage Hallo und dann NICHTS, Tyrolia Verlag 2023

Michael Hammerschmid: stopptanzstill! Wiener Tier Figuren Gedichte, Picus Verlag 2023

Petra Piuk, Gemma Palacio: Josch, der Froschkönig. Ein Nicht-Märchen, Leykam Verlag 2023

Linda Wolfsgruber: sieben. die schöpfung, Tyrolia Verlag 2023

Die sechs Bücher der Kollektion

Andrea Grill, Sandra Neuditschko: Bio-Diversi-Was? Reise in die fantastische Welt der Artenvielfalt, Leykam Verlag 2023

Alexandra Holmes: Einfach mehr Luft, Jungbrunnen Verlag 2023

Irmgard Kramer, Florentine Prechtel: Ida Butterblum und die Tür nach Anderswo, Arena Verlag 2023

Nils Mohl, Katharina Greve: Tierische Außenseiter, Tyrolia Verlag 2023

Julya Rabinowich: Der Geruch von Ruß und Rosen, Hanser Verlag 2023

Franz Suess: In den Taschen des schönen Herrn Tag, Luftschacht Verlag 2023

Junge Talente und bewährte Künstler:innen

„Auch heuer zeigt sich wieder, wieviel sich in der österreichischen Kinder- und Jugendliteratur tut. Nicht nur gibt es neue Verlage und frisch eingerichtete Verlagsprogramme, es gibt auch eine Fülle junger Talente, die sich auf höchstem Niveau schreibend und illustrierend der Kinder- und Jugendliteratur widmen“, kommentierte Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer die Jury-Ergebnisse. „Und dann gibt es die bewährten und etablierten Künstler:innen, die wieder einmal zeigen, was alles an Themen, Sujets und Schreib- und Illustrationsstilen in dieser Kunstform möglich ist, beginnend bei der wundervollen Neuinterpretation des biblischen Schöpfungsmythos von Linda Wolfsgruber bis hin zu Lilly Axsters intensivem und hochaktuellem Jugendroman Ich sage Hallo und dann NICHTS.“

Lesungen und Bücherkoffer

Außerdem finden in und rund um die burgenländische Hauptstadt Lesungen und Workshops in Schulen mit einigen der ausgezeichneten Künstler:innen statt. Darüberhinaus bietet der Österreichische Buchklub der Jugend allen Schulen bundesweit Bücherkoffer – mit allen zehn prämierten Büchern sowie darauf abgestimmten Unterrichtsmaterialien – an.

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lesefest.at -> oesterreichischer-kinder-und-jugendbuchpreis.html

buchklub -> buecherkoffer

Szenenfoto aus "Das Licht der Welt" im Burgtheater-Vestibül (Wien)

Wie für Klimaschutz kämpfen und miteinander umgehen

Vordergründig dreht sich „Das Licht der Welt“ von Raphaela Bardutzky, seit Kurzem im Vestibül des Wiener Burgtheaters (Regie: Maximilian Pellert), um Jugendliche, die sich aktionistisch, intensiv und mit vollem Körpereinsatz für Klimaschutz engagieren. Die Autorin griff für das Stück auf Recherchen rund um die mehrjährigen Besetzungen im deutschen vormaligen Braunkohle-Revier Lützerath bzw. Hambacher Forst zurück.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Das Licht der Welt“ im Burgtheater-Vestibül (Wien)

Die polizeiliche Räumung „Lützis“ im Vorjahr (ein Jahr nach der Uraufführung des Stücks beim Remmidemmi-Festival in Heidelberg) wird im Foyer des Vestibüls sozusagen vor Stückbeginn vorweggenommen. Ein „Polizist“ (Finn Seeger) herrscht die Wartenden an, die „Versammlung aufzulösen, zitiert Paragraphen – die nicht den echten entsprechen. Erst nach dem sehr offensichtlichen Auftakt, der sozusagen der theatralisch die Wartezeit aufs Stück überbrückt, geht’s auf in den kleinen Theatersaal.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Das Licht der Welt“ im Burgtheater-Vestibül (Wien)

Klimaschutz und Solidarität

Da steht zuerst einsam vor einem Vorhang und einem auf dem Boden liegenden gefällten Baumstamm (Bühne: Katharina Grof) „Rabe“ – alle Aktivist:innen tragen teils tierische Tarnnamen. Sie ist neu, hat vor, sich der Aktion anzuschließen, scheint sich (noch) nicht ganz sicher zu sein. Bei der Premiere wurde sie von Pauline Poldmaa gespielt. (Diese und zwei weitere Rollen sind alternierend besetzt.)

Von „Keks“ (Antonia Brandl bei der Premiere), Fuchur (Flora Menslin), Fox (Alice Bergoend, die durchgängig englisch spricht, die anderen switchen oft zwischen Deutsch und Englisch) und Gandalf (Marcos Fernandez am Premierenabend) erfährt und lernt sie technisches Rüstzeug fürs Baumhaus-Bauen, aber noch viel mehr die Regeln des Protest-Camps. Diese reichen von antirassistisch über alles Teilen bis zum etwas überraschenden drogenfrei. Sie sind vor allem gekennzeichnet von solidarischem Miteinander, aber auch von einer gewissen Kontroll-Tendenz sowie leicht esoterisch angehauchten Sinnsprüchen wie „Die Wahrheit liegt im Blumenkohl“.

Um kollektiven Regeln des Zusammenlebens geht’s in dem Stück hintergründig mindestens genauso wie um Umwelt- und Klimaschutz. Letzterer wird noch durch den Auftritt eines Schauspielers im Kostüm eines Eisbären (Kostüme: Emma Ursula Ludwig), dem Symbol fürs Wegschmelzen des Polar-Eises und bei vielen Klima-Aktionen im Einsatz, unterstrichen. Diskussionen wie politisch das Private ist gab’s übrigens schon vor einem halben Jahrhundert in der 68er-Bewegung, wo allerdings vieles – etwa Gleichberechtigung – mehr auf der verbalen Ebene hängen geblieben ist.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Das Licht der Welt“ im Burgtheater-Vestibül (Wien)

Spannungs-Element

„Natürlich“ braucht’s einen spannenden Knack- oder Kipp-Punkt. Und der ergibt sich weder aus der zu großen Erderwärmung noch aus dem Polizei-Einsatz, sondern daraus, dass „Rabe“ und der einzige Aktivist mit (s)einem Vornamen, Louis (Thaddeus Tirone) miteinander schlafen, bevor er weiterzieht. Sie wird schwanger.
Und so ergibt sich ein spannungsgeladenes Thema: In diese Welt einen neuen Menschen setzen, die/der Tonnen von CO2 verbraucht? Also, sicher nicht. Aber ist diese Erklärung wirklich die einzige. Was (nicht nur) Rabe – und ihre Mit-Besetzer:innen – echt nervt, ist das Wieder-Auftauchen von Louis und seine Ansprüche an das mögliche künftige Kind. Dieser Konflikt nimmt breiten Raum ein – personalisiert jedoch die beiden gegensätzlichen Standpunkte in die doch unter jungen Leuten breit diskutierte Frage, Kinder in diese Welt setzen oder nicht, die sich auch in etlichen Theaterstücken schon niedergeschlagen hat.

Eingebaut ins Stück sind Musiknummern – von Klassikern der Protestkultur bis zu Neuem vom jungen österreichischen Shooting-Star Oskar Haag).

Konfetti statt Klebe-Aktion

Übrigens: Am Tag nach der Premiere ließen Klima-Aktivist:innen der „Letzten Generation“ mit einer neuartigen Aktion aufhorchen: Bei einem Open-Air-Konzert von Andreas Gabalier im Tiroler Ischgl eroberten einige kurzzeitig die Bühne und streuten bunte Konfetti ins Publikum, wo andere kurz Plakate hochhalten konnten.

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Szenenfoto von "Die Geggis" nach Mira Lobe vom Theater Asou aus Graz

Sumpf gegen Berg – ach wie blöd sind doch die Vorurteile

Für jene – wahrscheinlich wie bei der Premiere der jetzigen Wien-Serie – ganz wenigen, die die Geschichte nicht kennen, hier kürzest zusammengefasst: Die grünen Geggis leben im Sumpf, die roten auf den Bergen. Sie sind – seit „ewig“ verfeindet. Bei beiden gibt es je ein neugieriges Kind: Gil bzw. Rokko (die Anfangsbuchstaben der Farben!) und diese treffen zufällig aufeinander, beschimpfen sich, wie sie’s gelernt haben, kommen im Kampf aber drauf, stinken nicht und sind auch nicht blöd. Verkleidet als die/der andere gehen sie zu ihrem „Stamm“, um ihre Erkenntnisse zu verbreiten.

Szenenfoto von
Szenenfoto von „Die Geggis“ nach Mira Lobe vom Theater Asou aus Graz

Kürzest: Die Story

Wie auch das Schmetterlinge-Kindertheater wendet Theater Asou in der Inszenierung den Trick an, dass die Darstellerin des verbohrten Sumpf-Geggi-Onkels Babo den kletternden Berg-Geggi Rokko spielt (Birgit Unger). Und wechselseitig schlüpft Ursula Litschauer sowohl in die Rolle des neugierigen Sumpf-Geggi-Kindes Gil (hier wie Chill ausgesprochen) sowie der schimpfenden Berg-Geggi-Tante Odumei. Deren rot-weiß-kariertes Kostüm (Katharina Krois, Barbara Häusl) nimmt übrigens Anleihe bei dem vielleicht noch bekannteren Mira-Lobe-Bilderbuch „Das kleine Ich Bin Ich“.

Szenenfoto von
Szenenfoto von „Die Geggis“ nach Mira Lobe vom Theater Asou aus Graz

„Theater Asou“ hat für seine verspielte, rhythmische Version mit einiger Live-Musik (Gitarre, Melodica, Pfeiferln, Percussion: Ursula Urban) eine kurze Vorgeschichte erfunden: Tante Odumei und Onkel Babo waren – wie alle anderen Geggis – ursprünglich schon alle befreundet. Ein nichtiger Anlass hätte zum Streit und zur Feindschaft geführt…

Szenenfoto von
Szenenfoto von „Die Geggis“ nach Mira Lobe vom Theater Asou aus Graz

Viele Einfälle

Dass Leitern die Berge der kraxelnden roten Geggis darstellen, ist fast „aufgelegt“, aber Sumpf und See als Luftballone auf Steckerln in verschiedensten Blau- und Grün-Tönen, zwischen denen die Spielerinnen auch eintauchen können, ist ein gelungener Bühnenbild-Einfall (Christian Heuegger) wie auch die klingende Hutblume, die die singende Erzählerin über der Sumpf-Geggin schweben lässt, weshalb die ja doch hinaufklettern will. Und erst der Mond als leuchtender großer kugelrunder Lampion, der auch einige „aaahs“ und „oooohs“ im Publikum auslöst. Apropos Publikum: Sonniger, sehr warmer Sonntagvormittag – und die Hütte war voll! Rokko und Gil auf ihrer Entdeckungstour wandern auch hinein auf die Tribüne der Zuschauer:innen und entdecken dort Grottenolme, Fledermäuse und Uhus.

Nicht unerwähnt sie die Szene des heftigen Streits der beiden jungen Geggis in Zeitlupe, die damit den Kampf zur Karikatur werden lassen.

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Szenenfoto von „Die Geggis“ nach Mira Lobe vom Theater Asou aus Graz
Kinder- und Familienkonzert mit Rina Kaçinari, Sakîna Têyna und Özlem Bulut im Stand 129 auf dem Viktor-Adler-Markt in Wien-Favoriten (10. Bezirk)

LaLaLa-Konzert: Türkische, kurdische, albanische Lieder und das bekannte La-Le-Lu…

Obst, Gemüse, Pistazien, Süßspeisen, Fleisch, aber auch Blumen, Taschen, Lokale und am äußersten Ende des Marktes auch viele Stände mit Gewand. Das ist bei vielen Märkten so. Der Viktor-Adler-Markt in Wien-Favoriten (10. Bezirk) hat aber auch wie der Brunnenmarkt in Ottakring einen ganz besonderen Stand. Ist es im 16. Bezirk die große zur Brunnenpassage umgebaute Halle, so in Favoriten Stand 129, in dem – auf kleinerem Raum – ebenfalls viel Kultur stattfindet.

Kinder- und Familienkonzert mit Rina Kaçinari, Sakîna Têyna und Özlem Bulut im Stand 129 auf dem Viktor-Adler-Markt in Wien-Favoriten (10. Bezirk)
Kinder- und Familienkonzert mit Rina Kaçinari, Sakîna Têyna und Özlem Bulut im Stand 129 auf dem Viktor-Adler-Markt in Wien-Favoriten (10. Bezirk)

Mitte April lud die Initiative „Kulturen in Bewegung“ zu einem der „LaLaLa – Überall Musik!“ Kinderkonzerte für die ganze Familie. Dieses Mal gab’s eine Premiere. Noch nie zuvor waren die drei in Wien lebenden Musikerinnen Rina Kaçinari, Sakîna Têyna und Özlem Bulut gemeinsam aufgetreten. Sie hatten ein rund einstündiges Programm zusammengestellt, bei dem sie immer wieder Kinder zum Mitsingen und -Tanzen animierten. Die sehr junge Zeynep, ein wahres Springinkerl tat dies fast von Anfang an von sich aus – mit den ersten Tönen der Musikerinnen.

Kinder- und Familienkonzert mit Rina Kaçinari, Sakîna Têyna und Özlem Bulut im Stand 129 auf dem Viktor-Adler-Markt in Wien-Favoriten (10. Bezirk)
Kinder- und Familienkonzert mit Rina Kaçinari, Sakîna Têyna und Özlem Bulut im Stand 129 auf dem Viktor-Adler-Markt in Wien-Favoriten (10. Bezirk)

Rina Kaçinari am Cello, Özlem Bulut mit Gitarre und manches Mal Cachon sowie Sakîna Têyna mit ihrer umwerfenden Stimme sangen und spielten Lieder aus ihren Herkunftsregionen – Kosovo, Türkei bzw. in der Kurd:innen-Region der Türkei – aber auch Selbst-Komponiertes. Und so erklangen Lieder auf Albanisch, Türkisch und Kurmandscho

Kinder- und Familienkonzert mit Rina Kaçinari, Sakîna Têyna und Özlem Bulut im Stand 129 auf dem Viktor-Adler-Markt in Wien-Favoriten (10. Bezirk)
Kinder- und Familienkonzert mit Rina Kaçinari, Sakîna Têyna und Özlem Bulut im Stand 129 auf dem Viktor-Adler-Markt in Wien-Favoriten (10. Bezirk)

Zum Drüberstreuen lud das Trio alle Kinder und ihre erwachsenen Begleitpersonen auch noch zum bekannten deutschsprachigen Gute-Nacht-Lied „La – Le -Lu, nur der Mann im Mond schaut zu…“ ein. Was Noah, der sich bei manchen Liedern das Mikrofon mit seinem Mutter Özlem teilte, zu Beginn zur Bemerkung veranlasste, dass jetzt ja noch gar nicht Abend sei, dann aber doch auch eifrig miteinstimmte.

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kultureninbewegung -> lalala-ueberall-musik

Autor Heinz Janisch bei seiner Laudatio für die "Luftsprung"-Schoko-Texte

Kinderliteratur-„Nobel“- und Nöstlinger-Preis für poetischen Fantasie-Raumgeber

„Heinz Janisch, der bereits alle wichtigen Kinder- und Jugendliteraturpreise in Österreich und Deutschland erhalten hat, ist in den Olymp der Kinder- und Jugendliteratur aufgenommen worden: Er wird mit dem Hans-Christian-Andersen-Preis 2024 gewürdigt. Der sensible Erzähler, der sich wie kein anderer auf die Kunst des Weglassens und die Poetik der Vieldeutigkeit versteht, begeistert seit Ende der 1980er Jahre junge Leser:innen und erwachsene Vorleser:innen mit Büchern, die Mut machen, Selbstvertrauen geben und die Phantasie schweifen lassen“, gratulierte Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer dem Autor „sehr herzlich zum Nobelpreis für Kinder- und Jugendliteratur“.

Der Preis, der nach dem bekannten dänischen Dichter (1805–1875) von Märchen wie „Des Kaisers neue Kleider“ oder „Das hässliche Entlein“ und Dutzenden anderen benannt ist, wird nur alle zwei Jahre vom International Board on Books for Young People (IBBY) vergeben. Ausgezeichnet wird jeweils ein:e Autor:in sowie ein:e Illustrator:in. Neben Heinz Janisch wurde in diesem Jahr – bei der Internationale Kinderbuchmesse Bologna (Italien) vergeben; sie ist die weltweit größte Messe für Bilder-, Kinder- und Jugendbücher – der kanadische Illustrator Sydney Smith ausgezeichnet.

Raum für Fantasie der Leser:innen

In der Jurybegründung für die Wahl von Heinz Janisch heißt es untern anderem: „Janisch ist ein Meister der Kurzgeschichte, die der Fantasie des Lesers Raum lässt. Obwohl viele seiner Werke humorvoll, manchmal sogar absurd sind, weist sein Schreiben ein philosophisches Element auf, das seinen Büchern oft Tiefe verleiht. Seine einfachen Texte sind aussagekräftig und das Sprichwort „Weniger ist mehr“ lässt sich auf den Autorensieger 2024 übertragen. Sein Schreiben ist universell und spricht Kinder und Jugendliche überall an. Darüber hinaus leistet er einen enormen Beitrag zur Literatur, nicht nur durch sein Schreiben, sondern auch durch seine zahlreichen Lesungen, Workshops zum literarischen und kreativen Schreiben für Kinder und Erwachsene, darunter auch kreative Workshops für behinderte junge Künstler. Janischs Schreiben ist nuanciert und vielschichtig, macht es universell und gleichzeitig erhebend.“

Nöstlinger-Preis

Der nach der wohl bekanntesten österreichischen Kinderbuchautorin benannte Christine-Nöstlinger-Preis geht in diesem Jahr ebenfalls an Heinz Janisch. Der 64-jährige gebürtige Burgenländer arbeitet als Hörfunk-Journalist und Autor. Viele seiner Bücher wurden mit verschiedensten preisen, mehrmals auch dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis gewürdigt. Eine seiner Spezialitäten ist Lyrik (nicht nur) für Kinder.

Der Preis wird von der Stadt Wien Kultur, Christine Nöstlingers Buchstabenfabrik und dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels gemeinsam verliehen. Und „zeichnet Menschen aus, die Kindern und all jenen, die sonst nicht gehört werden, eine Stimme geben, ihre Perspektive einnehmen und so einen kleinen Beitrag leisten, deren Leben ein Stück gerechter zu gestalten“, wie es in den Kriterien heißt.

Zeitlose Themen

Christiana Nöstlinger und Barbara Waldschütz, die Töchter von Christine Nöstlinger, gratulieren wie folgt zum Christine-Nöstlinger-Preises 2024. „Heinz Janisch hat seit den späten 1980er-Jahren eine Vielzahl von Werken veröffentlicht, die zeitlose Themen nicht nur – aber auch – aus der Welt der Kinder behandeln: Die Suche nach Zugehörigkeit und Glück, die Bedeutung von Freundschaft, Angst, Mut und das Bedürfnis nach Schutz. Die Vielfalt der Sprache bewusst zu machen und die Neugier am Lesen zu wecken, ist dem Autor ein besonderes Anliegen.

Ehrlich, kritisch, herzlich, direkt

Er selbst sagt dazu: „Immer, wenn ich ein Buch von Christine Nöstlinger lese, möchte ich den Kindern, die vorkommen die Hand schütteln – weil sie so grad und ehrlich, so offen und unverstellt durchs Leben gehen. Sie haben es oft nicht leicht, aber sie wissen sich zu wehren. Und sie verbiegen sich nicht. Genau so habe ich auch Christine Nöstlinger in Gesprächen erlebt – ehrlich und kritisch, herzlich und direkt. Da wurde nichts beschönigt. Ich hatte immer großen Respekt vor ihr. Ein Lob von ihr war wie ein Ritterschlag.“

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ibby.org -> hans-christian-andersen-awards-2024

Bücher.at -> Auszeichnungen -> Christine-Nöstlinger-Preis

heinz-janisch.com

Szenenfoto aus "Erbe" im Wiener Theater Nestroyhof / Hamakom

Auf dem geistigen Erbe herumtrampeln

Schon der Ort selbst eignet sich ideal für dieses „ausgegrabene“, lange in „Vergessenheit“ geratene und trotzdem leider immer noch kein rein historisches Stück. „Erbe“ von Dorothea Zeemann wird seit der Uraufführung am 11. April 2024 – bis 9. Mai – im Theater Nestroyhof / Hamakom als Eigenproduktion gespielt (Regie: Ingrid Lang). Das (Theater-)Haus selbst war auch „arisiert“, die feine Umschreibung von faktischer Enteignung jüdischer Besitzer:innen in den Anfangsjahren der Nazi-Herrschaft.

Rund um ein solches Haus spielt sich das fiktive Stück mit sehr vielen aus der Realität geholten Bezügen ab. Die idyllische Familienfoto-Szene der Reitknechts wird ge-crasht von Alfons Adler. Als US-Soldat half er mit, Österreich vom Faschismus zu befreien und kommt nun in das Haus seines Vaters, Alfred Adler (der reale Mann dieses Namens war Begründer der Individual-Psychologie).

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Erbe“ im Wiener Theater Nestroyhof / Hamakom

Fassade stürzt ein

Um einen „Pappenstiel“, ein Altwiener Ausdruck für ziemlich wenig Geld, wie es in Zeemanns Text heißt, hat Reitknecht dem Adler, der vor der aufkommenden Verfolgung durch die Nazis flüchten musste, das Haus „abgekauft“. Und seinen – die Geschichte ist trotz des realen Namens Adlers fiktiv – Lehrstuhl an der Uni übernommen.

Das Auftauchen von Alfons erzeugt Angst in der Familie Reitknecht. Der Alte (patriarchaler Herrscher, meist reicht seine eiserne Miene: Peter Strauss) sieht in den Juden „Ausländer“, Feinde, und seinen Besitz sowie den Lehrstuhl bedroht.

Die ältere Tochter Hedwig (kontrolliert und kontrollierend dennoch ständig voller Angst Theresa Martini), die einst mit Alfons ein Liebesverhältnis hatte, und nun verheiratet ist, sorgt sich um die Fassade der „heilen Familie“. Ihre Schwester Eva (meist unbeschwert lebenslustig Marie Cécile Nest) entpuppt sich schnell als Opportunistin, die schon gern Geschenke des Ami-Soldaten hätte. Und „vergnügt“ sich immer wieder mit Hedwigs kriegsversehrtem Ehemann (Lukas Haas) bzw. er mit ihr. Was Hedwig fast egal zu sein scheint, irgendwie hegt sie schon noch Gefühle für Alfons, die sie sich aber – meist – verbietet. Wobei Sohn Otto vielleicht ja…?

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Erbe“ im Wiener Theater Nestroyhof / Hamakom

Widerborstige

Zur Familie gehört eben dieser Sohn – das Stück spielt zu drei verschiedenen seiner Geburstage: dem siebenten im Jahr 1945, zehn Jahre später sowie 1960. Je älter, desto mehr stellt sich Otto (in einer eigenen Welt in der er – die Familie irritierende – neue Musik macht) gegen die „Idylle“. Den Opa, der nicht so, sondern nur Großvater genannt werden will, hasst er, die anderen schätzt er zunehmend weniger. Und freundet sich mit der Tochter des Nachbarn an. Diese Irmgard hat sich vom geistigen Erbe ihres Vaters, eines hohen Gestapo-Funktionärs, schon vor dessen Suizid distanziert und gegen die Nazi-ideologie gestellt. Sophie Kirsch, die diese freche, aufmüpfige, provokante junge Frau spielt, hat für das Stück auch einen eigenen sprach-experimentellen Zwischentext verfasst, den sie performt. Der erinnert an die – von Dorothea Zeemann sehr geförderte „Wiener Gruppe“, der unter anderem Franz Schuh angehörte, Gast bei der Premiere. Und er spricht jene Präambel zum Staatsvertrag an, die kurz vor der Unterzeichnung (15. Mai 1955) noch gestrichen wurde und in der Österreichs Mitverantwortung für die faschistische Diktatur und den folgenden zweiten Weltkrieg zur Sprache gekommen wäre.

Szenenfoto aus

Trotz alledem Hass-los vs. Hass

Dominik Raneburger als Alfons Adler will ja nicht einmal das ganze Haus zurück. Der Ariseur zum Enteigneten und Befreier: „Ihresgleichen hat immer eine dicke Haut gehabt.“
„Ach, das ist nicht dicke Haut, das ist der Versuch, immun zu sein in Ihrer Sphäre des Vorurteils und der dummen Gewalt“, kontert Alfons und fügt an: „Ich bin nicht ihr Gast hier. Es ist mein Haus und ich will ein Zimmer darin bewohnen. Jetzt seid ihr ja wieder in Ordnung, ihr lebt in guten Verhältnissen, nun will ich meinen Platz hier zurückhaben.“

Da funkt Hedwig dazwischen: „Zuerst unser Fest! Erst meine Torte! Es ist Ottos Geburtstag. Mutters Kleiner ist erst siebzehn. Halt, Ruhe, Alfi! Sei der Klügere, Alfi!“

Nicht einmal ein einziges Zimmer will ihm die Familie gewähren. Er, der als Befreier kam und hoffte hier wieder seine Heimat zu finden, lebt dann in den USA bzw. Israel – etwas das der alte Reitknecht, der nach zehn Jahren von den Behörden voll rehabilitiert wurde, sogar seine Bezüge nachbezahlt bekam, nicht einmal aussprechen will/kann.

Bücher

Adler, um Haus und Lehrstuhl betrogen, hat die Hoffnung fahren lassen, die Täter dazu bewegen zu können, ihr Unrecht einzusehen. Nie lässt die Figur und ihr Spieler auch nur einen Funken Hass aufblitzen, der durchaus verständlich wäre. Höchstens Enttäuschung. Werben um Verständnis setzt er dem ihm entgegenblitzenden Hass entgegen. Doch irgendwie sucht er doch noch nach seinen Wurzeln, begnügt sich am Ende, im dritten Akt 1960, nur mehr seine Bücher in die neue Heimat mitnehmen zu wollen.

Szenenfoto aus

Geistiges Erbe

Bücher, die das Fundament des gesamten Stückes bilden. Hunderte, schwarz an Buchdeckeln und Seitenrändern angemalte, auf den Boden geklebte, zusammengetackerte Bücher aus dem Hamakom-Keller, bilden die Spielfläche (Bühne und – in den drei Epochen wechselnde – Kostüme: Marie-Luise Lichtenthal). Auf denen alle immer sozusagen herumtrampeln, die sie aber auch mitunter gekonnt stolpern lassen, weil diese Bücher ungleich groß und dick sind. Ein wackeliges Fundament, auf dem sich die Enteigner:innen eingerichtet haben.

Zu Beginn verbergen große Planen ansatzweise den morbiden Charme der alten Theaterhauswände – notdürftig, denn die Folien sind bewusst durchscheinend. Mit Alfons‘ Auftauchen werden sie nach und nach heruntergerissen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Erbe“ im Wiener Theater Nestroyhof / Hamakom

Das Haus, sozusagen die „Geister“ seiner Geschichte zum Klingen bringt der Musiker und Otto-Darsteller Sixtus Preiss insbesondere gegen Ende, als er mit gedämpften Schlagwerk-Schlegeln, die metallene, verschnörkelte Balustrade im ersten Stock ebenso bespielt wie Wände, den Boden, Türen…

Nicht nur Wände, Türen, Boden und Musikinstrumente erklingen, sondern auch – den Zeiten der Szenen angepasst – technische Geräte; zuletzt erklingen aus einem alten Tonbandgerät Sätze von Theodor Adorno über die (Nicht-)Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit, wo Täter:innen sich selbst zu Opfern stilisierten und umgekehrt Opfern selbst die (Mit-)Verantwortung an ihrer Verfolgung gaben – aufgenommen von der Regisseurin des Stücks. Das Tonbandgerät hatte das Theater für Samuel Becketts „Das letzte Band“ besorgt und stand seither im Hamakom-Keller.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Erbe“ von Dorothea Zeemann im Theater im Nestroyhof /Hamakom (Wien)

Humor

Trotz des tiefernsten Plots schafft Zeemann schon mit ihrem Text und erst recht die Inszenierung samt Schauspiel sarkastisch humorvolle Momente ins Geschehen zu bringen. Ob es Sager der frechen Eva sind wie „Du bist gar nicht groß für einen siegreichen Soldaten“, mit der sie auf Alfons Spruch davon reagiert, dass sie ein großes Mädchen geworden sei oder situationskomische von Hedwig mit der sie durch Hinweis auf Braten oder Torte von der angespannten eisigen Atmosphäre ablenken will. Oder gar die fast karikaturhaft-clownesken Kleidungen und Aufmachungen (Maske: Beate Bayerl) in manchen Szenen.

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Szenenfoto aus Davor/Danach im Wiener Theater Spielraum

Vor und nach dramatischem Ende – zweite Chance für die Liebe?

Viel poetische Romantik versprüht schon das Ambiente von „Davor / Danach“, einem Experiment im 41. Jahr des kleinen, feinen, engagierten „Theaters Spielraum“ (seit 22 Jahren im ehemaligen Erika-Kino in der Wiener Kaiserstraße). Experiment, weil zum ersten Mal ein Musical gespielt wird. Mit viel Liebe, Wärme, aber auch so manchem Beziehungsstress und nicht selten auch Komik im Schauspiel und dem vollen, warmen, mitunter eben brüchigem, traurigem Klang in den Stimmen der beiden Protagonist:innen. Und vollem musicalischen Tönen des Live-Musik-Trios.

Szenenfoto aus Davor/Danach im Wiener Theater Spielraum
Szenenfoto aus Davor/Danach im Wiener Theater Spielraum

Ach ja, das Ambiente: Ein riesiger, einfacher Baum mit vielen kleinen Schwarz-Weiß-Zeichnungen auf seinem Stamm, den Ästen und sogar den Wurzeln (Bühne: Raoul Rettberg). Darunter bzw. dazwischen sitzen drei Musiker:innen, die die knapp mehr als zwei Stunden (eine Pause) live – Piano, Gitarre und Cello – spielen, und das schauspielende und singende Duo begleiten.

Szenenfoto aus Davor/Danach im Wiener Theater Spielraum
Szenenfoto aus Davor/Danach im Wiener Theater Spielraum

Jetzt und Einst – aber (noch) nicht für beide

„Davor / Danach“, vor zehn Jahren von zwei Briten für ein japanisches Theater geschrieben und komponiert, erzählt die Geschichte des Liebespaares Ami und Ben. Zu Beginn erleben wir sie, wie sie bei diesem Baum – auf einem Hügel mit Weitblick – aufeinander treffen. Sie erkennt ihn, für ihn ist sie eine neue Begegnung. Sie waren schon früher ein Paar, er hatte einen Autounfall mit nachfolgendem Gedächtnisverlust.

Das sagt sie ihm aber (noch und viel zu lange) nicht, weil sich eine neue Romanze auftut und sie Angst hat, die zerstören zu können durch die Erinnerung an früher. Dürfte – wird auch später gespielt und gesungen – nach intensiver Zweisamkeit schief gegangen sein. Das weiß das Publikum aber noch nicht die männliche Figur.

Szenenfoto aus Davor/Danach im Wiener Theater Spielraum
Szenenfoto aus Davor/Danach im Wiener Theater Spielraum

Schwarz-weiß vs. bunt

Immer wieder pendelt das Stück zwischen dem Jetzt, sozusagen dem Danach, und dem Davor, also der Vergangenheit. Der Einfachheit halber hat Anna Pollack Denise Jastraunig (Ami) und Florian Sebastian Fitz (Ben) fürs Davor schwarz-weiß gekleidet mit leichter Verwandelbarkeit in ein buntes Danach (ein blumenartig farbenprächtiger Wickelrock für sie und ein abendsonnenfärbiges Sakko für ihn. Die drei Musiker:innen sind in weiße Anzüge mit schwarzen Strichen – fast gezeichnet – gehüllt. Musikalische Leitung und Live-Piano: Bernhard Jaretz, an der Gitarre am Premieren-Abend Patrick Henriquez (der sich bei Vorstellungen mit Niko Georgiades abwechselt sowie Margarethe Vogler (Cello; die alternierend mit Maike Clemens streicht).

Farben bzw. keine auch in Teilen der Bühne. Der große, schräg an der Wan im Hintergrund hängende Bilderrahmen bleibt die gesamte Zeit leer, die Rahmen an den Seitenwänden sind eine Art Reminiszenz an den Suprematismus-Maler der sowjetischen Avantgarde Kasimir Malewitsch (weltberühmt für sein schwarzes bzw. weißes Quadrat). Auf den Stufen des Podests (Hügel) hängen an den Treppen ebenso wie auf dem Baum viele Schwarz-Weiß-Zeichnungen – vom schon genannten Bühnenbildner sowie der Assistentin für alle Bereiche, Alice Gonzalez-Martin.

Szenenfoto aus Davor/Danach im Wiener Theater Spielraum
Szenenfoto aus Davor/Danach im Wiener Theater Spielraum

Tiefe Emotionen

Der Hügel und der Baum waren übrigens DER Platz des Liebespaares im „Davor“. Sie eine starke Business-Frau, er ein unbekannter Maler mit Brot-Job als Kellner, unter anderem. Im Restaurant, wo er arbeitete und sie an ihrem Geburtstag versetzt wurde, kommen sie über ein Missgeschick einander nahe, danach immer näher, doch … – Details seien nicht gespoilert, auch wenn der Abend weniger von den durchaus spannenden Wendungen als von den tiefen gespielten und gesungenen Emotionen lebt. Und von dem Versuch einer Art zweiter Chance – mit unterschiedlichen Start-Positionen.

Das Originalkonzept, die Musik sowie die Songtexte stammen von Stuart Matthew Price, der sie im kapitelweisen Hin- und Herschicken mit Timothy Knapman (Buch und ergänzende Songtexte) vor rund zehn Jahren innerhalb weniger Wochen verfasst bzw. komponiert hatte. Für die – gerade angesichts von Songtexten nicht leichte – Übersetzung ins Deutsche sorgte Robert G. Neumayr, der auch Regie führte.

Szenenfoto aus Davor/Danach im Wiener Theater Spielraum
Szenenfoto aus Davor/Danach im Wiener Theater Spielraum

Rollen-Klischees

So gut gespielt – sowohl Musik als auch Schauspiel – und gesungen, so berührend die dargestellten Gefühls-Auf und Abs, so bleibt doch als bitterer Wermutstropfen sehr altbacken klischierte Frauen- bzw. Männer-Rollen. Der frei schwebende, Zeit und Raum vergessende, Künstler und die dienende, sich um alles aufopfernd kümmernde Frau. Im Davor handelt sie zunächst immer nach den Wünschen des Vaters – der sie via „Fernwartung“ zu allen Unzeiten am Handy dirigiert. Im Versuch sich aus dieser Umklammerung ein wenig zu befreien, landet sie in der Romanze und tiefen Liebe zu Ben. Obwohl sie Power ausstrahlt, ordnet sie sich dessen Zeit-Missmanagement unter.

Nach Trennung, seinem Unfall und der zufälligen Wieder-Begegnung, kämpft sie sanft darum, dass er wieder sein Gedächtnis findet, massiver dafür, dass er seine Bilder in ihrem nunmehrigen Geschäft, einer Galerie ausstellt…

In ähnlicher Struktur kracht’s wieder. Knapp vor dem Ende der Moment, wo er gehen will, weil er erkennt, ihr zu schaden. Das wäre ein schöner Schluss gewesen – beide gehen mit der Erinnerung sowohl in Herzen als auch in Hirnen an schöne Zeiten. Doch nein, ein klassisches „Happy End“, es wird wieder…

Szenenfoto aus Davor/Danach im Wiener Theater Spielraum
Szenenfoto aus Davor/Danach im Wiener Theater Spielraum

Der Autor …

… war bei der Premiere anwesend, der Komponist und Songtexter wird zu einer der letzten Wiener Aufführungen kommen. Timothy Knapman meinte nach der Premiere, es sei die beste Version ihres Stücks gewesen. „Und das sagen Sie, obwohl Sie ja gar nicht Deutsch verstehen?“, fragte Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… danach den Stück- und einige Songtexte-Schreiber. „Stimmt, aber am Ende hatte ich Tränen in den Augen“, verrät Knapman. Auf die Kritik an den klischierten Frau-Mann-Rollen meinte er: „Wir haben auch ein anderes Stück mit genderfluiden Rollen, aber hier wollten wir nicht Rollen schreiben, wie wir sie uns wünschen, sondern wie es sie noch immer gibt.“

Im Übrigen verriet er dem Journalisten, dass dieses Musical bisher viel öfter in anderen Ländern als in ihrer englischen Heimat gespielt worden ist. Fünf Jahre lief es in Japan, auch in den Niederlanden war es zu sehen, in England bisher nur ganz am Anfang wenige Male und während der Pandemie als aufgezeichneter Stream.

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Szenenfoto aus "PLEASE – Don’t shoot the Messenger"

Schlechte Nachrichten ausgelagert und geschönt verpackt

In Uniformen, die an Flugbegleiter:innen oder Raumfahrer:innen erinnern, tritt die Crew auf (Kostüm: Nadine Cobbina). Und stellt sich als Bot:innen heraus. Sie überbringen Nachrichten. Zwischen Raum und Zeit sozusagen. Mit Anklängen an antike Geschichten. Troja fällt mehrfach. Und indirekt auch im Titel, wurden Überbringer schlechter Nachrichten für diese selbst immer wieder bestraft, mitunter sogar getötet.
Die neuzeiltichen Bot:innen sind dafür immer in Eile, gehetzt zwischen da und dort, einst und jetzt.

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Szenenfoto aus „PLEASE – Don’t shoot the Messenger“

Zeynep Alan, Julia Pitsch, Morteza Tavakoli und Charlotte Zorell fassen in „PLEASE – Don’t shoot the Messenger“ im innerstädtischen Theater am Werk ihre Aufträge / Nachrichten bei einer Art von Satellitenschüsseln mit dicker Rohrleitung (Bühne: Markus Liszt, Daniela Schindler) aus. Nicht die allgemeinen Nachrichten, die Online, via TV, Radio oder gedruckt in Zeitungen erscheinen, sondern persönliche. Und da es sich stets um Bad News handelt, haben Menschen sie ausgelagert: An eine Agentur, die für Perfektion, Leidenschaft, Effektivität, Anfang, Sicherheit, Entkommen steht – was eben PLEASE ergibt. Wobei die Begriffe möglicherweise gesucht und gefunden wurden, um das englische Wort für Bitte aber ebenso für erfreuen oder zufrieden stellen zu ergeben.

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Szenenfoto aus „PLEASE – Don’t shoot the Messenger“

Agentur „verpackt“ Bad News

Ausgelagert wird ja vieles – Geschäftstüchtige können aus allem und jedem ein Business machen. Warum nicht auch für die Überbringung schlechter Botschaften? So das Konzept dieser Agentur. Die Mitarbeiter:innen perfektionieren die Verpackung übelster Mitteilungen in feine Worte – ob geschwollene Formulierungen oder vorgespielte Einfühlsamkeit. Vieles ist möglich. Ja sogar Umdeutungen – das zeigen literarische ebenso wie historische Beispiele. Vom „Wahrheitsministerium“ in George Orwells „1984“ bis zur realen Message Control des jungen Alt-Kanzlers reichen die Umdeutungen durch „Verpackung“ bzw. Herr-schaft des Marketings über den Inhalt.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „PLEASE – Don’t shoot the Messenger“

Verändern nicht überbrachte Nachrichten den Lauf der Geschichte?

In diesem Stück von diverCityLab – Text: Pau R. Bernat, Regie: Leonardo Raab; Dramaturgie: Aslı Kışlal, Anna Schober – geht’s um echte, schlechte Nachrichten, die einfach nur in verdaulicher Form an die Empfängerin/den Empfänger gebracht werden sollen. Doch was ist mit der Botin da rechts vorne? Die hat unter ihrer Empfangs-Schüssel eine versperrbare Lade. Heimlich. Klar, irgendwann fällt’s auf. Und die anderen drängen sie, das Versteck zu öffnen. Sie (Zeynep Alan) ließ Nachrichten verschwinden, die sie für zu unerträglich hielt. Da es sich letztlich doch nicht nur um individuelle Schicksalsschläge handelt – hätte das Nicht-Überbringen von Nachrichten den Lauf der Geschichte verändert? Schlimmeres verhindert? Eine Frage, die in den Raum geworfen – und nicht direkt adressiert, aber doch – ans Publikum weitergeleitet wird; sozusagen als Hausaufgabe.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „PLEASE – Don’t shoot the Messenger“

Schräge TV-Show

Dennoch werden die Zuschauer:innen damit nicht entlassen. Es folgt – ohne Pause – ein zweiter, recht schräger Teil, den Anillo Sürün, der von der künstlerischen Mitarbeit zum kurzzeitigen Schauspieler avancierte, einleitet. Vorbereitung für eine TV-Talk-Show mit dem programmatischen Titel „Hart, aber sehr“. Und hier ist sie die umwerfende… – Charlotte Zorell als überdrehte Charly Forelli, Moderatorin einer Art TV-Talkshow, macht eine Talk-Gästin, die ohnehin schon von schlechten Nachrichten depressiv ist, vor fiktiver laufender Kamera erst recht fertig. Wobei ihr ein weiterer Gast, Psychodoc-Experte (der sehr wandlungsfähige Morteza Tavakoli, der im Laufe des Abends neben dem Nachrichten auch noch als Fahrradbote auftritt), äußerst behilflich ist.

Schließlich tauchen die Agent:innen nach und nach noch in einer Art überdimensionalen, vertikalen Hamsterkäfigen auf. Können sie sich daraus befreien?

Szenenfoto aus

Die Bühne im Theater am Werk Petersplatz ist dieses Mal komplett umgedreht. Das Publikum sitzt auf Tribünen an jener Stelle, wo sonst gespielt wird. Gegnüber macht die abgebaut Tribüne dafür die geschwungenen Treppen mit verschnörkeltem Geländer – und viel Platz frei für das Schauspiel – die schon erwähnten Nachrichten-Schüsseln und -Schläuche sowie Monitore für Video-Projektionen (Pablo Trujillo Tobaria). Neben dem dynamischen, phasenweise witzigen Spiel verleiht die Musik (Uwe Felchle) der Aufführung (1 ¾ Stunden) den zusätzlichen Schwung.

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Moderatorin Mirjam Karoly und die Diskutat:innen Anja Reuss, Mirjam Zadoff, Doron Rabinovici

Opfer-Solidarität statt -Konkurrenz

Während Jüdinnen und Jugend schon früh die Verfolgung an ihnen zu dokumentieren begannen und darauf nach dem Holocaust Forschungen aufbauen konnten, war die systematische Vernichtung von Romn:ja und Sinti:zze seeeeehr lange ein Tabu. Kein Thema. Kaum Unterlagen dazu. Wissen über die Volksgruppe hinaus noch weniger. Ja nach 1945 wurde die Verfolgung unter anderen Vorzeichen beispielsweise in Österreich sogar gesetzlich weiter geführt, wenngleich nicht tödlich.

Vor diesem Hintergrund diskutierten am Internationalen Roma-Tag 2024 – weitere Berichte am Ende dieses Beitrages verlinkt – unter der Leitung von Mirjam Karoly, Politologin und Ende des Vorjahres Leiterin der Kontaktstelle für Roma- und Sinti-Fragen beim OSZE Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte, Anja Reuss (Historikerin, spezialisiert auf NS-Geschichte und Genozid-Forschung, seit zwei Jahren im Antiziganismus-Büro; Berlin), Mirjam Zadoff (Historikerin und Direktorin des Dokumentationszentrums, München) sowie der bekannte Schriftsteller und Historiker aus Wien, Doron Rabinovici.

Rain of Ash

Trotz der unterschiedlichen Ausgangslagen dieser beiden Gruppen von Opfern (nicht erst) des Faschismus und vielleicht da und dort einer Art Opfer-Konkurrenz, brachten die Teilnehmer:innen etliche Beispiele für genau das Gegenteil: Opfer-Solidarität. So verwies Zadoff auf das im Vorjahr erschienene Werk von Ari Joskowicz „Rain of Ash“. In diesem heißt es unter anderem: „Juden und Roma starben gemeinsam durch die Hand der selben Mördern, oft auf genau den selben Plätzen. Doch die Welt anerkennt ihre Zerstörung nicht gleichermaßen. In den Jahren und Jahrzehnten nach dem Krieg erregte die jüdische Erfahrung des Völkermords zunehmend die Aufmerksamkeit von Rechtsexperten, Wissenschaftlern, Pädagogen, Kuratoren und Politikern, während der Völkermord an den europäischen Roma weitgehend ignoriert wurde.“ Rain of Ash ist die unerzählte Geschichte, wie Roma sich an jüdische Institutionen, Finanzierungsquellen und professionelle Netzwerke wandten, um Anerkennung und Entschädigung für ihr Kriegsleid zu erhalten.

DÖW – Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes

Doron Rabinovici merkte an, dass die Jüdin Selma Steinmetz, als eine der ersten Mitarbeiter:innen des Dokumentationsarchivs des Widerstandes (DÖW) immer wieder Ende der 60er-Jahre des vorigen Jahrhunderts zu Recherchereisen ins Burgenland gefahren ist, um in den Gemeinden und Orten nach Spuren bzw. Zeug:innen der Verfolgung von Roma und Sinti durch die Nazis zu forschen.

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Harri Stojkas "Little Big Band"

Vielfältige, mitreißende Weltmusik, gewürzt mit so manchem Witz

8. April ist der Internationale Roma-Tag. Beim Eingang des Wiener Rathauses wurden zwei Roma-Fahnen gehisst, im Parlament fand eine Festveranstaltung mit hochkarätiger Besetzung statt und wie seit Jahren feiert – nicht nur – die Community im renommierten, weltbekannten Wiener Jazzlokal Porgy & Bess. Es ist ein Feiertag, den dieser erinnert an die erste internationale Roma-Konferenz: Sagt nicht Z zu uns – oder G, sondern Roma. Wir haben auch eine eigene Hymne und eine Flagge. Und Forderungen nach Gleichberechtigung! (Mehr im Info-Block ganz am Ende.)

Porgy & Bess-Chef Christoph Huber begrüßte zum Konzert
Porgy & Bess-Chef Christoph Huber begrüßte zum Konzert

On Stage natürlich als Fixstern Harri Stojka, überirdischer Gitarrist im unterirdischen Lokal. Finger, die so schnell über die Saiten gleiten, als könnten sie gar nicht vom Hirn gesteuert sein, weil die -Signale in die Hände länger brauchen.

Wie schon in einem anderen Beitrag erwähnt – unten am Ende verlinkt – trat der geniale Gitarrist schon zu Beginn des Abends in kleinster Formation auf. Im Konzert dann mit zwei verschiedenen Gruppen. Zunächst mit dem Acoustic Drive Trio – Bläser Herbert Berger, Kontrabassist Peter Strutzenberger und Schlagzeuger Sigi Meier. Schon da – und erst recht danach bei der „Little Big Band“ zeichnete sich das Konzert durch unheimlich viel Spielfreude – samt unterschiedlichster verspielter Soli aus.

Obwohl alles unter seinem Namen firmiert, ist Harri Gleicher unter Gleichen, lässt immer wieder seinen Mitspielern viel Zeit und Raum für umjubelte Solo-Passagen oder liefert sich mit ihnen instrumentale Dialoge, manchmal auch witzige Wett-Spiele, viel Schmäh liegt neben der Virtuosität in der Luft, schwebt durch den Raum, reißt das Publikum mit, teils auch von den Sitzen.

Little Big Band

In der größeren Formation mit dabei wieder die auch schon vom Trio bekannten Meister am Kontrabass, am Schlagzeug und am Saxofon. Wobei Herbert Berger als Leiter der Bläser, auch schon mal zur Mundharmonika greift oder die Querflöte bespielt. Dazu noch Daniel Nösig an der Trompete, Robert Bachner Zugposaunist und Valerian Schwärzler mit der großen Tuba. Und im Hintergrund neben dem Schlagzeuger Percussionist Andi Steirer, der nicht zuletzt in einer Nummer sogar ein Triangel in ein zauberhaftes Instrument verwandelt. Er und Drummer Sigi Meier bekamen eine eigene Nummer, bei der sich die anderen Herren an die Bühnenseite verabschiedeten und nach unglaublichen Trommel- und andern ekstatischen Schlägen erste später wieder an ihre Arbeits- und Spaßgeräte wanderten, um in ein gemeinsames Spiel einzusteigen.

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Harri Stojka, Claudius Pichler und Konstanze Breitebner

Heftige Gitarrenklänge zum Sensationsfund

Seit einigen Jahren feiert die Community in Wien den Internationalen Roma-Tag – 8. April (Näheres dazu in weiteren verlinkten Beiträgen bzw. in der Info-Box ganz am Ende dieses Beitrages) im Wiener Jazzlokal Porgy & Bess. Gitarrengott Harri Stojka ist ein Fixstern im Programm der Veranstaltung von „Voice of Diversity“.

In diesem Jahr – 2024 – aber bestritt er nicht nur – in zwei verschiedenen Formationen – das große mitreißende Konzert – dazu ein eigener Beitrag -, sondern auch einen ganz besonders emotionalen Eröffnungspart. Im Hintergrund eingeblendet zwei Seiten aus einem Büchlein, das erst vor wenigen Monaten aufgetaucht ist: Gedichte und Zeichnungen von Johann „Mongo“ Stojka, Harris Vater. Die hatte dieser heimlich im faschistischen Konzentrationslager von Buchenwald, das er zum Glück überlebte, verfasst und angefertigt – zwischen Herbst 1944 bis Frühling 1945.

Der Gedenkdiener Carlo Sossella hatte dieses Büchlein bei seiner Arbeit in einer belgischen Einrichtung entdeckt, nun ist es an die Londoner Holocaust Gallery verliehen, wo Harri Stojka es erst vor rund zweieinhalb Monaten zu Gesicht bekam.

Die komplizierte Geschichte des Wegs dieses Büchleins schilderte die Schauspielerin Konstanze Breitebner und las aus einem der Gedichte:

Warst du in Lager Buchenwald,
Da Oben ist es gar so Kalt.
Du Kamst ja rein als Zivilist,
In Fünf Minuten Häftling bist.

Du Aussiehst wie’ne Nasse Maus
Ach alter guter Freundchen Klaus
Wir kommen doch noch einmal Rauβ.

Harri Stojka, Claudius Pichler und Konstanze Breitebner
Harri Stojka, Claudius Pichler und Konstanze Breitebner

Harri Stojka und Claudius Jelinek spielten dazwischen berührende, bewegende und bewegte Gitarrenklänge, die teils zu Tränen rührten, aber ebenso Überlebenswillen ausdrückten und vor Lebensfreude strotzten.

Mirjam Karoly, Politikwissenschafterin
Mirjam Karoly, Politikwissenschafterin

Einleitend hatte die Politikwissenschafterin Mirjam Karoly einerseits über den Internationalen Roma-Tag, den Kampf der österreichischen Volksgruppe um ein zentrales Mahnmal und anderseits die aktuelle europäoische gesellschaftliche Gesamt-Situation gesprochen.

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fm4.orf -> Story über Harri Stojkas London-Besuch zum Gedichtband seines Vaters

Voice-of-Diversity-Sperecherin Marion Dworzack
Voice-of-Diversity-Sperecherin Marion Dworzack
Erfolgreiche Praxisbeispiele präsentiert von Tina Friedreich, Csilla Höfler, Barbara Karlich (die den gesamten Nachmittag moderierte), Alysea Nardai und Žaklina Radosavljević

Roma-Fahnen am Wiener Rathaus, Festveranstaltung im Parlament

Himmelblau oben, darunter wiesen- bzw. waldgrün unten und in der Mitte das rote Speichenrad – die Roma-Flagge – in zweifacher senkrechter Ausführung wurde vor dem Seiten-Eingang zum Wiener Rathaus gehisst – anlässlich des internationalen Roma-Tages am 8. April (in dem Fall 2024).

Roma-Flaggen beim Rathaus-Eingang
Roma-Flaggen beim Rathaus-Eingang

Wenige Geh-Minuten entfernt, füllten sich praktisch zeitgleich die Reihen der Abgeordneten-Sessel im Nationalrats-Sitzungssaal – vor allem mit Aktivist:innen verschiedenster Vereine und Initiativen von Rom:nja und Sinti:zze, aber auch beispielsweise dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, Vertretungen der tschechischen und slowakischen Schule Komenský in Wien, der österreichischen Ungar:innen und viele mehr. Und dazu in Reihe 1 auch noch hochrangige Politiker:innen: Nationalratspräsident Wolfgang Sobokta, Ministerin Susanne Raab, die für Frauen, Familie, Integration und Medien verantwortlich ist sowie der Präsident des burgenländischen Landtages Robert Hergovich.

Gedenktage

Wird am 2. August, der seit dem Vorjahr endlich auch in Österreich ein offizieller Gedenktag ist, an dem Porajmos (Gegenstück zum Holocaust) gedacht, weil in der Nacht vom 2. auf den 3. August im Nazi-Konzentrationslager Auschwitz allein mehr als 3000 Angehörige dieser Volksgruppen ermordet worden sind, ist der 8. April der Internationale Roma-Tag. Es ist sozusagen das Gegenteil: Gedenken an Widerstand, Kampf um Anerkennung und Zeichen von entstandenem Selbstbewusstsein.

Anlass: Am 8. April 1971 kamen rund zwei Dutzend Vertreter:innen aus 9 Ländern bei der ersten internationalen Roma-Konferenz in London zusammen, setzten den Begriff Roma dem – selbst heute noch immer verwendeten Z-Wort bzw. dem englischen Pendant – entgegen. „Rom“ heißt übrigens Mensch in Romanes/Romani.

Außerdem beschlossen die Konferenzteilnehmer:innen die gemeinsame Flagge (siehe erster Absatz) sowie die Hymne „Đelem, đelem“. Letztere erklang – gespielt wie zuvor andere musikalische Beiträge von der Leon Berger Band – übrigens zum Abschluss der Festveranstaltung im Parlament, die unter dem Titel „RomnjaKraft.Sor – Erinnerung – Wandel – Aufbruch stand.

Mehr Frauen!

Aus dem Burgenland kam auch die Festrednerin Manuela Horvath, Mitglied im Volksgruppenbeirat der Roma, die vor allem von Vereinen und Organisationen der eigenen Volksgruppe forderte, mehr Frauen mit verantwortlichen Funktionen zu betrauen. Und sie hob drei Pionierinnen im Kampf um die Anerkennung von Romn:ja und Sinti:zze als Volksgruppe hervor: Neben der sehr bekannten Malerin, Schriftstellerin, Aktivistin Ceija Stojka, die überhaupt als eine der ersten über die systematische Verfolgung und Ermordung im Faschismus – rund eine halbe Million Menschen – sprach, schrieb und malte, nannte Horvath die Sinti-Aktivistin Rosa Gitta Martl sowie eine der Burgenland-Rom:nja-Vorkämpferin der ersten Stunde Susanne Baranyai.

Gute Praxisbeispiele

Manuela Horvath hatte sich auch stark gemacht dafür, dass im Zentrum der Veranstaltung ein Podiumsgespräch stand – zu Wandel und Aufbruch; mit vier Frauen, die von erfolgreichen Projekten berichteten: Csilla Höfler (EMRO, Caritas Steiermark), Žaklina Radosavljević (Vivaro, Wien), Tina Friedreich (Romn:ja-projekte, Caritas Graz) sowie Alysea Nardai (Aktivistin und angehende Elementarpädagogin, BAfEP Oberwart). Pflege und Förderung der eigenen Sprache, die ja auch zu den anerkannten und damit verfassungsmäßig garantierten Volksgruppen-Sprachen gehört, Informationen auch in dieser Erstsprache, Beratung eben durch Angehörige der Volksgruppe, so dass diese auch Vertrauen haben und sich auch mit tabuisierten Themen wie familiäre, sexuelle Gewalt oder Zwangsehen an sie wenden können, kamen zur Sprache.

Dieses Frauen-Empowerment freute Ministerin Susanne Raab in ihren Grußworten, wenngleich sie bald danach weg musste, und die Beispiele nicht mehr hören konnte. Als auch für Medien zuständige Ministerin freute sie, dass der Anteil der ORF-Sendungen in Volksgruppensprachen erhöht wurde. Nun ja, vielleicht fließen solche ja auch in die Debatte um die „Leitkultur“ ein?!

Politik

Und schon da, vor allem dann aber auch in der Runde mit Bereichs-Sprecher:innen von vier der fünf Parlamentsparteien (die FP-Vertreterin war kurzfristig erkrankt) kam – von Grünen und Neos – die Forderung, die kürzest zusammengefasst lautet: Nicht über uns ohne uns.

Nationalratspräsident Sobotka hatte in seinen wertschätzenden Begrüßungsworten, in denen er auch auf internationale Zusammenarbeit und Erstellung von Geschichtsbüchern für Schulen – gemeinsam mit Tschechien, Slowenien und der Slowakei – sprach, doch beispielsweise ein paternalistisch angehauchtes Verständnis – Raum und Zeit geben – durchklingen lassen. Die Angehörigen von Volksgruppen – nicht nur der Rom:nja und Sinti:zze – möchten aber nicht nur angehört oder zu Wort gekommen lassen werden, sondern mitgestalten und mitsprechen. Es bräuchte im Parlament auch einen Volksgruppen-Ausschuss, wenn es schon einen Südtirol-Ausschuss gebe.

Erfreuliches konnte Sobotka aber doch zu Beginn schon berichten: Der jahrelange Kampf der Romn:ja und Sinti:zze um ein zentrales Mahnmal für die Volksgruppen-Opfer des Faschismus scheint nun tatsächlich näher zu rücken. Zwar war es von Politiker:innen schon jahrelange bei den Gedenkveranstaltungen am 2. August am Ceija-Stojka-Platz versprochen worden, aber nun dürfte es – noch dazu in der Nähe des Parlaments – am Schmerlingplatz – real werden.

Schul-Material

Der Historiker Herbert Brettl stellte bei der Veranstaltung im Parlament das Projekt DERLA (Digitale ERinnerungsLAndschaft) vor. Sowohl analog vor Ort als auch online aus dem Klassenzimmer könnte so die Beschäftigung mit Verbrechen in der Zeit des Faschismus in der jeweiligen Gemeinde, Stadt usw. erfolgen. Zu finden sind interaktive Karten der Erinnerung, ein Archiv der Namen, Wege der Erinnerung in Form digitaler Rundgänge) sowie Vermittlungsarbeit für den Unterricht. Der Mitarbeiter von erinnern.at nannte u.a. die drastischen Zahlen, dass von den rund 8.500 Rom:nja 1937 nach dem Ende des Faschismus nur 500 überlebt hatten. Und dass es in so manchen Gemeinden auch danach bis zu 20 Jahre dauerte, bis endlich Gedenk- und Erinnerungstafeln oder andere Zeichen gesetzt werden konnten. Es hatte ja sogar fast 40 Jahre nach 1945 gedauert bis zur ersten Gedenktafel beim Lager Lackenbach (1984).

Am Abend fand dann – auch traditionellerweise im Porgy & Bess eine mehrteilige Veranstaltung statt – Berichte folgen.

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Szenenfoto aus "Nestbeschmutzung"

Denk doch an den Ruf des Theaters…

In für dieses Theater – und viele dieser Art – ungewöhnlicher Kulisse präsentiert sich die Bühne bei „Nestbeschmutzung“: Mehrere Ebenen von (rosafarbenen) Vorhängen (Gassen) erinnern an große Häuser. Und nicht zuletzt auch um solche geht es, wenngleich nicht nur.

Der Begriff Nestbeschmutzung wird in der Regel dazu verwendet, Kritiker:innen zu denunzieren und hat somit auch den Touch von „Verrat“. Oder wie es groß am Programmheft prangt: „Das Haus darf nicht beschädigt werden“.

Recherche-Stücke

Die Kritik an Machtmissbrauch, (sexuellen) Übergriffen im Kulturbetrieb im Allgemeinen, im Theater im Besonderen wird in diesem kurzweiligen, knallbunten (Bühne & Kostüm: Camilla Hägebarth) Spiel immer wieder auch mit Humor thematisiert. Tamara Semzov, Birgit Stöger und Mervan Ürkmez spielen die zu Szenen verarbeiteten jahrelangen Recherchen von Felix Hafner, Jennifer Weiss und Anna Wielander („Institut für Medien, Politik und Theater“).

In der erwähnten Kulisse mehrere Ebenen von Vorhängen spielt sich eine Preisverleihung ab, eine Party danach, Small-Talk zwischen Gäst:innen ebenso wie Blablabla-Moderationen. Aber auch die Dankesrede einer Preisträgerin (Tamara Semzov). Die bedankt sich zunächst vor allem bei wichtigen, unerlässlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sonst praktisch nie auch nur erwähnt werden – unterschiedlichste Assistenz-Leistenden. Und zu guter Letzt auch für ihre miese Bezahlung, zu viele Überstunden, ständiges Runtermachen, Fallengelassen werden und vieles mehr.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Nestbeschmutzung“

Exemplarisch

Mervan Ürkmez spielt den „Fall“ einer Person XY durch. Regieführende Intendanz „spürt“ in der Probe nicht, was XY da rüberbringen will, greift ihr zwischen die Beine – „von da muss das kommen!“ Und dann der Spießrutenlauf der betroffenen Person. Beratung mit Kolleg:innen, Gespräch mit der Vertrauensperson des Theaters – die sitzt in der Leitung des Hauses! Der Ruf des Theaters solle doch nicht zerstört werden…

Von der Belegschaftsvertretung kommt auch keine wirkliche Hilfe. Bei der Beratungsstelle der Hinweis, möglichst Beweise sammeln. Anwaltschaftliche Beratung: Nicht zu neutral und sachlich, die Betroffenheit müsse zu spüren sein. Umgekehrt zu viel auch nicht. Wenn zu viele Zeug:innen, dann könnt’s nach Kampagne wirken…

Birgit Stöger kennt in einer ihrer Rollen das alles und noch viel mehr schon aus jahrzehntelanger Arbeit, gibt die Resignierte und lässt fast eher unausgesprochen Pensionswünsche anklingen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Nestbeschmutzung“

Strukturell

Vieles ist aus Debatten der vergangenen Jahre bekannt, nicht zuletzt rund um die erst kürzlich ausgestrahlte Dokumentation „Gegen das Schweigen“ des Norddeutschen Rundfunks (NDR). Wurden dort allerdings konkrete Namen genannt, so spart „Nestbeschmutzung“ im Wiener Theater Kosmos diese bewusst aus – es soll das Versagen hierarchischer, patriarchalischer Systeme aufs Korn genommen werden. Abgesehen davon, dass bei den meisten im Publikum manche Namen ohnehin im Kopf ankommen, wenn von Enfant Terrible, Theater-Berserker usw. die Rede ist.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Nestbeschmutzung“

Mindestens genauso wie die Kritik an herr-schenden Verhältnissen vermittelt das Schauspiel-Trio – auch in einer plakativen Szene eher am Beginn mit Wunderkiste und weißen Ganzgesichts-Masken – die Lust und Leidenschaft von Theaterleuten; das wofür sie brennen. Was nicht selten von Toxikern – noch immer – ausgenutzt wird.
Das meiste schon vielfach erzählt – aber in anderen Medien übers und dieses Mal im Theater.

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Szenenfoto aus "Biloxi Blues" im Renaissancetheater

Unterschiedliche Reaktionen unter autoritärem Kommando

„Biloxi Blues“ von Neil Simon über Jungsoldaten, die in den USA auf den Kampfeinsatz im zweiten Weltkrieg vorbereitet werden, im Wiener Theater der Jugend.

Im militärischen Ton herrscht die Stimme des Ausbildners aus dem Off das Publikum an, elektronische Lärmmacher auszuschalten – Zuwiderhandelnde müssten 100 Liegestütze absolvieren. Der erste Gag gelandet. Wiewohl sich das Stück „Biloxi Blues“ fast durchgängig ums Erlernen militärischer Disziplin der neuen Soldaten für den Ernstfall dreht, bleibt in der Inszenierung im großen Haus des Theaters der Jugend (Wien) doch auch hin und wieder Zeit und Raum für Schmunzeln oder Lachen. Insbesondere zu Beginn, als eines der Stockbetten der Kaserne (Bühnenbild: Ulv Jakobsen; Kostüme: Irmgard Kersting) noch vor dem eisernen Vorhang Abteil des Zuges ist, der die neuen Soldaten nach Biloxi im Süden des US-Bundesstaates Mississippi bringt.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Biloxi Blues“ im Renaissancetheater

Vorbereitung auf den Ernstfall

Viel öfter aber reißt’s dich in den folgenden zwei Stunden, wenn der Kommandant, Sergeant Toomey (Mathias Kopetzki), die Rekruten anbrüllt, niedermacht, fies und falsch nett die einen gegen die anderen ausspielt, aufhetzt… Doch selbst diese Figur ist im Stück von Neil Simon (Deutsch: Andreas Pegler; Regie: Folke Braband) nicht eindimensional angelegt. Selbst im Einsatz schwer verletzt (halbes Hirn weg), gelingt es ihm, zu vermitteln, dass – so krass es ist und so hart es klingt – im Schützengraben keine Zeit für Nachdenken und Diskussionen bleiben wird. Und diese Soldaten werden – 1943 – vorbereitet für den Einsatz zur Beendigung des zweiten Weltkriegs.

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… durfte übrigens schon vor mehr als einem Monat in einer frühen Probenphase der Erarbeitung der ersten beiden Szenen zusehen – Links zur Reportage und vielen Interviews am Ende dieses Beitrages.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Biloxi Blues“ im Renaissancetheater

Unterschiedlichste Charaktere

Stück, Regie und Besetzung sowie Spiel der Soldaten-Darsteller erlauben unterschiedlichste Charaktere. Vom vordergründigen Loser, dem Hirn des Zimmers und auf seine Art Widerständigsten Arnold Epstein (Ludwig Wendelin Weißenberger) über den immer wieder aus der Soldatenrolle rausschlüpfenden Chronisten, der an seinen Memoiren schreibt (und damit eine Art Alter Ego des bekannten Theaterautors ist), Eugene Morris Jerome (Robin Jentys), den  Zurück- und sich Heraushaltenden Don Carney (Christian Dobler), weil er ohnehin schon mehr als genug rassistische Attacken erlebt hat sowie Joseph Wykowski (Clemens Ansorg), der sich immer wieder besonders stark und männlich geben will/muss bis hin zu Roy Selridge (Curdin Caviezel), dem nicht gerade Hellsten der kleinen Truppe, der damit aber mehr Freiraum für sein Handeln hat.

Frauen nur in Nebenrollen

Neben dem Übermaß an Testosteron kommen in diesem Stück zwei Frauen nur in Nebenrollen vor. Im zweiten, kurzen, Teil tauch Sophia Greilhuber als Klosterschülerin beim Ausgang in den Tanzpalast als Daisy Hannigan auf. Zwischen ihr und Eugene Morris Jerome, der so gar nicht tanzen kann und will knistert es vor allem intellektuell – und ein bisschen mehr.

Simone Kabst schlüpft in die Rolle von Rowena, einer Prostituierten, die ihre Dienstleistung den Soldaten verkauft – und in der einzig zu sehenden Begegnung mit dem schüchternen Chronisten humorvoll diesen aus der Reserve lockt.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Biloxi Blues“ im Renaissancetheater

Wie würde ich…

Eine der spannendsten Szenen spielt sich gegen Ende ab, als der stockbesoffene Sergeant Toomey seinen intellektuell und moralisch haushoch überlegenen Widersacher Arnold Epstein zu einem gefährlichen (Gedanken-)Spiel herausfordert. Da bleibt immer wieder der Atem als Zuschauer fast stocken – doch Details seien hier nicht gespoilert.

Nur so viel – jenseits dieser Szene – immer wieder provozieren Stück und Inszenierung durchaus die innerliche Frage, wie würde ich da selber reagieren – in dieser oder einer anderen Zwangslage. Die so oder anders wohl unter weniger dramatischen Umständen und ohne Uniform, aber dennoch in einem Autoritätsgefälle, nicht so selten sind.

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Doppelseiten aus dem dreisprachigen Buch mit tschtschenischen Märchen

Ein Märchen mit Frage am Ende, ein anderes, dem die wichtigste Frage fehlt

Drei Märchen aus Tschetschenien versammelt dieses bebilderte Buch. In allen spielen Tiere – wie in vielen Märchen auf der Welt – die zentralen Rollen. Besonders macht dieses Buch, dass alle drei Märchen jeweils in drei Sprachen aufgeschrieben sind: Deutsch, Tschetschenisch und Italienisch.

Doppelseiten aus dem dreisprachigen Buch mit tschtschenischen Märchen
Doppelseite aus dem dreisprachigen Buch mit tschtschenischen Märchen

Die auch dem Buch den Titel gebende Geschichte lautet: „Wer ist der Größte?“ In vielen Märchen verschiedenster Länder und Sprachen geht es um eine ähnliche Frage. Hier stehen ein Stier, ein Adler, ein Ziegenbock, ein Fuchs im Zentrum, aber auch ein Schäfer und vor allem die Jüre Baba (alleinstehende ältere Frau) spielen wichtige Rollen. Adler fängt Stier, lässt sich zwischen den Ziegenbock-Hörnern nieder… mehr von der durchaus harten Story sei nicht verraten – dafür aber der Schluss. Der ist höchst ungewöhnlich. Noch nie ist mir ein Märchen untergekommen, das so endet:

„Nun, liebe Kinder, verratet ihr mir, wer von allen, von denen ich euch erzählt habe (dann werden die Erwähnten und noch weitere alle noch aufgezählt), ist der Größte?“

Doppelseiten aus dem dreisprachigen Buch mit tschtschenischen Märchen
Doppelseite aus dem dreisprachigen Buch mit tschtschenischen Märchen

Ausnahmsweise böser Wolf

Das eben beschriebene Märchen bildet den Schlusspunkt des Buches „Mulscha shilla iokkscha? / Wer ist der Größte? / Chi è il più grande?“. Im zweiten Märchen geht es um drei Zicklein und einen Wolf – der in diesem Fall der Böse ist, was für tschetschenische Märchen und Geschichten sonst eher unüblich ist.

Doppelseiten aus dem dreisprachigen Buch mit tschtschenischen Märchen
Doppelseite aus dem dreisprachigen Buch mit tschtschenischen Märchen

Ameise und eine Kettenreaktion

Eröffnet wird das Buch mit einer aus dem Winterschlaf erwachenden Ameise. Als sie aus dem Bau kriecht, hindert ein großer, fetter Grashalm sie an der Arbeit. Und so krabbelt sie zu einem Schaf, bittet es, den Halm zu fressen. „Ameise, lass‘ mich i Ruh!“, bekommt sie zur Antwort. Gleichlautendes bzw. Ähnliches hört sie, als sie den Wolf bittet das Schaf zu fressen, die Schäferhunde, den Wolf zu verspeisen usw. Der Schäfer will lieber Detschik-Ponder (drei-saitiges tschetschenishces Instrument) spielen, die Maus nicht dessen Saiten anknabbern, die Katze nicht die Maus fangen. Erst der Wind half – zwar nicht gleich aber doch – der Ameise. Nein er blies nicht den Hal weg, sondern setzte die Kette retour in Gang, zerzauste der Katze ihr Fell und so weiter…

Aber weshalb die Ameise, die ja ein einzelgängerisches Tier ist, sondern ganz im Gegenteil mit Tausenden anderen zusammenlebt und arbeitet nicht ihre Artgenoss:innen gebeten hat?

Dies ist eine Frage, die nicht gestellt wird 😉

Historische Einleitung

Als Art Vorwort liefert das Buch – ebenfalls in den drei Sprachen eine historische Einleitung – samt Landkarte – dieser Kaukasus-Republik namens Nochtschitschö (so der tschetschenische Name, der auf „Nachfahren Noahs“ zurückgeht) und ihrer wechsel-, oftmals leidvollen Geschichte.

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Titelseite des dreisprachigen Buches mit tschtschenischen Märchen
Titelseite des dreisprachigen Buches mit tschtschenischen Märchen
Seiten aus "Asagan - Schatzkammergut-Geschichte(n)": PIA steht für Pirat:innen in Ausbildung ;)

Wie Nuna und Nanu die erste Pipeline – für Salz-Wasser – erfanden…

„Weiß ist das Mittel – schwarz die Nacht – blau der Drache, der es bewacht.“ Diese Zeilen fand angeblich der Arzt Paracelsus (den hat es vor rund 500 Jahren wirklich gegeben) in einem dicken alten Buch als er nach Heilmitteln suchte. Und so verknüpft gleich die erste der „Schatzkammergut-Geschichte(n) wie alle Asagen-Bücher Ausgedachtes mit Wahrem. Aber keine Vermischung von Fakt und Fakes, sondern bewusst Fantasie mit Realität.

Fiktive Stories führen zu historisch wahren Hintergründen. In diesem Fall Der Flug eines Drachen zu einem Kollegen von ihm im Salzkammergut (aktuelle europäische Kulturhauptstadt-Region) – und dort zu Salz.

Dieses „weiße Mittel“, das tief drinnen in Berg(höhlen) ruhte, wurde schon vor Jahrhunderten entdeckt, abgebaut und der menschliche Körper braucht es.

Ur-Meer

Dass das Salz „Überbleibsel“ des Meeres ist, das es auch hierzulande vor rund 250 Millionen Jahren gab, findest du ebenso in Geschichterln verpackt wie die ersten Pipelines. Vor mehr als 400 Jahren höhlten die Menschen beim Salzbergbau Baumstämme aus, machten sie zu Röhren, verbanden sie, wasserten die Salzvorkommen in den Höhlen und förderten das nunmehrige Salzwassergemisch so leichter zu Tal. Durch Erhitzen verdampfte das Wasser, das Salz blieb übrig…

Ururur…

Die Sach-Informationen findest du in diesem 112-seitigen, bunt bebilderten Buch (manches als neue Zeichnungen, anders auf Jahrhunderte-alten Bildern beruhend) am Ende unter dem Titel „Wissens-Schatz“. Auf den fast 100 Seiten davor kannst du die Verknüpfung von ausgedachten Geschichterln darum herum lesen (dir vorlesen lassen). So triffst du neben Drachen auch die Zwillinge Nuna und Nanu aus einem Wintermärchen und vor allem deren Urur…oma (gezählte 16 Ur im Buch) sowie die Urur…tante (17-Mal). Und die beiden aus Vorzeiten liebten den Winter so sehr, dass sie im Sommer das Weiß vermissten – und das Salz das zu Ende gegangen war. Und so hatten angeblich die beiden Frauen, die auch Nanu und Nuna hießen, die Idee mit den Löchern in den Bäumen – und im Berg…

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Szenenfoto aus "Bajka o tihom princu i tužnoj princezi" ("Ein Märchen über einen stillen Prinzen und eine traurige Prinzessin") nach Hans Christian Andersens "Der Schweinehirt"

„Armer“ Prinz und superreiche Prinzessin

Drei längliche Tische stehen auf dem Podest vor der Bühne im Wiener Figurentheater Lilarum – jeweils mit weißen Tüchern bedeckt. Als so ziemlich alle auf ihren Plätzen sitzen, wuchtet eine Hand von hinter den Tischen einen grünen Baum auf den mittleren Tisch, dazu einen alten Wecker, noch einen Baum und noch einen… Dann erscheint unter dem mittleren Tisch ein Gesicht, irgendwie erinnert seine Schminke an die eines Clowns. So, offenbar auf dem Boden unter dem Tisch liegend, beginnt er sich mit den Kindern zu unterhalten. Was sie da machen, worauf sie etwa warten… – auf Serbisch.

Das nach dem serbischen Journalisten und (Kinderbuch-)Autor Duško Radović (1922 – 1984) benannte „Malo pozorište“ (kleines Theater) aus Beograd (Hauptstadt Serbiens) gastierte in Wien-Landstraße und spielte ein Stück nach dem weniger bekannten Märchen „Der Schweinehirt“ von Hans Christian Andersen: „Bajka o tihom princu i tužnoj princezi“ (Ein Märchen über einen stillen Prinzen und eine traurige Prinzessin).

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Bajka o tihom princu i tužnoj princezi“ („Ein Märchen über einen stillen Prinzen und eine traurige Prinzessin“) nach Hans Christian Andersens „Der Schweinehirt“

Charmant gespielt unperfekt

Mladen Vuković schlüpfte hin und wieder in die Rolle des „stillen“ Prinzen eines kleinen Königreiches am Rande – des einen Tisches. Vor allem aber verlieh er dessen Figur ebenso wie den weiteren Figuren in dem Stück seine Stimme – und seine Hände, um sie zu bewegen. Hin und wieder fällt eine Figur um, oder irgendwo runter – obwohl sicher nicht jedes einzelne „Missgeschick“ genau geplant ist, gehört es dennoch – wie KiJuKu nachher anvertraut wurde, dazu. Es passt zum Charakter des Harlekins und macht einen Teil des Charmes dieses Spiels aus und sorgt immer wieder für Lacher. Da der Harlekin die Szenerie rund um den „armen Prinzen“ und die superreiche Prinzessin bald nach Beginn in die Atmosphäre einer Art Zirkusmanege verwandelt, holt er sogar wilde Tiere – als Spielfiguren, die sich auf dem Plattenteller eines alten tragbaren drehen…

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Szenenfoto aus „Bajka o tihom princu i tužnoj princezi“ („Ein Märchen über einen stillen Prinzen und eine traurige Prinzessin“) nach Hans Christian Andersens „Der Schweinehirt“

Die Märchenvorlage

Sehnsüchtig schaut der Prinz in Richtung einer mächtigen Schloss-Anlage – aus Karton-Häusern und -Türmen am Ende des dritten Tisches. Dort wohnen der mächtige Kaiser, seine Tochter, Hofdamen und, und, und… Der Prinz ist im Vergleich dazu arm, aber reich an Kreativität und Zuwendung. So pflegt er einen Rosenstrauch, der nur alle fünf Jahre blüht. Und auch da trägt sie nur eine Rose, die jedoch so intensiv und betörend riecht, dass es nicht nur eine Freude ist, sondern sie auch Sorgen vertreiben kann. Diese sowie eine Nachtigall, die alle Melodien der Welt singen konnte, ließ er ins Kaiserschloss liefern, um sich um die Prinzessin zu bewerben.

Doch diese verabscheute Rose und Vogel – weil „zu natürlich“.

Da verfiel der Prinz auf die Idee, sein Gesicht eher schmutzig zu bemalen und sich als Gehilfe beim Kaiser zu bewerben – er wurde Schweinehirt. Und hatten dabei noch genügend Zeit, um einen Zaubertopf zu bauen und später eine magische Ratsche. Als die Prinzessin von ersterem erfuhr, wollte sie den Topf haben, dessen Schellen Melodien spielten, sobald etwas kochte. Außerdem konnte man einen Finger in den Dampf des Topfes halten und dann riechen, wer und wo in der ganzen Stadt was gekocht hatte.

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Szenenfoto aus „Bajka o tihom princu i tužnoj princezi“ („Ein Märchen über einen stillen Prinzen und eine traurige Prinzessin“) nach Hans Christian Andersens „Der Schweinehirt“

Küsse erzwingen?

Zehn Küsse verlangte der „Schweinhirt“ dafür. Was sie erst nicht „zahlen“ wollte, dann aber siegte doch ihre Besitzgier, die Hofdamen müssten sich halt schützend davor hinstellen, damit niemand sie sieht…

Für die später produzierte Ratsche (im Original) – hier ein kleines Ringelspiel als Spieluhr – verlangte der Erfinder 100 Küsse – selbe Prozedur, doch die dauerte offenbar so lange, dass der Kaiser dies entdeckte, Hirten und Tochter verstieß – der Schau- und Puppenspieler zieht die drei Tische auseinander – einer für den Kaiser, einer für die Prinzessin und der dritte für den „Schweinehirten“, sprich Prinzen. Dazwischen unüberwindbare Gräben…

Nun bedauerte die Prinzessin, nicht den Prinzen mit Nachtigall und Rose genommen zu haben. Der Schweinhirt ergab sich zu erkennen. Sie verbeugte sich vor ihm, wollte zu ihm in sein für ihre Verhältnisse ärmliches Schloss, er aber „machte ihr die Tür vor der Nase zu. Da konnte sie draußen stehen und singen: Ach, Du lieber Augustin, Alles ist hin, hin, hin!“ – wie es in Andersens Märchen heißt.

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Szenenfoto aus „Bajka o tihom princu i tužnoj princezi“ („Ein Märchen über einen stillen Prinzen und eine traurige Prinzessin“) nach Hans Christian Andersens „Der Schweinehirt“

Anderes Ende

Das hier dann doch ein wenig anders gespielt wird (Regie, Adaption, Musikauswahl und Choreografie: Aleksandar Nikolić; Kostüm-, Bühnen- und Puppendesign: Tanja Žiropadja). Wie sollten oder könnten die beiden doch noch zusammenkommen, fragt der Spiele das Publikum – und munter rufen die Kinder die unterschiedlichsten Varianten in Richtung Bühne. Da besteigt der Prinz den Korb eines fahrenden Ballons und schwebt dorthin, wo die Prinzessin tief gefallen ist…

Und setzt der Geschichte ein so vom Märchendichter nie gewolltes herkömmliches „Happy End“ auf.

„Malo pozorište Duško Radović“ gibt es seit knapp mehr als 70 Jahren. Fast 20 Jahre war es ein wanderndes Puppentheater, Anfang Juni (6.) 1968 konnte es ein eigens errichtetes Kindertheaterhaus im Zentrum der Hauptstadt – damals noch Jugoslawiens – beziehen. Gespielt wird schon lange sowohl für Kinder als auch für Jugendliche und Erwachsene, in erster Linie aber doch für ein junges und jüngstes Publikum, weshalb es sich auch den Namen Malo pozorište (Kleines Theater) gab.

Das Theaterhaus Malo pozorište „Duško Radović“ in Beograd (Serbien)
Das Theaterhaus Malo pozorište „Duško Radović“ in Beograd (Serbien)

Gastspiele aus Mittel- und Südosteuropa

Seit 2019 lädt das Wiener Figurentheater Lilarum immer wieder Gruppen aus mittel- und osteuropäischen Ländern (CEE Central and East-Europe) zu Gastspielen in der jeweiligen dominierenden Landessprache ein. In erster Linie spricht dieses Kindertheater in Wien-Landstraße (3. Bezirk) damit zwei- bzw. mehrsprachigen Familien mit Herkünften oder Verwandten in diesen Ländern an. Die Kinder können so auch – sonst eher selten – Theater in ihrer jeweiligen Erst- oder Familiensprache erleben.

Die jüngste Aufführung war die erste, wo im Anschluss Pädagog:innen mit den Kindern zweisprachig – in dem Fall Serbisch und Deutsch – einerseits das Stück, andererseits anhand von Zeichnungen Wörter besprochen haben.

Gleich am Sonntag, 7. April 2024 geht’s weiter – dieses Mal mit einem Gastspiel aus Bratislava (Slowakei) mit einem Märchenmix aus Aschenputtel, Hässlichem Entlein und weiteren Elementen – ein Puppenspiel über den Blick auf sich selbst und andere, Selbstachtung, Stolz und schiefe Spiegel wie es in der Ankündigung heißt – Details in der Info-Box ganz am Ende des Beitrages.

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Duo "Donaupiraten": Nina und Alfons Bauernfeind als Josephine und Donny Jepp

Drachenflug und Feuerfalter aus den Kehlen von „Löwen-Herzen“

Vor einem großen Bild mit fliegendem Drachen auf dem ein Mädchen als Reiterin über dem Wiener Riesenrad schwebt sowie einem zweiten Bild mit Pirat:innen-Segelboot bedient Josephine die Trommel und Don Jepp die eGitarre. Zwischen ihnen und ebenso den Stoffbildern steht eine kleine gefilzte Figur auf einer hölzernen Schatztruhe. Bevor das (Mitmach-)Konzert mit Geschichtenerzählungen der beiden „Donaupiraten aus Asagan“ im Wiener Kabarett Niedermair beginnt, rufen so manche Kinder im Publikum „Meerjungfrau“. Doch die wunderbare Figur – gefilzt von Katrin Atzmüller – #filzgetier – stammt aus Süßwasser, auch wenn es an diesem Nachmittag mehrmals um Salz geht. Die Donau-Nixe begleitet das musikalische Duo (Nina und Alfons Bauernfeind) – und später viele Kinder auf der Bühne und die anderen auf den Sitzreihen – ins „Schatzkammergut“.

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Drachenreise

Auch wenn in der europäischen Kulturhauptstadt-Region Salzkammergut, das zum Wortspiel verleitete, die Donau nicht fließt, die Pirat:innen und ihre Figuren wie der Drache und seine Reiterin Hannah, unternehmen eben dorthin eine abenteuerliche Reise. Denn auch in einem der Berge wohnt ein Drache, der bewacht Unmengen von Salz, oft genannt „weißes Gold“.

Drachen sind seelisch miteinander verbunden – und so gibt es Lieder von Freundschaft, von Drachenflügen, Bergen und vieles mehr. „Gib mir Berge, Felsen, Rock!“ Mit einem weiteren Song werden so manche Ängste besiegt. Die jungen Mitsänger:innen verwandeln sich in einen spontanen Löwenherzen-Chor. Viel Spaß macht dann das Wortspiel im Lief vom „Feuerfalter“, wenn die beiden F gestrichen werden 😉

Geschichte(n)

So manche der Kinder im Publikum sind offenbar schon Hardcore-Fans und kennen etliche der popigen Songs, andere lernen die Liedzeilen schnell. Die Bühne füllt sich bald mit vielen Mitsänger:innen – und sogar die Erwachsenen im Publikum überwinden so manche Scheu, singen mit und versuchen, auch wenn der Platz recht eng ist, die Armbewegungen mit zu vollführen.

Zwischendurch liest „Josephine“ (Nina Bauernfeind“ aus dem jüngsten Buch der „Asagan“-Reihe (Edition 5Haus) über das „Schatzkammergut“. Wie immer verbinden sich erfundene Geschichten mit wahren, historischen Kernen sowie neue Zeichnungen mit bis zu 500 Jahre alten Bildern zu einem Gesamtkunstwerk – Buchbesprechung folgt demnächst.

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Szenenfoto aus "Der Maulwurf und die Sterne"

Vom sternen-strahlenden Glanz des Teilens

Leuchtende Sterne, aber Kinder-Hochbett statt Maulwurfshügel? Wer das Bilderbuch „Der Maulwurf und die Sterne“ (Britta Teckentrup – Link zu einer Besprechung des Bilderbuchs am Ende dieses Beitrags) kennt, das die Vorlage fürs jüngste Stück im Linzer Theater des Kindes, ist vielleicht aufs erste verwirrt. Ohne allzu viel zu spoilern, der Beginn kann verraten werden. Am Hochbett oben liegt tatsächlich ein Kind – also nicht wirklich, sondern ein Schauspieler, der in die Rolle eines Kindes schlüpft. Aus dem Off kommt die Stimme seiner „Mutter“, die schon einige Geschichten vorgelesen hat, jetzt aber wäre endlich Schlafenszeit. Nur noch eine…

… nein, dies hier entwickelt sich nicht zu einer Variante von „Valerie und die Gute-Nacht-Schaukel“, das übrigens derzeit im selben Theater auf dem Spielplan steht. Sondern wirklich nur noch eine einzige Geschichte – und zwar die Titelgebende. Und dazu „verwandelt“ sich das Kind in den Titelhelden Maulwurf. So wie auch all die anderen Tiere, die in der Geschichte vorkommen und im Bilderbuch namenlos bleiben, hat ihm die Stück-Autorin Nora Dirisamer benamst – ihn Mo.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der Maulwurf und die Sterne“

Ein Live-Schauspieler plus Stimmen seiner Kolleg:innen

Christian Lemperle bleibt der einzige Schauspieler auf der Bühne – die anderen Tiere des Waldes kommen – ebenso wie die Mutter – als voraufgezeichnete eingespielte Stimmen vor. Bei den Namen tobte sich Dirisamer mit Wortspielen ebenso fantasievoll aus wie beim Text vor allem mit gereimten Zeilen; im Buch ganz wenige Sätze, hier ziemlich – aber nicht zu – viele. High-Light an Namens-Wortspielen: Reh-bekka (Simone Neumayr, die u.a. die Mutter spricht) und ihr Kind Reh-Ne (David Baldessari, der auch noch Elli Eichkätzchen sowie (Stern-)Schnuppi und eine der vielen Ameisen die Stimme leiht).

Aus pragmatischen Gründen hatte sich Regisseur und Theaterleiter Andreas Baumgartner von Anfang an für ein Maulwurf-Solo entschieden, wie er nach der Premiere Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… anvertraute. „Wir hatten schon lange kein Solo-Stück für die Allerjüngsten (ab 3 Jahren). Außerdem ist im Buch ja der Maulwurf die zentrale Figur.“

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Szenenfoto aus „Der Maulwurf und die Sterne“

Mehr Eigenleben für die anderen Tiere

Die Stückversion, die den durchgängig poetischen Touch des Bilderbuchs – der dort vor allem auch in den Bildern zum Ausdruck kommt – aufnimmt, gesteht den anderen Tieren aber mehr Eigenleben zu – nicht nur durch die Namen, sondern auch durch die Auftritte als Figuren unterschiedlichster Art (Bühne Michaela Mandel; Kostüme: Anna Katharina Jaritz). Und so wird noch viel deutlicher, wieso Maulwurfs in Erfüllung gegangener Wunsch, alle Sterne für sich allein in seinem Bau zu haben, für andere bei Weitem nicht nur enttäuschend, sondern teils unbedingt notwendig ist.

Für Tiere, die in der Nacht aktiv sind, bedeuten Sterne viel mehr als eine nette nächtliche Beleuchtung! Und so lernt Mo hier noch viel stärker, weshalb sein Sternenklau alles andere als toll war. Ohne dass das Stück auch nur im Geringsten an einem erhobenen pädagogischen Zeigefinger anstößt.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der Maulwurf und die Sterne“

Neu: Ameisen

Dirisamer hat ins Stück als Running Gag noch viiiiele Ameisen als Putztrupp des Waldes hieingeschrieben, die sich immer wieder zu Wort melden – materialisiert durch die verschiedenen Schauspieler:innen des Theaters, die ihnen ihre Stimmen – neben den schon genannten, leihen: Katharina Schraml (Flora Fledermaus / eine weitere Ameise / Sissi Waldspitzmaus, Harald Bodingbauer (Sigi Siebenschläfer / Ameisenchef), Peter Woy: Sir William Waldkauz / noch eine Ameise und nicht zuletzt Andreas Baumgartner, der neben einer Ameise noch Werner Wildschwein seine Stimme im oberösterreichischen Dialekt gibt: Letzteres übrigens einfach zwei üppige plüschige Schlapfen, in die Maulwurf Mo hin und wieder, wenn Werner an der Reihe ist, schlüpft.

Musik (David Wagner) und natürlich nicht zuletzt das Lichtdesgin (Natascha Woldrich) runden den Zauber dieser Geschichte mit Botschaft zu einem wunderbaren Theater-Vor- bzw. -Nachmittag ab.

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Szenenfoto aus "Häuptling Abendwind" im Wiener Rabenhoftheater

Yasmo lässt die Häuptlingstochter aufbegehren

Am augenfälligsten entkleidet diese Version – Yasmin Hafedh aka Yasmo – von Nestroys letztem Bühnenstück „Häuptling Abendwind“ die Szenerie der indigenen Klischees früherer, sogar kritischer, Aufführungen. Der namensgebende Häuptling (Roman Gregory) tritt ebenso wie sein Kollege, Häuptling Biberhahn (Christian Strasser), im Bademantel auf. Alles spielt sich auf einer Art Terrasse mit Liegen (Bühnenbild: Alina Helal und Fekry Helal) vor dem glitzer-funkelnden Wasser (Video-Einspielungen: Max Kiss, Sofie Strunk) mit Thermen-Flair ab.

BEX als aufmüpfige Tochter

Die Regisseurin, bekannte Rapperin und Poetry-Slamerin, tritt zu Beginn und fallweise zwischendurch fallweise in Soli als Kommentatorin bzw. Erklärerin der Handlung auf – ohne zu intervenieren, wie sie immer wieder von der Seite auf einem kleinem Gartentischerl betont. Eingegriffen hat sie ja schon durch die Inszenierung 😉

Stärkste Änderung: Atala, Abendwinds Tochter, die vom Vater mit dem Sohn des benachbarten Häuptlings Biberhahn verheiratet werden soll, wehrt sich dagegen, kämpft um einen eigenständigen Weg. Die aufstrebende Hip*Hoperin BEX verkörpert diese Atala – zwischen irgendwie natural-Beauty-Influencerin – in Video-Einblendungen – und Bühnen-Widerständlerin, die dann aber doch den an den Strand geschwemmten jungen Mann so süüüüß findet, dass sie diesen gleich heiraten will, aber dann… – nein das Ende soll nicht gespoilert werden.

Die Story

Im Wesentlichen folgt die Dramaturgie (Roman Freigaßner-Hauser) dem Original „Häuptling Abendwind oder Das gräuliche Festmahl“ (1862) – wobei Johann Nepomuk Nestroy stark Anleihe bei der Operette „Vent du Soir ou L’horrible festin“ (Abendwind oder Das schreckliche Fest) von Jacques Offenbach, (Libretto von Philippe Gille und Léon Battu) genommen hat. Die gastierte im Frühsommer 1861 im Theater am Franz-Josefs-Kai (Wien). Die beiden Häuptlinge haben – ohne dass der jeweils andere es weiß, aber irgendwie schon auch ahnt, die Ehefrauen des jeweils anderen verspeist, wollen ihre jeweiligen Kulturen bewahren, die „Stämme“ durch die Heirat der Kinder vereinen. Der an den Strand geschwemmte Schiffbrüchige ist Arthur (der Musiker Raphael Rameis, der zeitweise hinterm Schlagzeug Platz nimmt), Biberhahns Sohn, ohne dass die Beteiligten das wissen. Der Vater als Witwer hatte den Sohn schon in jüngsten Jahren in Pflege gegeben. Und weil die Vorratskammer nur mit Gemüse und Obste gefüllt ist…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Häuptling Abendwind“ im Wiener Rabenhoftheater

Aktuelle Anspielungen

Neben der widerständigeren Rolle für Atala hat Yasmo vor allem den Text – wie es Nestroy in seinen Stücken vor allem durch die Couplets (musikalisch-dichterischen Einlagen) immer wieder getan hat, aktuellen Content – manches Mal wirkt das ein wenig krampfhaft – in die Rollen geschrieben. In fast alt-hausmeisterlicher Art herrscht Abendwind auf der „Insel der Seligen“ (einem vor Jahrzehnten gängigen Begriff für Österreich, der von einem ähnlichen Sager von Papst Paul VI ausging) über sein Volk – das Publikum. Von dem dann tatsächlich – bei der Premiere – gut zwei Drittel der Aufforderung, aufzustehen und sich vor ihm zu verbeugen, willig nachgekommen sind ;(

Warnung vor den „Zivilisierten“, Abendwinds Beharren auf eigener, engstirniger, „Leit“-Kultur, Arthur – bevor er vermeintlich verkocht wird – als mansplainender „Gott“ und Biberhahn in nasalem alles- und nichtssagendem Diplomatensprech sorgen immer wieder für Lacher dank Anspielungen auf heimische politische Vorkommnisse der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart.

Übrigens: Ach wie gut, dass schon Nestroy Abendwinds Koch Ho Gu (Hautgout vom Französichen haut goût = hoher Geschmack) genannt hat 😉  Und der an diesem Abend oft nur erwähnte erste Teil ganz andere Assoziationen auslöst.

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Harlekino und Heureka leiten die jeweilige Szenen mit einem Schauspiel ein

Auf sich 8-geben spielerisch einüben

Noch lugt sie nur aus einem Spalt der Direktion der Volksschule Dunantgasse (Wien-Floridsdorf; 21 BEZIKR). Dann schwebt die Schauspielerin als Art Fee verkleidet, in die Aula, wo Kinder mehrerer Klassen schon auf das angekündigte Theaterstück warten. Heureka, so die „Fee“, sucht da und dort, ruft nach Harlekino, ihrem Spiel-Partner. Fragt die Schüler:innen, ob sie so eine Art Clown gesehen haben. Und hat an diesem Vormittag das „Pech“, dass viele Menschen den KiJuKU-Journalisten oft mit einem solchen verwechseln, nur weil der sehr bunt gekleidet ist und lange rote Haare hat.

Ein-sam gegen gemein-sam

Missverständnis aufgeklärt, irgendwann taucht Harlekino auf, will aber lieber ein Solo also ein-sam und nicht gemein-sam spielen. Kommt also nicht nur – natürlich absichtlich und gespielt – zu spät, spielt den Obervergesslichen, will sogar seine Spielpartnerin verdrängen… Was die ersten spontanen, noch dazu lautstarken und herzhaften „Buuuuhs“ einbringt. Also checkt der Möchte-gern-Solo-Star, gemeinsam wäre doch besser. Und er hat die Größe und Stärke, sich zu entschuldigen.

Das ist mehr als ein „Nebeneffekt“ des Stücks „Ich gebe auf mich 8“ – und lädt damit auch gleich ein, nicht nur auf sich, sondern auch auf andere zu achten!

Conny Boes, die Darstellerin der Heureka und Christian Sedlacek, Harlekin-Spieler, laden die Kinder im Publikum sehr oft ein, in die Rolle von Mitspieler:innen zu schlüpfen – ob einzeln, zu zweit oder dritt vorne auf und vor der Bühne oder alle zusammen durch Rausrufen, Aufzeigen, Sagen, was in der einen oder anderen Szene am besten zu tun wäre.

Aufpassen

Das beginnt beim genauen Schauen vor und beim Überqueren einer Straße. Und geht weiter vor allem beim Reagieren, wenn Fremde, in dem Fall meist aus einem Auto heraus, versuchen dich zum Einsteigen zu bewegen. Ob Versprechungen mit Süßigkeiten oder anderen Gegenständen oder der Geschichte, dass die Eltern einen Unfall erlitten hätten und das Kind jetzt dorthin gebracht werden sollte…

Dazu entledigt sich Harlekino seiner Mütze und spielt den Bösen. Kinder werden eingeladen, in der jeweilige Situation mitzumachen und so im Spiel auszuprobieren, wie sie am besten Nein sagen oder um Hilfe rufen, schreien …

Die Notruf-Nummern gibt's auch als große sichtbare Plakate
Die Notruf-Nummern gibt’s auch als große sichtbare Plakate

Notruf-Nummern

In einem gemeinsamen Lied mit verschiedenen Strophen werden die drei Notruf-Nummern – Feuerwehr 122, Polizei 133, Rettung 144 – lustvoll und lautstark gesungen und gerufen. Die Nummern waren für die Kindern nichts Neues, sie kannten sie alle. Und hatten auch Merk-Tricks auf Lager: die 2er schauen aus wie Feuerwehrschläuche, die 3er erinnern an Handschellen und die 4er an Rettungswagen oder wenigstens Sitzen in solchen.

Nein-Sagen lernen

Dass viel mehr Gefahren oft gar nicht von Fremden, sondern aus dem eigenen, engeren Umfeld kommen, ja nicht selten sogar in der Familie lauern – das wäre zu heikel in dieses Stück einzubauen, dazu brauche es weitere Formate eigebettet gleich mit entsprechenden Fachleuten – meinen die Theaterleute, aber auch die Direktorin. „Aber wenigstens wurde ja schon bei diesem Stück mehrfach das „Stopp!“ sowie das „Nein“-Sagen sowie das Achten und „Hören“ auf das Bauch-Gefühl geübt.

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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Der Maulwurf und die Sterne"

Wenn einer alles für sich allein haben will

Ach wie fasziniert ist der Maulwurf als er nächtens in seinem Bau nach oben krabbelt, aus seinem Hügel lugt und trotz seiner Sehschwäche den wundervollen Sternenhimmel wahrnimmt. Wie wahrscheinlich fast alle (auch oder nur?) Menschen. Seinen größter Wunsch als er eine Sternschnuppe sieht – …

… ja den verrät die Autorin und Illustratorin Britta Teckentrup (Übersetzung aus dem englischen Original: Verlag ars edition). Und obwohl verratene Sternschnuppenwünsche ja dann angeblich nicht in Erfüllung gehen, …

Doch manches Mal werden erfüllte Wünsche zum Verhängnis. Zumindest in parabelhaften Geschichten über unermessliche Wünsche! So auch hier in diesem Bilderbuch – das ab Anfang April (ab 5.) übrigens im Linzer „Theater des Kindes“ als Stück zu erleben ist – Stückbesprechung folgt.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Der Maulwurf und die Sterne“

Holt sich die Sterne vom Himmel

Also, der Maulwurf will alle Sterne besitzen, in der folgenden Nacht sieht er lauter Leitern zum Himmel, klettert rauf und fängt sie alle ein, verfrachtet sie in seinen Bau, der goldglänzend erstrahlt.

Dafür ist eines Nachts, als er wieder seinen Kopf aus dem Hügel streckt – alles grau in grau – auf dieser Doppelseite fast nichts zu sehen, nur ganz zarte schemenhafte Schatten dessen, was einst da als Wald und Wiesen stand. Alle Tiere verzweifelt, weil sie keine Orientierung mehr in der Finsternis hatten…

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Der Maulwurf und die Sterne“

Natürlich hat auch dieses, wie die allerallerallermeisten Kinderbücher ein Happy End und der Maulwurf erkennt den Fehler seiner Besitzgier…

Etwas das viele Menschen offenbar nicht schaffen. Und trotz der lehrhaften Absicht der Autorin und Illustratorin ist es auch ein wunderbares Bilderbuch mit Zeichnungen in einer Art naivem Stil.

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Der Maulwurf und die Sterne“
Doppelseite aus "Ein Esel ist ein Zebra ohne Streifen"

Ringe sind rund – und was ist mit dem Boxring?

„Der Esel sieht ungefähr so aus wie ein Pferd. Aber damit man ihn vom Pferd unterscheiden kann und es keine Verwechslungen gibt, hat er zwei große, lange Eselsohren…“ Das sind zwei Sätze aus einer der 44 „fast wahren Geschichten“, die ein wenig an einen Mix aus Münchhausen und Schildbürgern erinnern. In der besagten, die dann auch dem Buch den Titel gab, meint „Onkel Theo“, der Erzähler all der Kapitel, die Esel seien dumm und einige würden glauben, sie wären Zebras, denen der Regen die Streifen weggewaschen hat.

Am Ende jeden Kapitels rufen die Kinder, denen er erzählt: „So ein Quatsch!“ Was der Erzähler mit ein bisschen Beleidigt-sein beantwortet und der „Drohung“ dann eben nix mehr zu erzählen, worauf die Kinder ihn dann doch bitten … und so weiter.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Ein Esel ist ein Zebra ohne Streifen“

Auf einmal das Buch durchzulesen ist dann doch eher langweilig, hin und wieder die eine oder andere Episode ist vielleicht amüsant. Oft sind es dann gar nicht die ganzen jeweils rund dreiseitigen Episoden (Text: Martin Ebbertz) – aufgelockert durch Zeichnungen von Maria Lechner, sondern Wortspiele, die auch Begriffe in Frage stellen. So dreht sich die Erzählung vom Ring darum, dass der sich dadurch auszeichnet, dass die mit ihm bezeichneten Dinge rund sind. Aber was ist dann mit dem (viereckigen) Box-Ring? Oder gar dem Hering 😉

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Ein Esel ist ein Zebra ohne Streifen“

Wobei alle 44 einzelnen Geschichten auch so geschrieben sind, dass sie sicher nicht unter die Bezeichnung Fake News fallen, sie sind so offensichtlich erfunden, dass auch sicher niemand drauf reinfällt. Und sie vielleicht auch anregen, über das eine oder andere Ding bzw. den oder jenen Begriff zu fantasieren, wie dies und das zustande gekommen sein könnte…

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Titelseite von
Titelseite von „Ein Esel ist ein Zebra ohne Streifen“
Die neuen Railjets haben bei sieben der neun Wagen eines Zuges ebenerdige Einstiege

Erste Railjets mit barrierefreiem Einstieg – Jahre nach vielen anderen Zügen

Mit zwei Jahren Verspätung sei er jetzt endlich eingelangt, so die für Personenverkehr zuständige Vorständin der Österreichischen Bundesbahnen über die neue Generation der Railjets. Kurz vor den Osterferien wurden diese neuen Wagen dem eigenen Personal und den Medien vorgestellt. Ab 8. April sind sie im regulären Einsatz – vorerst zwei Zugpaare zwischen München und Bologna (über Innsbruck und den Brenner). 27 sind bestellt und sollen – bis 2028 – auch tatsächlich auf den Schienen fahren.

13 Jahre später

Was aufs Erste auffällt: Ebenerdiger Einstieg – zumindest in sieben der neun Wagen eines Zuges. Etwas das übrigens die ÖBB-Cityjets seit 2015 und die Konkurrenz der Westbahn seit 2011 kann! Übrigens etwas, das nicht nur Menschen in Rollstühlen hilft oder solchen, die sich – noch dazu mit schweren Gepäck-Stücken – beim Stiegensteigen nicht so leicht tun, sondern insofern auch allen, als das Aus- und Einsteigen schneller vonstatten geht!

Ansonsten haben die Wagen der neuen Railjets neben den Großraum-Teilen auch (wieder) Abteile, u.a. auch zum Spielen für Familien. Wobei sich das Spielangebot auf aufgedruckte Spielpläne auf dem länglichen Tisch zwischen den sechs Sitzen beschränkt.

Die Sitze sind erhöht, so passt Gepäck darunter
Die Sitze sind erhöht, so passt Gepäck darunter

Anregung von Fahrgäst:innen

So manches praktische Detail der neuen Wagen und Sitze sei als Anregung von Bahnkund:innen gekommen – so die ÖBB-Vorständin bei der Vorstellung und Probebegehung und nicht ganz ¼-stündigen -Fahrt (vom Autoreisezug- zum Hauptbahnhof). So gibt es keinen Spalt mehr zwischen den beiden Sitzen – du kannst also am Laptop, Handy, Tablet arbeiten, in einem Buch lesen oder was immer, ohne dass ein Fahrgast hinter dir zusieht. Vor dir hast du in der Rückenlehne des Vordersitzes zwei Klapptische übereinander, das schmale obere Tischchen ist obendrein mit einer induktiven – also kabellosen – Ladestation für Smartphones ausgestattet. Und daneben findest du einen versenkbaren Garderoben-Knopf.

Das WLAN – so die Versprechung – werde besser funktionieren, weil die Fensterscheiben anders beschichtet sind, sodass Netz-Signale leichter durchdringen.

Die Sitze sind erhöht, sodass du darunter leicht Gepäck verstauen kannst.

Für größere Koffer haben die Gepäck-Zonen nun auch versperrbare Drahtkabel-Schlösser – mit eigenem Zifferncode oder einer NFC-fähigen eigenen Karte.

Neben dem Restaurantwagen gibt’s über den Zug verteilt auch einige Snack-Automaten.

Mehr Platz für Rollstuhlfahrer:innen ebenso wie für Fahrräder – für letztere ein leichterer Zugang zu den Abstellflächen über einige Stufen mit daneben befindlicher schmaler Rampe.

Mehr Plätze

Außerdem bietet der neue Railjet um rund 100 Sitzplätze mehr als der „alte“, also jetzige und hauptsächlich eingesetzte. Auf der dichtest befahrenen Weststrecke kam er allerdings – und auch das nur abschnittsweise – nur während des stärkeren Osterreiseverkehrs zum Einsatz.

Ausnahmen

Regulär wie oben schon geschrieben zunächst nur München – Bologna bzw. Innsbruck-München (zu finden in der Fahrplan-Übersicht als EC), später dann auf der Südstrecke – die übrigens fast den ganzen April (6. bis 28.) nicht durchgängig mit Zügen befahrbar ist – zwischen Wiener Neustadt und Mürzzuschlag muss auf Busse (Schienen-Ersatzverkehr) umgestiegen werden.

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Reportage aus der ÖBB-Lehrwerkstätte Hebbelplatz <- damals noch im KiKu

Doppelseite aus "Mucks Maus und Missjö Katz"

Maus und Katz, vier Menschen und viele Weisheiten

„Es kann nur einen geben!“ steht in leuchtend gelber Schrift zwischen Katze und Maus auf der Titelseite. Viel mehr offenbar Kater und Maus – heißt das Buch doch „Mucks Maus und Missjö Katz“, also die lautschriftliche Version des französischen Monsieur für Herr. Und in der Tat dreht sich vieles in dem Buch um die beiden Tiere – in der Realität und in vielen Geschichten DIE sprichwörtlichen Feind:innen schlechthin.

Und klar, es wird sich höchstwahrscheinlich hier anders abspielen. Vielleicht eine höchst ungewöhnliche Freundschaft und so weiter…
Irgendwie schon auch.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Mucks Maus und Missjö Katz“

Ungewöhnlich

Aber bis es so weit kommt, erzählt Isabel Abedi eine durchaus ungewöhnliche Geschichte. Und Ina Hattenhauer hat diese durchgängig bunt mit Zeichnungen mehr als nur aufgelockert.

Eine durchaus auch nicht gewöhnliche Familie bezieht einen alten Bahnhof außerhalb oder am Rande der Großstadt – die Autorin lebt übrigens in einem solchen am Rande von Hamburg. Dort lebt seit Geeeeeneraaaationen eine Mausfamilie – also im Buch. Und wie die Autorin hat Mucks, der letzte verbliebene Mäuserich seiner Familie Herkunftswurzeln, die über die Welt verstreut sind. Weswegen ihm immer wieder auch orientalische Weisheiten in den Sinn kommen. Die werden ihm allerdings von Stanis Laus, einer Kopflaus, eingeflüstert. Und die ist auch schon was ganz Besonderes, unsterblich, weil einst auf dem Kopf eines Vampirs – und später eben weiser Menschen allüberall.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Mucks Maus und Missjö Katz“

Ja, nun ziehen also Menschen in diesen Bahnhof, lassen ihn umbauen, wobei die beiden Väter auch selber viel Hand anlegen. Rajo, der Junge, freundet sich mit Mucks an – die beiden kommunizieren über Gedankenübertragung. Da aber Rajos Schwester Minou, eine Re- und Upcycling-Mode-Designerin, sowie Papa und Baba alles andere als mäusefreundlich sind… – dürfen die beiden einander nur dann begegnen, wenn die anderen drei aus dem Haus sind.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Mucks Maus und Missjö Katz“

Alarm

Eines Tages aber bringt Minou von so einem Ausflug in die Stadt eine Katze mit, die ihr in einem Restaurant um die Beine strich und sich nicht mehr wegbewegen wollte…

Also Riesen-Gefahr für Mucks!
Lange sozusagen eingesperrt, kein Raus-trauen, weil Todesangst. Kaum mehr Zweisamkeit von Rajo und dem Mäuserich…
Und natürlich kommt alles anders. Und wie!

Davon sei aber nichts gespoilert – das würde doch die Spannung zerstören. Wenngleich selbst beim Wissen darum, dass sich – so viel sei schon verraten – die Machtverhältnisse zwischenzeitlich umdrehen, die knapp mehr als 100 Seiten ein Lesevergnügen bereiten. Neben schon angesprochenen Weisheiten unter anderem von Konfuzius erfährst du in der berühmtesten der Katzen-Legenden aus dem Islam, dass eine solche dem Propheten Mohamed das Leben gerettet haben soll, weil sie eine Giftschlange rechtzeitig entdeckte. Und eine andere Katze sich schützend vor das Baby Jesus gelegt haben soll…

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Titelseite von
Titelseite von „Mucks Maus und Missjö Katz“
Sauberes (Trink-)Wasser ist eine der besten Gesundheitsvorsorgen - hier in Marta de Chavez (Guatemala)

Alle fünf Sekunden stirbt ein Kind aufgrund von Ungleichheiten

1, 2, 3, 4, 5, 6 – und schon wieder ist ein Kind gestorben, bevor es seinen fünften Geburtstag erreicht hat. Zwar hat die Kindersterblichkeit 2022 – für das kürzlich die Zahlen veröffentlicht worden sind – den Tiefststand erreicht, aber fast fünf Millionen Kinder überlebten ihre ersten fünf Lebensjahr nicht. Und diese auch meist sehr unwürdig – unterernährt, in Angst und Schrecken vor Kriegen… Die jüngsten Zahlen wurden kürzlich von der Interinstitutionellen Gruppe der Vereinten Nationen für die Schätzung der Kindersterblichkeit (Inter-agency Group for Child Mortality Estimation, UN IGME) veröffentlicht.

Erfolge, …

„Hinter diesen Zahlen verbergen sich die Geschichten von Hebammen und qualifiziertem Gesundheitspersonal, die Müttern helfen, ihre Neugeborenen sicher zur Welt zu bringen, von Gesundheitshelferinnern und -helfern, die Kinder impfen und vor tödlichen Krankheiten schützen, und von Gesundheitspersonal in den Gemeinden, die Hausbesuche machen, um Familien zu unterstützen und die richtige Gesundheits- und Ernährungsversorgung für Kinder sicherzustellen“, sagte die Exekutivdirektorin des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen, Unicef, Catherine Russell. „Durch jahrzehntelanges Engagement von Einzelpersonen, Gemeinschaften und Nationen, um Kinder mit kostengünstigen, hochwertigen und wirksamen Gesundheitsdiensten zu erreichen, haben wir gezeigt, dass wir das Wissen und die Mittel haben, um Leben zu retten.“

Lokalae Gesundheitsversorung samt vorbeugenden Impfungen hier in San Pedro carchá, Alta Verapaz (Guatemala)
Lokalae Gesundheitsversorung samt vorbeugenden Impfungen hier in San Pedro carchá, Alta Verapaz (Guatemala)

Aus dem Bericht geht hervor, dass heute mehr Kinder überleben als je zuvor, denn die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren ist seit dem Jahr 2000 weltweit um 51 Prozent gesunken. Mehrere Länder mit niedrigem und niedrigem mittlerem Einkommen haben diesen Rückgang übertroffen. Das zeigt, dass Fortschritte möglich sind, wenn ausreichend Ressourcen für die medizinische Grundversorgung, einschließlich der Gesundheit und des Wohlbefindens von Kindern, bereitgestellt werden. Die Ergebnisse zeigen beispielsweise, dass Kambodscha, Malawi, die Mongolei und Ruanda die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren seit 2000 um über 75 Prozent gesenkt haben.

Sauberes (Trink-)Wasser ist eine der besten Gesundheitsvorsorgen - hier in Marta de Chavez (Guatemala)
Sauberes (Trink-)Wasser ist eine der besten Gesundheitsvorsorgen – hier in Marta de Chavez (Guatemala)

Aber…

Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass trotz dieser Fortschritte noch ein langer Weg vor uns liegt, um alle vermeidbaren Todesfälle bei Kindern und Jugendlichen zu beenden. Zusätzlich zu den 4,9 Millionen Todesfällen vor dem fünften Lebensjahr – fast die Hälfte davon waren Neugeborene – wurden weitere 2,1 Millionen Kinder und Jugendliche in dem Alter zwischen fünf und 24 Jahren aus dem Leben gerissen. Die meisten dieser Todesfälle ereigneten sich in Afrika südlich der Sahara und in Südasien.

Vermeidbar

Diese tragischen Todesfälle sind in erster Linie auf vermeidbare Ursachen oder behandelbare Krankheiten zurückzuführen, wie Frühgeburten, Komplikationen während der Geburt, Lungenentzündungen, Durchfallerkrankungen und Malaria. Viele Leben hätten gerettet werden können durch einen besseren Zugang zu einer hochwertigen medizinischen Grundversorgung, einschließlich der wichtigsten, kostengünstigen Maßnahmen wie Impfungen, Verfügbarkeit von qualifiziertem Gesundheitspersonal bei der Geburt, Unterstützung für frühes und kontinuierliches Stillen sowie Diagnosen und Behandlungen von Kinderkrankheiten.

Sauberes (Trink-)Wasser ist eine der besten Gesundheitsvorsorgen - hier in Marta de Chavez (Guatemala)
Sauberes (Trink-)Wasser ist eine der besten Gesundheitsvorsorgen – hier in Marta de Chavez (Guatemala)

Geburts-Lotterie

„Auch wenn es begrüßenswerte Fortschritte gibt, leiden jedes Jahr noch immer Millionen Familien unter dem erschütternden Verlust eines Kindes, oft schon in den ersten Tagen nach der Geburt“, sagt WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus. „Wo ein Kind geboren wird, sollte nicht darüber entscheiden, ob es leben oder sterben wird. Es ist von entscheidender Bedeutung, den Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung für jede Frau und jedes Kind zu verbessern, auch in Notfällen und in abgelegenen Gebieten.“

Die Verbesserung des Zugangs zu qualitativ hochwertigen Gesundheitsdiensten und die Rettung von Kindern vor vermeidbaren Todesfällen erfordert Investitionen in Bildung, Arbeitsplätze und menschenwürdige Arbeitsbedingungen für das Gesundheitspersonal, das die medizinische Grundversorgung sicherstellt, einschließlich der Gesundheitshelfer:innen in den Gemeinden. 

Als vertrauenswürdige Gemeindemitglieder spielen die Gesundheitshelfer:innen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Kinder und Familien in jeder Gemeinde mit lebensrettenden Gesundheitsdiensten wie Impfungen, Tests und Medikamenten gegen tödliche, aber behandelbare Krankheiten sowie Ernährungsberatung zu erreichen. Sie sollten in die Systeme der primären Gesundheitsversorgung integriert, fair bezahlt, gut ausgebildet und mit den Mitteln ausgestattet werden, die für eine qualitativ hochwertige Versorgung erforderlich sind.

Rückgang bei lokalen Hilfen

Studien zeigen, dass die Zahl der Todesfälle bei Kindern in den Ländern mit dem höchsten Risiko erheblich zurückgehen könnte, wenn gemeindebasierte Überlebensmaßnahmen die Hilfsbedürftigen erreichten. Allein mit diesem Maßnahmenpaket könnten Millionen Kinder gerettet werden und die Versorgung würde näher am Wohnort erfolgen. Um die Gesundheit und Überlebensrate von Kindern zu verbessern, bedarf es einer ganzheitlichen Vorgehensweise gegen Kinderkrankheiten – insbesondere gegen die häufigsten Ursachen für Todesfälle nach der Geburt, akute Atemwegsinfektionen, Durchfälle und Malaria.

Lokalae Gesundheitsversorung samt vorbeugenden Impfungen hier in San Pedro carchá, Alta Verapaz (Guatemala)
Lokalae Gesundheitsversorung samt vorbeugenden Impfungen hier in San Pedro carchá, Alta Verapaz (Guatemala)

„Der diesjährige Bericht ist ein wichtiger Meilenstein, der zeigt, dass weniger Kinder vor ihrem fünften Geburtstag sterben,“ sagt Dr. Juan Pablo Uribe, Globaler Direktor für Gesundheit, Ernährung und Bevölkerung, Weltbank & Direktor der Globalen Finanzierungseinrichtung für Frauen, Kinder und Jugendliche. „Aber das ist einfach nicht genug. Wir müssen den Fortschritt durch mehr Investitionen, Zusammenarbeit und Konzentration beschleunigen, um dem vermeidbaren Tod von Kindern ein Ende zu setzen und unsere globale Verpflichtung zu erfüllen. Wir sind es allen Kindern schuldig, dafür zu sorgen, dass sie Zugang zu derselben Gesundheitsversorgung und gleiche Chancen haben, unabhängig davon, wo sie geboren wurden.“

Ungleichheiten

Während die globalen Zahlen erfreuliche Anzeichen für Fortschritte zeigen, gibt es auch erhebliche Bedrohungen und Ungleichheiten, die das Überleben von Kindern in vielen Teilen der Welt gefährden. Zu diesen Bedrohungen gehören: die zunehmende Ungleichheit und wirtschaftliche Instabilität, neue und langwierige Konflikte, die sich verschärfenden Auswirkungen des Klimawandels und die Folgen von COVID-19, die zu einer Stagnation oder sogar zu einer Umkehrung der Fortschritte und zu weiteren unnötigen Verlusten von Kinderleben führen könnten. Bei Kindern aus den ärmsten Haushalten ist die Wahrscheinlichkeit, vor dem fünften Lebensjahr zu sterben, doppelt so hoch wie bei Kindern aus den wohlhabendsten Haushalten. Bei Kindern, die in fragilen oder von Konflikten betroffenen Gebieten leben, ist die Wahrscheinlichkeit, vor ihrem fünften Geburtstag zu sterben, fast dreimal so hoch wie bei Kindern in anderen Regionen.

Traurige Aussichten

Bei den derzeitigen Raten werden 59 Länder das Nachhaltige Entwicklungsziel für die Sterblichkeit von Kindern unter fünf Jahren und 64 Länder das Ziel für die Neugeborenen-Sterblichkeit verfehlen. Das bedeutet, dass bis 2030 schätzungsweise 35 Millionen Kinder vor ihrem fünften Geburtstag sterben werden – eine Todesrate, die größtenteils von Familien in Afrika südlich der Sahara und in Südasien oder in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen getragen wird.

Doppelseite aus dem Bilderbuch "Hippe Hexen und ihre zauberhaften Tiere"

Yak, Papagei, Schwein – und andere Tiere für ihre magischen Meisterinnen

Ein Schwein führt die Buchhaltung von Helene, ein Yak (asiatisches Hochland-Rind) hilft Wu, ein Mandoline spielendes Schuppentier ist die Begleitung von Izara, ein Papagei der Sekretär von Miss Montclaire. Die Frauen sind allesamt „Hippe Hexen“. Ihnen und ihren „zauberhaften Tieren“ widmet April Suddendorf ein Bilderbuch (Nord-Süd-Verlag).

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Hippe Hexen und ihre zauberhaften Tiere“

Märchen begleiteten jahrhundertelange die Verfolgung bis hin zur Ermordung weiser, schlauer Frauen mit Geschichten von bösen Hexen. So manch spätere Geschichten befreiten Hexen von den Attributen des Bösen, verkehrten ihr Wissen über Heilpflanzen und anderes sogar in überirdische magische Kräfte.
Ob böse oder gut, meist hatten/haben Hexen helfende Tiere wie Raben, Katzen oder Kröten beispielsweise. Dass es auch ganz andere sein könnten – das machte April Suddendorf vor zwei Jahren zu ihrem abschließenden Diplomprojekt im Studium Kommunikationsdesign und Medien an der Hochschule Wismar (Ostseeküste, Deutschland).

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Hippe Hexen und ihre zauberhaften Tiere“

Vielfalt von Mensch und Tier

Erstens suchte sie weise, mitunter auch ein wenig schräge Magierinnen aus allen möglichen Ecken und Enden der Welt. Und zweitens dachte sie sich Haustiere für diese Hexen aus, die so gar nicht gängigen Klischees dieser märchenhaften Wesen entsprechen.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Hippe Hexen und ihre zauberhaften Tiere“

Jeder ihrer Hexen und dem dazugehörigen Tier widmet sie eine bunt gezeichnete Doppelseite mit vier bis acht gereimten Zeilen. Besonders spannend Priya und ihre Schlange, deren Gift sie für Zaubertränke gut gebrauchen kann – die Schlange ist sozusagen bildfüllende Kulisse mit Gebrauchswert – an einer Stelle Hängematte, an anderer Halterung für den Kessel, wieder woanders Bücherregal, Garderobe und vieles mehr…

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Hippe Hexen und ihre zauberhaften Tiere“
Doppelseite aus "Tierische Außenseiter"

„Mal sehr klein, mal nicht fein…“

Schon lange sind es nicht mehr nur die (aller-)beliebtesten Tiere wie Katzen, Hunde, Bären oder – gerade aktuell – Hasen, die in Kinderbüchern eine große Rolle spielen. Kraken, Quallen, Haie – sie sind etwa die Hauptfiguren in literarisch-verspielten Sachbüchern von Michael Stavarič mit Illustrationen von Michèle Ganser. Aber auch ganz andere wie Grütelmull und viele weitere haben es zu (Bilder-)Buch-Ruhm gebracht.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Tierische Außenseiter“

In gedichteter und illustrierter Form widmen Nils Mohl und Katharina Greve ein ganzes Buch (72 Seiten) Spinnen, Käfern, Schlangen, Skorpionen, Asseln, Stachelschweinen und anderen kriechenden, fliegenden, hüpfenden, schwimmenden Kreaturen, die sie „Tierische Außenseiter“ nennen.

Die Gedichte – alle in Kleinschreibung, und weitestgehend gereimt – beginnen und enden sozusagen schon vor dem Anfang bzw. dem Ende.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Tierische Außenseiter“

Zu Beginn sozusagen die einleitende Zusammenfassung:
„mal sehr klein / mal voll schleim / mal nicht fein/ … echt unknuddelig / wer will so sein? / wer so denkt / der kennt sie schlecht / denn alle außenseiter / sind doch meist die größeren fighter!“

Selbst Schrift kommt ziemlich passend verspielt daher, wenn unter dem Titel „ich spinne“ ein Spinnenfaden Buchstaben für Buchstaben untereinander – allerdings gar nicht gerade, sondern in Wellen – zu den nächsten beiden Zeilen führt 😉

Am Ende gibt’s eine Zugabe – und das natürlich für einen „Star“!

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Doppelseite aus "stopptanzstill!"

Vom schwebenden Wal bis zur Riesenkatze an der Hauswand

Ein fliegender Wal, einst fix auf dem Dach eines Gasthauses im Wiener Prater montiert, seit Wieder-Eröffnung des renovierten, ausgebauten Wien-Museums von der Decke schwebend, zeigt seine Barten schon auf der Titelseite. Und hat auch im Buch eine Sonderstellung. Alle anderen Tiere – ob als 3-D-Figuren aus unterschiedlichsten Materialien wie Stein und Metall oder an Hauswänden gemalt oder als Mosaike bzw. Reliefs – haben je eine Doppelseite. Der Wal erstreckt sich über drei Doppelseiten.

Einerseits ist „stopptanzstill!“ ein üppiges Buch mit Fotos von Objekten aus dem Museum bzw. aus der Stadt Wien – genauso ist es aber auch ein Gedichtband. Das Wien Museum hatte den bekannten Kinder-Lyriker Michael Hammerschmid gefragt /gebeten zu solchen Objekten und Bildern Gedichte zu verfassen. Dabei kam er, der schon etliche Preise – dann auch für dieses Buch – bekommen hatte, drauf, dass er, obwohl für Kinder dichtend, noch kaum Tierreime geschrieben hatte.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „stopptanzstill!“

„Irgendwie wilde Auswahl“

Rasch ließ sich der Autor auf dieses Abenteuer ein, bekam vom Museum Vorschläge, suchte aber auch selber viel in Foto-Datenbanken wie er Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… auf die entsprechende Anfrage anvertraute. „Ganz wichtig natürlich war, welche Figuren mich zu einem Gedicht angeregt haben. Also ich durfte mich da auch intuitiv bewegen und so entstand eine irgendwie wilde Auswahl, hoffe ich zumindest, die kreuz und quer durch Zeit und Raum führt.“

Doppelseite aus
Doppelseite aus „stopptanzstill!“ – diese Skulpturen sind, wie viele andere auch bespielbar

Zwischen sechs und 12 Millionen Jahren

Zeitlich spannt sich der Bogen übrigens von einem rund 12 Millionen Jahre alten Objekt bis zu einer erst sechs Jahre jungen Wandmalerei. Das älteste eben angesprochene Ding ist der Wirbel eines Delfins, der einst in Hernals (17. Bezirk) gefunden wurde, dem Naturhistorischen Museum gehört, das diesen Knochen dem Wien Museum leiht. Und das aufs erste ganz anders aussieht – wie eine Fledermaus. Wie in vielen anderen seiner Gedichte philosophiert der Autor über das Gesehene, manchmal scheint er auch mit dem jeweiligen Gegenstand oder Bild zu sprechen. Nicht selten wirft er Fragen in den Raum.

Erst 2018 malten die Straßen-Künstler:innen (Street Art) Lunar, Smack und Ruin eine riesige Katze im Comic-Stil an eine große Hausmauer in Favoriten (10. Bezirk; Franz-Koci-Straße 14).

Ungewöhnliche Gedichte

Obwohl Kinder Gedichte lieben, sind Hammerschmids Texte sicher anfangs, vor allem für noch wenig geübte Leser:innen, ein wenig gewöhnungsbedürftig. Reime sind nicht seine bevorzugte Sache; und häufig beginnt ein Satz, ein Gedanke – übrigens alles in Kleinschreibung und oft ohne, meist jedenfalls mit sehr wenigen Satzzeichen – in der einen Zeile unvermittelt und setzt sich erst nach dem Absatz fort.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „stopptanzstill!“

Für eine Doppelseite ließ sich der Autor etwas ganz Besonderes einfallen. Da suchst du das Tier vergeblich. In der rechten unteren Ecke wirken zwei ovale helle Öffnungen in einem schwarzen runden Ding lediglich wie Augen. Das dazugehörige Gedicht auf der Seite daneben: „das tier das man nicht sieht“ mit vielen Fragen, was es sein könnte, ob es noch da ist, oder…

Vielleicht ist es gerade diese Doppelseite, die zum eigenen Fantasieren mit Gedanken- und Wortspielen einlädt. Und die anderen Gedichtformen auch dazu, sich beim Dichten nicht unbedingt an vorgegebene Regeln aus der Schule halten zu müssen 😉

PS: Auf der vorletzten Seite im Buch gibt’s einen QR-Code – über den kommst du zu Audio-Dateien. Der Autor selbst hat alle Gedichte eingesprochen. Jedes Gedicht ist eine eigene Datei.

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Doppelseite aus dem Bildband "sieben die schöpfung"

Sieben mal sieben – eine bildreiches Kunstwerk der (jüdisch-christlichen) Schöpfungsgeschichte

Sieben – Zwerge, Berge, Geißlein… Tage – also eine Woche. Und was für eine. Die am Beginn der Schöpfung, also eigentlich der von Menschen ausgedachten Geschichte – nach der christlichen Religion; die diese wiederum aus dem Judentum übernommen hat.

Linda Wolfsgruber, die vielfach preisgekrönte Illustratorin, die immer wieder nicht nur andere Texte bebildert, sondern eigene Bücher erfindet, hat zu dieser Schöpfungsgeschichte das Buch „sieben – die schöpfung“ geschaffen. Sieben mal sieben Doppelseiten. Vom eher dunkel gehaltenen Chaos bis zur hellen Vielfalt von Pflanzen, Tieren und Menschen.

Doppelseite aus dem Bildband
Doppelseite aus dem Bildband „sieben die schöpfung“

Verschiedene Techniken

Die Collagen sowie Monotypien und in Kratztechnik (wie sie viele aus der Schule mit Wachsmalstiften kennen) und die in späteren Phasen im Stil an Höhlenmalereien erinnern, illustrieren die Evolution. Daneben stehen am Rand Sätze für die sich die Autorin und Illustratorin in Personalunion aus Bibel-Übersetzungen (1980 und 2016) inspirieren hat lassen.

Mystische Zahl

Als Menschen noch nicht wussten, wie sich das Universum, die Erde und das Leben auf ihr wirklich entwickelt haben, dachten sie sich Geschichten aus, wie das gewesen sein hätte könnte. In verschiedensten Gegenden und Kulturen die unterschiedlichsten Mythen, Legenden und Religionen. Wobei interessanterweise sieben in vielen eine große Rolle spielt. Oft wird sie auch als Glückszahl angegeben; andere wiederum (etwa in Ostasien) halten sie für eine Unglückszahl.

Ein Erklärungsversuch wird oft – auch auf der wikipedia-Seite zu dieser Zahl – mit der Zahl der mit freiem Auge sichtbaren großen Himmelskörper angegeben: Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn.

Doppelseite aus dem Bildband
Doppelseite aus dem Bildband „sieben die schöpfung“

Ein andere könnten die sieben Öffnungen in unserem Gesicht sein, mit denen wir die Welt um uns wahrnehmen: Zwei Augen, zwei Ohren, zwei Nasenlöcher und ein Mund.

Selbst wer nicht daran glaubt (wie der Schreiber dieser Zeilen), dass ein höheres Wesen – wobei Wolfsgruber auf eine Bibelübersetzung zurückgreift, die „Gott“ geschlechtsneutral schreibt – in sechs Arbeitstagen Erde und Weltall „geschöpft“ hat und den siebenten Tag zum Ruhen verwendete, kann sich an den detailverliebten großflächigen Bildern erfreuen – und sich den wichtigen Grundsatz zu Herzen nehmen, den Wolfsgruber an den Beginn stellt: „… weil sie uns anvertraut ist“. Und das steht in der sonnenhellen Doppelseite vor dem düster-dunklen Tag 1.

Bei sieben mal sieben drängt sich die seit Generationen bekannte Scherzfrage mit der entsprechenden Antwort auf, was das ergibt: „feinen Sand!“

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Titelseite des Bildbandes
Titelseite des Bildbandes „sieben die schöpfung“
Szene aus "The Future is in our Hands"

Wie sollen wir zuhören lernen, wenn’s kaum wer vorlebt?

Noch war die Demonstration „Demokratie verteidigen“ bei strömendem Regen in Wien im Gange bzw. deren Abschlusskundgebung auf dem Ballhausplatz. Während die Redner:innen auf der Bühne zwischen Bundeskanzleramt und Amtssitz des Bundespräsidenten Gefahren für die Demokratie ansprachen, stürmten – ungeplant – Kinder die Bühne im Kasino am Schwarzenbergplatz, einer der Spielstätten des Burgtheaters. Die 7- bis 10-Jährigen erobern die Bühne anders als geprobt – wie später im Publikumsgespräch verraten wird.

Szene aus
Szenenfoto aus „The Future is in our Hands“

Danach allerdings spielen Elektra Birkhan-Dhellemmes, Lola Kaja Cimesa, Lenz eichenberg, Iris El Fehaid-Power, Sina Tobias Kananian, Sami Kiegleder, Lieselotte Leineweber, Leo Schönwald, Thimo Temt, Ossian Trischler, Cecilia Eunice Pail-Valdés ihre Rollen im gespielten Streit mit der Leiterin ihres Workshops, Sasha Davydova wie eingeübt. Sie – im Publikum sitzend – ruft Anordnungen zu und die Kinder befolgen diese NICHT. Demokratie ist auch, sich nicht unbedingt Autoritäten zu unterwerfen ist die offensichtliche und später auch so erklärte Botschaft der Performance. Und so sollten, durften und konnten die Kinder ihre Ideen einbringen – und rasch fanden sich einige zu einer Band zusammen…

Respekt sowie Freiheit und dazu zählt nicht zuletzt auch das Recht auf nicht von außen diktierte Freizeit ist ihnen besonders wichtig.

(Zwischen-)Ergebnisse

Fünf Projektgruppen haben in dieser Spielzeit in Kooperation mit dem Dschungel Wien, bzw. dem Burgtheater Studio, Omas gegen Rechts und dem Gleis 21 zu den Themen rund um Demokratie und Mitbestimmung, Krieg und Frieden gearbeitet und zeigten am Wochenende vor den Osterferien in Live-Performances sowie einem Film (Zwischen-)Ergebnisse ihrer Arbeit. Wobei die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die mit dem Dschungel Wien arbeite(te)n ihre Performances weiterentwickeln und im Juni beim Festival der Theaterwerkstätten präsentieren werden.

Mega-Verstärker:innen

Ein Gutteil der Performance der Gruppe „Mega-Verstärker:innen“ von Lotte Burger, Maxim Gerginov, Ona Fabre Kasebacher, Matteo Lusher, Pauline Meitz, Emilia Reisinger-Bosse, Hannah Stangl, Sophie Szakasits, Franka Throm, Keara Li Rose Tromp (Leitung: Sylvi Kretzschmar) war schon Tage zuvor im öffentlichen Raum auf dem Platz für Menschenrechte vor dem MuseumsQuartier zu erleben. Hier nun konzentrierter ohne störenden Verkehrslärm. Ums Zuhören ging es auch vielfach. Wenn mehr auf Kinder gehört werden würde gäbe es – besseres Schulessen etwa. Aber auch „keine neuen SmartPhones“, und wenige Sätze davor „mehr neue elektronische Geräte“. Widersprüchlich? Mag sein, Demokratie ist eben viel- und nicht ein-fältig 😉

Und die Frage: Wie sollen wir zuhören lernen, wenn es uns nicht vorgelebt wird – weil Erwachsene Kindern zu selten zuhören.

Vorerst ein Film

Gemeinsam mit renommierten Autor:innen – Armela Madreiter, Thomas Perle – arbeiten Jugendliche und junge Erwachsene an Texten, die von Biographien zugewanderter Menschen inspiriert sind, sogenannter „Gastarbeiter:innen“ (Leitung neben den Genannten Elif Bilici). Rezitierend, tanzende, performend präsentierten Rocco Baldari, Naima Bouakline; Sarah Byrne, Nikolay Yulianov Chulev, Özge Dayan-Mair, Neil Dölling, Lucia Droner, Mohammed El Noed, Destiny Okon und Nina Vidaković Geschriebenes – vorerst in einem Film (Kamera und Schnitt: Özgün Yarar).

Damit ergänzen sie mit dem Workshop „Auf der Suche“ in anderer Form die seit vielen Jahren entstehende Buchreihe „Berichte aus dem neuen OE“, in der Jugendliche aus unterschiedlichen Bundesländern mit unterschiedlichsten Herkünften über ihr Leben erzählen.

Diese ersten drei Präsentationen – jeweils im Dschungel Wien entstanden – werden wie schon erwähnt – weiter ausgebaut und im Juni im Theaterhaus für junges Publikum vorgestellt – siehe Info-Block

(Nicht nur) Ukraine

Die dreisprachige (Englisch, Ukrainisch, Deutsch) Werkstatt-Präsentation – in Zusammenarbeit mit dem Burgtheater Studio – ist der seltene Fall, dass so ein Projekt nicht nur auf eine Saison beschränkt ist. „Letztes Jahr haben wir noch die Tage gezählt“ (Leitung: Anna Manzano, Mitarbeit: Anastasiia Yakovenko) wurde fortgesetzt. Natürlich vor dem Hintergrund des mittlerweile mehr als zwei Jahre dauernden kriegerischen Überfalls des russischen Putin-Regimes auf das Nachbarland. Doch Katharina Conradi, Patricia Falk, Elen Figol, Peta Klotzberg, Valeriia Lakaziuk, Aletheya Schreder, Shureen Shab-Par, Anastasia Ustymenko, Khrystyna Yerychuk behandeln nicht nur diese Situation. Sondern auch – heftigste – Diskussionen in der Gruppe, Ausstieg einzelner Mitwirkender.

Zur Sprache kommen auch kulturelle Aneignung ebenso wie, ob nun alles Russische verteufelt werden müsste, weil der Krieg ja von vielen Russ:innen mitgetragen werde. Nicht zuletzt wird das schnelle „Vergessen“ dieses Krieges in Medin thematisiert – und ruft ohne es vielleicht zu beabsichtigen – in Erinnerung, dass andere Kriege schon lange aus der medialen Berichterstattung und damit Wahrnehmung verschwunden sind – etwa 13 Jahre Syrien, 2 ½ Jahre neuerliche Taliban-Herrschaft in Afghanistan, laufende Bombardements des NATO-Staates Türkei von Medizin- und Bildungseinrichtungen sowie Infrastruktur in den befreiten, demokratisch-multikulturell verwalteten Regionen Nord-Syriens (Rojava).

Fast unbeachtet: Kartenhaus-Bau

Spannend, wenngleich fast unbeachtet, am Rande nicht nur dieser, sondern auch der nachfolgenden Performances, saß eine Frau auf dem Boden und bauten aus Spielkarten ein Haus, Stock für Stock. Immer und immer wieder fielen diese natürlich – Wind durch Bewegung der Performer:innen oder durch andere Luftzüge – in sich zusammen. Doch sie gab nicht und nicht auf. Selbst als das Publikum am Ende den Saal verließ, baute sie noch daran. Vielleicht durchschaute nur Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… nicht, was dahintersteckte und fragte dann eben beim Rausgehen.

Und da sich in Gesprächen danach herausstellte, dass andere ebenfalls den Sinn nicht erkannten, sei hier die Erklärung veröffentlicht: „Das stellt den Wunsch vieler Ukrainer:innen dar, in ihre Heimat zurückkehren und ihre Häuser wieder aufbauen zu können. Doch leider sind das derzeit noch lange nur Luftschlösser.“

Fotos davon gibt’s übrigens leider keine, denn es dürfen nur vom Burgtheater zur Verfügung gestellte Fotos veröffentlicht werden, und dies wurde entweder nicht fotografiert oder nicht „ausgewählt“. Viele Zuschauer:innen haben zwar Handyfotos und -videos während der Performances gemacht, die in sozialen Netzwerken kursieren (werden), aber bitte ;(

Generationen-übergreifend

Zwischen Klischees und Brechung genau solcher startete die erste von zwei Performances von und mit den „Omas gegen Rechts“. Viele von ihnen eroberten oder sollte vielleicht besser geschrieben werden Er’OMA’rten die Bühne mit großen meist roten Wollknäuel und Stricknadeln. Gestrickten Hauben mit dem Sticker – schwarzer Schriftzug dieser Bewegung auf weißem Grund – sind eines der Markenzeichen. Ein anderes: Aufstehen und mitgehen bei Demonstrationen und Kundgebungen zur Verteidigung der Demokratie, für Menschenrechte – auch solches auf Asyl, eigene oft lediglich Zwei-Frauen-Manifestationen vor Bundeskanzleramt und Innenministerium…

In „Er’OMA’rung“ erzählten Isabella Amadori, Vera Cerha, Simona Edelmann, Elisabeth Hofbauer, Bettina Hradecsni, Eringard Kaufmann, Petra Hayek, Caroline Koczan, Elsa Königshofer, Ingrid Porzner, Anna Pramböck, monika Salzer, Veronika Schmidt, Susanne Scholl, Jenny Simanowitz, Andrea Stockinger und Kathy Tanner (Leitung: Katrin Artl) szenisch einerseits die Gründung dieser Bewegung, andererseits individuelle Lebensgeschichten mit langen Aktivismus-Biographien.

Im Wechselspiel mit Sympathisant:innen, die im Publikum saßen – und dazu aufstanden – wurden so manche realen Reaktionen von Passant:innen nachgespielt; Beschimpfungen wie Solidarisierungen.

Mitmachen

Andere „Omas gegen Rechts“ – gemeinsam mit Gleis 21 (Wohn- und Kulturprojekt im neu bebauten Areal beim Wiener Hauptbahnhof) sowie wieder dem Burgtheater Studio traten als Chor auf (Ursula del Bello, Gisela Kranzelbinder-Deskoski, Karin Einsiedler, Ilse Friedl-Schuster, Katharina Hölzl, Barbara Klein, Günther Platzer, Doris Pollany, Adrea Roschek, Elisabeth Schmidauer, Martina Sinowatz, Monika Volk) unter anderem mit Texten aus dem Buch „Omas gegen Rechts – Warum wir für die Zukunft unserer Enkel kämpfen“ von Monika Salzer: und sie animierten die Besucher:innen dieser Werkstätten-Schau sich zu erheben und in chorische Slogans wie „Zusammenhalt gegen Rechts“ sowie „Klima in Gefahr – Demokratie in Gefahr“ miteinzustimmen.

Junge (?) Akademie

Dieses Aufbrechen von Klischees älterer und alter Frauen durch Aktivismus – nicht zuletzt an der Seite junger Aktivist:innen wie Klima-Klebe-Aktionen der „letzten Generation“ – wirkte erfrischend, ermutigend, aktivierend. Dennoch darf die Frage gestellt werden: Wenn schon in Werkstätten nicht nur neu zusammengewürfelte Mitwirkende Szenen erarbeiten, sondern auch bestehende Gruppen eingeladen wurden – wieso gerade unter dem Titel „Junge Akademie“ nicht beispielsweise „Demokratie, was geht?“, eine sehr vielfältige, diverse Gruppe an Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die an vielfältigsten kulturelle Formen arbeitet zur Kooperation gebeten worden ist.

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Doppelseite aus "Geisterbahn, voll abgefahren!"

Grusel-Loser, Sesselkleber, Prankenstein und Fetzguck…

Bela Fröschel vs Berti Schestak – das ist Brutalität. Watschen da, Superkleber auf dem Sessel dort. Dagegen wiederum Klassenmistkübel auf den Kopf gesetzt…

Die beiden Protagonisten sind (Schul-)Kinder von Prater-Familien. Der Wiener Prater – nicht der „grüne“ mit Hauptallee, Wiesen und Wasser, sondern der früher oft mit der „Vorsilbe“ Wurstel/ Wurschtel benamste – ist der Spielort von Christoph Mauz‘ jüngstem Buch. In „Geisterbahn, voll abgefahren!“ (auch wenn auf dem Buchcover weder Beistrich noch Rufzeichen in der Gruselschrift zu sehen sind) dreht sich vieles, fast alles genau um so eine der uralten Attraktionen des Vergnügungsparks. Eine der letzten ihrer Art.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Geisterbahn, voll abgefahren!“

Seit Generationen ist sie im Besitz der Familie Fröschel, deren Mitglieder sie auch betreiben. Gegenspieler ist Familie Schestak, der viele der neuen Achterbahnen und anderen wilden „Fahrgeschäfte“ gehören. Und deren Clan-Chef auch noch die alten Attraktionen einkassieren will, um dort Neues hinzubauen.

Wortwitz

Das ist die Ausgangsgeschichte, die der Autor in der „Grusel“-Geschichte, konstruiert hat. Wie immer in von Wiener Dialekt gefärbten Sprache in den Dialogen und spielerischen Wortwitzen – „Grusel-Loser“, „Prankenfein“ für eines der Monster in der Geisterbahn oder Fetzguck für einen Social-Media-Kanal – erzählt Mauz eine spannende, nach und nach eskalierende Geschichte. Aufgelockert durch schwarz-weiß-Zeichnungen von Jürgen Blankenhagen auf vielen der knapp 120 Seiten.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Geisterbahn, voll abgefahren!“

Commander Jolanda und Influencerin Schörli

Eine wichtige Rolle spielt neben den beiden Buben, deren (Groß-)Eltern und so manchen Monstern auch wieder ein starkes, schlaues Mädchen, hier Jolanda, genannt Commander und aus der „Dynastie“ der wie die Geisterbahn alten Prater-Attraktion „Nu-Tschu-Tschu-Express“. Und dann ist da noch Belas Haustier Aloisia, eine Tarantel sowie die Internet-Influencerin Schörli Schuga. Und unabhängig von der Geschichte auch wieder viel flotter, leicht verdaulicher Lesespaß zwischen den Buchdeckeln; für Nicht-Wiener:innen gibt’s am Ende ein einseitiges „abgefahrenes Geisterbahn-Wörterbuch“.

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Titelseite von
Titelseite von „Geisterbahn, voll abgefahren!“
Bildmontage aus Elementen der Titelseite von "Niemand so wie ich?"

Mit Niki kannst du einfühlsam ihr Hin- und Her-gerissen-Sein nachvollziehen

„Ich zählte, um mich abzulenken von dem Gefühl, dass ich nicht auf dem Untersuchungstisch liegen will und nicht von allen angeschaut werden möchte. Ich zähle, um keine Fragen beantworten zu müssen. Denn wenn ich zähle, bin ich nicht dort, sondern unterwegs woanders hin, wo es nicht außergewöhnlich ist, dass ich so bin wie ich bin. Ein Land, wo alle so sind wie ich und wo es komisch ist, gewöhnlich zu sein. Ein Land, in dem man sich nicht zwischen Mädchen- und Jungesein entscheiden muss.“

Niki, elf Jahre, wird immer wieder damit konfrontiert, irgendwie anders zu sein. Eigentlich kommt Niki oft damit gut zurecht, warum soll sie sich entscheiden Mädchen oder Bub zu sein, warum reicht es nicht, einfach Niki zu sein?!

Doppelte Existenzen

Einfühlsam beschreibt Rachel van Kooij in „Niemand so wie ich?“ die Situation des Kindes auf dem Übergang ins Jugendlichen-Stadium – den Druck, mitunter Verhöhnung von außen, den irgendwie doch vorsichtigen Umgang der Eltern, den doch dezenten Druck vor allem von Seiten des Vaters, irgendwann stehe eine Entscheidung an ob männlich oder weiblich.

Und das ist nur eine Hälfte der konfliktträchtigen Situation in der Familie. Eine ganz neue kommt dazu. Und die lässt die Autorin sogar noch davor, gleich zu Beginn hereinbrechen, sozusagen fast mit der Tür ins Haus fallen. Ein – vermeintlich – Fremder läutet an der Tür. Sein Auftauchen macht den Vater wütend, der andere hätte sein Leben zerstört, weshalb er jetzt nach zehn Jahren auftauche…

Niki, äußerst sensibel, checkt, da steckt ein dunkles Geheimnis dahinter, hat Mitleid mit dem Verstoßenen, trifft zufällig später auf ihn, teilt eine Pizza mit ihm und…

Spannende Geheimnisse

Da die Autorin diese zwei Stränge zweier Menschen, die sozusagen jeweils zwei verschiedene Seiten haben, eng miteinander verwebt und erst nach und nach enthüllt, was hinter dem „Fremden“ steckt, sei es hier nicht verraten – auch wenn der Klappentext des knapp mehr als 200 Seiten umfassenden, spannend und einfühlsam geschriebenen Buches, das zum Verschlingen einlädt, schon mehr verrät.

Wobei sie auch so schreibt, dass sie dich als Leser:in immer wieder auch zwischen den Zeilen einlädt, mehr zu wissen oder wenigstens zu ahnen als schon direkt ausgesprochen ist.

Schade nur, …

… dass Rachel van Kooij – obwohl sie bekannt ist für aufwändige Recherchen – gerade was Frage der Pronomen betrifft ein wenig schlampt. Das geschlechtsneutrale Pronomen „hen“ lässt sie (Seite 200) aus dem Englischen kommen. Dort wird allerdings schon lange „they“ (in diesem Fall für dritte Person Singular) verwendet, während „hen“ in Schweden (han – er; hon – sie) erfunden wurde; übrigens schon vor rund einem halben Jahrhundert zum ersten Mal, seit mehr als zehn Jahren weit verbreitet. Wobei es eigentlich aus dem Finnischen, einer geschlechtsneutralen Sprache, ausgeborgt wurde, wo das Pronomen seit ewig für alle „hän“ heißt.

Und eine Seite davor lässt die Autorin Niki ein eigenes deutsches Pronomen erfinden – ser als Kombination von sie und er. Dabei gibt es das viel deutlichere „sier“ auch als „xier“ schon läääängst sogar über die non-binäre Community hinaus – übrigens neben „en“ und auch „dey“ als sozusagen eingedeutschte Version des englischen „they“.

Hin- und hergerissen

Das soll aber keineswegs den großartigen Roman schmälern – könnte ja bei weiteren Auflagen ausgebessert werden. Vielleicht zum Abschluss noch ein Zitat aus dem Buch, das auch die für Niki durchaus immer komplizierte Lage gut zum Ausdruck bringt:

„Man kann nicht alles mit Regeln festschreiben. Das greift zu kurz. Für besondere Fälle muss es Ausnahmen geben dürfen!“ lässt die Autorin Nikis Mutter aufregen, als es um ein Fußballspiel des Mädchenteams geht, bei dem Niki mitspielen möchte. Und das wiederum bringt Niki auf die Palme.

„Besondere Fälle!“, schreibt Rachel van Kooij und legt Niki die folgenden Sätze in den Mund: „Aber genau das will ich nicht“, fiel ich ihr wütend ins Wort. „kapierst du das nicht? Ich, ich will keine Ausnahme, ich will wie alle anderen behandelt werden! Wie alle anderen sein. Ich hasse es, besonders zu sein!“
„Niki“, Mama schaute mich bestürzt an. „Was redest du da? Wie alle anderen sein. Jeder Mensch ist einzigartig, das weißt du doch.“

Wobei diese Einzigartigkeit, die ja für jede und jeden gilt, natürlich leichter wäre, wenn das allgemein akzeptiert werden würde! Und wie sie eben im wahrsten Sinn des Wortes durchaus natürlich ist – sowohl unter Menschen als auch bei Tieren – siehe Links zu Kinderbüchern hier in diesem Beitrag eingestreut.

Übrigens: Aktuelle Studien besagen, dass zwischen 1,2 und 2,7 % Jugendlicher sich als Transgender bezeichnen, sich also weder als weiblich noch als männlich sehen/fühlen; und das heißt immerhin ein bis drei von 100, also von durchschnittlich vier Schulklassen.

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Froehlich-miteinander-herumschleimen

Titelseite des Jugendromans
Titelseite des Jugendromans „Niemand so wie ich?“
Grafik der zentralen Ergebnisse dieser neuen Lehrlings-Umfrage, was den Lehrlingen am wichtigsten ist

Sicherer Job, gute Bezahlung stehen für Lehrlinge an der Spitze

Sicherer Arbeitsplatz vor angenehmen Arbeitszeiten, gutem Geld. Dann erst folgen gutes Betriebsklima und gute Work-Life-Balance. Das sind kürzest zusammenfasst die Ergebnisse einer aktuellen, repräsentativen Umfrage unter 800 Lehrlingen in Österreich, die kurz vor den Osterferien vorgestellt wurden; erhoben vom Institut für Jugendkulturforschung und Kulturvermittlung – jugendkultur.at

Die oben genannte Reihenfolge gilt für „Lehrlinge gesamt“ – und selbst die Top-Position „sicherer Arbeitsplatz“ wurde nur von nicht einmal der Hälfte genannt, bei Mädchen allerdings deutlich mehr (rund 55 %). Dafür ist weiblichen Lehrlingen gutes Betriebsklima und die Work-Life-Balance wichtiger als hohe Lehrlingsentschädigung.

Die Umfrage wertete die Antworten noch nach einigen ausgewählten Branchen gesondert aus und da stellt sich heraus, dass im Tourismus die Entlohnung deutlich alle anderen Ergebnisse überragt und von mehr als sechs von zehn Befragten als wichtigstes genannt wurde.

„Generation Safety“ betitelt das Institut die Umfrage-Ergebnisse und formuliert: „In Zeiten der Krise denkt die Jugend in erster Linie über Sicherheit nach. Risiko und Abenteuer sind nicht angesagt. Man will klare Verhältnisse und eine materiell solide Lebensgrundlage.“

Abgefragt wurden auch die beliebtesten Ausbildungsbetreibe und da landete die ÖBB an erster Stelle. Erst vor viereinhalb Monaten hatte eine andere Studie – 1700 Befragte, darunter rund ¾ mit ÖBB-Bezug – ebenfalls ergeben, dass sich Lehrlinge in erster Linie stabile Arbeitsverhältnisse wünschen – siehe Link zu diesem Bericht unten am Ende des Beitrages.

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jugendkultur.at

Doppelseite aus dem Bilderbuch "Du fehlst so, Hase!"

Schildkröte und Hase – außergewöhnliche Freundschaft und ein großes Loch

Ostern – da fallen einem leicht Hasen ein. Und in diesem Bilderbuch spielt ein Hase eine wichtige Rolle. Und doch ist es ganz anders.

Zunächst einmal erlebst du den Hasen Leo und die Schildkröte Cleo – praktisch unzertrennliche Freund:innen. Und das obwohl ja der eine urschnell und die andere, naja nicht ganz so flott unterwegs ist – von ihren unterschiedlichen Naturen aus. Doch die beiden: Ganz anders.

„Die Schildkröte und der Hase hier /kannten kein ICH, waren einfach WIR“, beginnt der Text auf der ersten Seite. Und so wie der sind auch die folgenden gereimt (Original: John Dougherty, Übersetzung aus dem Englischen Katja Frixe). Natürlichhalfen die beiden wo es nur ging – Leo der Cleo beim Klettern und diese wiederum ihrem Kumpel wenn’s ins Wasser ging.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Du fehlst so, Hase!“

Ein Leben in friedlich, freundschaftlicher Zweisamkeit. Klar, irgendwann braucht’s zwecks Spannung sozusagen einen Plot-Twist, eine Wendung. Könnte ein Streit sein. Ist es aber nicht. Schon der Titel des Bilderbuchs deutet ja einiges an: „Du fehlst so, Hase!“

Aber nein, Leo haut nicht ab und macht sich aus dem Staub. Er ist einfach eines Tages weg. „Für Schildkröte Cleo war es schwer zu fassen: Hase Leo hat nur ein Loch dagelassen. … Sie blickte ins Nichts und ums Nichts herum, / doch das Loch ohne Leo wartete stumm.“

Die folgenden Doppelseiten der tiefen Traurigkeit sind eine Meisterleistung des Illustrators Thomas Dougherty, der die Seiten meist in pastelligen Farben sanft und weich malt: Das sprichwörtliche Loch tauch da und dort und immer wieder als dunkelblaue Fläche in Hasenform auf, fast wie ein Loch in der Seite.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Du fehlst so, Hase!“

Ohne es direkt auszusprechen, pardon zu schreiben, ist natürlich klar, was passiert ist. Leo kann nie mehr zurückkommen. Otto, der Bär, umarmt Schildkröte Cleo und hilft ihm – und vielleicht auch dir, wenn du einen Verlust betrauern musst: „Du wirst es nie los, das Loch wird bleiben… / kannst das Loch füllen, ihm etwas geben. / Denk an eure Freundschaft zurück, / die schöne Zeit und euer Glück. / Und denk auch an all die lustigen Sachen, / die Freude, den Spaß und an Leos Lachen…“

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Du fehlst so, Hase!“

Und so fliegen in Gedankenblasen Bilder von früheren gemeinsamen Aktivitäten einerseits und andererseits füllt der Zeichner das vormalige Loch, das auch jetzt noch beispielsweise auf der Wiese sitzt, steht oder geht, von Seite zu Seite mit zunehmend mehr Farben.

Insofern als „Wiederauferstehung“ doch ein österliches Bilderbuch 😉

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Du fehlst so, Hase!“
Kinder der VS Vorgartenstraße 42 kamen mit etlichen Vorschlägen für Verbesserungen in Parks

Trampoline und Klos für Parks, Jugend-App, Mental Health und noch viele Ideen

„Trampoline in Parks“ und „mehr Spielstraßen“ dringt es fast in kleinen Chören von Kindern der 2c der Volksschule Vorgartenstraße 42 (Wien-Brigittenau; 20. Bezirk) an die Ohren des fragenden Reporters. Sie sind eine der ersten Klassen, die am vorletzten Tag vor den Osterferien den großen Festsaal im Wiener Rathaus bevölkern. Sie und weitere rund 250 Kinder und Jugendliche sind zum Abschluss des aktuellen Wiener Kinder- und Jugendparlaments gekommen.

In den vergangenen Monaten haben junge Bürgerinnen und Bürger – übrigens, egal welchen Pass sie oder ihre Eltern haben! – Ideen, Vorschläge und Forderungen eingebracht. Wie ihr Leben und das ihrer Altersgenoss:innen (weiter) verbessert werden kann und soll / könnte und sollte. Aus den einzelnen Abteilungen der Stadt Wien kamen Antworten – und die wurden nun von Kindern und Jugendlichen mit Stadt- bzw. Gemeinderät:innen oder Beamt:innen diskutiert.

Sogar aus einem Kindergarten

Die Allerjüngsten kamen übrigens von einer Kindergartengruppe – KiWi Floridusgasse (Floridsdorf; 21. Bezirk). Hier strahlt Nicole, als sie Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… als sie einen der Wünsche ihrer Gruppe anvertraut: „Wir hätten gern in einem Park eine Rutsche, die bis unter die Erde geht und über eine Treppe kommst du dann wieder rauf.“ „Außerdem hätten wir gern, dass es in Park Hasen gibt für Kinder, die keine Haustiere haben“, und „Karussells und Trampoline“ kommt es von verschiedener Seite. Als eine der begleitenden Elementarpädagoginnen fragt „ihr habt doch noch etwas Wichtiges vorgeschlagen, was viele brauchen könnten?“ schallt aus mehreren Mündern: „Klos!“

Letzteres war übrigens eine häufige Forderung: Klos für alle Parks – und zwar solche, die dann auch regelmäßig gereinigt werden! Ebenso vielfach gefordert: Alles sollte barrierefrei zugänglich sein – müsste es laut Behinderten-Konvention der UNO ohnehin schon längst. Da Parks aber nicht bei jeder Witterung der ideale Aufenthaltsraum sind, an dem nicht konsumiert werden muss, wünschen sich vor allem viele Jugendliche geschlossene, ebenerdige Räume etwa in Bauten von Wiener Wohnen oder Genossenschaften, die kostenlos benutzt werden können.

Hilfe für Ärmere und Jugend-App

Mehr öffentliche Sportplätze und vor allem Hilfe für ärmere Menschen sowie ausreichend Informationen über schon bestehende Angebote direkt an die Betroffenen, wünsch(t)en sich die Volksschulkinder der 4d der Waldschule in der Nähe des Lainzer Tiergartens. „Und dass alle Menschen lieb zueinander sind!“

Jugendliche der Mittelschule Brüßlgasse (Ottakring; 16. Bezirk) schlagen eine eigene Jugend-App vor, „in der alle Angebote, die es für Jugendliche gibt, übersichtlich zu finden sind, und wo rasch Hilfe geholt werden kann. Oder wo Rechte, die wir haben, angezeigt werden“, schildern sie Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… „So eine Jugend-App ist in Arbeit, wurde uns geantwortet.“

Eine solche App soll übrigens „in verständlicher Sprache wichtige Infos für Kinder und

Jugendliche auch ohne Profil-Registrierung zugänglich machen, digitale Beteiligung an Abstimmungen und Umfragen ermöglichen, Anreize schaffen, sich zu beteiligen“ und „Kinder und Jugendliche sind bei der Erstellung dabei. Die App informiert über Rechte. Videos statt Texte.“

Gewalt und Vorbeugung

Eine Runde engagierter Mädchen wünschte sich „mehr Hilfsangebote, zum Beispiel auch Selbstverteidigungskurse für Mädchen“ (Gamze). Oder „mehr Sensibilisierung in Schulen für das Thema Gewalt. Zum Beispiel gibt es in unserer Schule zwar rund 60 Peer-MediatorInnen, davon sind aber nur ungefähr vier bis 5 Burschen“, machte Sabrina aufmerksam. Womit der Handlungsbedarf klar sein müsste. Samantha, Mohadisa, Mia und Beyza ergänzen unter anderem, dass „Mental Health (psychische Gesundheit) ein dringend wichtiges Thema ist, das in Schulen behandelt werden müsste“.

Mehr Fairness

Tara, Elias und Aleksei aus dem Gymnasium Wasagasse (Alsergrund; 9. Bezirk) nennen im Gespräch mit KiJuKU einerseits Digitalisierung und andererseits Integration als ihre wichtigsten Themen, wo viel mehr getan werden müsste. Gerade was Schüler:innen mit Migrations-Biographie betrifft, bräuchte es mehr Ressourcen und fairere Verteilung. Und Rassismus müsste angesprochen werden, hatte zuvor schon Aanab Mohamed, Schulsprecherin des Gymnasiums Geringergasse (Simmering; 11. Bezirk) in der Bildungsrunde eingebracht und berichtet: „Wir haben selber eine Ausstellung dazu erarbeitet.“

Auf dem Weg zur kinder- und jugendfreundlichsten Stadt

Das Kinder- und Jugendparlament ist ein Element, um Wien (noch) kinder- und jugendfreundlicher zu machen – und nicht nur paternalistisch sozusagen von oben Gaben zu verteilen, sondern die Expertise der Betroffenen miteinzubinden. Partizipation ist das Fremdwort dafür, dass – in dem Fall eben Kinder und Jugendliche selbst mitbestimmen. Schon im Jahr vor der Pandemie – ohne natürlich davon zu wissen – haben rund 22.500 Kinder und Jugendliche in Workshops „Werkstadt Junges Wien“ Ideen, Wünsche und Forderungen eingebracht.

Frag doch eigentlicht Jugendliche

Aktuell läuft etwa die Abstimmung über die zweite Runde der Kinder- und Jugendmillion. Die ersten Projekte der ersten Runde wurden /werden derzeit umgesetzt. Das Kinder- und Jugendparlament ist ein weiteres Element dieser Mitbestimmung der jungen und jüngsten Bürger:innen der Stadt – auch schon vor dem Wahlalter (16 Jahre) und vor allem unabhängig von der Staatsbürger:innenschaft.
Und der Prozess dieser Mitbestimmung hat auch bewirkt, dass derzeit die unabhängige Kinder- und Jugendanwaltschaft – gemeinsam mit jungen Menschen – tüftelt, einen Beirat aus 14- bis 21-Jährigen einzurichten und wie dieser zusammengesetzt und arbeiten soll. Motto: „Frag doch eigentlich Jugendliche!“ Das wurde beim Kinder- und Jugendparlament in der Vorwoche bekanntgegeben.

Und dieses Pilotprojekt soll dann auch – nach Rückmeldungen der Stadt-Abteilungen – Vorbild für die Mitbestimmungs-Elemente in der zu entwickelnden Jugend-App sein.

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Reportage über eine der Werkstatt-junges-Wien-Workshops <- noch im KiKu

Abschluss des Mitbestimmungsprojekts mit 22.500 beteiligten Kindern und Jugendlichen <- noch im Kinder-KURIER

Junges.wien.gv.at/projekte

Szenenfoto aus "Aufstieg und Fall des Herrn René Benko" in der Dunkelkammer des Volkstheaters

Hütchenspiel und Mathestunde lockern Vortrag auf

Triggerwarnung: Wer die Berichterstattung rund um Benko aufmerksam verfolgt, für den bringt dieser feine eineinhalb-stündige poinitierte, immer wieder mit Witz angereicherte theatrale Vortrag in der „Dunkelkammer“ des Wiener Volkstheaters mit Video-Einspielungen kaum Neues.

Wer aber die Achterbahnfahrt vom vormaligen wirtschaftlichen Wunderwuzzi zum nunmehrigen Pleitier durch einen Mix aus Hütchen-Spiel und Luftschloss-Bau nicht ganz durchschaut und sich wundert für den fasst Calle Fuhr, der Solo-Live-Spieler und Regisseur des Abends ernsthaft und doch amüsant zusammen. Mit neuen Becherchen auf einem Tisch und einer Papierkugel demonstriert er etwa die Verschiebung ein und desselben Millionenbetrages zwischen verschiedenen Benko-Firmen, um die Bilanz zu legen. Oder in die Rolle eines Mathe-Lehrers geschlüpft die Wertsteigerungen von Immobilien durch Zinsen- und Bruchrechnungen.

In Videos schlüpften einige der Journalist:innen von Dossier, dem unabhängigen Investigativ-Magazin, das seit gut einem Jahrzehnt den „Aufstieg und Fall des Herrn René Benko“ kritisch verfolgt und durchleuchtet, in Schauspiel-Rollen. So zeigen sie ergänzend, wie dieses System anfangs groß und größer wurde. Natürlich fehlen auch projizierte Köpfe bekannter „Freunde“ – männliche Form, weil nur ganz wenige Frauen dabei -, die als Verbinder:innen bzw. Funktionsträger:innen in Benkos Gremien (mit-)verdienten.

Dennoch: „Die Redaktion“ – ebenfalls eine Zusammenarbeit von Dossier und Calle Fuhr – rund um Recherchen zur OMV war viel mehr Theaterabend.

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Szenenfoto aus dem Film "Chantal im Märchenland"

Pfeif auf Prinzen, du gehst deinen eigenen Weg!

Warum sollten Mädchen warten, bis irgendwelche Typen in Blechgewand daherreiten, um sie aus goldenen Käfigen in Königshäusern zu befreien, um sie in den eigenen Käfig zu setzen? Oder an ihren langen Haaren einen Turm hinaufklettern, um sie zu befreien, statt dass eine junge, kräftige Frau mit langen Haaren doch lieber gleich an diesen den Turm hinunterklettert? Oder sich von einem wildfremden Typen im Schlaf küssen lassen?

Solche und weitere Klischees in Märchen wurden immer wieder aufs Korn genommen – gedreht, gewendet, mitunter auch „nur“ die Frauen- und Männerrollen „umgekrempelt“ – siehe Links am Ende des Beitrages. Nun kommt ein witziger, schwungvoller, energiegeladener Film ins Kino mit einigen sehr bekannten jungen Schauspieler:innen, der ebenfalls mit den zugeteilten Rollen für Mädchen/Frauen aber auch Männern aufräumt. Hauptfigur „Chantal“ – genau, die Prollige, ewig Dumme, nur auf Aussehen gepolte Möchtegern-Influencerin aus der „Fuck Ju Göhte“-Trilogie, die auch schon Bora Dağtekın geschrieben und inszeniert hat: „Chantal im Märchenland“.

Aufräumen

Regisseur und Drehbuchautor Bora Dağtekın brachte eine märchenhaftes Abenteuer auf die Kinoleinwand von einer Prinzessin, „die mit den Märchenklischees aufräumt und deren Geschichte dem Publikum eine neue Sicht auf die bekannten Märchen liefert. Eine Bad Princess, wie man sie sich als Kind und vermutlich vor allem als Mädchen auch schon in Grimms Märchen gewünscht hätte, die sich nimmt, was sie will, die wild und cool drauf ist, eine große Schnauze hat und keinen Prinzen braucht, um klarzukommen“, wird er im Presseheft zum Film zitiert.

Duck-Face

Zu Beginn erleben wir Jella Haase als Chantal „Göhte“-like: Sekundenkleber über Ober und unter Unterlippe fürs perfekte Duck-Face. Mit Zeynep (Gizem Emre) besucht sie den Flohmarkt in der „Kinder-Arche“, wo insbesondere Chantal oft abhängt. Vor einem alten, großen Spiegel auf Schneewittchens Stiefmutter-Spruch posend – aber mit dem Spruch drüber „Kein Wunsch ist klug!“ wird sie hineingezogen – und zieht ihre Freundin mit.

Landung in einem Märchenschloss – vorgesehen ist für sie die Rolle von Dornröschen.

Frauen stärken

Im Laufe der spannenden, unterhaltsamen, nicht selten auch witzigen fast zwei Stunden werden so manche bekannte Märchen, aber auch Sagen (Artus), angespielt und immer wieder gegen den jahrhundertealten Strich gebürstet – und Diversität kommt auch immer wieder ins Spiel. In ihrer naiven Unbekümmertheit mischt Chantal die Szenerie auf. Prinzessin „Erbsi“, die – im Gegensatz zu dem Mann, den sie heiraten soll – sehr wohl das Schwert aus dem Felsbrocken ziehen kann – stützt sie ebenso in ihrem Frei- und Gleichheitsdrang, wie sie ihren Märchenvater, den sehr jungen herrschsüchtigen König in die Schranken weist.

Gastauftritte

Neben den beiden schon genannten jungen Stars aus der „Fuck ju Göhte“-Kinoserie haben auch Elyas M’Barek als Lehrer Zeki Müller und Jasmin Tabatabai (Dschinnin) kurze Gastauftritte. Die bekannte österreichische Schauspielerin Maria Happel tritt als „Funkelchen“, Hüterin des magischen Spiegels als Portal zwischen realer und Märchenwelt in Erscheinung.

Eine große Entdeckung

Eine große Entdeckung ist Mido Kotaini als Aladin. Der 22-Jährige kam 2016 als 14-jähriger Fluchtwaise (unbegleiteter minderjähriger Flüchtling) aus dem Krieg in Syrien nach Deutschland. Fünf Jahre später spielte er seine ersten Rollen vor Kameras (ARD-Serie „Almania“, Gastrollen im Kölner „Tatort“, Kino-Debut in „Mein Lotta-Leben: Alles Tschaka mit Alpaka!“

Hier hat er eine der wenigen größeren – und obendrein positive – männliche Rolle; zwischen Chantal und ihm knistert es ganz schön. „Eine meiner Lieblingsszenen ist die, in der Aladin und Chantal zum ersten Mal mit dem fliegenden Teppich abheben“, wird Mido Kotaini in den Unterlagen für Medien zitiert. „Bei den ersten Takes hatte ich das Gefühl, dass wir wirklich fliegen. Wir waren im Studio fünf oder sechs Meter hoch und spürten die Kraft der Windmaschinen. Ich glaube, ich habe noch nie eine coolere Szene gedreht.“

Chantal fliegt übrigens noch einmal – ganz wild auf einem Drachen, den sie zuvor besiegt hat!

Klischees brechen

„Mir war es wichtig, dass wir mit Gender-Klischees brechen, dass wir die Märchenwelt zum Teil als reaktionär entlarven und die Frauen darin anders und neu erzählen“, sagt Bora Dagtekin im Presseheft. „Ich wollte sie zu Heldinnen machen, die sie eigentlich sein sollten und in Zukunft noch mehr sein werden. Und auch erklären, warum Prinzessinnen und andere Frauen in Grimms Welten immer nur bestimmte Themen und Haltungen bedienen dürfen.“

Und so werden auch Hexen – namentlich Sansara (Nora Tschirner) aus ihrem bösen Klischee befreit und zu dem was sie in Wirklichkeit waren: Weise Frauen und im Märchen „Grete und Hänsel“ sozusagen Pflegemutter für die von ihren Eltern im Wald ausgesetzten Geschwister.
Nora Tschirner schwärmt – im Presseheft – „auch von den Kostümen, wenn auch mit einer leichten Einschränkung: Wir trugen Korsagen. Es ist ein bisschen traurig, dass es der Feminismus ausgerechnet in die Kostümabteilung nicht geschafft hat.“

Märchenhaft

„Die Kulissen in diesem Film sind märchenhaft“, sagt Jella Haase (auch in der Medien-Unterlage). „Man wird direkt in eine andere Welt katapultiert. Wenn man in so einem Setting steht und solche Kostüme trägt, muss man gar nicht mehr viel machen. Ich wünsche mir, dass bei diesem Projekt die Leistung aller Gewerke gewürdigt wird: Kostümbild, Szenenbild, Drehbuch, Regie und schauspielerische Leistungen – das alles ist zum Niederknien. Da merkt man wieder, was alles nötig ist, um einen Film zu drehen und eine Geschichte zu erzählen. Das ist eine tolle Teamleistung von ganz vielen klugen und liebenswerten Menschen.“

PS: Der Plot-Twist am Ende sei nicht verraten, dafür aber ein Hinweis: Es zahlt sich aus, den Abspann ganz zu verfolgen: Neben der Liste der Mitwirkenden tauchen Hoppalas auf – Dutzende Bilder und Szenen auf, die es nicht in den Film geschafft haben.

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Still (Standfoto) aus dem Animationsfilm "Sowas von super!"

Hedvig, die Computerspielmeisterin als Anti-Heldin

Du kannst ja gar nix. Das wird der 11-jährigen Hedvig ständig um die Ohren geschmissen. Von der Lehrerin, von ihrem ach so supertollen gleichaltrigen Cousin Adrian. Der kann so ziemlich alles – Geige, Klavier, sportlich top und sonst noch der Ober-Checker. Hedvig ist allerdings auf einem Sektor wirklich gut: Computerspiele – das Schwein auf dem Skateboard lenkt sie meisterinnenhaft durch jeden abenteuerlichen Parcours. Mit ihrer großen Brille ist von den digitalen Zeichner:innen (Chracter-Design: Carter Goodrich) auch irgendwie klassisch nerdig ins Bild gesetzt.

Still (Standfoto) aus dem Animationsfilm
Still (Standfoto) aus dem Animationsfilm „Sowas von super!“

Sie soll aber Nachfolgerin ihres Vaters werden. Der ist – in x-ter Generation – Superlöwe. Droht irgendwo Gefahr – ob ein Kinderwagen, der über die Stufen rattert oder ein Felsblock, der auf die Stadt zu kippen droht oder was auch immer, Leif schlüpft in sein Löwen-Kostüm, entwickelt Superkräfte, Retter und Superheld (Drehbuch: Kamilla Krogsveen,  Regie: Rasmus A. Sivertsen).

Still (Standfoto) aus dem Animationsfilm
Still (Standfoto) aus dem Animationsfilm „Sowas von super!“

Superlöwe oder -löwin – Hedvigs Oma und Uroma hatten schon diese Rolle – muss aber immer geheim bleiben. Daran scheiterte die Großmutter, weshalb deren Sohn schon als 13-Jähriger ins Superhelden-Camp in Tibet musste, um früh diese Aufgaben übernehmen zu können. Hedvig kann sich diese Rolle kaum für sich vorstellen – auch wenn sie den Spruch ihrer verstorbenen Mutter im Ohr hat, es werde schon der richtige Zeitpunkt kommen. Der ist übrigens früher da als erwartet / erhofft / befürchtet – noch dazu durch ein Missgeschick – zu viele Details aus dem Animationsfilm „Sowas von super!“, der seit Kurzem in österreichischen Kinos läuft, seien hier nicht verraten.

Still (Standfoto) aus dem Animationsfilm
Still (Standfoto) aus dem Animationsfilm „Sowas von super!“

Nur noch zwei zentrale Elemente aus dem Film seinen vorweggenommen: Der Anzug kann nicht neue Fähigkeiten verschaffen, sondern „nur“ vorhandene Stärken ins Unermessliche steigern; allerdings werden auch eigene Fehler und Schwächen größer und größer.

Still (Standfoto) aus dem Animationsfilm
Still (Standfoto) aus dem Animationsfilm „Sowas von super!“

Und: In einer Episode wird Hedvig tatsächlich mit Hilfe des Anzugs zur Lebensretterin. Ihre wahre Heldinnentat vollbringt sie aber ohne dieses Hilfsmittel – und verbreitet am Ende eine ganz andere Botschaft: Die wahre Superkraft ist, du selbst zu sein – und das ist so was von super!

„Ich glaube, die Kernaussage des Films, also Du musst kein Superheld sein, um super zu sein! kann nicht oft genug in unserer auf Wettbewerb und Leistung ausgerichteten Gesellschaft wiederholt werden“, wird Co-Produzentein Åshild Ramborg im Presseheft zum Film zitiert.

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Plakat zum Animationsfilm
Plakat zum Animationsfilm „Sowas von super!“
Gruppenfoto der (anwesenden) Ehrenlisten-Preisträger:innen

Sehe die Welt anders – trotzdem blicken wir auf die gleiche Welt

188 Autorinnen und Autorin hatten für die jüngste, die 17., Runde des Literaturpreises „Ohrenschmaus“ Texte eingesandt. Kurze, lange, gereimte – in deutscher Schriftsprache sowie in österreichischen Dialekten. Beiträge, die von Persönlichem ausgingen, Lebensrealtitäten ver- und bearbeiten, ebenso wie ausgedachte Geschichte und Anekdoten, Wünsche, Träume, Utopien.

Markus Hering liest Leonie Schmidts mit einem der drei Hauptpreise ausgezeichneten Text
Markus Hering liest Leonie Schmidts mit einem der drei Hauptpreise ausgezeichneten Text

„So langsam: Es liegt nicht an mir“

Da beschreibt etwa die 18-jährige Leonie Schmidt, die Schriftstellerin werden will seit sie noch nicht einmal in die Schule gegangen ist, wie sie ewig lang mit Zahlen, ja sogar der Uhrzeit zu kämpfen hatte. „Jahrelang gab ich mir die Schuld, dass ich einfach zu dumm zum Wissen bin“, bis eine Freundin sie fragte, ob sie „Dyskalkulie“ habe. Vereinfacht gesagt ist das sozusagen das schon lange bekannte Phänomen Legasthenie (Lese- und Schreibschwäche) eben für Mathematik. Erst da dämmert ihr: „Doch so langsam verarbeite ich, es liegt weder an mir noch an sonst wem.“

Wobei der letzte Teil ist durchaus zu hinterfragen. In Einrichtungen wie Schulen hätte das einer Pädagogin/ einem Pädagogen vielleicht auch früher auffallen können – und damit der jungen Autorin viel Leid erspart.

Schmidts Text beeindruckte die Jury – zum Großteil aus bekannten Autor:innen wie Vea Kaiser, Heinz Janisch und heuer neu Arno Geiger – dermaßen, dass der 18-Jährigen einer der drei Hauptpreise verliehen worden ist. Was mit jeweils 1000 € und – heuer neu – einem Laptop belohnt wurde.

Markus Hering liest aus Fatih Durans Text
Markus Hering liest aus Fatih Durans Text

Lebensgeschichte als Lebenshilfe

Fatih Duran, ebenfalls Hauptpreisträger, beschreibt eindringlich seine wechselvolle Lebensgeschichte mit Drogen und fast Abrutschen in Kriminalität sowie dem Kampf aus diesem Schlamassel – als Warnung vor allem für Jugendliche – wie er am Beginn und am Ende seines langen Textes schreibt.

Würdigung für Hauptpreisträger Wolfgang Prochazkas Text - überbracht von Heinz Janisch
Würdigung für Hauptpreisträger Wolfgang Prochazkas Text – überbracht von Heinz Janisch

Heftiges Gedicht

Dritter im Bunde der Hauptpreise in diesem Jahr ist Wolfgang Prochazka. 13 Zeilen in Mundart vom Tanz bis zu einem Faustschlag – heftigst.

Aus allen ausgezeichneten Texten lasen die Schauspieler:innen Chris Pichler und Markus Hering und verliehen diesen damit auch den gebührenden Stellenwert.

David Tritscher liest im Buch mit allen Preistexten
David Tritscher liest im Buch mit allen Preistexten

KiJuKU veröffentlicht Auszüge

Auszüge aus den Preistexten veröffentlicht Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… im Bereich „Einfach – Nachrichten in einfacher Sprache“. Und zwar nicht nur aus den drei Hauptpreisen sondern auch aus jenen 14 die es auf die „Ehrenliste“ geschafft; und dazu noch aus jenen vier Texten, die mit dem Abdruck auf der papierenen Schleife der zwei Sonder-Schokoladen aus der Manufaktur Zotter gewürdigt worden sind.

Aus einem der Ehrenlisten-Preisträger-Texte hat KiJuKU sich den Titel (Überschrift) für diesen Beitrag ausgeborgt, allerdings ein wenig gekürzt. Im Original heißt es in David Tritschers „Anders“: „Ich sehe die Welt anders als du, trotzdem blicken wir auf die gleiche Welt…“ Und am Ende seines kurzen, dichten Gedichts schreibt er: „Auch wenn ich ein Mensch mit Beeinträchtigungen bin, bin ich ein Mensch wie du.“

Die Bandbreite der Texte ist riesengroß – von einer fiktiven Geschichte namens Anti-KI (Benjamin Bohn über den dringenden Abnehm-Wunsch eines Mannes (!) mit dem Titel „Leicht wie eine Feder“ (Rene Glössl) bis zu Micha Zeigers Dialog mit dem Blatt Papier auf das sie schreibt.

Auch daraus Auszüge auf KiJuKU.at – unten verlinkt – und alle Texte in voller Länge gibt es in einem eigenen Buch – siehe Infobox.

Kein Mitleidsbonus, sondern…

Der bekannte (Drehbuch-)Autor Felix Mitterer, der von Anbeginn den Ehrenschutz für „Ohrenschmaus“ übernommen hat und immer auch Teil der Jury ist – die übrigens die Texte anonymisiert bekommt – meinte mehrmals: „Kein Mitleidsbonus, es ist Literatur!“

Erweiterungen

Aus dem Literaturpreis, den Franz-Joseph Huainigg, seit Jahrzehnten engagierter Kämpfer gegen Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und für deren Gelichberechtigung und Inklusion, wie viele andere Initiativen auch ins Leben gerufen hat, ist im Laufe der Jahre mehr geworden, so gründete sich 2017 „Ohrenklang“, ein inklusives Musik-Ensemble in Zusammenarbeit mit der Universität für Musik und darstellende Kunst. Dieses vertont ausgezeichnete Texte aus dem Literaturpreis.

Drei Musiker:innen von Ohrenklang – Christoph Falschlunger, Stefanie Wieser und Ronny Pfennigbauer (der die Preisverleihung oftmals moderiert hatte) – bestritten in diesem Jahr das künstlerische Rahmenprogramm der Preisverleihung in der Woche vor den Osterferien im Raiffeisen-Haus am Donaukanal.

Ferner gibt es seit dem Vorjahr Schreibwerkstätten in allen Bundesländern sowie die Literatur Bootschaft. Mit zentralen Treffen auf dem Badeschiff am Donaukanal werden literarisch schreibwillige Autor:innen – aus dem Bewerb aber auch darüber hinaus ermuntert, ermutigt, unterstützt, ihrer Leidenschaft nachzugehen, sie auszubauen… Übrigens, einer dieser Botschafter, Anton Tatzber, moderierte heuer erstmals mit der langjährigen TV-Moderatorin Dani Linzer.

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Hier geht es zu Auszügen aus allen ausgezeichneten Texten

Transperente bei der Demonstration "Demokratie verteidigen! Keine Koalition mit dem Rechtsextremismus!" am 23. März 2024 in Wien

Für Zusammenhalt – gegen Hetze

„Hoch den Zusammenhalt, nieder mit der Hetze!“ schallte es über den Wiener Heldenplatz. Samstagnachmittag strömten – trotz strömenden Regens – Tausende Demonstrant:innen aller Altersstufen hierher. Es war die zweite unter dem Motto „Demokratie verteidigen – gegen Rechtsextremismus“ innerhalb von zwei Monaten.

Transperente bei der Demonstration
Transperente bei der Demonstration „Demokratie verteidigen! Keine Koalition mit dem Rechtsextremismus!“ am 23. März 2024 in Wien

Ausgangspunkt im Jänner war das von der Plattform Correctiv aufgedeckte Geheimtreffen  bekannt gewordenen Rechtsextremer mit Konservativen als Plan massenhafter Deportierungen von Menschen aus Deutschland – sogar mit deutscher Staatsbürger:innenschaft.

Und da in diesem Jahr, in dem in vielen Ländern – und in der EU insgesamt das Parlament gewählt wird – Koaltionen mit rechtsextremistischen Kräften drohen, fanden sich für die jüngste Demonstration sogar mehr als 100 Organisationen, Vereine, Initiativen zusammen.

Transperente bei der Demonstration
Transperente bei der Demonstration „Demokratie verteidigen! Keine Koalition mit dem Rechtsextremismus!“ am 23. März 2024 in Wien

Tenor war aber nicht nur gegen, sondern vor allem eben für: Zusammenhalt, Gemeinsamkeit, Solidarität, Verteidigung der Demokratie. Was natürlich auch gegen – Hetze und Rechtsextremismus bedeutet.

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Einer der drei Hauptpreise ging an Leonie Schmidt

Meine Dyskalkulie

Was ergibt 20 Mal 30 plus 3x,
ich rechne, denke, doch ich weiß es nicht.

Unter Druck weine ich dann,
frage mich, wieso ich keine Antwort hervorbringen kann.
Jahrelang gab ich mir die Schuld, dass ich einfach zu
dumm zum Wissen bin,
dass ich einfach nur härter, länger üben muss,
um zu verstehen.
Selbst die Uhr kann ich nicht lesen,
ich starre die Uhr an wie ein seelenloses Wesen,
ein Strich da, dort,
ich verstehe es nicht, frage meine Freunde mit einem
Wort: „Wieviel“

Eines Tages dann,
ich weiß nicht mehr wann,
lediglich wieso,fragte mich eine Freundin,
„Hast Du Dyskalkulie?“,
davon hörte ich zuvor noch nie.
…Doch so langsam verarbeite ich,
es liegt weder an mir noch an sonst wem.

***** ++++

Aus der Laudatio (Würdigungsrede) von Arno Geiger

„Liebe Leonie Schmidt, Sie haben stattdessen etwas anderes bekommen. Ihr Text erzählt von der Schwierigkeit, mit einer Schwäche ins Leben geworfen zu sein, und Sie tun das auf literarisch feinsinnige, sprachlich gekonnte, eindringliche, nicht beschönigende Art. Etwas fehlt, es schmerzt und es fordert heraus.“

Zu einem Überblicksartikel über die Preisverleihung 2024 und Links zu Auszügen aus allen Texten geht es hier unten

Hauptpreisträger Fatih Duran im Interview mit Moderator Anton Tatzber

Manchmal höre ich Stimmen

Ich Herr DURAN Fatih geboren am 05.02.1985 in Wien, würde euch allen gerne über ein paar schlechte Erlebnisse über Freunde, Drogen, Disco usw. gerne mal welches ich selber erleben musste erzählen. Damit die heutige Jugend es wie eine kleine Info erhält und nicht dieselben Fehler auch macht.

Hin und Her vergingen die Jahre und wir waren Jugendliche geworden. … Wir treffen uns mit den Freunden weiterhin nach der Arbeit im Park wir hatten alle neue Sachen und Ideen im Kopf, die wir auch ausprobieren wollten wie zum Beispiel das Kiffen (Marihuana) wir legten alle unser Geld zusammen und kauften uns bei einem Kifferlokal 1 – 2 Gramm und gingen wieder in den Park und bauten uns dort ein paar Ofen um zu kiffen, es war neu für uns anfangs war es so dass wir uns über alles totlachten egal es um was es ging meine Freundin wollte mich darauf aufmerksam machen, dass dies Einstiegsdrogen sind und doch nicht so harmlos ist, aber ich wollte an das alles nicht glauben …

Es gab zwar immer wieder Streit und sie bedrohte mich mit mir Schluss zu machen usw. aber ich wollte nicht hören, dann mit der Zeit probierte ich auch noch härtere Drogen aus, wie zum Beispiel Speed … Nachdem ich bei dem Berufsschulkollegen zuhause war und uns die Drogen besorgt hatte gingen wir am Abend zu einem Freund nachhause wo wir ungestört Nasen machen … anfangs war es ein schönes Gefühl so dass ich glaubte das ich in den Wolken schwebe, dann auf einmal drehte sich alles und ich hatte auf einmal hörte ich Stimmen…

Streit, Raufereien auch in der Schnellbahn und auf der Straße die Polizei kam nahm mich mit aufs Revier und nahm meine Aussage und brachte mich dann in die Psychiatrie dort bekam ich dann eine Langzeittherapie und es wurde bei mir Schizophrenie diagnostiziert.

Ich bin derzeit viel gesünder und es geht mir auch schon viel besser ich bin auch wieder Arbeiten in einer Tagestruktur … ich möchte eigentlich, dass die heutige Jugend davon erfährt was Drogen mit einem so anrichten und die Finger davon bitte lassen.
Das war meine Geschichte.
Hochachtungsvoll
Fatih Duran

Aus der Würdigungsrede von Günter Kaindlstorfer

Fatih Durans Text besticht durch die schonungslose Aufrichtigkeit, mit der er vom Schicksal seines Protagonisten erzählt. Eine starke, drastische Geschichte, die junge Leute davor warnen möchte, in dieselben Fallen wie der Erzähler zu tappen.

Zu einem Überblicksartikel über die Preisverleihung 2024 und Links zu Auszügen aus allen Texten geht es hier unten

Einer der Hauptpreise ging an Wolfgang Prochazka

Tanzen

Tanzt hat
Du und i
Musik hat gspüt
Liab is die
boxen daher
Training gmocht
boxen daher
Aber die boxen
Er gwinnt
Verein is des
Zettel abgeben dann
boxen daher
Gsicht einihauen

Aus dem Würdigungstext von Eva Nagl-Jancak (vorgelesen von Jury-Kollegen heinz Janisch, da die Jurorin selbst verhindert war)

Ja, so kann es gehen mit den Gedichten, da denkt man noch an das Tanzvergnügen mit Musikbegleitung und schon ist man mitten drin, in dem Konflikt, in das Gefühlswirrwarr.“

Zu einem Überblicksartikel über die Preisverleihung 2024 und Links zu Auszügen aus allen Texten geht es hier unten

Bildmontage aus fünf Fotos von Junior-Companys bei der jüngsten Handelsmesse: Touch Cennect, SlimLock, Swirls, TinTop und Soft Metal

Unterschiedlichste technische Produkte – ausgedacht und produziert von Jugendlichen

Um die einzelen Teile der Berichterstattung über die 36 Junior Companies, die am letzten Winter-Wochenende (laut Kalender) in einem Wiener Einkaufszentrum bei der internationalen Handelsmesse ihre Produkte, Dienstleistungen, Erfindungen präsentierten, in erträglicher Lese-Länge zu halten, erscheinen sie „portioniert“ – vier Teile hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… bereits in den vergangenen Tagen veröffentlicht. Dies ist der fünfte – und vorletzte – „Streich“.

Visitkarte via Schlüsselanhänger übertragen

Digitale Visitkarten gibt es mittlerweile in verschiedenster Form: Apps, in denen du sie erstellst und via QR-Code, der längst von den meisten Smartphones einfach mit der Kamera gescannt werden kann, sind die eine Form. Andere funktionieren über QR-Codes auf Metallplättchen, die praktischerweise gleich auf der Rückseite des Handys angebracht werden können. Acht Schüler aus der HTL Anichstraße in Innsbruck (Tirol) – David, Thomas, Manuel, Gabriel, Masood, Fabian, Sebastian und Tobias – verkaufen mit Erfolg auch bei der Messe Schlüsselanhänger, „die wir am 3D-Drucker aus Maisstärke produzieren. Innen drin ist ein NFC-Chip.“ (Near Field Communication – wie in Handys mit denen du kontaktlos bezahlen kannst.) Diesen lassen die Jungs vor Ort am Messestand beschreiben. Du hinterlegst dann in einer App die Daten, die du weitergeben willst. Schon kannst du deine Kontakte anderen weitergeben, indem du den Schlüsselanhänger an das SmartPhone der anderen Person hältst, die deine eMail-Adresse, Telefonnummer, Social-Media-Kanäle oder was auch immer wünscht. „Touch Connect“ nannten die Innsbrucker HTL-Schüler ihre Junior Company, die aber auf der Liste der Bühnen-Präsentationen dann sozusagen mit dem Produktnamen VirtualKeyTag“ aufschien.

Kartenhalter

Noch gibt es aber diverse Karten – Kredit-, Bankomat-, Kund:innen- und vielleicht noch andere, die ein bissl sicher sein sollten. Kartenhalte – übrigens auch in Holz – fertigen Jugendliche der 2. Klasse der HTL Wolfsberg (Kärnten) in den schuleigenen Werkstätten an, erzählt Ajdin Kurbegović. Und dann führt er noch ein spezielles Goodie von „SlimLock“ an, ein Teil kann aus dem Kartenhalter herausgezogen werden, es hat einen kleinen, breiten Schlitz und verwandelt sich damit auf Wunsch in eine Handy-Halterung.

Dosen-Kappen

Eine Flasche kannst du zuschrauben oder mit einem Kronkorken halbwegs verschließen. Bei Dosen nicht – außer du hast die Erfindung der Vöcklabrucker Junior Company „Clip ’N Sip“ aus dem Vorjahr dabei – ein aufsetz- und drehbares Teil mit dem du die Öffnung zudecken kannst. Ohne davon zu wissen, haben Jugendliche aus dem Wiener TGM eine eigene Lösung für das bekannte Problem gesucht, getüftelt und gefunden: Einen trag- und wiederverwendbaren Deckel, den du über die geöffnete Dosen stülpen kannst. „Tin Top“ nannten sechs Schüler:innen ihre Entwicklung und ihre dazugehörige Junior Company, mit der sie in der Schule mit einem 3D-Drucker diese Kappen anfertigen. Sarah El-Din, Serafin Binder und Jesia-Myles Bagon schildern, dass das anfangs alles nicht so leicht war. Das Material muss doch ein bisschen dehnbar sein, damit es nach dem Aufsetzen auf die geöffnete Dose zwar raufpasst, aber dann doch dicht abschließt und immer wieder runtergenommen und raufgesetzt werden kann, es soll ja keine Einweg-Kappe sein.

Schmuck und Geduldspiele

Aus der West-Ukraine und zwar aus Ivano-Frankivsk angereist sind Jugendliche mit Schmuck und Geduldspielen aus Metall. Und weil die Gegenstände, die sie in mit ihrer Junior Company geformt, gebogen und teils ausgestanzt – Herzen in Ringe – haben, nannten sie ihr Schüler:innen-Unternehmen „Soft Metal“. Lubov Burachok, Oleh, Khrystyna Zadvorna und Oleksandr Khyliak halten einige der Schmuckstücke in die Kamera von Kinder I Jugend I Kultur I und mehr…Khrystyna Zadvorna löst für ein Video – siehe in einem der Sammelvideos, Link unten – eines der Geduldspiele.

Konfetti-Zimmerbomben mit Altpapier

Wie aus der Ukraine waren auch Junior Companies aus Zypern mehrfach vertreten. Alexis Panayis und Katerina Gerogiu aus Nikosia vertraten ihre Unternehmen „Swirl“ (Strudel). Dieses produziert Konfetti-Zimmerbomben aus Altpapier. „So können wir Papier auf eine kreative Art recyclen. Wir zerreißen die Blätter selbst und füllen damit die Kartonröhren. Wir haben verschiedene „Swirls“ im Angebot – welche nur mit weißen, andere mit bunten Konfettis.“

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Ein weiterer Bericht über die Schüler:innen-Firmen bei der kürzlich abgehaltenen internationalen Junior-Companies-Handelsmesse erscheint demnächst.

Schoko-Preisträger Martin Grätzl

Freiheit – Schokopreis I

Ich bestimme selbst.
Ich bin frei.
Schlagzeug spiele ich gerne.
Dafür brauche ich Sticks. Ich übe viel.
Manchmal trete ich auf einer Bühne auf.
Ich zeige was ich gut kann.
Ich fühle mich stolz. Sehr stolz.
Ich breite meine Arme aus
und fühle mich frei.
Ich bin frei.

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Schoko-Preisträgerin Iris Veider

Freiheit – Schokopreis II

Ich habe nicht viele Worte.
Ich habe stattdessen Gebärden.
Ich habe Bilder.
Und ich habe meine Körper-Sprache.
Das ist meine Freiheit.
Mir geht es gut,
wenn die Menschen
mich verstehen.

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Schoko-Preisträger Markus Antretter

Freiheit – Schokopreis III

Was ist Freiheit? Ich weiß es nicht.
Vielleicht ist es Freiheit,
wenn Menschen einfach nett
zueinander sind.
Wenn sich Männer einfach
küssen können.
Wenn Frauen arbeiten gehen
und die Männer daheim kochen.
Vielleicht ist das Freiheit.

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Schoko-Preisträger:innen "Die Gedankenschreiber"

Freiheit – Schokopreis IV

Ich liebe die Freiheit,
keiner schafft mir was an;
Ich muss nicht sagen
wo ich hingehe,
kann machen was ich will
mit meinem Leben.
Sich gernhaben, lachen zuwikuscheln und umarmen

Spaß haben
Selber entscheiden können was ich im Fernsehen anschaue
Kleinigkeiten?

Sich „freien“ und Freitanzen.
Glocken hören, weil sie so schön klingen und ergreifend sind. Unter freiem Himmel ein Kirchenglockenkonzert hören, das Glockenspiel am Mozartplatz.

Reisen
Unbekanntes Suchen
Im Wald wohnen
Wandern auf einen Berg
Weitblick
… Dorthin Reisen – wo man mag. Wegfahren, Dinge anschauen und die gemachten Fotos danach anschauen.

Klettern kann man auch an der Sprossenwand und im Klettergarten und in der Kletterhalle. Über alle Hindernisse drüber klettern, da kann uns keiner aufhalten. Mut und Kraft und Stärke muss man haben, ausprobieren und versuchen. Keine Angst, weil angeseilt.

Pyramiden in Ägypten sind sehr schön. Drinnen sind ein Grab und der Pharao mit Diamanten und eine Mumie. Das ist ein Mensch in Kloopapier eingewickelt.

Wenn jemand einen Brief schreibt, auf einer einsamen Insel, wo er ist – dann schickt er eine Flaschenpost, jemand findet die Flasche, liest den Brief und befreit ihn.

Ich genieße das Wasser, lege mich auf den Rücken, ah, an nichts mehr denken, mit der Ruhe sein. Tauchen, keine Angst haben, schauen, was unter Wasser ist. Im Meer sieht man schöne Dinge: Fische, Korallen, Krebse, Steine und Muscheln und vieles andere meer. Im Schwimmbad sieht man nur Beine.

Wir fahren zur Partybude – dort ist die Bude los. … Wir tanzen auf der Luftmatratze übers Meer, dabei können wir gut flirten.
Zum Schluss fallen alle ins Wasser und schwimmen ins Himmelbett.
Sich freidenken, fliegen. Papierflieger in den blauen Himmel schicken.
Mit dem Luftballon Wünsche in den Himmel steigen lassen.
Die Träume werden wahr.

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David Tritscher liest im Buch mit allen Preistexten

Anders

Ich kann das Leben spüren, genauso wie du.
Du kannst das Leben fühlen, genauso wie ich.
Ich sehe die Welt anders als du, trotzdem blicken wir auf
die gleiche Welt.
Ich spreche anders als du, du sagst etwas anderes als
ich, wir reden nicht vom selben, trotzdem sprechen wir
die gleiche Sprache.
Auch wenn ich ein Mensch mit Beeinträchtigungen bin,
bin ich ein Mensch wie du.

Ehrenlistenpreis für David Tritscher (Anmerkung: Tippfehler im Insert ausgebessert)
Ehrenlistenpreis für David Tritscher (Anmerkung: Tippfehler im Insert ausgebessert)

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Ehrenlistenpreis für Rene Glössl

Leicht wie eine Feder(Selbstgespräch zum Thema Gewichtsreduktion)

Es ist ein schöner Traum, leicht wie eine Feder zu sein.
Aber das zu erreichen ist schwierig.
Andererseits denke ich, das geht schon,
wenn ich anfange …

Ich probiere es … Schauen wir, ob ich es schaffe.
Dann wird nicht mehr viel von mir da sein …
Ganz dünn werde ich, aber das macht ja nichts…
Ich will auf meine Gesundheit schauen …
und glücklich sein.

Leicht wie eine Feder … klingt gut.
Aber vielleicht reichen ja schon ein paar Kilo …
Wenn ich alles Schädliche weglasse,
dann bin ich glücklich und zufrieden.
Dann werde ich leicht wie eine Feder…
Ich fange jetzt an mit dem Abnehmen …

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Ehrenlistenpreis für Iris Mackinger

Gefühls-Chaos

Ich bin einfach müde man,
bin traurig,
bisschen wütend
und so verwirrt
dass ich nicht klar denken kann.
Sag mal ehrlich fühlt sich so die Jugend an?

Immer lost,
weil man nichts weiß
von dem ganzen gottverdammten Scheiß
und einfach sauer
weil du das Gefühl hast,
du willst losfahren mit dem nächsten Zug
in Richtung Leichtigkeit
aber du stehst immer am falschen Gleis.
Klar gibt es eine andere Seite
bin auch einfach glücklich
weil ich am Leben bin
und leben
lieben
weinen
fluchen
und knutschen kann.
Verwirrend aber vielleicht
fühlt sich so die Jugend an
und irgendwann
weiß ich dann
wer ich bin
und das ganze Gefühls-Chaos
ergibt in ein paar Jahren
einfach Sinn…

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Teils artistische Präsentation von "Romula"

Ein altes Spiel, uralte Bilder und andere Produkte auf neu gemacht

In den vergangenen Tagen hat Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… bereits über fast 30 Produkte bzw. Erfindungen und Entwicklungen von Jugendlichen mit ihren Junior Companies aus mehreren Ländern berichtet, die ihre Projekte bei der internationalen Handelsmesse in einem bekannten Wiener Einkaufszentrum präsentiert und verkauft haben. Hier nun die noch nicht vorgestellten Schüler:innen-Unternehmen:

Rundes Spiel

Ein rundes Spielfeld, ebensolche Spielsteine – und so schlug Samantha Baranyai passend dazu bei der Bühnenpräsentation von „Romula“ gleich ein Rad. Das römische Mühlespiel ist die oder eine Vorform des bei uns bekannten Mühlespiels auf dem Schachbrett. „Wir haben aus Reststoffen dies runden Spielfelder genäht, die Spielsteine sind Korkscheiben. Und das Spielfeld selber lässt sich zusammenziehen und ist damit gleich das Sackerl für die Steine“, erzählt die genannte Artistin am Messestand ihrer Junior Company aus dem Wiener TGM gemeinsam mit Kevin Sindelek, später kommt noch Geschäftsführer Manuel Glück zum Stand – „und der muss unbedingt auch aufs Foto“, überredet Baranyai den Reporter zusätzliche Fotos zu machen.

Peeling mal zwei

„Göttliche Haut“ wollen Marvin Lerner und Jordis Perner – mit ihren 15 Kolleg:innen aus der HLW Neumarkt am Wallersee (Salzburg) mit ihren Hautpflegeprodukten verschaffen. In ihrer Junior Company, also dem für ein Schuljahr gegründeten Unternehmen namens „Divine Skin“ stellen sie Zucker- bzw. Salz-Peelings her. Die grobkörnigen Gemische „reiben alte Hautschuppen ab und nach dem Waschen oder Duschen wird die Haut glatter“, versprechen sie. Zumindest Duft verbreiten die Mischungen in Zitrone, Kirsch und anderen Sorten.

Luftige Gurkenschwämme

Peeling-Produkte bietet auch die Junior Company „Luffa“ aus Hradec Králové (Tschechische Republik) an. Matěj, Tereza und Yen Nhi vertraten bei der internationalen Handelsmesse in Wien (letztes kalendarisches Winter-Wochenende 2024) in einem großen Einkaufszentrum ihre zwölf zu Hause gebliebenen Kolleg:innen. „Wir haben vor allem Waschlappen und Bürsten aus Naturmaterialien und Naturseife im Angebot. Und die sind aus sogenannten Schwammgurken, die auch Luffa genannt werden.“ Naheliegend also, dass sie ihr temporäres Schüler:innen-Unternehmen auch so nannten.

Bilder von (Urur-)Omas gestickt

Während einige aus dem Team von „Etno Pictures“ die gestickten Bilder in ihren Rahmen auf der Bühne vor der Jury „pitchen“, halten Kolleg:innen einen ukrainische Flagge in die Höhe, andere versuchen Anregungen zu geben – etwa das Mikrophon höher und näher zum Mund halten. Anerkennung und Jubel war diesen jungen Unternehmer:innen aus dem westukrainischen Chernivtsi ohnehin gewiss – wie ihren Kolleg:innen aus zwei weiteren Junior Companies, die aus dem kriegsgebeutelten Land angereist waren („Svitochary“ kam schon in einem vorigen Beitrag vor – Links unten am Ende dieses Artikels).

„Wir haben diese Bilder von unseren Omas gesammelt, dafür Bilderrahmen gesucht und verkaufen sie nun“, beginnt Alina zu erklären. „Manche sind schon mehr als 100 Jahre alt, weil die eine oder andere Oma schon ein gesticktes, buntes Bild wieder von ihrer Großmutter hatte“, ergänzt Hlib. „Eines ist sogar 140 Jahre“, so Erika. „Nur eines ist viel jünger, das hat unsere Lehrerin selber gemacht“, verrät Krystyna. „Da war ich ungefähr sieben Jahre“, sagt diese Lehrerin namens Nataliia verschmitzt und gesellt sich als Schöpferin ihres Sonnenblumenbilder auf Wunsch von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… zum Gruppenfoto mit den Mitarbeiter:innen dieser Junior Company.

(Neu) bedrucktes Gewand

Im Gegensatz zu ihrem Firmennamen „Stitches“ nähen die Jugendlichen aus der HTL Spengergasse in ihrer Junior-Company die T-Shirts nicht, „wir bedrucken Textilien – entweder mit fertigen Designs oder nach Wunsch der Kundinnen und Kunden“, berichten Jasmin Elibrahim und Amelie Roggenbauer. Alte Klamotten können so wieder wie neu ausschauen.

„Um den eigenen Stand noch aktuell anzureichern, haben wir auch Kerzen nru für die Messe produziert“, ergänzt Herbert Kindler.

Gipsova

Sofiia Heleshko und Anastasia Bryn verweisen auf eine ansehnliche Palette unterschiedlichster Schalen, Tassen, Fläschchen, Becher, Vasen und anderer nützlicher Dinge – kusntvoll und bunt verziert, die sei mit ihrer Junior Company „Gipsova Manufactura“ in Lwiw (Westukraine) hergestellt haben. „Insgesamt arbeiten wir zu fünft. Und weil wir bei einem Wettbewerb gewonnen haben, können wir unsere Produkte heute hier in Wien zeigen und verkaufen. Im April haben wir in unserer Heimatstat eine Ausstellung und dafür werden wir noch neue Formen produzieren“, vertrauen sie Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… an.

Recycling-Kerzen…

… produzier(t)en vier Jugendliche der Evangelischen Mittelschule EMS Schiers (Schweiz, Kanton Graubünden) für ihr Schüler:innen-Unternehmen „Candeila“. „Wir verwenden altes Wachs und fügen neue Düfte hinzu, zum Beispiel Zitronenminze“, erklärt Thomas Mir lächelnd.

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Ehrenlistenpreis für Larissa Chelsea Slaby

Hört zu


Mein Leben steht still. Ich bin chronisch und psychisch krank. Eine Kombi, die viel abverlangt und leider nicht allzu selten ist. Es ist kein Wunder, dass so eine Kombi oft auftritt in unserer Gesellschaft und vor allem in unserem Gesundheitssystem und Schulsystem. Ich selber musste aufgrund meiner Krankheiten die Schule abbrechen und konnte keine Ausbildung mehr machen. Nun steht mein Leben still. …

Psychisch krank zu sein ist schon ein dauerhafter Kampf gegen sich selber. Ich musste oft gegen andere Personen, wie Ärzte / innen kämpfen, aber der Kampf gegen mich selber ist der Endkampf. Nichts ist schwieriger. Nichts hat mir mehr Kraft geraubt. Selbst wenn man Fortschritte macht, kommen immer wieder Rückfälle und wenn das so ist, wieso sollte man wieder kämpfen. Man muss immer etwas oder jemanden finden für den es sich lohnt zu kämpfen?
… Egal was man macht, immer kommen Gedanken auf, die einen von innen auffressen. Und das schlimme daran ist, dass psychisch kranke Personen die besten Schauspieler/innen sind. Gerade mal Personen, die mich sehr gut kennen, erkennen auch nur manchmal, wie es mir wirklich geht, denn mein Lächeln ist verdammt gut trainiert. Es ist nicht so, dass ich keinem zeigen will, wie es mir wirklich geht. Nein, ich mache es schon aus Gewohnheit. Ich kann nicht anders.

Das Schlimmste an meiner psychischen Erkrankung ist, dass ich vieles mache, was ich im Nachhinein bereue.

Viele haben immer Mitleid mit mir wegen dem Rollstuhl und denken, dass meine psychischen Erkrankungen durch den Rollstuhl kommen, aber nein. Der Rollstuhl heißt für mich Freiheit. Vor allem da er elektronisch ist, komm ich viel leichter selbstständig wo hin und bin nicht durchgehend auf andere Personen angewiesen.
Klar, ich kann nicht überall hin, wo ich hin möchte, aber im Großen und Ganzen ist der Rollstuhl eine Erleichterung.

Medical gaslighting passiert und ist besonders schlimm. Das heißt, dass Ärzte/innen einen nicht ernst nehmen und alles klein spielen. Ich selber habe es schon oft erlebt und ein Erlebnis war sogar so schlimm, dass ich retraumatisiert wurde und psychisch sehr instabil wurde.
… Man fühlt sich nicht mehr gehört und verliert auch an sich selber den Glauben.

Wegen all den Gründen will ich drauf aufmerksam machen, dass bitte alle, die im Gesundheitswesen arbeiten, besser aufpassen was sie sagen und tun. Weiteres will ich auf psychische Erkrankungen, besonders in der Kombi mit physischen Erkrankungen, aufmerksam machen und zeigen, dass beides wichtig ist und oft einhergeht. Beides gehört ernst genommen und wahr genommen.

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Ehrenlistenpreis für Julian Messner

Freiheit?!?

Die Freiheit, von der ich lange geträumt habe, wird es für mich nie geben. Ich habe Trisomie 21 oder das Down-Syndrom. Das ist keine Krankheit, das lässt sich nicht heilen, das geht nicht weg, die Behinderung ist da, ob ich will oder nicht. Das habe ich nach und nach eingesehen und akzeptiert.

Die Vorstellung von Freiheit ändert sich mit der Zeit. Mit fünfzehn, sechzehn Jahren habe ich geglaubt, von daheim ausziehen bedeutet Freiheit. Mit Einwilligung meiner Mutter habe ich mich in die Warteliste des Wohnheimes eintragen lassen und habe gewartet. Was bin ich doch froh, dass nicht schnell ein Platz frei geworden ist, denn ich habe bald gemerkt, ich kann wohl nirgends freier leben als daheim. …

Meinen Arbeitsplatz habe ich selber gewählt, nach einem Probeschnuppern habe ich mich für das Integrierte Kunstatelier entschieden. Aus dem Kunstatelier ist 2011 die Kunstwerkstatt der Lebenshilfe geworden. Dieser Arbeitsplatz ist genau richtig für mich, ich habe diese Wahl nie bereut. Freiheit?
Ja! Dennoch gibt es einen Wermutstropfen. Ich muss dafür zahlen, dass ich dort arbeiten darf, und zwar doppelt so viel wie ich verdiene. Zudem muss ich auch noch an Arbeitstagen 10 € für das Mittagessen in der Mensa zahlen. Wenn ich nicht eine bescheidene Hinterbliebenenrente von meinem verstorbenen Vater bekäme, könnte ich mir die Arbeit in der Kunstwerkstatt nicht leisten. Dabei arbeite ich so gerne und male schöne Bilder. …

Die wichtigste Freiheit ist für mich die Gedankenfreiheit. Die nehme ich mir, ich lasse mir von niemanden vorschreiben, was und wie ich denke.

gedanken tanzen durch meinen kopf
blubbern aus meinem mund
formen sich zu einem gedicht
zu einem text
ich darf zeichnen
darf malen
darf theater spielen
kann singen und trommeln
werde gut versorgt
fühle mich umsorgt
werde geliebt
darf lieben
das ist meine FREIHEIT
Ich bin glücklich und zufrieden mit meinen Freiheiten.

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Ehrenlistenpreis für Ruth Oberhuber

Freiheit tut nicht weh

Wenn meine innere bequeme Königin den Thronsessel verlassen kann, wird sie freier sein, um ihr Leben zu regieren.
Freiheit ist nicht planbar. Zwänge engen einen ein. Die Freiheit kennt keine Zwänge und Enge. Sie ist da.
Meine Freiheit ist mein Zimmerspiegel, weil er für mich eine andere Lebenstüre bereithält. Ich kann jederzeit hineinschauen, ohne dass ich Angst vor mir habe. Er vergrößert den Menschen, der in mir steckt.
Seelenfreiheit

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Ehrenlistenpreis für Klaudia Kandolf

Der Kaffee ist fertig

Schon die Farbe eines Kaffees kann gute Laune und Lebenslust auslösen, sofern man leidenschaftlicher Kaffeetrinker ist. Wenn man den Kaffee lieber ohne Milch genießt, kann die schimmernd schwarze Farbe Wohlgefühle bewirken. Mit einem Schuss Milch, wie ich ihn trinke, und das dadurch gewordene goldgelbe Braun ebenso. Wenn in der Tageswerkstätte in meiner Gruppe am Morgen das Lied „der Kaffee ist fertig” von Peter Cornelius gespielt wird, so habe ich das überwältigende Gefühl, nichts kann mich stoppen oder aufhalten. Mit dem Morgenkaffee scheint für mich alles machbar. Dazu kommt der Geruch, meine Vorfreude steigt ins Unermessliche.

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Ehrenlistenpreis für Alois Schörghuber

Die Büda in mein Kopf


Fria’a hob i´Ois gseng. Auf amoi is’ immer finstara woa’n.
Heit bin i’ blind. Owa a blind konn i’ die Wöd seng.
Die Woikn om Himmel. Die san’ sche. Wenn d’ Sunn
gscheint hot’ und da Himmel woa blau. Wenn die Bam
ogfonga hob’m zum bliahn und ois grea woan is’. Des
woaß i’ no heit.

I’ konn nix seng, owa i’ hea Ois. Die Gansln, wenns schnattern.
Den Hund wenn a böd. Des Pferdl wanns wiehad.
Donn siag i’ wieda. Die Büda vo’ domois in mein Kopf.
I’ konn Olle am Geruch erkenna, wenn Jemand vorbeigeht.
I’ hea on die Schritt, wer on mia vorbeigeht.
A jeda Mensch hot an ondan Schritt, an ondan Takt beim Gehn.
A jeder Mensch geht ondas. So siag und erkenn i’ die Menschen.

Meine Eltern san oid woan. Des hea’ i’ an ihre Stimmen.
Owa in den Büdan in mein Kopf sans no jung wie domois,
ois i’ no gseng hob’. Die Hoffnung is’ imma do, dass i’ sie
irgendwonn wieda siag. Und i’ tram davo sie wieda zu
seng. I’ warat so neigierig wias heit ausseng.

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Ehrenlistenpreis für Laurin Schnedereit

Erinnerungen an die Corona-Zeit

Der Corona Virus ist im ganzen Land. Alles zu, alles zu, kommt niemand mehr weiter. Alle Bänke, alle Parks, alle Straßen, die Schulen alles ist zu, niemand traut sich auf die Strass. Keine Autos, keine Menschen.
Die ganze Zeitung ist voll.
Wunder? Naja, Wunder gibt es überall, aber über Corona doch nicht.
Alles ist verrückt. Alles ist stillgelegt. Keine Busse, keine Umarmungen, keine Kinos, keine Pizza, na dann? Was machen wir dann?
Und wenn man niest? Wie geht das noch mal?
In den Ellenbogen niesen!!!!!! Ales dreht sich nur um CORONA. Ist das den auszuhalten! Man macht, was man kann! Über Corona wissen wir alles, aber?
Wissen wir wirklich alles? Nein! Das gibt es nicht.

Was macht mir Angst? CORONA? oder die Angst! ich weiß es nicht. Ist es das Gefühl? Es ist irgendwie verzaubert.
Wir alle haben Gefühle groß und klein es ist ein Wunder. Bleib ruhig und entspannt. CORONA CORONA du bist zu wild und aufgeregt. Die Angst, die Angst, die Angst macht dich so krank. Tag und Nacht all die Sorgen, all der Mut. …

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Ehrenlistenpreis für Clemens Enzenberg

Wanderlust

Wandern ist des Müllers Lust.
Ich gehe auch gerne wandern.
Beim Wandern geht’s mir gut.
Besser.
Bestens.

Möchte weiter wandern.
Ein anderes Mal.
Ende – Gelände!

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Ehrenlistenpreis für Kurt Engleder

Reise mit Mama

Urlaubsreise – ins Hotel.
Schlafzimmer – mit zwei Betten, Kasten – mit Fernseher drinnen. Aber ich habe keine Zeit für einen Film, ich muss in der Küche helfen, obwohl ich im Urlaub bin.
Frech.
Ein bisschen unfair.
Wenn Sonja und Klara das alles machen würden, dann kann ich fernsehen schauen…
Dann habe ich frei.
Freiheit.
Das fordere ich:
Freiheit für Kurt.

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Ehrenlistenpreis für Micha Zeiger

Ob du wohl eine leere Seite bleibst?

„Was soll diese Frage? Es ist doch zu erkennen, dass ich keine leere Seite bin, oder?“
„Ich wird“ ja wohl fragen dürfen, oder?”
„Ich habe ja auch nicht gefragt, ob du nicht fragen darfst.“
„Stimmt…“

„Wir unterhalten uns nun darüber und die Seite wird immer voller – strengt dich das an, zu schreiben?“
„Ich weiß nicht genau, irgendwann gehen mir wohl die Ideen aus.“
„Aber ich als Seite werde voll?“
„Sieht gerade wohl so aus, du Scherzkeks. :)“

„Nun ist es gut, ich bin müde und die Ideen gehen mir tatsächlich aus. Aber gut, du bist ja auch wirklich voll geworden.“

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Ehrenlistenpreis für Gregor Haller

Liebeserlebnis und verknallt sein

… Mein schönstes Erlebnis in puncto Verknallt sein hatte ich vor vier Jahren. Ich ging in Graz durch ein kleines Gässchen spazieren. Da ging ich an einer Wirtin vorbei. Sie sang während des Arbeitens und räumte die Tische ab. Und dann wurde ich Stammgast. …

Manchmal sang sie auch ganz tief zur Musik dazu. Und dazu gab es manchmal auch Live-Konzerte. Auch machte die Wirtin die an diesen Abenden gut gelaunt war, mich noch um eine Spur verliebter. Ich fing diese Wirtin an in Kreativitätsmodulen zu zeichnen. Es war eine schöne Zeit für mich, aber sie verging sehr schnell. Die Wirtin verkaufte ihr Lokal an eine andere Wirtin und ward nie mehr gesehen. Aber noch heute zeichne ich sie. Und in meinen Geschichten kommt sie auch vor.

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Kinder und "Omas gegen Rechts" brachten am Platz der Menschenrechte Forderungen zu Gehör und Gesicht

„Hallo? Hallo! Hört uns jemand?“

Kinder kommen mit bunten Zetteln auf Hoodies und Hosen mit Schriftzügen, manche tragen Megaphone, andere Stoffbanner. Diese entrollen sie auf dem Platz der Menschenrechte vor dem Wiener MuseumsQuartier. Ein Pulk älterer Frauen mit bunten selbst gestrickten Hauben kommt die Mariahilfer Straße runter, spannt weiße Schirme auf – Omas gegen rechts ist dort größer noch zu lesen als auf vielen ihrer Sticker, die sie an Kleidungsstücken tragen.

Kinder und
Kinder aus den Theaterwerkstätten mit den Forderungen auf drei großen Transparenten

Neben der Losung, die hier als Überschrift verwendet wurde und die auf einem Lila-farbenen Transparent zu lesen war, entrollten die Kinder auf einem grünen Stoff den Schriftzug „Das Meer hat keine Stimme. Wer vertritt das Meer?“. Ein orange-farbiges Bann ziert die Frage „Können Bienen im Parlament abstimmen?“
Kinder, Jugendliche und die „Omas“ nutzen den Welttag des Theaters für junges Publikum (20. März) um einige ihrer Anliegen zu Gehör zu bringen – mehr dazu zu hören und zu sehen im verlinkten Video.

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Mehr am 23. März, noch mehr Anfang Juni

Bei der Gelegenheit wurde auch darauf hingewiesen, dass mehr davon am Samstag (23. März 2024) im Kasino am Schwarzenbergplatz zu sehen, hören und erleben ist.
Kinder und Jugendlichen erarbeite(t)en ihre Visionen, Forderungen und Kritikpunkte in Workshops im Dschungel Wien, der hier in dieser Ecke des MuseumsQuartiers residiert, in Zusammenarbeit mit dem Burgtheater Studio. Und sie werden die nächsten Wochen und Monate noch weiter daran arbeiten und theatrale Performances im Juni hier beim Festival der Theater-Werkstätten (ab 8. Juni 2024) zeigen.

Am besagten 23. März 2024 ist außerdem ein Theaterprojekt von Ukrainer:innen und Österreicher:innen – „Menschen in Wien“ zu sehen – Details zum Programm unten in der Info-Box.

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Ehrenlistenpreis für Benjamin Bohn

Die Anti-KI

In Köln lebt ein Mädchen namens Lina und sie ist sehr intelligent. Schon im Kindergartenalter hat sie Dinge gewusst die andere in ihrem Alter nicht wissen. Zum Beispiel hat sie sich mit vier Jahren schon ziemlich gut mit Politik ausgekannt und hat auch gewusst was alles im Fanta drinnen steckt und konnte auch schon lesen. In der Schule, hat sie in der ersten Klasse auch schreiben innerhalb von drei Monaten gelernt. Ab der zweiten Klasse war sie in Mathe die Klassenbeste, Lina hat da definitiv schon Rechnungen wie 2643 x 8 gekonnt.

Doch mit 14 Jahren bekommt Lina Lungenkrebs und ihr droht der Tod… Linas Onkel kommt auch ins Krankenhaus und erfährt das Lina tot ist. Er schaut in ihr Tagebuch und sieht was sie am Tag davor geschrieben hat. Danach sagt er Linas Eltern: „Gut, dass ihr Gehirn nicht erkrankt ist. Ich habe eine Idee wie ich dieses Intelligente Mädchen wieder zum Leben erwecken kann, es wäre auch schade, wenn sie tot bleiben müsste, es war allerdings auch ihr Wunsch, dass aus ihr was wird.“
Linas Onkel, der Professor Elias Hagel heißt, ist ein verrückter Wissenschaftler und hat eine gute Idee wie er seine Nichte wieder zum Leben erweckt. Jeder kennt ChatGPT, das Künstlich Intelligente Chatprogramm und Prof. Hagel will aus Lina so ein Chatprogramm machen. Linas Intelligenz ist fast größer als die von ChatGPT und sie kann 10 Sprachen… Er veröffentlicht das Chatprogramm und ist froh, dass aus Lina doch was werden konnte. Chat.Lina bekommt innerhalb von sechs Monaten 10 Millionen Nutzer in Deutschland. Sobald es sieben Monate alt ist wird das Chatprogramm weltweit veröffentlicht.

Oft fragen Lina die Leute: „Was bist du?” Darauf antwortet sie: „Ich bin ein Anti-KI-Model, genauer gesagt ich bin ein totes Mädchen das heute ein Chatprogramm ist.“ …

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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Elsa büxt aus"

Noch eine Kuh, die vor dem Schlachthof flüchtete und in einem Bilderbuch landete

Schon zwei Jahre bevor 2018 (Februar) die Nachricht von einer rothaarigen Kuh (Rasse Limousin), die in Polen nahe der tschechischen Grenze beim Transport zum Schlachthof abhaute und es damit in viele (inter-)nationale Medien schaffte, gelang einer anderen Kuh ähnliches in Deutschland (2016). Die Geschichte der polnischen Kuh hatte Paloma Schreiber zum teils fiktiven Bilderbuch „Mulya die Kuh“ veranlasst (erschienen im Achse Verlag; Link zur Buchbesprechung im Februar 2021 noch im Kinder-KURIER unten am Ende dieses Beitrages).

Elsa gibt es wirklich

Die deutsche Kuh namens Elsa landete nach ihrer Flucht zunächst in einem Wald und später auf dem Gnadenschutzhof Sol Luna, da es dort aber keine Rinder gab, wurde sie von dort in den „Begegnungs- und Gnadenhof Dorf Sentana“ (Bielefeld) gebracht. Und wie viele andere Tieren, die hier ihr letzten Zuhause fanden und finden, wurde sie zum Star eines eigenen Bilderbuches. Mit Ausnahme des Giraffen-Buches – Besprechung unten am Ende verlinkt – leb(t)en die anderen alle wirklich auf dieser tierischen „Senior:innen“- oder Rettungs-Residenz.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Elsa büxt aus“

Natürlich fiel/fällt den jeweiligen Autor:innen und Illustrator:innen auch so manch Ausgedachtes zur Vorgeschichte ein. „Elsa büxt aus – Eine ziemlich wahre Geschichte“ hatte ja nur die verbürgten Fixpunkte: Ausgerissen vor dem Schlachthof, irgendwo im nahegelegenen Wald Unterschlupf gefunden und schließlich die beiden Gnadenhöfe.

Ausgedachte Tier-Begegnungen

Christiane Wittenburg (Text) und Linda Mieleck (Zeichnungen) ließen sich verschiedenen Begegnungen mit Waldbewohner:innen einfallen, die sie auch personalisierten – Eichhörnchen Mümmel, Fuchs Friederich, Wildschwein Buddel, Hirschkuh Bernadett, Dachsfamilie Berry, Bailey, Beny, Bobby und Betsy, Hase Helmut… Wie diese auf die Fremde, die „Waldkuh“ reagieren und ihr aber dennoch helfen, zu überleben, das schildern die beiden Künstlerinnen in wortreichen Geschichten und dazu passenden Zeichnungen. Und letztlich auch den Weg ins Dorf Sentana – auch Geburtsort des Verlages Calme Mara.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Elsa büxt aus“

Vegane Bücher

Auf die Frage von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… nach der Herkunft des Verlagsnamens, lüftete die Mediensprecherin das „Geheimnis“: „CalmeMara ist ein „geheimer“ Ort am Meer, den es tatsächlich gibt. Unser Verleger Ralph Anstoetz hat dort viele schöne (Vor)Lesestunden verbracht und ist dort auf die Idee gekommen, den Verlag zu gründen.“
Und wenn schon das Gnadendorf Tierleben schützt, so legt der Verlag – das steht in jedem der Bücher – Wert auf Tier- und Umweltschutz, stellt die Bücher möglichst regional (in Deutschland) her und vegan. „Vegan? Was ist an Büchern tierisch – außer mögliche Inhalte?“ – „Oft sind in Klebern tierische Produkte, wir achten darauf, dass weder im Leim, noch in den Druckfarben Tierisches drinnen ist“, lautete die Antwort auf die KiJuKU-Frage.

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Buchbesprechung über Mulya die Kuh <- damals noch im Kinder-KURIER

Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Elsa büxt aus“
Großer Schriftzug Frieden - am Donaukanal

Wasser für Frieden, endlich Wasser in Eswatini

Seit 32 Jahren wird jeweils am 22. März der Weltwassertag begangen. Von den Vereinten Nationen (UNO) wurde er ins Leben gerufen, um auf die lebenserhaltende und -rettende Bedeutung sauberen (Trink-)Wassers hinzuweisen.

„Sich für Wasser einsetzen heißt, sich für den Frieden einzusetzen. Dies ist heute notwendiger denn je“, beginnt die Erklärung des UNO-Generalsekretärs Antonio Guterres zum Weltwassertag 2024. „Unsere Welt erlebt stürmische Zeiten: Konflikte wüten, Ungleichheit ist weit verbreitet, Umweltverschmutzung und der Verlust an biologischer Vielfalt schreiten ungehindert voran, und mit der anhaltenden Nutzung fossiler Brennstoffe durch die Menschheit beschleunigt sich die Klimakrise auf ein todbringendes Maß – eine weitere Bedrohung für den Frieden.

Die Erde wird immer wärmer; der Meeresspiegel steigt, Niederschlagsmuster verändern sich, und Flüsse führen immer weniger Wasser. Dies hat in einigen Regionen Dürren, in anderen Überschwemmungen und Küstenerosion zur Folge. Gleichzeitig gefährden Verschmutzung und überhöhte Entnahme die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von sauberem Süßwasser, auf das alles Leben angewiesen ist. Schwindende Wasservorräte können Konkurrenz verschärfen und Spannungen zwischen Menschen, Gemeinschaften und Ländern anheizen. Dadurch steigt das Konfliktrisiko. Der diesjährige Weltwassertag steht unter dem Motto Wasser für den Frieden“.

Kinder an einer neu verlegten Wasserleitung in Eswatini (südliches Afrika)
Kinder an einer neu verlegten Wasserleitung – von World Vision-Spenden – in Eswatini (südliches Afrika)

Täglich sechs Kilometer

Noncedo (17 Jahre) musste bis vor Kurzem täglich in Eswatini (bis 2018 offiziell Swasiland, traditionell inoffiziell kaNgwane; Binnenstaat im südlichen Afrika – grenzt an Südafrika und Mosambik) sechs Kilometer gehen, um zu der einzigen Wasserstelle in der Umgebung zu gelangen. Das war ein alter Brunnen mit Handpumpe. Dank der Global 6K (sechs Kilometer) Wasserspenden von World Vision konnte der weit entfernten Brunnen durch ein neues Wassersystem ersetzt werden, das mit einer Solarpumpe betrieben wird. Außerdem wurden neue Wasserleitungen gelegt, die das dringend benötigte Wasser zu zehn neu installierten Wasserhähnen in der Gemeinde transportieren.  Die kilometerlangen Märsche gehören nun der Vergangenheit an und Noncedo hat Zeit die Schule zu besuchen!

Seit 2015 hat World Vision 25 Millionen Menschen mit sauberem Wasser erreicht. Leider ist Wasser für viele Menschen aber keine Selbstverständlichkeit. 771 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Jeden Tag sterben mehr als 1000 Kinder unter fünf Jahren an den Folgen von verschmutztem Wasser. 1,69 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu angemessenen sanitären Anlagen. Durchschnittlich legen Kinder und Frauen in den ärmsten Regionen der Welt täglich 6 Kilometer zurück, um Wasser zu holen.

Laufen und gehen für Wasser

Der „Global 6K Walk & Rund für Wasser“ ist eine globale Bewegung mit dem Ziel, Menschen in den ärmsten Regionen der Welt dauerhaften Zugang zu sauberem Trinkwasser zu ermöglichen.

Wer mitmachen will, spendet 42 € und erhält ein Startpaket (da die T-Shirts schon aus sind, eine Kappe) und soll möglichst sechs Kilometer zurückzulegen – egal laufend oder wandernd, sogar am Laufband. Dieses Start-Geld fließt in Wasser-Projekte, wie das eingangs beschriebene.

Freies Wasser – freie Menschen

Dieser internationale Tag steht 2024 unter dem Motto „Water for Peace“ (Wasser für Frieden). Wasser ist heute oft ein (Lebens-)Mittel, um das Konflikte und sogar Kriege geführt werden. Unter dem Slogan „Free Water – Free People“ wiesen Aktivist:innen durch Verteilung von Wasser in Flaschen – leider Plastik – an diesem Tag in Wien-Mitte zwischen dem dortigen Einkaufs- und dem gegenüberliegenden Kino-Center darauf hin, dass Palästinenser:innen nicht nur aktuell im Gaza-Streifen, sondern auch im Westjordanland nur sehr schwer bis kaum und gar nicht Zugang zu sauberem (Trink-)Wasser haben.

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UNO-Erklärung zum Weltwassertag 2024

worldvision -> global6k

Bildmontage aus Fotos von vier Projekten: 99 Robotics, De Facto, Saveo, Ecolution und Scubey

Noch kein Business, dafür spannende Grundlagen entwickelt

Ein Becher aus dem du sagen wir bei Festivals trinkst, der dir irgendwo ins Gebüsch fällt, und der relativ schnell verrottet und außerdem noch Blumen zum Blühen bringt – an dieser Erfindung tüftelt das Team von Ecolution von der HTL Mödling (Niederösterreich). Noch gibt es diese Trinkbecher nicht und Nicolas Kirchberg, sein Vornamensvetter Henninger sowie Salm-Reifferschait-Raitz halten „nur“ unterschiedliche Bruchstücke solchen Materials in Händen, um sie den Besucher:innen, darunter auch Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… zu zeigen.

Nicolas Kirchberg, Nicolas Henninger sowie Salm-Reifferschait-Raitz
Nicolas Kirchberg, Nicolas Henninger sowie Salm-Reifferschait-Raitz

Die drei Schüler aus dem Zweig Wirtschaftsingenieurwesen hatten gemeinsam mit fünf weiteren in der Klasse die Idee eines 100-prozentig verrottbaren Bechers, vor allem für Großveranstaltungen gut geeignet. „Zuerst haben wir in unserem Chemie-Labor experimentiert und mit Milchstärke begonnen. Diese Becher haben aber zum Beispiel Cola nicht standgehalten. Außerdem ist sie nicht so leicht zu bekommen wie Kartoffelstärke, das wir nun mit natürlichem Weichmacher Glyzerin und destilliertem Wasser mischen und daraus das Material für die Becher machen.“ Neben lebensmittelfarben, die die Becher bunt machen können, versetzen die acht Jugendlichen ihr Material mit Blumensamen – und siehe eingangs 😉

Aus beiden Teilen Zyperns

Green Food Revolution nennen die Jugendlichen der Junior Company „Saveo“ die von ihnen entwickelte App, um Lebensmittel zu retten. Sie kommen aus vier Schulen in unterschiedlichen Teilen Zyperns – sowohl dem griechischen als auch dem türkischen Teil – eine zusätzliche Innovation. „Bei einem Innovation Camp haben wir uns getroffen, einzelne Gruppen haben verschiedene Ideen entwickelt, wir wollten etwas gegen die riesige Lebensmittelverschwendung tun. So viele Tonnen werden weggeworfen, obwohl sie noch genießbar wären. Mit unserer App, die zugegeben noch nicht funktioniert, sie ist erst ein Prototyp, verbinden wir Konsument:innen mit Geschäften und Supermärkten. Wenn eine Ware schon abgelaufen oder knapp davor ist, wird sie billiger abgegeben. Das passiert ja schon, aber in der App taucht es auf und Leute können das sehen, hingehen und Obst, Gemüse, Brot…. Günstiger einkaufen. So bleibt weniger übrig, das vielleicht weggeworfen wird“, schildern der Reihe nach Jack, Clara, Anastasia und Charalampos. Die App ist programmiert, die dazugehörige Website ebenso, Logo und durchgängige CI (Corporate Identity) designt samt informativer Broschüre, die sie an die Jury-Mitglieder verteilen.

Sie bekamen dafür auch den Preis fürs beste Marketing.

Autonome Roboter pflanzen

Den Award für die Top-Innovation nehmen die Vertreter der dänische Junior Company „99Robotics“ mit. „Eigentlich haben wir die Idee in den Ferien in einem Workshop ja mit Schüler:innen aus Sambia (Binnenstaat im südlichen Afrika) entwickelt, relativieren Kacper Graversen und Lucas Hauge, zwei Vertreter aus Dänemark, ihren Erfolg im Gespräch mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… „Wir wollten was gegen Austrocknung von Böden und für mehr Pflanzen erfinden. Und so sind wir gemeinsam auf die Idee gekommen, dass kleine Roboter zum Beispiel zwischen hohen Maisstauden fahren könnten, um Samen zu säen, die im Winter aufgehen, wenn der Mais nicht wächst, der Boden aber ausgelaugt wird. So könnte es auf dem selben Boden eine zweite, andere Ernte geben, etwa Futter-Rettich…“

Die kleinen Kettenfahrzeuge könnten auch in „Schwärmen“ zu zwölft autonom fahren und so in kurzer Zeit ganze Felder zusätzlich besamen, schildern die beiden Schüler, aus Dänemark die nur ein Modell eines solchen Roboters vorführen.

Digitaler Würfel gegen Ablenkung

„Das kennen wir doch alle – du willst das und jenes lernen, erledigen und lässt dich dauernd vom Handy ablenken“, eröffnet das Trio aus der HTL Vöcklabruck (Oberösterreich; 3. Klasse) das Gespräch, um ihren digitalen Würfel zu erklären. „Über eine App hast du auf diesem Würfel deine To-Do-Liste, das Handy legst du ganz weit weg, am besten in ein anderes Zimmer. Der Würfel hat auch einen Timer, der dir die ideale Lernzeit – 40 Minuten und dann fünf Minuten Pause – angibt. Außerdem haben wir ein CO2-Messgerät eingebaut, das anzeigt, wann wieder gelüftet werden muss, damit du genug Sauerstoff fürs Lernen hast.“ So preisen Bujinlkham Bolorsaikhan, Alexander Kleemair und Elias Bergschober – stellvertretend für ihre siebenköpfige Junior Company Scubey ihr Produkt an. „Es ist aber vorläufig nur ein Prototyp – das Gehäuse 3D-gedruckt.“ Kosten würde dieser Würfel 79,99 € „und wer so viel ausgibt, wird ihn dann sicher nutzen und das Handy wirklich weglegen“, zeigen sich die Entwickler:innen überzeugt.

Illusion von Weite

Die billigsten Unterkünfte sind – unter anderem auf Flughäfen – Schlafkojen. Noch kleiner als die am Flughafen Wien sind solche, die praktisch nur kriechend belegt werden können, selbst Aufsetzen ist schon schwierig. Kann ganz schön Enge-Gefühle auslösen. Ist ja auch so. Um sich wenigstens ein bisschen Illusion von etwas mehr Weite zu verschaffen, haben Ilja Olshevskij und Nikolai Eggert aus Vilnius (Litauen) gemeinsam mit zwei Kollegen mit ihrer Junior Company „De Facto“ eine App namens Capslock konzipiert, die unterschiedliche Projektionen an die engen Wände „zaubern“.

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Weitere Berichte über die Schüler:innen-Firmen bei der kürzlich abgehaltenen internationalen Junior-Companies-Handelsmesse – meist thematisch zusammengefasst – erscheinen in den folgenden Tagen.

Newroz - kurdisches Neujahrsfest in der Volkshalle des Wiener Rathauses

Frühlingsbeginn bringt Neujahr für rund 300 Millionen Menschen

Aus dem Rathauskeller hinauf zu ebener Erd – in die große Volkshalle des Wiener Rathauses – wanderte in diesem Jahr die traditionelle Feier von Newroz, dem kurdischen Neujahr. Kurdischen Klängen von einem Buzuq-Spieler (Langhals-Laute), zu denen spät aber doch einige der Festgäst:innen zu tanzen begannen, verbreiteten Feststimmung. Kopien gemalter Bilder des Künstlers Doğan unter anderem über die Zerstörung der kurdischen Stadt Nusaybin  durch türkisches Militär, verbreiteten aber auch die nicht-festlichen Hintergründe von Newroz.

Kurd:innen verknüpften das Neujahrsfest zu Frühlingsbeginn seit ewig mit ihrem Kampf gegen Tyrannen und für ein selbstbestimmtes, gleichberechtigtes Leben in Freiheit.

Schmied gegen Tyrann

Der Legende nach soll an diesem Tag im Jahr 612 v. u. Z., also vor 2636 Jahren, ein Schmied namens Kava (Kaveh) sich dem Tyrannen Dehok widersetzt haben. Feuer auf Berggipfeln gaben das Signal zum Aufstand gegen die Willkürherrschaft. Und weil Kurd:innen auch heute noch in den meisten Ländern ihres Siedlungsgebietes (Türkei, Syrien, Irak, Iran, Aserbeidschan…) unterdrückt sind (nur im Irak Autonomie haben), ist für sie auch heute noch Newroz ein Tag des politischen Widerstandes (Anmerkung: dieser Absatz entstammt einem – eigenen – Artikel aus dem Vorjahr, Link unten).

Und so fanden auch die – von der Weltöffentlichkeit kaum beachteten – ständigen Angriffe und Bombardements türkischer Militärs gegen die in demokratischer Selbstverwaltung befreiten Gebiete in Nordsyrien (Rojava), die Inhaftierung demokratisch gewählter Abgeordneter und Bürgermeister:innen in der Türkei, Handshakes westlicher Politiker, auch des Wiener Bürgermeisters mit dem Autokraten Recep Tayyip Erdoğan Eingang in die Reden im Wiener Rathaus – unter anderem von Ewa Dziedzic-Ernst (Menschenrechtssprecherin der Grünen im Nationalrat), Andreas Schieder (EU-Parlamentarier, SPÖ), Walter Baier (Vorsitzender der Europäischen Linken und Spitzenkandidat bei der kommenden EU-Wahl).

Frau – Leben -Freiheit

„Jin îyan, Azadî“ (Frau – Leben – Freiheit), die Demonstrations-Losung, die nach dem Tod der kurdischen Iranerin Jîna Mahsa Amini weltweit bekannt wurde, war und ist schon jahrzehntelang eine Kampfparole in kurdischen Gebieten, wo auch stets bei Wahlen Frauen und Männer gleichberechtigt als Doppelspitze antreten.

300 Millionen Menschen feiern nun Neujahr

Newroz, Nouruz, Nawriz, Nevruz – in den verschiedenen Regionen und Ländern des kurdisch-persischen Kulturbereichs – feiern rund 300 Millionen Menschen mit Beginn des Frühlings auch ihr neues Jahr.

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Bild-Montage aus vier Ausschnitten von Fotos aus Junior-Companies in diesem Beitrag: KU()rsiv, magic mische, Sip N Shot und Pandaccino

Nahrhafte und vitaminreiche Getränke von Schüler:innen-Firmen

So manchen der Jungunternehmer:innen aus Schulen fällt auch immer wieder kreatives für ihren Firmennamen ein. In kleinen papierenen Becherchen – im Gegensatz zu anderen, die auf Kunststoff setzten – bietet KU(H)rsiv naheliegenderweise milchige Getränke an. Trinkbare Joghurts in Sorten, die 10 Jugendliche der HBLA Ursprung (Salzburg), einer berufsbildenden Schule mit Landwirtschafts- und Umwelt-Schwerpunkt, selber kreiiert haben wie Heidelbeer-Ingwer-Zitrone oder Erdbeer-Holunder und andere. Diese Sorten – in Gläsern – gibt es in 15 nahegelegenen Filialen einer großen Supermarktkette zu kaufen. Und am Stand bei der internationalen Handelsmesse der Junior Companies in einem Wiener Einkaufszentrum am letzten Winter-Wochenende (laut Kalender) eben zu verkosten.

Magdalena Mascher, Philipp Schnaitl, David Pfeffer und Johan Brotzge offerieren aber auch kleine Brotstücken mit eigenen Butter-Kreationen – Shiitake-Pilz und Bärlauch, an dem sich wie immer die Geister scheiden – die einen leiben, die anderen hassen diese essbare Grünpflanze.
Regional, biologischer Anbau und obendrein abgefüllt in natürlich wieder verwendbaren Gläsern mit Schraubdeckel – das Achten auf die Umwelt haben die Junior-Company-Mitglieder aus Ursprung auch schriftlich verbreift, „biologisch zertifiziert sind unsere Produkte“, deuten sie auf die Kopie des entsprechenden Zeugnisses an einer der Wände, als Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… auch ihren – wie alle anderen 35 Stände – bei der besagten Messe besucht. Und sie auf die Nachfrage den zweiten Teil des Firmennamens so erklären: „Wir sind neben innovativ und nachhaltig auch schräg!“

KU(H)rsiv räumte bei der Messe den Sales Award ab.

Ingwer-Shots

Von einem ganz anderen schulischen Schwerpunkt kommt „Sip N Shot“ – von der Tourismusschule Am Wilden Kaiser (St. Johann in Tirol).  Langer Schul- oder Arbeitstag – ein Energieschub gefällig? Das war die Grundüberlegung – oder ist es „nur“ die Werbemasche? Wie auch immer, 13 Jugendlichen vom Aufbaulehrgang dieser Schule begannen zu tüfteln und erwählten Ingwer als Basis für erfrischende und höchst gesunde Power-Shots, Getränke in kleinen (Glas-)fläschchen. Außerdem bereiten die Schüler:innen auch noch einen Ingwer-Sirup zu und füllen in ½-liter-Flaschen ab.

Schälen, mixen, pasteurisieren – lässt sich in ihrer Schulküche bewerkstelligen – und mit anderem mischen. So gibt es die Shots mit Beeren, Zimt, Zitrone-Mango sowie als Highlight mit Kurkuma – und das nicht nur Geschmack. Wir verwenden sicher keine künstlichen Aromen, nicht einmal Konservierungsmittel. Wir stellen selbst immer frisch her!“, sagen die fünf Vertreter:innen der 13 Jungunternehmer:innen Sarah, Tobias, Sebastian, Jessica und Lena – alle elegant und doch einladend in schwarzen Hosen und Hemden/Blusen, orangefarbenen Hosenträgern und ebensolchen Mascherln (Fliegen).

Gefriergetrocknet

Auf gefriergetrocknete Früchte setzten zwei Junior Companies bei dieser Verkaufs-Schau. Aus dem Schweizer Aarau reisten Sorin Lababidi und Jakob Hochler an, um „Fruit Aven“ zu vertreten. In ihrem Gymnasium gibt es neben den Schwerpunkten Biologie, Kunst oder Naturwissenschaften auch einen, den die beiden und ihre Kollegen wählten: Wirtschaft und Recht. „Zu acht haben wir dieses Unternehmen gegründet. Wir holen die meisten unserer Früchte bei Bauernhöfen in der Nähe, einen Gutteil machen wir selbst, die Pulverisierung übernimmt eine Stiftung (Töpferhaus), die das Früchtepulver dann auch mit Haferflocken mischt und alles in Papiertüten abfüllt.“

Das vitaminreiche Früchtepulver habe gegenüber frischem Obst den Vorteil, dass es sich lange lagern und gewichtsmäßig leichter transportieren und ideal mit Joghurt mischen lässt. Apfel-Zimt, Beerenmix sowie Banane-Kiwi sind die Sorten, die das Schüler:innen-Unternehmen anbietet. „250 Packungen haben wir, viel davon auch schon verkauft.“

„Magisch“

Ebenfalls Vitaminpulver verkauft die Junior Company „magic mische“ aus dem (Real-)Gymnasium Mössinger in Kärntens Landeshauptstadt Klagenfurt. Ebenfalls acht Schüler:innen – aus unterschiedlichen Klassen dieser AHS – misch(t)en gefriergetrocknetes, pulverisiertes Obst und/oder Gemüse verschiedenster Sorten und damit Geschmäcker mit geriebenem Hafer, Kürbis- oder Sonnenblumen-Kernen mitunter auch Nüssen. Und füllen das Pulver in kleine, handliche Döschen, um damit Müslis, Joghurt oder was auch immer aufzupeppen. „magic mische“ setzt mit dem Marketing-Gag magisch auf Spielkarten als Werbemittel und bei der Präsentation auf Kartentricks. „Unsere Spezialität ist eine Mischung mit von einem Kollegen selbst angebauten Chili“, preisen Gabriel Karner und David Bostijančić „spicy mische“ an.

Süß

„Wegen schwarz wie Kaffee und weiß wie Milch sind wir auf unseren Firmennamen Pandaccino gekommen“, erklärt Sina Spitzer Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… Gemeinsamit mit Julia Kanzler und Anna Katić aus der 3. Klasse der Handelsakademie Liezen (Steiermark) lädt sie die am Messestand Vorbeikommnden ein, das eine oder andere Becherchen ihrer Eiskaffee-Sorten zu testen.

Das Trio vertritt in Wien die insgesamt zehn Jugendlichen der Junior Company, die Eiskaffee in vier verschiedenen süßen Sorten herstellt. „Wir haben Sirups bestellt, kochen selber den Kaffee mischen ihn mit Milch und dem jeweiligen Sirup. ES hat schon eine Experimentierphase gebraucht, bis wir zum richtigen Mischverhältnis gekommen sind“, gesteht das Trio. Und ergänzt am Ende noch die Erklärung für den Namen: „Außerdem sind Pandas so süß – und unsere Eiskaffeesorten auch.“

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Weitere Berichte über die Schüler:innen-Firmen bei der kürzlich abgehaltenen internationalen Junior-Companies-Handelsmesse – meist thematisch zusammengefasst – erscheinen in den folgenden Tagen.

Stavros Papageorgiou, Andreas Christou, Kirill Eni, Christos Loizou, Aris Pitsillides und Petros Loizou aus der Stavros Grundschule in Nikosia (Zypern) mit ihren Pinien-Nadel-Natur-Leim-Behältnissen

Schüler:innen machen Re- und Up-Cycling zu ihrem Business

Re- war die häufigste Vorsilbe für Produkte der Schüler:innen-Firmen bei der internationalen Handelsmesse in einem Wiener Einkaufszentrum am letzten (kalendarischen) Winter-Wochenende. Re- für RE-Cycling, was oft nicht (nur) wiederverwertet, sondern von den Jugendlichen sogar zu höherwertigen Produkten gemacht worden war, also Up-Cycling.

Zwar kein Re- im Titel aber PLANt Be deutet auch schon das Prinzip der Junior Company der Allerjüngsten bei dieser Handelsmesse an. Stavros Papageorgiou, Andreas Christou, Kirill Eni, Christos Loizou, Aris Pitsillides und Petros Loizou aus der Stavros Grundschule in Nikosia (Zypern) sind jeweils elf Jahre jung. Sie begannen vertrocknete Pinien-Nadeln zu sammeln, sie zu waschen, desinfizieren, trocknen, zerkleinerten sie und mischten sie mit einem „Kleber“, den sie selber aus Mehl, Wasser und Essig mischten. Dieses Gemisch füllten sie in Formen und produzierten so Schüsseln, Häferl, Flaschen, Löffel, Behälter mit Deckel. Manche davon bemalten sie mit ökologischen Farben. Die Teile sind somit lebensmittelecht und obendrein wärmedämmend.

Mit ihren Produkten schlugen sie sozusagen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: „Erstens wollten wir was herstellen, das Plastik vermeidet, weil das ein großes Umweltproblem vor allem für die Meere und ihre Tiere ist“, erklären sie Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… „Außerdem sind die vielen trockenen Nadeln auf dem Boden und an den Pinien eine große Gefahr für Waldbrände. Wenn wir die einsammeln und nur die frischen Nadeln an den Ästen bleiben, breiten sich bei einem Feuer die Brände nicht so leicht aus.“

Die Jury belohnte übrigens die Bühnen-Präsentation der Jungs aus Nikosia mit dem „Pitch Award“.

Tascherln bis Rücksäcke

Ebenfalls einen Preis mitnehmen durften Jugendliche der Höheren Berufsbildenden LehrAnstalt (HBLA) Ferrarischule in der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck. 17 Schüler:innen schneiderten aus übrig gebliebenen Reststoffen für Markisen und Jalousien Reise-behälter – von der Passhülle über kleine Täschchen, Kulturbeutel in beachtlicher Größe bis zu großen Rucksäcken, die sich leicht in Umhängtaschen verwandeln lassen, wie Dina Elsawaf, Theresa Schlenker und Lena Kraler dem Reporter erklären und teilweise vorführen. Für einen Rucksack, der so konzipiert ist, dass beispielsweise ein Anzug so eingepackt werden kann, dass er nicht zernknittert, brauchen die Jugendlichen im Schnitt schon so sechs bis acht Stunden, schildern die drei Vertreterinnen von „mar.kess“ wie die 17 Jugendlichen ihr Unternehmen nannten.

Dafür bekamen sie den „Alumni-Award, vormaliger Junior-Company-Betreiber:innen.

Taschen aus Werbebannern

Ebenfalls Taschen aus Alt- bzw. Wegwerf-Material verkaufen 15 Jugendliche aus dem tschechischen Hradec Králové in ihrer Junior Company „ReBan“. Lucie Fiedlerová, Daniela Kulhanková und Apolena Hejná vertraten ihre Kolleg:innen bei der internationalen Handelsmesse in dem Einkaufszentrum in Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus (15. Bezirk). „Wir verwenden alte Werbebanner, aber wir hatten nur die Idee, organisieren alles und verkaufen die Taschen. Wir lassen sie aber herstellen von Menschen mit Behinderung in einer Werkstätte.

Alte Blumen

Ausgangspunkt für die Gründung des Unternehmens „ReBloom“ von elf Jugendlichen der alternativen Oberstufenschule W@lz (Wien-Penzing; 14. Bezirk) waren einige Mitschüler:innen, die an Wochenenden in Blumengeschäften gearbeitet haben. Und miterleben mussten, wie am Ende des Tages so manche Blumen drohten in den Mist zu wandern. Die Jugendlichen wollten den Pflanzen ein Weiterleben ermöglichen, baten darum, jene Blumen haben zu dürfen, die weggeschmissen worden wären. „Wir haben uns im Internet informiert, was und wie wir damit machen könnten, haben dann beschlossen sie zu trocknen und zu neuen Sträußen für Veranstaltungen zu binden.“ Stellvertretend für ihre Kolleg:innen, die einander am Messetag schichtweise abwechselten, berichten Julius Boesch, Emma Kulnigg und Wenzel Richard den Journalisten die Vorgangsweise. Und auf Nachfrage schildern sie, „dass wir in zwei Stunden so 14 oder 15 solcher üppigen Sträuße schaffen.“

ReBloom wurde mit dem Sustainability Award, also dem Nachhaltigkeitspreis, ausgezeichnet.

Papier zum Anpflanzen

Als erstes fiel einigen der Gründer:innen von „Paperi²“ in ihrer Schule, der Chemie-HTL in der Wiener Rosensteingasse auf, „dass Unmengen von Fehldrucken im Chemie-Labor anfallen, Labor- und Experiment-Berichte und so weiter. Also wollten wir irgendwas mit papier-Recycling machen“, schildern Maya Knsut, Ekaterina Mazets, Sophie Willinger und Dorian Jarosch den Ausgangspunkt für diese spezielle Wiederverwertung. „Wir haben aber nicht nur das Altpapier zerschnipselt und mit Wasser vermengt, um es dann handzuschöpfen und zu verschiedenen Formen als Geschenkanhänger zu schneiden. Wir haben auch Blumensamen – Katzengras, Vergissmeinnicht und andere – und Naturdürfte wie Zimt, Zitrone, Rosen oder Lavendel hinzugefügt.“

Dieses Papier wird somit – hochwertig – wiederverwendet. Wenn die Grußkarte, der Geschenkanhänger oder was auch immer nicht mehr erwünscht ist, kann dieses Ding in kleine Futzerl zerrissen, in einem Topf mit Blumenerde geschmissen werden und – genau… Und deshalb fügten die insgesamt zehn Schüler:innen dem Namen ihrer Junior Company einen hochgestellten 2er hinzu – weil gleich noch ein Weiterleben in dem Fall im wahrsten Sinn des Wortes mit dem Altpapier verbunden ist. Und „Paperi“ selber ist das finnische Wort für Papier, und das hatte eine der Beteiligten mit in die Namensfindung eingebracht.

Eierschalen …

… verwendeten Jugendliche aus einer weiteren Schule in Zypern als Zusatz für Reinigungs-Schwämme – sowohl für Geschirr als auch für menschliche Haut. Bei Letzterer kombinieren wir die – natürlich gereinigten und sterilisierten Eierschalenteile mit einer Aloe Seife und einem naturschwamm“, erklären Aleksandra, Gerasimos und Konstantin für ihre Junior-Company „EGGSclusive“, ein Wortspiel, das in dem Fall nur im Englischen (Egg = Ei) funktioniert 😉

Lampenfieber…

… ein Wortspiel, das in dem Fall im Deutschen eine ganz andere Bedeutung als das Produkt selbst hat, aber jedenfalls mindestens so auffällt wie die Verkleidung eines der Schüler für die Präsentation als wandelnde sozusagen Geh-, und fallweise Steh-Lampe. Acht Jugendliche der schon bei „Re-Bloom“ vorgekommenen alternativen Oberstufenschule W@lz (Wien 14) sammelten alte, formschöne Flaschen aus Bars ebenso wie alte Lampenschirme. Jeweils zwei solcher Teile kombinier(t)en sie, brachten sich vorher bei, wie sie da die Elektrik hineinbringen, wie Laurids Corti und Paul Fellner Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… erklären und zeigen. Und schon bringen Produkte von „Lampen-Fieber“ Licht ins Dunkel.

Zerschnittene Flaschen

Verwenden die zuvor genannten Jugendliche ganze Flaschen, um sie als Teil eines Re- bzw. eigentlich Up-Cycling-Produkts einzusetzen, so zerschneiden Dima, Natalia, Krishna, Uliana – sie waren in Wien – und ihre Kolleg:innen im westukrainischen Ternopil fein säuberlich Flaschen. Die unteren Teile mit dem Boden verwenden sie als Gefäße für Kerzen, die sie aus natürlichem Soja-Wachs mit einem dünnen hölzernen Docht befüllen. „Svitochary“ (ukrainisch für Kerzenhalter) nannten sie ihre Junior Company und bewerben ihre Produkte, dass sie Licht ins Dunkel des Lebens bringen, was in ihrem Fall ja noch eine tiefere Bedeutung hat.

Zerbrochene Flaschen

Nicht nur, aber viele Flaschen sind das Material für die Produkte von „Reborn Art“. Die wiedergeboren Kunst kommt aus dem italienischen Milano (Mailand) 18 Schüler:innen machten vor allem aus Falschenteilen und Scherben Kunstwerke in Bilderrahmen. „Wir mussten schon vorsichtig arbeiten, aber wir wollten von Anfang an etwas kreatives aus Trash (Mist) gestalten“, gestehen Matteo Maldis, Gian Pablo Andrade, Andrea Merlad und Marco Bassi dem skeptischen Journalisten angesichts der vielleicht doch hohen Verletzungsgefahr.

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Ebenfalls aus Treber (Abfall bei der Bier-Herstellung) sind diese Müsli-Riegel - made by Jugendlichen aus der HTL Anichstraße (Innsbruck, Tirol)

Schmackhaftes aus geretteten Abfällen – von Obst, Gemüse und Bierproduktion

Apfelchips und andere Snacks sowie Suppen im Glas – das stellen die Jugendlichen von „ReSnacked“, einer Junior-Company, her. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die von Jugendlichen für nicht ganz ein Schuljahr gegründet werden, um – im Gegensatz zu Übungsfirmen in Handelsschulen und -akademien – mit echten Waren oder Dienstleistungen zu handeln (mehr dazu in der Info-Box ganz am Endes des Beitrages). Die „ReSnacked“-Firma kommt aus dem (Real-)Gymnasium Billrothstraße 26 (Wien-Döbling; 19. Bezirk).

Amelie Stepper, Helena Müller (vorne) sowie Marianne Stockreiter, Clara Lohi und Clarissa Komondi von
Amelie Stepper, Helena Müller (vorne) sowie Marianne Stockreiter, Clara Lohi und Clarissa Komondi von „ReSnacked“ mit ihren Produkten aus geretteten Lebensmitteln…

„Einmal im Monat können wir bei Supermärkten gerettetes Obst und Gemüse abholen wie Karotten, Zwiebeln, Äpfel und andere. Daraus machen wir Mus, Suppen oder dörren Obst zu Chips“, erzählen Amelie Stepper, Helena Müller, Marianne Stockreiter, Clara Lohi und Clarissa Komondi Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… bei der großen internationalen Juniorfirmen-Handelsmesse am letzten (kalendarischen) Winter-Wochenende in einem bekannten Einkaufszentrum im 15. Wiener Bezirk.

Sie gehören zu einem Team von 13 Schüler:innen, die im Wahlpflichtfach Junior-Company in der schuleigenen Küche die genannten Produkte herstellt.

Chifru

Chips aus Obst, das sonst ebenfalls im Müll landen würde, stellen 13 Jugendliche der 2. Klasse Handelsakademie im Salzburger St. Johann im Pongau her. Im Gegensatz zu vielen ihrer Kolleg:innen bekommen sie die Früchte, die sie damit retten und zum Verzehr zubereiten, nicht kostenlos. „Aber pro Kilo müssen wir nur 3 Euro bezahlen“, berichten jene sechs Jugendlichen, die gerade zum Zeitpunkt des Reporter-Besuchs den Verkaufsstand von „Chifru“ betreuen. „Und wir verpacken unsere Obst-Chips, die wir in der Schulküche selber herstellen, in nachhaltige (Papier-)Sackerln.

Bierig

Bei der Herstellung von Bier bleibt unter anderem „Treber“ übrig – ein Gemisch aus Hefe, Weizen und/oder Malz. Im besten Fall wird dieser Abfall an Tiere verfüttert, landet er im (Bio-)Müll. Da ließe sich doch was draus machen – auf diese Idee kamen in diesem Schuljahr (mindestens) zwei Junior-Companys.

Treberei“ nennt sich das Schüler:innen-Unternehmen aus dem (Real-)Gymnasium Stainach in der Steiermark. „Wir dürfen uns von einer Brauerei in Schladming, in der Nähe, den feuchten, dampfenden Treber abholen, trocknen ihn in unserer Schulküche, mahlen ihn dann fein zu Mehl, mischen das mit Ei und stellen daraus unterschiedliche Nudelsorten her“, berichten Ceren Sümbül, Sarah Lux und Flora Mayer dem Reporter bei

Das Trio vertrat die insgesamt 14 Schüler:innen, die an diesen Produkten arbeiten – drei Sorten mit fantasievollen Namen für bekannte Arten: Strudelnudel für Spiralen (Fusilli, Spirelli), Kuddelnudel für Bandnundeln (Tagliatelle) und Rotundelnudel (die an Orecchiette erinnern. Und den Jugendlichen ist es gelungen, Haubenköch:innen zu animieren, ihnen exklusive Rezepte mit diesen Nudeln zur Verfügung zu stellen – die via QR-Code auf den papierenen Verpackungen abzurufen sind.

Obendrein geben sie ihr unternehmerisches Wissen an Kinder der Volksschule Gröbming weiter, die sich am recht neuen Programm Junior Mini Company beteiligen.
Übrigens für die Präsentation auf der Bühne stülpte sich die erstgenannte Schülerin eine Perücke mit Locken in Spiralform über den Kopf nachdem sie ohnehin schon die ganze Zeit in einem Überhang, der an ein Papiersackerl erinnert am Messestand informierte.
Die „Treberei“ konnte übrigens den Gesamtpreis – „Overall Award“ (es gab insgesamt sieben verschiedene Spartenpreise) einheimsen.

Müsli-Riegel

Ebenfalls von einer nahegelegenen Brauerei beziehen die Jugendlichen aus der HTL Anichstraße (Innsbruck, Tirol) für ihre Firma „AlpenPro“ ihren Treber. „Wir haben zuerst versucht, daraus Kekse zu backen. Das hat nicht so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben. Jetzt machen wir Müsli-Riegel daraus“, verraten Lucas, Kai, Flo, Luca, Moritz und Tobias Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… Mit Tablets mit kleinen Kostproben wandert immer einer aus dem Team quer durch die Gassen der Messestände bzw. Besucher:innen dieser Konsum-City.

Bier selber brauen

Auf der anderen Seite dieser Herstellungskette, also nicht beim Abfall, sondern bei der Produktion sind Jugendliche der HTL Braunau (Oberösterreich) gelandet. „Bier + +“ nannten sie ihre Junior-Company. „Die Theorie haben wir uns angeeignet und dann aber doch sieben verschiedene Sorten zu brauen versucht, bis wir unser jetziges Bier hatten – ein süßes-fruchtiges it einer exotischen Geschmacksnote“, schildern Lukas Daxecker, Simon Schrems, Manuel Schober und Fabian Mairböck dem Journalisten. Die vier vertraten ihr insgesamt sieben Mitarbeiter umfassendes Team, das bisher einen halben Hektoliter des „Pale Ale“ in der Brauerei Pfesch – nach dem experimentell im Chemie-Labor der Schule erfundenen Rezepts – herstellen hat lassen.

Da Junior Companys ja nur für ein Schuljahr existieren, wollen sie – mit Hilfe der Schule – eine Schüler:innen-Genossenschaft gründen, um diese und vielleicht auch andere Produkte dauerhafter vermarkten zu können.

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Weitere Berichte über die Schüler:innen-Firmen bei der kürzlich abgehaltenen internationalen Junior-Companies-Handelsmesse – meist thematisch zusammengefasst – erscheinen in den folgenden Tagen.

Doppelseite aus dem Bilderbuch "Kommst du mit?"

Auf dem Weg in eine bunte, vielfältige Welt voller Geschichten

Ein Buch, das bei Büchern endet – zu dieser Reise lädt dich „Kommst du mit?“ ein. Ein Kind mit dunkelhaarigem Wuschelkopf stellt diese Frage auf der ersten Doppelseite an eines mit hellen kurzen Haaren, das gerade im Garten buddelt. Ersteres verspricht einen Ausflug zu einem „tollen Ort, ganz in der Nähe. Dort reicht es sehr gut“.

Doch es ist nicht die Bäckerei, auch nicht die Schule, der Park und so weiter – wo sie Doppelseite für Doppelseite hinkommen – mit immer mehr Kindern in der Wandergruppe. Von Station zu Station werden alle erst neugieriger, raten und schön langsam doch enttäuscht. Irgendwann sind einige sogar ziemlich verärgert, fühlen sich angelogen, auf den Arm genommen…

Nachbarschaft

Natürlich kann das Bilderbuch – geschrieben von Cristina Petit (Übersetzung aus dem Italienischen: Anne Brauner) und gezeichnet von Chiara Ficarelli so nicht enden, sie gelangen an das versprochene Ziel – mit anfangs einigen enttäuschten Gesichtern. Was sich dann doch legt. Der Ort sei hier aber sicher nicht gespoilert.

Verraten sei hingegen: Das Buch ist im Achse-Verlag in der Reihe „Creating neighbourhood“ (Nachbarschaft schaffen) erschienen. Übersetzungen von Kinderbüchern aus Österreichs Nachbarländern Italien, Slowenien, Slowakei und Ungarn werden darin von der EU finanziell unterstützt.

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Kommst du mit?“
Doppelseite aus dem neuen "Jivan"-Magazin zum persischen Neujahrsfest Nouruz

Sieben Sachen zum (persischen) Neujahr

Das, oder viel mehr ein neues Jahr beginnt nicht für alle Menschen am 1. Jänner. Neben dem chinesischen – und vietnamesischen – Neujahr jeweils am zweiten Neumond nach der Wintersonnenwende (Winterbeginn) und damit zwischen 21. Jänner und 21. Februar, ist vor allem der Frühlingsbeginn (das jüdische Neujahr startet im Herbst) für viele Kulturen der Start zu einem neuen Jahr. Dazu zählen die persische (Nouruz) und kurdische (Newroz) Kultur, wobei in letzterer der Jahreswechsel auch einen historisch-kämpferischeren Hintergrund hat – dazu weiter unten.

Doppelseite aus dem neuen
Doppelseite aus dem neuen „Jivan“-Magazin zum persischen Neujahrsfest Nouruz

Dem persischen Neujahrsfest Nouruz (neuer Tag) widmet das in Wien erscheinende bunte Magazin „Jivan“ für Kinder (3 bis 10 Jahre) und Eltern auf Farsi sein neues, das zweite, Heft. Herausgeberin und Gestalterin ist Mercede Ameri, ausgebildete Elementarpädagogin und kreative Kinderbuchmacherin (Dixi-Kinderliteraturpreisträgerin im Bereich Illustration 2010). Mit ihrem Magazin will sie vor allem die erst-/muttersprachliche (Früh-)Erziehung von Kindern in Diaspora-Familien fördern. Viele Menschen wurden aus dem Iran vertrieben oder mussten wegen Repressionen flüchten.

In dem Magazin werden Themen wie Naturwissenschaften (Jahreszeitenwechsel, Pflanzenwachstum, Vogelzug), Bekanntschaft mit der iranischen Kultur und den Bräuchen, Speisen, familiäre Aktivitäten, sowie iranische Kinderlieder und Geschichten präsentiert. Außerdem lernen Kinder Vokabeln im Zusammenhang mit dem jeweiligen Thema, in Ausgabe Nr. 2 eben dem Nouruz-Fest kennen.

Doppelseite aus dem neuen
Doppelseite aus dem neuen „Jivan“-Magazin zum persischen Neujahrsfest Nouruz

Brücke zwischen Her- und Ankunfts-Kultur

Zur Unterstützung der Vermittlung von Sprache und Kultur an die Kinder, hat Ameri „Jivan“ erfunden. „Ziel ist es, eine Brücke zu schlagen zwischen der Bewahrung unserer kulturellen Identität und der erfolgreichen Integration in die Gesellschaften, in denen wir leben. Jivan spricht besonders Familien an, die Wert auf eine mehrsprachige Erziehung legen und ihre Kinder in einer weltoffenen, kulturell bewussten Weise aufziehen möchten. Die Inhalte

sind sorgfältig darauf abgestimmt, nicht nur zu unterhalten, sondern auch zu bilden, indem sie ein positives Bild der traditionsreichen persischen Kultur vermitteln und gleichzeitig die Werte des Ziellandes hoch halten. Wir wollen ein lebendiges Gefühl der Zugehörigkeit in den Herzen junger Menschen wecken, um dadurch die Eltern-Kind-Beziehung zu stärken und ein positives Selbstbild bei Kindern zu fördern. Eine solide Kenntnis der Erstsprache fördert zudem die Sprachentwicklung generell und erleichtert es Kindern, sich weitere Sprachen anzueignen.“

Bestandteile des jeweiligen Magazins sind einerseits (Bilder-)Geschichten, andererseits Rätsel – unter anderem mit leeren Sprechblasen zum selber Befüllen – und Anleitungen zum Malen, Basteln und anderen kreativen Tätigkeiten. Via QR-Codes geht es auch zu (musikalischen) Hörbeispielen – Weg zum Magazin, siehe Info-Block ganz am Ende des Beitrages.

Doppelseite aus dem neuen
Doppelseite aus dem neuen „Jivan“-Magazin zum persischen Neujahrsfest Nouruz

Leben

„Jivan“ steht für Leben – und hat in einer leicht veränderten Version auch bei uns einige Bekanntheit erlangt durch die Losung „Jin Jiyan Azadi – Frauen – Leben – Freiheit“ als Protest nachdem die junge kurdische Iranerin Jîna Mahsa Amini vor rund eineinhalb Jahren in Teheraner Polizeigewahrsam gewaltsam zu Tode gekommen war.

Sieben Sachen mit S

Zum persischen Neujahr spielen sieben Dinge, die mit S beginnen eine große Rolle. „Haft Sin“ (Sieben Sīn – persisches S): Sekke – Münzen; Sib – Apfel; Somach – ein persisches Gewürz (Sumach); Sombol – Hyazinthen; Sir – Knoblauch; Sabseh – ‚Grünzeug‘, typischerweise keimender Weizen, Gerste, Kresse oder Ähnliches; und Serke – Essig.

Ebenso wichtig ist das aus sieben Früchten bestehende Neujahrsgetränk „Haft Mewa“. Es werden sieben Speisen zubereitet, die möglichst mit dem Buchstaben „S“ beginnen sollten und die sieben Tugenden des Zoroastrismus symbolisieren, und zusammen mit Samanak (Keimlinge aus sieben Getreidesorten), einem Spiegel, einer Kerze und einem heiligen oder wichtigen Buch (dem Koran bei Muslimen, der Bibel bei Christen, der Avesta oder einem Bild Zarathustras bei Zoroastriern oder einem Gedichtbuch) auf einem Tisch gedeckt.

300 Millionen feiern Newroz/Nouruz

Die UNO nennt rund 300 Millionen Menschen, die seit mehr als 3000 Jahren – von der Balkanhalbinsel über die Schwarzmeerregion, den Kaukasus, bis Zentralasien und im Nahen Osten den Beginn des Aufblühens am 21. März feiern. Für viele, wenn nicht sogar die meisten der auf 30 bis an die 50 Millionen geschätzten Kurd:innen ist das Newroz-Fest aber nicht nur Feier-, sondern auch Kampftag. Das übers Feuer springen besiegt bei ihnen mehr als „nur“ die kalte Jahreszeit.

Schmied gegen Tyrann

Der Legende nach soll an diesem Tag im Jahr 612 v. u. Z., also vor fast 2650 Jahren, ein Schmied namens Kava (Kaveh) sich dem Tyrannen Dehok widersetzt haben. Feuer auf Berggipfeln gaben das Signal zum Aufstand gegen die Willkürherrschaft. Und weil Kurd:innen auch heute noch in den meisten Ländern ihres Siedlungsgebietes (Türkei, Syrien, Irak, Iran, Aserbeidschan…) unterdrückt sind (nur im Irak Autonomie haben), ist für sie auch heute noch Newroz ein Tag des politischen Widerstandes (Anmerkung: die letzten drei Absätze stammen aus einem – eigenen – Artikel aus dem Vorjahr, Link unten).

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Titelseite des neuen
Titelseite des neuen „Jivan“-Magazins zum persischen Neujahrsfest Nouruz
Szenenfoto aus "Kassandras Geheimnis" von Theater Delphin Basis 2

Trojanischer Krieg plus KI aus der Galaxie Starfish

Die Göttinnen – in langen weißen Kleidern, Aphrodite (Julia Gassner, die später zur Helena wird), Athene (Andrea Mačić) und Hera (Gabriele Weber, auch Co-Regie) – stehen beisammen, kleine Kelchlein in die Höhe gereckt. Sie warten aufs Anstoßen. Knapp daneben ein junger Mann mit metallen wirkendem Oberkörper-Panzer (Romanelli Alessio). Ein paar Treppen darunter ein langer schwarzer Laufsteg.

Gegenüber hängen zwei senkrechte Projektionsflächen mit eingeblendeten Statuen. Dazwischen – noch im Hintergrund – ein Mann im Rollstuhl, der später hin und wieder weiter nach vorne fährt und mit blinkendem Techno-Tablett agiert (Marcell Vala). Auf seiner Seite kommt wütend eine Frau hervor: Was die Göttinnen gegenüber feiern wollen, ist die Hochzeit von Thetis und Peleus. Und sie, Göttin Eris (Anna Fellner, später tritt sie immer wieder als Mundschenkin auf), ist als einzige nicht eingeladen. (Hat da das Märchen Dornröschen mit der 13. Fee die Inspiration her?)

Apfel der Zwietracht

So, da habt ihr einen goldenen Apfel! Den rollt Eris über den Laufsteg. Na also, gar nicht so böse! Oder vielleicht doch? Auf dem Apfel klebt, dass er der Schönsten gehören möge. Also Streit des Göttinnen-Trios. Und wer soll – und wonach – urteilen? Genau, der junge Mann, genannt Paris…

Soweit die Ausgangs-Szene von „Kassandras Geheimnis“, einer inklusiven Produktion von und im Theater Delphin (Wien-Leopoldstadt; 2. Bezirk). Die Theatergruppe hat diesen antiken griechischen Stoff um die Entstehung des zehn Jahre dauernden Kriegs zwischen Griechen und Trojanern um so manch eigene sehr fantasievolle Geschichten zu erweitern.

Weder Weisheit noch Macht…

Zunächst zurück zur mythologischen Story: Paris entschied sich weder für die von Athene im Gegenzug angebotene Weisheit, noch die Macht, die Hera ihm als Bestechung in Aussicht stellte, sondern für Aphrodites Versprechen, die Liebe der schönsten (irdischen) Frau der Welt. Doch blöd, dass diese Helena schon mit dem griechischen König Menelaos verheiratet war. Und Paris ein Trojaner.  Und so – zumindest der mythologischen Legende nach – kam’s zur Belagerung Trojas, natürlich Unmengen von Toten, Verletzten, Leid und was sonst noch alles zu Kriegen dazugehört.

Blinde Seherin

Eine große tragische Person in dieser bekannten Geschichte: Kassandra (Iris Zeitlinger), die später zur sprichwörtlichen Figur wurde. Sie hatte zwar die Gabe, vieles vorauszusehen, aber als Rache von Gott Apollon dafür, dass sie sich von ihm nicht verführen ließ, sollte niemand ihren Weissagungen glauben…

Künstliche Intelligenz

Diese weithin bekannte Geschichte / Legende mischten die Schauspieler:innen des Inklusiven Theaters Delphin mit einer eigenen Fantasie /Utopie. Das Universum ist weitgehend kriegsfrei, nur da in irgendeiner Ecke des Alls, auf der Erde herrschen noch bewaffnete Auseinandersetzungen, stellt der Chef der Galaxie Starfisch fest. Mittels Künstlicher Intelligenz regiert Zeurelius (der schon oben genannte Marcell Vala). Um auch dort für Frieden zu sorgen, schickt er Möskin Odur (Judith Czerny) aus der Spezialeinheit von Melva auf die Erde.

Auch wenn aktuelle Kriege vielleicht oder wohl mitgemeint sein könnten, landet die Spezialperson inmitten des Trojanischen Krieges, versucht sich Vertrauen zu erwerben – vor allem beider Kurtisane Neaira (Hanna Schnitt), die halt alle und jeden gut „kennt“ und kommuniziert in unbeobachteten Momenten hin und wieder mit dem Chef via Leucht-Smart-Armband…

Künstlicher Mensch

Gleichzeitig trachtet Kassandra auf einem anderen Weg den Krieg zu beenden – durch Sieg mittels einer Achilla, einer künstlichen Person, die sie aus einer Leiche mittels Zaubertinkturen zum Leben erwecken will. Wobei das Zusammenspiel mit Sklave Werwolf Fenris (Bianca Brucker) recht humorvoll, fast kabarettistisch angelegt ist und immer wieder für Lacher im Publikum sorgt, das in dem kleinen Theater in Wien-Leopoldstadt (2. Bezirk) links und rechts des Laufstegs sitzt.

Konsum-Pferd

Für mindestens ebenso viele Schmunzler bis Lacher sorgt das berühmte Trojanische Pferd, das hier auf einem Einkaufswagerl mit Holz, Drahtgitter und einem Kunststoff-Ross-Kopf in die Szenerie gefahren wird. Und sich zeitweise sozusagen als Figuren-Konkurrenz der aufrecht an einem Seil baumelnden Achilla gegenübersieht.

Möskin Odur entledigt sich letztlich der Verbindung zu Zeurelius und damit der totalen Kontrolle durch die KI – und großer Jubel für alle Mitwirkenden (Co-Regie, Bühnenbild, Visuals, Technik: Georg Wagner) nach knapp 1¼ Stunden.
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Vorsatzseite des Bilderbuchs "Alia Astronautin"

Windel-Alarm und andere Hindernisse, aber niemals aufgeben!

Alia setzt sich auf den Boden ihres Zimmers, zieht sich die Stiefel an, setzt den weißen Helm mit ihrem Namen auf, und besteigt ihr Raumschiff. Scheint aus einem großen Karton selbst gebaut. Damit wandert sie durch die Stadt, weicht Asteroiden auf der Straße aus und landet wieder zu Hause. Mission Pluto notiert sie handschriftlich in ihr „Logbuch. Der soll wieder in den Kreis der Planeten aufgenommen werden. Außerdem will sie das Weltall von herumfliegendem Mist befreien…

Und dann: Einerseits lässt Autorin Mahak Jain (Übersetzung aus dem Englischen Birte Spreng) die Titelheldin des Bilderbuchs „Alia Astronautin“ es ziemlich cool finden, die einzige ihrer Art zu sein. Andererseits, alles alleine machen zu müssen…? Also sucht sie auf den nächsten Doppelseiten nach Unterstützung. Der Hund als Assistent erweist sich nicht als hilfreich, auch der kleine Bruder – da gibt’s Windel-Alarm…

Alia, gezeichnet von Andrea Stegmaier in einer Art, die an Collagen erinnert – und vor allem in jedem Bild durch die einfachen und doch aussagekräftigten Blicke der handelnden Kinder beeindruckend, gibt niemals auf und … – ach, nein, das wird nicht verraten. Wobei, der Untertitel „Mission Freundschaft“ deutet doch schon einiges an. Vielleicht hilft keine Assistenz, sondern ein gleichberechtigtes Spiel auf Augenhöhe?

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Alia Astronautin“
Szenenfoto aus der Erich-Kästner-Revue im Theater Forum Schwechat

„Nur wer hat, kriegt noch geschenkt…“

50 Jahre tot und so manches so aktuell! Die Rede, pardon hier natürlich Schreibe, ist von Erich Kästner. Ende Juli (29.) jährt sich sein Todestag. Das Theater Forum Schwechat nahm dies zum Anlass, aus vielen seiner Texte Szenen und Lieder zu einer „historischen Revue“ zu bauen. Ein Quartett – zwei singende Schauspielerinnen auf und zwei Musiker vor der Bühne – bringt vieles in Erinnerung und für viele im Publikum auch so manch Unbekanntes zu Gehör.

Szenenfoto aus der Erich-Kästner-Revue im Theater Forum Schwechat
Szenenfoto aus der Erich-Kästner-Revue im Theater Forum Schwechat

Von den bekannten Kinderstücken kommen vor allem Szenen aus „Emil und die Detektive“ vor und die Botschaft aus „Pünktchen und Anton“. „Das doppelte Lottchen“ wird nicht direkt – aber auf einer anderen Ebene immer wieder sichtbar, wenn Gudrun Liemberger und Manuela Seidl in so manchen Szenen gleichsam zwillingshaft auftreten. Ansonsten schlüpfen die beiden in der Revue, die über Inserts, Audio-Aufnahmen aus dem Off und Zwischentexten Stationen von Kästners Leben erzählen, mehrmals in die Rollen zweier Frauen, die in seinem Leben eine große Rolle – neben seiner Mutter – spielten: Seidl spielt die Lebensgefährtin Luiselotte Enderle und Liemberger jene Geliebte Friedl Siebert, mit der er einen gemeinsamen Sohn (Thomas) hatte.

Neben literarischen Texten zitiert die Revue an mehreren Stellen auch aus Kästners Briefen, holt ihn von eventuellen Denkmal-Sockeln und zeigt ein realistisches Bild des Menschen im bekannten Dichter.

Szenenfoto aus der Erich-Kästner-Revue im Theater Forum Schwechat
Szenenfoto aus der Erich-Kästner-Revue im Theater Forum Schwechat

Vierte Wand durchbrochen

Genial ist das Zusammenspiel der beiden mit Gabor Rivo am elektrischen Klavier (und musikalische Gesamtleitung) und Christoph Burko, der vor allem Kontrabass, aber auch viele andere kleine Instrumente und Klanggeräte spielt und damit Atmosphärisches erzeugt. Womit auch die Barriere zwischen Bühnen- und Publikumsraum – die Musiker sitzen vor der Bühne – überwunden wird.

Leider zeitlose Themen

Ob Pazifismus – satirische gereimte Zeilen gegen Kriegswut – oder immer wieder auch den Gegensatz zwischen Arm und Reich – Kästner, vor seinen Kinderbüchern als Lyriker berühmt und heute dafür oft kaum bekannt: Die Revue bringt’s über die Rampe. Zusammengetragen und -gestellt sowie inszeniert hat Marius Schiener.

Vielleicht am Sarkastischsten auf den Punkt bringt das zuletzt genannte Thema „Weihnachtslied, chemisch gereinigt“:
„Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mutter schenkte euch das Leben.
Das genügt, wenn man’s bedenkt.
Einmal kommt auch eure Zeit.
Morgen ist’s noch nicht so weit…“

Aber auch im „Knigge für Unbemittelte“ ließ sich der Dichter bitterböse aus:
„Ans deutsche Volk, von Ulm bis Kiel:/ Ihr esst zu oft! Ihr esst zu viel! / Ans deutsche Volk, von Thorn bis Trier: / Ihr seid zu faul! Zu faul seid ihr! / Und wenn sie euch den Lohn entzögen! / Und wenn der Schlaf verboten wär! / Und wenn sie euch so sehr belögen, / dass sich des Reiches Balken bögen! / Seid höflich und sagt Danke sehr.“

Aber auch „an Millionäre“ dichtete Kästner eine „Ansprache“, die drastisch beginnt und als Conclusio folgende Zeilen beinhaltet:
„Ihr helft, wenn ihr halft, nicht etwa nur ihnen.
Man kann sich, auch wenn man gibt, beschenken.
Die Welt verbessern und dran verdienen –
das lohnt, drüber nachzudenken.“

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Foto vom Konzert "Brennholz.Rocks: Tuu Tuu Feuerkrone" im Kabarett Niedermair (Wien)

Feuerkrone und viele mitsingende Kinder auf der Bühne

Amando und sein Vater „Frenk Lebel“ proben gerade kurz vor dem Konzert im Kabarett Niedermair (Wien-Josefstadt; 8. Bezirk) den Song „Feuerkrone“. Von draußen tönen die Sirenen von Feuerwehrautos, die durch die Josefstädter Straße rasen. (In einem Restaurant Ecke Blindengasse zu einem Brand gekommen.)

Fix nicht geplant. Fix jedoch ist das Lied, einer der Fixpunkte im Kinderkonzert von „Brenholz.Rocks“, noch dazu hieß der Nachmittag: „Tuu Tuu Feuerkrone“.

Foto vom Konzert
Foto vom Konzert „Brennholz.Rocks: Tuu Tuu Feuerkrone“ im Kabarett Niedermair (Wien)

Junge Text-Ideen

Kultur- und Musikvermittler Reinhold Siebert, seit vielen Jahren auch Musiker – mit der internationalen Band „No-where Train“ für Erwachsene und eben „Brennholz.Rocks“ (nicht nur) für Kinder. Und nicht nur für, sondern vor allem immer wieder mit Kindern. Und so füllt sich die Bühne bald mit jungen Fans, die die Songs schon kennen, aber auch anderen, die solch mitreißen lassen – mitsingen, tanzen, sich bewegen – und bei dem einen oder anderen Lied ständig neue Ideen einbringen.

Was bei „Pizza Pizza“ auf diese Teigflade draufkommt – das lassen sich die jungen und jüngsten Mitsänger:innen spontan einfallen – und wird natürlich Teil des Liedes. Oder auch was die schwarze Katze auf dem Dach so alles mit der Maus und die mit ersterer macht.

Geige, Schlagzeug, Sänger-Animateur

Neben dem Musiker selber, der an diesem Nachmittag zwischen einer zwölf- und einer sechs-saitigen Gitarre wechselt und mit seinen Füßen einen Synthesizer bedient und damit weitere Klangfarben einbringt, agiert von Anfang an der schon eingangs genannte Amando (9) als Animateur, Mitsänger und vor allem Bewegungstalent auf der Bühne.

„Seit einem Jahr spiel ich Schlagzeug, aber noch nicht für die Bühne“, verrät er Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… zwischen Probe und Konzert. „Außerdem hab ich früher auch schon ein Jahr lang Geige gespielt, dann hab ich zu Schlagzeug gewechselt.“

Reinhold – Brennholz

Als „Brennholz.Rocks“ ist sein eigener Künstlername Frenk Lebel, wiewohl Brennholz selbst ja schon – eher aus Zufall – ein künstlicher Name für Reinhold Siebert ist. „Oft haben Kinder, aber auch Erwachsene Reinholz statt Reinhold gesagt und dann Reinholz, Brennholz…“, erklärt er dem Journalisten.

Nächste – laufend aktualisierte – Konzerttermine auf der Homepage – siehe Info-Block.

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Doppelseite aus dem Bilderbuch "Die Giraffe, die nicht in ihr Buch passte"

Mila ist angefressen, dass sie nicht in ihr Buch passt – oder doch?

Schon das Format des Buches und sein Titel deuten die darin enthaltene Geschichte an: „Die Giraffe, die nicht in ihr Buch passte“ ist nicht in einem hoch-, sondern in einem querformatigen Bilderbuch erschienen. Nicht nur auf die Titelseite passen da zwei Beine – und der Kopf nur, weil die Giraffe ihren Hals offenbar nach unten gestreckt hat und zwischen den Haxen verkehrt herum rausschaut 😉

„Mila war eingequetscht. Sie passte nicht auf die Seiten ihres Buches“, lauten dann die ersten beiden Sätze. Doppelseite für Doppelseite hat Yohali Gutiérrez Estrada Teile des Körpers dieses großen Tieres namens Mila gemalt – mal ein Stückerl Hals, dann wieder Bauch, Schwanz usw.  Mittendrin immer eine kleine menschliche Figur, die Autorin. Ihr will Mila eine Idee verklickern, wie sie doch ins Buch passen könnte.

Doppelseite aus dem Bilderbuch
Doppelseite aus dem Bilderbuch „Die Giraffe, die nicht in ihr Buch passte“

Hähhh? Wie kann eine Giraffe sprechen? Lässt die Autorin Haydée Zayas Ramos (Übersetzung aus dem Spanischen:  Jennifer Michalski) ihr kleines, gedrucktes Ebenbild fragen. Und gibt sich – in Person der Giraffe die logische Antwort: „Das hier ist ein Buch, und in einem Buch kann alles vorkommen. Nur ich nicht. Zumindest nicht ganz…“

Und dann erzählt die Giraffe die höchst logische Idee – die sei hier nicht verraten, du könntest ja vielleicht selber draufkommen 😉 Und wenn nicht, so soll dir das Buch doch noch Überraschendes bringen.

Möglicherweise ziehst du dann ja den Schluss, dass es auch bei Menschen so sein könnte, dass sie nicht in vorgegebene Formate passen, aber statt diese Menschen zurecht zu quetschen könnten eventuell ja Formate verändert bzw. angepasst werden 😉

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Die Giraffe, die nicht in ihr Buch passte“
Szenenfoto aus "Der Froschkönig Quak!"

Sehr witziger (Frosch-)König im Bällebad

Eine Riesenhetz – das sind die verwurschteten Märchen in der Reihe Classics for Kids im Wiener Rabenhof Theater und zwar noch mehr als die ebenfalls recht witzigen Bearbeitungen antiker Stoffe. Sowohl vom Buch und Regie (in beiden Fällen wie immer: Roman Freigaßner-Hauser) als auch von Schauspiel, Bühne und Kostümen samt Musik und Licht.

Nun also „Der Froschkönig“ mit Zusatz „Quak!“. Einiges an der Grundgeschichte bleibt: Zum Beispiel, dass der Prinzessin die goldene Kugel in den Brunnen fällt und ein Frosch sie wieder rausfischt. Ansonsten ist aber ganz schön viel anders.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der Froschkönig Quak!“

Zunächst einmal ist die Prinzessin, hier heißt sie Amalia (Elena Hückel), vom Vater oft liebevoll Mali genannt, keine arrogante Tussi, sondern die einzige mit Empathie, wenngleich nicht für Frösche, die hasst sie. Selbstbewusst hinterfragt sie die vorgegebenen Regeln, das höfische Zeremoniell und vieles mehr.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der Froschkönig Quak!“

Der Herr König, hier namens Friedbert, hat außer den hin und wieder – oft fast eher aus schlechtem Gewissen hingeworfenen liebevollen Bemerkungen nicht wirklich viel übrig für seine Tochter. „Ein Königreich regiert sich nicht von alleine…“ – vertieft in seine Amtsgeschäfte – und nicht einmal zuhören kann/will er ihr. Für ein Gespräch – wo denkst du hin.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der Froschkönig Quak!“

Zurückgesetzte Schwester

Außerdem gibt es neu erfundene Konstellation: Der König, der unter seiner weniger großen Körpergröße leidet und gern ein, zwei Köpfe größer wäre, ist der jüngere Bruder von Sieglinde. Die wäre gerne Königin und kann es nur deshalb nicht sein, weil – genau, ein Mädchen. Doch knapp nachdem Sympathie mit ihrem berechtigten Ärger über diese Zurücksetzung aufkommt, verspielt sie diese. Ihr Ehemann Maximillian (Bernhard Majcen wunderbar zwischen Ja-Sager und ein bisschen begriffsstutzig changierend), gleichzeitig königlicher Hüter der Wiesen und Wälder, solle mit dem König in den Wald gehen, ihn dort erschießen (Schneewittchen schau oba /herunter!), die Leiche vergraben und sagen, der Bär hätte ihn gefressen.

Dass es einen solchen gar nicht gibt – dem Volk einen „Bären aufbinden“ sozusagen als alten Spruch für neudeutsch Fake News verbreiten.

Überraschungen

Maximillian will das nicht – da stellt ihm seine Ehefrau die Rute ins Fenster: Wenn er’s nicht tue, werde er verbannt. „Was verbrannt?“ Vielleicht das eine oder andere Mal in den rund 1 ¾ Stunden zu oft kommt dieses Missverständnis vor, aber…

Was soll und darf schon verraten werden? Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… würde ja nicht so gern alles spoilern, wenngleich die Ankündigung auf der Website des Rabenhof Theaters schon mehr verrät…

Klar ist, der Frosch taucht auf und holt die in den Brunnen – ein wunderbares Bällebad, das beim Auftauchen so manche der kleinen Kugeln auch in Richtung Publikum „verspritzt“ – gefallene Kugel. Und der Frosch kann reden, allerdings ist er kein verwunschener Prinz, sondern – ach, im Absatz davor ist ja schon versprochen, dass dies – zumindest hier – ein Geheimnis bleibt. Wie auch immer dieser Frosch wird ebenso von Sebastian Pass gespielt wie der untergroße – zeitweise aus dem Weg geräumte – König.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der Froschkönig Quak!“

Der Autor – und Regisseur – bringt noch die Hexe, pardon schwarze Magierin Solanathea, ins Spiel. Sowohl diese als auch die erst verhinderte, dann zwischenzeitlich doch Königin spielt Leila Müller ziemlich schön fies.

Und all das wie schon eingangs geschrieben voller (Spiel-)Witz – in einer Bühnen-Landschaft aus riesigen Bauklötzen. Da zum Glück auch die Premiere schon voller Kinder im Publikum war, kann eindeutig festgestellt werden: Großer Spaß, übrigens genauso für erwachsene Zuschauer:innen und zurecht langanhaltender, tobender Applaus.

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Szenenfoto aus "Balzen" im Dschungel Wien

Getanzte tierisch-menschliche Verhaltensweisen

Ein Wald aus bunten von der Decke hängenden Stoffbahnen, einer runden Tonne mit Luftlöchern, runden Scheiben… – Plötzlich klingt irgendwo noch aus dem Verborgenen tierähnliche Geräusche. Natürlich sind die von Menschen – schließlich spielt „Balzen“ auf einer Theaterbühne, der großen im Dschungel Wien (MuseumsQuartier). Nach und nach tauchen vier schauspielende Tänzer:innen oder tanzende Schauspieler:innen – wer weiß es zu sagen – auf, in (fantasie-)tierischen Posen und ebensolchen Geräuschen.

Abgeschaut und -gehört von echten Tieren, aber eben doch eigens künstlerisch verarbeitet, ziehen Michael Haller, Sarah Zsivkovits, Kajetan Uranitsch und Emmy Steiner, die erst nach ziemlich langer Zeit aus der schon genannten Tonne auftaucht, das Publikum in „Balzen“ in den Bann.

Gespannt – oft von Schmunzeln, manchmal auch von herzhaftem Lachen unterbrochen – verfolgen die Zuschauer:innen (am Besuchs-Vormittag von KiJuKU viele Kinder und teils Jugendliche mit ihren Klassen) das Verhalten der „Tiere“. Das im Übrigen in vielen Situationen auch nicht so anders ist als das von Menschen. Und das bei Weitem nicht nur in Balz-Phasen wo es um die Werbung zwecks Paarung geht.  

Beachte mich doch (endlich)!

Schau, was ich kann. Oder ich bin so groß und stark, beachte mich doch. Nachahmen von Bewegungen und Stimmen, Geräuschen anderer oder Druck, dass andere das eigene Verhalten kopieren. Bis hin zu Kämpfen um Reviere, den Bau einer heimeligen Wohnstatt mit Einladung an andere. Die dann vielleicht doch eher von außer- oder ungewöhnlichem Agieren eines anderen Wesen fasziniert sind…Vorsichtige, schüchterne Auftritte wechseln sich ab mit selbstbewussteren, die beeindrucken. Oder solchen, die vielleicht starkes Auftreten nur vorspielen…

Das schon genannte Quartett, das nicht ganz eine Stunde auf der Bühne agiert wurde bei der gemeinsamen Entwicklung von „Balzen“ noch von Sarah Gaderer bei der Stückentwicklung unterstützt, die auch für die Dramaturgie der Performance sorgte. Die wunderbar passende Bühne samt den fantasievollen Kostümen schuf Helene Payrhuber und das in dem Fall besonders wichtige Sound-Design und sowie das musikalische Coaching steuerte Elina Lautamäki bei, für die wechselnden Lichtstimmungen ist Christo Novak verantwortlich. (Künstlerische Mitarbeit: Tara Luger; Balz-Coach: Martina Rösler).

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Szenenfoto aus "A Handbook for the Israeli Theatre Director in Europe" von Théâtre Majâz, Frankreich/Israel beim Wortwiege-Festival in den Wr. Neustädter Kasematten

Unglaublich witzige (selbst-)ironische Performance zum Nahostkonflikt

So super wäre unser Stück gewesen, aber leider – Sie wissen ja, 7. Oktober 2023, jetzt mussten wir alles kübeln… Das ist sozusagen die Ausgangsthese von Ido Shaked & Hannan Ishay (Théâtre Majâz) für ihre rund einstündige Performance „A Handbook for the Israeli Theatre Director in Europe“. Und die vermittelt schon eine ordentliche Portion von (selbst-)ironischem Humor. Zu sehen, nein zu erleben, ist das „Handbuch für israelische Theaterregisseur:innen in Europa“ beim „Wortwiege“-Festival in der zum Kultur- und Veranstaltungsort umgebauten ehemaligen Wehranlage von Wr. Neustadt, den Kasematten (keine zehn Gehminuten vom Bahnhof entfernt übrigens).

Fußball?

Jetzt sei alles noch komplizierter, aber das was sie gehabt hätten samt einer großartigen „Metapher des Konflikts“, einfach jetzt nicht spielbar. Noch dazu, wo keine/r weiß, ob das Ausgedachte auch nur 1 ½ Minuten später noch richtig und aktuell ist…

Aber was machen wir jetzt? Sind doch schon eingeladen von einem großen – in der Performance (fiktiven) – Festival. Lass uns doch was völlig jenseits des Konflikts spielen. Zum Beispiel über Fußball.

„Ido: Fußball?
Hannan: Ja, Teams, Nationalhymnen, Stadien, die Europameisterschaft… Fußball ist eine großartige Möglichkeit, über Identität zu sprechen!
Ido: Also fangen wir damit an, gemeinsam die Nationalhymne im Stadion zu singen.
Hannan: Ja.
Ido: Und dann merkt das Publikum nach und nach, dass alles eine nationalistisch-faschistische Energie ist, und das Ganze ist eigentlich eine Metapher für den Konflikt.
Hannan: Ja – nur ohne den Konflikt!“

Nicht darüber reden und doch…

In ähnlicher Ton- und Spielart geht’s dahin – immer den Konflikt vordergründig aussparen und auf einer anderen Ebene doch sozusagen zu Wort kommen lassen. Trotz der Tragödie des realen Hintergrundes bringen die beiden das Publikum immer wieder zum herzhaften Lachen – nicht selten auch zu solchem, das dann doch irgendwie im Hals steckenbleibt.  Hannan Ishay, Reinhardt-Seminar-Absolvent (2011), lebt seit fünf Jahren wieder in Tel Aviv, sein kongenialer Bühnenpartner und Co-Stück-Entwickler Ido Shaked in Paris. Auch dieses Hier- und Dort-Sein wird zum Thema.

Sie beginnen ihre natürlich doch gespeilte Performance mit der Kommunikation (Telefon und eMail) mit dem schon genannten fiktiven Festival, um dann ein Jahr ablaufen zu lassen – mit handschriftlichen Tafeln mit Datums-Angaben. Start: 7. Oktober 2022, ein Jahr vor den koordinierten Angriffen und Morden der Hamas samt Entführung von damals mehr als 200 Geiseln. Das Duo bespielt aber genauso die breite Demokratie-Bewegung gegen den Versuch der rechtsrechten israelischen Regierung, das Justiz-System auszuhebeln. Aber die Minderheit an Demonstrant:innen, die auch auf Besatzung (palästinensischer Gebiete) aufmerksam machten kontert der eine dem anderen: „Dafür ist jetzt keine Zeit…“

Es gibt keine Worte, oder doch?

Hier noch ein Zitat zum ironischen Wechselspiel zwischen heikle Themen umschiffen und dann doch so „nebenbei“ anzusprechen:
„Hannan: … Aber wir haben noch nichts gesagt: Massaker, Geiselnahmen, Vergewaltigungen, Bombardierungen, Kinder…
Ido: Wir haben es gerade gesagt.
Hannan: Und was ist mit dem Krieg? Wir haben noch nicht einmal etwas über den Krieg gesagt?!
Ido: Okay, hier hast du es; wir haben auch den Krieg erwähnt.
Hannan: Was haben wir gesagt? Wir haben nichts gesagt! Wir gehen auf eine militärische Operation ohne absehbares Ende und ohne echte Ziele. Es werden 3-jährige Kinder im Gazastreifen entführt, wir bombardieren eine Zivilbevölkerung, die nirgendwohin fliehen kann… Ganze Familien, auf beiden Seiten, werden zerstört und weiter ausgelöscht.
Ido: Wir können nicht darüber sprechen. Es gibt keine Worte, um es zu beschreiben.“

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „A Handbook for the Israeli Theatre Director in Europe“ von Théâtre Majâz, Frankreich/Israel beim Wortwiege-Festival in den Wr. Neustädter Kasematten

Die beiden spielen nicht nur voller (Spiel-)Witz und vermitteln Empathie – so wie sie die aktuell explosive Lage in Nahost thematisieren schwingt eine gewisse Allgemeingültigkeit unabhängig vom Ort des Geschehens mit. Detail-Info: Die beiden spielen auf Englisch – es gibt bewusst keine Übertitel, weil das Mitlesen zu sehr vom beeindruckenden Schauspiel sowie Mimik und Gestik ablenken würde; aber es gibt die deutsche Übersetzung der gesprochenen Texte auf der wortwiege-Homepage zum Download. Absolute Anschau-, nein Miterleb-Empfehlung – und an Veranstalter:innen, das Duo unbedingt einzuladen.

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Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „A Handbook for the Israeli Theatre Director in Europe“ von Théâtre Majâz, Frankreich/Israel beim Wortwiege-Festival in den Wr. Neustädter Kasematten
Doppelseite aus dem Bilderbuch "Gig Gürtelmull machts anders"

Ein kleiner Gürtelmull sucht seine Stärken

Sie gehören ja nicht gerade zu den tierischen Dauergästen in Bilderbüchern, kommen nur ganz selten vor, aber in diesem spielen sie die Hauptrolle: Gürteltiere. Viel mehr die kleinsten Vertreter:innen dieser Art, die Gürtelmulle. Und da – laut Wikipedia – wenig mehr bekannt ist als dass sie unterirdisch leben und sich von Insekten ernähren, bleibt natürlich auch viel Raum für Fantasie. Wobei das ja für Literatur im Allgemeinen und für Geschichten mit Tieren im Besonderen auch sonst meist gilt 😉

Wie auch immer, Nicole Pirker hat sich für ein Bilderbuch eine Familie Gürtelmull ausgedacht, die sozusagen Rampensäue sind. Alle möglichen Tiere strömen herbei, um zuzuhören und zuzuschauen wie Onkel, Mama, Oma und Cousin auftreten, spannend und/oder lustig erzählen und das Publikum unterhalten bzw. begeistern. Nur der kleine Gig, der ist traurig, weil ihm keine Auftritte gelingen wollen. Er hat zwar Ideen, aber auf der Bühne kriegt er keinen Ton raus.

Natürlich bleibt das nicht so. In „Gig Gürtelmull machts anders“ (müsste es nicht macht’s heißen?) findet die Hauptfigur schließlich ihre eigene Ausdrucksweise. Und die hat mit Musik zu tun. Nein, er singt nicht – mehr sei aber nicht verraten. Ein bisschen Überraschung soll schon bleiben – finde ich, auch wenn auf der Verlagsseite schon alles vorweg gespoilert wird ;(

Aber, selbst wenn, in Wirklichkeit geht’s in dieser – fantasievoll und wunderbar von Clara Frühwirth illustrierten, von der Autorin gereimten (auch wenn manche der gedichteten Zeilen ein wenig holpern) – Geschichte im Wesentlichen ja darum, dass nicht alle alles gleich gut können müssen oder sollen, sondern jede und jeder die eigenen Stärken erkennen und fördern möge.

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Gig Gürtelmull machts anders“
Szenenfoto aus "Sei kein Mann"

Versuch, tanzend Rollenbilder zu hinterfragen

Unbeschwert, voller Leichtigkeit spielen sich die drei Tänzer durch den Raum und mit ihren Papierfliegern. Da sind Petr Nedbal, Emanuel Rüfenacht und Flamur Shabanaj sehr junge Buben, einfach Kinder, die (noch) nicht auf Rollen fixiert, in Schubladen gesteckt, wurden. Doch damit ist’s recht bald vorbei.

Schnell und stark sein, obendrein immer mehr und besser als die anderen… – Konkurrenz als patriarchalisches Prinzip noch immer mit Männlichkeit engstens verbunden. Und das trotz jahrzehntelanger intensiver Diskussionen, in mehreren Wellen erstarkter Frauenbewegung und davon ausgelöst doch auch Debatten um neue Männerbilder, insgesamt Rollen jenseits altbackener Klischees…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Sei kein Mann“

Kollektiv F Bern ließ sich von dem Buch „Sei kein Mann“ von JJ Bola für das jüngste Stück inspirieren. Unter dem selben Titel zeigte es das Tanzstück am Abend des internationalen Frauentages beim „jungspund“ Theaterfestival für junges Publikum. Der (lyrische) Schriftsteller in Kinshasa (Demokratische Republik Kongo) geboren und ab seinem 6. Lebensjahr in London aufgewachsen, arbeitete nach seinem Masterabschluss in Kreativem Schreiben einige Jahre als Sozialarbeiter für Jugendliche mit psychischen Problemen. Doch schon als Jugendlicher hatte er sich in Tagebüchern und Gedichten mit männlichen Rollen-Zuschreibungen auseinandergesetzt.

Recherchen bei Jugendlichen und den eigenen Tänzern

Von dem 2019 (auf Deutsch ein Jahr später) erschienenen Buch ausgehend, arbeitete Kollektiv F Bern einerseits mit Jugendlichen in der eigenen Stadt und andererseits mit den drei Tänzern an der Verarbeitung eigener Erfahrungen sowie deren Reflexionen. Konzept, Recherche und Vermittlung stammen von Luzius Engel, die Choreografie von Vanessa Cook. Luz Gonzàlez als Live-Musikerin im seitlichen Bühnen-Vordergrund treibt sozusagen das Tanz-Geschehen an. Mirjam Berger steuerte nicht nur das Lichtkonzept zur rund einstündigen Performance bei, sondern agiert ebenfalls seitlich im Vordergrund der Bühne und setzt den jeweiligen Fokus.

Das Tanz-Trio „erinnert“ sich teils an eigene Jugend-Szenen, so bekennt einer sich schuldig, gegenüber seiner Schwester bevorzugt worden zu sein…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Sei kein Mann“

Me Culpa, Konkurrenz und Kampf, Reflexionen, Versprechen zur Besserung, Ansätze diese auch im Umgang miteinander zu versuchen… – noch immer ein Minderheitenprogramm. Vielleicht aber auch nicht der ideale Ansatz, um Jungs oder Männer zu einem Umdenken bzw. noch wichtiger einer Änderung von Verhalten zu bewegen?

Neu definieren

Möglicherweise ist schon der Titel nicht ideal, lautet die wörtliche Übersetzung des englischen Originals doch „Maske ab: Männlichkeit neu definiert“, und selbst der deutsche Untertitel (Übersetzung: Malcolm Ohanwe) gibt weit mehr her als der Stück- und Buchtitel, nämlich „Warum Männlichkeit ein Albtraum für Jungs ist“.

Und das ist vor allem JJ Bolas Ansatz, eigenes Erleben, Erkenntnis in der Arbeit mit männlichen Jugendlichen und der Tenor des Buches: Klassisch männliche Rollenbilder als gewaltige Einschränkung für Buben und Männer – kaum bis keine Gefühle zulassen dürfen … – das kommt in so manchen der Szenen zwar ansatzweise vor – aber insgesamt wirkt die Performance ein wenig stark pädagogisch durchzogen von erhobenem Zeigefinger.

Da hätte wenigstens ein Spur vom Zugang zur „Greulichen Griselda“ des Vorstadttheaters Basel ganz gut getan – Rollenklischees mit einem kräftigen Schuss Humor zu durchbrechen und damit in Frage zu stellen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Sei kein Mann“

Blicke weiten, öffnen

Wobei es auch einen kulturell eingeschränkten Blick gibt, verblüfft doch Bola in seinem Buch schon im Vorwort mit folgender Frage, die er aus eigenen Erfahrungen ableitete: „Wie konnte es sein, dass es in einem Teil der Welt völlig normal war, wenn zwei Männer sich an den Händen hielten, während die Menschen in einem anderen Teil der Welt stehen blieben und starrten?“

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Compliance-Hinweis: Die Berichterstattung kann nur erfolgen, weil das Festival „Jungspund“ Kinder I Jugend I Kultur I und mehr … für fünf Tage nach St. Gallen eingeladen hat.

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KiJuKU-Interview mit der Festival-Leiterin –
aber schon bei der vorigen „jungspund“-Ausgabe

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Sei kein Mann“
Szenenfoto aus "Greuliche Griselda" vom Vorstadttheater Basel (Schweiz)

„Bääääh, sicher nicht!“ – ein bärinnenstarkes Mädchen pfeift auf Regeln

In die Schlussphase des diesjährigen (vierten) „jungspund“ Theaterfestivals für junges Publikum im Schweizer St. Gallen fiel der internationale Frauentag am 8. März. Den fulminanten Schluss- und für viele sogar Höhepunkt setzte anderntags „Greuliche Griselda“ vom Vorstadttheater Basel. Ausgehend von dem Bilderbuch gleichen Namens von Edna Mitchell Preston (1973) entwickelten Regisseurin (Gina Durler) und Spieler:innen gemeinsam eine lustvolle und spielfreudige Version dieser „greulichen“ Variante einer Art Pippi Langstrumpf, also eines bärinnenstarken Mädchens – und einer ebenfalls sehr selbstbewussten schrägen Tante. Etliche Stücke beim Festival thematisierten andere Buben- und Männerbilder – alle von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… besprochenen Stücke am Ende des Beitrages verlinkt, „Sei kann Mann“, das direkt am Abend des Frauentages getanzt wurde, folgt erst noch.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Greuliche Griselda“ vom Vorstadttheater Basel (Schweiz)

Regeln sind dazu da, um gebrochen zu werden. Da können die Eltern noch so bemüht, liebevoll sein und versuchen, auf die Wünsche der Tochter einzugehen. „Bääääh! Sicher nicht!“ schallt es ihnen entgegen. Viel mehr noch als Ohnmacht und Verzweiflung bereitet ihnen Sorge, dass die reiche Tante des Vaters, nach der sie aus Erbschleicher-Gründen ihre Tochter benannt haben, sei enterben könnte. Da wollen sie Vanillje, das nette Mädchen aus der Nachbarschaft, beim Tante-Besuch als ihr eigenes Kind ausgeben. Doch die durchschaut den Trick und will die echte junge (Namens-)Großnichte sehen. Und genau deren aufmüpfiges, freches, unbekümmertes Wesen gefällt ihr – sehr sogar!

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Greuliche Griselda“ vom Vorstadttheater Basel (Schweiz)

Not- wurde Super-Lösung

Erst aus der Not der abhanden gekommenen Schauspielerin geboren, wie Dramaturgin und Produktionsleiterin Ronja Rinderknecht im Inszenierungsgespräch verriet, erwies sich die Entscheidung die junge Griselda mit einer Puppe (erstmals in dieser Theatergruppe) zu besetzen als absoluter Glücksgriff. In ihrem auf hässlich designten, gleichzeitig große Sympathie ausstrahlenden Gesicht (Puppenbau und -spiel: Priska Praxmarer) be- und verzaubert sie das Publikum, zumindest den Großteil 😉 Außerdem kann sie als Puppe Dinge, die eine menschliche Spielerin nicht so leicht zustande brächte – etwa auf einem Luster turnen.

Praxmarer, die die Puppe führt, schlüpft anfangs in die Rolle einer Bediensteten in Livree. Ihr Partner als „Personal“ ist Tobias Schulze, der allerdings vor allem in der Rolle der Tante Griselda auf andere Art aber doch „griseldisch“ wirkt.

Grandioses Ensemble

Den Reiz dieser nicht ganz 1 ¼-stündigen Produktion macht nicht zuletzt das bewusst disharmonische und doch in seiner Spielfreude harmonische Ensemble aus. Neben den schon Genannten agieren Bea Nichele-Wiggli als liebe- wie verständnisvolle, aber doch verzweifelte Mutter ebenso wie Florian Müller-Morun als gleichwertiger Vater – mit kleinen doch eher klischeehaft zugeordneten Tätigkeiten. Beide schlüpfen aber noch in andere Rollen. Sie wird zur lieblichen, oberg‘scheiten, superbraven Vanillje. Er verschwindet in einem Fell, das zu Beginn ein Mammut im Museum, später einen Teppich „spielt“ und schließlich zu einem Monster namens Gruselfies wird, pardon Griselfuß wie Griselda es gezähmt nennt.

Abgerundet wird diese Inszenierung nicht zuletzt durch die Bühne (Fabian Nichele), auf der die meisten Einrichtungsgegenstände zunächst irgendwo weit oben unter der Decke hängen, von den Spieler:innen im Bedarfsfall per Seilzug heruntergeholt und auch wieder nach oben verfrachtet werden. Ebenso überzeugen die jeweiligen Kostüme (Benjamin Burgunder).

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Compliance-Hinweis: Die Berichterstattung kann nur erfolgen, weil das Festival „Jungspund“ Kinder I Jugend I Kultur I und mehr … für fünf Tage nach St. Gallen eingeladen hat.

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KiJuKU-Interview mit der Festival-Leiterin –
aber schon bei der vorigen „jungspund“-Ausgabe

Szenenfoto aus
Die Puppe und ihre Spielerin – und Schöpferin
Szenenfoto aus "Spring doch"

Zum Trotz ein Mut-Anfall mit Zweifeln

„Ich gump hüt vom grosse Schprungbrätt!“ – auf Hoch- oder Standarddeutsch „ich spinge heute vom großen Sprungbrett!“ Und zwar von 3 Metern. Darum dreht sich das knapp mehr als ¾-stündige Tanzstück.

Eine Schülerin – ziemlich einsam auf dem Spielfeld. Zwölf große Kunststoff-Kanister mit jeweils rund einem Fünftel Wasser befüllt, eine Kreide und ein Handtuch. Mit den beiden Objekten „zaubert“ sie Licht bzw. Musik herbei. Ansonsten sind kurzzeitig – aus dem Off – Kinderstimmen zu hören, wen sie jeweils für ein Teamspiel wählen; viele Namen fallen. „Natürlich“ bleibt unsere Protagonistin als Allerletzte übrig.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Spring doch“: Tanz auf und mit Objekten

Und wie Tina Beyeler (Tanz und Choreografie) tänzerisch, von der Körperhaltung und mimisch agiert, sicher nicht zum ersten Mal, wahrscheinlich immer wieder.

Denen wird sie’s zeigen – und sie tätigt den oben zitierten Spruch in einem der Deutsch-Schweizer Dialekte in „Spring doch“ von Kumpane Schaffhausen (Text, künstlerische Mitarbeit: Andri Beyeler; Komposition: Sandro Corbat). Zum ersten Mal fährt sie, die offenbar sehr jung ist, allein mit dem Bus. Ziel: Schwimmbad.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Spring doch“

Aber so easy ist das alles doch nicht. Da schwingen ganz schön viel Bammel, Angst und Zweifel mit – neben dem Trotz und Mut. Und genau dieses Hin und Her lässt die Tänzerin – in ihren teils akrobatischen Bewegungen – ob mit oder ohne die Objekte, vor allem die genannten 12 Kanister spüren, miterleben – wenngleich es vor allem jüngeren Kindern ein wenig zu lang wurde bei der Aufführung im Rahmen von „jungspund“, dem Theaterfestival für junges Publikum in der Lok-Remise von St. Gallen (Schweiz).

Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Rita“ von Heinz Janisch (Idee und Text) und Ingrid Godon (Illustration)

Rita: Ein anderer Mut am 3-Meter-Brett

Ein wenig erinnert die Geschichte an das Bilderbuch von Heinz Janisch (Illustration: Ingrid Godon; Verlag: Bloomsbury K & J), das vor elf Jahren mit Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet worden ist.

Rita, ein Mädchen mit roter Badekappe, schickt sich an, vom 3-Meter-Brett zu springen. Schaut hinunter. Lange. Kehrt dann aber um, und steigt die Leiter hinunter – zum 1-Meter-Brett. Doch auch da springt sie nicht. Was ein Junge im Schwimmbad lautstark mit „Feigling“ kommentierte.

„Fische springen nicht von Türmen“, konterte Rita schlagfertig, schwamm davon und tauchte dazwischen. Das beeindruckte einen anderen Jungen, der am Beckenrand saß und überlegt hatte, welch beeindruckende Dinge und Menschen er schon in seinem Leben gesehen hatte. Doch nichts von dem, das vor seinem geistigen Auge dahinhuschte reichte an diesen Mut Ritas heran!

In „Spring doch“ endet die Geschichte dann doch anders – das sei aber nicht gespoilert.

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KiJuKU-Interview mit der Festival-Leiterin –
aber schon bei der vorigen „jungspund“-Ausgabe

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Spring doch“
Szenenfoto aus "Urknall"

Neue Stücke: Wie geht’s der Erde und den Menschen auf ihr?

„Erde, wie geht’s dir?“ fragen Nora Vonder Mühll & Stefan Colombo (Theater Sgaramusch) die Kugel, die sie an einem langen von der Decke baumelnden Seil aufgehängt haben. Zuvor haben sie per Schnur und Kreide einen großen Kreis auf den Boden gezeichnet, aus einer Tasche verschieden große Bälle und so manch anderes Zeugs herausgeholt – ein Universum „erschaffen“. In und mit diesem spielen sie in „Urknall“. Das heißt eigentlich zeigten sie nur zehn Minuten daraus. „Schaufenster“ nennt sich das Format, das am „jungspund“-Abschlusstag des Theaterfestivals für junges Publikum im Schweizer St. Gallen einen Einblick in aktuelle – teils erst entstehende – Produktionen für Kinder bzw. Jugendliche geben will.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Wir sind dann mal weg“

Ebenfalls – aber auf ganz andere Art und Weise laden Bharathi Mayandi Franaszek, Stephanie Müller, Matthias Nüesch von pulp.ooo auf eine Zeitreise zum Beginn wenigstens des Lebens auf der Erde ein: „Wir sind dann mal weg“ ist ein Wechselspiel zwischen menschlichen Schauspieler:innen, Figuren und der Zeitmaschine Solveig, einer Art Licht-Puppe, sowie physikalischen Experimenten mit Wasser, flüssigem Stickstoff und vielem mehr (Letzteres bei der Präsentation als Video-Einspielungen). Und der Titel deutet an, dass vielleicht auch die Frage verhandelt wird, wieweit die Menschheit mit ihrem Tun oder Unterlassen an ihrer eigenen Abschaffung und der so manch anderer Arten arbeitet.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Bestiarium – Varieté der vergessenen Tiere“

Sehr großen Anklang fand die Performance von Annina Mosimann über das Zusammenleben von anfangs nur als Hände oder Füße auftauchenden menschlichen Körperteilen aus kleinen Klappen einer großen senkrecht aufgestellten Kiste mit Tieren wie einer Fliege, Ratte, Spinne usw. und dazu noch der Bedienung einer Loopstation und eines kleinen Tasteninstruments. „Bestiarium – Varieté der vergessenen Tiere“, nennt sie ihre Show.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Echo Echo“

An Beppo, den Straßenkehrer in Michael Endes Momo, erinnert der erste Moment in „Echo, Echo“ von theater salto&mortale. Doch hier geht’s um das Zusammenleben in einem abgeschiedenen Dorf – und das als „Eindringen“ empfundene Auftauchen eines Fremden sowie um Warnungen der Raben vor einem drohenden Bergrutsch – und das nicht-zuhören der Einheimischen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Giraffenblues“

Apropos Aufkehren und Putzen – in „Giraffenblues“ (kuckuck-Produktion) entert ein Reinigungstrupp das Museum (entstanden in Kooperation mit dem Zoologischen Museum der Universität Zürich) oder den jeweiligen Spielort. Eigentlich sollte hier ein Theaterstück stattfinden, aber… – ein Trick, den so manche Theatergruppe schon angewandt hat: Die Putzbrigade spielt einfach ein, nein DAS Stück. Und dieses nimmt Anleihe bei einer wahren Begebenheit: 1935 wurde eine in Giraffe  damals in Tanganjika (heute Region zwischen Tanzania und Kenia) gefangen und in die Schweiz transportiert, wo sie in den Züricher Tiergarten kam.

„Giraffenblues“ (Regie: Roger Nydegger) rückt allerdings den Einreiseversuch unter die Lupe: Giraffe keein Problem, die lassen Mira Frehner und Andreas Peter als Grenzbeamt:innen durch. Doch den menschlichen Begleiter und Betreuer Mokassa, gespielt von Robert Achille Gwem, den wollen sie nicht reinlassen. Was vielleicht heute nicht viel anders sein könnte, oder?!

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Szenenfoto aus „Red“

Natürlich spielen Themen wie Umgang mit Social media, Influencer:innen-(Möchtegern-)Dasein usw. in so manchen Stücken eine wichtige Rolle. Red von Merge Dance Collective ist so ein (Tanz-)Stück – noch dazu mit viel Humor. Linda Heller & Audrey Wagner tauchen in typische TikTok-Posen ein: Zack, Boom, Bäm – 100.000 Follower – oder doch nicht. Nein, wir sind doch ganz anders, wir sind ehrlich, authentisch und so weiter – oder auch das wiederum nur ein Marketing-Gag?

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Szenenfoto aus „Das ist die Moral der Geschichte, Liebling“

Noch krasser – selbstironisch und doch fast nichts anders als die Wirklichkeit so mancher TV- und Online-Shows aufnehmend, agiert Linda Hügel (Text: Fiona Schreier; Regie: Johanna Benrath) in „Das ist die Moral der Geschichte, Liebling (netzwerk wildi blaatere). Erst mit Riiiiesen-Mikro über die Auflösung der Moral philosophierend, wandelt sie sich zur Show-Masterin, die das Publikum auf Teufel-komm-raus animiert – und manipuliert.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Unter Drachen“

Auf ganz andere Art animiert Nadja Rui als Kind Ira das Publikum – durch die Reihen spazierend, einzelne Zuschauer:innen ansprechend verwandelt sie diese beispielsweise abwechselnd vor allem in ihren Opa. „Unter Drachen“ (Text: Hanna Röhrich; Regie: Patricija Bronić) ist eigentlöich konzipiert, um in einem eigenen großen Kuppel-Zelt gespielt zu werden – auf engem Raum mit dem Publikum. Und es geht um den Tod des Großvaters bzw. die Erinnerung an ihn und seine nach und nach verloren gegangenen Erinnerungen als er noch gelebt hat.

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Szenenfoto aus „Die Geschichte von Lena“


Um (analoges) Mobbing, vor allem im Zusammenhang mit dem Vertrauensbruch einer engen Freundin dreht sich „Die Geschichte von Lena“ (Theater Spielfeld/theater fabula!), gespielt von Lisa Gartmann und Eliane Blumer.

Szenenfoto aus
Foto zu „Encylopedia“

Den humorvollen Abschluss des Schaufensters – die echte Reihenfolge unten im Info-Block (nicht hier in diesem Beitrag) performten (abwechselnd Tanz und Sprache) Lucia Gugerli und Christophe Rath von der Cie Nicole Seiler, von der auch das Konzept und die Choreografie stammt. „Encyclopedia“ versteht sich als eine solche – von Gesten, Begriffen und Bezeichnungen. So wird die eine zum Strich, Winkel, einer Statue, gleich danach zu einer gestürzten Statue, der andere zum Äffchen, einem Disco-Move on repeat, einem Hochhaus und Godzilla, der ein solches zerstört…
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KiJuKU-Interview mit der Festival-Leiterin –
aber schon bei der vorigen „jungspund“-Ausgabe

Szenenfoto aus "Souhung"

(Sau-)hündische Liebes-Suche

Der Solist, Darsteller des 15-Jährigen Protagonisten Benni, switcht in Sekundenschnelle in die Rollen seines strengen, auf Militärdrill programmierten Vaters, der überfürsorglichen Gluckhennen-Mutter ebenso wie in die des von ihm zunächst angehimmelten Stars, des Musikers Fögi. Gleich nach dem mittlerweile Rolling-Stones-urgesteins Mick Jagger siedelt er ihn an. Und es wird mehr daraus – eine Beziehung – anfangs von beiden Seiten auf Liebe aufgebaut.

„Souhung“ heißt das Stück, das beim „jungspund“-Festival für junges Publikum in der Lok-Remise von St. Gallen (Schweiz) zu sehen war. Es basiert auf dem Roman „ter fögi ische souhung“ von Martin Frank. Im Jahr 1979 als er ihn veröffentlichte, wollte ihn kein Verlag drucken, zu skandalträchtig schien die Liebesgeschichte eines schwulen Paares. Die doch mehr als problematische Konstellation eines Jugendlichen mit einem Mitt-20-Jährigen schien weniger Thema gewesen zu sein. So publizierte der Autor damals im Eigenverlag – übriggebliebene Originalausgaben gibt’s rund um die Vorstellungen. Im Vorjahr veröffentlichte der Menschenversand Verlag das Buch neu.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Souhung“

„Wär meint sig wohr ische spinnsiech, s’isch aus erfunge.“ Dies ist eines der Zitate aus „Souhung“ – in der Originalsprache. Der schon genannte Spielort ist ein Hinweis – doch kein hinreichender. Der Satz – und all die anderen im Stück ebenso wie in dem Roman, auf dem es basiert – ist in Bern-Deutsch. Es handelt sich um einen der vielen, teils sehr unterschiedlichen Dialekte des schweizerischen Deutsch. Schwyzerdütsch wird von vielen als Begriff rundweg abgelehnt: „Das gibt es nicht, es gibt nur die verschiedenen regionalen Deutsch-Varianten, Hoch- oder Standard-Deutsch empfinden viele als die erste Fremdsprache, die sie mit Schuleintritt lernen.

Sprache und Story

Die Originalsprache war ein wichtiges Element für den Schauspieler Max Gnant, um dieses Stück mit der vanderbolten.production Zürich zu verwirklichen (Regie, Dramaturgie: Maria Rebecca Sautter, David Koch). Noch wichtiger aber war ihm die Story und wie sich der Autor in die Gefühlswelt eines Heranwachsenden, seine Ängste, Zweifel, Ausbruchsversuche aus den elterlichen und gesellschaftlichen Vorgaben hineindenken konnte. Durchaus auch die fast anarchistische Scheiß-dir-Nix-Sprache, die die Grundstimmung unterstreicht – auch wenn des Berndeutschen nicht mächtige Zuschauer:innen wie der Rezensent von dieser bestenfalls etwas erahnen konnte 😉

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Souhung“

Vom Aufblühen bis zur Toxizität

Im stark tänzerischen, teils sogar akrobatischen Schauspiel verkörpert Gnant zunächst einen verschlossenen, fast verstockten Jungen, der in Liebe – allen Anfeindungen zum Trotz – aufblüht und dann doch an der toxisch werdenden Beziehung zerbricht. Machtgefälle zwischen Star und Anhimmler einerseits, der Altersunterschied spielt dann doch eine Rolle. Aber auch der ständige Drogenkonsum, die Suche nach Sinn und Leben-wollen des Jungen (mittlerweile 17 Jahre) auf der einen und das „es hat eh alles keinen Sinn“ des zehn Jahre Älteren endet tödlich – für Letzteren. Und der nunmehrige Leere Bennis.

Das alles spielt sich in einer dichten Stunde voller Emotionen auf einer aus mehreren flexiblen Elementen ständig veränderbaren Bühne (Szenografie, Bühnenbau: Lea Niedermann) ab – und ist nicht vor fast einem halben Jahrhundert angesiedelt. Über die konkrete Story hinaus vermittelt das Schauspiel und die Inszenierung durchaus zeitlos und von handelnden Personen und Konstellationen unabhängig hautnah Suche nach Anerkennung und Liebe einerseits und die Qualen von Beziehungen mit Machtgefälle.

Ach, übrigens der oben zitierte Satz – aus dem Stück – „Wär meint sig wohr ische spinnsiech, s’isch aus erfunge“ – bedeutet übersetzt: „Wer meint, es sei wahr gewesen, spinnt, es ist alles erfunden.“

Tönt recht ähnlich

PS: Im Vorjahr erschien in Deutschland ein zwischenzeitlich auch gehypter Roman unter dem Titel „Sauhund“. Geständnis: Kenne ihn (noch) nicht, aber Sätze des Verlags (Hanser) über Lion Christs Debütroman machen schon stutzig: „München, 1983. Flori kommt vom Land und sucht das pralle Leben, Glanz und Gloria, einen Mann, der ihn mindestens ewig liebt. Er ist ein unverbesserlicher Glückssucher und Taugenichts, ein Sauhund und Optimist. … und so weiter“ Da erinnert doch so manches vom Plot her an Martin Franks „ter fögi ische souhung“;(

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KiJuKU-Interview mit der Festival-Leiterin –
aber schon bei der vorigen „jungspund“-Ausgabe

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Souhung“
Titel des Eröffnungs-Vortrages "Sprache pas de Problema?!"

„Sprache pas de Problema?!“

Die Schweiz – auf den ersten Blick und in vielen Köpfen wohl DAS Land der Vielsprachigkeit in Europa. Französisch, Italiens und Rätoromanisch (wobei es da mehrere Sprachen gibt) neben Deutsch – und letzteres vor allem in verschiedenen Dialektausprägungen. „Hochdeutsch ist für viele im deutschsprachigen Teil des Landes die erste Fremdsprache“, sagte ein Teilnehmer des Symposiums „Theater für junges Publikum in einem vielsprachigen Land“. Dies fand am vorletzten Tag des Festivals „jungspund“ (nicht nur) für junges Publikum statt.

Grenzen und Gräben

Aber ist es wirklich so? Die verschiedenen Sprachen in der Schweiz seien eher strikt getrennt, voneinander abgegrenzt. Zweisprachige (Deutsch und Französisch) Städte und Orte wie Biel würden beispielsweise von St. Gallen aus „exotisch“ betrachtet und „Röschti-Graben“ wäre tatsächlich eine Art Graben zwischen Landesteilen unterschiedlicher Sprachen (die selben zwei) tönte es mehrfach.

Luxemburg

Und so holten sich die Organisationen – neben dem Festival noch die Schweizerische Gesellschaft für Theaterkultur in Kooperation mit dem Institut für Theaterwissenschaft der Uni Bern und die Pädagogische Hochschule St. Gallen – zum interessanten Eröffnungsvortrag eine führende Mitarbeiterin von Rotondes: aus Luxemburg. Sie ist in dieser ehemaligen Lok-Remise – eine solche ist auch in St. Gallen Hauptspielort des genannten Festivals – für die Sparten Bühnenkunst und partizipative Projekte zuständig.

Gelebte Mehrsprachigkeit

Luxemburgisch, Deutsch und Französisch seien überall im Land allgegenwärtig, auch in der Schule präsent, wenngleich da und dort die eine oder die andere Sprache dominiere. Mit Englisch sei eine vierte Sprache weit verbreitet, außerdem würden Erst- oder Muttersprachen mittlerweile auch gefördert. Die Hälfte er Bevölkerung komme aus anderen Ländern, in der Stadt Luxemburg sogar mehr als zwei Drittel (70%). Diese Vielsprachigkeit und Multikulturalität werde gelebt und gefördert, dennoch achte sie bei der Progammierung darauf, immer wieder auch Produktionen ohne Worte einzuladen, um gar keine sprachlichen Barrieren aufkommen zu lassen. Inklusion und sprachliche Brücken seien sozusagen die Zauberwörter, weshalb sie auch „Sprache pas de Problema?!“ zum Titel ihres Referats wählte – das sich Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… auch für diesen Beitrag ausgeborgt hat. Sie selbst habe sich dazu vom Slogan des Export/Import-Kulturfestivals im belgischen Brüssel (von La Montagen Magique und Bronks) inspirieren lassen „Language – no problem!“

Vielsprachige Kinderbücher

Zurück zur Schweiz: Dabei hat diese nicht nur vier verschiedene Landessprachen, sondern eine Pionierin der Förderung von Mehr- und Vielsprachigkeit im elementarpädagogischen Bereich. Silvia Hüsler begann selber als Kindergärtnerin vor Jahrzehnten Kinder zu bitten, Gedichte, Lieder und Geschichten aus ihren Herkunftssprachen mitzubringen. Vor allem Reime sind immer für praktisch alle Kinder spannend – oft egal in welcher Sprache. Seit „ewig“ veröffentlicht sie mehrsprachige Bilderbücher – zuletzt hat KiJuKU „Besuch vom kleinen Wolf“ besprochen – im Buch sind acht Sprachen versammelt – über die Website kann der Text in weiteren fast zwei Dutzend Sprachen downgeloadet werden.

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"Drehereien" - die diesjährige hölzerne Installation von Kollektiv hochhinaus fürs jungspund-Festival

Drehereien nach Loichtgehoier

Künstlerisch verspielte Gebilde erinnern an eine Art von Zahn-, andere an Spinnräder. In Sonnenstrahlen- und anderen Formen, teils aus bunt bemalten Holzstäben sind sie neben dem Schriftzug des Festivals vor der „Lok-Remise“ angebracht. Mit Schnüren verbunden lassen sie sich an zwei verschiedenen Kurbeln zum Drehen bringen. Andere stehen in dem Halbrund der einstigen Garage für Lokomotiven.

Seit vielen Jahren beherbergt die Lok-Remise gleich neben dem Bahnhof St. Gallen (Ost-Schweiz) Zwei Theater- bzw. Veranstaltungssäle, ein Kino, einen Restaurantbetrieb. Dort gehen die meisten der Stücke beim vierten „jungspund“-Festival (nicht nur) für Kinder und Jugendliche über die Bühnen.

Die hölzernen Installationen stammen vom „Kollektiv hochhinaus“. Bei der vorigen Ausgabe, zu der Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… ebenfalls für einige Tage eingeladen war, werkten Künstler:innen des Kollektivs an einem (Leucht-)Turm und luden Besucher:innen dazu ein, mitzubauen. Dieses Mal nennen sie ihr Werk „Drehereien“ und baute dafür die eingangs getriebenen „Maschinen“-Teile.

Mit echtem Werkzeug!

An einem Tag – Pech, es war jener an dem es schneite – durften Besucher:innen aus Holz und Schrauben bzw. Nägel „Roboter“ bauen. Die beiden Buben Liam und Joel ließen sich von dem nicht einladenden Wetter nicht abhalten, unter einer Zeltplane erfreuten sie sich daran, mit echtem, ungehobeltem Holz zu arbeiten und mit einem Akku-Schrauber Leisten zusammenzubauen. Beide verraten, dass „wir gerne basteln, aber bisher nur mit Papier oder Karton. Das hier ist das erste Mal mit Holz und richtigem Werkzeug.“

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Doppelseite aus "Mit Felix durch Österreich"

Habidere, lieber Felix in Österreich

Felix, der wohl berühmteste Plüsch-Hase, urlaubt mit Sophie und ihrer Familie (aus dem deutschen Münster) in Bregenz am Bodensee – in Vorarlberg, dem westlichsten Bundesland Österreichs. Am Abend besuchen sie den Seebühne und mitten in der Aufführung kriegt Felix einen riesigen Schrecken, springt über den Rand der Publikums-Tribüne und landet auf einem offenen Lieferwagen.

Schreck, der Hase ist weg

Schreck für beide – das Kind Sophie und ihr Kuscheltier. Doch dies ist nur der „Trick“ von Autorin Annette Langen für eine neue Reise – dieses Mal eben durch Österreich – natürlich wieder mit Zeichnungen von Constanza Droop. Übrigens lassen die beiden ihren Reise-Hasen heuer seit genau 30 Jahren Briefe an seine junge Besitzerin schicken. Im Namen von Felix verfasst die Autorin Briefe von einigen der Stationen auf der jeweiligen Reise. Im Buch kleben auf Seiten Briefkuverts, in denen diese Nachrichten in einer handschrift-ähnlichen Computerschrift stecken – zum Rausnehmen und Auffalten. Und ja, du darfst sie gerne lesen – oder dir vorlesen lassen, hier wird kein Briefgeheimnis verletzt 😉

Fliegen mit Adele

Aus Österreich – das Felix nun von Vorarlberg über Tirol, Salzburg und so weiter durchreist – kriegst du über den Umweg an „meine liebe Sophie“ ein halbes Dutzend Briefe, eine Postkarte und den gezeichneten Stadtplan von der Wiener Innenstadt. Felix fliegt mit Adele, der Adlerin aus dem Österreich-Wappen, fährt per Schiff, Fiaker und nicht zuletzt in Wien auch im Kreis mit einer Gondel auf dem Riesenrad im Prater. Apropos Wien – die bekannten, jedes Jahr neu eingefärbten, Sitz und Liegemöbel im MuseumsQuartier (genannt Enzis nach der damaligen Geschäftsführerin der MQ-Gesellschaft) sieht Felix als überdimensionale Telefonhörer an.

Ein bisschen verwirrend ist, dass die Gletscher-Mumie, die liebevoll Ötzi genannt wurde, aus dem italienischen Südtirol fast nach Österreich eingemeindet wird – auf der Landkarte auf der Vorsatzseite ist’s allerdings richtig eingezeichnet.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Mit Felix durch Österreich“

Regionale Wörter

Aus Wien sendet Felix ein paar regionale Bezeichnungen für Lebensmittel – samt Erklärung von Palatschinken (Pfannkuchen) bis zu Himbeerkracherl (Saft/Limonade). Die Zuordnung für den Gruß „Habidere“ nach Kärnten ist allerdings ein wenig… – sagen wir verpeilt, ist das zusammengezogene für Habe die Ehre doch eher im Osten und Norden Österreichs ebenso wie im bayrischen Süddeutschland üblich.

Apropos Sprachen – fein wäre gewesen, wenn Felix entweder in Kärnten oder im Burgenland wenigstens auf die eine oder andere in Österreich anerkannte Volksgruppensprache – Slowenisch, Burgenlandkroatisch, Ungarisch, Romanes – gestoßen wäre 😉

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Titelseite von
Titelseite von „Mit Felix durch Österreich“
Szenenfoto aus "Stereo-Typen - From Zero to Hero"

Rausgeflogen – und doch gelandet ;)

Vor der Garderobe mit einigen Jacken und Kappen treffen sie zufällig aufeinander. Robert Suter, der lieber nur Robi heißt. Wieder einmal aus der Klasse geschmissen, weil er so schnell denkt und das auch lautstark zum Besten gibt. Freut die Lehrer:innen gar nicht. „I bin dus, rausgeflogen“ beginnt er halblaut vor sich hin zu dichten und das noch dazu rhythmisch – es wird zum Song.

Da landet auch Rico Hernandez auf dem gemeinsamen Gang – er aus einer anderen Klasse und weil er als Neuankömmling wenig bis nichts versteht, voll verzweifelt ist.

Beide sind Außenseiter. Und nicht nur das. Beide haben wenig, naja ehrlicherweise jeweils gar keine Freund:innen. Und noch etwas verbindet sie: Liebe zur Musik – und zwar nicht nur solche zu hören, sondern auch selber zu machen.

Und das tun Gustavo Nanez (Rico) und Dominik Blumer (Robi) auch live – mit E-Gitarre (Letzterer), E-Bass bzw. Schlagzeug der zuerst Genannte. Mehrmals im Verlauf des rund einstündigen Stücks für Menschen ab 8 Jahren beim Theaterfestival „jungspund“, dieses Stück im FigurenTheater St. Gallen (Schweiz), die meisten finden in der umgebauten ehemaligen Lok-Remise neben dem Bahnhof statt. Der Stücktitel von „Kolypan und Teatro Lata“ sei hier erst – aus guten Gründen – gegen Ende verraten.

Freundschaft mit Mutproben

Die Liebe zum Musikmachen (neben Computerspielen) ist die beste Voraussetzung, die andere Gemeinsamkeit der beiden zu beenden: Sie werden Freunde. Sogar durch Dick und Dünn. Heimlich schleichen sie sich in den Proberaum der Schule, der ohnehin praktisch nie genutzt wird. Außerdem schwänzen sie einen Tag die Schule und weil sie nach der Übernachtung im Proberaum hungrig sind, klaut Robi – Rico steht Wache, „weil mich aus Ausländer haben sie ohnehin immer im Auge – Lebensmittel im Supermarkt.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Stereo-Typen – From Zero to Hero“

Intensiv üben sie Songs für das Abschlusskonzert in der Schule – und machen groß Werbung für die nun von ihnen gegründete Band. Deren Namen (der auch der Stücktitel ist – Geduld noch!) sprayen sie groß unter anderem auf die Turnsaalwand. Das allerdings gibt Zoff. Vorladung in die Direktion.

Verrat, Bruch und …

Ärger aber noch als der Zusammenschiss und die Kosten fürs Entfernen des Schriftzuges sind die nun auftauchenden gegenseitigen Schuldzuweisungen. Die neue Freundschaft zerbricht.

Natürlich doch nicht. Bei der Wendung (Regie: Meret Matter; Textmitarbeit neben den beiden Spielern: Julia Kubik) zu einem doch noch Happy End schlüpfen die musizierenden Spieler in die Rollen ihrer beiden Väter – leicht anderes Gewand, andere Körperhaltung, veränderte Sprachfärbung. Doch so glatt geht’s dann doch nicht.

Wenn der Ton von beiden Seiten kommt 😉

Sehens- und vor allem hörenswert sind die entfesselten Band-Auftritte zwischendurch und vor allem am Ende. Noch spannender – und wichtiger – ist die Entwicklung der beiden Protagonisten wie es im Untertitel heißt „From Zero to Hero“ (Von Null bis zum Helden). Und die immer wieder recht witzige Zerlegung klassisch männlicher/bubenhafter Klischees, denn heldenhaft ist unter anderem sich zu entschuldigen. Genialer Einfall für den Band- und Stücktitel: Stereo-Typen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Stereo-Typen – From Zero to Hero“

Game-Figuren werden lebendig

Hervorzuheben ist auch die recht einfallsreiche Ausstattung (Ausstattung: Sara Giancane; Bühne: Gustavo Nanez) und da wiederum vor allem die gepimpten Bikes – die hier auf der kleinen Bühne allerdings nicht ausgefahren werden konnten. Die stärksten Emotionen im vollbesetzten Publikumsraum löste die Übernachtung im Proberaum aus. Im Traum versinken beide in ihre Lieblings-Computerspiele und tauchen verwandelt als Art Zombie-Ritter auf, die einander heftig bekämpfen. Hier spielt aber auch Angst der ach so starken Jungs eine nicht unerhebliche Rolle.

Blickfeld ;(

Einziges Manko – das für viele Stücke in vielen Theater gilt: Wenn Spieler:innen ganz nah am Bühnenrand sehr bodennah – hier liegend – agieren: Zuschauer:innen in den hinteren Reihen sogar dieses schräg ansteigenden Publikumsraums mit – einzigartig – höhenverstellbaren Sitzen sieht dennoch (fast) nichts davon.

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Szenenfoto aus "Was macht ds Wätter?"

Bezaubernde, verspielte Wetter-Show

In der sehr verspielten Art einer „Wettershow“ verschafft der Schauspieler Moritz Alfons dem Publikum – ob sehr jungen Kinder oder Erwachsenen – viele Wowh-Momente. Staunen. Verzauberung.

Zu Beginn im zweiten Raum der Lok-Remise in unmittelbarer Nähe des Bahnhofes St. Gallen (Schweiz), dem Hauptspielort des Festivals „jungspund“, liegt er schlafend auf dem Boden unter einer dunklen Decke. Der Morgen naht, die Decke zieht sich zurück. Komm bleib noch ein bisschen, liebe Nacht, sagt er in etwa – auf Bern-Deutsch. Weshalb der Rezensent es nur erahnen kann 😉

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Was macht ds Wätter?“

Schlafenszeit für die Nacht

Aber bald ist’s dann doch Zeit aufzustehen, er verstaut die „Nacht“ in einem Schrank und wünscht ihr angenehme Schlafenszeit. Er selbst zieht sich hektisch an, das Radio schaltet sich ein. Der Wetterbericht für diesen Tag hält alles bereit – vom strahlend blauen Himmel mit Sonnenschein über bewölkt bis Regen und sogar Schnee.  Also notiert sich der Spieler in „Was macht ds Wätter?“ alles, um die entsprechenden Kleidungsstücke vorzubereiten.

Sonne aus dem Koffer

So liebevoll wie er die Nacht in Form der dunklen Decke zur Ruhe legt, so überraschend holt er aus einem metallenen Koffer einen gelben Sitzball und pumpt ihn auf, um daraus zunächst mit der Sonne zu spielen bevor er sie hoch oben auf der Leiter platziert. Einer Kiste lässt er eine große blaue Decke entsteigen, die in seinen Händen zur Tänzerin wird und dann auf der Wäscheleine als der strahlende Himmel erscheint.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Was macht ds Wätter?“

In ähnlicher Manier und doch immer wieder verblüffend erweckt der Spieler Objekte zu lebendigen Elementen verschiedener Wettersituationen – bis hin zu Sturm, Blitz und Donner. Watteähnliche Dinge schweben als Mobile an Angel-ähnlichen Stäben als Wolken über dem Geschehen. Nur der Regen, der will – obwohl im Radio angesagt – nicht in Erscheinung treten. Da scheint die Heimat des Regens, eine Gießkanne Schabernack mit dem Spieler zu treiben, zieht ihn kreuz und quer über die Bühne, verwandelt sich in eine Spritzkanne und … – nein alles sei nicht verraten – vielleicht, ja hoffentlich landet diese wunderbare, be- und ver-zaubernde 3/4 -stündige Show ja auch einmal in deiner Nähe – es gibt, so wurde Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… anvertraut – auch eine standard- oder hochdeutsche Version. Das verrieten Emily Magorrian und Luzius Engel nach der vielumjubelten Show.

Gemeinsam entwickelt

Die beiden hatten die Idee und auch Regie geführt. Entwickelt haben die beiden das Stück gemeinsam mit dem oben schon genannten Schauspieler, der auch für die Musik(auswahl) sorgte. Den immer wieder auch verspielten Text steuerte Matto Kämpf bei. In die Passagen mit den Wetternachrichten baute er immer wieder skurrile scheinende Werbespots ein wie „das Wasser widmete ihnen…“ Nach der Vorstellung wurde dem Reporter versichert, solche seien „nur“ aus der Wirklichkeit Schweizer Privatradios entliehen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Was macht ds Wätter?“

Als wär’s ein Kinder-Spiel

Bühne und Objekte, die anfangs wie eine Art unaufgeräumtes Zimmer wirken und zu einem ganzen Tag im Freien mit unterschiedlichsten Witterungen werden, schuf – ebenso wie die Kostüme – Linda Rothenbühler. Fast die ganze Dauer hindurch lässt das Stück die Zuschauer:innen in ein Spiel eintauchen, wie es Kinder sich durchaus auch ausdenken können, wo aus Laden, Kisten, Tüchern ganze Fantasiewelten entstehen.

PS: Als hätten die Festival-Organisator:innen einen „Draht nach oben“ gab’s am ersten Tag als gespielt wurde Sonnenschein und am zweiten Schneefall!

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Compliance-Hinweis: Die Berichterstattung kann nur erfolgen, weil das Festival „Jungspund“ Kinder I Jugend I Kultur I und mehr … für fünf Tage nach St. Gallen eingeladen hat.

KiJuKU-Interview mit der Festival-Leiterin –
aber schon bei der vorigen „jungspund“-Ausgabe

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Was macht ds Wätter?“
Szenefoto aus "Ciao, Ciao"

Clownesker Aufstand gegen den „Zampano“

Atemberaubend – der Begriff wird vielleicht zu oft und leichtfertig eingesetzt. Bei dieser Show, die beim aktuellen Festival „jungspund“ im Schweizer St. Gallen ablief, trifft sie jedenfalls zu. In einem Mix aus Highest-Level-Akrobatik und akrobatischem (Ballett-)Tanz stark gewürzt mit clownesken Elementen stockt immer wieder der Atem des Publikums. Vor allem bei Kunststücken von Eline Guélat. Wenn sie den auf ihrem bevorzugten Turngerät, einem Lichtmast mühelos und fast ohne Anhalten raufspaziert und dann vermeintlich runterfällt – kollektives Luftanhalten im Publikum. Sie scheint sogar die Schwerkraft zu überwinden. Vorgegebene Regeln sind ihre Sache nicht.

Szenefoto aus
Szenefoto aus „Ciao, Ciao“

Fellinis „La Strada“ als Inspirationsquelle

Inszeniert hat Martin Zimmermann, Choreograf, Theater-Regisseur, Bühnenbildner und selber Performer, der aus dem Zirkus kommt, die Show „Ciao, Caio“ (für das Ballett Theater Zürich entwickelt). Er ließ sich dabei, wie er nach der fulminanten, begeistert aufgenommenen – schier never ending Applaus – Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… anvertraute von Federico Fellinis vielleicht berühmtestem Film „La Strada – Das Lied der Straße“ (1954) inspirieren lassen.

Szenefoto aus
Szenefoto aus „Ciao, Ciao“

Frühe Befreiung

Die schon genannte umwerfende Zirkuskünstlerin nimmt Anleihe bei der Figur der Gelsomina, der Assistentin des brachialen Jahrmarkt-Schaustellers Zampanò – der Name hat sich seit Fellinis Film als Begriff verselbstständigt. Obwohl sie so viel kann, wird sie von ihm auf Hilfsdienste reduziert. In „Ciao, Caio“ befreit sie sich schon früh und er (Aimé Morales), der die einstündige Performance eröffnet, wird nur zum hin und wieder Side-Kick. Passt doch gut zum Internationalen Frauentag am 8. März!
Sie dominiert, aber doch eher bescheiden in clownesker Manier mit Erinnerungen an Charlie Chaplin das Geschehen.

Szenefoto aus
Szenefoto aus „Ciao, Ciao“

Wesen aus verschiedenen Welten

Es bleibt nicht bei dem Duo. Nach und nach kommen teils wie aus dem Nichts aus dem Bühnenpodest von unten, aus irgendeinem Kasten oder sonst woher noch Tänzerinnen – vielfältige Figuren manche mit Freak-Anwandlungen. Sie alle vereinen perfekte Körperbeherrschung, verbinden Clownerie mit Ballett. Und so wechselt die Szenerie ständig, wir erleben die weiß gekleidete Baum-Fee-artige Léna Bagutti, einen alten immer wieder buckligen Mann (Jesse Callaert), eine zwergenhafte Übermama (Neil Höhener) sowie Valeria Marangelli (Harlekin) und Sandra Salietti (fast klassisches Ballett).

Mit all ihrer fantastisch körperlichen Kunst erzählen die sieben in vielen immer wieder auch Staunen erzeugenden Szenen, etwa einem Riesen-Hütchen-Spiel mit auftauchenden und verschwindenden Chaplin-behüteten Menschen, kleine und doch so große Geschichten unterschiedlichster Gefühle. Von freundschaftlichen und verliebten bis zu aggressiven, befreienden…

Szenefoto aus
Szenefoto aus „Ciao, Ciao“

Nicht nur wie Tschau…

Ach, übrigens: Im deutschsprachigen Teil der Schweiz wird „Ciao“ ebenso wie in Italien – im Gegensatz zu Österreich und Deutschland (wo es sich oft zum tschau gewandelt hat) – sowohl für Abschied als auch Begrüßung verwendet. Laut Wikipedia stammt es übrigens aus der venezianischen Sprache, wo sčiao [ˈst͡ʃao] (Diener) dem italienischen schiavo [sˈkjaːvo] entspricht. Und dieses steht für „ich bin Ihr Diener“ – wie die dem Lateinischen entlehnte Grußformel „Servus“.

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Compliance-Hinweis: Die Berichterstattung kann nur erfolgen, weil das Festival „Jungspund“ Kinder I Jugend I Kultur I und mehr … für fünf Tage nach St. Gallen eingeladen hat.

Zu 100 Liegestütz verdammte Soldaten und der Regisseur auf dem Spielfeld

Wie würden wir in so einer Lage miteinander umgehen?

Drei Stockbetten, ein metallener Spind stehen hier auf der Spielfläche des Proberaums im Keller des Renaissancetheaters in der Wiener Neubaugasse. Sieben Männer – sechs, die Soldaten spielen, und der Regisseur – sitzen um einen Tisch an der Seite und besprechen die beiden folgenden, die ersten, Szenen von „Biloxi Blues“.

Bevor die Schauspieler in ihre Rollen schlüpfen, schieben sie eines der Stockbetten nach vorne – ins Zentrum. Zu Beginn des Stücks wird dieses in ein Abteil des Zuges nach Biloxi (US-Bundesstaat Mississippi) umfunktioniert. Unten drängen sich Curdin Caviezel als Soldat Roy Selridge, Clemens Ansorg (er spielt Joseph Wykowski), Christian Dobler (Don Carney) und Robin Jentys. Er verkörpert Eugene Morris Jerome, der irgendwie ein Alter Ego des Stück-Autors Neil Simon ist. Auf dem oberen Bett liegt Ludwig Wendelin Weißenberger, der den Rebellen Arnold Epstein spielt.

Übermüdet, beengt, neu aufeinander treffend, pendeln sie zwischen neuer Kameradschaft und Konkurrenzkampf, wechselseitige Beschimpfungen, auch rassistischer Art fliegen durch den Raum.

In der nächsten Szene wird das „Zug“-Abteil wieder zum Stockbett – neben den beiden anderen in der neuen Unterkunft. Die Rekruten treffen auf ihren Ausbildner, den Sergeant Toomey. Mathias Kopetzki schikaniert mal den einen, dann einen anderen der Jungs und scheint seine wahre Freude am Sadismus zu haben. Dann wieder kommt er auf die freundliche Tour – da mal echt, dann wieder als Falle, um einen der Soldaten gegen andere auszuspielen.

Erfolgsstück als kurzfristiger Ersatz

„Biloxi Blues“ ist ein Stück des US-amerikanischen Erfolgs-Theaterautors Neil Simon (1927 – 2018), auf der englischsprachigen Wikipedia-Seite heißt es, es wäre semi-autobiographisch. Das Stück wurde vom Theater der Jugend gleichsam aus dem Hut gezaubert, weil die geplante Produktion „Johanna, Gotteskriegerin“ in der Regie von Thomas Birkmeier „aus dispositorischen Gründen … in dieser Spielzeit entfallen“ muss – wie es auf der Homepage heißt.

Kurzfristig gelang es den renommierten Regisseur Folke Braband aus Deutschland, „erfolgreicher Pendler und Grenzgänger zwischen E- und U-Theater“ (auf seiner eigenen Homepage) zu gewinnen, um dieses Stück, das vor fast 40 Jahren im englischen Original uraufgeführt wurde, zu inszenieren. Er selbst hat es – wie er im Interview mit KiJuKU erzählt (unten verlinkt) – schon einmal, vor 32 Jahren, in Berlin inszeniert.

Die Story

Junge Soldaten rücken – manche zum allerersten Mal – 1943 in die US-Armee ein. Die USA haben beschlossen, sich den Alliierten anzuschließen – im Kampf gegen den Nazi-Faschismus, der Europa seit vier Jahren mit dem 2. Weltkrieg unterjocht, vernichtet, Millionen vor allem Jüd:innen ermordet. Der Kampf gegen den Faschismus ist allerdings „nur“ ein Hintergrund, der durchschimmert – nicht zuletzt durch Antisemitismus gegen einen Rekruten und dessen widerständigen, jüdischen Humor und Witz. Alles dreht sich eher darum, wie die neu ankommenden, bunt zusammengewürfelten Soldaten miteinander umgehen, wie ihr Kommandant sie schikaniert. Der das aber für notwendig hält, um ihnen Disziplin für den Ernst-Einsatz beizubringen.

Dass Anbrüllerei nicht nur in solch autoritären Systemen wie dem Militär vorkommen, musste KiJuKu auf dem Weg zur Theaterprobe miterleben, wo nahe der U3-Station eine Lehrerin Schüler sehr heftig verbal niedermachte. Den Versuch des Reporters, dieses durch karikierendes lautstarkes Nachahmen in Frage zu stellen, ignorierte sie – aber immerhin sorgte es für Erheiterung und damit Erleichterung der betroffenen Schüler und ihrer Kolleg:innen.

Sanfte Spielführung

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… durfte eine Probe besuchen – rund eineinhalb Wochen nach Probenbeginn mit dem Regisseur. Davor hatten die Schauspieler – es ist ein fast ausschließliches Männerstück – zwei Frauen spielen nur kleine Nebenrollen, es spielt sich alles in dieser kleinen US-Armee-Einheit ab – schon ein paar Tage mit dem Regie-Assistenten Text gelernt.

Das Spiel flutscht dafür schon erstaunlich rund. Der Regisseur hat nichts mit der Figur des Sergeants gemein. Brüllerei und Kommandoton sind seine Sache nicht. Nur hin und wieder hält Braband an, kommt mitten auf die Probebühne, nahe an die handelnden Figuren heran, schlägt die eine oder andere Änderung vor allem der Körperhaltung vor – damit diese mehr im Einklang mit dem Gesagten stehe. Die eine oder andere Passage wird mehrfach in kleinen Variationen gespielt, der Regisseur schreibt kurze Notizen in sein Heft – und bespricht sie mit den Schauspielern anschließend der Reihe nach, um sie danach eine nach der anderen durchzustreichen. Regie-Assistent Florian Pilz hat ein genaues Auge aufs Text-Heft, ruft mitunter Licht für geplante Stimmungswechsel in die Szene und Hospitant Lukas Spring hat den Laptop-Monitor mit Notizen im Blick. Zeitweise sitzt noch Kostümbildnerin Irmgard Kersting hinter dem Regietisch.

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… bat die genannten Mitwirkenden zu kurzen Interviews, die hier der leichteren Lesbarkeit wegen in einzelnen Beiträgen veröffentlicht werden – Links hier unten am Ende dieses Beitrages.

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Hier geht’s zu den Interviews

Regisseur Folke Braband

„Es geht darum, wie verhalten wir uns in einem autoritären System“

KiJuKU: Waren Sie bei der Auswahl des nun ersatzweise eingeschobenen Stücks „Biloxi Blues“ anstelle der auf die kommende Saison verschobenen „Johanna“ mit dabei, involviert?
Regisseur Folke Braband: Als ich erfahren habe, dass ich hier übernehmen soll, haben wir schon überlegt, welches Stück wir machen sollen, aber Thomas (Birkmeir, Direktor des Theaters der Jugend, Wien) kam auf die Idee. Er hat auf meiner Website geschaut, was ich schon gemacht hatte.

KiJuKU: Hast du das Stück schon einmal inszeniert?
Folke Braband:Das hab ich vor 32 Jahren schon einmal gemacht, das eine meiner ersten Produktionen – damals in Berlin, 1992 am Ku-Damm in Berlin mit in der Zwischenzeit relativ bekannt gewordenen Kollegen.

KiJuKU: Und du hattest es damals ausgesucht oder wurdest auch dazu geholt?
Folke Braband: Wir haben damals das Studiotheater des Ku-damm-Theaters gehabt, ein kleines 99-Plätze-Theater. Das Spannende war, dass damals gleichzeitig im großen Haus, also dem Theater am Kurfürstendamm der erste Teil der Trilogie, die Brooklyn-Memoiren von Neil Simon lief. Der René Heinersdorff hat in diesem Stück den Eugene gespielt – um 20 Uhr und dann um 23 Uhr bei uns im Magazin in Biloxi Blues, oder sonntags um 16 Uhr.

KiJuKU: Was war damals der Grund für die Wahl dieses Stückes?
Folke Braband: Neil Simon, weil der ja zu den großen angelsächsischen Theaterautoren neben Alan Ayckbourn gehört. Und wir haben eben versucht, Unterhaltungstheater zu machen mit sehr ernstem Hintergrund – wo der Witz immer aus der Not heraus entsteht. Biloxi ist einer seiner härtesten Stoffe, aber durch diesen jüdischen Witz imGrauen ist es sehr, sehr unterhaltsam.

KiJuKU: Was ist für dich der große Unterschied zwischen 1992 und heute bei der Art wie du es inszenierst?
Folke Braband: Es sind 32 Jahre vergangen. Themen wie Homophobie und Rassismus stehen heute ganz anders im Fokus als es damals war. Ich weiß zwar, dass es historisch falsch ist – es gab in der US-Army ja noch Segregation, also getrennte weiße und schwarze Kompanien -, dass wir eine Person of Colour im Ensemble haben – hatte ich damals interessanterweise auch. Und das Thema Homophobie wird in der jetzigen Inszenierung nochmal deutlicher ausgestellt als damals.

Hin und wieder kommt der Regisseur nahe an die Szenerie und erklärt, wie's vielleicht besser gespielt werden könnte
Hin und wieder kommt der Regisseur nahe an die Szenerie und erklärt, wie’s vielleicht besser gespielt werden könnte

KiJuKU: Wobei dies, gerade in der Kulturszene in unseren Breitengraden sicher deutlich offener und weniger diskriminierend oder Tabu ist als vor 32 Jahren.
Folke Braband: Ja, aber es findet immer noch statt. Und natürlich ist das Thema Krieg heute näher dran an uns als damals. Aber im Zentrum steht, was passiert mit jungen Menschen in einem autoritären System wie es Armeen sind. Das ist gerade für Jugendliche auch interessant zu sehen, wie verhalten wir uns in so einer Situation.

Es ist nicht nur eine Coming-of-Age-Geschichte eines jungen Mannes, der auch seine erste große Liebe kennenlernen möchte, der nicht sterben, sondern Schriftsteller werden will. Und wir erleben ihn und seine Kameraden in diesem System. Eine Armee ist kein Ponyhof – und Krieg und damit Militarisierung rückt näher.

KiJuKU: Ich sehe in dem Stück ja nicht nur autoritäre Systeme wie es eine Armee ist. Solche Elemente erleben Kinder und Jugendliche ja immer wieder beispielsweise auch in Schulen. Das führt dort ja oft auch zu dieser Haltung oder dem Gefühl: Hoffentlich trifft die aggressive Wut einer Lehrerin/eines Lehrers wen anderen und nicht mich.
Folke Braband: Klar, Militär ist vielleicht ein Paradebeispiel für ein autoritäres System, aber Elemente davon finden in Schule, in Familie, im Beruf, auch im Theater. Das ist das Spannende an dem Stück. Und dazu das Tolle, wie diese Figur immer wieder diese vierte Wand zum Publikum hin durchbricht. Und aus seiner Erinnerung heraus die Sache dann auch leichter macht, darüber zu lachen, obwohl er unter großem, großem Druck steht.

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Szenenfoto aus "XZehn" im Dschungel Wien

Krikus der Vogel friert, weil der Frühling streikt

Der Frühling will nicht kommen. Aber warum? Das sind die Ausgangsthemen, auf die sich acht junge Theaterbegeisterte in den ersten Gesprächsrunden geeinigt haben. Sie treffen einander samstags um die Mittagszeit im Studio 1 des Theaterhauses Dschungel Wien im MuseumsQuartier. In dieser Stadt leben sie – vorübergehend. Gekommen in den vergangenen beiden Jahren aus Charkiw, Dnipro, Kyjiw, Odessa, Lviv (Lemberg) und einer kleinen Stadt in der Region Saporischschja, also der Ukraine – aus den traurigen bekannten Gründen nicht in ihrer Heimat.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „XZehn“ im Dschungel Wien

In kleineren Gruppen überlegen sie mögliche Szenarien, weshalb der Frühling nicht kommen will. Oder wie er doch dazu bewegt werden könnte, dies sehr wohl zu tun. Anschließend werden erste Szenen ausprobiert. Weil immer noch nicht Frühling ist, friert Krikus Ptach, ein Vogel (der zweite Name ist übrigens das ukrainische Wort für Vogel!). Und alle wollen helfen – den Vogel wärmen und den Frühling doch zu seinem Erscheinen zu bewegen.

Die 14-jährige Uliana übersetzt einiges von dem, was sich die Kinder ausgedacht haben für Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… – und erzählt, dass „ich schon mit sechs Jahren in der Ukraine begonnen habe in der Schule Theater zu spielen. Aber da haben wir immer nur etwas gespielt, das Lehrerinnen und Lehrer vorgegeben haben. Hier können wir mit Oksana unsere eigenen Geschichten und Szenen erfinden.“

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DramaLab

Oksana Maslova leitet dieses „DramaLab“ im Rahmen von „The Young Drama. Eхploring new meanings Laboratory“. Krieg und Flucht sollten von vornherein nicht das Thema sein – obwohl diese (natürlich) immer mitschwingen bzw. hinein interpretiert werden könn(t)en.

Kürzlich haben einige der Kinder und Jugendlichen dieser Gruppe (9 bis 14 Jahre) und andere damals zu zehnt schon eine Stunde lang auf Bühne 3 im Dschungel Wien das Ergebnis des ersten DramaLabs vor Publikum gezeigt – Titel der Einfachheit halber „XZehn“ (das X steht als römische Ziffer für 10).

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Szenenfoto aus „XZehn“ im Dschungel Wien

Dafür hatten sich Sofia Vdovenko Anna-Mariia Kharkina, Anna Bakai, Uliana Bilono, Yelyzaveta Stoianova, Uliana Buzinska, Artem Zhmudenko, Demyan Ivanov, Artem Polishchuk und Lev Polishchuk magische Wesen ausgedacht. Aus welchem Grund auch immer sind sie zunächst alle in einem Raum eingesperrt, alle mit (Tier-)Masken über den Gesichtern. Warum auch immer. Darüber sinnieren sie beim Aufeinandertreffen – mal freundschaftlicher, mal gegensätzlicher. Irgendwie wollen sie – zumindest die meisten – raus. Doch da sitzt Olga, die Visa-Stellen-Beamtin – streng gespielt von Uliana Buzinska – an der Grenze. Außerdem befindet sich unter ihnen der Robo-Saurier Tritanosaurus (gespielt von Yelyzaveta Stoianova). In dem Fall scheint die Bezeichnung Saurier gar von Säure zu kommen, einer todbringenden, mit der er die Menschheit vernichten will. Das hat sich sein Schöpfer, ein Wissenschafter ausgedacht, aus Rache dafür, dass er selbst an einer unheilbaren Krankheit leidet…

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Szenenfoto aus „XZehn“ im Dschungel Wien

König und Niemand

Neben den beiden schon genannten Figuren tummelten sich in der szenischen Lesung noch ein Kätzchen mit Flügelchen (Sofia Vdovenko), ein nachdenklicher Blaufuchs (Artem Zhmudenko), die HühnerwächterIn (Anna-Mariia Kharkina), die Rebellin Raya (Uliana Bilonoh), die Buchliebhaberin und ganz junge Schriftstellerin Anna (Anna Bakai) in den Begegungen der Eingesperrten. Dazu pendelt Marcus (Demyan Ivanov) ständig zwischen realer und magischer Welt. Relativ spät macht sich in kleinen Schritten Schach-König Chester (Lev Polishchuk) aus seiner Ecke auf ins Geschehen. Dafür taucht immer wieder unvermittelt und meist hinter anderen Figuren Artem Polishchuk als Herr Niemand auf – aus dem Nirgendwo ins Nirgendwohin…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „XZehn“ im Dschungel Wien

Theatermagische Brücke zum vorigen Leben

Die schon oben genannte Leiterin und Dramaturgin Oksana Maslova hielt vor der Aufführung eine Rede, in der sie Beweggründe und Rahmenbedingungen dieser Theaterarbeit schilderte: „Ich wollte einen Raum schaffen, in dem wir alle neuen Bedeutungen finden könnten.

Schließlich ist das Erwachsenwerden nicht einfach. Und besonders schwierig ist es, in der Zeit des Krieges erwachsen zu werden, in Bedingungen eines neuen Landes, dessen Sprache und Traditionen man nicht kennt. Man findet sich eines Tages in einem neuen Raum wieder, und das Einzige, was man tun muss, ist weiterzuleben. Unter vorgegebenen Bedingungen. Ohne alte Freunde, bekennte Spielplätze, vertraute Schule und Lieblingsvereine. Alles bei Null anfangen. So, wie man ist. …

Ein Mädchen schrieb, dass das Theater eine Brücke zu diesem vorherigen Leben sei. … Ich kann Kinder in ihr normales Leben nicht mehr zurück bringen, aber ich kann ihnen die Möglichkeit geben, Theatermagie zu erleben. Ja, ich bin vierzig, aber ich glaube an Magie, an die Theatermagie…“

Und diese strahlte die knapp mehr als einstündige Aufführung aus – und das für die zehn Kinder obendrein in einer für sie neuen Sprache.

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